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Erinnerungen

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Familie Reimer (er aus Siebenbürgen, sie Tochter vom Zückert-Schneider) wurde uns das<br />

bestätigt. Erinnerlich ist mir auch, dass wir in Donaths Bierstuben einkehren konnten. Nach<br />

eingehender familiärer Aussprache entschieden sich die Eltern wegen des Hauses in der<br />

Gemeindeverwaltung vorzusprechen. Dort trafen sie auf den Bürgermeister Szymków und auf<br />

Frau Jagodzinska. Letztere, eine gut Deutsch sprechende Südpolin (aus dem ehemaligen<br />

Österreich) mit entsprechend freundlichem Wesen, setzte sich sehr für die neue Nachbarschaft<br />

ein, denn sie wohnte auch auf der Villenstraße, im Haus welches bis 1945 die Familie Bernert<br />

gemietet hatte (aus welcher meine Frau Karin stammt). Wir konnten also das Haus mieten<br />

und im Vertrag ist erstaunlicherweise das Haus als Eigentum, über welches zur Zeit nicht<br />

verfügt werden kann, vermerkt. So konnten wir denn das Grundstück betreten. Von Außen<br />

gesehen links vom Gartentor nahe am Zaun waren damals noch die Gräber von Mutter und<br />

Tochter Hartdorf zu sehen, unseren Mietern, die 1945 den Freitod gewählt hatten und u. a.<br />

von meiner Schwiegermutter mit geborgen wurden. Aber davon wussten wir damals nichts.<br />

Das Haus selbst war abgewohnt, der Fußboden teilweise brüchig, vom Mobiliar nichts mehr<br />

vorhanden, auf dem Hofe Unordnung. Für die Instandsetzung hatten wir im Grunde keine<br />

Geld. Von BZPB, dem Arbeitgeber meines Vaters, gab es aber eine Unterstützungserklärung<br />

und unter den restlichen Deutschen gab es viel nachbarliche Solidarität, d. h. nur die Schnitten<br />

und den Tee für das Abendbrot boten wir für Arbeit. Dabei für mich immer wieder erinnerlich<br />

Alfred Scholz, der Mann mit den goldenen Händen, bei dem ich in dieser Zeit viele handwerkliche<br />

Praktiken zum ersten Mal sah. Seine größeren Jungs waren von Fall zu Fall auch<br />

anwesend. Zuletzt der Reichenauer Zimmermann Maler und dann sind wir irgendwann im<br />

Frühsommer eingezogen.<br />

Wir waren aber nicht die einzigen Deutschen, denn in Wald war das alte Ehepaar August<br />

Scholze nicht ausgesiedelt worden. In dem Schwester Else, die Diakonissin war, in der<br />

Friedehofskapelle regelmäßig sonntäglichen Gottesdienst hielt, konnten versprengte Deutsche<br />

dort mit den anderen Kontakt aufnehmen und halten. So auch August Scholze, der nach dem<br />

Tode seiner Frau Betreuung vor Ort durch die Schwestern Else und Margarete erhielt, in die<br />

deutsche Rentenumlage einbezogen wurde und sonntags von Familie zu Familie zum Essen<br />

ging. So war er uns auch schon von früher bekannt. Unser Nachbar war der Bürgermeister<br />

Szymków, dessen Frau gut deutsch sprach, da sie in einer deutschen Familie dienstverpflichtet<br />

war, aber ohne Groll, denn sie wurde freundlich behandelt. Sie hatte bald engen Kontakt<br />

zu meiner Mutter. Ihre zwei Söhne waren zwar jünger als meine Schwester, konnten aber<br />

noch ins Spiel einbezogen werden. Bald waren wir auch mit Dr. Jarmata und Familie bekannt,<br />

sowie mit Familie Kaminski (aus Litauen) mit den Söhnen Rajmund, Richard und Stanislaus.<br />

Ganz glücklich waren meine Eltern über die Reaktion des Schulleiters Nadachowski, der auf<br />

Deutsch gesagt hatte: „Diese Kinder sofort in die Schule!“.<br />

So ging ich denn mit 12 Jahren Anfang September erstmalig in die Schule, mit meiner<br />

Schwester in die 3. Klasse. Die Sache drückte mir gewaltig auf die Psyche, besonders wenn<br />

wir in der Öffentlichkeit unterwegs waren. Aller Blicke sah ich dann auf mich gerichtet, da<br />

ich inmitten der Kleinen als notorischer Sitzenbleiber erscheinen musste. Dazu kamen noch<br />

die Jarmata-Zwillinge Clara und Dangola, zwei sehr hübsche Mädchen, mit denen wir im<br />

Ansatz schon bekannt geworden waren, die vom Äußeren wie aus einer anderen Welt kamen<br />

und die auch in den Pausen 2 Klassen über mir Zurückgeblieben eingeordnet waren, da durfte<br />

ich mir wirklich kein Hoffnungen machen. Trotzdem beschloss ich wenigstens von Ferne eine<br />

zu verehren, praktischerweise die mit den deutschen Rufnamen Clara, als ich sie aber übers<br />

Jahr besser auseinander halten konnte, merkte ich , dass es Dangola war. Den Bruder der<br />

beiden, der ca. 5 Jahre älter war, ein Fahrrad mit Tretlager-Gangschaltung fuhr und im Bad<br />

vom 10-m-Turm Kopfsprung machte, habe ich mir nie getraut anzusprechen.<br />

Im Oppelsdorfer Bad sah ich in diesem Jahr auch ein wunderschönes junges deutsches<br />

Ehepaar, scheinbar Lichtjahre von uns armen Häuslerleuten entfernt, die ich mir als<br />

Erscheinung einprägte, weil es mir nicht vorstellbar war, dass sie als Siegfried und Margot<br />

Domagalla jeweils in mein Leben treten würden.<br />

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