03.12.2012 Aufrufe

Mainova Magazin 2008 (pdf | 5,65 MB) - Mainova AG

Mainova Magazin 2008 (pdf | 5,65 MB) - Mainova AG

Mainova Magazin 2008 (pdf | 5,65 MB) - Mainova AG

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Mainova</strong>magazin 08<br />

<strong>Mainova</strong>magazin 08<br />

Porträts – Interviews – Geschichten


<strong>Mainova</strong>magazin <strong>2008</strong><br />

Porträts – Interviews – Geschichten


Energie und Architektur: Nirgendwo in Europa ist die Symbiose augenfälliger als<br />

in Frankfurt am Main. Frankfurt setzt Trends für energieeffiziente Hochhäuser,<br />

ist Passivhaus-Hauptstadt Europas und bietet vieles mehr.<br />

04 VORSTÄNDE IM GESPRÄCH<br />

10 ENERGIE UND ARCHITEKTUR<br />

14 PROLOG: ZUKUNFT IST URBAN<br />

22 JOCHEM JOURDAN ZUR STADTPLANUNG<br />

29 GRÜNER WOLKENKRATZER<br />

30 REVITALISIERUNG: GARDEN TOWER<br />

38 HOCHHAUSBETREIBER IM DIALOG<br />

40 PASSIVBAUWEISE: QUADRATUR DES KREISES<br />

46 DAS PASSIVHAUS VOM NIKOLAUS<br />

52 A380-HALLE: DER RIESENHANGAR<br />

58 NEUBAU LSG SKY CHEFS<br />

62 BIONIK: DIE NATUR STEHT MODELL<br />

70 VISIONEN AUS PAPPE<br />

02 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

INHALT 03


Wachsende Region<br />

„Als weiteres<br />

Wachstumsfeld<br />

sehen wir<br />

innovative<br />

Technologiekooperationen<br />

mit unseren<br />

Kunden ...<br />

besonders auf<br />

dem Gebiet<br />

dezentraler und<br />

ökologischer<br />

Energieerzeugung.“<br />

Dr. Constantin Alsheimer<br />

Wo sieht <strong>Mainova</strong> in<br />

Zeiten des Energiesparens<br />

und der Energieeffizienz<br />

Wachstumspotenziale?<br />

Wie bereitet sich <strong>Mainova</strong><br />

auf die künftigen Herausforderungen<br />

einer wachsenden<br />

Stadt vor? Und<br />

wie steht es um die Versorgungssicherheit<br />

in<br />

der Rhein-Main-Region?<br />

Die Vorstände der <strong>Mainova</strong><br />

im Gespräch.<br />

Der Wettbewerb um Stromund<br />

Erdgaskunden gewinnt<br />

an Schärfe, insbesondere<br />

im Rhein-Main-Gebiet. Ist<br />

<strong>Mainova</strong> gewappnet?<br />

Dr. Constantin Alsheimer:<br />

Aufgrund unserer vorausschauenden<br />

Preis- und<br />

Produktstrategie sind wir<br />

bestens vorbereitet. Zum<br />

Beispiel mit unseren Produkten<br />

Strom Direkt und<br />

Erdgas Direkt, sogenannten<br />

Online-Angeboten für sehr<br />

preisbewusste Kunden, mit<br />

denen wir dem verstärkten<br />

Wettbewerb aus dem Internet<br />

begegnen. Auch für die<br />

immer häufigere Nachfrage<br />

nach Ökostromprodukten<br />

bieten wir inzwischen zwei<br />

Produkte an. Einmal das<br />

schon seit Jahren angebotene<br />

Naturstromprodukt<br />

ÖKaWe, mit dem sich der<br />

Kunde zugleich für den Ausbau<br />

regenerativer Stromerzeugung<br />

engagiert. Zum<br />

Zweiten jetzt mit novanatur<br />

komplett CO2-frei erzeugten<br />

Strom aus der Region zu<br />

einem sehr attraktiven Preis<br />

für preisbewusste Privatund<br />

Gewerbekunden, die<br />

ökologische Verantwortung<br />

praktizieren wollen. Aber<br />

Wettbewerb entscheidet<br />

sich nicht nur am Preis, sondern<br />

ebenso an der Servicequalität.<br />

Und da bestätigen<br />

uns alle unabhängigen Verbraucherportale<br />

einen hervorragenden<br />

Kundenservice<br />

mit Spitzenwerten. Welchen<br />

Stellenwert wir höchsten<br />

Servicestandards beimessen,<br />

sieht man schon daran, dass<br />

wir mit unserer Tochter<br />

<strong>Mainova</strong> Service Dienste<br />

(MSD) der erste Energieversorger<br />

in Deutschland sind,<br />

der sowohl nach DIN EN<br />

ISO 9001:200 zertifiziert ist<br />

als auch nach den Qualitätsstandards<br />

Quality Communication<br />

Center (QMCC).<br />

<strong>Mainova</strong> ist ein starker Wettbewerber!<br />

Vermehrte Anstrengungen<br />

zum Energiesparen und zur<br />

Erhöhung der Energieeffizienz<br />

machen den Markt für<br />

Energie enger. Wo sehen Sie<br />

Wachstumspotenziale?<br />

Dr. Constantin Alsheimer:<br />

Es ist zwar richtig, dass der<br />

Wärmemarkt insgesamt<br />

schrumpft. Gleichzeitig wird<br />

aber in einer so dynamischen<br />

Wachstumsregion wie<br />

dem Rhein-Main-Gebiet<br />

trotz aller Anstrengungen<br />

zum Energiesparen, die wir<br />

ausdrücklich unterstützen,<br />

der Stromabsatz auch weiterhin<br />

leicht zulegen. Aber<br />

viel wichtiger: Schon lange<br />

ist unser Vertriebsgebiet<br />

nicht mehr auf unser Netzgebiet<br />

beschränkt. Eine steigende<br />

Zahl von Geschäftskunden<br />

beliefern wir im<br />

gesamten Bundesgebiet mit<br />

Strom und auch für Privatkunden<br />

bieten wir beispielsweise<br />

unser neues Naturstromprodukt<br />

novanatur im<br />

erweiterten Rhein-Main-<br />

Gebiet an. Im Wachstum<br />

außerhalb unseres angestammten<br />

Netzgebietes<br />

sehen wir weiterhin ein<br />

großes Potenzial, und zwar<br />

bei Privat-, Gewerbe- und<br />

Industriekunden jeweils<br />

sowohl bei Strom als auch<br />

bei Gas. Als weiteres Wachstumsfeld<br />

sehen wir innovativeTechnologiekooperationen<br />

mit unse ren Kunden.<br />

Nehmen wir nur die gemeinsamen<br />

Projekte unserer<br />

Tochter <strong>Mainova</strong> Energiedienste<br />

mit der städtischen<br />

Wohnungsbaugesellschaft<br />

ABG. Hier haben wir kürzlich<br />

die erste CO2-neut rale<br />

Heizanlage realisiert, die mit<br />

Energiegetreide befeuert<br />

wird – und das für einen<br />

Passivhaus komplex. Das ist<br />

für mich ein hervorragendes<br />

Beispiel dafür, dass wir<br />

mit unserer langjährigen<br />

technologischen Kompetenz<br />

gerade auch auf dem<br />

Gebiet dezentraler und ökologischer<br />

Energieerzeugung<br />

viel für unsere Kunden bieten<br />

können.<br />

Die Erschließung neuer<br />

Absatzgebiete und -kanäle<br />

kann wirtschaftlich nur<br />

erfolgreich sein, wenn auch<br />

die internen Prozesse effizient<br />

organisiert sind. Kann<br />

die interne Entwicklung mit<br />

den externen Anforderungen<br />

Schritt halten?<br />

Lothar Herbst: Wir müssen<br />

mit der Ablauf- und IT-<br />

Organisation sogar immer<br />

einen Schritt voraus sein.<br />

Denn nur weil wir in der<br />

Lage sind, alle mit dem<br />

Wettbewerb einhergehenden<br />

Prozesse beim Lieferantenwechsel<br />

für den Kunden<br />

möglichst einfach und<br />

bequem und für uns möglichst<br />

kostengünstig abzuwickeln,<br />

werden wir langfristig<br />

konkurrenzfähig sein. Bei<br />

diesen Massenprozessen<br />

haben wir mit unserer IT<br />

einen hohen Automatisierungsgrad<br />

erreicht, die<br />

Schnittstellen und Prozessabläufe<br />

so optimiert, dass<br />

wir auch kurzfristig auf<br />

Marktentwicklungen reagieren<br />

können. Es war auch ein<br />

Ausweis unserer IT-Leistungsfähigkeit,<br />

dass wir als erster<br />

regionaler Energieversorger<br />

mit „<strong>Mainova</strong> novagas“ in<br />

einem fremden Netzgebiet<br />

Gas angeboten haben. Zu<br />

diesem Zeitpunkt hielt es die<br />

Branche noch nicht für möglich,<br />

die damit einhergehen-<br />

den Prozesse beherrschen<br />

zu können. Wir haben das<br />

Gegen teil bewiesen.<br />

Neben verschärftem Wettbewerb<br />

bringen neue politische<br />

Rahmenbedingungen und<br />

steigender Kostendruck in<br />

den kommenden Jahren<br />

neue He rausforderungen mit<br />

sich. Ist <strong>Mainova</strong> auch personell<br />

darauf vorbereitet?<br />

Lothar Herbst: Diese Herausforderungen<br />

sind für uns<br />

ja nicht ganz neu. Mit der<br />

Öffnung der Märkte, der<br />

Trennung von Netz und<br />

Vertrieb sowie der stärkeren<br />

Vertriebsorientierung haben<br />

wir bereits im Unternehmen<br />

einen Kulturwandel hin zur<br />

konsequenten Kundenorientierung<br />

vollzogen, den uns<br />

vorher kaum jemand zugetraut<br />

hätte. Wir haben den<br />

bisherigen schon recht<br />

radika len Wandel nur deshalb<br />

so erfolgreich bestehen<br />

können, weil unsere Mann-<br />

04 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

VORSTÄNDE IM GESPRÄCH 05


„Nur weil wir in<br />

der Lage sind,<br />

alle mit dem<br />

Wettbewerb<br />

einhergehenden<br />

Prozesse beim<br />

Lieferantenwechsel<br />

für den<br />

Kunden möglichst<br />

einfach<br />

und bequem<br />

und für uns<br />

möglichst kostengünstigabzuwickeln,<br />

sind wir<br />

langfristig konkurrenzfähig.“<br />

Lothar Herbst<br />

schaft große Motivation,<br />

Flexibilität und Kompetenz<br />

bewiesen hat. Weitere<br />

Anstrengungen sind erforderlich,<br />

weil die Anforderungen<br />

an die Qualifikation<br />

jedes Einzelnen weiter steigen<br />

werden. Wir forcieren<br />

deshalb auf allen Ebenen<br />

unsere Anstrengungen zur<br />

Erst- und Weiterqualifikation<br />

unserer Mitarbeiter. Denn<br />

auch wir werden auf Dauer<br />

unseren Fachkräfte bedarf<br />

nur durch eine strategisch<br />

orientierte, fundierte Fortund<br />

Weiterbildung decken<br />

können.<br />

Der Chef der Bundesnetzagentur,<br />

Matthias Kurth,<br />

befürchtet, dass die bisher<br />

sichere Stromversorgung in<br />

Deutschland auf lange Sicht<br />

nicht mehr gewährleistet ist.<br />

Wie sehen Sie die Lage für<br />

Frankfurt?<br />

Joachim Zientek: Auch wir<br />

können die anstehenden<br />

Kürzungen der Entgelte für<br />

die Nutzung unserer Netze,<br />

die von der Bundesnetzagentur<br />

stufenweise verschärft<br />

werden, nicht einfach<br />

wegstecken. Aber wir<br />

haben uns rechtzeitig durch<br />

Koope rationen und Verschlankung<br />

der Prozesse<br />

darauf eingestellt. Außerdem<br />

haben unsere Netze<br />

aufgrund langjähriger konti-<br />

nuierlicher Investitionen<br />

eine sehr hohe Qualität,<br />

wie an kaum einem anderen<br />

Standort in Deutschland.<br />

Das muss auch so sein und<br />

wird auch so bleiben.<br />

Schließlich versorgen wir<br />

mit dem Bank- und Börsenplatz,<br />

dem größten Internetknoten<br />

Deutschlands<br />

und dem Flughafen zentrale<br />

Lebens adern der deutschen<br />

Wirtschaft. Außerdem sind<br />

wir in Frankfurt in der<br />

hervor ragenden Situation,<br />

gleich an zwei der vier<br />

großen deutschen Übertragungsnetze<br />

angebunden zu<br />

sein. Zusammen mit<br />

unseren Kraftwerken schafft<br />

das ein hohes Maß an Versorgungssicherheit<br />

am<br />

Standort Frankfurt.<br />

Welche Rolle spielen die<br />

Kraftwerke für die Versorgungssicherheit<br />

am Standort<br />

und die Wettbewerbsfähigkeit<br />

von <strong>Mainova</strong>?<br />

Joachim Zientek: Für beides<br />

spielen sie eine ganz wesentliche<br />

Rolle. Unsere ortsnahe<br />

Erzeugung erlaubt es uns, in<br />

kritischen Situationen kurzfristig<br />

Lieferengpässe durch<br />

Hochfahren unserer Kraftwerke<br />

zu kompensieren. Das<br />

haben wir anlässlich des<br />

Jahrtausendwechsels erfolgreich<br />

geprobt. Außerdem<br />

modernisieren wir ständig<br />

unsere Kraftwerke, um sie<br />

effizienter und ökologischer<br />

zu machen. Dafür steht<br />

nicht nur unser Biomassekraftwerk<br />

in Fechenheim,<br />

sondern auch das Müllheizkraftwerk<br />

Nordwest, das mit<br />

seiner Technik ökologisch<br />

und ökonomisch Maßstäbe<br />

setzt. Wir haben uns zum<br />

Ziel gesetzt, den Anteil der<br />

Eigen erzeugung beim Strom<br />

von jetzt ungefähr 40 Prozent<br />

auf 70 Prozent zu steigern,<br />

um unseren Handlungsspielraum<br />

bei der<br />

Energiebeschaffung erhöhen<br />

und zugleich die Energiebörse<br />

als europäische<br />

Absatzdrehscheibe im Rahmen<br />

unserer Möglichkeiten<br />

besser nutzen zu können.<br />

Deshalb haben wir uns auch<br />

an Europas effektivstem<br />

Gas- und Dampfturbinenkraftwerk<br />

beteiligt, das 2011<br />

im bayerischen Irsching ans<br />

Netz gehen wird. Beim Gas,<br />

wo wir nicht auf Eigenerzeugung<br />

setzen können,<br />

stärken wir unsere Marktposition<br />

durch Beschaffungspartnerschaften.<br />

Beides<br />

trägt dazu bei, die Wettbewerbsfähigkeit<br />

von <strong>Mainova</strong><br />

als großem regionalem<br />

Energiedienstleister zu stärken.<br />

Wir sind auf einem<br />

guten Weg.<br />

„Unsere Netze<br />

haben aufgrund<br />

langjähriger<br />

kontinuierlicher<br />

Investitionen<br />

einen sehr<br />

hohen Qualitätsstandard.<br />

Zudem sind wir<br />

in Frankfurt in<br />

der hervorragendenSituation,<br />

gleich an<br />

zwei der vier<br />

großen Übertragungsnetze<br />

angebunden zu<br />

sein. Das schafft<br />

ein hohes Maß<br />

an Versorgungssicherheit.“<br />

Joachim Zientek<br />

Dr. Constantin Alsheimer<br />

Bankkaufmann, Studium der<br />

Rechtswissenschaften. Begann<br />

seine berufliche Tätigkeit als<br />

Jurist im Geschäftsbereich<br />

Structured Finance bei einer<br />

Investmentbank in Frankfurt<br />

am Main. Als Leiter des Büros<br />

des Stadtkämmerers der Stadt<br />

Frankfurt am Main war er zeitweise<br />

Vorsitzender des Aufsichtsrates<br />

und der Gesellschafterversammlung<br />

der<br />

DSM Deutsche Städte-Medien<br />

GmbH. Bis Mitte 2006 Geschäftsführer<br />

der AVA AbfallverbrennungsanlageNordweststadt<br />

GmbH. Seit Januar<br />

2006 Mitglied des Vorstands<br />

der <strong>Mainova</strong> <strong>AG</strong>.<br />

Bereiche: Unternehmensentwicklung,<br />

Finanzen und Rechnungswesen,<br />

Marketing und<br />

Kommunikation, Unternehmenskommunikation,Vertrieb<br />

sowie Cont rolling und<br />

Unternehmens steuerung.<br />

Lothar Herbst<br />

Studium der Soziologie. Bis<br />

2005 Geschäftsführer der<br />

Bezirksverwaltung der VereintenDienstleistungsgewerkschaft<br />

(ver.di), Frankfurt am<br />

Main. Seit September 1999<br />

Mitglied im Aufsichtsrat. Seit<br />

Januar 2006 Mitglied des Vorstandes<br />

der <strong>Mainova</strong> <strong>AG</strong> als<br />

Arbeitsdirektor.<br />

Bereiche: Personal, Interne<br />

Dienste und Immobilienmanagement,<br />

Sicherheit und<br />

Umweltschutz, Arbeits me dizinischer<br />

Dienst, Angelegenheiten<br />

des Betriebsrates, Informatik<br />

sowie Zentraleinkauf.<br />

Joachim Zientek<br />

Studium der Physik. Seit 1977<br />

im Unternehmen tätig. 1985<br />

wurde er stellvertretender Leiter<br />

der Hauptabteilung Lastverteilung/Anlagentechnik.<br />

1991 wechselte er zur Erdgas<br />

Südbayern GmbH nach München.<br />

Dort übernahm er als<br />

Assistent des technischen Ge -<br />

schäftsführers Stabsauf gaben.<br />

Seit Januar 1993 Mitglied des<br />

Vorstandes der <strong>Mainova</strong> <strong>AG</strong>.<br />

Bereiche: Asset Netze und<br />

Regulierungsmanagement, Erzeu<br />

gung/Asset Heizkraftwer ke,<br />

Energiebezug und -handel,<br />

Be teiligungsmanagement<br />

und -controlling.<br />

06 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

VORSTÄNDE IM GESPRÄCH 07


Pläne für eine<br />

Wachstumsregion<br />

Die Architektur unserer Städte unterliegt<br />

einem grundlegenden Wandel. In der<br />

Ästhetik eines zunehmend verdichteten<br />

urbanen Raums sollen sich Werte unserer<br />

Zeit wie Transparenz, Offenheit und<br />

kosmo politische Vielfalt widerspiegeln.<br />

Zugleich ist ökologisches und energiesparendes<br />

Bauen das Gebot der Stunde.<br />

08 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

VORSTÄNDE IM GESPRÄCH 09


Energie und<br />

Architektur<br />

Wirtschaftlich prosperierende Metropolen<br />

sind dynamische Gebilde und haben<br />

auch im Zeitalter des demografi schen<br />

Wandels Sogwirkung. Inspirierende<br />

Architektur und neue Technologien sind<br />

treibende Kräfte in der Urbanisierung.<br />

Die Strahlkraft der Frankfurter Skyline ist<br />

Symbol für die Energie dieser Stadt.<br />

10-11 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

ENERGIE UND ARCHITEKTUR 12-13


Die Zukunft ist urban<br />

Als internationales Finanz- und Messezentrum strebt Frankfurt hoch hinaus – das lässt sich an<br />

der imponierenden Skyline ablesen. Prestigeträchtige architektonische Glanzpunkte machen<br />

die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts sichtbar. Durch vielfältige Initiativen im Büro-, Wohnungs-<br />

und Städtebau gewinnt die Mainmetropole zunehmend an Lebensqualität. Die Entwicklung<br />

der Konzepte einer nachhaltigen Energieversorgung spielt dabei eine wichtige Rolle.<br />

