ein unmoralisches Angebot? - Ã bo Akademi
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Unendlichen Faust reichen sollte und befiehlt: „Verschmäh, verschmäh des Lebens Glück undKronen / Und ringe nach der Gottheit fernem Ziele!” 385 .Der gute und der böse Geist verkörpern bei Chamisso den Unterschied zwischen Intellekt undGlauben. Der böse Geist will Fausts Intellekt befriedigen; er verlockt Faust mit(zweideutigen) Versprechungen über die Erkenntnis, zu der Faust gelangen kann, wenn erihm folgt. Der gute Geist dagegen spricht für Faust ins Gewissen, er plädiert für den Glauben;dafür, dass ein Mensch sich damit begnügen sollte, was ihm gegeben worden ist. Diebegrenzte Erkenntnis ist also der Lösungsansatz des guten Geists. 386Das Böse und das Gute sind bei Chamisso keine direkt moralischen Qualitäten, aber siewerden dargestellt durch die traditionellen moralischen Begriffe ‚gut’ und ‚böse’. 387 BeideGeister sind Schatten von Fausts Denken und somit mit ihm verbunden. Sie können also beidenur die für Faust subjektive Wahrheit sagen. Vielmehr als um die Moral oder „Unmoral”dieser Geister geht es hier darum, wie die Geister die „Wahrheit” zum Ausdruck bringen, alsoum den Unterschied zwischen ‚mehrdeutig’ und ‚eindeutig’. Wenn der Mensch etwasBestimmtes begehrt, will er es für gut halten. Er entnimmt allen Aussagen nur das, was erverstehen will; er wird blind für Doppeldeutigkeiten. Mehrdeutige Aussagen können beliebiggedreht und gewendet werden, so dass der gewollte Sinn zum Vorschein kommt. EindeutigeAussagen müssen als solche akzeptiert werden, sie geben eine klare Antwort. „Böse” sindhier also die mehrdeutigen Aussagen, da sie irreführend und trügerisch sein können, wobeidie eindeutigen Aussagen als „gut” gelten. Mit ihnen kann keiner verführt werden. „Gut” und„böse” sind also nicht als traditionelle moralische Kategorien zu verstehen, sondern alslebenserhaltende oder lebensvernichtende Prinzipien. Der gute Geist bietet Faust die385 Faust. – Ein Versuch, S. 409.386 Auch in Goethes Faust ist der Protagonist gezwungen, die den Menschen gesetzten Grenzen zu akzeptieren.Er kann zwar Mephistopheles’ Hilfe in Anspruch nehmen, aber dadurch, dass auch diesem keine echte Kraftgegeben wird, sondern er vielmehr in das Gute integriert ist, ist auch Mephistopheles keine absolute Erkenntnismöglich. Siehe auch Kap. IV.II. A.3.387 Schwann (1984) dagegen charakterisiert beide Geister als „moralische Potenzen” Fausts: „Der Autor hatte jaschon durch die moralischen Prädikate ‚gut’ und ‚böse’ festgelegt, was er unter einer dualistischen Konzeptionverstanden haben wollte: ‚Guter’ und ‚böser Geist’ sind moralische Potenzen, Außenprojektionen innererZustände.” (S. 105). Schwann betont , daß diese beiden Geister „das dualistische Doppel-Ich Fausts”objektivieren (S. 126). Christlich gesprochen hat aber jeder seine ‘guten’ und ‘schlechten’ Seiten: das Gewissen(der gute Geist) und den „inneren Verführer” (der böse Geist). Faust ist also keine Ausnahme. Ihn trennt voneinem „normalen Menschen” nur sein übergroßer Wille, zur Erkenntnis zu gelangen über Dinge, die eigentlichGott vorbehalten sind. Wenn er aber in seiner Suche sich nur zu den ihm innewohnenden Geistern wendet, kanner keinen Pakt mit den eigentlichen Gegnern Gottes schließen. Er mag verdammt werden, da er sich nach derErkenntnis sehnte, die für ihn verboten war, aber nicht wegen seines Paktes, den er ja mit sich selbst schloß.‚Gut’ und ‚böse’ sind also als Richtlinien zu sehen, die die Seiten Fausts beschreiben, aber an sich tragen dieseGeister keine moralischen Werte.106
Möglichkeit zu leben, wenn er sich wieder zum Begrenzten hin wendet - dies gilt als positiv,„gut”. Der böse Geist dagegen bietet zunächst anscheinend das Unbegrenzte, schließlich abernur Vernichtung und Tod, also Negatives und daher „Böses“.Eigentlich kann keiner der beiden Geister Faust das bieten, wonach er sich sehnt, denn dieGeister sind, wie oben bereits erwähnt, nur Schatten von Fausts Denken:Nachhallen muss ich deiner Worte Schall,Nachspiegeln deines Denkens Schatten dir,Nachlügen deiner Weisen Traumgebilde,Dir, einem Menschen, ich, ein Geist, zu nahen;Kein ähnlich Bild der ewig dir Verhüllten. 388Die Geister können also nur Fausts Gedanken „nachspiegeln” (s.o.), haben keine eigeneErkenntnis, zumindest keine, die über Fausts bereits vorhandenes Wissen hinausreichenwürde. „Auch der ‚böse Geist’ kann nicht über das gültige göttliche Dekret von derErkennbarkeit bzw. Unerkennbarkeit der Dinge hinaus.” 389 Nur an einem Punkt wissen dieGeister mehr als Faust: dass Faust im Leben nichts erkennen kann.Und hättest hundert Sinne du und tausend,Du Kargbegabter, und erhöbe freierSich dein Gedanke ins vielseitiger -Befühlte All; so würdest immer du,Getrennt, vereint mit ihm durch Körpers Bande,Nur eigne Schatten schaun und nichts erkennen. 