Erinnerungen

Erinnerungen Erinnerungen

03.12.2012 Aufrufe

Die Wohnküche war gleichfalls Körper-Reinigungsstelle, wochentags mit den Möglichkeiten eines Handwaschbeckens, samstags mit Ganzkörper-Zinkbadewanne. Letzteres evtl. auch in der Waschküche im Keller, wo der Wäschekessel dann entsprechend geheizt, die größeren Mengen Warmwasser lieferte. In den meisten Häusern war die Abortgrube zu riechen, manchmal auch in den Kleidern der Bewohner. Wie komfortabel man heute in Deutschland auf ca. 40 m² beheizter Fläche pro Person lebt, ist bekannt. Mit dem Schwinden/Verteuern von Energie und der Zunahme von CO2 in der Atemluft wird man unter Druck kommen in Richtung Ehemals und es wird Verstand nötig sein, um Oberhalb zu bleiben. Ansonsten ist bescheidenes Leben aber nicht gleichzusetzen mit unglücklichem Leben. Eine der schönsten Kindheitserinnerungen meiner Mutter war, dass die Familie sich abends in der Wohnküche zur „Dunkelstunde“ versammelte, d. h. um Licht zu sparen, öffnete man das Feuerloch des Ofens, die Familie saß drumherum und erzählte sich Geschichten. Großvater war ruhig, freundlich und klug, mit einer guten Ausbildung in seiner Jugend zum Webmeister über die Firma Preibisch, die sich die entfernten Verwandten gleichen Namens gern in verantwortliche Positionen qualifizierte, so ihn als Versandleiter, bis zum Niedergang der Firma in der Weltwirtschaftskrise. 1912 kam im neu gebauten Haus auf eigenem Grund neben dem Hof, Uferweg 389 b, meine Mutter als erstes von 4 Kindern zur Welt. Im I. Weltkrieg lag Großvaters Kompanie an der Somme und es überlebten davon nur 17 Soldaten. An der Hauptkampflinie konnten die Soldaten nur durch das ständige Hineinspringen in frische Granattrichter einen Beitrag zur Erhaltung ihres Lebens leisten. Nachts schliefen sie tief unter der Erde, wo die Einschläge nicht durchdringen konnten, so die Selektion durch den Tod über 3 Jahre. Ein Hitler, der unweit davon im gleichen Einsatz war, verlor die Orientierung. Großvater wendete sich noch mehr der Natur zu und freute sich über jeden Tag den er später in der geliebten Heimat in Frieden verleben durfte. 8 Meine Mutter Anneliese geb. Preibisch, als 1. Kind. Geb. 09.01.1912.

Großmutter, wie schon erwähnt, stammte aus der großen Familie eines einfachen Fuhrmannes und konnte trotz guter Leistungen in der Schule keine weitere Ausbildung bekommen. Sie erzählte, dass sie einmal einen fälligen Hausaufsatz vergessen hatte und diesen in ihrer Not dann von einem weißen Blatt ab las, mit gutem Ergebnis. Die beiden lernten sich bei der Arbeit kennen und hatten mit dem Hausbau auf eigenem Grund und der Ehemann als zukünftiger Hoferbe und der Hof durchaus mit Barvermögen versehen, einen guten Start. Das sah nach dem I. Weltkrieg aber ganz anders aus. Zwei weitere Kinder wurden geboren, es gab nur einen Verdiener, die Stammfirma brach zusammen, das Barvermögen des Hofes holte die Inflation und das Haus musste weiter abbezahlt werden. In dieser Situation versuchten die jungen Eheleute über Wasser zu bleiben indem sie jeden Monat im Voraus das Geld für alle Belange in die winzigen beschrifteten Schubfächer eines Vertikos taten; d. h. wo dort nichts mehr war, konnte finanziell nichts mehr sein. Leider war wohl auch oft bei der Sparte „Ernährung“ zu wenig. „Der Schnellzug ist über die Butterbrote gefahren“ sagten die Kinder und bei meiner Mutter wirkte sich das so aus, dass sie nicht genommen wurde als sie eine Lehre beginnen sollte sondern, für ein Jahre zurückgestellt, in einer Fleischerei (Lehmann) mit aushelfen musste, damit sie zu Kräften käme. Diese Zurückstellung ist für meine Mutter wohl ein tiefer Schock gewesen, denn bis ins Alter gab sie nur ungern Auskunft, woher sie wohl die guten Kenntnisse beim Fleischkauf habe. Bruder Roland trat in Löbau eine Gärtnerlehre an (Gärtnerei existiert Eingangs Löbau von Herrnhut her noch), Bruder Kurt setzte später ebenfalls eine Gärtnerlehre durch. 9 Ilse u. Kurt Preibisch Meine urgroßm. Seidler Tante Luise Christine Knebel Ilse Sprenger aus Haindorf Meine Großeltern Andree Standesperson Edwin u. Lina Preibisch Meine Urgroßvater Linke aus Haindorf / Ferdinandstal Hochzeitsfoto vor der Kirche in Bad. Oppelsdorf

