Mainova Magazin 2008 (pdf | 5,65 MB) - Mainova AG
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Die Natur steht Modell Kiemenfassaden, hochwärmegedämmte Wände und Tragwerke, schlanker als ein Skelett: Die Baupläne der Natur sind perfekte Vorbilder dafür, wie sich energiesparender und effi zienter bauen lässt. Unterwasserhülle: Mit Hilfe von Rippen versteift die Rippenqualle ihre Außenhaut. Ähnlich stabil und flexibel sind Membranen in der Architektur, wie zum Beispiel die „Mem branbrücke“ im Technologie- und Medienzentrum Erfurt (siehe Bild unten). 62 MAINOVA MAGAZIN 08 BIONIK 63
Verpackungskünstlerin Natur Es war eine kleine Sensation auf der Expo 2000: ein Pavillon, groß wie ein Fußballfeld, geschwungen wie eine Welle und doch aus Papier. Architekt Shigeru Ban ließ den japanischen Pavillon aus Papp röhren bauen. Nach der Messe wurden die Röhren recycelt. Für seinen Entwurf nahm sich Shigeru Ban die Natur als Vorbild. Denn während der Mensch Müllberge produziert, lösen sich die meisten Naturhüllen einfach auf oder verrotten. In Milliarden von Jahren hat die Natur grazile und zugleich hocheffiziente Baupläne entwickelt, die für Ingenieure und Architekten ein nahezu unerschöpfliches Reservoir an Lösungen bereithalten. Was liegt da näher, als sich die evolutionäre Technik zum Vorbild zu nehmen? Eins zu eins kopieren lassen sich die Tricks und Kniffe der Natur nicht, doch sie liefern eine Fülle von Anregungen, um Material und Energie einzusparen. Lüften nach Termitenart Die Hauptzentrale der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) im Frankfurter Westend besteht aus vier leicht gegeneinander verschobenen, vor Kurzem modernisierten Bürotürmen. Die Fassade schmückt ein dezentes graues Glaskleid. Seinen Clou offenbart das Gebäude erst nachts, wenn plötzlich die Oberlichter wie Kiemen aufklappen. Frische Luft strömt ins Innere und kühlt die Betondecken. Dabei nimmt sie Wärme auf und strömt über das haushohe Atrium und eine geöffnete Dachhaube wieder nach außen ab. Morgens betreten die Mitarbeiter durchlüftete Büros. Im Laufe des Tages geben die Decken die gespeicherte Kälte langsam wieder ab, es bleibt angenehm kühl. Und das ganz ohne Energieeinsatz, einzig durch den Auftrieb der warmen Luft. Kiemenfassaden, begrünte Wintergärten und offene Atrien gehören längst zum guten Ton in der Büroarchitektur. Sie senken den Energieverbrauch und steigern den Komfort am Arbeitsplatz. Das voll klimatisierte Großraumbüro gilt dagegen als Auslaufmodell. Die moderne Büroarchitektur nutzt die Natur, um Räume ohne großen technischen Aufwand zu kühlen. Vorbilder zur Bauteilkühlung finden die Planer im Tierreich: Termiten etwa richten ihre schmalen hohen Bauten perfekt zur Sonne aus. Während die breiten Längswände morgens und abends viel Sonne einfangen, werden die Schmalkanten nur beschienen, wenn die Sonne am höchsten steht. So heizt sich der Bau nicht übermäßig auf. Die Oberfläche durchzieht ein Labyrinth aus Lüftungskanälen, in denen sich die Luft erwärmt. Die aufgeheizte Luft steigt auf und zieht kühlere Luft aus den unterirdischen Gängen des Baus nach. Der ständige Luftaustausch hält die Temperatur der Brutkammern im Innern konstant bei 24 Grad Celsius – egal bei welcher Außentemperatur. Lowtech: Die Hauptzentrale der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) im Frankfurter Westend kühlt nachts von selbst aus – dank Kiemenfassade und haus hohem Atrium. Nach ähnlichem Prinzip schützen Termiten ihre Bauten vor Überhitzung. 64 MAINOVA MAGAZIN 08 BIONIK 65
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Verpackungskünstlerin<br />
