ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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13.07.2015 Aufrufe

Paktschluss zwischen Mephisto und Faust. Außerdem findet die Helena-Geschichte imMythos statt, nicht in der Wirklichkeit. Die Zeit, in der sich Faust und Helena befinden,existiert daher nicht. Es geht hier also um eine „Nicht-Zeit”, in der ein zeitloser Augenblickerlebt wird. Den Augenblick darf Faust genießen, denn ihn gibt es ja in der Wirklichkeitnicht. 433Es hätte den Rahmen dieser Arbeit gesprengt, wenn alle wichtigen Aspekte dieses Dramaserläutert worden wären. Dies ist in der Forschung bereits vielfach geschehen. Diese Arbeiterhebt nicht den Anspruch, eine vollständige Analyse des Goetheschen Faust zu sein.Vielmehr habe ich mich hier, so wie bei der Behandlung der anderen Werke, auf die fürmeine Untersuchung relevanten Aspekte des Dramas konzentriert, d.h. auf die Gründe für denTeufelspakt, auf den Pakt an sich und auf Fausts Ende. Verzichtet wurde hierbei u.a. auf eineAnalyse der beiden Liebesgeschichten - Gretchen und Helena - sowie auf die Bearbeitung derEreignisse in der klassischen Walpurgisnacht. Goethes Faust soll schließlich nichtMittelpunkt dieser Arbeit sein, sondern als ein Teil einer Traditionskette „Faust” behandeltwerden.433 Nach Emrich (Das Rätsel der „Faust II”- Dichtung. In: Keller (Hrsg.): Aufsätze zu Goethes „Faust II”.) wirdFaust hier deshalb nicht in die Hölle geführt, „weil es Goethe längst um etwas ganz Anderes ging, um die reine,absichtslose Entfaltung der Urphänomene von Schönheit, Kunst, Natur, Geschichte, Dasein selbst.”(S. 38.). Esging Goethe um diese Urphänomene bereits durch das gesamte Drama hindurch, sie sind bereits in dem Begriffdes „ewigen Strebens” enthalten. Die Machtlosigkeit Mephistos gegenüber den Ereignissen in der Antike alsAntwort zu der oben gestellten Frage - warum Faust trotz des “genüsslichen” Augenblicks gerettet werden kann- erscheint mir gerechtfertigter als die Annahme, dass Goethe diesen Augenblick dahingeschrieben hätte, ohneihn genau zu durchdenken, weil es ihm sowieso um „etwas ganz Anderes ging”.122

A. 4. Christian Dietrich Grabbe: Don Juan und Faust„Wer nach Goethe den Faust-Stoff als solchen aufnimmt, steht in seinem Schatten und wirdvergleichend auf ihn bezogen.” 434 Goethes Faust hat in der späteren Literaturforschung weiteran Prestige gewonnen. Andere über die Faust-Gestalt geschriebene Werke werden beinahenur im Zusammenhang mit oder im Vergleich zu dem Goetheschen Werk bearbeitet unduntersucht. Ein Dichter der nachgoetheschen Generation, der sich mit dem Faust-Themabeschäftigen wollte, hatte sich mit einem nahezu unerreichbaren Vorbild auseinander zusetzen.Christian Dietrich Grabbe gehört zu den Dichtern, die erst nach dem Druck von GoethesFaust. Der Tragödie erster Teil anfing, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Sein Don Juanund Faust ist ein Versuch, diese beiden Gestalten der Weltliteratur in einem Stück zuverbinden. Nach seiner eigenen Aussage ehrte Grabbe das Werk Goethes ebenso wie die OperMozarts. Dennoch war er der Meinung, dass man durch eine Verbindung dieser beidenGestalten einen noch bedeutenderen Beitrag für die Literaturgeschichte leisten könnte.Er stieß an und fuhr fort: ‚Wir wollen hier nicht ein Langes über Goethe sprechen [...]in Faust allein hat er gleichsam die ganze Menschheit individualisirt. Ich kenne keinenCharakter weiter, der sich diesem an die Seite stellen ließe - und doch kenne ich einen,der, ihm schroff gegenüber gestellt, gerade in seinem Gegensatze, wenn auch nur inmaterieller Weise, fast seinen Werth erreicht: Don Juan. [...] lange Zeit glaubte [ich],weder Goethe’s Faust noch Mozart’s Don Juan könnten jemals übertroffen werden -[...] Ich weiß einen Stoff, der, mit gleichem Genie bearbeitet, noch etwasVollkommneres zu Tage fördern müßte - ! [...] Ein Verein Beider [...] - Don Juan undFaust!!’ 435Don Juan und Faust erschien im Jahre 1829 und war das einzige Werk Grabbes, das zuseinen Lebzeiten aufgeführt wurde.Der Ausgangspunkt von Grabbes Drama ist also eine Gegenüberstellung zweier „Helden”, diebereits jeder für sich in der Literatur existierten. Grabbe glaubte, der erste zu sein, der dieGeschichten dieser beiden, Don Juans und Fausts, in seinem Drama verknüpft 436 . Unter DonJuan und Faust, so Grabbe, kenne man „zwei tragische Sagen, von denen die eine denUntergang der zu sinnlichen, die andere den der zu übersinnlichen Natur im Menschen434 Kreuzer: Zur Geschichte der literarischen Faust-Figur. S. 19.435 Löb: Grabbe über seine Werke. S. 86: Gespräch mit Eduard Jerrmann.436 Vor ihm hatten aber bereits zwei Dichter diese Helden in einem Werk zusammengebracht: Franz Horn (1805)und Niklas Vogt (1809). Von ihnen hat Grabbe wahrscheinlich nichts gewusst. Siehe auch Löb: ChristianDietrich Grabbe. S. 50.123