390Die Rolle des bösen Geistes ähnelt am Ende des Werkes der des guten Geistes - er „predigt”nun auch die ewige Verdammnis für Faust als Strafe für seine Wissensgier:Verzweifle, niedrer Erdenwurm, dem tieferIn seinen Staub zurück ich niedertrete!Nicht heben darfst du jenen dunklen Schleier;Es bringt die Zeit dir keine Blume mehr,Und mir gehört die Ewigkeit. 391Er gibt aber Faust zugleich eine letzte Hoffnung - im Tod könne die Mauer der Erkenntnisüberwunden werden:Der reine Geist allein,Der ruhende, erkennt; nicht ihn umfaßtDie ew’ge Mauer, die sich zwischen dirUnd der ersehnten Wahrheit trennend hebt.Die Mauer stürzt der Tod [...]. 392388 Faust. – Ein Versuch, S. 414.389 Schwann: Vom ‚Faust’ zum ‚Peter Schlemihl’. S. 146.390 Faust. – Ein Versuch, S. 414.391 Faust. – Ein Versuch, S. 415.107
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Unendlichen Faust reichen sollte und befiehlt: „Verschmäh, verschmäh des Lebens Glück undKronen / Und ringe nach der Gottheit fernem Ziele!” 385 .Der gute und der böse Geist verkörpern bei Chamisso den Unterschied zwischen Intellekt undGlauben. Der böse Geist will Fausts Intellekt befriedigen; er verlockt Faust mit(zweideutigen) Versprechungen über die Erkenntnis, zu der Faust gelangen kann, wenn erihm folgt. Der gute Geist dagegen spricht für Faust ins Gewissen, er plädiert für den Glauben;dafür, dass <strong>ein</strong> Mensch sich damit begnügen sollte, was ihm gegeben worden ist. Diebegrenzte Erkenntnis ist also der Lösungsansatz des guten Geists. 386Das Böse und das Gute sind bei Chamisso k<strong>ein</strong>e direkt moralischen Qualitäten, aber siewerden dargestellt durch die traditionellen moralischen Begriffe ‚gut’ und ‚böse’. 387 BeideGeister sind Schatten von Fausts Denken und somit mit ihm verbunden. Sie können also beidenur die für Faust subjektive Wahrheit sagen. Vielmehr als um die Moral oder „Unmoral”dieser Geister geht es hier darum, wie die Geister die „Wahrheit” zum Ausdruck bringen, alsoum den Unterschied zwischen ‚mehrdeutig’ und ‚<strong>ein</strong>deutig’. Wenn der Mensch etwasBestimmtes begehrt, will er es für gut halten. Er entnimmt allen Aussagen nur das, was erverstehen will; er wird blind für Doppeldeutigkeiten. Mehrdeutige Aussagen können beliebiggedreht und gewendet werden, so dass der gewollte Sinn zum Vorsch<strong>ein</strong> kommt. EindeutigeAussagen müssen als solche akzeptiert werden, sie geben <strong>ein</strong>e klare Antwort. „Böse” sindhier also die mehrdeutigen Aussagen, da sie irreführend und trügerisch s<strong>ein</strong> können, wobeidie <strong>ein</strong>deutigen Aussagen als „gut” gelten. Mit ihnen kann k<strong>ein</strong>er verführt werden. „Gut” und„böse” sind also nicht als traditionelle moralische Kategorien zu verstehen, sondern alslebenserhaltende oder lebensvernichtende Prinzipien. Der gute Geist bietet Faust die385 Faust. – Ein Versuch, S. 409.386 Auch in Goethes Faust ist der Protagonist gezwungen, die den Menschen gesetzten Grenzen zu akzeptieren.Er kann zwar Mephistopheles’ Hilfe in Anspruch nehmen, aber dadurch, dass auch diesem k<strong>ein</strong>e echte Kraftgegeben wird, sondern er vielmehr in das Gute integriert ist, ist auch Mephistopheles k<strong>ein</strong>e absolute Erkenntnismöglich. Siehe auch Kap. IV.II. A.3.387 Schwann (1984) dagegen charakterisiert beide Geister als „moralische Potenzen” Fausts: „Der Autor hatte jaschon durch die moralischen Prädikate ‚gut’ und ‚böse’ festgelegt, was er unter <strong>ein</strong>er dualistischen Konzeptionverstanden haben wollte: ‚Guter’ und ‚böser Geist’ sind moralische Potenzen, Außenprojektionen innererZustände.” (S. 105). Schwann betont , daß diese beiden Geister „das dualistische Doppel-Ich Fausts”objektivieren (S. 126). Christlich gesprochen hat aber jeder s<strong>ein</strong>e ‘guten’ und ‘schlechten’ Seiten: das Gewissen(der gute Geist) und den „inneren Verführer” (der böse Geist). Faust ist also k<strong>ein</strong>e Ausnahme. Ihn trennt von<strong>ein</strong>em „normalen Menschen” nur s<strong>ein</strong> übergroßer Wille, zur Erkenntnis zu gelangen über Dinge, die eigentlichGott vorbehalten sind. Wenn er aber in s<strong>ein</strong>er Suche sich nur zu den ihm innewohnenden Geistern wendet, kanner k<strong>ein</strong>en Pakt mit den eigentlichen Gegnern Gottes schließen. Er mag verdammt werden, da er sich nach derErkenntnis sehnte, die für ihn verboten war, aber nicht wegen s<strong>ein</strong>es Paktes, den er ja mit sich selbst schloß.‚Gut’ und ‚böse’ sind also als Richtlinien zu sehen, die die Seiten Fausts beschreiben, aber an sich tragen dieseGeister k<strong>ein</strong>e moralischen Werte.106