I<br />

m achten Jahr des<br />

neuen Jahrtausends steht<br />

die Menschheit vor einer<br />

historischen Wende: Mit<br />

3,3 Milliarden Menschen<br />

lebt zum ersten Mal mehr<br />

als die Hälfte der Weltbevölkerung<br />

in Städten. Diese<br />

Mitteilung des Bevölkerungsfonds<br />

der Vereinten<br />

Nationen (UNFPA) hat in<br />

den Medien große Beachtung<br />

gefunden. Journalisten<br />

berichten mit einer<br />

Mischung aus Faszination<br />

und Furcht über die rasante<br />

Entwicklung der globalen<br />

Urbanisierung. Sogenannte<br />

Megacitys beflügeln die<br />

Fantasie von Stadtplanern,<br />

Wissenschaftlern und Künstlern.<br />

In nur zwei Jahrzehnten<br />

werden bereits zwei<br />

Drittel der Weltbevölkerung<br />

in städtischen Gebieten<br />

leben. Schon heute haben<br />

400 Städte über eine Million<br />

Einwohner; 2015 wird<br />

es voraussichtlich über<br />

20 Städte mit mehr als<br />

10 Millionen Einwohnern<br />

geben. Angesichts des chaotischen<br />

Wachstums urbaner<br />

Ballungsräume in Asien,<br />

Afrika und Südamerika<br />

wächst die Sorge, dass die<br />

Entwicklung innovativer<br />

Konzepte für Infrastrukturbereiche<br />

wie Verkehr, Wasser-<br />

und Energieversorgung,<br />

Kanalisation und<br />

Abfallbeseitigung nicht<br />

Schritt halten und einer<br />

zunehmenden Verslumung<br />

kaum Einhalt geboten werden<br />

kann. Hoffnungen<br />

knüpfen sich an neue, vollständig<br />

geplante Stadtanlagen,<br />

wie sie – unter ästhetischen<br />

und ökologischen<br />

Gesichtspunkten „aus<br />

einem Guss“ entworfen –<br />

zurzeit in Asien und auf der<br />

Arabischen Halbinsel aus<br />

dem Boden wachsen.<br />

Hat das Modell der europäischen<br />

Stadt seine Vorbildfunktion<br />

im 21. Jahrhundert<br />

eingebüßt? Sicherlich lassen<br />

sich ihre über Jahrhunderte<br />

entwickelten urbanen Strukturen,<br />

in denen Unterschiedliches<br />

und Ungleichzeitiges<br />

spannungsvoll zur<br />

Geltung kommen, nicht in<br />

globalem Maßstab übertragen.<br />

Gleichwohl betonen<br />

renommierte Planungsfachleute<br />

wie etwa der international<br />

gefragte Architekt<br />

Albert Speer nachdrücklich,<br />

wie sehr sie die europäische<br />

Stadt mit ihrer spezifischen<br />

Lebensqualität als Entfaltungsraum<br />

einer modernen<br />

Zivilgesellschaft schätzen<br />

und als Inspirationsquelle<br />

für ihre Arbeit nutzen.<br />

Zurück in die Stadt<br />

Erst seit wenigen Jahren<br />

spricht man in Deutschland<br />

von einer „Renaissance der<br />

Stadt“. Und widerruft damit<br />

die pessimistischen Progno-<br />

14 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

PROLOG 15


Erholung und Kommunikation im öffentlichen Raum, auch<br />

und gerade unter freiem Himmel, ist vielen Städtern ein<br />

wichtiges Bedürfnis. Bevorzugter Treffpunkt in Frankfurt:<br />

das südliche Mainufer.<br />

„Die Menschen müssen intelligenter mit ihren Städten umgehen.<br />

Ressourcen sparen, genau überlegen, welche Flächen überhaupt<br />

und dann wie bebaut werden, die Stadt der kurzen Wege verwirklichen.“<br />

Albert Speer<br />

sen, die die Diskussion über<br />

Stadtentwicklungskonzepte<br />

in den Achziger- und<br />

Neunzigerjahren bestimmten:<br />

Als Wohnstandort sei<br />

die moderne Großstadt, so<br />

lautete eine viel zitierte<br />

These damals, ein Auslaufmodell.<br />

Die Schlagworte<br />

„Ver ödung“ und „Schrumpfung“<br />

machten die Runde:<br />

In einer postindustriellen<br />

Gesellschaft sei der Trend<br />

zur Suburbanisierung<br />

unumkehrbar, denn das<br />

preiswerte Wohnen im<br />

ruhigen, grünen Vorort entspreche<br />

nun einmal am<br />

besten den Sehnsüchten<br />

breiter Bevölkerungsschichten<br />

nach einer Sphäre der<br />

Erholung von den Anstrengungen<br />

des beruflichen Alltags.<br />

Und in der global<br />

vernetzten Dienstleistungsund<br />

Wissensgesellschaft<br />

der Zukunft verliere die<br />

tradierte Funktion der Stadt<br />

als Zentrum der Kommunikation<br />

ohnehin an Bedeutung.<br />

Neuerdings beurteilen<br />

Experten die Perspektiven<br />

der Städte jedoch wieder<br />

optimistischer: Unabweisbar<br />

ist die Feststellung, dass<br />

die Menschen in Deutschland<br />

– wie es die Münchner<br />

Stadtbaurätin Christiane<br />

Thalgott formuliert – „weniger,<br />

älter und bunter“ werden.<br />

Unübersehbar ist aber<br />

auch die Tatsache, dass die<br />

moderne Ausbildungs- und<br />

Arbeitswelt mit ihren hohen<br />

Anforderungen an die Flexibilität<br />

berufstätiger Menschen<br />

das Wohnen in der<br />

Peripherie weniger attraktiv<br />

erscheinen lässt. Mittlerweile<br />

entscheiden sich nicht<br />

nur Singles, kinderlose<br />

Paare und aktive Senioren,<br />

sondern zunehmend auch<br />

junge Familien für das<br />

Leben in der Stadt. In<br />

einem mit vielen Aufgaben<br />

ausgefüllten Alltag wird<br />

die Nähe und Vielfalt von<br />

öffentlichen Versorgungseinrichtungen,<br />

von Dienstleistungsangeboten<br />

und<br />

Geschäften, von gastronomischen<br />

Betrieben und<br />

Kulturinstitutionen als wichtiger<br />

Faktor der Lebens qualität<br />

immer stärker wahrgenommen.<br />

„Zukunft findet<br />

Stadt“ – zumindest dort,<br />

wo sich Politiker, Unternehmer,<br />

Investoren und Planungsexperten<br />

auf den<br />

wirtschaftlichen Strukturwandel<br />

und die demografi-<br />

sche Entwicklung als Herausforderung<br />

zum kreativen<br />

Umbau urbaner Strukturen<br />

einlassen. Eine erfolgreiche<br />

Politik zur Förderung des<br />

Wirtschaftsstandorts muss<br />

ergänzt werden durch die<br />

Ausweitung des Angebots<br />

an vielfältig nutzbarem<br />

Wohnraum für Menschen<br />

aller Einkommens- und<br />

Altersgruppen, durch Investitionen<br />

in eine moderne,<br />

nachhaltige Infrastruktur<br />

und durch Maßnahmen zur<br />

Gestaltung des öffentlichen<br />

Raums – der Straßen und<br />

Plätze – als einer von allen<br />

Mitgliedern der Stadtgesellschaft<br />

bespielbaren Bühne.<br />

Das freundliche Zusammenleben,<br />

die reale Begegnung<br />

und die tolerante Kommunikation<br />

von Menschen<br />

verschiedener Altersgruppen,<br />

sozialer Schichten und<br />

Nationalitäten sind soziale<br />

Grundbedürfnisse, von<br />

deren Befriedigung die<br />

Zukunftsfähigkeit der Stadt<br />

abhängt – auch und gerade<br />

in einer global vernetzten,<br />

mobilen und flexiblen Welt.<br />

Architektur und Energie<br />

Das Programm Stadtumbau<br />

und Stadterneuerung weist<br />

der Baukunst eine tragende<br />

Rolle zu. Zeitgenössische<br />

Architekten übernehmen<br />

mit ihren Eingriffen in das<br />

urbane Gefüge große Verantwortung.<br />

In Kooperation<br />

mit ihren öffentlichen und<br />

privaten Auftraggebern<br />

müssen überzeugende Antworten<br />

auf drängende Fragen<br />

gefunden werden:<br />

Welche Qualität müssen<br />

markante Neubauten<br />

haben, um von der Stadtgesellschaft<br />

als moderne,<br />

identitätsstiftende Wahrzeichen<br />

wahrgenommen<br />

zu werden? Wie kann sich<br />

spektakuläre Architektur als<br />

sensibler Bestandteil in den<br />

urbanen Kontext einfügen?<br />

Durch welche innovativen<br />

Umbau- und Gestaltungskonzepte<br />

lassen sich leer<br />

stehende Industriegebäude<br />

und brach gefallene<br />

Flächen einer neuen Nutzung<br />

zuführen? Welchen<br />

Umgang pflegt man mit<br />

dem historischen Erbe?<br />

Wie kann man die Lebensqualität<br />

in einzelnen Quartieren<br />

– zum Beispiel durch<br />

eine behutsame Modernisierung<br />

von Altbauten –<br />

verbessern? Durch welche<br />

Maßnahmen verhindert<br />

man negative Entwicklungen<br />

wie die Gettoisierung<br />

oder die Verdrängung<br />

bestimmter Bevölkerungsgruppen?<br />

Wo ist eine Verdichtung<br />

städtischer Bausubstanz<br />

angebracht und<br />

wo sollte man eher „entdichten“,<br />

um die Stadt<br />

luftiger und grüner zu<br />

machen? So unterschiedlich,<br />

wie sich die ökonomische<br />

und demografische<br />

Situation der Städte in<br />

Deutschland darstellt –<br />

16 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

PROLOG 17


Viele Städte entdecken zurzeit in ihrer Lage am Wasser<br />

ein neues Entwicklungspotenzial. Die Revitalisierung<br />

des Frankfurter Westhafens bietet unterschiedlichen<br />

Zielgruppen, darunter auch Senioren, reizvolle<br />

Optionen für das Wohnen am Fluss.<br />

schrumpfende Kommunen<br />

stehen neben boomenden<br />

Metropolregionen –, so vielfältig<br />

müssen die Lösungsansätze<br />

sein.<br />

Dabei gibt es allerdings verbindliche<br />

Anforderungen,<br />

denen das heutige Bauen in<br />

jedem Fall gerecht werden<br />

muss. Angesichts einer<br />

Zukunft, in der die natürlichen<br />

Ressourcen knapper<br />

werden, die Energiekos ten<br />

steigen und der Klimaschutz<br />

von höchster Dringlichkeit<br />

ist, müssen Architekten<br />

in ihre Arbeit –<br />

gleichgültig, ob es sich<br />

dabei um den Entwurf für<br />

einen extravaganten Wolkenkratzer<br />

oder für ein<br />

bescheidenes Einfamilienhaus<br />

handelt – nachhaltige<br />

Konzepte der sicheren,<br />

sparsamen und klimaschonenden<br />

Energieversorgung<br />

von vornherein einbeziehen.<br />

„Ohne intelligente<br />

Lösungen im Umgang mit<br />

Energie gibt es keinen ökonomischen<br />

Spielraum für<br />

Architektur“, weiß der<br />

renommierte Hamburger<br />

Architekt Hadi Teherani.<br />

Eine Erkenntnis, die heute<br />

von international gefragten<br />

Stararchitekten ganz selbstverständlich<br />

akzeptiert wird.<br />

Die Forderung nach Energieeffizienz<br />

und Reduktion<br />

der Treibhausgas-Emissionen<br />

darf sich natürlich<br />

nicht allein auf Neubauten<br />

beziehen. Denn das größte<br />

Einsparpotenzial in den<br />

Städten besteht bekanntlich<br />

in der Verbesserung der<br />

Dämmung sowie in der<br />

Modernisierung der Heizund<br />

Kühlanlagen älterer<br />

Büro- und Wohngebäude.<br />

Da Sanierungsmaßnahmen<br />

zugleich die Chance bieten,<br />

Gebäudenutzungskonzepte<br />

im Hinblick auf moderne<br />

Wohn- und Arbeitsbedürfnisse<br />

zu optimieren, ist<br />

auch in diesem Bereich<br />

häufig das gestalterische<br />

Know-how von Bauspezialisten<br />

gefragt.<br />

Frankfurt strebt hoch hinaus<br />

Die prosperierende, dynamische<br />

Metropole Frankfurt<br />

bietet Architekten ein<br />

spannendes Betätigungsfeld<br />

– auf hohem Anspruchsniveau.<br />

Zahlreiche namhafte<br />

Architekten, darunter<br />

internationale Stars wie<br />

Norman Foster, Helmut<br />

Jahn, Richard Meier und<br />

Richard Rogers haben prägnante<br />

Bauten geschaffen<br />

und dem Stadtbild auf<br />

diese Weise ihre Signatur<br />

verliehen.<br />

Unter den zahlreichen interessanten<br />

Bauaufgaben gibt<br />

es zweifellos eine Königsdisziplin.<br />

Denn wie keine<br />

andere Stadt in Deutschland<br />

bekennt sich Frankfurt<br />

– so die Oberbürgermeisterin<br />

Petra Roth – zu seiner<br />

modernen Hochhausarchitektur<br />

als „Ausdruck wirtschaftlicher<br />

Vitalität und<br />

Zukunftsorientierung“.<br />

Knapp 80 Türme recken<br />

sich schon heute in den<br />

Himmel; weitere sind in<br />

Planung oder befinden sich<br />

bereits im Bau. Ein Pulk von<br />

mehr als 20 Hochhäusern in<br />

der westlichen City dominiert<br />

Frankfurts markante<br />

Skyline. Für deren hohen<br />

Wiedererkennungswert sorgen<br />

imponierende Gebäude<br />

wie die mittlerweile als Klassiker<br />

eingestuften Zwillingstürme<br />

der Deutschen Bank<br />

mit ihren charakteristischen<br />

Spiegelglasfassaden, der in<br />

seiner postmodernen Zeichenhaftigkeitunübersehbare<br />

Messeturm, das elegante<br />

Kronenhaus und der<br />

„Ohne intelligente Lösungen im Umgang mit Energie gibt es<br />

keinen ökonomischen Spielraum für Architektur.“ Hadi Teherani<br />

mit 258 Metern alles überragendeCommerzbankturm.<br />

Sowohl bei der Modernisierung<br />

von Hochhäusern, die<br />

bereits ein wenig in die<br />

Jahre gekommen sind, als<br />

auch beim Bau neuer Büround<br />

Wohntürme müssen<br />

sich die engagierten Architekten<br />

an strengen Qualitätskriterien<br />

orientieren.<br />

Denn es geht dabei längst<br />

nicht mehr nur um die<br />

ästhetische Gestaltung und<br />

um die harmonische Einbindung<br />

in das städtische<br />

Umfeld, sondern immer<br />

auch um die Frage der<br />

Nachhaltigkeit. Vor dem<br />

Hintergrund der Diskussionen<br />

zum zeitgemäßen Klimaschutz<br />

steht der Hochhausbau<br />

heute weltweit<br />

unter einem besonderen<br />

Legitimationsdruck. Kritiker<br />

weisen auf den ungerechtfertigt<br />

hohen Energieverbrauch<br />

vieler Wolkenkratzer<br />

18 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

PROLOG 19


hin. Die Befürworter verteidigen<br />

den Bautyp des Hochhauses<br />

hingegen als wirksames<br />

Instrument einer<br />

wünschenswerten städtischen<br />

Verdichtung, die<br />

negativen Tendenzen der<br />

Urbanisierung wie Flächenfraß<br />

und Zersiedelung des<br />

Umlandes entgegenwirkt<br />

und so insgesamt zu einer<br />

günstigeren Energiebilanz<br />

führt.<br />

Architekten, die sich im<br />

Bereich des Frankfurter<br />

Hochhausbaus engagieren,<br />

sind sich bereits seit geraumer<br />

Zeit der Tatsache<br />

be wusst, dass sie – um den<br />

Erwartungen von Politik,<br />

Wirtschaft und Öffentlichkeit<br />

zu entsprechen – nicht<br />

nur in baukünstlerischer,<br />

sondern auch in ökologischer<br />

Hinsicht Vorbildliches<br />

leisten müssen. Bei<br />

der Energieversorgung von<br />

Neubauten lassen sich<br />

durch den Einsatz neuer<br />

Materialien zum effizienten<br />

Sonnenschutz und zur Wärmedämmung<br />

der Fassade<br />

sowie durch innovative<br />

Techniken zum Heizen und<br />

Kühlen – Solaranlage, Blockheizkraftwerk,Erdwärmetauscher<br />

und Baukernaktivierung<br />

– Gesamtkonzepte<br />

entwickeln, die zu beträchtlichen<br />

Einsparungen im<br />

Energieverbrauch und zur<br />

Reduktion des Ausstoßes<br />

klimaschädlicher Gase führen.<br />

Spektakuläre Wolkenkratzerprojekte<br />

wie der<br />

vom Wiener Architekturbüro<br />

Coop Himmelb(l)au<br />

entworfene Skytower der<br />

Europäischen Zentralbank<br />

könnten in dieser Hinsicht<br />

neue Maßstäbe setzen. Laut<br />

Ankündigung der Planer<br />

soll der 15-geschossige Neubau<br />

für die KfW Bankengruppe,<br />

den das Berliner<br />

Architekturbüro Sauerbruch<br />

& Hutton gestaltet, eines<br />

der ersten Bürohochhäuser<br />

sein, das für seinen Betrieb<br />

weniger als 100 Kilowattstunden<br />

Strom pro Quadratmeter<br />

im Jahr benötigt.<br />

Sanierungsmaßnahmen<br />

an älteren Hochhäusern<br />

kombinieren häufig die<br />

Erneuerung der technischen<br />

Anlagen mit baulichen Eingriffen,<br />

