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Mainova Magazin 2008 (pdf | 5,65 MB) - Mainova AG

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M<br />

it der Heißklebepistole<br />

in der einen, einem silberfarbenen<br />

Bogen in der<br />

anderen Hand steht er vor<br />

seinem „Zukunftskaufhaus“.<br />

Letzte Handgriffe an der<br />

Dachkonstruktion stehen<br />

an. Alle anderen Geschosse<br />

sind fertig. Wie immer hat<br />

Stefan Häfner sein Gebäude<br />

konsequent von unten nach<br />

oben entwickelt. Liebevoll<br />

und detailvernarrt richtet er<br />

jedes Stockwerk fertig ein,<br />

bis schließlich Heizkörper,<br />

Toilettenschüsseln, Tische,<br />

Stühle oder Kaffeemaschinen<br />

unter der aufgesetzten<br />

Geschossdecke verschwinden.<br />

Der Betrachter sieht<br />

davon später nur noch so<br />

viel, wie die Fenster Einblick<br />

gewähren. Doch Stefan<br />

Häfner behält alles im Kopf.<br />

Wenn er über seine Gebilde<br />

doziert, scheint er sie im<br />

Geist zu durchwandern:<br />

„Hier unten ist ein Aufzug,<br />

der bis aufs Dach führt.<br />

Ganz unten ist das Lager<br />

vom Kaufhaus. In drei<br />

Stockwerken kann man<br />

einkaufen. Da gibt es alles:<br />

Musikinstrumente, Damenunterwäsche,<br />

Kühlschränke<br />

und einen Getränkemarkt.<br />

Wer Hunger hat, kann hinaufgehen<br />

zum McDonalds.<br />

Daneben ist ein Kino. Und<br />

darüber kann man dann<br />

zusammen tanzen gehen.<br />

Abends, wenn alle müde<br />

sind, können sie oben im<br />

Hotel übernachten.“ Ein Jahr<br />

lang hat Häfner daran gearbeitet,<br />

seiner Vision Gestalt<br />

aus Pappe zu verleihen.<br />

Während der ambitionierte<br />

Baumeister lebhaft sein<br />

Zukunftskaufhaus erläutert,<br />

herrscht auch in den anderen<br />

Räumen reges Treiben.<br />

Im Atelier Goldstein können<br />

die Künstler kommen<br />

und gehen, wie es ihnen<br />

gefällt, und samstags kommen<br />

sie fast alle. Hans-Jörg<br />

Georgi lässt dann aus Bergen<br />

grau er Pappreste Flugzeuge<br />

ent stehen: riesengroß,<br />

stabil und detailreich.<br />

In einem benachbarten<br />

Raum komponiert Christa<br />

Sauer mit viel Farbgefühl<br />

harmonische Gemälde –<br />

am liebsten aus Kreisen.<br />

Wo der Arm nicht hinreicht,<br />

ver wendet sie einen<br />

Besen. In diesem Atelier<br />

können 18 Erwachsene mit<br />

„Einfache Kaufhäuser gefallen mir nicht. Zu eckig.<br />

Da denke ich oft: Die könnte man doch verändern.“<br />

„Florenz ist mir zu verschnörkelt. Ich ziehe Modernes vor,<br />

was eher chic aussieht.“<br />

unterschiedlichen Behinderun<br />

gen ihre Kreativität<br />

entfalten, ungestört von<br />

der Umwelt, aber nicht<br />

unbeeinflusst: Holger<br />

Frischkorns großflächige<br />

und farbintensive Köpfe<br />

und Figuren sehen den<br />

Betrachter mit großen<br />

Augen an – und erinnern<br />

an Plakatkunst und Pop.<br />

Markus Schmitz’ gezeichneten<br />

und ausgeschnittenen<br />

Schönheiten liegen<br />

Vorbilder aus Modezeitschriften<br />

zugrunde Und<br />

auch Birgit Ziegert, die<br />

geheimnisvolle Fabel wesen<br />

mit schwarzem Garn<br />

auf weißen Grund näht,<br />

bereichert ihre eigenen<br />

Fantasien um die Illustrationen<br />

aus einem Tierbuch.<br />

Immer häufiger wandern<br />

die Kunstwerke von hier aus<br />

in Ausstellungen. Auch die<br />

von Stefan Häfner. Sein umfangreichstes<br />

Werk, die „Zukunftsstadt“,<br />

hat das Atelier<br />

inzwischen für immer verlassen.<br />

Es ist nun Teil der<br />

Sammlung des Deutschen<br />

Architektur museums. Stunden<br />

später hantiert Stefan<br />

Häfner noch immer geduldig<br />

mit der Klebepistole. Er<br />

widmet sich hier als Einziger<br />

der Architektur. Oft steht er<br />

schon mit Plastik tüten voller<br />

vorgefertigter Bauelemente<br />

72 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

VISIONEN 73

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