Natur<br />
Es war eine kleine Sensation<br />
auf der Expo 2000: ein Pavillon,<br />
groß wie ein Fußballfeld,<br />
geschwungen wie eine Welle<br />
und doch aus Papier. Architekt<br />
Shigeru Ban ließ den<br />
japanischen Pavillon aus<br />
Papp röhren bauen. Nach der<br />
Messe wurden die Röhren<br />
recycelt. Für seinen Entwurf<br />
nahm sich Shigeru Ban die<br />
Natur als Vorbild. Denn während<br />
der Mensch Müllberge<br />
produziert, lösen sich die<br />
meisten Naturhüllen einfach<br />
auf oder verrotten.<br />
In Milliarden von Jahren hat<br />
die Natur grazile und zugleich<br />
hocheffiziente Baupläne entwickelt,<br />
die für Ingenieure und<br />
Architekten ein nahezu unerschöpfliches<br />
Reservoir an<br />
Lösungen bereithalten. Was<br />
liegt da näher, als sich die<br />
evolutionäre Technik zum Vorbild<br />
zu nehmen? Eins zu eins<br />
kopieren lassen sich die Tricks<br />
und Kniffe der Natur nicht,<br />
doch sie liefern eine Fülle von<br />
Anregungen, um Material und<br />
Energie einzusparen.<br />
Lüften nach Termitenart<br />
Die Hauptzentrale der Kreditanstalt<br />
für Wiederaufbau<br />
(KfW) im Frankfurter Westend<br />
besteht aus vier leicht<br />
gegeneinander verschobenen,<br />
vor Kurzem modernisierten<br />
Bürotürmen. Die<br />
Fassade schmückt ein dezentes<br />
graues Glaskleid. Seinen<br />
Clou offenbart das Gebäude<br />
erst nachts, wenn plötzlich<br />
die Oberlichter wie Kiemen<br />
aufklappen. Frische Luft<br />
strömt ins Innere und kühlt<br />
die Betondecken. Dabei<br />
nimmt sie Wärme auf und<br />
strömt über das haushohe<br />
Atrium und eine geöffnete<br />
Dachhaube wieder nach<br />
außen ab. Morgens betreten<br />
die Mitarbeiter durchlüftete<br />
Büros. Im Laufe des<br />
Tages geben die Decken die<br />
gespeicherte Kälte langsam<br />
wieder ab, es bleibt angenehm<br />
kühl. Und das ganz<br />
ohne Energieeinsatz, einzig<br />
durch den Auftrieb der warmen<br />
Luft.<br />
Kiemenfassaden, begrünte<br />
Wintergärten und offene<br />
Atrien gehören längst zum<br />
guten Ton in der Büroarchitektur.<br />
Sie senken den Energieverbrauch<br />
und steigern<br />
den Komfort am Arbeitsplatz.<br />
Das voll klimatisierte<br />
Großraumbüro gilt dagegen<br />
als Auslaufmodell. Die<br />
moderne Büroarchitektur<br />
nutzt die Natur, um Räume<br />
ohne großen technischen<br />
Aufwand zu kühlen. Vorbilder<br />
zur Bauteilkühlung<br />
finden die Planer im Tierreich:<br />
Termiten etwa richten<br />
ihre schmalen hohen Bauten<br />
perfekt zur Sonne aus.<br />
Während die breiten Längswände<br />
morgens und abends<br />
viel Sonne einfangen, werden<br />
die Schmalkanten nur<br />
beschienen, wenn die Sonne<br />
am höchsten steht. So<br />
heizt sich der Bau nicht<br />
übermäßig auf. Die Oberfläche<br />
durchzieht ein Labyrinth<br />
aus Lüftungskanälen, in denen<br />
sich die Luft erwärmt.<br />
Die aufgeheizte Luft steigt<br />
auf und zieht kühlere Luft<br />
aus den unterirdischen Gängen<br />
des Baus nach. Der<br />
ständige Luftaustausch hält<br />
die Temperatur der Brutkammern<br />
im Innern konstant<br />
bei 24 Grad Celsius –<br />
egal bei welcher Außentemperatur.<br />
Lowtech: Die Hauptzentrale der<br />
Kreditanstalt für Wiederaufbau<br />
(KfW) im Frankfurter Westend<br />
kühlt nachts von selbst aus – dank<br />
Kiemenfassade und haus hohem<br />
Atrium. Nach ähnlichem Prinzip<br />
schützen Termiten ihre Bauten<br />
vor Überhitzung.<br />
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