die der Anpassung<br />

der Innenraumgestaltung<br />

an heutige Nutzungskonzepte<br />

dienen. Vollklimatisierte<br />

Großraumbüros sind<br />

als Standardlösung längst<br />

überholt. Die moderne<br />

Arbeitswelt mit ihren flachen<br />

Hierarchien und flexiblen<br />

Teamstrukturen<br />

verlangt nach vielseitig<br />

nutzbaren, offenen Bürolandschaften<br />

mit separaten<br />

Projekt- und Tagungsräumen,<br />

in denen ein zugleich<br />

konzentriertes Und kommunikatives<br />

Arbeiten möglich<br />

ist.<br />

Allgemein lässt sich ein<br />

Trend zu kleineren, multifunktionalen<br />

Einheiten von<br />

hoher Qualität und zur<br />

Lowtech-Ausstattung beobachten.<br />

Die intelligente<br />

Nutzung von natürlichen<br />

Gegebenheiten – optimale<br />

Tageslichtausbeute, Einsatz<br />

thermischer Prozesse zur<br />

Kühlung von Räumen,<br />

Konditionierung des Raumklimas<br />

durch begrünte<br />

Wintergärten – und die<br />

Möglichkeit zur individuellen<br />

Steuerung von Lüftung,<br />

Verschattung und Beleuchtung<br />

führen zu einer merklichen<br />

Steigerung des Komforts<br />

am Arbeitsplatz und<br />

gleichzeitig zu einer deutlichen<br />

Senkung des Energieverbrauchs.<br />

Urbanes Wohnen<br />

Eine Stadt, in der die<br />

Bewohner gern arbeiten<br />

und leben, muss nicht nur<br />

Möglichkeiten zur Identifikation<br />

und Orientierung<br />

bieten, sondern auch<br />

Räume aufweisen, in denen<br />

sich das menschliche Bedürfnis<br />

nach Geborgenheit ausleben<br />

kann. Ebenso wichtig<br />

wie großartige Gebäude<br />

und historisch bedeutsame<br />

Baudenkmäler sind daher<br />

die kleinteiligen, multifunktionalen<br />

Strukturen in den<br />

einzelnen Quartieren. Großstadtflair<br />

und Kleinstadtidylle<br />

verleihen Frankfurts<br />

urbaner Atmosphäre ihren<br />

eigenen Reiz.<br />

Mit Blick auf die zentralen<br />

Aufgaben der Zukunftssicherung<br />

werden erhebliche<br />

Anstrengungen unternommen,<br />

um die Qualität und<br />

die Vielfalt des innerstädtischen<br />

Wohnungs angebots<br />

zu steigern. Aktuelle Maßnahmen<br />

richten sich unter<br />

anderem auf die behutsame<br />

Modernisierung preiswerter<br />

Altbauwohnun gen, wobei<br />

der Gesichtspunkt der Einsparung<br />

von Energiekosten<br />

Die künstlerische Inszenierung<br />

von Hochhäusern, hier eine<br />

Lichtinstallation am Frankfurter<br />

Investment Banking Center, liegt<br />

im Trend.<br />

Zu den Ausdrucksqualitäten moderner Firmenarchitektur wie hier im<br />

Foyer der Frankfurter Nike-Zentrale gehören Klarheit und Transparenz.<br />

eine zentrale Rolle spielt.<br />

Ein Beispiel hierfür sind die<br />

Hellerhof-Siedlung und die<br />

Friedrich-Ebert-Siedlung im<br />

multikulturellen Stadtteil<br />

Gallus. Deren Sanierung<br />

wird sowohl jüngeren als<br />

auch älteren Mietern mit<br />

geringem Einkommen<br />

zugute kommen. Auch für<br />

exklusive Ansprüche enthalten<br />

die aktuellen Planungen<br />

interessante Optionen. So<br />

soll durch Neubauten und<br />

durch den Umbau älterer<br />

Bürotürme das citynahe<br />

Wohnen im Hochhaus<br />

gefördert werden. Vorbild<br />

sind dabei die bereits heute<br />

zum Teil bewohnten Türme<br />

Skylight und Eurotheum.<br />

Eine weitere Option ist<br />

das Konzept „Wohnen am<br />

Fluss“: Attraktive Appartementhäuser<br />

auf dem<br />

Gelände ehemaliger Hafenanlagen<br />

bieten ihren Bewohnern<br />

einen ganz außergewöhnlichen<br />

Luxus: die<br />

unverstellte Aussicht auf<br />

den Main.<br />

Die architektonische Erschließung<br />

von leer stehenden<br />

Fabrikgebäuden und<br />

brach gefallenen Industrieflächen<br />

für neue Nutzungen,<br />

wie sie in Frankfurt<br />

unter anderem für die<br />

Adler-Werke im Gallus und<br />

für die Union-Brauerei an<br />

der Hanauer Landstraße<br />

erfolgreich entwickelt wurden,<br />

haben in den Plänen<br />

zur Neubelebung vernachlässigter<br />

Stadtteile eine<br />

wichtige Funktion. Menschen,<br />

die im Bereich der<br />

Informationstechnik und<br />

-kommunikation sowie in<br />

den sogenannten creative<br />

industries – Werbung,<br />

Design und Kunst – tätig<br />

sind, bewähren sich häufig<br />

als überzeugte Urbanisten,<br />

die der Stadtgesellschaft<br />

neue Impulse geben. Sie<br />

nehmen die interessanten<br />

Angebote zum Arbeiten<br />

und Wohnen an ungewöhnlichen<br />

Standorten bereitwillig<br />

an und bringen frischen<br />

Wind in die Viertel.<br />

Nahezu alle aktuellen Baumaßnahmen<br />

in der Stadt<br />

Frankfurt berücksichtigen<br />

Aspekte der Nachhaltigkeit.<br />

Bei der Planung neuer<br />

Wohnanlagen in Riedberg,<br />

am Rebstockpark und im<br />

Quartier Campo im Stadtteil<br />

Bornheim kommen<br />

diese gleich in mehrfacher<br />

Hinsicht zur Geltung. So<br />

entspricht die Nutzungsmischung<br />

von Wohnungen,<br />

Büros, Ladengeschäften,<br />

gastronomischen Betrieben<br />

und Versorgungseinrich-<br />

tungen dem Konzept der<br />

„kurzen Wege“: Zahlreiche<br />

Notwendigkeiten des Alltagslebens<br />

lassen sich einfach<br />

zu Fuß erledigen. Und<br />

die innovative Passivhaus-<br />

Architektur sorgt für größte<br />

Sparsamkeit im Energieverbrauch.<br />

Die Entwicklung von Frankfurts<br />

Stadtlandschaft folgt<br />

dem Ziel, die einzelnen<br />

Quartiere in all ihrer Vielfalt<br />

und Heterogenität als Orte<br />

des sozialen Lebens einer<br />

international durchmischten<br />

Stadtgesellschaft und ihrer<br />

einzelnen „communities“<br />

zu stärken. Die Gestaltung<br />

des öffentlichen Raums<br />

gemäß den Nutzungsbedürfnissen<br />

aufgeschlossener<br />

Bürger schließt den Ausbau<br />

großzügiger Plätze und<br />

Boulevards, angenehmer<br />

Spazier- und Fahrradwege<br />

sowie attraktiver Grünanlagen<br />

ein. Es steht der weltoffenen<br />

Mainmetropole gut<br />

zu Gesicht, dass im Bereich<br />

der Stadtplanung, der<br />

Architektur und der nachhaltigen<br />

Energieversorgung<br />

zurzeit viele Lösungen entwickelt<br />

werden, die – auch<br />

im globalen Maßstab – als<br />

vorbildlich gelten können.<br />

20 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

PROLOG 21


Der Stadtplaner<br />

und Architekt<br />

Jochem Jourdan<br />

über Frankfurts<br />

Skyline, das Image<br />

von Hochhäusern<br />

und warum er nichts<br />

von Klonen hält.<br />

>><br />

Herr Jourdan, wenn Sie an<br />

Frankfurt und seine Architektur<br />

denken, welches<br />

Bild haben Sie vor Augen?<br />

Mehrere. Das Besondere<br />

einer Stadt besteht aus vielen<br />

Elementen. Trotzdem<br />

wird Frankfurt heute in erster<br />

Linie durch seine Skyline<br />

repräsentiert. Es ist die einzige<br />

Stadt in Europa, in der<br />

die Skyline als Markenzeichen,<br />

als neues Image entstanden<br />

ist. So wie früher<br />

die mittelalterlichen Kirchtürme<br />

oder Stadttore das<br />

Bild Frankfurts prägten, sind<br />

es heute die Hochhäuser.<br />

Auch das Museumsufer ist<br />

einmalig. An den Tausenden<br />

von Spaziergängern am<br />

Wochenende sieht man:<br />

Hier ist, neben dem Römerberg,<br />

die gute Stube Frankfurts,<br />

vergleichbar mit der<br />

Museumsinsel in Berlin oder<br />

dem Louvre in Paris. Zudem<br />

hat Frankfurt einen der<br />

schönsten Hauptbahnhöfe<br />

in Europa: ein Ort der Kommunikation,<br />

des Austausches,<br />

ein Tor zur Stadt, zu<br />

Europa und zur Welt.<br />

Die Skyline ist<br />

unser Marken-<br />

Haben Sie einen Lieblingsort<br />

in Frankfurt?<br />

Der wechselt je nach<br />

Gemütslage. Am liebsten<br />

bin ich mittendrin: am<br />

Museumsufer, im Hauptbahnhof<br />

oder auf dem<br />

Domplatz.<br />

zeichen<br />

Seit knapp drei Jahrzehnten<br />

begleiten Sie<br />

zusammen mit Bernhard<br />

Müller und Ihrem Büro,<br />

der Projektgruppe Architektur<br />

und Städtebau PAS,<br />

Frankfurts Stadtentwicklung.<br />

Worin sehen Sie<br />

Ihren wichtigsten Beitrag?<br />

Ob die Landeszentralbank<br />

im Bahnhofsviertel, das Haus<br />

am Dom, die Adlerwerke,<br />

das Städtische Kunstinstitut<br />

oder die Gerbermühle: Uns<br />

geht es um das Weiterbauen,<br />

das Weiterdenken,<br />

ohne das Alte zu vergessen.<br />

Wir sehen das Vergangene<br />

als Anregung, um darauf<br />

Neues aufzubauen.<br />

1998 haben Sie erstmals in<br />

der Geschichte der Stadt<br />

eine Studie zur Hochhaus-<br />

entwicklung erarbeitet.<br />

Was war Ihre wichtigste<br />

Erkenntnis?<br />

Die Studie hat gezeigt, wie<br />

bedeutend die Hochhäuser<br />

für Frankfurt sind. Es gibt<br />

ja Generationen von Hochhäusern<br />

in der Stadt: Das<br />

beginnt beim Expressionismus<br />

der Zwanzigerjahre,<br />

mit Planern wie Elsässer,<br />

Voggenhuber oder Taut,<br />

wo Hochhäuser noch neun<br />

oder elf Geschosse hatten,<br />

und setzt sich bis heute fort.<br />

Jedes Jahrzehnt hat seine<br />

eigene Vorstellung von<br />

Hochhäusern hinzugefügt.<br />

Lange stießen die Hochhäuser<br />

unter den Bürgern<br />

auf wenig Akzeptanz. Erst<br />

Anfang der Neunzigerjahre<br />

– mit dem Bau des<br />

Messeturms und dem<br />

„Kronenhochhaus“ – verbesserte<br />

sich ihr Image.<br />

Wodurch?<br />

Die Hochhäuser wurden<br />

immer vielfältiger. Dazu trugen<br />

auch die Architekten<br />

bei, die aus den Vereinigten<br />

Staaten oder aus England<br />

>><br />

22 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

STADTPLANUNG 23


kamen. Dieser Gestaltungsreichtum<br />

der einzelnen<br />

Hochhausepochen steht für<br />

die Vielfalt der Stadt, nur<br />

dadurch wird eine Silhouette<br />

lebendig.<br />

Wie beurteilen Sie das<br />

Image von Frankfurts<br />

Hochhäusern heute?<br />

Die Hochhäuser gehören<br />

heute fest zum Verständnis<br />

der Stadt. Denken Sie nur<br />

an das Hochhausfestival: Alle<br />

zwei Jahre kommen Tausende<br />

Menschen von nah<br />

und fern, um die Hochhäuser<br />

der Stadt zu feiern. Wo<br />

gibt es das schon? Oder der<br />

Hochhaus-Award, den die<br />

Stadt Frankfurt gemeinsam<br />

mit dem Architekturmuseum<br />

und der Deka Bank vergibt:<br />

Im vergangenen Jahr wurde<br />

der Stararchitekt Jean Nouvel<br />

ausgezeichnet. Einige<br />

Hochhäuser der Skyline<br />

planten Pritzker-Preisträger<br />

wie Richard Rogers oder Sir<br />

Norman Foster. Dass Frankfurt<br />

überhaupt einen Hochhaus-Award<br />

vergibt, zeigt,<br />

welche Bedeutung die Stadt<br />

den Hochhäusern beimisst.<br />

Droht Frankfurt nicht<br />

trotzdem ins Hintertreffen<br />

zu geraten, wenn man den<br />

Bauboom in internationalen<br />

Metropolen wie London<br />

oder Moskau sieht?<br />

Ich denke nicht. Frankfurt<br />

ist im Vergleich zu London<br />

oder Moskau eine kleine<br />

Stadt. Als „kleine Weltmetropole“<br />

leistet es viel.<br />

Mit dem geplanten Neubau<br />

der Europäischen Zentralbank<br />

entsteht zum Beispiel<br />

ein ganz neuer, avantgardistischer<br />

Beitrag zum Hochhausbau.<br />

Andere Metropolen treiben<br />

den Trend zum Megahochhaus<br />

– immer höher,<br />

immer größer, immer<br />

mehr umbauter Raum –<br />

„Eines muss klar sein:<br />

Nur mit einer nachhaltigen<br />

Landschafts- und<br />

Stadtplanung haben<br />

die Menschen überhaupt<br />

eine Zukunft.“<br />

Jochem Jourdan<br />

voran. Muss nicht auch<br />

Frankfurt an diesem Wettbewerb<br />

teilnehmen?<br />

In dem Hochhausentwicklungsplan<br />

von 1998 haben<br />

wir selbst einen Turm vorgeschlagen,<br />

der 360 Meter<br />

misst. Er wurde bisher nicht<br />

gebaut. Aber es ist immer<br />

nur eine Frage der Zeit,<br />

wann ein solcher Turm<br />

kommt. Trotzdem: Die<br />

Leben digkeit und Einmaligkeit<br />

der Skyline hängt nicht<br />

davon ab, ob hier mal eines<br />

der höchsten Hochhäuser<br />

der Welt steht.<br />

Sollte es eine Höchstgrenze<br />

geben?<br />

Nein, man sollte da keine<br />

Vorschrift machen. Eine<br />

Höchstgrenze entsteht automatisch:<br />

durch die Bedingungen<br />

der Umgebung.<br />

Etwa wenn ein Hochhaus im<br />

Sommer den öffentlichen<br />

Raum verschatten oder das<br />

Stadtklima beeinträchtigen<br />

würde. Als Planer muss man<br />

sehr genau darauf achten,<br />

in welchem Verhältnis das<br />

Gebäude zu seiner Umgebung<br />

steht.<br />

Was braucht ein Hochhaus,<br />

um städtebaulich<br />

integriert zu sein?<br />

Als Fußgänger sollte man<br />

nicht vor blinden Fensterscheiben<br />

stehen. Ganz wichtig<br />

sind deshalb die Sockelzonen.<br />

Sie dürfen sich nicht<br />

dem öffentlichen Raum entziehen,<br />

sondern müssen ihn<br />

bereichern. Der Maintower<br />

hat zum Beispiel im Erdgeschoss<br />

Restaurants und eine<br />

Arkade, die den Bürgersteig<br />

vergrößert. In der Turmspitze<br />

gibt es eine Aussichtsplattform<br />

für Besucher. Ein<br />

sehr gelungenes Hochhaus,<br />

das durch seine Maßstäblichkeit<br />

und seine Quadratund<br />

Kreisformen selbst<br />

etwas von der Idee der Stadt<br />

vermittelt. Oder der Main-<br />

24 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

STADTPLANUNG 25


„Die Hochhäuser gehören heute fest<br />

zum Verständnis der Stadt.“ Jochem Jourdan<br />

Jochem Jourdan & PAS<br />

Ideenwerkstatt: das Büro der Projektgruppe Architektur und Städtebau PAS.<br />

Seit fast drei Jahrzehnten begleitet der Stadtplaner und Architekt Jochem Jourdan maßgeblich die Stadtplanung in<br />

Frankfurt. 1937 in Gießen geboren, studierte er Anfang der Sechzigerjahre Architektur an der TU Darmstadt. 1970 gründete<br />

Jourdan gemeinsam mit Bernhard Müller die Projektgruppe Architektur und Städtebau PAS in Darmstadt, 1980 zog<br />

das Büro nach Frankfurt um. Mit behutsamen An-, und Umbauten, Sanierungen und Erweiterungen im historischen<br />

Bestand machte sich die PAS schnell einen Namen. In Frankfurt realisierte sie unter anderem die Landeszentralbank am<br />

Rand des Bahnhofsviertels, die Adlerwerke, das Städel Museum, die Gerbermühle und das Haus am Dom. Für <strong>Mainova</strong><br />

bauten die Architekten 1989 das Heizkraftwerk West mit seinen markanten rostroten Zwillingstürmen. Zu ihren bundesweit<br />

wichtigsten Bauten gehören zudem die documenta-Halle in Kassel, das Heizkraftwerk Berlin-Mitte, der Hauptsitz<br />

der Altana <strong>AG</strong> in Bad Homburg, das Renaissanceschloss Horst in Gelsenkirchen und das Bundesministerium für Bildung<br />

und Forschung in Berlin. In jüngster Zeit kamen Wohnbauprojekte in China hinzu, wie etwa „Spring’s Vitality“ in Bejing.<br />

Für die Stadt Frankfurt entwickelte das Büro umfassende städtebauliche Studien, unter anderem zum Hochhausentwicklungsplan,<br />

zur Bewerbung Frankfurts für die Olympischen Sommerspiele 2012 und zum Standort der Europäischen<br />

Zent ralbank. Jochem Jourdan war von 1980 bis 2003 Professor für Entwerfen, Bauerhaltung und Denkmalpflege an der<br />

