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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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Aber wie Keller (1993) feststellt: „Weder Fausts Erlösung noch s<strong>ein</strong>e ‚Himmelfahrt’ (…) sindchristlich-dogmatisch zu verstehen […]. Den Gnadenakt für Fausts ‚Fortexistenz’ ermöglichtdie gegenstrebige Einheit von rastloser Tätigkeit und korrespondierender Liebe. Faust bedarfweder des Glaubens noch der Reue noch der tätigen Buße, um der Erlösung teilhaft zuwerden.” 426Goethe ging es bei der Rettung Fausts um das vielfach betonte Streben des Menschen, wobeier der göttlichen Hilfe ebenfalls für wichtig hielt. Im Gespräch mit Johann Peter Eckermann(1831) weist er auf die Verse 11934-11941 427 hin und sagt:In diesen Versen [...] ist der Schlüssel zu Fausts Rettung enthalten. In Faust selber <strong>ein</strong>eimmer höhere und r<strong>ein</strong>ere Tätigkeit bis ans Ende und von oben die ihm zu Hülfekommende ewige Liebe. Es steht dieses mit unserer religiösen Vorstellung durchaus inHarmonie, nach welcher wir nicht bloß durch eigene Kraft selig werden, sonderndurch die hinzukommende göttliche Gnade. 428Die Rettung Fausts ist legitim; Gott betrügt Mephistopheles nicht, indem er ihm Faustwegnimmt. Der Ausgang der Tragödie wurde bereits im „Prolog im Himmel” dargelegt:Wenn das Böse im Guten integriert ist, wenn also der Teufel <strong>ein</strong> Untertan Gottes ist, den erum Erlaubnis bitten muss, Faust verführen zu dürfen, kann denn Faust überhaupt in diesemFall „verlieren”? Kann er im christlichen Sinne „gerichtet” werden, wenn Gott ihmMephistopheles als „Gesellen“ gibt, der „reizt und wirkt, und muß, als Teufel, schaffen” (V.342f)? Goethes Weltbild war nicht dualistisch, das Gute und das Böse bildeten zusammen<strong>ein</strong>e Einheit. Das Streben Fausts findet daher in <strong>ein</strong>em geschlossenen Kreis statt, jenseits vongut und böse. Gott will nur, dass der Mensch sich in ständiger Bewegung befindet, dass ernicht auf <strong>ein</strong>em „Faulbett” ruhen bleibt. 429426 Keller: Größe und Elend, Schuld und Gnade. S. 126.427 „Gerettet ist das edle GliedDer Geisterwelt vom Bösen,‚Wer immer strebend sich bemühtDen können wir erlösen.’Und hat an ihm die Liebe garVon oben Teil genommen,Begegnet ihm die selige ScharMit herzlichem Willkommen.”428 Eckermann: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren s<strong>ein</strong>es Lebens. 6.5. 1831. S. 435. Es muss hierjedoch betont werden, dass Eckermann s<strong>ein</strong>e Gespräche mit Goethe wahrsch<strong>ein</strong>lich schriftlich etwas anderswiedergegeben hat, als die Gespräche tatsächlich liefen. Eckermann hat religiöse Aspekte mehr betont alsGoethe ursprünglich gem<strong>ein</strong>t haben mag.429 Eine andere Interpretation von der Rechtfertigung für Fausts Rettung hat man an der folgenden Stellegefunden: „Ein guter Mensch in s<strong>ein</strong>em dunklen Drange/ Ist sich des rechten Weges wohl bewußt” (V. 328-329).Gott sei also der M<strong>ein</strong>ung, in jedem „guten Menschen” stecke <strong>ein</strong> Keim des Guten, auch wenn es nicht immerzum Vorsch<strong>ein</strong> käme. Es könnte gefragt werden, ob Faust tatsächlich „<strong>ein</strong> guter Mensch” war, der „sich desrechten Weges wohl bewußt” war, da s<strong>ein</strong> Handeln und s<strong>ein</strong>e Aussagen etwas Anderes besagen. Dies stellt u.a.auch Keller (Größe und Elend, Schuld und Gnade , S. 121.) fest: „Aber Faust ist weder der im Prolog119

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