Nummer 162 - Nordfriisk Instituut
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ihm sowohl ein packendes knappes<br />
Portrait des Kaufmanns als auch<br />
eines Jugendlichen in einer<br />
nordfriesischen Kleinstadt. Nur<br />
die Erzählperspektive wirkt bei<br />
dieser Geschichte etwas brüchig.<br />
Der Ich-Erzähler, der das Erlebnis<br />
aus der Rückschau schildert, weiß<br />
eigentlich zu viel über die US-Zeit<br />
des Gegenparts seines Jugend-Ichs.<br />
Die Ich-Perspektive prägt alle<br />
Geschichten des Bandes – häufig<br />
will man vermuten, dass sie<br />
autobiographisch initiiert sind. Bei<br />
mir als einem Mitglied etwa der<br />
gleichen Alters-Kohorte wie die des<br />
Autors führt dies gelegentlich zu<br />
einer unwillkürlichen Identifikation<br />
mit dem Erzähler. Ich finde<br />
mich in manchen Punkten auch<br />
in meiner Jugend und meinem<br />
Erwachsen-Werden wieder. Aber<br />
auch ältere oder deutlich jüngere<br />
Leser, denen dieser Zugang verstellt<br />
ist, können sich vermutlich an<br />
den Geschichten, ihrer variationsreichen<br />
Sprache, ihrer Bildhaftigkeit<br />
erfreuen. Der Anfang der ersten<br />
Geschichte „Honigecke“, bei der<br />
auf knapp vier Seiten minutiös das<br />
Sterben einer im Haus gefangenen<br />
Biene geschildert wird, mag ein<br />
weiterer Appetitanreger dafür<br />
sein: „Dies ist das WC, einfach,<br />
hygienisch, arschkalt in einer<br />
Ferienwohnung ...“ Peter Nissen<br />
Kaschuben heute<br />
Zwischen Deutschland und Polen<br />
lebt seit alters her das Volk der Kaschuben.<br />
Im Deutschen Reich und<br />
unter kommunistischer Herrschaft<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg hatten<br />
sie kaum Chancen, ihre Identität<br />
zu behaupten. Nach dem Ende<br />
des Ostblocks ist nun in Polen mit<br />
Unterstützung der Europäischen<br />
Union ein Netzwerk zur Pflege<br />
des Kaschubischen entstanden.<br />
Einen Überblick über die aktuelle<br />
Situation gibt:<br />
Cezary Obracht-Prondzyński: Kaschuben<br />
heute. Kultur – Sprache –<br />
Identität. 64 S. Instytut Kaszubski,<br />
Danzig 2007.<br />
In kurzen Abschnitten werden<br />
Situation und Perspektiven des<br />
Kaschubischen zwischen Politik,<br />
Bildung und Kultur herausgearbeitet.<br />
Gezählt werden in einer Statistik<br />
über 566 000 Kaschuben, die im<br />
Westteil Polens ansässig sind. Mehr<br />
als 4 000 Kinder lernen Kaschubisch<br />
in der Schule. Eine wichtige<br />
Grundlage dafür ist eine einheitliche<br />
Rechtschreibung, die erst 1996<br />
von den Vertretern der Minderheit<br />
festgelegt wurde. Verlage, Museen<br />
und Institutionen widmen sich der<br />
Pflege des Kaschubischen.<br />
Das Büchlein, in dem dies alles<br />
nachzulesen ist, erschien in Kaschubisch<br />
sowie unter anderem in Englisch<br />
und Deutsch. Es zielt darauf<br />
ab, die europäische Öffentlichkeit<br />
über die Kaschuben zu informieren<br />
und kann angefordert werden beim<br />
Kaschubischen Institut in Gdansk.<br />
(www.instytukaszubski.pl). Red.<br />
Presse in Cuxhaven<br />
Im Jahre 1907 erhielt Cuxhaven<br />
