Erinnerungen
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hinten an. Beim Katzenschwanz machte er halt. Wie ein Holzfäller seine Axt, so hob er seinen<br />
spitzen, fingerlangen Schnabel zum furchtbaren Hieb. Das harte Steinpflaster machte den<br />
Hieb noch schmerzhafter. Die Katze schrie so furchtbar, wie selbst auf den höchsten<br />
Katzenhochzeiten nicht geschrien wird. Dabei sprang sie mit allen vier Beinen steif in die<br />
Luft und fiel in ihre Milch, die natürlich „für die Katz“ war. Der schwarze Teufel wusste nun<br />
nicht, was er vor Freude anstellen sollte. Er krächzte, schlug mit den Flügeln und tanzte von<br />
einem Bein auf das andere. Die Katze raste inzwischen halb irrsinnig vor Schmerz und<br />
Schreck im Garten umher. Der Schwanz war dick geworden und an der Hiebstelle hatte sich<br />
ein Knoten gebildet. Erst nach stundenlangem Lecken ging die Geschwulst wieder weg. Nach<br />
einer solchen Genugtuung, hatte der Rabe sein seelisches Gleichgewicht wiedergewonnen. Es<br />
gab für die Raben auch noch eine andere Art Tierquälerei. Sie bemerkten einen Hund, der mit<br />
sich und der Welt zufrieden, an einem Knochen knabberte. Einer der Raben postierte sich vor<br />
dem Knochen, der andere nahm am Schwanz Aufstellung. Sobald die Plätze eingenommen<br />
waren, begann der eine Rabe die Offensive, indem er dem Hund auf bekannte Art in den<br />
Schwanz hackte. Der Hund fuhr wutschnaubend herum und bekam sofort einen zweiten Hieb<br />
auf die Nase. Während der Hund laut heulte und sich mit der Pfote die Nase massierte,<br />
schleppten die Attentäter den Knochen mit vereinten Kräften bis aufs Schuppendach. Sobald<br />
der Hund zu sich gekommen war und den Verlust entdeckt hatte, geriet er in rasend Wut. Er<br />
versuchte die Schuppenwand hochzuklettern, was den Beiden auf dem Dach die größte<br />
Freude machte. Allmählich beruhigte sich der Hund und versuchte es auf die andere Art,<br />
indem er sich hinsetzte und „schön“ machte, was aber die beiden Gauner nicht beeindrucken<br />
konnte. Sie nahmen den Knochen und rollten ihn hin und her. Der Hund sauste dementsprechend<br />
immer um den Schuppen herum. Diese Belustigung wurde stundenlang getrieben.<br />
Meist siegte aber die Gerechtigkeit, weil nämlich die beiden Raben oft untereinender in Streit<br />
gerieten und das Streitobjekt zu dem rechtmäßigen Besitzer entglitt. Die Raben zeigten auch<br />
einen schädlichen Ehrgeiz. Der eine hatte sich in den Kopf gesetzt, dass nur jede fünfte<br />
Steckzwiebel stehen dürfe. Den Rest zerrte er, sooft sie auch wieder eingesetzt wurde, heraus.<br />
Eines Tages wurde ein Teil der Stangenbohnen geerntet. Die Raben halfen beim Pflücken<br />
eifrig mit. So schön, so gut. Aber, die beiden hörten nicht auf zu arbeiten, pflückten zwei<br />
Tage hintereinander, bis auch die letzte Bohne auf der Erde lag.<br />
Wurde im Garten umgegraben, so verschlangen die Raben eine Unmenge Regenwürmer.<br />
War der Kropf voll, dass die Regenwürmer wieder zum Schnabel heraus krochen und sich<br />
nicht mehr schlucken ließen, so wurde sehr klug eine Vorratskammer gegraben. Die Regenwürmer<br />
wurden aufgelesen und hineingeworfen. Dann wurde ein Blatt darüber gedeckt und<br />
darauf Erde gescharrt. Das Ganze wurde schön fest getreten. Nach zwei, drei Tagen wurde<br />
dann die Vorratskammer geöffnet. Natürlich war sie leer. Der Zorn war groß, der Rabe hatte<br />
die Hunde im Verdacht uns sann auf Rache.<br />
Damit beginnt eigentlich diese Geschichte von neuem.<br />
19. Januar, Februar und März 1957<br />
Das Vorjahr hatte in Ungarn einen Aufstand gegen die sowjetische Vorherrschaft gebracht<br />
und auch in Polen zu Lockerungen geführt. Die Generation der älteren Deutschen war mit<br />
dem Verbleib in einer polnisch dominierten Welt in eine Sackgasse geraten, in deren bescheidenen<br />
wirtschaftlichen Verhältnissen sie in der Regel aufgrund der Sprachbarriere zusätzlich<br />
zurückgesetzt waren, gleichzeitig lief die Lebenszeit ab und man konnte sich ausrechnen, dass<br />
man in Deutschland sich wieder ganz unten einreihen muss.<br />
Aus diesem Grunde wurde die von polnischer Seite neu eröffnete Möglichkeit zu Ausreise<br />
von allen (dabei Dominoeffekt) angenommen. Ein einfacher Grenzverkehr zum wechselseitigen<br />
Besuch von Verwandten und Freunden und zur Arbeitsaufnahme in Deutschland trat<br />
erst 1972 ein und war damals bei der Beweglichkeit des sozialistischen Lagers nicht zu<br />
erwarten.<br />
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