Nummer 162 - Nordfriisk Instituut
Nummer 162 - Nordfriisk Instituut
Nummer 162 - Nordfriisk Instituut
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
einzigartiges Denkmal der Landschaftsgestaltung<br />
in der frühen Neuzeit wurde der Beemster 1999<br />
von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt<br />
und hat damit einen Platz neben den ägyptischen<br />
Pyramiden und der chinesischen Mauer.<br />
Leeghwater besorgte die Entwässerung von mehr<br />
als 30 Meeresarmen, Seen und Sümpfen in mehreren<br />
europäischen Ländern. Er wollte auch den<br />
beständig wachsenden Haarlemer See entwässern,<br />
wozu er nach seinen Berechnungen nicht weniger<br />
als 160 von Windmühlen getriebene Wasserpumpen<br />
benötigt hätte. Dieses Projekt konnte<br />
dann aber erst mit den Dampfpumpstationen<br />
des 19. Jahrhunderts verwirklicht werden. Eines<br />
der großen Schöpfwerke wurde nach Leeghwater<br />
benannt. In Schleswig-Holstein arbeitete er zuerst<br />
wohl <strong>162</strong>6 in Stapelholm bei der Trockenlegung<br />
des Megger- und des Börmersees.<br />
In der Dagebüller Bucht ging es nicht um die<br />
Trockenlegung von Binnenmarschen, sondern<br />
– eine besondere Herausforderung – um den Bau<br />
langer Deiche durch das offene Wattenmeer. Seit<br />
der Mandränke von 1362 erstreckte sich hier eine<br />
große Bucht, an deren Meerseite Fahretoft, Dagebüll<br />
und Galmsbüll als Insel bzw. Hallig lagen.<br />
Immer wieder war versucht worden, die Bucht zu<br />
schließen. Im Jahre 1631 erteilte der Gottorfer<br />
Herzog Friedrich III. niederländischen Kapitalisten,<br />
23 „Partizipanten“, einen „Oktroi“; einen<br />
ähnlichen, allerdings folgenlosen hatte bereits<br />
sein Vorgänger Johann Adolf 1615 unterzeichnet.<br />
Diese Form fürstlichen Freibriefes spielte bis weit<br />
ins 19. Jahrhundert bei der Gewinnung und Verwaltung<br />
von Kögen in Nordfriesland eine bedeutende<br />
Rolle. In dem Privileg wurden den neuen<br />
Herren jeweils umfangreiche Rechte zugesichert,<br />
nicht zuletzt – für viele Niederländer besonders<br />
wichtig – die freie Religionsausübung.<br />
Als leitender Ingenieur der niederländischen<br />
Partizipanten – viele von ihnen waren vornehme<br />
Kaufleute in Amsterdam – trat bald Leeghwater<br />
in Erscheinung. Nicht weniger als 16 000 Demat,<br />
also rund 8 000 Hektar, sollten gewonnen<br />
werden. Am 9. April 1632 begann mit gewaltigen<br />
Mitteln das Werk. 5 500 Arbeiter und eine Unmenge<br />
Wagen und Schiffe wurden eingesetzt. Die<br />
Bewohner der angrenzenden Gebiete hatten die<br />
Materialien herbeizuschaffen. Nicht die Nordfriesen,<br />
die Niederländer gaben im Zusammenwirken<br />
mit der Obrigkeit den Ton an.<br />
Die letzte Lücke im Bottschlotter Tief konnte<br />
am 2. Juli 1633 geschlossen werden, das Datum<br />
jährt sich 2008 zum 375. Male. Pfähle und enorme<br />
Mengen Buschwerk wurden verbaut, man<br />
versenkte ein mit Erde beladenes Schiff, und in<br />
einer Ebbzeit luden 350 Pferdewagen Erdreich<br />
in die Lücke. Vom Tag seiner Vollendung wird<br />
der Name „Mariendiek“ hergeleitet, später bürgerte<br />
sich die Benennung „Holländerdeich“ ein.<br />
Im Folgejahr richtete man alle Anstrengung auf<br />
die Abdämmung des Kleiseer Tiefs. Der Herzog<br />
höchstselbst besichtigte die Arbeiten. Aber schon<br />
eine unerwartete Sturmflut im August brachte einen<br />
Rückschlag. Und die große Katastrophe vom<br />
10./11. Oktober 1634 zerstörte das Werk. Zusammen<br />
mit seinem Sohn entkam Leeghwater mit<br />
knapper Not; er verfasste einen eindrucksvollen<br />
Bericht. Der Mariendeich mit dem Bottschlotter<br />
Damm blieb unversehrt. Aber Leeghwater beteiligte<br />
sich nicht mehr an neuen Versuchen in der<br />
Dagebüller Bucht. Die Einheimischen waren aufgebracht<br />
gegen die Niederländer. Leeghwater floh<br />
nach Husum und Gottorf und kehrte schließlich<br />
in seine Heimat zurück. – Erst 1727 sollte mit<br />
der Gewinnung des Kleiseerkoogs die Dagebüller<br />
Bucht geschlossen werden.<br />
Jan Adriaanszoon Leeghwater<br />
20 Nordfriesland <strong>162</strong> – Juni 2008<br />
Abbildung: Sammlung <strong>Nordfriisk</strong> <strong>Instituut</strong>