Gesamthochschule Kassel. Weitere Infos unter www.mueller-jourdan.de<br />

tower, neben dem es einen<br />

Park und kleinere Nachbargebäude<br />

gibt.<br />

Welche Hochhäuser prägen<br />

die Skyline am meisten?<br />

Das Japan-Center, der Messeturm,<br />

selbst der Turm der<br />

Commerzbank, auch wenn<br />

er nicht so gebaut wurde,<br />

wie der Architekt Norman<br />

Foster das ursprünglich<br />

wollte. Auch ältere Gebäude<br />

gehören dazu, etwa der<br />

kleine Turm der Schweizer<br />

Nationalversicherung.<br />

Sie haben der Stadt vor<br />

kurzem eine Überarbeitung<br />

des Hochhausentwicklungsplans<br />

vorgelegt.<br />

Warum?<br />

Wenn Frankfurt jetzt keine<br />

Fortschreibung machen<br />

würde, hätte es nicht genügend<br />

Angebote für Interessenten<br />

und Investoren, um<br />

neue Hochhäuser zu bauen.<br />

Dann gäbe es nur zehn oder<br />

zwölf Standorte. Und das ist<br />

viel zu wenig. Allein seit<br />

1998 wurden 19 Hochhausstandorte<br />

umgesetzt, von<br />

denen gerade mal zwei im<br />

Bau sind. Eines muss man<br />

sich klarmachen: Stadtplanung<br />

braucht einen langen<br />

Atem. Denken Sie nur an<br />

den Opernturm. Das Planungsrecht<br />

gab es schon<br />

1996/97 und jetzt wird er<br />

gerade erst gebaut.<br />

Themenwechsel: Was<br />

halten Sie von der geplanten<br />

Rekonstruktion historischer<br />

Bausubstanz im<br />

Areal zwischen Römerberg<br />

und Dom?<br />

Nichts. Jede Rekonstruktion<br />

stellt einen Klon her von<br />

etwas, das keine künstlerische<br />

oder kulturelle Dimension<br />

hat. Im Grunde ist auch<br />

die Ostseite des Römerbergs<br />

kein Baudenkmal, sondern<br />

ein Neubau. Teilweise stehen<br />

die Wohnungen leer,<br />

weil die Menschen dort<br />

nicht gern wohnen. Diese<br />

Gefahr besteht auch, wenn<br />

die Altstadt ohne Bezug zur<br />

Gegenwart rekonstruiert<br />

wird. Auf der anderen Seite<br />

muss man die mentale Lage<br />

der Bürger sehen: Viele fühlen<br />

sich von der gegenwärtigen<br />

Architektur nicht mehr<br />

angesprochen. Diesen<br />

Wunsch nach Anschaulichkeit,<br />

Verständlichkeit, nach<br />

einer Umgebung, die Harmonie<br />

ausstrahlt, müssen<br />

wir ernst nehmen. Das Areal<br />

zwischen Römer, Dom und<br />

Krönungsweg ist schließlich<br />

einer der bedeutendsten<br />

Orte in der Stadtgeschichte.<br />

Hier muss mit viel Finger-<br />

spitzengefühl und architektonischer<br />

Sorgfalt geplant<br />

werden. Aber es ist dafür<br />

nicht notwendig, Häuser zu<br />

rekonstruieren.<br />

Mit dem Haus am Dom<br />

haben Sie das selbst<br />

bewiesen.<br />

Das Haus am Dom zeigt,<br />

dass sich auch ein relativ<br />

großes Gebäude durch seine<br />

Gliederung und die Staffelung<br />

der Dächer behutsam<br />

in den historischen Stadtraum<br />

einfügen kann. Statt<br />

einer Tiefgarageneinfahrt,<br />

die den Domplatz zerschnitten<br />

hätte, ist wieder ein richtiger<br />

Platz entstanden: mit<br />

einem kleinen Bistro samt<br />

Terrasse und der Erweiterung<br />

des Dommuseums im<br />

Erdgeschoss. Das Museum<br />

für Moderne Kunst betreibt<br />

dort eine Galerie, die durch<br />

ein großes Schaufenster von<br />

der Braubachstraße einsehbar<br />

ist.<br />

Trotz solcher Beispiele ist<br />

der Wunsch nach Kleinteiligkeit,<br />

Beschaulichkeit<br />

und Rekonstruktion in<br />

Frankfurt groß. Woher<br />

kommt das? Möchte man<br />

der modernen Skyline,<br />

dem Glanz der Stahl- und<br />

Glastürme etwas entgegensetzen?<br />

Sicher hängt das auch damit<br />

zusammen. Umso wichtiger<br />

ist es, dass die Erdgeschosszonen<br />

der Hochhäuser den<br />

Stadtraum stärken. An manchen<br />

Fassaden können die<br />

Bürger nicht hinein, sie werden<br />

abgewiesen. Etwa die<br />

Sockelzone der Commerzbank:<br />

Um in das Restaurant<br />

zu kommen, muss man erst<br />

viele Stufen hoch. Eine<br />

ebenerdige Passage wäre<br />

viel großzügiger gewesen,<br />

aber davor hat sich die<br />

Bank aus Kostengründen<br />

gescheut. Ich kann es gut<br />

nachvollziehen, wenn durch<br />

solche Beispiele eine Abneigung<br />

gegenüber moderner<br />

Architektur entsteht.<br />

Wo sehen Sie Frankfurt<br />

2050? Haben Sie eine<br />

Vision?<br />

Das Verständnis von Stadtentwicklung<br />

und Stadtplanung<br />

hat sich verändert.<br />

Stadt und Land werden<br />

immer mehr als Symbiose<br />

angesehen, nicht mehr als<br />

Gegensatz. Das gilt besonders<br />

für die großen Metropolregionen<br />

in Europa und<br />

der Welt. Hier muss Frankfurt<br />

sich neu aufstellen.<br />

Wo steht Frankfurt, was<br />

das angeht, im europäischen<br />

Wettbewerb? Gibt<br />

es Vorbildstädte oder<br />

-regionen?<br />

Die anderen europäischen<br />

Metropolregionen sind teilweise<br />

schon viel weiter.<br />

Gerade die Regionen, mit<br />

denen Frankfurt in Konkurrenz<br />

steht, schlafen nicht.<br />

Im Ruhrgebiet gab es die<br />

Internationale Bauausstellung<br />

Emscher Park, demnächst<br />

feiert man die Kulturhauptstadt<br />

Europas<br />

„Ruhr.2010“. In Hamburg<br />

läuft zurzeit die Internationale<br />

Bauausstellung.<br />

So etwas verschafft eine<br />

unglaubliche Öffentlichkeit<br />

und auch eine Verbesserung<br />

der Lebensqualität. Die Liste<br />

der Städte lässt sich weiter<br />

fortführen: Barcelona etwa<br />

26 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

STADTPLANUNG 27


oder die Regiobasilensis mit<br />

den Städten Basel, Mühlhausen<br />

und Freiburg –<br />

überall wird viel in die Entwicklung<br />

gesteckt, um das<br />

Besondere, Einmalige, Unverwechselbare<br />

der Region<br />

he rauszuarbeiten und sie fit<br />

zu machen für die Zukunft.<br />

Hier hat die Region Frankfurt/Rhein-Main<br />

viel nachzuholen.<br />

Dabei steckt in der Rhein-<br />

Main-Region viel Potenzial<br />

...<br />

Auf jeden Fall. Wir leben<br />

in einer polyzentrischen<br />

Region mit bedeutenden<br />

Städten wie Mainz, Wiesbaden,<br />

Aschaffenburg oder<br />

Darmstadt, die alle unverwechselbar<br />

sind. Hinzu kommen<br />

kleinere Städte wie Bad<br />

Homburg, Oberursel oder<br />

Rüsselsheim, eingebunden<br />

in herausragende Landschaften<br />

wie etwa das<br />

Rheintal, das mittlerweile<br />

zum Weltkulturerbe gehört.<br />

Dieses Landschaftsnetz ist<br />

unser Lebens- und Erholungsraum<br />

der Zukunft. Wir<br />

müssen die Städte deshalb<br />

weiter verdichten und alle<br />

vorhandenen Industriebrachen<br />

nutzen, anstatt Landschaften<br />

zu zersiedeln und<br />

zusätzliche Flächen herauszuschneiden.<br />

Um Familien oder alte<br />

Menschen zurück in die<br />

Stadt zu locken, braucht<br />

man attraktiven Wohnraum.<br />

Was wurde in Frankfurt<br />

dafür in den vergangenen<br />

Jahren getan?<br />

Frankfurt hat dieses Problem<br />

als eine der ersten Städte<br />

erkannt. So wurde das Güter-<br />

bahnhofgelände zu einem<br />

der wichtigsten Entwicklungsgebiete,<br />

dem Europaviertel,<br />

gemacht, um den<br />

Stadtraum zu verdichten<br />

und neue Wohnflächen zu<br />

schaffen. Und es gibt viele<br />

weitere Beispiele der Neuordnung<br />

von Bahnhofsoder<br />

Industriebrachen wie<br />

etwa das Areal Henninger-<br />

Turm.<br />

Womit wir beim Thema<br />

Nachhaltigkeit sind: Was<br />

kann städtebaulich getan<br />

werden, um die Umwelt zu<br />

entlasten?<br />

Die Verdichtung innerstädtischer<br />

Brachen ist ein ganz<br />

wesentlicher Punkt. Statt<br />

dünn besiedelte Flächen<br />

an den Stadträndern zu bebauen,<br />

brauchen wir zusätzlichen<br />

attraktiven Wohnraum<br />

in den Innenstädten.<br />

Das ist ökonomisch wie ökologisch<br />

sinnvoll: Der Autoverkehr<br />

verringert sich, die<br />

Erschließungskosten sinken.<br />

Außerdem müssen wir den<br />

öffentlichen Nahverkehr<br />

stärken. Der nächste Punkt<br />

sind die Gebäude selbst:<br />

Jedes Haus muss einen sparsamen<br />

Energieverbrauch<br />

nachweisen. Der Energiepass<br />

wird dabei in Zukunft<br />

eine zentrale Rolle spielen.<br />

Eines muss klar sein: Nur mit<br />

einer nachhaltigen Landschafts-<br />

und Stadtplanung<br />

haben die Menschen überhaupt<br />

eine Zukunft.<br />

Auch die Pläne für das Heizkraftwerk West (oben) mit seinen markanten<br />

Zwillingstürmen entstanden im Atelier von Jochem Jourdan<br />

(unten). Mitte: Zwei Mitarbeiter schneiden und kleben an Frankfurts<br />

Zukunft.<br />

-<br />

Grüner Wolkenkratzer<br />

Die Commerzbank hat ein<br />

Zeichen für den Klimaschutz<br />

gesetzt. Deutschlands höchstes<br />

Bürogebäude, der von<br />

Stararchitekt Sir Norman<br />

Foster konstruierte Commerzbank-Turm,<br />

wird seit<br />

diesem Jahr komplett mit<br />

Ökostrom von <strong>Mainova</strong> versorgt.<br />

Der Anlass, das zehnjährige<br />

Bestehen des Hochhauses,<br />

hätte passender<br />

nicht sein können: Mit seinen<br />

integrierten Gärten<br />

unterschiedlicher Klimazonen<br />

und einem um 30 Prozent<br />

niedrigeren Energieverbrauch<br />

als herkömmliche<br />

Hochhäuser gilt dieses<br />

architektonische Wahrzei-<br />

chen Frankfurts auch heute<br />

noch als Vorbild für umweltfreundliche<br />

und energiesparende<br />

Architektur.<br />

Der Ökostrom stammt von<br />

den beiden Laufwasserkraftwerken<br />

Griesheim und<br />

Eddersheim und sorgt dafür,<br />

dass die Commerzbank<br />

den ohnehin recht niedrigen<br />

CO2-Ausstoß ihrer Liegenschaften<br />

in Frankfurt<br />

noch einmal um 14 Prozent<br />

oder 4 600 Tonnen jährlich<br />

senkt. <strong>Mainova</strong> ist langjähriger<br />

Partner der Commerzbank<br />

und beliefert auch<br />

bundesweit alle Liegenschaften<br />

des Bankhauses<br />

mit Strom.<br />

Frankfurts höchstes<br />

Hochhaus soll auch ein<br />

Zeichen für das Klimaschutz-Engagement<br />

der<br />

Großbank sein. Das<br />

betonte Commerzbank-<br />

Chef Klaus-Peter Müller<br />

bei der Übergabe des<br />

Ökostrom-Zertifikats<br />

durch <strong>Mainova</strong>-Vorstand<br />

Dr. Constantin Alsheimer.<br />

28 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

PARTNERSCHAFT 29


Eine in die Jahre gekommene<br />

Hochhaus-Ikone hat<br />

sich neu erfunden. Der<br />

Wandel vom Helaba-Hochhaus<br />

zum Garden Tower<br />

ist ein gelungenes Beispiel<br />

marktgerechter und energetischer<br />

Revitalisierung.<br />

30 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

GARDEN TOWER 31


Enrico Santifaller, Architekturjournalist und Autor<br />

Studium der Geschichte und Soziologie; Volontär der Frankfurter Neuen Presse, Redakteur der<br />

Offenbach Post und der Deutschen Bauzeitschrift DBZ. Seit 1994 freier Journalist mit zahlreichen<br />

Beiträgen in Fachzeitschriften und Fachbüchern, Tageszeitungen und Rundfunk. 2000 als außerordentliches<br />

Mitglied in den Bund Deutscher Architekten (BDA) aufgenommen. 2005 mit dem<br />

Literaturpreis Baukultur der Deutschen Architekten- und Ingenieurvereine ausgezeichnet.<br />

Garden Tower,<br />

Frankfurt am Main<br />

Ein Beitrag von Enrico Santifaller<br />

E<br />

in für die damaligen<br />

Verhältnisse revolutionäres<br />

Gebäude war das 1976 fertiggestellte<br />

Hochhaus der<br />

Hessischen Landesbank<br />

(Helaba) in Frankfurt am<br />

Main. Ein Bauwerk, dessen<br />

Architekten die technologischen<br />

Utopien der „plug-in<br />

city“ offensichtlich ganz<br />

wörtlich genommen und<br />

in Beton gegossen hatten.<br />

Das fand sogar jenseits des<br />

großen Teichs Beachtung.<br />

Arthur Drexler, damals Kurator<br />

am New Yorker Museum<br />

of Modern Art, war von<br />

dem Helaba-Turm so be -<br />

geistert, dass er ihn 1979 in<br />

seiner Blockbuster-Ausstel-<br />

lung „Transformations in<br />

Modern Architecture“ zeigte.<br />

Doch rund ein Vierteljahrhundert<br />

danach stand<br />

der einst gefeierte Himmelsstürmer<br />

leer. Die Helaba,<br />

inzwischen zur Landesbank<br />

Hessen-Thüringen expandiert,<br />

hatte sich 1998<br />

den benachbarten Maintower<br />

bauen lassen und<br />

war anschließend dorthin<br />

umgezogen. Auf dem<br />

aggressiven Frankfurter<br />

Immobilienmarkt war das<br />

für einen Eigennutzer konzipierte<br />

Gebäude mit Großraumbüros<br />

und zahlreichen<br />

Sonderlösungen nicht mehr<br />

zu vermarkten. Normalerweise<br />

folgt darauf in Frankfurt<br />

wie in anderen Standorten<br />

der Republik das Ende<br />

– der Abriss. Der Bebauungsplan<br />

bewahrte den<br />

Helaba-Turm vor diesem<br />

Schicksal. Denn das Bau-<br />

32 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

GARDEN TOWER 33


1<br />

Architektur im Wandel<br />

2<br />

3 5<br />

Der 127 Meter hohe Helaba-Turm gehörte zu den Hochhaus-Ikonen seiner Zeit. Statt der üblichen abschlusslosen Quader,<br />

die in den Fünfziger- und Sechzigerjahren in den Frankfurter Himmel wuchsen, präsentierte das Offenbacher Architekturbüro<br />

Novotny Mähner eine ästhetisch anspruchsvolle und doch funktionale Komposition aus vier unterschiedlich hohen<br />

Prismen. Eine ebenso aufstrebende wie kraftvolle Skulptur aus zwei Oktogonen, die bis zum 13. Geschoss zusammenwuchsen.<br />

Heute heißen die umgebauten Hochhaustürme „Garden Tower“. Das mit der Revitalisierung beauftragte Frankfurter<br />

Büro KSP Engel und Zimmermann Architekten schuf einen variablen, lichtdurchfluteten Bürobau mit zweigeschossigen<br />

