INSA Inventar der neueren Schweizer Architektur 1850 ... - DigiBern
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387 Bern<br />
mit schön zum Ausdruck kam, dass dieses sein<br />
Licht dem Wirken <strong>der</strong> russgeschwärzten Arbeiter<br />
drunten im Marziliquartier verdankte.<br />
In <strong>der</strong> Baukommission für das Bundesrathaus<br />
war Ludwig Stantz für die künstlerische Ausstattung<br />
verantwortlich, ein Arzt, <strong>der</strong> sich <strong>der</strong> Heraldik<br />
und <strong>der</strong> Glasmalerei zugewandt hatte. Sein<br />
Vorschlag, die Ratsäle mit gemalten Scheiben<br />
auszuschmücken, stiess auf den Wi<strong>der</strong>stand des<br />
zuständigen Post- und Baudepartements. Dieses<br />
for<strong>der</strong>te eine Ausstattung mit Gemälden. Aber es<br />
zeigte sich, dass die <strong>Schweizer</strong> Künstler für eine<br />
solche Aufgabe nicht vorbereitet waren, und so<br />
wurde <strong>der</strong> Bau 1856-1857 von den Gebrü<strong>der</strong>n<br />
Ludwig und August Hövemeyer aus München<br />
ausgemalt. Ein umfangreiches ikonographisches<br />
Programm Stantz' war auf vier allegorische Gestalten<br />
im Nationalratssaal beschränkt worden;<br />
J m übrigen begnügte man sich mit Ornamentmalereien.<br />
Auf Antrag von Zürich stifteten vier Jahre<br />
später die Kantone für den benachteiligten<br />
Stän<strong>der</strong>atssaal jene Wappenscheiben, die Stantz<br />
v °n Anfang an geplant hatte 87 .<br />
z War ist die Entstehung einer eidgenössischen<br />
Ikonographie im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t eng mit <strong>der</strong><br />
Gattung <strong>der</strong> Glasscheibe und dem Brauch des<br />
Scheibenstiftens verbunden. Aber für die Entfaltung<br />
einer «nationalen, monumentalen» Schaukunst<br />
war die altertümliche Scheibe nicht geeigne<br />
t- Sie musste diese Aufgabe <strong>der</strong> Malerei überlassen,<br />
so wie <strong>der</strong> Figurenbrunnen dem Freidenkmal<br />
hatte weichen müssen. Während des<br />
ganzen 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts wurde in Bern nicht<br />
m ehr an die Tradition des Figurenbrunnens angeknüpft<br />
- mit einer Ausnahme. Von Anfang an<br />
w aren sich die Bauherren des Bundesrathauses<br />
klar, dass vor ihm ein Figurenbrunnen stehen<br />
müsse. Gerade weil er ans alte Bern erinnerte,<br />
konnte deutlich gemacht werden, dass die eidgenössischen<br />
Behörden bei den Erben des bernischen<br />
Grossstaates zu Gast waren. Mit <strong>der</strong> Aufstellung<br />
des Brunnens konnte auch <strong>der</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung<br />
begegnet werden, die das «liberale»<br />
Abb. 56 Bern. Vogelschau <strong>der</strong> Altstadt von Westen. Vorn <strong>der</strong><br />
'«7-.1858 erbaute Personenbahnhof <strong>der</strong> Centralbahn und <strong>der</strong><br />
J-hnstoffelturm, rechts das Bundesrathaus und das Hotel<br />
Be<br />
merhof. Farblithographie von Charles Fichot (Bern), hg.<br />
v<br />
°n Th. Müller (Paris) und Dalp (Bern), um 1858. Burgerbibliotnek<br />
Bern.<br />
Ab<br />
b. 57 Bern. Plan zum neuen Quartier beim Bundesrathhau-<br />
* e * dem obern Thore, 1859 von Friedrich Salvisberg, Friedrich<br />
j> tu <strong>der</strong> und Johann Carl Dähler. Lithographie von Gottfried<br />
u<br />
mmerly. Bernisches Historisches Museum.<br />
lXfi 58 Bern ' Gebäude <strong>der</strong> eidgenössischen Bank, erbaut<br />
»65-1867 von Leopold Blotnitzky. Die 1864 zerstörte Christof-<br />
«"gur als Portier neben Bankdirektor Jakob Stämpfli. Holzstlc<br />
h aus <strong>der</strong> Illustrirten Wochenzeitung vom 24.12.1864.<br />
Reiterdenkmal vor dem ehrwürdigen Münster<br />
darstellte. 1858 wurde <strong>der</strong> Brunnen nach Plänen<br />
Friedrich Stu<strong>der</strong>s verwirklicht. Vier wasserspeiende<br />
Schwäne symbolisieren Rhone, Rhein,<br />
Reuss und Tessin; die Bekrönung über vier Jahreszeitenfiguren<br />
bildet eine erst 1863 aufgestellte<br />
Bronzestatue des Bildhauers Raphael Christen.<br />
Es handelt sich nicht um eine nationale Gestalt<br />
wie den Tyrannenmör<strong>der</strong> Teil o<strong>der</strong> die Landesmutter<br />
Helvetia 88 , son<strong>der</strong>n um die Stadtgöttin<br />
Berna mit den Gesichtszügen <strong>der</strong> Tochter des<br />
Bundesweibels, Hermine Kern (Abb. 51) 89 .<br />
Auf einen nationalrätlichen Vorstoss hin erarbeitete<br />
1865 eine bundesrätliche Kommission ein<br />
anspruchsvolles Programm für die Ausstattung<br />
des Bundesrathauses mit Historien- und Landschaftsgemälden<br />
sowie mit Büsten von Bundesräten<br />
und grossen <strong>Schweizer</strong>n. Eine durch solche<br />
Aufträge aus den Nie<strong>der</strong>ungen des Kunstmarkts<br />
emporgehobene Kunst könnte, so malten es sich<br />
die Experten aus, das Haus zu einem bildlichen<br />
Lehrmittel für den Staatsunterricht des Volkes<br />
machen. Die Räte hatten für diese hochfliegenden<br />
Pläne nur Spott übrig:<br />
«Ein solches Rathaus (würde) eher einer Gemäldesammlung<br />
o<strong>der</strong> Skulpturengalerie o<strong>der</strong> vielleicht einem Nationalmuseum<br />
gleichen ..., errichtet o<strong>der</strong>,<br />
nach <strong>der</strong> Inschrift eines an<strong>der</strong>en ähnlichen Institutes neuester<br />
Schöpfung: