Das österreichische und das deutsche Wehrrecht

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13.07.2015 Aufrufe

land wird der Bundesminister der Verteidigung in seiner Funktion als Amtschefdurch den beamteten Staatssekretär vertreten. Während der österreichische Beamteoder Staatssekretär kraft Verfassung die gleiche – also auch parlamentarische – Verantwortungwie ein Bundesminister trägt 256 , ist der deutsche beamtete Staatssekretärnur beamtenrechtlich, nicht dagegen parlamentarisch verantwortlich. Dies ist rechtsstaatlichbedenklich! 257Von Bedeutung ist die Stellung des österreichischen Bundesministers für Landesverteidigungzu den Streitkräften durch die Übertragung von wesentlichen Rechtender Verfügungsgewalt. Unter Beachtung der Richtlinien der Bundesregierung hat erdas Recht, über den Einsatz des Bundesheeres zu entscheiden. Eine gleichbedeutendeRegelung zugunsten des deutschen Bundesminister der Verteidigung kennt dasdeutsche Wehrrecht nicht.4. Die Stellung des deutschen Bundeskanzler zu den Streitkräften unterscheidet sicherheblich von der Stellung seines österreichischen Kollegen. Dem deutschen Bundeskanzlersind wesentliche Kompetenzen im Verhältnis zu den Streitkräften zugeteilt.Einerseits übernimmt er im Verteidigungsfall durch Übertragung der BefehlsundKommandogewalt die militärische Leitung der Streitkräfte und wird direkterVorgesetzter der Truppe, andererseits hat er schon im Frieden im Rahmen derRichtlinienkompetenz i.S.d. Art. 65 GG erheblichen Einfluß auf die Amtsausübungdes Bundesministers der Verteidigung. Dem österreichische Bundeskanzler, demkeine Richtlinienkompetenz oder ähnliche Rechte zustehen, sind dagegen keine besonderenFunktionen übertragen.5. Das Verhältnis Parlament - Streitkräfte ist in Österreich wie auch in Deutschlandgeprägt von der Vorrangstellung der Politik gegenüber den Streitkräften. In beidenStaaten werden den jeweiligen Parlamenten Kontrollfunktionen übertragen, die eineVerselbständigung der Streitkräfte verhindern und die Eingliederung der Streitkräfte256 Vgl. Art. 73 Abs. 1 S. 2 i.V.m. Art. 76 Abs. 1 B-VG.257 Kirchhof in: Handbuch des Staatsrechts, S. 984.70

in das demokratische Staatsgefüge garantieren sollen. In Deutschland wird das„Primat der Politik“ durch den sog. „konstitutiven Parlamentsvorbehalt“ noch stärkerin den Vordergrund gestellt als in Österreich.Die Kontrollrechte die den jeweiligen Parlamenten auf Grund der Eingliederung derStreitkräfte in die Staatsgewalt der Exekutive zufallen, sind das Interpellationsrecht,das Zitierungsrecht (Zitationsrecht) und das Enquêterecht, in Österreich darüber hinausdas Resolutionsrecht. Das Enquêterecht in Deutschland wird ergänzt durch dieMöglichkeit des Verteidigungsausschusses, sich jederzeit als Untersuchungsausschußeinzusetzen.Neben den grundsätzlichen parlamentarischen Kontrollrechten gegenüber denStreitkräften als Teil der vollziehenden Gewalt, wird die Vorrangstellung des deutschenBundestages verstärkt durch die Einrichtung eines Verteidigungsausschußsowie eines Wehrbeauftragten, das parlamentarische Budgetrecht und den an dergemeinsamen Verteidigungsplanung beteiligten ”Gemeinsamen Ausschuß”(Art. 53 a GG).In Österreich wird die parlamentarische Kontrolle über die Streitkräfte erweitertdurch das parlamentarische Budgetrecht, die Beschwerdekommission und den Landesverteidigungsrat.5. Rechtsvergleich der besonderen Beratungs- und Kontrollorganea) Wehrbeauftragter und BeschwerdekommissionDie Einrichtung eines Wehrbeauftragten kennt das österreichische Wehrrecht nicht. Einein weiten Zügen gleiche rechtliche Stellung gewährt die österreichische Wehrrechtsordnungder Beschwerdekommission, die sich aus Vertretern des Nationalrates zusammensetztund der politischen Kontrolle der Streitkräfte dient. Die Beschwerdekommissionist verpflichtet, unmittelbar oder mittelbar eingebrachte Beschwerden entgegenzunehmen,zu prüfen und über ihre Erledigung Empfehlungen zu beschließen. Dies entsprichtder Aufgabe des Wehrbeauftragten in Deutschland, Eingaben von Soldaten entgegenzunehmen,zu bearbeiten und gegebenenfalls die Mängelbeseitigung anzuregen.71

in <strong>das</strong> demokratische Staatsgefüge garantieren sollen. In Deutschland wird <strong>das</strong>„Primat der Politik“ durch den sog. „konstitutiven Parlamentsvorbehalt“ noch stärkerin den Vordergr<strong>und</strong> gestellt als in Österreich.Die Kontrollrechte die den jeweiligen Parlamenten auf Gr<strong>und</strong> der Eingliederung derStreitkräfte in die Staatsgewalt der Exekutive zufallen, sind <strong>das</strong> Interpellationsrecht,<strong>das</strong> Zitierungsrecht (Zitationsrecht) <strong>und</strong> <strong>das</strong> Enquêterecht, in Österreich darüber hinaus<strong>das</strong> Resolutionsrecht. <strong>Das</strong> Enquêterecht in Deutschland wird ergänzt durch dieMöglichkeit des Verteidigungsausschusses, sich jederzeit als Untersuchungsausschußeinzusetzen.Neben den gr<strong>und</strong>sätzlichen parlamentarischen Kontrollrechten gegenüber denStreitkräften als Teil der vollziehenden Gewalt, wird die Vorrangstellung des <strong>deutsche</strong>nB<strong>und</strong>estages verstärkt durch die Einrichtung eines Verteidigungsausschußsowie eines Wehrbeauftragten, <strong>das</strong> parlamentarische Budgetrecht <strong>und</strong> den an dergemeinsamen Verteidigungsplanung beteiligten ”Gemeinsamen Ausschuß”(Art. 53 a GG).In Österreich wird die parlamentarische Kontrolle über die Streitkräfte erweitertdurch <strong>das</strong> parlamentarische Budgetrecht, die Beschwerdekommission <strong>und</strong> den Landesverteidigungsrat.5. Rechtsvergleich der besonderen Beratungs- <strong>und</strong> Kontrollorganea) Wehrbeauftragter <strong>und</strong> BeschwerdekommissionDie Einrichtung eines Wehrbeauftragten kennt <strong>das</strong> österreichische <strong>Wehrrecht</strong> nicht. Einein weiten Zügen gleiche rechtliche Stellung gewährt die österreichische <strong>Wehrrecht</strong>sordnungder Beschwerdekommission, die sich aus Vertretern des Nationalrates zusammensetzt<strong>und</strong> der politischen Kontrolle der Streitkräfte dient. Die Beschwerdekommissionist verpflichtet, unmittelbar oder mittelbar eingebrachte Beschwerden entgegenzunehmen,zu prüfen <strong>und</strong> über ihre Erledigung Empfehlungen zu beschließen. Dies entsprichtder Aufgabe des Wehrbeauftragten in Deutschland, Eingaben von Soldaten entgegenzunehmen,zu bearbeiten <strong>und</strong> gegebenenfalls die Mängelbeseitigung anzuregen.71

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