Wintergärten und opulent bepflanzten Lufträumen.<br />

4<br />

1. Standen Pate für den neuen<br />

Namen: Die Wintergärten dienen<br />

als Ruhe- und Besprechungszone.<br />

2. Zitiert die Siebzigerjahre und<br />

interpretiert sie zeitgemäß: die<br />

Lichtwand in der neu gestalteten<br />

Eingangshalle. 3. Die neue Gebäudehülle<br />

ist Teil eines hocheffizienten<br />

Klimatisierungssystems.<br />

4. Die Fassade im Schnitt (alle<br />

Pläne mit freundlicher Genehmigung<br />

von KSP Engel und Zimmermann<br />

Architekten). 5. Die Glasfassade<br />

der Winter gärten ist<br />

30 Zentimeter rückversetzt und<br />

unterstreicht durch ihren Reliefcharakter<br />

die Vertikalität des<br />

optisch verschlankten Gebäudes.<br />

recht genehmigte nicht<br />

einen Quadratmeter mehr.<br />

Ein Neubau wäre darüber<br />

hinaus mit zeitraubenden<br />

Nachbarschaftsverhandlungen<br />

verbunden gewesen.<br />

LICHTE GÄRTEN<br />

Flächeneffizienz durch neue<br />

Grundrisse, variable Mieteinheiten,<br />

Wintergärten<br />

und neue Gebäudetechnik<br />

hießen die vier ineinandergreifenden,<br />

sich wechselseitig<br />

unterstützenden Pfeiler<br />

des Umbaus, der das<br />

ganze Gebäude bis auf das<br />

Traggerüst erfasste. Für die<br />

einzelnen Geschosse entwickelte<br />

das mit der Revitalisierung<br />

beauftragte<br />

Frankfurter Büro KSP Engel<br />

und Zimmermann Architekten<br />

einen Grundriss, der<br />

im Doppelturm jeweils in<br />

zwei Mietbereiche teilbar ist<br />

und im Einzelturm jeweils<br />

eine Mieteinheit pro Etage<br />

ermög licht. Maximal sind<br />

39 jeweils einzeln erschließbare<br />

und mit einem eigenen<br />

Servicebereich (Teeküche,<br />

WCs etc.) in der<br />

Kernzone versehene Einheiten<br />

vermietbar. Wobei<br />

ein flexibler Innenausbau,<br />

der alle gängigen Bürotypen<br />

– Zellen-, Kombi- und<br />

Großraum büros – ermöglicht<br />

und die früheren<br />

weiträumigeren Großraumbüros<br />

mit ihrem hohen<br />

Anteil an innen liegenden<br />

Dunkelflächen ersetzt.<br />

Einen wichtigen Beitrag<br />

dazu leisten nicht nur die<br />

neuen raumhohen Fenster,<br />

sondern vor allem die zweigeschossigen<br />

Wintergärten<br />

und Lufträume an den beiden<br />

Stirnseiten der ebenfalls<br />

neuen Glasfassade. Für<br />

diese Wintergärten, die im<br />

Doppelturm alternieren,<br />

wurden die Decken V-förmig<br />

eingeschnitten. Mit<br />

den nicht konditionierten<br />

Wintergärten, die – mit<br />

opulenten Pflanzen ausgestattet<br />

– als Ruhe- oder<br />

Besprechungsbereiche<br />

genutzt werden, wird die<br />

Mittelzone der tiefen Bürogeschosse<br />

belichtet und<br />

aufgewertet. An der Fassade<br />

bilden sie sich durch eine<br />

horizontale Fensterteilung<br />

ab. Und natürlich wird<br />

ihnen auch in der Namensgebung<br />

„Garden Tower“<br />

Referenz erwiesen.<br />

INDIVIDUELLES KLIMA<br />

Der durch die Wintergärten<br />

entstandene Verlust an vermietbarer<br />

Fläche konnte<br />

mit dem Wegfall der beiden<br />

bisherigen Technikgeschosse<br />

ausgeglichen werden.<br />

Die alte, noch zentralisierte<br />

Gebäudetechnik<br />

verursachte mit ihrer Vollklimatisierung<br />

über aufwendige<br />

Lüftungssysteme<br />

Betriebskosten, die selbst in<br />

hochpreisigen Lagen wie<br />

dem Frankfurter Bankenviertel<br />

nicht mehr hingenommen<br />

werden. Das variable<br />

Klimakonzept geht<br />

dabei von einer Grund- und<br />

einer Maximalanforderung<br />

aus und versucht darüber<br />

hinaus mit doppelschaligen,<br />

hoch gedämmten Fassaden<br />

die Wärmelasten, den<br />

solaren Energieeintrag zu<br />

reduzieren. Dies vermindert<br />

die Investitionskosten und<br />

reduziert den Energieverbrauch<br />

des Grundbetriebes.<br />

Die neue dezentrale Gebäudetechnik<br />

befindet sich in<br />

den Schächten der Versorgungstürme,<br />

die früher<br />

dem Lufttransport von den<br />

Zentralen in die einzelnen<br />

Geschosse dienten. Heute<br />

versorgt eine im Vergleich<br />

gering dimensionierte, aber<br />

hocheffiziente Zentrale<br />

jeweils zwei Geschosse.<br />

Über Ringinstallationen in<br />

Decken und Böden, die<br />

Luft sowie Heiz- und Kühlwasser<br />

führen, werden die<br />

Büro flächen konditioniert.<br />

Eine thermische Grundkonditionierung<br />

erfolgt über<br />

die Luft, in den fassadennahen<br />

Bereichen werden<br />

auf den Quadratmeter<br />

bezogen sechs Kubikmeter<br />

je Stunde Zuluft über Lüftungsschienen<br />

eingebracht,<br />

während sich in den inneren<br />

Bereichen das Zuluftvolumen<br />

verdoppelt. In den<br />

Büros kann man zusätzlich<br />

mit bodentiefen Lüftungsklappen<br />

an jeder zweiten<br />

34 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

GARDEN TOWER 35


Der 1976 fertiggestellte Helaba-<br />

Turm überragte seinerzeit alle<br />

Gebäude des jungen Bankenviertels,<br />

heute wirkt der Garden<br />

Tower wie ein halbwüchsiger Stift<br />

unter erwachsenen Brüdern.<br />

Fensterachse – dahinter liegt<br />

als Wetter- und Absturzschutz<br />

ein feines Metallgitter<br />

– individuell konditionieren.<br />

Der Wärme- und<br />

Kälte bedarf in den Büros<br />

wird über Heiz- beziehungsweise<br />

Kühldecken geregelt,<br />

in den Innenbereichen wurden<br />

nur Kühldecken verwendet.<br />

Für besagte Maximalanforderungen<br />

können<br />

auf Wunsch Ventilatorkonvektoren,<br />

sogenannte<br />

Fan-Coil-Units, eingebaut<br />

werden. Die dazu benötigten<br />

Reserven sind in der<br />

Lastauslegung des Gebäudes<br />

vorgesehen.<br />

SCHLANKE OPTIK<br />

Auch in der Anmutung<br />

wurde das Gebäude sanft<br />

den aktuellen (Höhen-)Verhältnissen<br />

und dem Kontext<br />

angepasst. Zur Zeit der Fertigstellung<br />

erhob sich der<br />

Helaba-Turm wie eine<br />

Krone über das Frankfurter<br />

Bankenviertel, die übrigen<br />

Hochhäuser erreichten<br />

kaum einmal die magische<br />

Grenze von 100 Metern.<br />

30 Jahre später wirkt das<br />

Gebäude wie ein halbwüchsiger<br />

Stift unter erwachsenen<br />

Mitbrüdern. Ein<br />

wichtiger Aspekt im Umbaukonzept<br />

war deswegen, den<br />

Turm optisch zu verschlanken.<br />

Die Glashülle der Win-<br />

tergärten zum Beispiel liegt<br />

etwa 30 Zentimeter tiefer<br />

als bei den anderen Seiten<br />

des Oktogons. Das dadurch<br />

entstehende leichte Relief in<br />

der Fassade steigert die Vertikalität<br />

des Gebäudes. Die<br />

Versorgungstürme, einst<br />

mit grauen kleinformatigen<br />

Natursteinplatten verkleidet,<br />

erhielten einen silbergrauen<br />

Anstrich und eine<br />

Verkleidung aus vertikalen<br />

Alulamellen. Darüber hinaus<br />

wurde der frühere<br />

optische Bruch zwischen<br />

Erd- und erstem Obergeschoss<br />

aufgehoben. Das<br />

einst weit auskragende Vordach<br />

über dem 1. Obergeschoss<br />

wurde abgebrochen,<br />

das Foyer erhielt dadurch<br />

mehr Licht. Die Glasfassade<br />

reicht nun bis ins Erdgeschoss,<br />

das Gebäude erhält<br />

damit gleichsam eine<br />

Erdung, die im ursprünglichen<br />

Konzept ausdrücklich<br />

vermieden werden sollte.<br />

Die Eingangshalle lehnt sich<br />

in ihrer Farbgebung mit<br />

einer zwischen kräftig gelb<br />

und orange changierenden<br />

Lichtwand an die Stimmung<br />

in den Siebzigerjahren an,<br />

die verwendeten Materialien<br />

wie Wenge und Naturstein<br />

vermitteln zeitgenössische<br />

Repräsentativität.<br />

ZUGEWINN<br />

Zwei Geschosse gewonnen,<br />

mit den Wintergärten die<br />

Büroflächen aufgewertet<br />

und einen erfolgreichen<br />

Imagewandel eingeleitet –<br />

die Metamorphose des<br />

Helaba-Turms in Garden<br />

Tower beschreibt eine<br />

geglückte Revitalisierung,<br />

wobei die Hauptcharakteristika<br />

des Gebäudes gewahrt<br />

werden konnten. Ob nun<br />

der Garden Tower dauerhaft<br />

ist, wird dem Immobilienmarkt<br />

vorbehalten sein.<br />

Dennoch hat das Hochhaus<br />

für kommende Anforderungen<br />

ausreichend Reserven<br />

und bietet darüber hinaus<br />

genügend Variabilität<br />

und Flexibilität für künftige<br />

Nutzerbedürfnisse.<br />

36 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

GARDEN TOWER 37


Hochhausbetreiber im Dialog<br />

Der <strong>Mainova</strong> Energy-Talk<br />

der Hochhausbetreiber hat<br />

sich zum wichtigen Branchentreffen<br />

in der Main-<br />

Metropole entwickelt. Bei<br />

der siebten Auflage im letzten<br />

November – erstmals in<br />

der Skylobby des neuen<br />

<strong>Mainova</strong>-Verwaltungsgebäudes<br />

in der Solmsstraße –<br />

kamen mit über hundert<br />

Teilnehmern so viele wie nie<br />

zuvor. Besonders gespannt<br />

waren die Fachleute aus<br />

Bank-, Versicherungs- und<br />

Immobilienwirtschaft diesmal<br />

auf den Vortrag von<br />

Thomas Rinderspacher, Projektleiter<br />

des Neubaus der<br />

Europäischen Zentralbank<br />

(EZB). Und sie wurden nicht<br />

enttäuscht: Mit computeranimierten<br />

Bildern und<br />

Filmsequenzen ließ er das<br />

Fachpublikum schon mal<br />

Begrüßung zum Meinungsaustausch<br />

über<br />

Energieeffizienz in<br />

Hochhäusern: <strong>Mainova</strong>-<br />

Vorstand Dr. Constantin<br />

Alsheimer eröffnet den<br />

7. <strong>Mainova</strong> Energy-Talk.<br />

virtuell durch die gewaltige<br />

Eingangshalle flanieren und<br />

die künftige Büro-Atmosphäre<br />

von Frankfurts bedeutendstem<br />

Neubau projekt<br />

der nächsten Jahre erahnen.<br />

Er belegte die Dimensionen<br />

des Projektes mit eindrucksvollen<br />

Zahlen. Hauptthema<br />

aber waren bei dem intensiven<br />

Meinungsaustausch in<br />

den Pausen sowie vor und<br />

nach den Vorträgen die<br />

künftigen Anforderungen<br />

an die Energieeffizienz von<br />

Gebäuden und ihr Einfluss<br />

auf den Frankfurter Büro-<br />

Immobi lienmarkt. Zahlreiche<br />

Teilnehmer nutzten<br />

zudem die Gelegenheit,<br />

unter fachkundiger Kommentierung<br />

des Architekten<br />

das neue Verwaltungsgebäude<br />

der <strong>Mainova</strong> in<br />

Augenschein zu nehmen.<br />

Gebäude-Energiepass<br />

und der Neubau der EZB<br />

waren die Hauptthemen<br />

beim 7. Energy-Talk der<br />

Hochhausbetreiber in<br />

der Skylobby des neuen<br />

<strong>Mainova</strong>-Verwaltungsgebäudes.<br />

Urbane Zukunft ist nachhaltig<br />

Thomas Riemenschneider,<br />

Bereichsleiter Vertrieb bei <strong>Mainova</strong>,<br />

referiert auf dem urban<br />

future forum über die künftige<br />

Rolle des Energieversorgers.<br />

Unsichtbare<br />

Architektur<br />

Die Lösung ist genauso<br />

eigenwillig wie praktisch,<br />

aber auch aufwendig. Um<br />

das begehrte Grundstück<br />

an der Hochstraße direkt<br />

hinter der Alten Oper für<br />

den Neubau eines Luxushotels<br />

frei zu machen,<br />

legt <strong>Mainova</strong> das dortige<br />

Umspannwerk 30 Meter<br />

weiter ins Erdreich. Und<br />

räumt damit ein Grundstück,<br />

dessen exponierte<br />

Lage in Frankfurt seinesgleichen<br />

sucht. Nach seiner<br />

Fertigstellung wird die neue<br />

Anlage die modernste ihrer<br />

Art in Europa sein. Dafür<br />

ist ihre Funktion auch von<br />

he rausragender Bedeutung.<br />

Denn mitten in der Innenstadt<br />

gelegen ist die Anlage<br />

Der Kongress „Die Zukunft<br />

des Wohnens in Europa“<br />

der Stiftung urban future<br />

forum erwies sich nach Auskunft<br />

der Teilnehmer –<br />

durchweg Topentscheider<br />

aus Politik, Wirtschaft und<br />

Wissenschaft – als wichtiger<br />

Impulsgeber für die zukünftigen<br />

Belange der europäischen<br />

Stadtgesellschaft.<br />

Einigkeit herrschte: Es gibt<br />

eine Renaissance der Städte.<br />

Und damit neue Herausforderungen<br />

an Stadtplanung,<br />

Architektur und Immobilienwirtschaft,<br />

den neuen<br />

Bedürfnissen der älter wer-<br />

der Knotenpunkt für die<br />

Energieversorgung des Einkaufs-<br />

und Bankenzentrums<br />

der Mainmetropole. Das<br />

stellt höchste Anforderungen<br />

an die Zuverlässigkeit.<br />

In dem unterirdischen Baukörper<br />

mit einer Grundfläche<br />

von rund 850 Quadratmetern<br />

– 45 Meter Länge,<br />

19 Meter Breite und eine<br />

Höhe von 15 Metern – werdenHochleistungstransformatoren<br />

den Strom aus der<br />

denden Bevölkerung nach<br />

urbaner Qualität als Lebens-,<br />

Arbeits- und Wohnort Rechnung<br />

zu tragen. Eng damit<br />

verbunden: nachhaltige<br />

und ressourcen schonende<br />

Architektur und Energieversorgung.<br />

„Energieaspekte<br />

des Wohnens – und die<br />

künftige Rolle des regionalen<br />

Energieversorgers“,<br />

lautete daher auch der<br />

Titel des viel beachteten<br />

Referats von Thomas Riemenschneider.<br />

Neben der<br />

Gewährleistung einer ausfallsicherenVersorgungsinfrastruktur<br />

wird die orts-<br />

Hoch- und der Mittelspannungsebene<br />

für die Weiterleitung<br />

in dem feinmaschigen<br />

Verteilnetz umwandeln.<br />

Zwanzig Meter über der<br />

Technik wird Gras wachsen.<br />

Und in der Liesel-Christ-<br />

Anlage wird von der unterirdischen<br />

Hochspannung<br />

nichts zu sehen und zu<br />

spüren sein, lediglich ein<br />

klinkergerasterter Quader<br />

dient als Eingang und<br />

Zuluftöffnung.<br />

nahe und umweltverträgliche<br />

Erzeugung von Energie<br />

unter Nutzung des gesamten<br />

Mixes nachhaltiger Erzeugungstechnologienweiterhin<br />

zur Kernaufgabe eines<br />

kommunal verankerten<br />

Energieversorgers gehören.<br />

Kooperationen mit Energieabnehmern<br />

wie Wohnungswirtschaft,<br />

Banken und<br />

Versicherungen werden<br />

zuneh men. Genauso wie die<br />

Zusammenarbeit zur Entwicklung<br />

langfristiger urbaner<br />

Energiekonzepte im<br />

Rahmen langfristiger Stadtplanung.<br />

Daten & Fakten<br />

Bauherr <strong>Mainova</strong> <strong>AG</strong><br />

Architekten Braun<br />

Schlockermann<br />

und Partner<br />

Bauzeit März <strong>2008</strong><br />

bis August 2011<br />

Bruttogeschossfläche<br />

2 670 qm<br />

Gesamtkosten 25 Mio Euro<br />

38 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

LEBENDIGE STADT 39


Freut sich über den Passivhaus-Boom:<br />

Frank<br />

Junker, Geschäftsführer<br />

der ABG Frankfurt.<br />

Die Frankfurter Quadratur des Kreises<br />

„Frankfurt ist die Passivhaus-Hauptstadt Europas“<br />

Als erstes Unternehmen der Wohnungswirtschaft in Deutschland begann die städtische<br />

Immobiliengesellschaft ABG Frankfurt Holding vor sechs Jahren, Geschosswohnungen in<br />

Passivhausbauweise zu errichten. Damals noch milde belächelt, gilt sie heute national und<br />

international als Vorbild. Selbst aus der deutschen Öko-Hauptstadt Freiburg pilgern inzwischen<br />

Magistrat und Experten nach Frankfurt, um zu lernen. Die ABG baut und modernisiert<br />

jetzt nur noch nach Passivhausstandards. Geschäftsführer Frank Junker über die Quadratur<br />

des Kreises, das neue Wohnquartier „Campo“, Deutschlands schönsten Supermarkt und energieeffi<br />

ziente Architektur.<br />

Herr Junker, sind Sie<br />

ein Abenteurer oder<br />

Öko-Idealist?<br />

Weder noch, ich bin Jurist<br />

und von daher eher vorsichtig.<br />

Unsere Passivhäuser<br />

rechnen sich ausgezeichnet<br />

– für uns als Wohnungsbaugesellschaft<br />

genauso wie für<br />

unsere Käufer oder Mieter,<br />

und auch für die Umwelt.<br />

Insofern kann ich den Verdacht<br />

schon verstehen ...<br />

Aber mal im Ernst: Alle<br />

gesellschaftlich Verantwortlichen,<br />

auch die Wohnungsbaugesellschaften,<br />

müssen<br />

eine Antwort finden auf die<br />

steigenden Energiekosten<br />

und die CO2-Problematik. Wir sind hier schon recht<br />

weit. Frankfurt ist mittlerweile<br />

die Passivhaus-Hauptstadt<br />

in Europa. Mit unseren<br />

Bauprojekten vermeiden wir<br />

jedes Jahr 9 900 Tonnen<br />

Kohlendioxid. Das macht<br />

uns schon ein wenig stolz.<br />

In Bornheim entsteht das größte innerstädtische Passivhaus-Projekt<br />

Deutschlands, das Wohnquartier Campo. Unter dem Dach des alten<br />

Straßenbahndepots (Bild oben) zieht ein Supermarkt ein.<br />

40 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

PASSIVBAUWEISE 41


Ist Ihnen mit dem Passivhaus<br />

die Quadratur des<br />

Kreises gelungen?<br />

Ein wenig schon. Unsere<br />

Bau- oder Modernisierungskosten<br />

liegen im Schnitt<br />

lediglich fünf Prozent über<br />

dem Standard für herkömmliches<br />

Bauen. Der Energieverbrauch<br />

pro Wohnung ist<br />

aber so gering, dass sie<br />

brutto für Käufer oder Mieter<br />

allemal günstiger ist als eine<br />

herkömmliche Wohnung.<br />

Sehen das Ihre Mieter auch<br />

so? Wie ist die Resonanz der<br />

Bewohner?<br />

Hervorragend. Nur ein Beispiel:<br />

In der Grempstraße<br />

haben wir vor sechs Jahren<br />

die ersten Geschosswohnungen<br />

im Passivhausstandard<br />

gebaut. Es gibt dort<br />

eine Familie, die in einer<br />

107 Quadratmeter großen<br />

Vier-Zimmer-Wohnung lebt.<br />

Ihre Heizkosten betragen<br />

gerade mal 60 Euro – im<br />

Jahr wohlgemerkt! Unsere<br />

Vermarktungserfolge bei<br />

Verkauf und Vermietung<br />

sprechen eine eindeutige<br />

Sprache – so schnell und<br />

lückenlos verkauft und vermietet<br />

sonst kaum ein<br />

Anbieter. Der sogenannte<br />

Markt hat unser Konzept<br />

längst für gut befunden.<br />

Gut, das sind die Kosten<br />

und der Markterfolg. Aber<br />

wie sieht es mit der Wohnqualität<br />

aus?<br />

Auch da überzeugen unsere<br />

Wohnungen. Durch die<br />

Wärmeschutzfenster haben<br />

sie einen extrem guten<br />

Schallschutz. Der Luftaustausch<br />

sorgt dafür, dass<br />

feuchte Luft permanent<br />

abgeführt wird. Es entsteht<br />

kein Schimmelpilz. Das Lüftungssystem<br />

wirkt zudem<br />

wie ein Pollenfilter. Die<br />

Wohnungen sind damit bestens<br />

für Allergiker geeignet.<br />

Wo haben Sie das sonst?<br />

Aber um welchen Preis?<br />

Oft hört man, der Bewohner<br />

im Passivhaus sei „Sklave<br />

der Technik“ und müsse<br />

seine Lebensgewohnheiten<br />

umstellen.<br />

Das ist in der Tat eines der<br />

hartnäckigsten Gerüchte.<br />

Wer glaubt, für das Passivhaus<br />

braucht man eine<br />

Bedienungsanleitung, liegt<br />

völlig falsch. Die Bewohner<br />

können sich genauso verhalten<br />

wie in einem normalen<br />

Haus auch. Sie können das<br />

Fenster aufmachen oder<br />

zulassen, lüften oder auch<br />

nicht. Sie leben ganz normal,<br />

nur eben mit viel geringeren<br />

Energiekosten.<br />

Das klingt fast zu logisch.<br />

Warum werden dann nicht<br />

alle Häuser in Deutschland<br />

so gebaut?<br />

Es gibt noch immer viele<br />

Vorbehalte und Vorurteile.<br />

Die Immobilienbranche ist,<br />

was Veränderungen angeht,<br />

eher immobil – das steckt ja<br />

schon im Namen. Allerdings:<br />

Was sich jetzt im Rückblick<br />

so logisch anhört, hat sich<br />

auch bei uns nicht von allein<br />

eingestellt. Es ist das Resultat<br />

vieler kleiner Schritte:<br />

Kooperationen mit der Forschung,<br />

Ansporn durch<br />

Teilerfolge – und nicht<br />

zuletzt die Erkenntnis, dass<br />

langfristig aufgrund der<br />

heutigen Herausforderungen<br />

ökonomischer Erfolg<br />

ohne ökologische Konzepte<br />

nicht zu haben ist.<br />

Und wie wurden Sie vom<br />

Saulus zum Paulus?<br />

Ganz ehrlich: Zunächst war<br />

auch ich skeptisch. Da<br />

dachte ich, Passivhäuser<br />

seien ein Produkt aus der<br />

Ökoecke. Um mich vom<br />

Gegenteil zu überzeugen,<br />

haben die Kollegen von der<br />

Technik mich im tiefsten<br />

42 PASSIVBAUWEISE 43


Winter veranlasst, in Kassel<br />

ein Passivhaus mit Sozialwohnungen<br />

anzuschauen.<br />

In den Gesprächen mit den<br />

Bewohnern habe ich das<br />

erste Mal gespürt: Das ist<br />

kein Nischenprodukt, sondern<br />

eine Zukunftstechnologie.<br />

Denn das Thema Energie<br />

und Heizkosten spielt in<br />

Passivhäusern so gut wie<br />

keine Rolle. Kurz darauf<br />

haben wir mit dem ersten<br />

eigenen Passivhausprojekt in<br />

der Grempstraße begonnen.<br />

Die 19 Geschosswohnungen<br />

waren schon nach wenigen<br />

Wochen ausverkauft.<br />

Mittlerweile rüsten Sie auch<br />

vermehrt Altbauten zu Passivhäusern<br />

um?<br />

Ja, unsere Erfolge haben uns<br />

Mut gemacht. Etwa bei der<br />

Friedrich-Ebert-Siedlung im<br />

Gallus: Häuserblocks aus<br />

den Fünfzigerjahren, gebaut<br />

aus gepresstem Trümmerschutt.<br />

Eigentlich hatte ein<br />

Gut achten ergeben, dass ein<br />

Abriss die einzig vertretbare<br />

Lösung sei. Wir hatten deshalb<br />

strenge Vorgaben. Die<br />

Modernisierung musste<br />

günstiger sein als ein Neubau.<br />

Das Projekt wurde zur<br />

Punktlandung. Letztes Jahr<br />

hat uns die Dena dafür den<br />

ersten Energiepass Deutschlands<br />

verliehen.<br />

Sie arbeiten eng mit Forschern<br />

der TU München<br />

und des Passivhausinstituts<br />

in Darmstadt zusammen.<br />

Woran?<br />

Technologisch sind wir<br />

immer auf der Suche nach<br />

neuen Lösungen. Im Riederwald<br />

ist bereits jetzt die<br />

erste Getreideheizung<br />

Deutschlands in Betrieb –<br />

befeuert allein mit Energiegetreide.<br />

Bei den Altbausanierungen<br />

in der Rot-<br />

lintstraße werden wir ein<br />

BHKW einsetzen, das mit<br />

Rapsöl CO2-neutral betrieben<br />

wird. Außerdem gehen<br />

wir bei der Dämmung ganz<br />

neue Wege, was nebenbei<br />

ein freundlicher, aber ge zielter<br />

Angriff auf das deutsche<br />

Dämmstoff-Oligopol ist, das<br />

mit steigender Nachfrage<br />

nach Dämmstoffen die<br />

Preise in die Höhe getrieben<br />

hat. Vereinfacht ausgedrückt<br />

stellen wir vor die alte Fassade<br />

eine neue, komplett<br />

vorgefertigte Fassade aus<br />

einem Holzrahmengestell,<br />

übrigens hergestellt im<br />

Vogelsberg. Der Zwischenraum<br />

wird mit Zellulose ausgeblasen.<br />

Der Dämmeffekt<br />

ist der gleiche. So machen<br />

wir uns komplett von der<br />

Dämmstoffindustrie unabhängig<br />

und fördern zugleich<br />

das regi onale Handwerk.<br />

In Bornheim realisieren Sie<br />

zurzeit das größte innerstädtische<br />

Passivhausprojekt in<br />

Deutschland, das Wohnquartier<br />

Campo. Sie gestalten<br />

damit Urbanität. Sehen Sie<br />

das auch als Auftrag?<br />

Das Campo passt sich bestens<br />

in den lebendigen<br />

Stadtteil Bornheim ein. Wir<br />

achten sehr auf eine ausgewogene<br />

soziale Durchmischung<br />

unserer Quartiere.<br />

Möglichst alle sollen vertreten<br />

sein – kinderreiche Familien,<br />

junge Paare, Singles<br />

und Rentner, Professoren<br />

und Handwerker, Arbeiter<br />

und Manager. Wir wollen<br />

keine Themenhäuser. Und<br />

das funktioniert. Das Campo<br />

ist dafür ein hervorragendes<br />

Beispiel. Es eröffnet neue<br />

Plätze und Wege und schafft<br />

eine neue urbane Durchlässigkeit.<br />

Bleibt bei allem Öko nicht<br />

die Architektur auf der<br />

Strecke? Was bietet das<br />

Campo architektonisch?<br />

Die Architektur genügt<br />

höchsten internationalen<br />

Maßstäben. Wir haben<br />

schließlich mit den renommierten<br />

Architekturbüros<br />

Stefan Forster Architekten,<br />

AS&P Albert Speer & Partner<br />

sowie Scheffler & Partner<br />

zusammengearbeitet –<br />

bisher nicht ganz üblich für<br />

Wohnungsbaugesellschaften.<br />

Die Architektur fügt sich<br />

bestens in die Gründerzeitumgebung<br />

des Stadtteils<br />

ein. Das wunderschöne alte<br />

Straßenbahndepot im Quartier<br />

bleibt erhalten und wird<br />

völlig neu belebt. Die Denkmalschützer<br />

sind begeistert.<br />

Die offene und lichte Tragstruktur<br />

ist komplett sichtbar<br />

und schafft eine einzigartige<br />

Marktatmosphäre. Das wird<br />

Deutschlands schönster<br />

Supermarkt.<br />

Heizen<br />

mit<br />

Korn<br />

ABG im Profil<br />

Im November 2007 haben die städtische Wohnungsbaugesellschaft ABG Frankfurt Holding und<br />

<strong>Mainova</strong> im Riederwald die erste Getreideheizung Frankfurts in Betrieb genommen. Die Anlage<br />

in der Iselinstraße 16-22 beheizt ein Mehrfamilienhaus mit 24 Wohnungen. Das Projekt wird<br />

wissenschaftlich begleitet von Professoren für Bauphysik und Haustechnik der TU München und<br />

wird von <strong>Mainova</strong> betrieben. Es ist Teil einer weitreichenden, langfristigen Zusammenarbeit<br />

zwischen ABG und <strong>Mainova</strong>.<br />

Rund 30 Tonnen eiweißarmes und nicht als Nahrungsmittel geeignetes Getreide decken den<br />

jährlichen Energiebedarf des Hauses. Das entspricht etwa fünf bis sechs Traktor-Anhängerladungen.<br />

Der Weizen wird von Frankfurter Bauern auf einer Fläche von rund fünf Hektar angebaut.<br />

Die Anlage erreicht eine Leistung von 40 Kilowatt. An besonders kalten Tagen fängt eine<br />

Gasbrennwerttherme die Leistungsspitzen ab. Die innovative Technik beschert den Bewohnern<br />

sinkende Nebenkosten und erspart der Atmosphäre jährlich 117 Tonnen Kohlendioxid. Denn<br />

Weizen setzt bei der Verbrennung nur so viel CO 2 frei, wie beim Wachstum aufgenommen<br />

wurde.<br />

Für die Bauern ist das „Heizgetreide“ eine zusätzliche Einnahmequelle. Die Agrarpolitik der<br />

Europäischen Union hat zur Folge, dass zurzeit etwa 8,5 Prozent der Ackerflächen in Frankfurt<br />

brach liegen. „Heizgetreide“ darf auf diesen Flächen aber angebaut werden. Der Präsident des<br />

Hessischen Bauernverbandes Peter Voss-Fels schätzt, dass rund 100 000 Wohnungen in Hessen<br />

mit Getreide beheizt werden könnten, wenn man die Brachflächen nutzt.<br />

Die ABG FRANKFURT HOLDING GmbH ist der Wohnungs- und Immobilienkonzern der Stadt Frankfurt am Main. Sie besitzt und bewirtschaftet<br />

in Frankfurt knapp 50 000 Wohnungen und bietet damit Wohnraum für fast ein Viertel der Frankfurter Bevölkerung. Hinzu kommen Gewerbeeinheiten<br />

und sonstige Mieteinheiten wie Wohnheimplätze, Alten- und Jugendeinrichtungen, Stellplätze und Garagen.<br />

Die ABG Frankfurt Holding ist mit einem Jahresumsatz von 367,2 Millionen Euro (2006) eine der größten Wohnungsgesellschaften in Deutschland.<br />

Jedes Jahr bringt sie im Schnitt rund 1 500 Altbauwohnungen in Frankfurt auf ein energetisches Optimum. Der Konzern ist weltweit der<br />

größte Anbieter von Passivhauswohnungen im Geschosswohnungsbau. Von der jährlichen Investitionssumme von etwa 170 Millionen Euro<br />

fließen über 75 Prozent an Unternehmen in der erweiterten Rhein-Main-Region.<br />

