Erinnerungen
Erinnerungen
Erinnerungen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Christine, wie ich damals erfahren habe. Es war ein Kriegsweihnacht und das hat wohl wie<br />
ein Schleier über diesem Fest gelegen und das Herz wird einem bei der Niederschrift nicht<br />
leichter, indem man jetzt weiß, dass es die letzte Weihnachtsfeier Reichenaus war.<br />
5. 1945 bis 7. Mai<br />
Ich lerne Kurt Preibisch, den Bruder meiner Mutter, der auf Heimaturlaub ist, kennen. Er<br />
wurde 1941, 20-jährig, eingezogen und ist in Russland auf dem Vormarsch und auf dem<br />
Rückzug als einfacher Soldat immer an vorderster Front gewesen. Bei seiner Kompanie<br />
wurde die Mannschaft wohl mehrmals ersetzt, bis 1945. Von den vier Preibisch-Kindern ist er<br />
dabei der ruhigste und der Heimat und der Natur (Gärtnermeister) wohl am engsten verbundene<br />
gewesen. Welch Kontrast mögen die wenigen Tage im Vaterhause für ihn gewesen sein,<br />
das Spiel mit mir, dem er die Dampfmaschine aus seiner Kindheit vorführte, was mir noch so<br />
gegenwärtig ist, als wäre es gestern gewesen. Dann fuhr er wieder an die Ostfront, mit dem<br />
letzten Zug nach Königsberg hinein, danach umschlossen die russischen Truppen die Stadt.<br />
Sein Glück war, dass er im Schneefeld einsam auf Vorposten gestellt, zeitig gefangen<br />
genommen wurde, von Russen, die sich in weißen Umhängen aus dem Schnee erhoben. Bei<br />
den späteren schweren Kämpfen wurden dann kaum noch Gefangene gemacht.<br />
Aus dieser Zeit sind mir auch noch Bilder von Flüchtlingstrecks erinnerlich, die Pferdegespann<br />
für Pferdegespann vor unserem Haus auf der oberen Dorfstraße standen oder sich<br />
zögerlich vorbei bewegten. Dabei viele Planwagen, einige sogar mit Ofenrohr, auch die ersten<br />
luftbereiften Ackerwagen habe ich gesehen, aber auch viele bedenkliche Wagen ohne<br />
Bremsen, die aus flacheren Regionen zu uns ins Bergland kamen. Zu vermerken ist auch, dass<br />
viele Volksgenossen sich eher vor der Aufnahme der Flüchtlinge drücken wollten, während<br />
das scheinbare Raubein Heidrich, Edmund, sie sich geradezu von der Straße holte und seinen<br />
21<br />
Ilse und Kurt Preibisch