Mainova Magazin 2008 (pdf | 5,65 MB) - Mainova AG
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<strong>Mainova</strong>magazin 08<br />
<strong>Mainova</strong>magazin 08<br />
Porträts – Interviews – Geschichten
<strong>Mainova</strong>magazin <strong>2008</strong><br />
Porträts – Interviews – Geschichten
Energie und Architektur: Nirgendwo in Europa ist die Symbiose augenfälliger als<br />
in Frankfurt am Main. Frankfurt setzt Trends für energieeffiziente Hochhäuser,<br />
ist Passivhaus-Hauptstadt Europas und bietet vieles mehr.<br />
04 VORSTÄNDE IM GESPRÄCH<br />
10 ENERGIE UND ARCHITEKTUR<br />
14 PROLOG: ZUKUNFT IST URBAN<br />
22 JOCHEM JOURDAN ZUR STADTPLANUNG<br />
29 GRÜNER WOLKENKRATZER<br />
30 REVITALISIERUNG: GARDEN TOWER<br />
38 HOCHHAUSBETREIBER IM DIALOG<br />
40 PASSIVBAUWEISE: QUADRATUR DES KREISES<br />
46 DAS PASSIVHAUS VOM NIKOLAUS<br />
52 A380-HALLE: DER RIESENHANGAR<br />
58 NEUBAU LSG SKY CHEFS<br />
62 BIONIK: DIE NATUR STEHT MODELL<br />
70 VISIONEN AUS PAPPE<br />
02 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
INHALT 03
Wachsende Region<br />
„Als weiteres<br />
Wachstumsfeld<br />
sehen wir<br />
innovative<br />
Technologiekooperationen<br />
mit unseren<br />
Kunden ...<br />
besonders auf<br />
dem Gebiet<br />
dezentraler und<br />
ökologischer<br />
Energieerzeugung.“<br />
Dr. Constantin Alsheimer<br />
Wo sieht <strong>Mainova</strong> in<br />
Zeiten des Energiesparens<br />
und der Energieeffizienz<br />
Wachstumspotenziale?<br />
Wie bereitet sich <strong>Mainova</strong><br />
auf die künftigen Herausforderungen<br />
einer wachsenden<br />
Stadt vor? Und<br />
wie steht es um die Versorgungssicherheit<br />
in<br />
der Rhein-Main-Region?<br />
Die Vorstände der <strong>Mainova</strong><br />
im Gespräch.<br />
Der Wettbewerb um Stromund<br />
Erdgaskunden gewinnt<br />
an Schärfe, insbesondere<br />
im Rhein-Main-Gebiet. Ist<br />
<strong>Mainova</strong> gewappnet?<br />
Dr. Constantin Alsheimer:<br />
Aufgrund unserer vorausschauenden<br />
Preis- und<br />
Produktstrategie sind wir<br />
bestens vorbereitet. Zum<br />
Beispiel mit unseren Produkten<br />
Strom Direkt und<br />
Erdgas Direkt, sogenannten<br />
Online-Angeboten für sehr<br />
preisbewusste Kunden, mit<br />
denen wir dem verstärkten<br />
Wettbewerb aus dem Internet<br />
begegnen. Auch für die<br />
immer häufigere Nachfrage<br />
nach Ökostromprodukten<br />
bieten wir inzwischen zwei<br />
Produkte an. Einmal das<br />
schon seit Jahren angebotene<br />
Naturstromprodukt<br />
ÖKaWe, mit dem sich der<br />
Kunde zugleich für den Ausbau<br />
regenerativer Stromerzeugung<br />
engagiert. Zum<br />
Zweiten jetzt mit novanatur<br />
komplett CO2-frei erzeugten<br />
Strom aus der Region zu<br />
einem sehr attraktiven Preis<br />
für preisbewusste Privatund<br />
Gewerbekunden, die<br />
ökologische Verantwortung<br />
praktizieren wollen. Aber<br />
Wettbewerb entscheidet<br />
sich nicht nur am Preis, sondern<br />
ebenso an der Servicequalität.<br />
Und da bestätigen<br />
uns alle unabhängigen Verbraucherportale<br />
einen hervorragenden<br />
Kundenservice<br />
mit Spitzenwerten. Welchen<br />
Stellenwert wir höchsten<br />
Servicestandards beimessen,<br />
sieht man schon daran, dass<br />
wir mit unserer Tochter<br />
<strong>Mainova</strong> Service Dienste<br />
(MSD) der erste Energieversorger<br />
in Deutschland sind,<br />
der sowohl nach DIN EN<br />
ISO 9001:200 zertifiziert ist<br />
als auch nach den Qualitätsstandards<br />
Quality Communication<br />
Center (QMCC).<br />
<strong>Mainova</strong> ist ein starker Wettbewerber!<br />
Vermehrte Anstrengungen<br />
zum Energiesparen und zur<br />
Erhöhung der Energieeffizienz<br />
machen den Markt für<br />
Energie enger. Wo sehen Sie<br />
Wachstumspotenziale?<br />
Dr. Constantin Alsheimer:<br />
Es ist zwar richtig, dass der<br />
Wärmemarkt insgesamt<br />
schrumpft. Gleichzeitig wird<br />
aber in einer so dynamischen<br />
Wachstumsregion wie<br />
dem Rhein-Main-Gebiet<br />
trotz aller Anstrengungen<br />
zum Energiesparen, die wir<br />
ausdrücklich unterstützen,<br />
der Stromabsatz auch weiterhin<br />
leicht zulegen. Aber<br />
viel wichtiger: Schon lange<br />
ist unser Vertriebsgebiet<br />
nicht mehr auf unser Netzgebiet<br />
beschränkt. Eine steigende<br />
Zahl von Geschäftskunden<br />
beliefern wir im<br />
gesamten Bundesgebiet mit<br />
Strom und auch für Privatkunden<br />
bieten wir beispielsweise<br />
unser neues Naturstromprodukt<br />
novanatur im<br />
erweiterten Rhein-Main-<br />
Gebiet an. Im Wachstum<br />
außerhalb unseres angestammten<br />
Netzgebietes<br />
sehen wir weiterhin ein<br />
großes Potenzial, und zwar<br />
bei Privat-, Gewerbe- und<br />
Industriekunden jeweils<br />
sowohl bei Strom als auch<br />
bei Gas. Als weiteres Wachstumsfeld<br />
sehen wir innovativeTechnologiekooperationen<br />
mit unse ren Kunden.<br />
Nehmen wir nur die gemeinsamen<br />
Projekte unserer<br />
Tochter <strong>Mainova</strong> Energiedienste<br />
mit der städtischen<br />
Wohnungsbaugesellschaft<br />
ABG. Hier haben wir kürzlich<br />
die erste CO2-neut rale<br />
Heizanlage realisiert, die mit<br />
Energiegetreide befeuert<br />
wird – und das für einen<br />
Passivhaus komplex. Das ist<br />
für mich ein hervorragendes<br />
Beispiel dafür, dass wir<br />
mit unserer langjährigen<br />
technologischen Kompetenz<br />
gerade auch auf dem<br />
Gebiet dezentraler und ökologischer<br />
Energieerzeugung<br />
viel für unsere Kunden bieten<br />
können.<br />
Die Erschließung neuer<br />
Absatzgebiete und -kanäle<br />
kann wirtschaftlich nur<br />
erfolgreich sein, wenn auch<br />
die internen Prozesse effizient<br />
organisiert sind. Kann<br />
die interne Entwicklung mit<br />
den externen Anforderungen<br />
Schritt halten?<br />
Lothar Herbst: Wir müssen<br />
mit der Ablauf- und IT-<br />
Organisation sogar immer<br />
einen Schritt voraus sein.<br />
Denn nur weil wir in der<br />
Lage sind, alle mit dem<br />
Wettbewerb einhergehenden<br />
Prozesse beim Lieferantenwechsel<br />
für den Kunden<br />
möglichst einfach und<br />
bequem und für uns möglichst<br />
kostengünstig abzuwickeln,<br />
werden wir langfristig<br />
konkurrenzfähig sein. Bei<br />
diesen Massenprozessen<br />
haben wir mit unserer IT<br />
einen hohen Automatisierungsgrad<br />
erreicht, die<br />
Schnittstellen und Prozessabläufe<br />
so optimiert, dass<br />
wir auch kurzfristig auf<br />
Marktentwicklungen reagieren<br />
können. Es war auch ein<br />
Ausweis unserer IT-Leistungsfähigkeit,<br />
dass wir als erster<br />
regionaler Energieversorger<br />
mit „<strong>Mainova</strong> novagas“ in<br />
einem fremden Netzgebiet<br />
Gas angeboten haben. Zu<br />
diesem Zeitpunkt hielt es die<br />
Branche noch nicht für möglich,<br />
die damit einhergehen-<br />
den Prozesse beherrschen<br />
zu können. Wir haben das<br />
Gegen teil bewiesen.<br />
Neben verschärftem Wettbewerb<br />
bringen neue politische<br />
Rahmenbedingungen und<br />
steigender Kostendruck in<br />
den kommenden Jahren<br />
neue He rausforderungen mit<br />
sich. Ist <strong>Mainova</strong> auch personell<br />
darauf vorbereitet?<br />
Lothar Herbst: Diese Herausforderungen<br />
sind für uns<br />
ja nicht ganz neu. Mit der<br />
Öffnung der Märkte, der<br />
Trennung von Netz und<br />
Vertrieb sowie der stärkeren<br />
Vertriebsorientierung haben<br />
wir bereits im Unternehmen<br />
einen Kulturwandel hin zur<br />
konsequenten Kundenorientierung<br />
vollzogen, den uns<br />
vorher kaum jemand zugetraut<br />
hätte. Wir haben den<br />
bisherigen schon recht<br />
radika len Wandel nur deshalb<br />
so erfolgreich bestehen<br />
können, weil unsere Mann-<br />
04 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
VORSTÄNDE IM GESPRÄCH 05
„Nur weil wir in<br />
der Lage sind,<br />
alle mit dem<br />
Wettbewerb<br />
einhergehenden<br />
Prozesse beim<br />
Lieferantenwechsel<br />
für den<br />
Kunden möglichst<br />
einfach<br />
und bequem<br />
und für uns<br />
möglichst kostengünstigabzuwickeln,<br />
sind wir<br />
langfristig konkurrenzfähig.“<br />
Lothar Herbst<br />
schaft große Motivation,<br />
Flexibilität und Kompetenz<br />
bewiesen hat. Weitere<br />
Anstrengungen sind erforderlich,<br />
weil die Anforderungen<br />
an die Qualifikation<br />
jedes Einzelnen weiter steigen<br />
werden. Wir forcieren<br />
deshalb auf allen Ebenen<br />
unsere Anstrengungen zur<br />
Erst- und Weiterqualifikation<br />
unserer Mitarbeiter. Denn<br />
auch wir werden auf Dauer<br />
unseren Fachkräfte bedarf<br />
nur durch eine strategisch<br />
orientierte, fundierte Fortund<br />
Weiterbildung decken<br />
können.<br />
Der Chef der Bundesnetzagentur,<br />
Matthias Kurth,<br />
befürchtet, dass die bisher<br />
sichere Stromversorgung in<br />
Deutschland auf lange Sicht<br />
nicht mehr gewährleistet ist.<br />
Wie sehen Sie die Lage für<br />
Frankfurt?<br />
Joachim Zientek: Auch wir<br />
können die anstehenden<br />
Kürzungen der Entgelte für<br />
die Nutzung unserer Netze,<br />
die von der Bundesnetzagentur<br />
stufenweise verschärft<br />
werden, nicht einfach<br />
wegstecken. Aber wir<br />
haben uns rechtzeitig durch<br />
Koope rationen und Verschlankung<br />
der Prozesse<br />
