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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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weiter erkennen, als was für ihn subjektiv möglich ist. 364 Faust kann das Leben nicht fassen,er kann s<strong>ein</strong> eigenes Ich nicht fassen, den Glauben und das Vertrauen in Gott hat er längstaufgegeben: „Ersch<strong>ein</strong>ung nur und Wahn ist alles mir” 365 . Der Gedanke, dass er das Endes<strong>ein</strong>es Lebens mit ewigen Zweifeln verbringen müsse, bringt Faust auf den Gedanken, „diefinstern Mächte” 366 könnten ihm helfen. Er beschwört die Geister und fordert von ihnen„Wahrheit und Erkenntnis”:Ich will gesunden in der Wahrheit Sch<strong>ein</strong>e,Erschwingen kühn das sternenferne Ziel,Das eitel strebend nimmer ich erklommen.[…]Belehrung fordr’ ich, Wahrheit und Erkenntnis. 367Allerdings ist hier die Erkenntnis <strong>ein</strong>e andere als in der Historia: der Faust in der Historia willzur Erkenntnis über die Naturwissenschaften, Medizin und die mantischen Künste gelangen;Chamissos Faust strebt nach der absoluten Wahrheit jenseits von „gut” und „böse”:Was bist du, Mensch, denn? […]Der blind, in Nacht, in zweifach ew’gem DunkelGebannt zu irren, nichts erkennen kannst[…]Was bist du, mächt’ger, nicht’ger Erdenwurm?Ein Gott in Banden, oder nur <strong>ein</strong> Staub?Was ist des Denkens, was der Sinnen Welt?Die Zeit, der Raum, die Allumfassenden,Und ihre Schöpfungen, durch die sie werden?Was außer ihnen, das Unendliche?Was ist die Gottheit, jeder großen KetteEin erstes, ewig unbegriffnes Glied,Das, nicht getragen, alle Glieder trägt? -Ersch<strong>ein</strong>ung nur und Wahn ist alles mir.[…]Ein leerer Widersch<strong>ein</strong> des eignen Ichs,Und so entsteht die Welt, die ich erkenne. 368Faust sucht also nach objektiver Erkenntnis, ihm reicht nicht das, was er mit eigenen Sinnenerkennen kann. Er will wissen, wie die Welt, die Natur objektiv zu fassen sei, er will über dasMenschliche hinaus in die Geheimnisse der Natur und der „Gottheit“ (s. Zitat oben)364 Hier ist <strong>ein</strong>e Bindung zu Fichte deutlich erkennbar; dieser schreibt in s<strong>ein</strong>er Bestimmung des Menschen (S.93): „…daß das Bewußts<strong>ein</strong> <strong>ein</strong>es Dinges außer uns absolut nichts weiter ist, als dasProdukt unsers eignen Vorstellungs-Vermögens, und daß wir über das Ding nichts weiter wissen, alswas wir darüber - eben wissen, durch unser Bewußts<strong>ein</strong> setzen…”. Eine Ähnlichkeit besteht ebenso zwischenFichte und Lenau, in dessen 1836 erschienenen Werk Mephistopheles von der menschlichen Subjektivitätspricht: „...ob die Natur / Dir freundlich ist und wohlgewogen, / Ob f<strong>ein</strong>dlich grollend, beides nur / Hast du in siehin<strong>ein</strong>gelogen.” (V. 2197ff)365 Faust. – Ein Versuch, S. 407.366 ebd., S. 408.367 ebd., S. 408.368 ebd., S. 407.102

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