Erinnerungen
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Nicht in der damaligen Sicht war auch die später eingetretene Möglichkeit des BRD-<br />
Doppelpasses für Schlesier, was Arbeit in der BRD und Wohnen in der schlesischen Heimat<br />
ermöglichte. Ich wäre wahrscheinlich blind auf letztere Möglichkeit zu gesteuert, wenn ich<br />
einige Jahre älter gewesen wäre und dann eine feste Bindung an ein polnisches Mädchen<br />
gehabt hätte. Mit und ohne Eltern im Lande wäre bei unserem geringen Einkommen für mich<br />
nur Erwerbsarbeit und ein Fernstudium in Frage gekommen. Als mich 56 erste Aufforderungen<br />
trafen, an einer Disko teilzunehmen, musste ich ablehne, denn ich hatte weder Halbschuhe<br />
noch Jacke und Hose, ich ging immer noch in Kleidung, die meine Mutter aus einem<br />
warmen Deckenstoff nähte, trug im Sommerhalbjahr selbst gemachte Sandalen oder Tennisschuhe<br />
und im Winterhalbjahr ein Paar hohe Arbeitsschuhe. Oberkleidung war, auch in der<br />
kalten Jahreszeit, ein blauer, innen gummierter Regenmantel. Ich habe unter dieser Bescheidenheit<br />
aber nicht gelitten, sonder fand das ganz normal und auskömmlich. Aber wie gesagt,<br />
eine andere Welt mit höheren Anforderungen klopfte schon an.<br />
Ich hatte also aufgrund meiner Jugend keine Handhabe, um meine Eltern von der<br />
Ausreise abzuhalten oder um selbst einen anderen Weg zu gehen, aber ich war innerlich<br />
entsetzt und verzweifelt, wie alles was wir uns erhalten und aufgebaut hatte, aufgegeben<br />
wurde.<br />
1. Mai 1950<br />
Ab Februar verpackte ich in zweiwöchiger Arbeit die Wohnungseinrichtung von Frau<br />
Lehmann, dann fing im März bei uns die gleiche Arbeit an, Rudolf Fischer schrieb auf die<br />
zerlegten Sachen mit schwarzer Farbe unsere neue Adresse in Deutschland. In Reichenau bei<br />
Onkel und Tante und Großmutter Preibisch geschah das Selbe. Als alles in Türchau in einen<br />
Waggon verladen war, übernachteten wir irgendwo. Am nächsten Tag musste ich noch einmal<br />
nach Oppelsdorf zurückgehen, um mich am Gemeindeamt abzumelden, dann war noch etwas<br />
bei unseren Nachmietern abzugeben. Als ich auf dem Hofe war, krachte es hinter mir und<br />
unsere Ziege steckte den Kopf durch das Schuppenfenster. Tarzan lag an der Kette und<br />
winselte mich an (die beiden Hündinnen lebten nicht mehr). Ich musste gehen und dann auch<br />
das Gartentor von außen aus der Hand lassen.<br />
Tod unglücklich und gebeugt ging ich von Oppelsdorf fort.<br />
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