darauf eingestellt. Außerdem<br />
haben unsere Netze<br />
aufgrund langjähriger konti-<br />
nuierlicher Investitionen<br />
eine sehr hohe Qualität,<br />
wie an kaum einem anderen<br />
Standort in Deutschland.<br />
Das muss auch so sein und<br />
wird auch so bleiben.<br />
Schließlich versorgen wir<br />
mit dem Bank- und Börsenplatz,<br />
dem größten Internetknoten<br />
Deutschlands<br />
und dem Flughafen zentrale<br />
Lebens adern der deutschen<br />
Wirtschaft. Außerdem sind<br />
wir in Frankfurt in der<br />
hervor ragenden Situation,<br />
gleich an zwei der vier<br />
großen deutschen Übertragungsnetze<br />
angebunden zu<br />
sein. Zusammen mit<br />
unseren Kraftwerken schafft<br />
das ein hohes Maß an Versorgungssicherheit<br />
am<br />
Standort Frankfurt.<br />
Welche Rolle spielen die<br />
Kraftwerke für die Versorgungssicherheit<br />
am Standort<br />
und die Wettbewerbsfähigkeit<br />
von <strong>Mainova</strong>?<br />
Joachim Zientek: Für beides<br />
spielen sie eine ganz wesentliche<br />
Rolle. Unsere ortsnahe<br />
Erzeugung erlaubt es uns, in<br />
kritischen Situationen kurzfristig<br />
Lieferengpässe durch<br />
Hochfahren unserer Kraftwerke<br />
zu kompensieren. Das<br />
haben wir anlässlich des<br />
Jahrtausendwechsels erfolgreich<br />
geprobt. Außerdem<br />
modernisieren wir ständig<br />
unsere Kraftwerke, um sie<br />
effizienter und ökologischer<br />
zu machen. Dafür steht<br />
nicht nur unser Biomassekraftwerk<br />
in Fechenheim,<br />
sondern auch das Müllheizkraftwerk<br />
Nordwest, das mit<br />
seiner Technik ökologisch<br />
und ökonomisch Maßstäbe<br />
setzt. Wir haben uns zum<br />
Ziel gesetzt, den Anteil der<br />
Eigen erzeugung beim Strom<br />
von jetzt ungefähr 40 Prozent<br />
auf 70 Prozent zu steigern,<br />
um unseren Handlungsspielraum<br />
bei der<br />
Energiebeschaffung erhöhen<br />
und zugleich die Energiebörse<br />
als europäische<br />
Absatzdrehscheibe im Rahmen<br />
unserer Möglichkeiten<br />
besser nutzen zu können.<br />
Deshalb haben wir uns auch<br />
an Europas effektivstem<br />
Gas- und Dampfturbinenkraftwerk<br />
beteiligt, das 2011<br />
im bayerischen Irsching ans<br />
Netz gehen wird. Beim Gas,<br />
wo wir nicht auf Eigenerzeugung<br />
setzen können,<br />
stärken wir unsere Marktposition<br />
durch Beschaffungspartnerschaften.<br />
Beides<br />
trägt dazu bei, die Wettbewerbsfähigkeit<br />
von <strong>Mainova</strong><br />
als großem regionalem<br />
Energiedienstleister zu stärken.<br />
Wir sind auf einem<br />
guten Weg.<br />
„Unsere Netze<br />
haben aufgrund<br />
langjähriger<br />
kontinuierlicher<br />
Investitionen<br />
einen sehr<br />
hohen Qualitätsstandard.<br />
Zudem sind wir<br />
in Frankfurt in<br />
der hervorragendenSituation,<br />
gleich an<br />
zwei der vier<br />
großen Übertragungsnetze<br />
angebunden zu<br />
sein. Das schafft<br />
ein hohes Maß<br />
an Versorgungssicherheit.“<br />
Joachim Zientek<br />
Dr. Constantin Alsheimer<br />
Bankkaufmann, Studium der<br />
Rechtswissenschaften. Begann<br />
seine berufliche Tätigkeit als<br />
Jurist im Geschäftsbereich<br />
Structured Finance bei einer<br />
Investmentbank in Frankfurt<br />
am Main. Als Leiter des Büros<br />
des Stadtkämmerers der Stadt<br />
Frankfurt am Main war er zeitweise<br />
Vorsitzender des Aufsichtsrates<br />
und der Gesellschafterversammlung<br />
der<br />
DSM Deutsche Städte-Medien<br />
GmbH. Bis Mitte 2006 Geschäftsführer<br />
der AVA AbfallverbrennungsanlageNordweststadt<br />
GmbH. Seit Januar<br />
2006 Mitglied des Vorstands<br />
der <strong>Mainova</strong> <strong>AG</strong>.<br />
Bereiche: Unternehmensentwicklung,<br />
Finanzen und Rechnungswesen,<br />
Marketing und<br />
Kommunikation, Unternehmenskommunikation,Vertrieb<br />
sowie Cont rolling und<br />
Unternehmens steuerung.<br />
Lothar Herbst<br />
Studium der Soziologie. Bis<br />
2005 Geschäftsführer der<br />
Bezirksverwaltung der VereintenDienstleistungsgewerkschaft<br />
(ver.di), Frankfurt am<br />
Main. Seit September 1999<br />
Mitglied im Aufsichtsrat. Seit<br />
Januar 2006 Mitglied des Vorstandes<br />
der <strong>Mainova</strong> <strong>AG</strong> als<br />
Arbeitsdirektor.<br />
Bereiche: Personal, Interne<br />
Dienste und Immobilienmanagement,<br />
Sicherheit und<br />
Umweltschutz, Arbeits me dizinischer<br />
Dienst, Angelegenheiten<br />
des Betriebsrates, Informatik<br />
sowie Zentraleinkauf.<br />
Joachim Zientek<br />
Studium der Physik. Seit 1977<br />
im Unternehmen tätig. 1985<br />
wurde er stellvertretender Leiter<br />
der Hauptabteilung Lastverteilung/Anlagentechnik.<br />
1991 wechselte er zur Erdgas<br />
Südbayern GmbH nach München.<br />
Dort übernahm er als<br />
Assistent des technischen Ge -<br />
schäftsführers Stabsauf gaben.<br />
Seit Januar 1993 Mitglied des<br />
Vorstandes der <strong>Mainova</strong> <strong>AG</strong>.<br />
Bereiche: Asset Netze und<br />
Regulierungsmanagement, Erzeu<br />
gung/Asset Heizkraftwer ke,<br />
Energiebezug und -handel,<br />
Be teiligungsmanagement<br />
und -controlling.<br />
06 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
VORSTÄNDE IM GESPRÄCH 07
Pläne für eine<br />
Wachstumsregion<br />
Die Architektur unserer Städte unterliegt<br />
einem grundlegenden Wandel. In der<br />
Ästhetik eines zunehmend verdichteten<br />
urbanen Raums sollen sich Werte unserer<br />
Zeit wie Transparenz, Offenheit und<br />
kosmo politische Vielfalt widerspiegeln.<br />
Zugleich ist ökologisches und energiesparendes<br />
Bauen das Gebot der Stunde.<br />
08 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
VORSTÄNDE IM GESPRÄCH 09
Energie und<br />
Architektur<br />
Wirtschaftlich prosperierende Metropolen<br />
sind dynamische Gebilde und haben<br />
auch im Zeitalter des demografi schen<br />
Wandels Sogwirkung. Inspirierende<br />
Architektur und neue Technologien sind<br />
treibende Kräfte in der Urbanisierung.<br />
Die Strahlkraft der Frankfurter Skyline ist<br />
Symbol für die Energie dieser Stadt.<br />
10-11 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
ENERGIE UND ARCHITEKTUR 12-13
Die Zukunft ist urban<br />
Als internationales Finanz- und Messezentrum strebt Frankfurt hoch hinaus – das lässt sich an<br />
der imponierenden Skyline ablesen. Prestigeträchtige architektonische Glanzpunkte machen<br />
die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts sichtbar. Durch vielfältige Initiativen im Büro-, Wohnungs-<br />
und Städtebau gewinnt die Mainmetropole zunehmend an Lebensqualität. Die Entwicklung<br />
der Konzepte einer nachhaltigen Energieversorgung spielt dabei eine wichtige Rolle.<br />
I<br />
m achten Jahr des<br />
neuen Jahrtausends steht<br />
die Menschheit vor einer<br />
historischen Wende: Mit<br />
3,3 Milliarden Menschen<br />
lebt zum ersten Mal mehr<br />
als die Hälfte der Weltbevölkerung<br />
in Städten. Diese<br />
Mitteilung des Bevölkerungsfonds<br />
der Vereinten<br />
Nationen (UNFPA) hat in<br />
den Medien große Beachtung<br />
gefunden. Journalisten<br />
berichten mit einer<br />
Mischung aus Faszination<br />
und Furcht über die rasante<br />
Entwicklung der globalen<br />
Urbanisierung. Sogenannte<br />
Megacitys beflügeln die<br />
Fantasie von Stadtplanern,<br />
Wissenschaftlern und Künstlern.<br />
In nur zwei Jahrzehnten<br />
werden bereits zwei<br />
Drittel der Weltbevölkerung<br />
in städtischen Gebieten<br />
leben. Schon heute haben<br />
400 Städte über eine Million<br />
Einwohner; 2015 wird<br />
es voraussichtlich über<br />
20 Städte mit mehr als<br />
10 Millionen Einwohnern<br />
geben. Angesichts des chaotischen<br />
Wachstums urbaner<br />
Ballungsräume in Asien,<br />
Afrika und Südamerika<br />
wächst die Sorge, dass die<br />
Entwicklung innovativer<br />
Konzepte für Infrastrukturbereiche<br />
wie Verkehr, Wasser-<br />
und Energieversorgung,<br />
Kanalisation und<br />
Abfallbeseitigung nicht<br />
Schritt halten und einer<br />
zunehmenden Verslumung<br />
kaum Einhalt geboten werden<br />
kann. Hoffnungen<br />
knüpfen sich an neue, vollständig<br />
geplante Stadtanlagen,<br />
wie sie – unter ästhetischen<br />
und ökologischen<br />
Gesichtspunkten „aus<br />
einem Guss“ entworfen –<br />
zurzeit in Asien und auf der<br />
Arabischen Halbinsel aus<br />
dem Boden wachsen.<br />
Hat das Modell der europäischen<br />
Stadt seine Vorbildfunktion<br />
im 21. Jahrhundert<br />
eingebüßt? Sicherlich lassen<br />
sich ihre über Jahrhunderte<br />
entwickelten urbanen Strukturen,<br />
in denen Unterschiedliches<br />
und Ungleichzeitiges<br />
spannungsvoll zur<br />
Geltung kommen, nicht in<br />
globalem Maßstab übertragen.<br />
Gleichwohl betonen<br />
renommierte Planungsfachleute<br />
wie etwa der international<br />
gefragte Architekt<br />
Albert Speer nachdrücklich,<br />
wie sehr sie die europäische<br />
Stadt mit ihrer spezifischen<br />
Lebensqualität als Entfaltungsraum<br />
einer modernen<br />
Zivilgesellschaft schätzen<br />
und als Inspirationsquelle<br />
für ihre Arbeit nutzen.<br />
Zurück in die Stadt<br />
Erst seit wenigen Jahren<br />
spricht man in Deutschland<br />
von einer „Renaissance der<br />
Stadt“. Und widerruft damit<br />
die pessimistischen Progno-<br />
14 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
PROLOG 15
