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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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Was für <strong>ein</strong>e Art von Tätigkeit hier von Gott gem<strong>ein</strong>t ist - ob sie zum Guten oder zum Bösendient - ist Goethes Gott gleichgültig. Das Streben wird in diesem Werk nicht christlichmoralischgedeutet, sondern sowohl das in den Folgen produktive, d.h. „gute” Streben alsauch das destruktive, also „böse” Streben werden letztlich als positiv angesehen.Das Streben, die rastlose Tätigkeit, ist <strong>ein</strong> Hauptmotiv des gesamten Dramas. Zuerst gibtGott, wie bereits erwähnt, Mephistopheles die Erlaubnis - man könnte sogar sagen: denBefehl -, bei Faust als „reizende Kraft” zu wirken und m<strong>ein</strong>t, der Mensch werde sowieso, „solang er strebt”, irren. Am Anfang von Fausts Bestrebungen, zu mehr Erkenntnis zu gelangen,ersch<strong>ein</strong>t der Erdgeist, der „am sausenden Webstuhl der Zeit” (V. 508) produktiv, und somitauch <strong>ein</strong> tätiger, „geschäftiger Geist” (V.511) ist. Als Faust anfängt, die Bibel, genauer dasJohannesevangelium zu übersetzen, endet er statt der Übersetzung nach Luther: „Im Anfangwar das Wort” nicht bei „Wort”, auch nicht bei „Sinn” oder „Kraft”, sondern bei „Tat“. 421 Inder Paktszene verspricht er Mephistopheles „Das Streben m<strong>ein</strong>er ganzen Kraft” (V.1742),anstatt den Willen auszusprechen, sich „beruhigt ... auf <strong>ein</strong> Faulbett legen” (V. 1692) zuwollen und den „schönen Augenblick” (V. 1699f) zu genießen. Selbst in wirklicher Liebe - inder Liebe zu Gretchen - bleibt für Faust k<strong>ein</strong> Verweilen.Im zweiten Teil strebt Faust immer weiter; nachdem er aus dem Heilschlaf erwacht ist:Du Erde warst auch diese Nacht beständigUnd atmest neu erquickt zu m<strong>ein</strong>en Füßen,Beginnest schon mit Lust mich zu umgeben,Du regst und rührst <strong>ein</strong> kräftiges Beschließen,Zum höchsten Das<strong>ein</strong> immerfort zu streben. (V. 4681-4685)Als Faust, um Paris und Helena hervorzaubern zu können, zu den Müttern gehen muss, wennauch gegen s<strong>ein</strong>en Willen, macht er deutlich, dass er nun nicht in das Gewohnte zurückgehenwill, sondern:Doch im Erstarren such ich nicht m<strong>ein</strong> Heil,Das Schaudern ist der Menschheit bestes Teil [...]. (V. 6271f)Ebenso kommt das unermüdliche Streben, die rastlose Tätigkeit im Gespräch zwischen Mantound Chiron in der „Klassischen Walpurgisnacht“ vor; Chiron erzählt Manto, dass FaustHelena gewinnen will. Darauf antwortet Manto: „Den lieb’ ich der Unmögliches begehrt” (V.7488). Auch sie bevorzugt also das Tätige, selbst wenn das Ziel der Tätigkeit unmöglichersch<strong>ein</strong>en mag.421 Siehe hierzu auch Scholz: Die beschädigte Seele des großen Mannes. S. 9.117

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