Mainova Magazin 2008 (pdf | 5,65 MB) - Mainova AG

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03.12.2012 Aufrufe

Der Stadtplaner und Architekt Jochem Jourdan über Frankfurts Skyline, das Image von Hochhäusern und warum er nichts von Klonen hält. >> Herr Jourdan, wenn Sie an Frankfurt und seine Architektur denken, welches Bild haben Sie vor Augen? Mehrere. Das Besondere einer Stadt besteht aus vielen Elementen. Trotzdem wird Frankfurt heute in erster Linie durch seine Skyline repräsentiert. Es ist die einzige Stadt in Europa, in der die Skyline als Markenzeichen, als neues Image entstanden ist. So wie früher die mittelalterlichen Kirchtürme oder Stadttore das Bild Frankfurts prägten, sind es heute die Hochhäuser. Auch das Museumsufer ist einmalig. An den Tausenden von Spaziergängern am Wochenende sieht man: Hier ist, neben dem Römerberg, die gute Stube Frankfurts, vergleichbar mit der Museumsinsel in Berlin oder dem Louvre in Paris. Zudem hat Frankfurt einen der schönsten Hauptbahnhöfe in Europa: ein Ort der Kommunikation, des Austausches, ein Tor zur Stadt, zu Europa und zur Welt. Die Skyline ist unser Marken- Haben Sie einen Lieblingsort in Frankfurt? Der wechselt je nach Gemütslage. Am liebsten bin ich mittendrin: am Museumsufer, im Hauptbahnhof oder auf dem Domplatz. zeichen Seit knapp drei Jahrzehnten begleiten Sie zusammen mit Bernhard Müller und Ihrem Büro, der Projektgruppe Architektur und Städtebau PAS, Frankfurts Stadtentwicklung. Worin sehen Sie Ihren wichtigsten Beitrag? Ob die Landeszentralbank im Bahnhofsviertel, das Haus am Dom, die Adlerwerke, das Städtische Kunstinstitut oder die Gerbermühle: Uns geht es um das Weiterbauen, das Weiterdenken, ohne das Alte zu vergessen. Wir sehen das Vergangene als Anregung, um darauf Neues aufzubauen. 1998 haben Sie erstmals in der Geschichte der Stadt eine Studie zur Hochhaus- entwicklung erarbeitet. Was war Ihre wichtigste Erkenntnis? Die Studie hat gezeigt, wie bedeutend die Hochhäuser für Frankfurt sind. Es gibt ja Generationen von Hochhäusern in der Stadt: Das beginnt beim Expressionismus der Zwanzigerjahre, mit Planern wie Elsässer, Voggenhuber oder Taut, wo Hochhäuser noch neun oder elf Geschosse hatten, und setzt sich bis heute fort. Jedes Jahrzehnt hat seine eigene Vorstellung von Hochhäusern hinzugefügt. Lange stießen die Hochhäuser unter den Bürgern auf wenig Akzeptanz. Erst Anfang der Neunzigerjahre – mit dem Bau des Messeturms und dem „Kronenhochhaus“ – verbesserte sich ihr Image. Wodurch? Die Hochhäuser wurden immer vielfältiger. Dazu trugen auch die Architekten bei, die aus den Vereinigten Staaten oder aus England >> 22 MAINOVA MAGAZIN 08 STADTPLANUNG 23

kamen. Dieser Gestaltungsreichtum der einzelnen Hochhausepochen steht für die Vielfalt der Stadt, nur dadurch wird eine Silhouette lebendig. Wie beurteilen Sie das Image von Frankfurts Hochhäusern heute? Die Hochhäuser gehören heute fest zum Verständnis der Stadt. Denken Sie nur an das Hochhausfestival: Alle zwei Jahre kommen Tausende Menschen von nah und fern, um die Hochhäuser der Stadt zu feiern. Wo gibt es das schon? Oder der Hochhaus-Award, den die Stadt Frankfurt gemeinsam mit dem Architekturmuseum und der Deka Bank vergibt: Im vergangenen Jahr wurde der Stararchitekt Jean Nouvel ausgezeichnet. Einige Hochhäuser der Skyline planten Pritzker-Preisträger wie Richard Rogers oder Sir Norman Foster. Dass Frankfurt überhaupt einen Hochhaus-Award vergibt, zeigt, welche Bedeutung die Stadt den Hochhäusern beimisst. Droht Frankfurt nicht trotzdem ins Hintertreffen zu geraten, wenn man den Bauboom in internationalen Metropolen wie London oder Moskau sieht? Ich denke nicht. Frankfurt ist im Vergleich zu London oder Moskau eine kleine Stadt. Als „kleine Weltmetropole“ leistet es viel. Mit dem geplanten Neubau der Europäischen Zentralbank entsteht zum Beispiel ein ganz neuer, avantgardistischer Beitrag zum Hochhausbau. Andere Metropolen treiben den Trend zum Megahochhaus – immer höher, immer größer, immer mehr umbauter Raum – „Eines muss klar sein: Nur mit einer nachhaltigen Landschafts- und Stadtplanung haben die Menschen überhaupt eine Zukunft.“ Jochem Jourdan voran. Muss nicht auch Frankfurt an diesem Wettbewerb teilnehmen? In dem Hochhausentwicklungsplan von 1998 haben wir selbst einen Turm vorgeschlagen, der 360 Meter misst. Er wurde bisher nicht gebaut. Aber es ist immer nur eine Frage der Zeit, wann ein solcher Turm kommt. Trotzdem: Die Leben digkeit und Einmaligkeit der Skyline hängt nicht davon ab, ob hier mal eines der höchsten Hochhäuser der Welt steht. Sollte es eine Höchstgrenze geben? Nein, man sollte da keine Vorschrift machen. Eine Höchstgrenze entsteht automatisch: durch die Bedingungen der Umgebung. Etwa wenn ein Hochhaus im Sommer den öffentlichen Raum verschatten oder das Stadtklima beeinträchtigen würde. Als Planer muss man sehr genau darauf achten, in welchem Verhältnis das Gebäude zu seiner Umgebung steht. Was braucht ein Hochhaus, um städtebaulich integriert zu sein? Als Fußgänger sollte man nicht vor blinden Fensterscheiben stehen. Ganz wichtig sind deshalb die Sockelzonen. Sie dürfen sich nicht dem öffentlichen Raum entziehen, sondern müssen ihn bereichern. Der Maintower hat zum Beispiel im Erdgeschoss Restaurants und eine Arkade, die den Bürgersteig vergrößert. In der Turmspitze gibt es eine Aussichtsplattform für Besucher. Ein sehr gelungenes Hochhaus, das durch seine Maßstäblichkeit und seine Quadratund Kreisformen selbst etwas von der Idee der Stadt vermittelt. Oder der Main- 24 MAINOVA MAGAZIN 08 STADTPLANUNG 25