Erholung und Kommunikation im öffentlichen Raum, auch<br />
und gerade unter freiem Himmel, ist vielen Städtern ein<br />
wichtiges Bedürfnis. Bevorzugter Treffpunkt in Frankfurt:<br />
das südliche Mainufer.<br />
„Die Menschen müssen intelligenter mit ihren Städten umgehen.<br />
Ressourcen sparen, genau überlegen, welche Flächen überhaupt<br />
und dann wie bebaut werden, die Stadt der kurzen Wege verwirklichen.“<br />
Albert Speer<br />
sen, die die Diskussion über<br />
Stadtentwicklungskonzepte<br />
in den Achziger- und<br />
Neunzigerjahren bestimmten:<br />
Als Wohnstandort sei<br />
die moderne Großstadt, so<br />
lautete eine viel zitierte<br />
These damals, ein Auslaufmodell.<br />
Die Schlagworte<br />
„Ver ödung“ und „Schrumpfung“<br />
machten die Runde:<br />
In einer postindustriellen<br />
Gesellschaft sei der Trend<br />
zur Suburbanisierung<br />
unumkehrbar, denn das<br />
preiswerte Wohnen im<br />
ruhigen, grünen Vorort entspreche<br />
nun einmal am<br />
besten den Sehnsüchten<br />
breiter Bevölkerungsschichten<br />
nach einer Sphäre der<br />
Erholung von den Anstrengungen<br />
des beruflichen Alltags.<br />
Und in der global<br />
vernetzten Dienstleistungsund<br />
Wissensgesellschaft<br />
der Zukunft verliere die<br />
tradierte Funktion der Stadt<br />
als Zentrum der Kommunikation<br />
ohnehin an Bedeutung.<br />
Neuerdings beurteilen<br />
Experten die Perspektiven<br />
der Städte jedoch wieder<br />
optimistischer: Unabweisbar<br />
ist die Feststellung, dass<br />
die Menschen in Deutschland<br />
– wie es die Münchner<br />
Stadtbaurätin Christiane<br />
Thalgott formuliert – „weniger,<br />
älter und bunter“ werden.<br />
Unübersehbar ist aber<br />
auch die Tatsache, dass die<br />
moderne Ausbildungs- und<br />
Arbeitswelt mit ihren hohen<br />
Anforderungen an die Flexibilität<br />
berufstätiger Menschen<br />
das Wohnen in der<br />
Peripherie weniger attraktiv<br />
erscheinen lässt. Mittlerweile<br />
entscheiden sich nicht<br />
nur Singles, kinderlose<br />
Paare und aktive Senioren,<br />
sondern zunehmend auch<br />
junge Familien für das<br />
Leben in der Stadt. In<br />
einem mit vielen Aufgaben<br />
ausgefüllten Alltag wird<br />
die Nähe und Vielfalt von<br />
öffentlichen Versorgungseinrichtungen,<br />
von Dienstleistungsangeboten<br />
und<br />
Geschäften, von gastronomischen<br />
Betrieben und<br />
Kulturinstitutionen als wichtiger<br />
Faktor der Lebens qualität<br />
immer stärker wahrgenommen.<br />
„Zukunft findet<br />
Stadt“ – zumindest dort,<br />
wo sich Politiker, Unternehmer,<br />
Investoren und Planungsexperten<br />
auf den<br />
wirtschaftlichen Strukturwandel<br />
und die demografi-<br />
sche Entwicklung als Herausforderung<br />
zum kreativen<br />
Umbau urbaner Strukturen<br />
einlassen. Eine erfolgreiche<br />
Politik zur Förderung des<br />
Wirtschaftsstandorts muss<br />
ergänzt werden durch die<br />
Ausweitung des Angebots<br />
an vielfältig nutzbarem<br />
Wohnraum für Menschen<br />
aller Einkommens- und<br />
Altersgruppen, durch Investitionen<br />
in eine moderne,<br />
nachhaltige Infrastruktur<br />
und durch Maßnahmen zur<br />
Gestaltung des öffentlichen<br />
Raums – der Straßen und<br />
Plätze – als einer von allen<br />
Mitgliedern der Stadtgesellschaft<br />
bespielbaren Bühne.<br />
Das freundliche Zusammenleben,<br />
die reale Begegnung<br />
und die tolerante Kommunikation<br />
von Menschen<br />
verschiedener Altersgruppen,<br />
sozialer Schichten und<br />
Nationalitäten sind soziale<br />
Grundbedürfnisse, von<br />
deren Befriedigung die<br />
Zukunftsfähigkeit der Stadt<br />
abhängt – auch und gerade<br />
in einer global vernetzten,<br />
mobilen und flexiblen Welt.<br />
Architektur und Energie<br />
Das Programm Stadtumbau<br />
und Stadterneuerung weist<br />
der Baukunst eine tragende<br />
Rolle zu. Zeitgenössische<br />
Architekten übernehmen<br />
mit ihren Eingriffen in das<br />
urbane Gefüge große Verantwortung.<br />
In Kooperation<br />
mit ihren öffentlichen und<br />
privaten Auftraggebern<br />
müssen überzeugende Antworten<br />
auf drängende Fragen<br />
gefunden werden:<br />
Welche Qualität müssen<br />
markante Neubauten<br />
haben, um von der Stadtgesellschaft<br />
als moderne,<br />
identitätsstiftende Wahrzeichen<br />
wahrgenommen<br />
zu werden? Wie kann sich<br />
spektakuläre Architektur als<br />
sensibler Bestandteil in den<br />
urbanen Kontext einfügen?<br />
Durch welche innovativen<br />
Umbau- und Gestaltungskonzepte<br />
lassen sich leer<br />
stehende Industriegebäude<br />
und brach gefallene<br />
Flächen einer neuen Nutzung<br />
zuführen? Welchen<br />
Umgang pflegt man mit<br />
dem historischen Erbe?<br />
Wie kann man die Lebensqualität<br />
in einzelnen Quartieren<br />
– zum Beispiel durch<br />
eine behutsame Modernisierung<br />
von Altbauten –<br />
verbessern? Durch welche<br />
Maßnahmen verhindert<br />
man negative Entwicklungen<br />
wie die Gettoisierung<br />
oder die Verdrängung<br />
bestimmter Bevölkerungsgruppen?<br />
Wo ist eine Verdichtung<br />
städtischer Bausubstanz<br />
angebracht und<br />
wo sollte man eher „entdichten“,<br />
um die Stadt<br />
luftiger und grüner zu<br />
machen? So unterschiedlich,<br />
wie sich die ökonomische<br />
und demografische<br />
Situation der Städte in<br />
Deutschland darstellt –<br />
16 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
PROLOG 17
Viele Städte entdecken zurzeit in ihrer Lage am Wasser<br />
ein neues Entwicklungspotenzial. Die Revitalisierung<br />
des Frankfurter Westhafens bietet unterschiedlichen<br />
Zielgruppen, darunter auch Senioren, reizvolle<br />
Optionen für das Wohnen am Fluss.<br />
schrumpfende Kommunen<br />
stehen neben boomenden<br />
Metropolregionen –, so vielfältig<br />
müssen die Lösungsansätze<br />
sein.<br />
Dabei gibt es allerdings verbindliche<br />
Anforderungen,<br />
denen das heutige Bauen in<br />
jedem Fall gerecht werden<br />
muss. Angesichts einer<br />
Zukunft, in der die natürlichen<br />
Ressourcen knapper<br />
werden, die Energiekos ten<br />
steigen und der Klimaschutz<br />
von höchster Dringlichkeit<br />
ist, müssen Architekten<br />
in ihre Arbeit –<br />
gleichgültig, ob es sich<br />
dabei um den Entwurf für<br />
einen extravaganten Wolkenkratzer<br />
oder für ein<br />
bescheidenes Einfamilienhaus<br />
handelt – nachhaltige<br />
Konzepte der sicheren,<br />
sparsamen und klimaschonenden<br />
Energieversorgung<br />
von vornherein einbeziehen.<br />
„Ohne intelligente<br />
Lösungen im Umgang mit<br />
Energie gibt es keinen ökonomischen<br />
Spielraum für<br />
Architektur“, weiß der<br />
renommierte Hamburger<br />
Architekt Hadi Teherani.<br />
Eine Erkenntnis, die heute<br />
von international gefragten<br />
Stararchitekten ganz selbstverständlich<br />
akzeptiert wird.<br />
Die Forderung nach Energieeffizienz<br />
und Reduktion<br />
der Treibhausgas-Emissionen<br />
darf sich natürlich<br />
nicht allein auf Neubauten<br />
beziehen. Denn das größte<br />
Einsparpotenzial in den<br />
Städten besteht bekanntlich<br />
in der Verbesserung der<br />
Dämmung sowie in der<br />
Modernisierung der Heizund<br />
Kühlanlagen älterer<br />
Büro- und Wohngebäude.<br />
Da Sanierungsmaßnahmen<br />
zugleich die Chance bieten,<br />
Gebäudenutzungskonzepte<br />
im Hinblick auf moderne<br />
Wohn- und Arbeitsbedürfnisse<br />
zu optimieren, ist<br />
auch in diesem Bereich<br />
häufig das gestalterische<br />
Know-how von Bauspezialisten<br />
gefragt.<br />
Frankfurt strebt hoch hinaus<br />
Die prosperierende, dynamische<br />
Metropole Frankfurt<br />
bietet Architekten ein<br />
spannendes Betätigungsfeld<br />
– auf hohem Anspruchsniveau.<br />
Zahlreiche namhafte<br />
Architekten, darunter<br />
internationale Stars wie<br />
Norman Foster, Helmut<br />
Jahn, Richard Meier und<br />
Richard Rogers haben prägnante<br />
Bauten geschaffen<br />
und dem Stadtbild auf<br />
diese Weise ihre Signatur<br />
verliehen.<br />
Unter den zahlreichen interessanten<br />
Bauaufgaben gibt<br />
es zweifellos eine Königsdisziplin.<br />
Denn wie keine<br />
andere Stadt in Deutschland<br />
bekennt sich Frankfurt<br />
– so die Oberbürgermeisterin<br />
Petra Roth – zu seiner<br />
modernen Hochhausarchitektur<br />
als „Ausdruck wirtschaftlicher<br />
Vitalität und<br />
Zukunftsorientierung“.<br />
Knapp 80 Türme recken<br />
sich schon heute in den<br />
Himmel; weitere sind in<br />
Planung oder befinden sich<br />
bereits im Bau. Ein Pulk von<br />
mehr als 20 Hochhäusern in<br />
der westlichen City dominiert<br />
Frankfurts markante<br />
Skyline. Für deren hohen<br />
Wiedererkennungswert sorgen<br />
imponierende Gebäude<br />
wie die mittlerweile als Klassiker<br />
eingestuften Zwillingstürme<br />
der Deutschen Bank<br />
mit ihren charakteristischen<br />
Spiegelglasfassaden, der in<br />
seiner postmodernen Zeichenhaftigkeitunübersehbare<br />
Messeturm, das elegante<br />
Kronenhaus und der<br />
„Ohne intelligente Lösungen im Umgang mit Energie gibt es<br />
keinen ökonomischen Spielraum für Architektur.“ Hadi Teherani<br />
mit 258 Metern alles überragendeCommerzbankturm.<br />
Sowohl bei der Modernisierung<br />
von Hochhäusern, die<br />
bereits ein wenig in die<br />
Jahre gekommen sind, als<br />