Die Wohnküche war gleichfalls Körper-Reinigungsstelle, wochentags mit den<br />

Möglichkeiten eines Handwaschbeckens, samstags mit Ganzkörper-Zinkbadewanne.<br />

Letzteres evtl. auch in der Waschküche im Keller, wo der Wäschekessel dann entsprechend<br />

geheizt, die größeren Mengen Warmwasser lieferte. In den meisten Häusern war die<br />

Abortgrube zu riechen, manchmal auch in den Kleidern der Bewohner. Wie komfortabel man<br />

heute in Deutschland auf ca. 40 m² beheizter Fläche pro Person lebt, ist bekannt. Mit dem<br />

Schwinden/Verteuern von Energie und der Zunahme von CO2 in der Atemluft wird man unter<br />

Druck kommen in Richtung Ehemals und es wird Verstand nötig sein, um Oberhalb zu<br />

bleiben. Ansonsten ist bescheidenes Leben aber nicht gleichzusetzen mit unglücklichem<br />

Leben. Eine der schönsten Kindheitserinnerungen meiner Mutter war, dass die Familie sich<br />

abends in der Wohnküche zur „Dunkelstunde“ versammelte, d. h. um Licht zu sparen, öffnete<br />

man das Feuerloch des Ofens, die Familie saß drumherum und erzählte sich Geschichten.<br />

Großvater war ruhig, freundlich und klug, mit einer guten Ausbildung in seiner Jugend<br />

zum Webmeister über die Firma Preibisch, die sich die entfernten Verwandten gleichen<br />

Namens gern in verantwortliche Positionen qualifizierte, so ihn als Versandleiter, bis zum<br />

Niedergang der Firma in der Weltwirtschaftskrise. 1912 kam im neu gebauten Haus auf<br />

eigenem Grund neben dem Hof, Uferweg 389 b, meine Mutter als erstes von 4 Kindern zur<br />

Welt.<br />

Im I. Weltkrieg lag Großvaters Kompanie an der Somme und es überlebten davon nur 17<br />

Soldaten. An der Hauptkampflinie konnten die Soldaten nur durch das ständige<br />

Hineinspringen in frische Granattrichter einen Beitrag zur Erhaltung ihres Lebens leisten.<br />

Nachts schliefen sie tief unter der Erde, wo die Einschläge nicht durchdringen konnten, so die<br />

Selektion durch den Tod über 3 Jahre. Ein Hitler, der unweit davon im gleichen Einsatz war,<br />

verlor die Orientierung. Großvater wendete sich noch mehr der Natur zu und freute sich über<br />

jeden Tag den er später in der geliebten Heimat in Frieden verleben durfte.<br />

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Meine Mutter Anneliese geb. Preibisch,<br />

als 1. Kind. Geb. 09.01.1912.

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