Paktschluss zwischen Mephisto und Faust. Außerdem findet die Helena-Geschichte imMythos statt, nicht in der Wirklichkeit. Die Zeit, in der sich Faust und Helena befinden,existiert daher nicht. Es geht hier also um <strong>ein</strong>e „Nicht-Zeit”, in der <strong>ein</strong> zeitloser Augenblickerlebt wird. Den Augenblick darf Faust genießen, denn ihn gibt es ja in der Wirklichkeitnicht. 433Es hätte den Rahmen dieser Arbeit gesprengt, wenn alle wichtigen Aspekte dieses Dramaserläutert worden wären. Dies ist in der Forschung bereits vielfach geschehen. Diese Arbeiterhebt nicht den Anspruch, <strong>ein</strong>e vollständige Analyse des Goetheschen Faust zu s<strong>ein</strong>.Vielmehr habe ich mich hier, so wie bei der Behandlung der anderen Werke, auf die fürm<strong>ein</strong>e Untersuchung relevanten Aspekte des Dramas konzentriert, d.h. auf die Gründe für denTeufelspakt, auf den Pakt an sich und auf Fausts Ende. Verzichtet wurde hierbei u.a. auf <strong>ein</strong>eAnalyse der beiden Liebesgeschichten - Gretchen und Helena - sowie auf die Bearbeitung derEreignisse in der klassischen Walpurgisnacht. Goethes Faust soll schließlich nichtMittelpunkt dieser Arbeit s<strong>ein</strong>, sondern als <strong>ein</strong> Teil <strong>ein</strong>er Traditionskette „Faust” behandeltwerden.433 Nach Emrich (Das Rätsel der „Faust II”- Dichtung. In: Keller (Hrsg.): Aufsätze zu Goethes „Faust II”.) wirdFaust hier deshalb nicht in die Hölle geführt, „weil es Goethe längst um etwas ganz Anderes ging, um die r<strong>ein</strong>e,absichtslose Entfaltung der Urphänomene von Schönheit, Kunst, Natur, Geschichte, Das<strong>ein</strong> selbst.”(S. 38.). Esging Goethe um diese Urphänomene bereits durch das gesamte Drama hindurch, sie sind bereits in dem Begriffdes „ewigen Strebens” enthalten. Die Machtlosigkeit Mephistos gegenüber den Ereignissen in der Antike alsAntwort zu der oben gestellten Frage - warum Faust trotz des “genüsslichen” Augenblicks gerettet werden kann- ersch<strong>ein</strong>t mir gerechtfertigter als die Annahme, dass Goethe diesen Augenblick dahingeschrieben hätte, ohneihn genau zu durchdenken, weil es ihm sowieso um „etwas ganz Anderes ging”.122

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