auch beim Bau neuer Büround<br />
Wohntürme müssen<br />
sich die engagierten Architekten<br />
an strengen Qualitätskriterien<br />
orientieren.<br />
Denn es geht dabei längst<br />
nicht mehr nur um die<br />
ästhetische Gestaltung und<br />
um die harmonische Einbindung<br />
in das städtische<br />
Umfeld, sondern immer<br />
auch um die Frage der<br />
Nachhaltigkeit. Vor dem<br />
Hintergrund der Diskussionen<br />
zum zeitgemäßen Klimaschutz<br />
steht der Hochhausbau<br />
heute weltweit<br />
unter einem besonderen<br />
Legitimationsdruck. Kritiker<br />
weisen auf den ungerechtfertigt<br />
hohen Energieverbrauch<br />
vieler Wolkenkratzer<br />
18 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
PROLOG 19
hin. Die Befürworter verteidigen<br />
den Bautyp des Hochhauses<br />
hingegen als wirksames<br />
Instrument einer<br />
wünschenswerten städtischen<br />
Verdichtung, die<br />
negativen Tendenzen der<br />
Urbanisierung wie Flächenfraß<br />
und Zersiedelung des<br />
Umlandes entgegenwirkt<br />
und so insgesamt zu einer<br />
günstigeren Energiebilanz<br />
führt.<br />
Architekten, die sich im<br />
Bereich des Frankfurter<br />
Hochhausbaus engagieren,<br />
sind sich bereits seit geraumer<br />
Zeit der Tatsache<br />
be wusst, dass sie – um den<br />
Erwartungen von Politik,<br />
Wirtschaft und Öffentlichkeit<br />
zu entsprechen – nicht<br />
nur in baukünstlerischer,<br />
sondern auch in ökologischer<br />
Hinsicht Vorbildliches<br />
leisten müssen. Bei<br />
der Energieversorgung von<br />
Neubauten lassen sich<br />
durch den Einsatz neuer<br />
Materialien zum effizienten<br />
Sonnenschutz und zur Wärmedämmung<br />
der Fassade<br />
sowie durch innovative<br />
Techniken zum Heizen und<br />
Kühlen – Solaranlage, Blockheizkraftwerk,Erdwärmetauscher<br />
und Baukernaktivierung<br />
– Gesamtkonzepte<br />
entwickeln, die zu beträchtlichen<br />
Einsparungen im<br />
Energieverbrauch und zur<br />
Reduktion des Ausstoßes<br />
klimaschädlicher Gase führen.<br />
Spektakuläre Wolkenkratzerprojekte<br />
wie der<br />
vom Wiener Architekturbüro<br />
Coop Himmelb(l)au<br />
entworfene Skytower der<br />
Europäischen Zentralbank<br />
könnten in dieser Hinsicht<br />
neue Maßstäbe setzen. Laut<br />
Ankündigung der Planer<br />
soll der 15-geschossige Neubau<br />
für die KfW Bankengruppe,<br />
den das Berliner<br />
Architekturbüro Sauerbruch<br />
& Hutton gestaltet, eines<br />
der ersten Bürohochhäuser<br />
sein, das für seinen Betrieb<br />
weniger als 100 Kilowattstunden<br />
Strom pro Quadratmeter<br />
im Jahr benötigt.<br />
Sanierungsmaßnahmen<br />
an älteren Hochhäusern<br />
kombinieren häufig die<br />
Erneuerung der technischen<br />
Anlagen mit baulichen Eingriffen,<br />
die der Anpassung<br />
der Innenraumgestaltung<br />
an heutige Nutzungskonzepte<br />
dienen. Vollklimatisierte<br />
Großraumbüros sind<br />
als Standardlösung längst<br />
überholt. Die moderne<br />
Arbeitswelt mit ihren flachen<br />
Hierarchien und flexiblen<br />
Teamstrukturen<br />
verlangt nach vielseitig<br />
nutzbaren, offenen Bürolandschaften<br />
mit separaten<br />
Projekt- und Tagungsräumen,<br />
in denen ein zugleich<br />
konzentriertes Und kommunikatives<br />
Arbeiten möglich<br />
ist.<br />
Allgemein lässt sich ein<br />
Trend zu kleineren, multifunktionalen<br />
Einheiten von<br />
hoher Qualität und zur<br />
Lowtech-Ausstattung beobachten.<br />
Die intelligente<br />
Nutzung von natürlichen<br />
Gegebenheiten – optimale<br />
Tageslichtausbeute, Einsatz<br />
thermischer Prozesse zur<br />
Kühlung von Räumen,<br />
Konditionierung des Raumklimas<br />
durch begrünte<br />
Wintergärten – und die<br />
Möglichkeit zur individuellen<br />
Steuerung von Lüftung,<br />
Verschattung und Beleuchtung<br />
führen zu einer merklichen<br />
Steigerung des Komforts<br />
am Arbeitsplatz und<br />
gleichzeitig zu einer deutlichen<br />
Senkung des Energieverbrauchs.<br />
Urbanes Wohnen<br />
Eine Stadt, in der die<br />
Bewohner gern arbeiten<br />
und leben, muss nicht nur<br />
Möglichkeiten zur Identifikation<br />
und Orientierung<br />
bieten, sondern auch<br />
Räume aufweisen, in denen<br />
sich das menschliche Bedürfnis<br />
nach Geborgenheit ausleben<br />
kann. Ebenso wichtig<br />
wie großartige Gebäude<br />
und historisch bedeutsame<br />
Baudenkmäler sind daher<br />
die kleinteiligen, multifunktionalen<br />
Strukturen in den<br />
einzelnen Quartieren. Großstadtflair<br />
und Kleinstadtidylle<br />
verleihen Frankfurts<br />
urbaner Atmosphäre ihren<br />
eigenen Reiz.<br />
Mit Blick auf die zentralen<br />
Aufgaben der Zukunftssicherung<br />
werden erhebliche<br />
Anstrengungen unternommen,<br />
um die Qualität und<br />
die Vielfalt des innerstädtischen<br />
Wohnungs angebots<br />
zu steigern. Aktuelle Maßnahmen<br />
richten sich unter<br />
anderem auf die behutsame<br />
Modernisierung preiswerter<br />
Altbauwohnun gen, wobei<br />
der Gesichtspunkt der Einsparung<br />
von Energiekosten<br />
Die künstlerische Inszenierung<br />
von Hochhäusern, hier eine<br />
Lichtinstallation am Frankfurter<br />
Investment Banking Center, liegt<br />
im Trend.<br />
Zu den Ausdrucksqualitäten moderner Firmenarchitektur wie hier im<br />
Foyer der Frankfurter Nike-Zentrale gehören Klarheit und Transparenz.<br />
eine zentrale Rolle spielt.<br />
Ein Beispiel hierfür sind die<br />
Hellerhof-Siedlung und die<br />
Friedrich-Ebert-Siedlung im<br />
multikulturellen Stadtteil<br />
Gallus. Deren Sanierung<br />
wird sowohl jüngeren als<br />
auch älteren Mietern mit<br />
geringem Einkommen<br />
zugute kommen. Auch für<br />
exklusive Ansprüche enthalten<br />
die aktuellen Planungen<br />
interessante Optionen. So<br />
soll durch Neubauten und<br />
durch den Umbau älterer<br />
Bürotürme das citynahe<br />
Wohnen im Hochhaus<br />
gefördert werden. Vorbild<br />
sind dabei die bereits heute<br />
zum Teil bewohnten Türme<br />
Skylight und Eurotheum.<br />
Eine weitere Option ist<br />
das Konzept „Wohnen am<br />
Fluss“: Attraktive Appartementhäuser<br />
auf dem<br />
Gelände ehemaliger Hafenanlagen<br />
bieten ihren Bewohnern<br />
einen ganz außergewöhnlichen<br />
Luxus: die<br />
unverstellte Aussicht auf<br />
den Main.<br />
Die architektonische Erschließung<br />
von leer stehenden<br />
Fabrikgebäuden und<br />
brach gefallenen Industrieflächen<br />
für neue Nutzungen,<br />
wie sie in Frankfurt<br />
unter anderem für die<br />
Adler-Werke im Gallus und<br />
für die Union-Brauerei an<br />
der Hanauer Landstraße<br />
erfolgreich entwickelt wurden,<br />
haben in den Plänen<br />
zur Neubelebung vernachlässigter<br />
Stadtteile eine<br />
wichtige Funktion. Menschen,<br />
die im Bereich der<br />
Informationstechnik und<br />
-kommunikation sowie in<br />
den sogenannten creative<br />
industries – Werbung,<br />
Design und Kunst – tätig<br />
sind, bewähren sich häufig<br />
als überzeugte Urbanisten,<br />
die der Stadtgesellschaft<br />
neue Impulse geben. Sie<br />
nehmen die interessanten<br />
Angebote zum Arbeiten<br />
und Wohnen an ungewöhnlichen<br />
Standorten bereitwillig<br />
an und bringen frischen<br />
Wind in die Viertel.<br />
Nahezu alle aktuellen Baumaßnahmen<br />
in der Stadt<br />
Frankfurt berücksichtigen<br />
Aspekte der Nachhaltigkeit.<br />
Bei der Planung neuer<br />
Wohnanlagen in Riedberg,<br />
am Rebstockpark und im<br />
Quartier Campo im Stadtteil<br />
Bornheim kommen<br />
diese gleich in mehrfacher<br />
Hinsicht zur Geltung. So<br />
entspricht die Nutzungsmischung<br />
von Wohnungen,<br />
Büros, Ladengeschäften,<br />
gastronomischen Betrieben<br />
und Versorgungseinrich-<br />
tungen dem Konzept der<br />
„kurzen Wege“: Zahlreiche<br />
Notwendigkeiten des Alltagslebens<br />
lassen sich einfach<br />
zu Fuß erledigen. Und<br />
die innovative Passivhaus-<br />
Architektur sorgt für größte<br />
Sparsamkeit im Energieverbrauch.<br />
Die Entwicklung von Frankfurts<br />
Stadtlandschaft folgt<br />
dem Ziel, die einzelnen<br />
Quartiere in all ihrer Vielfalt<br />
und Heterogenität als Orte<br />
des sozialen Lebens einer<br />
international durchmischten<br />
Stadtgesellschaft und ihrer<br />
einzelnen „communities“<br />
zu stärken. Die Gestaltung<br />
des öffentlichen Raums<br />
gemäß den Nutzungsbedürfnissen<br />
aufgeschlossener<br />
Bürger schließt den Ausbau<br />
großzügiger Plätze und<br />
Boulevards, angenehmer<br />
Spazier- und Fahrradwege<br />
sowie attraktiver Grünanlagen<br />
ein. Es steht der weltoffenen<br />
Mainmetropole gut<br />
zu Gesicht, dass im Bereich<br />
der Stadtplanung, der<br />
Architektur und der nachhaltigen<br />
Energieversorgung<br />
zurzeit viele Lösungen entwickelt<br />
werden, die – auch<br />
im globalen Maßstab – als<br />
vorbildlich gelten können.<br />
20 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
PROLOG 21
Der Stadtplaner<br />
und Architekt<br />
Jochem Jourdan<br />
über Frankfurts<br />
Skyline, das Image<br />
von Hochhäusern<br />
und warum er nichts<br />
von Klonen hält.<br />
>><br />
Herr Jourdan, wenn Sie an<br />
Frankfurt und seine Architektur<br />
denken, welches<br />
Bild haben Sie vor Augen?<br />
Mehrere. Das Besondere<br />
einer Stadt besteht aus vielen<br />
Elementen. Trotzdem<br />
wird Frankfurt heute in erster<br />
