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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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A. 2. Adelbert von Chamisso: Faust. Ein Versuch.Adalbert von Chamisso schrieb s<strong>ein</strong>en Faust. - Ein Versuch im Jahre 1804. Das kurze Stückwird oft als Fragment bezeichnet 355 , da es aber trotz des geringen Umfangs von 10 Seiten diewesentlichsten Elemente <strong>ein</strong>es Faust-Werks enthält (Geisterbeschwörung, Bündnis, Tod),habe ich es mit in die Untersuchung <strong>ein</strong>bezogen. Das Werk Chamissos ist <strong>ein</strong> wichtigerBeitrag in der Geschichte der Faust-Gestalt, aber es wurde bislang in der Sekundärliteraturkaum behandelt. 356 Aus diesem Grund war es für mich von großer Bedeutung, das Werk inm<strong>ein</strong>e Arbeit <strong>ein</strong>zubeziehen.Literaturgeschichtlich steht Chamissos Faust in der Zeit der Klassik und der Romantik, also inder sogenannten „Goethe-Zeit”. Chamisso war mehr von der Romantik inspiriert, ihn hat dervolkstümliche Stoff, der Mythos Faust interessiert:Gedanklich ist Chamissos „Versuch”, mit dem er sich in die deutsche Literatur<strong>ein</strong>geführt hat, freilich weit mehr von Kant, Schiller, Fichte und den Romantikern alsvon Goethe inspiriert. 357Borchmeyer (1989) deutet darauf hin, dass Chamissos Faust bereits stilistisch auf Lenaus 22Jahre später erschienenes Faust-Werk weist. In beiden ist <strong>ein</strong>e „weltschmerzlich[e]Tendenz” 358 zu spüren.In Chamissos Faust. - Ein Versuch gibt es nur drei Darsteller: Faust, s<strong>ein</strong>en guten und s<strong>ein</strong>enbösen Geist. Der Handlungsablauf besteht aus <strong>ein</strong>em Gespräch zwischen ihnen, wobei der355 Siehe u.a. Smeed: Faust in literature, S. 22: “Chamisso’s Faust fragment...”356 Die „neuere” Forschungsliteratur (etwa nach 1960) beschäftigt sich kaum mit Chamissos Faust, dafür abermit s<strong>ein</strong>em Peter Schlemihl. Faust wird zumeist nur kurz erwähnt und als „unreifes Jugendwerk” abgewertet.Vgl. hierzu u.a. Schwann 1984, S. 75: „Gegenüber dem ‚knabenhaften metaphysisch-poetischen Versuch’, wieder Autor s<strong>ein</strong>en 21 Jahre nach dessen Entstehung fast verschämt charakterisiert, nimmt die Chamisso-Philologie <strong>ein</strong>en zurückhaltenden bis kritisch reservierten Standpunkt <strong>ein</strong>. Es sch<strong>ein</strong>t, als befänden sich Autorund Kritiker in ihrem Urteil in Über<strong>ein</strong>stimmung.” Schwann (1984) selbst wertet Chamissos Faust-Werk höher,nennt es „<strong>ein</strong> poetisches Erzeugnis aus der Zeit der Frühromantik” (S.75) und sagt: „Das Vorurteil, dieser sei aufgrund s<strong>ein</strong>es Mangels an äußerer Handlung und vor allem s<strong>ein</strong>es ausgeprägt metaphysischenAnliegens wegen zweitrangig, [verstellt] den Zugang zu den ideen- und stoffgeschichtlichen weitreichendenAspekten dieses Werkes.” (S. 75-76). Schwanns Analyse sch<strong>ein</strong>t daher <strong>ein</strong>e zweifache Sonderstellung in derneueren Forschung <strong>ein</strong>zunehmen - sie beschäftigt sich mit Chamissos Faust nach 1960, und sie wertet das Werknicht ab als <strong>ein</strong>e belanglose Jugenddichtung. Somit war Schwanns Analyse <strong>ein</strong>e m<strong>ein</strong>er wichtigsten Quellen zuChamissos Faust.357 Borchmeyer: Gerettet und wieder gerichtet: Fausts Wege im 19. Jahrhundert. In: Boerner/Johnson (Hg.): 400Jahre Faust. S. 170.Die Ähnlichkeit von Chamissos Faust mit Fichtes Bestimmung des Menschen hat Schwann (1984) ausführlichuntersucht; s<strong>ein</strong>er Analyse nach können kaum Zweifel bestehen, daß Chamisso sich mit dem „deutschenIdealismus”, wie ihn Kant und vor allem Fichte repräsentierten, und mit der Romantik weit mehr hatidentifizieren können als mit der Klassik. Den Chamissoschen Faust könne man, so Schwann (S. 152), sogar als<strong>ein</strong>e Interpretation der Fichteschen Bestimmung des Menschen ansehen.358 Borchmeyer: Gerettet und wieder gerichtet. S. 171.100

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