die Stadtrechte, und zwar vom<br />
Senat der Freien und Hansestadt<br />
Hamburg, der seinen den damaligen<br />
„Außenposten“ aufwerten<br />
wollte, der erst 1937 zu Niedersachsen<br />
geschlagen wurde. Das<br />
100-jährige Jubiläum nahm der<br />
dortige Presseclub zum Anlass, an<br />
die Journalisten zu erinnern, die<br />
über die Entwicklungen in der und<br />
um die Stadt im Laufe dieses Jahrhunderts<br />
berichtet haben:<br />
Hans-Henning Kruse (Hrsg.): 100<br />
Jahre Journalisten und Chronisten<br />
in Cuxhaven. 1907-2007. Sie<br />
schrieben und schreiben Geschichte<br />
und Geschichten in und über Cuxhaven.<br />
Eine Dokumentation. 200<br />
S. 19,80 Euro. Presseclub Cuxhaven<br />
von 1969 e. V., Cuxhaven 2007.<br />
Neben einem Rückblick auf die<br />
Geschichte der für Cuxhaven relevanten<br />
Zeitungen stehen Porträts<br />
von Angehörigen der schreibenden<br />
Zunft, deren Arbeiten im Lauf der<br />
Jahrzehnte das örtliche Geschehen<br />
widerspiegelte und in überregionale<br />
Zusammenhänge einordnete. Enge<br />
Verbindungen bestehen – und deshalb<br />
ist das Buch für Nordfriesland<br />
von Interesse – zwischen Cuxhaven<br />
und der Insel Helgoland. Die Monatsschrift<br />
Der Helgoländer etwa<br />
erscheint im Cuxhavener Niederelbe-Verlag.<br />
In der Silvesternacht<br />
1950 setzten Journalisten unter<br />
Führung des Cuxhavener Redakteurs<br />
Claus Katschinski auf einem<br />
altersschwachen Fischkutter nach<br />
Helgoland über, um die mutigen<br />
beiden Studenten zu unterstützen,<br />
die aus Protest gegen die Nutzung<br />
als Bombenziel durch die Royal Air<br />
Force die Insel besetzt hatten.<br />
Buch-Herausgeber Hans-Henning<br />
Kruse berichtet davon, wie er den<br />
Kontakt vermittelte zwischen dem<br />
Helgoländer Bürgermeister Henry<br />
Peter (HP) Rickmers und dem britischen<br />
Offizier Frank Woosnam, der<br />
für die Sprengung auf der Insel am<br />
18. April 1947 verantwortlich war<br />
und sich um die historisch korrekte<br />
Einordnung bemühte. Erinnert<br />
wird auch an James Krüss, der seine<br />
ersten literarischen Gehversuche in<br />
Cuxhaven unternahm. Das Buch<br />
zeichnet das Bild einer lebendigen<br />
Presselandschaft. Es ist dem Journalisten<br />
Wilhelm Heidsiek gewidmet,<br />
dem Hauptschriftleiter des Cuxhavener<br />
Volksblatts Alte Liebe, der nach<br />
dem 20. Juli 1944 inhaftiert und im<br />
KZ Neuengamme ermordet wurde.<br />
Red.<br />
Fliesenbibel<br />
Fliesen sind geradezu ein Symbol<br />
der Wohnkultur an der Küste.<br />
Seefahrer brachten sie seit dem<br />
17. Jahrhundert in großer Zahl aus<br />
den Niederlanden nach Nordfriesland.<br />
Aber auch nach Ostfriesland<br />
wurden die Keramikplatten aus der<br />
niederländischen Nachbarschaft<br />
importiert. Sie verbinden die<br />
Funktion als relativ leicht zu pflegende<br />
Wandbekleidung mit künstlerischem<br />
Ausdruck. Neben reinen<br />
Schmuckbildern und zum Beispiel<br />
stilisierten Tieren bot vor allem die<br />
biblische Geschichte zahllose Motive<br />
für die Fliesenmalerei.<br />
30 Nordfriesland <strong>162</strong> – Juni 2008