Linie durch seine Skyline<br />
repräsentiert. Es ist die einzige<br />
Stadt in Europa, in der<br />
die Skyline als Markenzeichen,<br />
als neues Image entstanden<br />
ist. So wie früher<br />
die mittelalterlichen Kirchtürme<br />
oder Stadttore das<br />
Bild Frankfurts prägten, sind<br />
es heute die Hochhäuser.<br />
Auch das Museumsufer ist<br />
einmalig. An den Tausenden<br />
von Spaziergängern am<br />
Wochenende sieht man:<br />
Hier ist, neben dem Römerberg,<br />
die gute Stube Frankfurts,<br />
vergleichbar mit der<br />
Museumsinsel in Berlin oder<br />
dem Louvre in Paris. Zudem<br />
hat Frankfurt einen der<br />
schönsten Hauptbahnhöfe<br />
in Europa: ein Ort der Kommunikation,<br />
des Austausches,<br />
ein Tor zur Stadt, zu<br />
Europa und zur Welt.<br />
Die Skyline ist<br />
unser Marken-<br />
Haben Sie einen Lieblingsort<br />
in Frankfurt?<br />
Der wechselt je nach<br />
Gemütslage. Am liebsten<br />
bin ich mittendrin: am<br />
Museumsufer, im Hauptbahnhof<br />
oder auf dem<br />
Domplatz.<br />
zeichen<br />
Seit knapp drei Jahrzehnten<br />
begleiten Sie<br />
zusammen mit Bernhard<br />
Müller und Ihrem Büro,<br />
der Projektgruppe Architektur<br />
und Städtebau PAS,<br />
Frankfurts Stadtentwicklung.<br />
Worin sehen Sie<br />
Ihren wichtigsten Beitrag?<br />
Ob die Landeszentralbank<br />
im Bahnhofsviertel, das Haus<br />
am Dom, die Adlerwerke,<br />
das Städtische Kunstinstitut<br />
oder die Gerbermühle: Uns<br />
geht es um das Weiterbauen,<br />
das Weiterdenken,<br />
ohne das Alte zu vergessen.<br />
Wir sehen das Vergangene<br />
als Anregung, um darauf<br />
Neues aufzubauen.<br />
1998 haben Sie erstmals in<br />
der Geschichte der Stadt<br />
eine Studie zur Hochhaus-<br />
entwicklung erarbeitet.<br />
Was war Ihre wichtigste<br />
Erkenntnis?<br />
Die Studie hat gezeigt, wie<br />
bedeutend die Hochhäuser<br />
für Frankfurt sind. Es gibt<br />
ja Generationen von Hochhäusern<br />
in der Stadt: Das<br />
beginnt beim Expressionismus<br />
der Zwanzigerjahre,<br />
mit Planern wie Elsässer,<br />
Voggenhuber oder Taut,<br />
wo Hochhäuser noch neun<br />
oder elf Geschosse hatten,<br />
und setzt sich bis heute fort.<br />
Jedes Jahrzehnt hat seine<br />
eigene Vorstellung von<br />
Hochhäusern hinzugefügt.<br />
Lange stießen die Hochhäuser<br />
unter den Bürgern<br />
auf wenig Akzeptanz. Erst<br />
Anfang der Neunzigerjahre<br />
– mit dem Bau des<br />
Messeturms und dem<br />
„Kronenhochhaus“ – verbesserte<br />
sich ihr Image.<br />
Wodurch?<br />
Die Hochhäuser wurden<br />
immer vielfältiger. Dazu trugen<br />
auch die Architekten<br />
bei, die aus den Vereinigten<br />
Staaten oder aus England<br />
>><br />
22 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
STADTPLANUNG 23
kamen. Dieser Gestaltungsreichtum<br />
der einzelnen<br />
Hochhausepochen steht für<br />
die Vielfalt der Stadt, nur<br />
dadurch wird eine Silhouette<br />
lebendig.<br />
Wie beurteilen Sie das<br />
Image von Frankfurts<br />
Hochhäusern heute?<br />
Die Hochhäuser gehören<br />
heute fest zum Verständnis<br />
der Stadt. Denken Sie nur<br />
an das Hochhausfestival: Alle<br />
zwei Jahre kommen Tausende<br />
Menschen von nah<br />
und fern, um die Hochhäuser<br />
der Stadt zu feiern. Wo<br />
gibt es das schon? Oder der<br />
Hochhaus-Award, den die<br />
Stadt Frankfurt gemeinsam<br />
mit dem Architekturmuseum<br />
und der Deka Bank vergibt:<br />
Im vergangenen Jahr wurde<br />
der Stararchitekt Jean Nouvel<br />
ausgezeichnet. Einige<br />
Hochhäuser der Skyline<br />
planten Pritzker-Preisträger<br />
wie Richard Rogers oder Sir<br />
Norman Foster. Dass Frankfurt<br />
überhaupt einen Hochhaus-Award<br />
vergibt, zeigt,<br />
welche Bedeutung die Stadt<br />
den Hochhäusern beimisst.<br />
Droht Frankfurt nicht<br />
trotzdem ins Hintertreffen<br />
zu geraten, wenn man den<br />
Bauboom in internationalen<br />
Metropolen wie London<br />
oder Moskau sieht?<br />
Ich denke nicht. Frankfurt<br />
ist im Vergleich zu London<br />
oder Moskau eine kleine<br />
Stadt. Als „kleine Weltmetropole“<br />
leistet es viel.<br />
Mit dem geplanten Neubau<br />
der Europäischen Zentralbank<br />
entsteht zum Beispiel<br />
ein ganz neuer, avantgardistischer<br />
Beitrag zum Hochhausbau.<br />
Andere Metropolen treiben<br />
den Trend zum Megahochhaus<br />
– immer höher,<br />
immer größer, immer<br />
mehr umbauter Raum –<br />
„Eines muss klar sein:<br />
Nur mit einer nachhaltigen<br />
Landschafts- und<br />
Stadtplanung haben<br />
die Menschen überhaupt<br />
eine Zukunft.“<br />
Jochem Jourdan<br />
voran. Muss nicht auch<br />
Frankfurt an diesem Wettbewerb<br />
teilnehmen?<br />
In dem Hochhausentwicklungsplan<br />
von 1998 haben<br />
wir selbst einen Turm vorgeschlagen,<br />
der 360 Meter<br />
misst. Er wurde bisher nicht<br />
gebaut. Aber es ist immer<br />
nur eine Frage der Zeit,<br />
wann ein solcher Turm<br />
kommt. Trotzdem: Die<br />
Leben digkeit und Einmaligkeit<br />
der Skyline hängt nicht<br />
davon ab, ob hier mal eines<br />
der höchsten Hochhäuser<br />
der Welt steht.<br />
Sollte es eine Höchstgrenze<br />
geben?<br />
Nein, man sollte da keine<br />
Vorschrift machen. Eine<br />
Höchstgrenze entsteht automatisch:<br />
durch die Bedingungen<br />
der Umgebung.<br />
Etwa wenn ein Hochhaus im<br />
Sommer den öffentlichen<br />
Raum verschatten oder das<br />
Stadtklima beeinträchtigen<br />
würde. Als Planer muss man<br />
sehr genau darauf achten,<br />
in welchem Verhältnis das<br />
Gebäude zu seiner Umgebung<br />
steht.<br />
Was braucht ein Hochhaus,<br />
um städtebaulich<br />
integriert zu sein?<br />
Als Fußgänger sollte man<br />
nicht vor blinden Fensterscheiben<br />
stehen. Ganz wichtig<br />
sind deshalb die Sockelzonen.<br />
Sie dürfen sich nicht<br />
dem öffentlichen Raum entziehen,<br />
sondern müssen ihn<br />
bereichern. Der Maintower<br />
hat zum Beispiel im Erdgeschoss<br />
Restaurants und eine<br />
Arkade, die den Bürgersteig<br />
vergrößert. In der Turmspitze<br />
gibt es eine Aussichtsplattform<br />
für Besucher. Ein<br />
sehr gelungenes Hochhaus,<br />
das durch seine Maßstäblichkeit<br />
und seine Quadratund<br />
Kreisformen selbst<br />
etwas von der Idee der Stadt<br />
vermittelt. Oder der Main-<br />
24 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
STADTPLANUNG 25
„Die Hochhäuser gehören heute fest<br />
zum Verständnis der Stadt.“ Jochem Jourdan<br />
Jochem Jourdan & PAS<br />
Ideenwerkstatt: das Büro der Projektgruppe Architektur und Städtebau PAS.<br />
Seit fast drei Jahrzehnten begleitet der Stadtplaner und Architekt Jochem Jourdan maßgeblich die Stadtplanung in<br />
Frankfurt. 1937 in Gießen geboren, studierte er Anfang der Sechzigerjahre Architektur an der TU Darmstadt. 1970 gründete<br />
Jourdan gemeinsam mit Bernhard Müller die Projektgruppe Architektur und Städtebau PAS in Darmstadt, 1980 zog<br />
das Büro nach Frankfurt um. Mit behutsamen An-, und Umbauten, Sanierungen und Erweiterungen im historischen<br />
Bestand machte sich die PAS schnell einen Namen. In Frankfurt realisierte sie unter anderem die Landeszentralbank am<br />
Rand des Bahnhofsviertels, die Adlerwerke, das Städel Museum, die Gerbermühle und das Haus am Dom. Für <strong>Mainova</strong><br />
bauten die Architekten 1989 das Heizkraftwerk West mit seinen markanten rostroten Zwillingstürmen. Zu ihren bundesweit<br />
wichtigsten Bauten gehören zudem die documenta-Halle in Kassel, das Heizkraftwerk Berlin-Mitte, der Hauptsitz<br />
der Altana <strong>AG</strong> in Bad Homburg, das Renaissanceschloss Horst in Gelsenkirchen und das Bundesministerium für Bildung<br />
und Forschung in Berlin. In jüngster Zeit kamen Wohnbauprojekte in China hinzu, wie etwa „Spring’s Vitality“ in Bejing.<br />
Für die Stadt Frankfurt entwickelte das Büro umfassende städtebauliche Studien, unter anderem zum Hochhausentwicklungsplan,<br />
zur Bewerbung Frankfurts für die Olympischen Sommerspiele 2012 und zum Standort der Europäischen<br />
Zent ralbank. Jochem Jourdan war von 1980 bis 2003 Professor für Entwerfen, Bauerhaltung und Denkmalpflege an der<br />
Gesamthochschule Kassel. Weitere Infos unter www.mueller-jourdan.de<br />
tower, neben dem es einen<br />
Park und kleinere Nachbargebäude<br />
gibt.<br />
Welche Hochhäuser prägen<br />
die Skyline am meisten?<br />
Das Japan-Center, der Messeturm,<br />
selbst der Turm der<br />
Commerzbank, auch wenn<br />
er nicht so gebaut wurde,<br />
wie der Architekt Norman<br />
Foster das ursprünglich<br />
wollte. Auch ältere Gebäude<br />
gehören dazu, etwa der<br />
kleine Turm der Schweizer<br />
Nationalversicherung.<br />
Sie haben der Stadt vor<br />
kurzem eine Überarbeitung<br />
des Hochhausentwicklungsplans<br />
vorgelegt.<br />
Warum?<br />
Wenn Frankfurt jetzt keine<br />
Fortschreibung machen<br />
würde, hätte es nicht genügend<br />
Angebote für Interessenten<br />
und Investoren, um<br />
neue Hochhäuser zu bauen.<br />
Dann gäbe es nur zehn oder<br />
zwölf Standorte. Und das ist<br />
viel zu wenig. Allein seit<br />
1998 wurden 19 Hochhausstandorte<br />
umgesetzt, von<br />
denen gerade mal zwei im<br />
Bau sind. Eines muss man<br />
sich klarmachen: Stadtplanung<br />
braucht einen langen<br />
Atem. Denken Sie nur an<br />