44 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

PASSIVBAUWEISE 45


Das<br />

Passivhaus<br />

vom Nikolaus<br />

Entlang hüfthoher Bruchsteinmauern<br />

windet sich die<br />

Straße den Hang hinauf,<br />

links und rechts Fachwerkhäuser<br />

mit holzvertäfelten<br />

Giebeln und kaminroten<br />

Fensterläden.<br />

Den Nordteil des<br />

Kamp King Areals in<br />

Oberursel nutzten die<br />

Nationalsozia listen als<br />

Vorzeigesiedlung im<br />

Dritten Reich; heute<br />

stehen zwischen den<br />

21 kleinteiligen, denkmalgeschütztenMusterhäusern<br />

moderne Rei henhäuser,<br />

Stadtvillen und Eigentumswohnungen.<br />

Von 1998 an<br />

wur de das Areal umgewandelt<br />

in ein Wohnviertel für<br />

1 200 Einwohner: Ländliches<br />

Fachwerkidyll trifft auf avantgardistischezukunftsweisende<br />

Architektur.<br />

Knapp unterhalb des Hügels<br />

steht auf einem keilförmigen<br />

750 Quadratmeter großen<br />

Grundstück das „Haus vom<br />

Nikolaus“. So nennen die<br />

Architekten und Eheleute<br />

Cornelia Thielen und Sergio<br />

Cantón schmunzelnd ihr Privathaus,<br />

das sie gemeinsam<br />

mit ihren beiden Kindern –<br />

vier und sechs Jahre alt –<br />

bewohnen. Haus vom Nikolaus,<br />

weil es sich mit einem<br />

Federstrich zeichnen lässt.<br />

Schlicht und schnörkellos<br />

gebaut, verzichtet das grau<br />

verputzte Haus auf überflüssigen<br />

Schmuck. Es gibt weder<br />

Dachüberstände noch<br />

Erker, keine ausladenden<br />

Fensterbänke, keine Jalousien.<br />

Selbst die Dachrinne<br />

sitzt unsichtbar versenkt hinter<br />

der Traufe.<br />

Die kompakte Form ist eine<br />

zeitgemäße Antwort auf den<br />

Haustyp „giebelständiges<br />

Fachwerkhaus“. Vor allem<br />

aber erlaubt sie, das Haus<br />

luftdicht einzupacken<br />

wie eine Thermoskanne.<br />

Das ist<br />

wichtig, denn Cornelia<br />

Thielen und Sergio<br />

Cantón leben in<br />

einem sogenannten<br />

Passivhaus. Dessen<br />

Außenwände sind<br />

extrem gut wärmegedämmt<br />

und halten die<br />

Wärme im Haus, die durch<br />

Sonneneinstrahlung, Bewohner<br />

und technische Geräte<br />

wie Toaster oder Föhn entsteht.<br />

Heizkörper gibt es<br />

nicht, auch keine Fußbodenheizung.<br />

Stattdessen saugt eine Lüftung<br />

die verbrauchte Luft<br />

aus Küche und Bädern ab<br />

und versorgt alle Räume mit<br />

vorgewärmter Frischluft.<br />

Bevor die Luft das Haus verlässt,<br />

entzieht ihr ein Wärmetauscher<br />

die dafür nötige<br />

Wärme. Für vorgewärmte –<br />

im Sommer vorgekühlte Luft<br />

sorgt ein Erdwärmetauscher,<br />

der unterm Lavendelbeet im<br />

Vorgarten vergraben ist.<br />

Ein Haus ohne Heizkörper, geht<br />

das? Und ob. Das zeigt ein Besuch<br />

bei Cornelia Thielen und Sergio<br />

Cantón, die ihr Passivhaus mit<br />

vorgewärmter Frischluft beheizen.<br />

Nach dem Rundgang stellt man<br />

sich die Frage: Warum werden<br />

nicht alle Häuser so gebaut?<br />

46 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

PASSIVHAUS 47


„Wir möchten zeigen, dass man Passivhäuser ganz normal bauen kann.“<br />

„Dem Haus lässt sich jedes x-beliebige Kleid überziehen.“<br />

Nicht viel größer als ein<br />

Kühlschrank ist das Lüftungskompaktgerät<br />

mit<br />

Wärmepumpe, Warmwasserboiler<br />

und Wärmetauscher,<br />

das den Prozess steuert.<br />

Es verbirgt sich in einem<br />

zur Garderobe umfunktionierten<br />

Wandschrank in<br />

der Diele; die Lüftungsleitungen<br />

laufen versteckt in<br />

den Wän den. Knapp unter<br />

der Decke sitzt in jedem<br />

Raum eine Weit wurfdüse,<br />

über die geräuschlos frische<br />

Luft einströmt.<br />

Die ausgeklügelte Lüftungstechnik<br />

wäre jedoch kaum<br />

etwas wert ohne luftdichte<br />

Verpackung. 42 Zentimeter<br />

dicke Außenwände und<br />

dreifach verglaste Fenster<br />

schützen das Haus vor Wärmeverlusten.<br />

Hinter der verputzten<br />

Außenwand verbirgt<br />

sich eine Holzständerkonstruktion.<br />

Die vorge fertigten<br />

Wände wurden vor<br />

Ort nur noch aufgestellt,<br />

Zellulose-Dämmung wurde<br />

eingeblasen. 14 Zentimeter<br />

dicke Vollholzdecken vervollständigen<br />

den Rohbau,<br />

der in nur drei Tagen stand.<br />

Fünf Monate nach Baubeginn<br />

war das Haus bezugsfertig.<br />

Der Luftzugtest<br />

(Blower-Door-Test), dem<br />

sich jedes Passivhaus bei der<br />

Bauabnahme unterziehen<br />

muss, ergab einen Luftdichtewert<br />

von 0,34.<br />

Vorgeschrieben ist für Passivhäuser<br />

ein Wert von 0,6.<br />

Kein Wunder also, dass die<br />

Familie bei einer Wohnfläche<br />

von 175 Quadratmetern<br />

im Monat lediglich<br />

125 Kilowattstunden Strom<br />

für Wärmetauscher, Wärmepumpe<br />

und Warmwasser<br />

verbraucht. Die Energiekosten<br />

liegen bei 25 Euro pro<br />

Monat, das macht im Jahr<br />

rund 300 Euro – etwa ein<br />

Zehntel dessen, was in<br />

einem Standardhaus dieser<br />

Größe anfällt. „Wir sind<br />

unabhängig von der Ölund<br />

Gaspreisentwicklung“,<br />

sagt Cornelia Thielen. „Man<br />

blickt einfach entspannter in<br />

die Zukunft.“<br />

Durch die kompakte Bauform<br />

ließen sich die Baukosten<br />

auf 1100 Euro brutto<br />

pro Quad ratmeter drücken.<br />

Neben ihrem Geldbeutel<br />

entlastet die Familie die<br />

Umwelt: Pro Jahr verursacht<br />

das mit Ökostrom beheizte<br />

Haus nur 60 Kilogramm<br />

Kohlendioxid, der Durchschnitt<br />

für ein ölbe heiztes<br />

Einfamilienhaus dieser<br />

Größe liegt bei 7 800 Kilogramm<br />

CO2 – das 130fache!<br />

(Nachzurechnen mit<br />

dem CO2-Rechner des<br />

Umweltbundesamtes unter<br />

http://uba.klima-aktiv.de)<br />

Auch die Mär, dass es sich<br />

bei Passivhäusern grundsätzlich<br />

um rustikale Holzhäuser<br />

handelt, widerlegt das Haus<br />

eindrucksvoll. Die Innenräume<br />

unterscheiden sich<br />

nicht von anderen Einfamilienhäusern,<br />

nur sind sie liebevoller,<br />

mit mehr Sinn für<br />

Details gestaltet – schließlich<br />

sind die Bauherren<br />

selbst ambitionierte Architekten.<br />

Die Wände wurden<br />

weiß verputzt, die Kieferndecken<br />

an der Unterseite<br />

einfach weiß lasiert. Ein<br />

sandfarbener gegossener<br />

Ausgezeichnet: Für<br />

seine energieeffiziente<br />

Architektur<br />

wurde das „Graue<br />

Haus“ mit dem<br />

Archi tekturpreis<br />

„ Vorbildliche Bauten<br />

in Hessen <strong>2008</strong>“<br />

prämiert.<br />

48 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

STROMERZEUGUNG 27


Epoxidharzboden verläuft<br />

durch das gesamte Gebäude.<br />

Einläufige Treppen<br />

aus Sichtbeton (zum Spitzboden<br />

mit in die Wände<br />

eingelassenen Holztrittstufen)<br />

erschließen die Räume:<br />

Diele, Wohnraum und einen<br />

Essplatz mit offener Küche<br />

im Erdgeschoss, darüber<br />

die Schlafräume mit einem<br />

grasgrünen Teppich als<br />

Spielwiese für die Kinder.<br />

Unter dem offenen Dachgiebel<br />

hat die Architektin ihr<br />

Arbeitsatelier – mit traumhaftem<br />

Blick auf das Wohngebiet.<br />

„Wir möchten zeigen, dass<br />

man Passivhäuser ganz normal<br />

bauen kann“, sagt Sergio<br />

Cantón. „Viele haben<br />

noch Vorbehalte. Dabei ist<br />

nur die Technologie eine<br />

andere. Dem Haus lässt sich<br />

jedes x-beliebige Kleid überziehen.“<br />

Mehr als hundert<br />

Leute haben sie schon durch<br />

ihr neues Heim geführt und<br />

dabei auch potenzielle Bauherren<br />

überzeugt: „Wenn<br />

Sie selbst in einem Passivhaus<br />

wohnen, können Sie<br />

glaubwürdiger und kompetenter<br />

argumentieren.“<br />

Ist denn außer den Kosten<br />

gar nichts anders geworden?<br />

„Der Wohnkomfort<br />

hat sich enorm erhöht“,<br />

sagt Cornelia Thielen, die<br />

vorher in ihrer Altbauwohnung<br />

im Frankfurter Westend<br />

Fußkälte und Durchzug<br />

an den Fenstern kannte.<br />

Auch mit Allergieproblemen<br />

hat sie nicht mehr zu kämpfen.<br />

Und das Lüften?<br />

„Machen wir kaum noch.<br />

Die Fenster öffnen wir nur<br />

noch, um die Vögel zwitschern<br />

zu hören.“<br />

Was sind Passivhäuser?<br />

Passivhäuser sind sehr gut<br />

gedämmte, nach Süden orientierte<br />

Häuser. Sie werden<br />

überwiegend „passiv“ warmgehalten<br />

– durch Sonnenlicht,<br />

Wärmerückgewinnung<br />

und Abwärme von Bewohnern<br />

und technischen Geräten.<br />

Dämmstärken zwischen<br />

25 und 40 Zentimetern<br />

und dreifach verglaste<br />

Scheiben halten die Wärme<br />

im Haus. Heizkörper und<br />

Fußbodenheizung braucht<br />

ein Passivhaus nicht. Stattdessen<br />

erhitzt ein Wärmetauscher<br />

die Frischluft von<br />

außen mit Hilfe warmer<br />

Abluft. Passivhäuser lassen<br />

sich grund sätzlich mit<br />

jedem Baumaterial errichten<br />

– egal ob Holz, Beton oder<br />

Mauerwerk. Die Bewohner<br />

können jederzeit die Fenster<br />

öffnen, müssen es aber<br />

nicht, was besonders lärmgeplagte<br />

Stadtbewohner<br />

schätzen. Allergiker und<br />

Asthmatiker freuen sich über<br />

frische, pollenfreie Luft.<br />

Passivhäuser verbrauchen für<br />

Rest beheizung und Warmwasser<br />

unter 15 Kilowattstunden<br />

Strom pro Quadratmeter<br />

und Jahr. Umgerechnet<br />

kommt ein Passivhaus<br />

mit weniger als 1,5 Litern<br />

Heizöl pro Quad ratmeter<br />

Wohnfläche aus. Passivhäuser<br />

sind zwischen fünf und<br />

acht Prozent teurer als konventionell<br />

gebaute Häuser.<br />

Die Mehrkosten für Lüftung<br />

und bessere Isolierung lassen<br />

sich zum Teil durch zinsgünstige<br />

Darlehen der Kreditanstalt<br />

für Wiederaufbau<br />

(KfW) auffangen. <strong>Mainova</strong><br />

fördert im Rahmen ihres<br />

Klima Partner Programms<br />

die „baubegleitende Qualitätssicherung<br />

am Passivhaus“.<br />

Dabei testen erfahrene<br />

Prüfer das Bauprojekt<br />

im Vorfeld auf Plausibilität<br />

und Realisierbarkeit. Auch<br />

die beiden für die Bauabnahme<br />

nötigen Luftzugtests<br />

werden über das Programm<br />

finanziert.<br />

50 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

PASSIVHAUS 51


Parkplatz für große Vögel<br />

In der neuen A380-<br />

Halle schrumpfen<br />

Lastwagen zu Spielzeugautos<br />

und Menschen<br />

zu Ameisen.<br />

Der gewaltige Hangar<br />

auf dem Frankfurter<br />

Flughafen dient<br />

als Heimat- und<br />

Wartungsbasis für<br />

das größte Passagierfl<br />

ugzeug der Welt,<br />

den Airbus A380.<br />

Ein Besuch in der<br />

größten Industriehalle<br />

Deutschlands.<br />

Hangar der Superlative: In der neuen A380-<br />

Halle der Lufthansa passen zwei Airbusse A380<br />

mühelos nebeneinander. Ein zweiter Hallenteil<br />

gleicher Größe folgt.<br />

„Eigentlich ist es eine Werkstatt wie jede andere“, sagt Projektleiter<br />

Dean Raineri schmunzelnd. „Nur mit anderen Dimensionen.“<br />

52 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

A380-HALLE 53


Vier gewaltige Hallentore – ein<br />

jedes 43 Meter breit, knapp<br />

28 Meter hoch und rund 140 Tonnen<br />

schwer – filtern blendfreies<br />

Nordlicht bis weit in die Halle.<br />

Ein Nest für den Supervogel<br />

54 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

A380-HALLE 55<br />

E<br />

s weht<br />

noch ein<br />

kühler Luftstoß<br />

durch die<br />

Halle. Gerade hat<br />

ein Schlepper eine<br />

A340-600 an den Bugrädern<br />

gepackt und herausgezogen<br />

– als wäre das tonnenschwere<br />

Passagierflugzeug leicht wie<br />

ein Papierflieger. Noch ist kaum etwas los im<br />

Hangar. Durch die haushohen Hallentore dringt<br />

mildes Nordlicht bis tief in den Raum. In einer Hallenecke<br />

wartet eine Garnitur Ersatzsitze auf ihren Einsatz.<br />

Am anderen Hallenende leuchten ein paar grelle Punkte<br />

auf, Lufthansa-Mitarbeiter in neongelben Schutzwesten.<br />

Um ihre Gesichter zu erkennen, brauchte man<br />

ein Fernglas. In der neuen A380-Werft auf dem Frankfurter<br />

Flughafen schrumpfen Lastwagen zu Spiel-


Energie für den Super-Hangar<br />

Auch im Winter herrscht im Innern der neuen A380-Halle in 1,80 Metern Höhe konstant eine Temperatur von 15 Grad Celsius.<br />

Eine Fußbodenheizung wärmt den 25 000 Quadratmeter großen Estrich. Die Fernwärme liefert das Heizkraftwerk Niederrad.<br />

Seit Ende 2005 arbeitet das <strong>Mainova</strong>-Kraftwerk mit einer hocheffizienten, umweltschonenden GuD-Anlage (Gas- und<br />

Dampfturbine), die einen Brennstoff-Nutzungsgrad von fast 90 Prozent erreicht. Um die A380-Halle zu versorgen, wurde<br />

eine Fernwärmeleitung im Spülbohrverfahren zwei Meter unter dem Rollweg zur Startbahn West durch den Boden getrieben.<br />

Bei einem Ausfall könnte auch das Heizwerk Süd die A380-Halle beheizen.<br />

Jährlich benötigt die Halle eine Leistung von zirka 3,8 Megawatt. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Anschlussleistung<br />

eines Einfamilienhauses beträgt rund 15 Kilowatt. Mit der Fernwärme für die A380-Halle lassen sich also ungefähr 250 Einfamilienhäuser<br />

heizen.<br />

zeugautos und Menschen<br />

zu Ameisen. Deutschlands<br />

größte Industriehalle ist<br />

180 Meter breit, 140 Meter<br />

tief und 45 Meter hoch. Sie<br />

könnte mühelos vier Fußballplätze<br />

überdecken oder<br />

einen Marktplatz.<br />

Der im Januar <strong>2008</strong> eröffnete<br />

Super-Hangar dient als<br />

Heimat- und Wartungsbasis<br />

für das größte Flugzeug der<br />

Welt, den Airbus A380. Auf<br />

mehr als 25 000 Quadratmetern<br />

Grundfläche können<br />

zwei Airbusse A380 oder<br />

drei Boeings B747 gleichzeitig<br />

gewartet werden. Bis<br />

August 2009 rechnet Lufthansa<br />

mit der ersten von<br />

insgesamt 15 bestellten<br />

Maschinen des neuen Superfliegers.<br />

Doch das ist erst<br />

Kapitel eins des Gesamtprojekts.<br />

Bis 2015 entsteht der<br />

zweite Teil der Halle, die<br />

Grundfläche wird sich noch<br />

mal nahezu verdoppeln – auf<br />

49 000 Quadratmeter. Die<br />

Werft wird damit zur größten<br />

Flugzeughalle Europas.<br />

„Eigentlich ist es eine Werkstatt<br />

wie jede andere“, sagt<br />

Dean Raineri schmunzelnd.<br />

„Nur mit anderen Dimensionen.“<br />

Der 51-jährige Projektleiter<br />

der A380-Werft<br />

kann sich Understatement<br />

leisten. Die Halle ist so<br />

etwas wie „sein Kind“, seit<br />

dem Bau antrag vor fünf Jahren<br />

betreut er den Neubau,<br />

kennt jedes noch so winzige<br />

Detail. Der Maschinenbauingenieur<br />

begeistert sich seit<br />

seiner Kindheit für die Luftfahrt:<br />

„Durch meinen Körper<br />

fließt zu 45 Prozent<br />

Hydrauliköl, zu 25 Prozent<br />

Kerosin, der Rest ist wohl<br />

normales Blut.“<br />

Den Virus setzte sein Vater<br />

frei, der seit den Fünfzigerjahren<br />

in Frankfurt stationiert<br />

war. Raineri wartete<br />

amerikani sche PanAm-Flieger,<br />

die Berlin auf dem Luftweg<br />

mit Westdeutschland<br />

verbanden, und nahm seinen<br />

Sohn mit in die Wartungshallen.<br />

In der Mitte<br />

der neuen A380-Halle<br />

knapp unter der Decke<br />

hängt eine kreisrunde Uhr<br />

aus den Fünfzigern, ein<br />

Relikt aus der alten Halle 3,<br />

in der sein Vater arbeitete.<br />

Dean Raineri hat es herübergerettet:<br />

ein Stück Erinnerung<br />

inmitten einer Hightech-Halle.<br />

„Heute wird<br />

die Wartung durch moderne<br />

IT bestimmt“, weiß Dean<br />

Raineri. Die Ingenieure tragen<br />

Laptops, tauschen sich<br />

über Funk und Netzwerke<br />

aus und inspizieren mit<br />

Minikameras das Innenleben<br />

der Triebwerke. Die Atmosphäre<br />

ist ruhig, es gibt kein<br />

Geschrei oder Gedränge:<br />

„Wir vermeiden Hektik,<br />

denn unter Zeitdruck und<br />

Stress passieren die größten<br />

Fehler.“<br />

Damit kein Lufthanseat<br />

klamme Finger bekommt,<br />

wärmt eine Fußbodenheizung<br />

die Halle. Auch im<br />

tiefsten Winter herrscht in<br />

1,80 Metern Höhe immer<br />

eine Temperatur von über<br />

15 Grad Celsius. Wenn sich<br />

die Luft im Sommer dagegen<br />

zu sehr aufheizt, etwa<br />

nach Öffnen der Hallentore,<br />

drückt eine Luftschleieranlage<br />

überschüssige Warmluft<br />

wieder hinaus. Nachts,<br />

wenn die Kurzstreckenflieger<br />

gewartet werden, leuchten<br />

rund 400 Halogende-<br />

ckenstrahler die Halle<br />

optimal aus. Vier gewaltige<br />

lichtdurchlässige Hallentore<br />

– ein jedes ist 43 Meter<br />

breit, fast 28 Meter hoch<br />

und wiegt rund 140 Tonnen<br />

– filtern tagsüber blendfreies<br />

Nordlicht bis weit in die<br />

Halle.<br />

Die größte bautechnische<br />

Herausforderung war jedoch<br />

die Montage des außen liegenden<br />

Dachtragwerks.<br />

Zwei 180 Meter lange und<br />

15 Meter hohe Fachwerkträger<br />

überspannen die Halle.<br />

Mit einer Geschwindigkeit<br />

von fünf Metern pro Stunde<br />

wurden 3 000 Tonnen Stahl,<br />

an Stahlkabeln befestigt auf<br />

luftige 45 Meter gehoben.<br />

„Der Dachhub war ein kritischer<br />

Moment“, erinnert<br />

sich Dean Raineri. „Ab einer<br />

Windgeschwindigkeit von<br />

35 km/h hätten wir die<br />

Aktion abbrechen müssen.“<br />

Es war fast windstill. Dean<br />

Raineri genoss den Moment<br />

vom Vorfeld aus. Was er<br />

dabei fühlte? „Euphorie!“<br />

56 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

A380-HALLE 57


Verpflegung über den Wolken: Täglich bestücken die Mitarbeiter der<br />

LSG Sky Chefs 375 Flüge mit Getränken, Kalt- und Warmspeisen, Medikamenten,<br />