Der Stadtplaner<br />

und Architekt<br />

Jochem Jourdan<br />

über Frankfurts<br />

Skyline, das Image<br />

von Hochhäusern<br />

und warum er nichts<br />

von Klonen hält.<br />

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Herr Jourdan, wenn Sie an<br />

Frankfurt und seine Architektur<br />

denken, welches<br />

Bild haben Sie vor Augen?<br />

Mehrere. Das Besondere<br />

einer Stadt besteht aus vielen<br />

Elementen. Trotzdem<br />

wird Frankfurt heute in erster<br />

Linie durch seine Skyline<br />

repräsentiert. Es ist die einzige<br />

Stadt in Europa, in der<br />

die Skyline als Markenzeichen,<br />

als neues Image entstanden<br />

ist. So wie früher<br />

die mittelalterlichen Kirchtürme<br />

oder Stadttore das<br />

Bild Frankfurts prägten, sind<br />

es heute die Hochhäuser.<br />

Auch das Museumsufer ist<br />

einmalig. An den Tausenden<br />

von Spaziergängern am<br />

Wochenende sieht man:<br />

Hier ist, neben dem Römerberg,<br />

die gute Stube Frankfurts,<br />

vergleichbar mit der<br />

Museumsinsel in Berlin oder<br />

dem Louvre in Paris. Zudem<br />

hat Frankfurt einen der<br />

schönsten Hauptbahnhöfe<br />

in Europa: ein Ort der Kommunikation,<br />

des Austausches,<br />

ein Tor zur Stadt, zu<br />

Europa und zur Welt.<br />

Die Skyline ist<br />

unser Marken-<br />

Haben Sie einen Lieblingsort<br />

in Frankfurt?<br />

Der wechselt je nach<br />

Gemütslage. Am liebsten<br />

bin ich mittendrin: am<br />

Museumsufer, im Hauptbahnhof<br />

oder auf dem<br />

Domplatz.<br />

zeichen<br />

Seit knapp drei Jahrzehnten<br />

begleiten Sie<br />

zusammen mit Bernhard<br />

Müller und Ihrem Büro,<br />

der Projektgruppe Architektur<br />

und Städtebau PAS,<br />

Frankfurts Stadtentwicklung.<br />

Worin sehen Sie<br />

Ihren wichtigsten Beitrag?<br />

Ob die Landeszentralbank<br />

im Bahnhofsviertel, das Haus<br />

am Dom, die Adlerwerke,<br />

das Städtische Kunstinstitut<br />

oder die Gerbermühle: Uns<br />

geht es um das Weiterbauen,<br />

das Weiterdenken,<br />

ohne das Alte zu vergessen.<br />

Wir sehen das Vergangene<br />

als Anregung, um darauf<br />

Neues aufzubauen.<br />

1998 haben Sie erstmals in<br />

der Geschichte der Stadt<br />

eine Studie zur Hochhaus-<br />

entwicklung erarbeitet.<br />

Was war Ihre wichtigste<br />

Erkenntnis?<br />

Die Studie hat gezeigt, wie<br />

bedeutend die Hochhäuser<br />

für Frankfurt sind. Es gibt<br />

ja Generationen von Hochhäusern<br />

in der Stadt: Das<br />

beginnt beim Expressionismus<br />

der Zwanzigerjahre,<br />

mit Planern wie Elsässer,<br />

Voggenhuber oder Taut,<br />

wo Hochhäuser noch neun<br />

oder elf Geschosse hatten,<br />

und setzt sich bis heute fort.<br />

Jedes Jahrzehnt hat seine<br />

eigene Vorstellung von<br />

Hochhäusern hinzugefügt.<br />

Lange stießen die Hochhäuser<br />

unter den Bürgern<br />

auf wenig Akzeptanz. Erst<br />

Anfang der Neunzigerjahre<br />

– mit dem Bau des<br />

Messeturms und dem<br />

„Kronenhochhaus“ – verbesserte<br />

sich ihr Image.<br />

Wodurch?<br />

Die Hochhäuser wurden<br />

immer vielfältiger. Dazu trugen<br />

auch die Architekten<br />

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Staaten oder aus England<br />

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