den Opernturm. Das Planungsrecht<br />
gab es schon<br />
1996/97 und jetzt wird er<br />
gerade erst gebaut.<br />
Themenwechsel: Was<br />
halten Sie von der geplanten<br />
Rekonstruktion historischer<br />
Bausubstanz im<br />
Areal zwischen Römerberg<br />
und Dom?<br />
Nichts. Jede Rekonstruktion<br />
stellt einen Klon her von<br />
etwas, das keine künstlerische<br />
oder kulturelle Dimension<br />
hat. Im Grunde ist auch<br />
die Ostseite des Römerbergs<br />
kein Baudenkmal, sondern<br />
ein Neubau. Teilweise stehen<br />
die Wohnungen leer,<br />
weil die Menschen dort<br />
nicht gern wohnen. Diese<br />
Gefahr besteht auch, wenn<br />
die Altstadt ohne Bezug zur<br />
Gegenwart rekonstruiert<br />
wird. Auf der anderen Seite<br />
muss man die mentale Lage<br />
der Bürger sehen: Viele fühlen<br />
sich von der gegenwärtigen<br />
Architektur nicht mehr<br />
angesprochen. Diesen<br />
Wunsch nach Anschaulichkeit,<br />
Verständlichkeit, nach<br />
einer Umgebung, die Harmonie<br />
ausstrahlt, müssen<br />
wir ernst nehmen. Das Areal<br />
zwischen Römer, Dom und<br />
Krönungsweg ist schließlich<br />
einer der bedeutendsten<br />
Orte in der Stadtgeschichte.<br />
Hier muss mit viel Finger-<br />
spitzengefühl und architektonischer<br />
Sorgfalt geplant<br />
werden. Aber es ist dafür<br />
nicht notwendig, Häuser zu<br />
rekonstruieren.<br />
Mit dem Haus am Dom<br />
haben Sie das selbst<br />
bewiesen.<br />
Das Haus am Dom zeigt,<br />
dass sich auch ein relativ<br />
großes Gebäude durch seine<br />
Gliederung und die Staffelung<br />
der Dächer behutsam<br />
in den historischen Stadtraum<br />
einfügen kann. Statt<br />
einer Tiefgarageneinfahrt,<br />
die den Domplatz zerschnitten<br />
hätte, ist wieder ein richtiger<br />
Platz entstanden: mit<br />
einem kleinen Bistro samt<br />
Terrasse und der Erweiterung<br />
des Dommuseums im<br />
Erdgeschoss. Das Museum<br />
für Moderne Kunst betreibt<br />
dort eine Galerie, die durch<br />
ein großes Schaufenster von<br />
der Braubachstraße einsehbar<br />
ist.<br />
Trotz solcher Beispiele ist<br />
der Wunsch nach Kleinteiligkeit,<br />
Beschaulichkeit<br />
und Rekonstruktion in<br />
Frankfurt groß. Woher<br />
kommt das? Möchte man<br />
der modernen Skyline,<br />
dem Glanz der Stahl- und<br />
Glastürme etwas entgegensetzen?<br />
Sicher hängt das auch damit<br />
zusammen. Umso wichtiger<br />
ist es, dass die Erdgeschosszonen<br />
der Hochhäuser den<br />
Stadtraum stärken. An manchen<br />
Fassaden können die<br />
Bürger nicht hinein, sie werden<br />
abgewiesen. Etwa die<br />
Sockelzone der Commerzbank:<br />
Um in das Restaurant<br />
zu kommen, muss man erst<br />
viele Stufen hoch. Eine<br />
ebenerdige Passage wäre<br />
viel großzügiger gewesen,<br />
aber davor hat sich die<br />
Bank aus Kostengründen<br />
gescheut. Ich kann es gut<br />
nachvollziehen, wenn durch<br />
solche Beispiele eine Abneigung<br />
gegenüber moderner<br />
Architektur entsteht.<br />
Wo sehen Sie Frankfurt<br />
2050? Haben Sie eine<br />
Vision?<br />
Das Verständnis von Stadtentwicklung<br />
und Stadtplanung<br />
hat sich verändert.<br />
Stadt und Land werden<br />
immer mehr als Symbiose<br />
angesehen, nicht mehr als<br />
Gegensatz. Das gilt besonders<br />
für die großen Metropolregionen<br />
in Europa und<br />
der Welt. Hier muss Frankfurt<br />
sich neu aufstellen.<br />
Wo steht Frankfurt, was<br />
das angeht, im europäischen<br />
Wettbewerb? Gibt<br />
es Vorbildstädte oder<br />
-regionen?<br />
Die anderen europäischen<br />
Metropolregionen sind teilweise<br />
schon viel weiter.<br />
Gerade die Regionen, mit<br />
denen Frankfurt in Konkurrenz<br />
steht, schlafen nicht.<br />
Im Ruhrgebiet gab es die<br />
Internationale Bauausstellung<br />
Emscher Park, demnächst<br />
feiert man die Kulturhauptstadt<br />
Europas<br />
„Ruhr.2010“. In Hamburg<br />
läuft zurzeit die Internationale<br />
Bauausstellung.<br />
So etwas verschafft eine<br />
unglaubliche Öffentlichkeit<br />
und auch eine Verbesserung<br />
der Lebensqualität. Die Liste<br />
der Städte lässt sich weiter<br />
fortführen: Barcelona etwa<br />
26 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
STADTPLANUNG 27
oder die Regiobasilensis mit<br />
den Städten Basel, Mühlhausen<br />
und Freiburg –<br />
überall wird viel in die Entwicklung<br />
gesteckt, um das<br />
Besondere, Einmalige, Unverwechselbare<br />
der Region<br />
he rauszuarbeiten und sie fit<br />
zu machen für die Zukunft.<br />
Hier hat die Region Frankfurt/Rhein-Main<br />
viel nachzuholen.<br />
Dabei steckt in der Rhein-<br />
Main-Region viel Potenzial<br />
...<br />
Auf jeden Fall. Wir leben<br />
in einer polyzentrischen<br />
Region mit bedeutenden<br />
Städten wie Mainz, Wiesbaden,<br />
Aschaffenburg oder<br />
Darmstadt, die alle unverwechselbar<br />
sind. Hinzu kommen<br />
kleinere Städte wie Bad<br />
Homburg, Oberursel oder<br />
Rüsselsheim, eingebunden<br />
in herausragende Landschaften<br />
wie etwa das<br />
Rheintal, das mittlerweile<br />
zum Weltkulturerbe gehört.<br />
Dieses Landschaftsnetz ist<br />
unser Lebens- und Erholungsraum<br />
der Zukunft. Wir<br />
müssen die Städte deshalb<br />
weiter verdichten und alle<br />
vorhandenen Industriebrachen<br />
nutzen, anstatt Landschaften<br />
zu zersiedeln und<br />
zusätzliche Flächen herauszuschneiden.<br />
Um Familien oder alte<br />
Menschen zurück in die<br />
Stadt zu locken, braucht<br />
man attraktiven Wohnraum.<br />
Was wurde in Frankfurt<br />
dafür in den vergangenen<br />
Jahren getan?<br />
Frankfurt hat dieses Problem<br />
als eine der ersten Städte<br />
erkannt. So wurde das Güter-<br />
bahnhofgelände zu einem<br />
der wichtigsten Entwicklungsgebiete,<br />
dem Europaviertel,<br />
gemacht, um den<br />
Stadtraum zu verdichten<br />
und neue Wohnflächen zu<br />
schaffen. Und es gibt viele<br />
weitere Beispiele der Neuordnung<br />
von Bahnhofsoder<br />
Industriebrachen wie<br />
etwa das Areal Henninger-<br />
Turm.<br />
Womit wir beim Thema<br />
Nachhaltigkeit sind: Was<br />
kann städtebaulich getan<br />
werden, um die Umwelt zu<br />
entlasten?<br />
Die Verdichtung innerstädtischer<br />
Brachen ist ein ganz<br />
wesentlicher Punkt. Statt<br />
dünn besiedelte Flächen<br />
an den Stadträndern zu bebauen,<br />
brauchen wir zusätzlichen<br />
attraktiven Wohnraum<br />
in den Innenstädten.<br />
Das ist ökonomisch wie ökologisch<br />
sinnvoll: Der Autoverkehr<br />
verringert sich, die<br />
Erschließungskosten sinken.<br />
Außerdem müssen wir den<br />
öffentlichen Nahverkehr<br />
stärken. Der nächste Punkt<br />
sind die Gebäude selbst:<br />
Jedes Haus muss einen sparsamen<br />
Energieverbrauch<br />
nachweisen. Der Energiepass<br />
wird dabei in Zukunft<br />
eine zentrale Rolle spielen.<br />
Eines muss klar sein: Nur mit<br />
einer nachhaltigen Landschafts-<br />
und Stadtplanung<br />
haben die Menschen überhaupt<br />
eine Zukunft.<br />
Auch die Pläne für das Heizkraftwerk West (oben) mit seinen markanten<br />
Zwillingstürmen entstanden im Atelier von Jochem Jourdan<br />
(unten). Mitte: Zwei Mitarbeiter schneiden und kleben an Frankfurts<br />
Zukunft.<br />
-<br />
Grüner Wolkenkratzer<br />
Die Commerzbank hat ein<br />
Zeichen für den Klimaschutz<br />
gesetzt. Deutschlands höchstes<br />
Bürogebäude, der von<br />
Stararchitekt Sir Norman<br />
Foster konstruierte Commerzbank-Turm,<br />
wird seit<br />
diesem Jahr komplett mit<br />
Ökostrom von <strong>Mainova</strong> versorgt.<br />
Der Anlass, das zehnjährige<br />
Bestehen des Hochhauses,<br />
hätte passender<br />
nicht sein können: Mit seinen<br />
integrierten Gärten<br />
unterschiedlicher Klimazonen<br />
und einem um 30 Prozent<br />
niedrigeren Energieverbrauch<br />
als herkömmliche<br />
Hochhäuser gilt dieses<br />
architektonische Wahrzei-<br />
chen Frankfurts auch heute<br />
noch als Vorbild für umweltfreundliche<br />
und energiesparende<br />
Architektur.<br />
Der Ökostrom stammt von<br />
den beiden Laufwasserkraftwerken<br />
Griesheim und<br />
Eddersheim und sorgt dafür,<br />
dass die Commerzbank<br />
den ohnehin recht niedrigen<br />
CO2-Ausstoß ihrer Liegenschaften<br />
in Frankfurt<br />
noch einmal um 14 Prozent<br />
oder 4 600 Tonnen jährlich<br />
senkt. <strong>Mainova</strong> ist langjähriger<br />
Partner der Commerzbank<br />
und beliefert auch<br />
bundesweit alle Liegenschaften<br />
des Bankhauses<br />
mit Strom.<br />
Frankfurts höchstes<br />
Hochhaus soll auch ein<br />
Zeichen für das Klimaschutz-Engagement<br />
der<br />
Großbank sein. Das<br />
betonte Commerzbank-<br />
Chef Klaus-Peter Müller<br />
bei der Übergabe des<br />
Ökostrom-Zertifikats<br />
durch <strong>Mainova</strong>-Vorstand<br />
Dr. Constantin Alsheimer.<br />
28 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
PARTNERSCHAFT 29
Eine in die Jahre gekommene<br />
Hochhaus-Ikone hat<br />
sich neu erfunden. Der<br />
Wandel vom Helaba-Hochhaus<br />
zum Garden Tower<br />
ist ein gelungenes Beispiel<br />
marktgerechter und energetischer<br />
Revitalisierung.<br />
30 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
GARDEN TOWER 31
Enrico Santifaller, Architekturjournalist und Autor<br />
Studium der Geschichte und Soziologie; Volontär der Frankfurter Neuen Presse, Redakteur der<br />