Spielzeug und zollfreien Waren.<br />

Der Neubau der<br />

Luft hansa-Tochter<br />

LSG Sky Chefs nahe<br />

des Frankfurter Flughafens<br />

ist eine Fabrik<br />

der Superlative: Im<br />

größten Cateringbetrieb<br />

Europas bereiten<br />

2 500 Mitarbeiter<br />

jeden Tag bis zu<br />

77 000 Mahlzeiten für<br />

375 Flüge zu. Allein<br />

die Bäckerei könnte<br />

eine Kleinstadt mit<br />

Brötchen versorgen.<br />

Blick vom Dach des viergeschossigen Schwesterbetriebs auf den Neubau, im Hintergrund<br />

Frankfurts Skyline. Der Umzug erleichtert dem Team der LSG Sky Chefs den Arbeitsalltag.<br />

Wurden Rollwagen und Tabletts früher noch von Geschoss zu Geschoss geschoben, transportiert<br />

sie heute eine 1,6 Kilometer lange Hängebahn.<br />

Nur Fliegen ist schöner: Mit seinen<br />

aerodynamischen Dachrändern<br />

aus Metall erinnert der<br />

Neubau der Frankfurter Architekten<br />

Neumann + Partner an<br />

einen Flugzeugrumpf.<br />

Alltägliche Luftbrücke<br />

58 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

LSG SKY CHEFS 59


T<br />

Wärme für die Riesenspüle<br />

rolley Washer, das hört<br />

sich so niedlich an. Dabei<br />

hat Europas größte Spülmaschine<br />

die Dimensionen<br />

einer Autowaschanlage:<br />

drei Meter breit, fünf Meter<br />

hoch, 28 Meter lang. Seit<br />

dem 15. Mai <strong>2008</strong> wäscht<br />

die Riesenspülmaschine,<br />

was ihre Düsen hergeben.<br />

Da nämlich wurde direkt<br />

am Frankfurter Flughafen in<br />

Europas größtem Cateringbetrieb<br />

die Produktion aufgenommen.<br />

Der Neubau<br />

der Lufthansa-Cateringtochter<br />

LSG Sky Chefs ist<br />

etwa 150 Meter lang und<br />

230 Meter breit. In seinem<br />

Inneren bereiten zirka<br />

2 500 Mitarbeiter täglich bis<br />

zu 77 000 Mahlzeiten für<br />

etwa 375 Flüge zu. Neben<br />

kalten und warmen Speisen<br />

gehören auch Getränke,<br />

Medikamente, Spielzeug<br />

oder zollfreie Waren zum<br />

Cateringangebot. Es gibt<br />

eine eigene Bäckerei, die<br />

pro Tag 80 000 Brötchen<br />

backt, und ein 1 400 Quadratmeter<br />

großes Kühlhaus.<br />

Selbst Pralinen und Saunatücher<br />

haben eigene Kühlräume.<br />

Auch der Trolley-<br />

Washer ist nur Teil eines<br />

gewaltigen Spülbereichs<br />

mit elf Spülmaschinen –<br />

darunter jeweils eine eigene<br />

für Geschirr, Besteck und<br />

Ob Kochen oder Spülen – ohne Fernwärme ginge nichts in Europas größtem Cateringbetrieb. <strong>Mainova</strong> versorgt den<br />

Neubau der LSG Sky Chefs jährlich mit rund sechs Millionen Kilowattstunden. Die Energie liefert das Heizkraftwerk<br />

Niederrad, das seit Ende 2005 mit einer hocheffizien ten, umweltschonenden GuD-Anlage (Gas- und Dampfturbine)<br />

arbeitet. Im Vergleich zum Bundesdurchschnitt sinken dadurch die jährlichen Kohlendioxid-Emissionen um rund<br />

2 500 Tonnen. Zur Erschließung musste die bestehende Fernwärmetrasse aus den Sechzigerjahren lediglich abgezweigt<br />

und um 1 400 Trassenmeter verlängert werden. Die erweiterte Trasse versorgt künftig das gesamte Areal „Gateway<br />

Gardens“. „Sie wurde damals mit viel Weitsicht geplant und so dimen sioniert, dass wir heute noch darauf zurückgreifen<br />

können“, sagt <strong>Mainova</strong>-Key-Accounter Reiner Bergmann. Nur im Sommer, wenn die Fernwärme maximal 70 Grad<br />

Celsius erreicht, werden die Spülmaschinen mit Erdgas auf 120 Grad Celsius nachbeheizt.<br />

Im Obergeschoss ragt das<br />

Betriebsrestaurant wie ein Leitwerk<br />

keilförmig aus dem Dach.<br />

Trolleys (Rollwagen) sowie<br />

Economy-, Business- und<br />

First-Class-Equipment.<br />

Der Neubau ersetzt den<br />

bisherigen Standort der<br />

LSG Sky Chefs am Terminal<br />

1, der mit der Flughafenerweiterung<br />

im Mai <strong>2008</strong><br />

geschlossen wurde. In dem<br />

viergeschossigen Altbau<br />

von 1966 wurden Rollwagen<br />

und Tabletts noch von<br />

Geschoss zu Geschoss<br />

geschoben. Jetzt nimmt<br />

eine elekt ronische Hängebahn<br />

den Mitarbeitern das<br />

Tragen ab – sie windet sich<br />

1,6 Kilometer durch den<br />

Neubau. An den einzelnen<br />

Arbeitsstationen der Spüle<br />

brauchen Schubladen oder<br />

Tabletts nur noch herausgenommen<br />

werden. „Wege<br />

und Durchlaufzeiten verkürzen<br />

sich, die Produktivität<br />

steigt“, sagt Projektleiter<br />

Jürgen Starck. Seit drei Jahren<br />

koordiniert der 50-Jährige<br />

gemeinsam mit einem<br />

achtköpfigen Team und<br />

einer Gruppe aus externen<br />

Fachleuten den Neubau<br />

und die gesamte Logistik.<br />

„Das war zunächst absolutes<br />

Neuland für mich“, sagt<br />

der gelernte Luftverkehrskaufmann.<br />

Für einen Cateringbetrieb<br />

mit diesen<br />

Dimensionen gab es keinerlei<br />

Vorbilder.<br />

Ulrich Höngen verantwortet als Leiter des Standorts Frankfurt den<br />

Betrieb des neuen Werks. „Ich bin stolz darauf, mit einer hoch motivierten<br />

Mannschaft in diesen modernen Neubau einziehen zu können,<br />

der auf dem technologisch neuesten Stand basiert“, so der Diplom-<br />

Ingenieur. „So können wir unserem Kunden Lufthansa den bestmöglichen<br />

Service bei optimaler Qualität bieten.“<br />

Besonders die Kühlung der<br />

Lebensmittel stellte die Planer<br />

vor eine Herausforderung.<br />

Ein Kühltunnel mit<br />

einer Innentemperatur von<br />

arktischen minus 42 Grad<br />

kühlt Getränke in drei<br />

Minuten auf fünf bis zehn<br />

Grad herunter. Gekühlte<br />

Förderbänder, Kühlwagen<br />

und Kühlräume halten die<br />

Produkte frisch. Gebündelt<br />

für einen Flug lagern sie<br />

schließlich unter zwei mal<br />

sieben Meter großen Kühlhauben.<br />

Von außen ähnelt<br />

das Gebäude einem Flugzeugrumpf<br />

– mit seinen wie<br />

Seitenflügel schräg zulaufenden<br />

Dachrändern, Bull-<br />

augen als Fenstern und<br />

metallenen Fassadenpaneelen.<br />

Im Obergeschoss ragt<br />

das Betriebsrestaurant wie<br />

ein Leitwerk keilförmig aus<br />

dem Dach und erlaubt von<br />

der Terrasse einen fantastischen<br />

Blick auf die Frankfurter<br />

Skyline. „Der Neubau<br />

ist eine großartige Chance“,<br />

sagt Jürgen Starck. „Europas<br />

größten Cateringbetrieb<br />

baut man schließlich<br />

nur einmal.“<br />

„Der Neubau ist eine<br />

großartige Chance“: Projektleiter<br />

Jürgen Starck<br />

inmitten der gewaltigen<br />

Spülstraße des Neubaus.<br />

Insgesamt elf Spülmaschinen<br />

säubern Geschirr,<br />

Besteck und Rollwagen.<br />

60 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

LSG SKY CHEFS 61


Die Natur steht Modell<br />

Kiemenfassaden, hochwärmegedämmte Wände und Tragwerke,<br />

schlanker als ein Skelett: Die Baupläne der Natur sind perfekte Vorbilder<br />

dafür, wie sich energiesparender und effi zienter bauen lässt.<br />

Unterwasserhülle: Mit Hilfe<br />

von Rippen versteift die<br />

Rippenqualle ihre Außenhaut.<br />

Ähnlich stabil und<br />

flexibel sind Membranen in<br />

der Architektur, wie zum<br />

Beispiel die „Mem branbrücke“<br />

im Technologie-<br />

und Medienzentrum Erfurt<br />

(siehe Bild unten).<br />

62 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

BIONIK 63


Verpackungskünstlerin<br />

Natur<br />

Es war eine kleine Sensation<br />

auf der Expo 2000: ein Pavillon,<br />

groß wie ein Fußballfeld,<br />

geschwungen wie eine Welle<br />

und doch aus Papier. Architekt<br />

Shigeru Ban ließ den<br />

japanischen Pavillon aus<br />

Papp röhren bauen. Nach der<br />

Messe wurden die Röhren<br />

recycelt. Für seinen Entwurf<br />

nahm sich Shigeru Ban die<br />

Natur als Vorbild. Denn während<br />

der Mensch Müllberge<br />

produziert, lösen sich die<br />

meisten Naturhüllen einfach<br />

auf oder verrotten.<br />

In Milliarden von Jahren hat<br />

die Natur grazile und zugleich<br />

hocheffiziente Baupläne entwickelt,<br />

die für Ingenieure und<br />

Architekten ein nahezu unerschöpfliches<br />

Reservoir an<br />

Lösungen bereithalten. Was<br />

liegt da näher, als sich die<br />

evolutionäre Technik zum Vorbild<br />

zu nehmen? Eins zu eins<br />

kopieren lassen sich die Tricks<br />

und Kniffe der Natur nicht,<br />

doch sie liefern eine Fülle von<br />

Anregungen, um Material und<br />

Energie einzusparen.<br />

Lüften nach Termitenart<br />

Die Hauptzentrale der Kreditanstalt<br />

für Wiederaufbau<br />

(KfW) im Frankfurter Westend<br />

besteht aus vier leicht<br />

gegeneinander verschobenen,<br />

vor Kurzem modernisierten<br />

Bürotürmen. Die<br />

Fassade schmückt ein dezentes<br />

graues Glaskleid. Seinen<br />

Clou offenbart das Gebäude<br />

erst nachts, wenn plötzlich<br />

die Oberlichter wie Kiemen<br />

aufklappen. Frische Luft<br />

strömt ins Innere und kühlt<br />

die Betondecken. Dabei<br />

nimmt sie Wärme auf und<br />

strömt über das haushohe<br />

Atrium und eine geöffnete<br />

Dachhaube wieder nach<br />

außen ab. Morgens betreten<br />

die Mitarbeiter durchlüftete<br />

Büros. Im Laufe des<br />

Tages geben die Decken die<br />

gespeicherte Kälte langsam<br />

wieder ab, es bleibt angenehm<br />

kühl. Und das ganz<br />

ohne Energieeinsatz, einzig<br />

durch den Auftrieb der warmen<br />

Luft.<br />

Kiemenfassaden, begrünte<br />

Wintergärten und offene<br />

Atrien gehören längst zum<br />

guten Ton in der Büroarchitektur.<br />

Sie senken den Energieverbrauch<br />

und steigern<br />

den Komfort am Arbeitsplatz.<br />

Das voll klimatisierte<br />

Großraumbüro gilt dagegen<br />

als Auslaufmodell. Die<br />

moderne Büroarchitektur<br />

nutzt die Natur, um Räume<br />

ohne großen technischen<br />

Aufwand zu kühlen. Vorbilder<br />

zur Bauteilkühlung<br />

finden die Planer im Tierreich:<br />

Termiten etwa richten<br />

ihre schmalen hohen Bauten<br />

perfekt zur Sonne aus.<br />

Während die breiten Längswände<br />

morgens und abends<br />

viel Sonne einfangen, werden<br />

die Schmalkanten nur<br />

beschienen, wenn die Sonne<br />

am höchsten steht. So<br />

heizt sich der Bau nicht<br />

übermäßig auf. Die Oberfläche<br />

durchzieht ein Labyrinth<br />

aus Lüftungskanälen, in denen<br />

sich die Luft erwärmt.<br />

Die aufgeheizte Luft steigt<br />

auf und zieht kühlere Luft<br />

aus den unterirdischen Gängen<br />

des Baus nach. Der<br />

ständige Luftaustausch hält<br />

die Temperatur der Brutkammern<br />

im Innern konstant<br />

bei 24 Grad Celsius –<br />

egal bei welcher Außentemperatur.<br />

Lowtech: Die Hauptzentrale der<br />

Kreditanstalt für Wiederaufbau<br />

(KfW) im Frankfurter Westend<br />

kühlt nachts von selbst aus – dank<br />

Kiemenfassade und haus hohem<br />

Atrium. Nach ähnlichem Prinzip<br />

schützen Termiten ihre Bauten<br />

vor Überhitzung.<br />

64 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

BIONIK <strong>65</strong>


Klasse statt Masse<br />

Antonio Gaudi stützte seine<br />

weltberühmte Kathedrale<br />

„Sagrada Familia“ mit<br />

schlanken, baumartigen<br />

Pfeilern. Frei Otto plante<br />

grazile „Baumstützen“ für<br />

das Dach des Stuttgarter<br />

Flughafens. Bäume sind ein<br />

ideales Vorbild für Architekten:<br />

Stabil und leicht<br />

zugleich trotzen sie selbst<br />

schweren Unwettern. An<br />

einer 25 Meter hohen Pappel<br />

wirken bei Sturm bis zu<br />

180 Tonnen Zuglast – das<br />

Gewicht von 45 Elefanten.<br />

Trotzdem knicken nur<br />

wenige Bäume um. Der<br />

Grund: Bäume verteilen die<br />

Angriffslasten gleichmäßig.<br />

An Stellen mit höherer<br />

Spannung bilden sie einfach<br />

dickere Jahresringe aus und<br />

entschärfen damit die Belastung.<br />

Ebenso wie Bäume<br />

funktionieren Knochen,<br />

Zähne oder Geweihe: Sie<br />

lagern genau an den Stellen<br />

Material an, wo die Belastung<br />

am stärksten ist. Den<br />

spanischen Architekten und<br />

Ingenieur Santiago Calatrava<br />

inspiriert das zu ebenso effizienten<br />

wie eleganten Entwürfen:<br />

Fische verwandeln<br />

sich dabei in Brücken,<br />

Augen werden zu Torbögen,<br />

Skelette zu Tragwerken.<br />

Das Skelett eines Seeigels<br />

stand Pate beim<br />

Entwurf des Architekten<br />

Göran Pohl für die Eisschnelllaufhalle<br />

in Erfurt.<br />

Die tragenden Rippen<br />

ähneln Knochenstrukturen<br />

aus dem Tierreich.<br />

Bild oben: das filigrane<br />

Tragwerk im Detail.<br />

Am seidenen Faden<br />

Das Dach des Münchner<br />

Olympiastadions sollte zum<br />

Symbol werden für heitere<br />

und unbeschwerte Spiele.<br />

Sein lichtes Tragwerk sieht<br />

aus wie von der Natur selbst<br />

entworfen: Zeltförmig überspannt<br />

es das Stadion, ragt<br />

weit in den Park, die Streben<br />

hangeln sich hinab bis<br />

zum Boden. Architekt Frei<br />

Otto ließ sich bei seinem<br />

Entwurf vom Netz der Zitterspinne<br />

inspirieren.<br />

Kein Wunder: Spinnennetze<br />

sind nicht nur ästhetische,<br />

sondern auch technische<br />

Meisterwerke. Ihre hauchdünnen<br />

Seidenfäden sind so<br />

reißfest, dass sie eine Biene<br />

in vollem Flug stoppen. Die<br />

Bewegungsenergie, die der<br />

Faden dabei aufnimmt, ist<br />

vergleichbar mit dem Aufprall<br />

eines Düsenjets in die<br />

Halteseile eines Flugzeugträgers.<br />

Viele Netze verfügen<br />

über Seidenfäden<br />

unterschiedlichster Qualität:<br />

steife Fäden als Gerüst, elastische<br />

Fangseide zum Abfedern<br />

der Bewegungsenergie<br />

beim Aufprall, Seiden zum<br />

Umherwandern oder zum<br />

Einspinnen der Beute.<br />

Für ihre Netze nutzt die<br />

Spinne Zugkonstruktionen,<br />

denn die verbrauchen weniger<br />

Material. Die Spinnfäden<br />

sind so dünn, dass<br />

ein einziger Faden, um den<br />

Äquator gewickelt, nicht<br />

mehr als 300 Gramm wiegen<br />

würde.<br />

Bei seinem Entwurf für<br />

das Münchner Olympia-<br />

stadion ließ sich Architekt<br />

Frei Otto vom Netz<br />

der Zitterspinne inspirieren.<br />

Denn Spinnennetze<br />

sind nicht nur bildschön<br />

– sie gelten auch technisch<br />

als Meisterwerke.<br />

66 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

BIONIK 67


Rettungsring mit Luftpolster:<br />

Die Außenhülle<br />

der Münchener Allianz<br />

Arena besteht aus<br />

2 760 luftgefüllten Kunststoffkissen.<br />

Als Vorbild<br />

dienen Pneus aus der<br />

Natur: leichte, lichtdurchlässige<br />

Hüllen, wie<br />

etwa bei Frucht- oder<br />

Seifenblasen.<br />

Lichtfalle: Das Fell des<br />

Eisbären sammelt und<br />

speichert Sonnenstrahlen.<br />

Nach dem gleichen<br />

Prinzip funktioniert<br />

Transparente Wärmedämmung<br />

(TWD).<br />

Leuchtende Luftkissen<br />

„Eine Fliege ist komplizierter als<br />

eine ganze Volkswirtschaft“<br />

Bionik-Pionier<br />

durchforsten nach ihren<br />

Auch in Sachen Energieeffi-<br />

Vierzig Jahre nach dem<br />

Olympiastadion hat München<br />

ein zweites Mal eines<br />

bestehen aus 2 760 Kunststoffkissen,<br />

die mit getrockneter<br />

Luft aufgeblasen sind.<br />

Schwimmbäder oder<br />

Gewächshäuser. Ihr Vorteil:<br />

Sie wiegen wenig, lassen<br />

Werner Nachtigall<br />

über den Ideen-<br />

Konstruktionen, Verfahrensweisen<br />

und Evolutionsprinzipien<br />

und diese zu verstezienz<br />

und Nachhaltigkeit ist<br />

uns die Natur oft um Längen<br />

voraus. Was können wir<br />

der schönsten Stadien der Über Schläuche entsteht aber viel Licht durch. Als<br />

reichtum der Natur hen. Die gewonnenen von ihr lernen?<br />

Welt geschenkt bekommen:<br />

die Allianz Arena. Der Neubau<br />

erhielt die Form eines<br />

in den Luftkissen ein Überdruck,<br />

der die Konstruktion<br />

in Form hält. Mit Luft ge-<br />

Vorbild dienen Verpackungen<br />

aus der Natur, wie etwa<br />

Fruchtblasen oder Frosch-<br />

und ihre genialste<br />

Erfi ndung.<br />

Daten dienen dem Ingenieur<br />

dann als Grundlage für<br />

technische, eigenständige<br />

Multifunktionaler zu denken.<br />

Die Technik ist häufig<br />

noch zu linear, sie nutzt<br />

Schlauchboots und leuchtet füllte Membranen überlaich. Flexibel und stabil<br />

Konstruktionen.<br />

lediglich ein Prinzip. Die<br />

wahlweise in Rot, Blau oder dachen mittlerweile nicht zugleich schützen sie ihren<br />

Natur optimiert das Ganze,<br />

Weiß. Dach und Fassade nur Stadien, sondern auch wertvollen Inhalt.<br />

Neben den genialen Vorbil- Die Natur gibt quasi den sie ver wendet alle Ressourdern<br />

aus der Natur wirken Anstoß ...<br />

cen, die vorhanden sind.<br />

die Erfindungen des Men- Sie liefert uns wertvolle An- Und sie produziert keinen<br />

schen manchmal fast primiregungen. Schließlich ver- Müll. Naturprodukte zertiv.<br />

