INSA Inventar der neueren Schweizer Architektur 1850 ... - DigiBern
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Bern 376<br />
Abb. 39 Bern. Stadtburg Nydegg, erbaut wohl gleichzeitig<br />
mit <strong>der</strong> Stadtgründung um 1190. Während des Interregnums<br />
zwischen 1266 und 1272 geschleift und durch Häuser ersetzt.<br />
Rekonstruktion von Architekt Eduard von Rodt.<br />
Abb. 40 Gründung <strong>der</strong> Stadt Bern durch den Herzog<br />
Berchtold V. von Zähringen, nach <strong>der</strong> Überlieferung im Jahre<br />
1191. Karton zum Mosaik im Hof des <strong>Schweizer</strong>ischen Landesmuseums<br />
in Zürich, entworfen 1896-1898 von Hans Sandreuther<br />
(Basel), ausgeführt 1900 von <strong>der</strong> Firma Clement Heaton<br />
(Neuenburg).<br />
Abb. 41 Bodenrelief <strong>der</strong> Stadt Bern, Blockdiagramm des<br />
Geographen Fritz Nussbaum, abgebildet in seiner Heimatkunde<br />
von Bern und Umgebung, 1916.<br />
Naturforschende Gesellschaft, die inzwischen im<br />
Erscheinen begriffene Dufourkarte «geologisch<br />
koloriert herauszugeben» 40 . 1859 bis 1884 war<br />
Stu<strong>der</strong> Präsident <strong>der</strong> verantwortlichen Kommission;<br />
wenige Tage, bevor <strong>der</strong> 93jährige 1887<br />
starb, wurde das letzte Blatt vollendet.<br />
Noch eine weitere kartographische Leistung ist<br />
mit <strong>der</strong> Stadt verbunden, wo die zivilisatorische<br />
Oberflächengestaltung gern als Fortsetzung <strong>der</strong><br />
natürlichen Bodenstruktur betrachtet wurde -<br />
die Schulwandkarte <strong>der</strong> Schweiz, geschaffen<br />
1897-1898 von dem in Bern tätigen Kartographen<br />
und Verleger Hermann Heribert Kümmerly.<br />
Seit 1902 hing sie in jedem schweizerischen<br />
Schulzimmer 41 . Die farbige Reliefkarte verband<br />
den spröden Ernst <strong>der</strong> Dufourkarte mit dem<br />
spielzeughaften Reiz <strong>der</strong> topographischen Reliefbildnerei<br />
42 .<br />
Im Rahmen <strong>der</strong> Berner Landesausstellung von<br />
1914 modellierte Joseph Reichlin aus Arth, <strong>der</strong><br />
an Simon Simons berühmtem Relief des Berner<br />
Oberlandes mitgewirkt hatte, ein Relief <strong>der</strong> Region<br />
um Bern. Der Berner Geograph Fritz Nussbaum,<br />
Lehrer am kantonalen Seminar Hofwyl,<br />
verfasste dazu 1916 eine Heimatkunde von Bern<br />
und Umgebung (Abb. 41) 43 . Ein gutes halbes<br />
Jahrhun<strong>der</strong>t nach Stu<strong>der</strong>s Schrift über die natürliche<br />
Lage Berns wird das inzwischen sedimentierte<br />
Wissen über die Erdgeschichte in eine<br />
pädagogische Tektonik eingebaut.<br />
In mehreren Arbeitsphasen präpariert die Natur<br />
die Bühne, auf <strong>der</strong> die Stadt <strong>der</strong> Mitte enstehen<br />
soll. Die Grundlage bildet die festgebackene<br />
Sandablagerung mächtiger Süsswasserseen und<br />
seichter Meere. Durch Flussauswaschungen ist<br />
<strong>der</strong> Weg vorgezeichnet, auf dem <strong>der</strong> Aaregletscher<br />
vordringen kann, bis er nördlich von Bern<br />
auf den Rhonegletscher trifft. Seine Aufgabe ist,<br />
mittels Gletscherbächen fruchtbare Schotterfel<strong>der</strong><br />
abzulagern und das Terrain mit Moränenwällen<br />
zu glie<strong>der</strong>n. Beson<strong>der</strong>s schön ausgeprägt<br />
ist <strong>der</strong> Stirnmoränenbogen des Aaregletschers,<br />
<strong>der</strong> zwischen den seitlichen Sandsteinbastionen<br />
von Gurten und Dentenberg nach Norden ausbuchtet.<br />
Nach dem Rückzug des Gletschers übernimmt<br />
die Aare die Feinarbeit: sie tieft ihren gewundenen<br />
Flusslauf zu einem gestuften Tal aus und<br />
skulptiert so die nach Westen geöffnete Halbinselterrasse<br />
heraus, die die Dienstleute des Zähringers<br />
ihrem Herrn als geeigneten Ort zur Gründung<br />
einer Stadt empfehlen können. Dank <strong>der</strong><br />
vielfältigen Bodenform wurde Bern zu einer<br />
Welt im Kleinen, wo fruchtbare Äcker, weite<br />
Fel<strong>der</strong>, feuchte Matten und Auen, steile Raine<br />
und Halden, ragende Buhle und Hübel nebeneinan<strong>der</strong><br />
vorkommen. Erst im frühen 20. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
schien es, dass sich die sprunghaft gewachsene<br />
Stadt im Gestaltlosen verlieren könnte.<br />
Aber in den 1920er Jahren wurde deutlich,<br />
dass Gross-Bern sich zu einer Form verdichtete,<br />
die dem Bedürfnis nach prägnanten Ordnungsmustern<br />
ebenso entgegenkam wie die füllhornartige<br />
Gestalt <strong>der</strong> Altstadt - zu <strong>der</strong> eines Kreises<br />
44 (Abb. 34).