Offenbach Post und der Deutschen Bauzeitschrift DBZ. Seit 1994 freier Journalist mit zahlreichen<br />
Beiträgen in Fachzeitschriften und Fachbüchern, Tageszeitungen und Rundfunk. 2000 als außerordentliches<br />
Mitglied in den Bund Deutscher Architekten (BDA) aufgenommen. 2005 mit dem<br />
Literaturpreis Baukultur der Deutschen Architekten- und Ingenieurvereine ausgezeichnet.<br />
Garden Tower,<br />
Frankfurt am Main<br />
Ein Beitrag von Enrico Santifaller<br />
E<br />
in für die damaligen<br />
Verhältnisse revolutionäres<br />
Gebäude war das 1976 fertiggestellte<br />
Hochhaus der<br />
Hessischen Landesbank<br />
(Helaba) in Frankfurt am<br />
Main. Ein Bauwerk, dessen<br />
Architekten die technologischen<br />
Utopien der „plug-in<br />
city“ offensichtlich ganz<br />
wörtlich genommen und<br />
in Beton gegossen hatten.<br />
Das fand sogar jenseits des<br />
großen Teichs Beachtung.<br />
Arthur Drexler, damals Kurator<br />
am New Yorker Museum<br />
of Modern Art, war von<br />
dem Helaba-Turm so be -<br />
geistert, dass er ihn 1979 in<br />
seiner Blockbuster-Ausstel-<br />
lung „Transformations in<br />
Modern Architecture“ zeigte.<br />
Doch rund ein Vierteljahrhundert<br />
danach stand<br />
der einst gefeierte Himmelsstürmer<br />
leer. Die Helaba,<br />
inzwischen zur Landesbank<br />
Hessen-Thüringen expandiert,<br />
hatte sich 1998<br />
den benachbarten Maintower<br />
bauen lassen und<br />
war anschließend dorthin<br />
umgezogen. Auf dem<br />
aggressiven Frankfurter<br />
Immobilienmarkt war das<br />
für einen Eigennutzer konzipierte<br />
Gebäude mit Großraumbüros<br />
und zahlreichen<br />
Sonderlösungen nicht mehr<br />
zu vermarkten. Normalerweise<br />
folgt darauf in Frankfurt<br />
wie in anderen Standorten<br />
der Republik das Ende<br />
– der Abriss. Der Bebauungsplan<br />
bewahrte den<br />
Helaba-Turm vor diesem<br />
Schicksal. Denn das Bau-<br />
32 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
GARDEN TOWER 33
1<br />
Architektur im Wandel<br />
2<br />
3 5<br />
Der 127 Meter hohe Helaba-Turm gehörte zu den Hochhaus-Ikonen seiner Zeit. Statt der üblichen abschlusslosen Quader,<br />
die in den Fünfziger- und Sechzigerjahren in den Frankfurter Himmel wuchsen, präsentierte das Offenbacher Architekturbüro<br />
Novotny Mähner eine ästhetisch anspruchsvolle und doch funktionale Komposition aus vier unterschiedlich hohen<br />
Prismen. Eine ebenso aufstrebende wie kraftvolle Skulptur aus zwei Oktogonen, die bis zum 13. Geschoss zusammenwuchsen.<br />
Heute heißen die umgebauten Hochhaustürme „Garden Tower“. Das mit der Revitalisierung beauftragte Frankfurter<br />
Büro KSP Engel und Zimmermann Architekten schuf einen variablen, lichtdurchfluteten Bürobau mit zweigeschossigen<br />
Wintergärten und opulent bepflanzten Lufträumen.<br />
4<br />
1. Standen Pate für den neuen<br />
Namen: Die Wintergärten dienen<br />
als Ruhe- und Besprechungszone.<br />
2. Zitiert die Siebzigerjahre und<br />
interpretiert sie zeitgemäß: die<br />
Lichtwand in der neu gestalteten<br />
Eingangshalle. 3. Die neue Gebäudehülle<br />
ist Teil eines hocheffizienten<br />
Klimatisierungssystems.<br />
4. Die Fassade im Schnitt (alle<br />
Pläne mit freundlicher Genehmigung<br />
von KSP Engel und Zimmermann<br />
Architekten). 5. Die Glasfassade<br />
der Winter gärten ist<br />
30 Zentimeter rückversetzt und<br />
unterstreicht durch ihren Reliefcharakter<br />
die Vertikalität des<br />
optisch verschlankten Gebäudes.<br />
recht genehmigte nicht<br />
einen Quadratmeter mehr.<br />
Ein Neubau wäre darüber<br />
hinaus mit zeitraubenden<br />
Nachbarschaftsverhandlungen<br />
verbunden gewesen.<br />
LICHTE GÄRTEN<br />
Flächeneffizienz durch neue<br />
Grundrisse, variable Mieteinheiten,<br />
Wintergärten<br />
und neue Gebäudetechnik<br />
hießen die vier ineinandergreifenden,<br />
sich wechselseitig<br />
unterstützenden Pfeiler<br />
des Umbaus, der das<br />
ganze Gebäude bis auf das<br />
Traggerüst erfasste. Für die<br />
einzelnen Geschosse entwickelte<br />
das mit der Revitalisierung<br />
beauftragte<br />
Frankfurter Büro KSP Engel<br />
und Zimmermann Architekten<br />
einen Grundriss, der<br />
im Doppelturm jeweils in<br />
zwei Mietbereiche teilbar ist<br />
und im Einzelturm jeweils<br />
eine Mieteinheit pro Etage<br />
ermög licht. Maximal sind<br />
39 jeweils einzeln erschließbare<br />
und mit einem eigenen<br />
Servicebereich (Teeküche,<br />
WCs etc.) in der<br />
Kernzone versehene Einheiten<br />
vermietbar. Wobei<br />
ein flexibler Innenausbau,<br />
der alle gängigen Bürotypen<br />
– Zellen-, Kombi- und<br />
Großraum büros – ermöglicht<br />
und die früheren<br />
weiträumigeren Großraumbüros<br />
mit ihrem hohen<br />
Anteil an innen liegenden<br />
Dunkelflächen ersetzt.<br />
Einen wichtigen Beitrag<br />
dazu leisten nicht nur die<br />
neuen raumhohen Fenster,<br />
sondern vor allem die zweigeschossigen<br />
Wintergärten<br />
und Lufträume an den beiden<br />
Stirnseiten der ebenfalls<br />
neuen Glasfassade. Für<br />
diese Wintergärten, die im<br />
Doppelturm alternieren,<br />
wurden die Decken V-förmig<br />
eingeschnitten. Mit<br />
den nicht konditionierten<br />
Wintergärten, die – mit<br />
opulenten Pflanzen ausgestattet<br />
– als Ruhe- oder<br />
Besprechungsbereiche<br />
genutzt werden, wird die<br />
Mittelzone der tiefen Bürogeschosse<br />
belichtet und<br />
aufgewertet. An der Fassade<br />
bilden sie sich durch eine<br />
horizontale Fensterteilung<br />
ab. Und natürlich wird<br />
ihnen auch in der Namensgebung<br />
„Garden Tower“<br />
Referenz erwiesen.<br />
INDIVIDUELLES KLIMA<br />
Der durch die Wintergärten<br />
entstandene Verlust an vermietbarer<br />
Fläche konnte<br />
mit dem Wegfall der beiden<br />
bisherigen Technikgeschosse<br />
ausgeglichen werden.<br />
Die alte, noch zentralisierte<br />
Gebäudetechnik<br />
verursachte mit ihrer Vollklimatisierung<br />
über aufwendige<br />
Lüftungssysteme<br />
Betriebskosten, die selbst in<br />
hochpreisigen Lagen wie<br />
dem Frankfurter Bankenviertel<br />
nicht mehr hingenommen<br />
werden. Das variable<br />
Klimakonzept geht<br />
dabei von einer Grund- und<br />
einer Maximalanforderung<br />
aus und versucht darüber<br />
hinaus mit doppelschaligen,<br />
hoch gedämmten Fassaden<br />
die Wärmelasten, den<br />
solaren Energieeintrag zu<br />
reduzieren. Dies vermindert<br />
die Investitionskosten und<br />
reduziert den Energieverbrauch<br />
des Grundbetriebes.<br />
Die neue dezentrale Gebäudetechnik<br />
befindet sich in<br />
den Schächten der Versorgungstürme,<br />
die früher<br />
dem Lufttransport von den<br />
Zentralen in die einzelnen<br />
Geschosse dienten. Heute<br />
versorgt eine im Vergleich<br />
gering dimensionierte, aber<br />
hocheffiziente Zentrale<br />
jeweils zwei Geschosse.<br />
Über Ringinstallationen in<br />
Decken und Böden, die<br />
Luft sowie Heiz- und Kühlwasser<br />
führen, werden die<br />
Büro flächen konditioniert.<br />
Eine thermische Grundkonditionierung<br />
erfolgt über<br />
die Luft, in den fassadennahen<br />
Bereichen werden<br />
auf den Quadratmeter<br />
bezogen sechs Kubikmeter<br />
je Stunde Zuluft über Lüftungsschienen<br />
eingebracht,<br />
während sich in den inneren<br />
Bereichen das Zuluftvolumen<br />
verdoppelt. In den<br />
Büros kann man zusätzlich<br />
mit bodentiefen Lüftungsklappen<br />
an jeder zweiten<br />
34 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
GARDEN TOWER 35
Der 1976 fertiggestellte Helaba-<br />
Turm überragte seinerzeit alle<br />
Gebäude des jungen Bankenviertels,<br />
heute wirkt der Garden<br />
Tower wie ein halbwüchsiger Stift<br />
unter erwachsenen Brüdern.<br />
Fensterachse – dahinter liegt<br />
als Wetter- und Absturzschutz<br />
ein feines Metallgitter<br />
– individuell konditionieren.<br />
Der Wärme- und<br />
Kälte bedarf in den Büros<br />
wird über Heiz- beziehungsweise<br />
Kühldecken geregelt,<br />
in den Innenbereichen wurden<br />
nur Kühldecken verwendet.<br />
Für besagte Maximalanforderungen<br />
können<br />
auf Wunsch Ventilatorkonvektoren,<br />
sogenannte<br />
Fan-Coil-Units, eingebaut<br />
werden. Die dazu benötigten<br />
Reserven sind in der<br />
Lastauslegung des Gebäudes<br />
vorgesehen.<br />
SCHLANKE OPTIK<br />
Auch in der Anmutung<br />
wurde das Gebäude sanft<br />
den aktuellen (Höhen-)Verhältnissen<br />
und dem Kontext<br />
angepasst. Zur Zeit der Fertigstellung<br />
erhob sich der<br />
Helaba-Turm wie eine<br />
Krone über das Frankfurter<br />
Bankenviertel, die übrigen<br />
Hochhäuser erreichten<br />
kaum einmal die magische<br />
Grenze von 100 Metern.<br />
30 Jahre später wirkt das<br />
Gebäude wie ein halbwüchsiger<br />
Stift unter erwachsenen<br />
Mitbrüdern. Ein<br />
wichtiger Aspekt im Umbaukonzept<br />
war deswegen, den<br />
Turm optisch zu verschlanken.<br />
Die Glashülle der Win-<br />
tergärten zum Beispiel liegt<br />
etwa 30 Zentimeter tiefer<br />
als bei den anderen Seiten<br />
des Oktogons. Das dadurch<br />
entstehende leichte Relief in<br />
der Fassade steigert die Vertikalität<br />
des Gebäudes. Die<br />
Versorgungstürme, einst<br />
mit grauen kleinformatigen<br />
Natursteinplatten verkleidet,<br />
erhielten einen silbergrauen<br />