Was hat uns die Natur folgen wir analoge Prinzifallen in ihre Bestandteile<br />

Sonnenfänger<br />

voraus?<br />

In einem Satz gesagt: rund<br />

pien – etwa Energie einzusparen.<br />

Die Industrie nimmt<br />

und stehen dem Kreislauf<br />

anschließend wieder zur<br />

200 Millionen Jahre Ent- unsere Anregungen gern Verfügung.<br />

Nicht nur mit Solarkollek- TWD lieferte der Eisbär.<br />

wicklungsgeschichte. Ein auf, sie braucht Innovatitoren<br />

lässt sich Wärme ein- Um die eisige Kälte in der<br />

gigantischer Ideenfundus! onen. Viele Produkte – Müssen wir langfristiger<br />

fangen, sondern auch mit Arktis zu überleben, muss<br />

Trotzdem lässt sich die ob Waschmaschinen oder denken?<br />

Fassaden. Architekten nut- er seine Körper temperatur<br />

Natur nicht einfach kopie- Autos – ähneln sich. Ideen Ich glaube schon. Zum Beizen<br />

dazu die „Transparente konstant bei 37 Grad halren.<br />

Bionik zu betreiben aus der Natur sind unkonspiel sollte in die Energie-<br />

Wärmedämmung“ (TWD). ten. Doch wie geht das<br />

bedeutet, die Natur zu ventioneller.bilanz<br />

eines Gebäudes nicht<br />

Sie besteht aus durchsich- ohne schützende Höhlen?<br />

tigen Glasröhrchen, die das Das Fell des Eisbären funk-<br />

Sonnenlicht sammeln und tioniert wie eine Lichtfalle:<br />

auf die Hauswand weiterlei- Die röh renförmigen Haare<br />

ten. Die dunkel gestrichene leiten das Sonnenlicht nach<br />

Wand absorbiert es und gibt innen auf die schwarze<br />

die Wärme zeitverzögert an Haut, die die Sonnen strah-<br />

die dahinter liegenden len speichert. Luftpolster<br />

Räume ab. Der Vorteil: Tags- im Fell versperren den<br />

über wird es nicht zu heiß, Rückweg und sorgen dafür,<br />

Im Profil:<br />

nachts kühlen die Räume<br />

nicht aus. Das Vorbild für<br />

dass die Wärme nicht nach<br />

außen entweicht.<br />

Professor Dr. Werner Nachtigall, geboren 1934, ist einer der Pioniere der Bionik in Deutschland.<br />

Als Direktor des Zoologischen Instituts der Universität des Saarlandes gründete er 1990<br />

die Ausbildungsrichtung „Technische Biologie und Bionik“ und eine Gesellschaft gleichen<br />

Namens. Er hat über 300 wissenschaftliche Arbeiten und mehr als 30 Bücher geschrieben,<br />

wurde mehrfach ausgezeichnet und ist Mitgestalter des bundesweiten Bionik-Kompetenznetzes<br />

Biokon. www.biokon.net<br />

nur der Energieverbrauch<br />

einfließen, sondern auch<br />

seine Lebenszeit und das<br />

Recycling von Baustoffen.<br />

Für welche Erfindung beneiden<br />

Sie die Natur am meisten?<br />

Für ihre komplexe Steuerung:<br />

Eine einzige Fliege ist<br />

komplizierter als eine ganze<br />

Volkswirtschaft. Als Kind<br />

habe ich mich immer gefragt:<br />

Wie macht das eine<br />

Fliege, ihre Flügel 200-mal<br />

pro Sekunde auf und ab zu<br />

bewegen? So was zu steuern,<br />

schafft nur die Natur.<br />

68 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

BIONIK 69


Wohin entwickelt<br />

sich die moderne<br />

Großstadt? Wie<br />

funktioniert die<br />

Architektur der<br />

Zukunft? Stefan<br />

Häfner gibt Antworten<br />

in Gestalt<br />

von mannshohen<br />

Pappmodellen. Sein<br />

Zugang zum The-<br />

Stefan Häfner (49): „Ich wäre froh, wenn einer das Zukunftskaufhaus in echt aufbauen würde.<br />

Man bräuchte einen Platz so groß wie ein Fußballplatz. Es wäre ein tolles Erlebnis, da dabei zu<br />

sein. Es würde mir Spaß machen, da drin einzukaufen und ins Kino zu gehen. Und ich könnte<br />

gucken, ob ich mir alles richtig ausgedacht habe.“<br />

Visionen aus Pappe<br />

ma ist rein intuitiv.<br />

Von intel lektuellen<br />

Diskus sionen weiß<br />

er nichts – wie alle<br />

Künstler, die nur am<br />

Wochenende das<br />

Atelier Goldstein mit<br />

Leben füllen. Unter<br />

der Woche arbeiten<br />

sie in den Praunheimer<br />

Werkstätten.<br />

70 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

VISIONEN 71


M<br />

it der Heißklebepistole<br />

in der einen, einem silberfarbenen<br />

Bogen in der<br />

anderen Hand steht er vor<br />

seinem „Zukunftskaufhaus“.<br />

Letzte Handgriffe an der<br />

Dachkonstruktion stehen<br />

an. Alle anderen Geschosse<br />

sind fertig. Wie immer hat<br />

Stefan Häfner sein Gebäude<br />

konsequent von unten nach<br />

oben entwickelt. Liebevoll<br />

und detailvernarrt richtet er<br />

jedes Stockwerk fertig ein,<br />

bis schließlich Heizkörper,<br />

Toilettenschüsseln, Tische,<br />

Stühle oder Kaffeemaschinen<br />

unter der aufgesetzten<br />

Geschossdecke verschwinden.<br />

Der Betrachter sieht<br />

davon später nur noch so<br />

viel, wie die Fenster Einblick<br />

gewähren. Doch Stefan<br />

Häfner behält alles im Kopf.<br />

Wenn er über seine Gebilde<br />

doziert, scheint er sie im<br />

Geist zu durchwandern:<br />

„Hier unten ist ein Aufzug,<br />

der bis aufs Dach führt.<br />

Ganz unten ist das Lager<br />

vom Kaufhaus. In drei<br />

Stockwerken kann man<br />

einkaufen. Da gibt es alles:<br />

Musikinstrumente, Damenunterwäsche,<br />

Kühlschränke<br />

und einen Getränkemarkt.<br />

Wer Hunger hat, kann hinaufgehen<br />

zum McDonalds.<br />

Daneben ist ein Kino. Und<br />

darüber kann man dann<br />

zusammen tanzen gehen.<br />

Abends, wenn alle müde<br />

sind, können sie oben im<br />

Hotel übernachten.“ Ein Jahr<br />

lang hat Häfner daran gearbeitet,<br />

seiner Vision Gestalt<br />

aus Pappe zu verleihen.<br />

Während der ambitionierte<br />

Baumeister lebhaft sein<br />

Zukunftskaufhaus erläutert,<br />

herrscht auch in den anderen<br />

Räumen reges Treiben.<br />

Im Atelier Goldstein können<br />

die Künstler kommen<br />

und gehen, wie es ihnen<br />

gefällt, und samstags kommen<br />

sie fast alle. Hans-Jörg<br />

Georgi lässt dann aus Bergen<br />

grau er Pappreste Flugzeuge<br />

ent stehen: riesengroß,<br />

stabil und detailreich.<br />

In einem benachbarten<br />

Raum komponiert Christa<br />

Sauer mit viel Farbgefühl<br />

harmonische Gemälde –<br />

am liebsten aus Kreisen.<br />

Wo der Arm nicht hinreicht,<br />

ver wendet sie einen<br />

Besen. In diesem Atelier<br />

können 18 Erwachsene mit<br />

„Einfache Kaufhäuser gefallen mir nicht. Zu eckig.<br />

Da denke ich oft: Die könnte man doch verändern.“<br />

„Florenz ist mir zu verschnörkelt. Ich ziehe Modernes vor,<br />

was eher chic aussieht.“<br />

unterschiedlichen Behinderun<br />

gen ihre Kreativität<br />

entfalten, ungestört von<br />

der Umwelt, aber nicht<br />

unbeeinflusst: Holger<br />

Frischkorns großflächige<br />

und farbintensive Köpfe<br />

und Figuren sehen den<br />

Betrachter mit großen<br />

Augen an – und erinnern<br />

an Plakatkunst und Pop.<br />

Markus Schmitz’ gezeichneten<br />

und ausgeschnittenen<br />

Schönheiten liegen<br />

Vorbilder aus Modezeitschriften<br />

zugrunde Und<br />

auch Birgit Ziegert, die<br />

geheimnisvolle Fabel wesen<br />

mit schwarzem Garn<br />

auf weißen Grund näht,<br />

bereichert ihre eigenen<br />

Fantasien um die Illustrationen<br />

aus einem Tierbuch.<br />

Immer häufiger wandern<br />

die Kunstwerke von hier aus<br />

in Ausstellungen. Auch die<br />

von Stefan Häfner. Sein umfangreichstes<br />

Werk, die „Zukunftsstadt“,<br />

hat das Atelier<br />

inzwischen für immer verlassen.<br />

Es ist nun Teil der<br />

Sammlung des Deutschen<br />

Architektur museums. Stunden<br />

später hantiert Stefan<br />

Häfner noch immer geduldig<br />

mit der Klebepistole. Er<br />

widmet sich hier als Einziger<br />

der Architektur. Oft steht er<br />

schon mit Plastik tüten voller<br />

vorgefertigter Bauelemente<br />

72 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

VISIONEN 73


in der Tür. Die klebt er<br />

abends zu Hause zusammen.<br />

Basismaterial: Streichholzschachteln.<br />

Als Frankfurter sammelt er<br />

täglich Stadtimpressionen,<br />

manche fängt er mit seiner<br />

Kamera ein. Er beobachtet<br />

Baustellen, städtische Veränderungen<br />

und neue Gestaltungsideen.<br />

Und bewertet<br />

meist, was er sieht, als<br />

„langweilig“. Sein Interesse<br />

gilt der Zukunft, dem Fortschritt,<br />

der Veränderung.<br />

Unzählige Wiederholungen<br />

von Raumschiff Enterprise<br />

hat er sich angesehen. „Danach<br />

habe ich Skizzen ge-<br />

Atelier Goldstein<br />

macht und was mir davon<br />

am nächsten Morgen am<br />

besten gefallen hat, habe<br />

ich gebaut.“ Nie bilden<br />

seine Gebäudekomplexe<br />

einfache Quader. Vielmehr<br />

ragt immer wieder ein Geschoss<br />

heraus, während ein<br />

anderes für eine vorgelagerte<br />

Terrasse zurückweicht.<br />

Die Fenster stehen immer<br />

häufiger schräg in der Wand,<br />

einzelne Fassadenabschnitte<br />

kippen nach vorn. Nicht nur<br />

formal erweist sich der besessene<br />

Auto didakt als ambitioniert.<br />

Seine Gebilde gleichen<br />

den Wohn maschinen<br />

von Le Corbusier. Sie bieten<br />

Das Atelier Goldstein in Frankfurt existiert seit<br />

2001, gegründet und bis heute geleitet von der<br />

Bühnenbildnerin Christiane Cuticchio. Träger des<br />

Ateliers ist die Lebenshilfe Frankfurt, unterstützt<br />

durch zahlreiche Förderer, unter anderen auch<br />

<strong>Mainova</strong>. Die Einrichtung bietet ausgewählten<br />

Erwachsenen mit Behinderungen einen Ort, um<br />

ihr kre atives Potenzial zu entfalten. Im November<br />

2003 bestückten die Künstler des Ateliers ihre<br />

erste öffentliche Ausstellung im Alten Hauptzollamt<br />

Frankfurt. Es folgten zahlreiche Einzel- und<br />

Gruppenausstellungen. Im Jahr 2005 präsentierte<br />

das Deutsche Architektur Museum (DAM) erstmals<br />

die Zukunftsstadt von Stefan Häfner, die das DAM<br />

für seine Sammlung erworben hat und seither auf<br />

Ausstellungstournee schickt.<br />

Kontakt: Ingrid Baums<br />

info@lebenshilfe-ffm.de<br />

www.atelier-goldstein.de<br />

„Ich guck viel Forschung & Technik im Fernsehen. Einmal hab ich<br />

einen Bericht gesehen über Amerika: Die haben Wassertanks auf<br />

den Hochhäusern. Damit können sie auf Knopfdruck Brände<br />

löschen. Da habe ich gedacht, ich könnt ja Schwimmbad und Wassertank<br />

verbinden. In meiner Zukunftsstadt ist jetzt ein Schwimmbad<br />

auf dem Dach. Auf Knopfdruck kann man den Boden öffnen<br />

und damit löschen, wenn es brennt.“<br />

zahlreiche Funktionen unter<br />

einem Dach, von denen alle<br />

Bewohner profitieren sollen.<br />

Seine „Zukunftsstadt“, ein<br />

Modell aus verschiedenen<br />

Gebäudekomplexen, bietet<br />

umlaufende Terrassen und<br />

ein Schwimmbad auf dem<br />

Dach für jedermann. Funktionieren<br />

müssen die Gebilde<br />

obendrein. So ruhen<br />

sie alle auf Pfeilern. „Gegen<br />

Hochwasser“, erklärt der<br />

Baumeister. Außerdem Platz<br />

sparend. An Nottreppen im<br />

Brandfall ist immer gedacht.<br />

Jeder Raum ist mit einer<br />

Alarm anlage ausgestattet, in<br />

jedem Geschoss gibt es<br />

mehrfach Löscheinrichtungen.<br />

Das Schwimmbecken<br />

auf dem Dach bildet<br />

zugleich ein Wasserreservoir,<br />

um sich im Brandfall zum<br />

Löschen zu öffnen. Wenn<br />

ganz zum Schluss der „Bauarbeiten“<br />

sämtliche Kabel<br />

verlötet sind und ein Trafo<br />

dafür sorgt, dass die unzähligen<br />

Lämpchen alle Räume<br />

zum Leuchten bringen,<br />

scheinen die Gebilde tatsächlich<br />

zum Leben zu<br />

erwachen.<br />

Interview<br />

Welche Bedeutung hat die<br />

Zukunftsstadt von Stefan<br />

Häfner für die Sammlung<br />

des DAM?<br />

Mit den Arbeiten von Stefan<br />

Häfner haben wir zum ersten<br />

Mal ein Kunstwerk aus<br />

der Gruppe der Outsider<br />

Artists in unsere Sammlung<br />

aufgenommen. Um mit Erstaunen<br />

festzustellen: Es ist<br />

eines der am meisten ausgeliehenen<br />

und angefragten<br />

Exponate der Sammlung.<br />

Wir knüpfen an dieses Interesse<br />

jetzt an mit unserer<br />

aktuellen Ausstellung „Heterotopia“<br />

vom 31. Mai bis<br />

24. August. Dieser Begriff<br />

von Michel Foucault bedeutet<br />

so viel wie „andere Orte“.<br />

Wir zeigen ausschließlich<br />

architekturrelevante Zeichnungen<br />

und Modelle von<br />

Outsider Artists. Auch Stefan<br />

Häfner ist mit drei Bauten<br />

der Zukunftsstadt vertreten.<br />

Sie sind von Haus aus Architekt.<br />

Worin sehen Sie die<br />

Besonderheiten des „Architekten“<br />

Stefan Häfner?<br />

Stefan Häfner ist ein ausgesprochen<br />

passionierter Baumeister.<br />

Er trägt alles in sich,<br />

was einen Architekten auszeichnet,<br />

auch wenn er nie<br />

eine Ausbildung machen<br />

konnte. Ihn kennzeichnet<br />

die Lust, eine neue Welt zu<br />

schaffen. Dabei hat er interessanteKonstruktionssysteme<br />

erfunden. Er fertigt ja<br />

alles zu Hause vor. Das Besondere<br />

an ihm ist: Er lebt<br />

in seiner Welt. In seinen<br />

Augen baut er keine Modelle,<br />

für ihn sind sie echt.<br />

Das Deutsche Architekturmuseum (DAM)<br />

Er kann seine „anderen Orte“<br />

geistig durchwandern. In<br />

meinen Augen hat er also<br />

typische Eigenschaften, die<br />

denen seiner Profikollegen<br />

in nichts nachstehen. Und<br />

viele Profis nehmen ihn<br />

auch genau so ernst. Sie<br />

laden ihn auf ihre Baustellen<br />

ein, lassen ihn also ihre<br />

eigenen Werke durchwandern.<br />

So befruchten sich<br />

beide gegenseitig.<br />

Stehen Häfners Arbeiten<br />

in einer erkennbaren Tradition?<br />

Häfner selbst hat keine Vorbilder,<br />

er kennt Le Corbusiers<br />

Wohnmaschinen ja nicht.<br />

Aber eines ist sicher: Er arbeitet<br />

nicht außerhalb seiner<br />

Zeit. Auch ohne architektonische<br />

Vorbildung ist<br />

er von Zeitschriften und<br />

Fernsehen beeinflusst. Und<br />

er spaziert viel durch die<br />

Stadt. Wo er seine merkwürdig<br />

aufgeständerte Bauweise<br />

her hat, weiß niemand.<br />

Ansonsten hat er<br />

einen Bautypus geschaffen,<br />

der an die Moderne der<br />

Sechziger- und Siebzigerjahre<br />

erinnert. Und das ist<br />

auch die Zeit, in der er aufgewachsen<br />

ist. Aber aus<br />

Frankfurt kennt er diese<br />

Architektur nicht. Er nimmt<br />

schnell Einflüsse auf. Als<br />

seine Zukunfts stadt hier im<br />

DAM ausgestellt war, kam<br />

er jeden Tag ins Museum.<br />

Da hat er Dinge gesehen,<br />

die er vorher noch nie<br />

gesehen hatte. Seither baut<br />

er nicht mehr so streng<br />

rechteckig.<br />

Peter Cachola Schmal, Direktor<br />

des Deutschen Architekturmuseums<br />

(DAM), begann seine Laufbahn<br />

als freier Architekt und<br />

Architekturkritiker in Frankfurt<br />

am Main. Am DAM war er seit<br />

2000 als Kurator tätig, bevor er<br />

2006 Direktor wurde.<br />

Als erstes Architekturmuseum in Deutschland öffnete das DAM 1984 am Schaumainkai seine Pforten. Seither widmet es aktuellen<br />

Projekten der modernen Architektur im In- und Ausland jedes Jahr mehrere große Ausstellungen. Mit einer Sammlung<br />

aus 180 000 Architekturplänen und Zeichnungen sowie 600 Modellen besitzt das Haus einen beachtlichen Fundus. Stoff für<br />

Ausstellungen über Tendenzen und Perioden des 20. Jahrhunderts bieten Stiche, Skizzen und Zeichnungen von Schinkel bis<br />

Gehry, von Mies van der Rohe bis zur Architektengruppe Archigram. Eine umfassende historische Rückblende bietet die Dauerausstellung<br />

„Von der Urhütte zum Wolkenkratzer“: 24 Großmodelle veranschaulichen die Bau- und Siedlungsgeschichte von<br />

der Steinzeit bis zur Gegenwart. Architektonisch steht das DAM als Symbol für sein Thema, ist das größte Exponat in der<br />

eigenen Sammlung: Der Kölner Architekt Oswald Mathias Ungers hat das Museum als Haus-im-Haus konzipiert, realisiert in<br />

einer vollständig entkernten Gründerzeitvilla, umgeben von einer Glashalle. www.dam-online.de<br />

74 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />

VISIONEN 75


76<br />

Impressum/Kontakt<br />

Herausgeber<br />

<strong>Mainova</strong> <strong>AG</strong><br />

Solmsstraße 38<br />

60486 Frankfurt am Main<br />

Telefon 069 213-02<br />

Telefax 069 213-81122<br />

www.mainova.de<br />

Redaktion<br />

Kommunikation<br />

Heinz D. Becker<br />

Rita Wolf<br />

in Zusammenarbeit mit KOMMIT Medien GmbH,<br />

Hans C. Meister, Dr. Birgit Peters,<br />

Michael Brüggemann, Dr. Eva Caspers<br />

Ansprechpartner für Aktionäre<br />

Stefan Schlink<br />

Telefon 069 213-83021<br />

E-Mail: s.schlink@mainova.de<br />

Konzept und Produktion<br />

Trurnit Gruppe Frankfurt/Hamburg<br />

Art Direction<br />

Harald Burghardt<br />

Gestaltung und Satz<br />

Medienwerkstatt Nord GmbH<br />

www.trurnit.de<br />

Bildnachweise<br />

Paul Langrock/Zenit/laif, S. 2, 16, 20, 24<br />

Martin Leclaire, S. 7, 8/9, 46-51<br />

Tom Wolf, Altarfalz S. 10-13, S. 52-56<br />

Dieter Leistner/artur, S. 17<br />

Barbara Staubach/artur, S. 18, 21 unten rechts<br />

Tomas Riehle/artur, S. 21 oben<br />

Stephan Morgenstern/laif, S. 21 unten links<br />

Frank Melcher, S. 23, 25, 26, 27, 28<br />

Klaus Meyer-Ude/Institut für<br />

Stadtgeschichte, Frankfurt, S. 31<br />

KSP Engel und Zimmermann Architekten, S. 32, 35<br />

Achim Reissner, Hofheim, S. 33-37<br />

ABG Frankfurt GmbH, S. 41, 44, 45<br />

Deutsche Lufthansa <strong>AG</strong>, S. 56, 57<br />

LSG Sky Chefs, S. 58<br />

Neumann + Partner Architekten Ingenieure,<br />

Frankfurt, S. 59, 60<br />

Pohl Architekten Stadtplaner,<br />

Jena/feat.fotodesign, S. 62, 63, <strong>65</strong>, 66<br />

Kreditanstalt für Wiederaufbau, Frankfurt, S. <strong>65</strong><br />

Atelier Goldstein, Frankfurt, S. 70-75<br />

Druck<br />

Druckerei Hassmüller Grafische Betriebe, Frankfurt<br />

MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!