Anstrich und eine<br />
Verkleidung aus vertikalen<br />
Alulamellen. Darüber hinaus<br />
wurde der frühere<br />
optische Bruch zwischen<br />
Erd- und erstem Obergeschoss<br />
aufgehoben. Das<br />
einst weit auskragende Vordach<br />
über dem 1. Obergeschoss<br />
wurde abgebrochen,<br />
das Foyer erhielt dadurch<br />
mehr Licht. Die Glasfassade<br />
reicht nun bis ins Erdgeschoss,<br />
das Gebäude erhält<br />
damit gleichsam eine<br />
Erdung, die im ursprünglichen<br />
Konzept ausdrücklich<br />
vermieden werden sollte.<br />
Die Eingangshalle lehnt sich<br />
in ihrer Farbgebung mit<br />
einer zwischen kräftig gelb<br />
und orange changierenden<br />
Lichtwand an die Stimmung<br />
in den Siebzigerjahren an,<br />
die verwendeten Materialien<br />
wie Wenge und Naturstein<br />
vermitteln zeitgenössische<br />
Repräsentativität.<br />
ZUGEWINN<br />
Zwei Geschosse gewonnen,<br />
mit den Wintergärten die<br />
Büroflächen aufgewertet<br />
und einen erfolgreichen<br />
Imagewandel eingeleitet –<br />
die Metamorphose des<br />
Helaba-Turms in Garden<br />
Tower beschreibt eine<br />
geglückte Revitalisierung,<br />
wobei die Hauptcharakteristika<br />
des Gebäudes gewahrt<br />
werden konnten. Ob nun<br />
der Garden Tower dauerhaft<br />
ist, wird dem Immobilienmarkt<br />
vorbehalten sein.<br />
Dennoch hat das Hochhaus<br />
für kommende Anforderungen<br />
ausreichend Reserven<br />
und bietet darüber hinaus<br />
genügend Variabilität<br />
und Flexibilität für künftige<br />
Nutzerbedürfnisse.<br />
36 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
GARDEN TOWER 37
Hochhausbetreiber im Dialog<br />
Der <strong>Mainova</strong> Energy-Talk<br />
der Hochhausbetreiber hat<br />
sich zum wichtigen Branchentreffen<br />
in der Main-<br />
Metropole entwickelt. Bei<br />
der siebten Auflage im letzten<br />
November – erstmals in<br />
der Skylobby des neuen<br />
<strong>Mainova</strong>-Verwaltungsgebäudes<br />
in der Solmsstraße –<br />
kamen mit über hundert<br />
Teilnehmern so viele wie nie<br />
zuvor. Besonders gespannt<br />
waren die Fachleute aus<br />
Bank-, Versicherungs- und<br />
Immobilienwirtschaft diesmal<br />
auf den Vortrag von<br />
Thomas Rinderspacher, Projektleiter<br />
des Neubaus der<br />
Europäischen Zentralbank<br />
(EZB). Und sie wurden nicht<br />
enttäuscht: Mit computeranimierten<br />
Bildern und<br />
Filmsequenzen ließ er das<br />
Fachpublikum schon mal<br />
Begrüßung zum Meinungsaustausch<br />
über<br />
Energieeffizienz in<br />
Hochhäusern: <strong>Mainova</strong>-<br />
Vorstand Dr. Constantin<br />
Alsheimer eröffnet den<br />
7. <strong>Mainova</strong> Energy-Talk.<br />
virtuell durch die gewaltige<br />
Eingangshalle flanieren und<br />
die künftige Büro-Atmosphäre<br />
von Frankfurts bedeutendstem<br />
Neubau projekt<br />
der nächsten Jahre erahnen.<br />
Er belegte die Dimensionen<br />
des Projektes mit eindrucksvollen<br />
Zahlen. Hauptthema<br />
aber waren bei dem intensiven<br />
Meinungsaustausch in<br />
den Pausen sowie vor und<br />
nach den Vorträgen die<br />
künftigen Anforderungen<br />
an die Energieeffizienz von<br />
Gebäuden und ihr Einfluss<br />
auf den Frankfurter Büro-<br />
Immobi lienmarkt. Zahlreiche<br />
Teilnehmer nutzten<br />
zudem die Gelegenheit,<br />
unter fachkundiger Kommentierung<br />
des Architekten<br />
das neue Verwaltungsgebäude<br />
der <strong>Mainova</strong> in<br />
Augenschein zu nehmen.<br />
Gebäude-Energiepass<br />
und der Neubau der EZB<br />
waren die Hauptthemen<br />
beim 7. Energy-Talk der<br />
Hochhausbetreiber in<br />
der Skylobby des neuen<br />
<strong>Mainova</strong>-Verwaltungsgebäudes.<br />
Urbane Zukunft ist nachhaltig<br />
Thomas Riemenschneider,<br />
Bereichsleiter Vertrieb bei <strong>Mainova</strong>,<br />
referiert auf dem urban<br />
future forum über die künftige<br />
Rolle des Energieversorgers.<br />
Unsichtbare<br />
Architektur<br />
Die Lösung ist genauso<br />
eigenwillig wie praktisch,<br />
aber auch aufwendig. Um<br />
das begehrte Grundstück<br />
an der Hochstraße direkt<br />
hinter der Alten Oper für<br />
den Neubau eines Luxushotels<br />
frei zu machen,<br />
legt <strong>Mainova</strong> das dortige<br />
Umspannwerk 30 Meter<br />
weiter ins Erdreich. Und<br />
räumt damit ein Grundstück,<br />
dessen exponierte<br />
Lage in Frankfurt seinesgleichen<br />
sucht. Nach seiner<br />
Fertigstellung wird die neue<br />
Anlage die modernste ihrer<br />
Art in Europa sein. Dafür<br />
ist ihre Funktion auch von<br />
he rausragender Bedeutung.<br />
Denn mitten in der Innenstadt<br />
gelegen ist die Anlage<br />
Der Kongress „Die Zukunft<br />
des Wohnens in Europa“<br />
der Stiftung urban future<br />
forum erwies sich nach Auskunft<br />
der Teilnehmer –<br />
durchweg Topentscheider<br />
aus Politik, Wirtschaft und<br />
Wissenschaft – als wichtiger<br />
Impulsgeber für die zukünftigen<br />
Belange der europäischen<br />
Stadtgesellschaft.<br />
Einigkeit herrschte: Es gibt<br />
eine Renaissance der Städte.<br />
Und damit neue Herausforderungen<br />
an Stadtplanung,<br />
Architektur und Immobilienwirtschaft,<br />
den neuen<br />
Bedürfnissen der älter wer-<br />
der Knotenpunkt für die<br />
Energieversorgung des Einkaufs-<br />
und Bankenzentrums<br />
der Mainmetropole. Das<br />
stellt höchste Anforderungen<br />
an die Zuverlässigkeit.<br />
In dem unterirdischen Baukörper<br />
mit einer Grundfläche<br />
von rund 850 Quadratmetern<br />
– 45 Meter Länge,<br />
19 Meter Breite und eine<br />
Höhe von 15 Metern – werdenHochleistungstransformatoren<br />
den Strom aus der<br />
denden Bevölkerung nach<br />
urbaner Qualität als Lebens-,<br />
Arbeits- und Wohnort Rechnung<br />
zu tragen. Eng damit<br />
verbunden: nachhaltige<br />
und ressourcen schonende<br />
Architektur und Energieversorgung.<br />
„Energieaspekte<br />
des Wohnens – und die<br />
künftige Rolle des regionalen<br />
Energieversorgers“,<br />
lautete daher auch der<br />
Titel des viel beachteten<br />
Referats von Thomas Riemenschneider.<br />
Neben der<br />
Gewährleistung einer ausfallsicherenVersorgungsinfrastruktur<br />
wird die orts-<br />
Hoch- und der Mittelspannungsebene<br />
für die Weiterleitung<br />
in dem feinmaschigen<br />
Verteilnetz umwandeln.<br />
Zwanzig Meter über der<br />
Technik wird Gras wachsen.<br />
Und in der Liesel-Christ-<br />
Anlage wird von der unterirdischen<br />
Hochspannung<br />
nichts zu sehen und zu<br />
spüren sein, lediglich ein<br />
klinkergerasterter Quader<br />
dient als Eingang und<br />
Zuluftöffnung.<br />
nahe und umweltverträgliche<br />
Erzeugung von Energie<br />
unter Nutzung des gesamten<br />
Mixes nachhaltiger Erzeugungstechnologienweiterhin<br />
zur Kernaufgabe eines<br />
kommunal verankerten<br />
Energieversorgers gehören.<br />
Kooperationen mit Energieabnehmern<br />
wie Wohnungswirtschaft,<br />
Banken und<br />
Versicherungen werden<br />
zuneh men. Genauso wie die<br />
Zusammenarbeit zur Entwicklung<br />
langfristiger urbaner<br />
Energiekonzepte im<br />
Rahmen langfristiger Stadtplanung.<br />
Daten & Fakten<br />
Bauherr <strong>Mainova</strong> <strong>AG</strong><br />
Architekten Braun<br />
Schlockermann<br />
und Partner<br />
Bauzeit März <strong>2008</strong><br />
bis August 2011<br />
Bruttogeschossfläche<br />
2 670 qm<br />
Gesamtkosten 25 Mio Euro<br />
38 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
LEBENDIGE STADT 39
Freut sich über den Passivhaus-Boom:<br />
Frank<br />
Junker, Geschäftsführer<br />
der ABG Frankfurt.<br />
Die Frankfurter Quadratur des Kreises<br />
„Frankfurt ist die Passivhaus-Hauptstadt Europas“<br />
Als erstes Unternehmen der Wohnungswirtschaft in Deutschland begann die städtische<br />
Immobiliengesellschaft ABG Frankfurt Holding vor sechs Jahren, Geschosswohnungen in<br />
Passivhausbauweise zu errichten. Damals noch milde belächelt, gilt sie heute national und<br />
international als Vorbild. Selbst aus der deutschen Öko-Hauptstadt Freiburg pilgern inzwischen<br />
Magistrat und Experten nach Frankfurt, um zu lernen. Die ABG baut und modernisiert<br />
jetzt nur noch nach Passivhausstandards. Geschäftsführer Frank Junker über die Quadratur<br />
des Kreises, das neue Wohnquartier „Campo“, Deutschlands schönsten Supermarkt und energieeffi<br />
ziente Architektur.<br />
Herr Junker, sind Sie<br />
ein Abenteurer oder<br />
Öko-Idealist?<br />
Weder noch, ich bin Jurist<br />
und von daher eher vorsichtig.<br />
Unsere Passivhäuser<br />
rechnen sich ausgezeichnet<br />
– für uns als Wohnungsbaugesellschaft<br />
genauso wie für<br />
unsere Käufer oder Mieter,<br />
und auch für die Umwelt.<br />
Insofern kann ich den Verdacht<br />
schon verstehen ...<br />
Aber mal im Ernst: Alle<br />
gesellschaftlich Verantwortlichen,<br />
auch die Wohnungsbaugesellschaften,<br />
müssen<br />
eine Antwort finden auf die<br />
steigenden Energiekosten<br />
und die CO2-Problematik. Wir sind hier schon recht<br />
weit. Frankfurt ist mittlerweile<br />
die Passivhaus-Hauptstadt<br />
in Europa. Mit unseren<br />
Bauprojekten vermeiden wir<br />
jedes Jahr 9 900 Tonnen<br />
Kohlendioxid. Das macht<br />
uns schon ein wenig stolz.<br />
In Bornheim entsteht das größte innerstädtische Passivhaus-Projekt<br />
Deutschlands, das Wohnquartier Campo. Unter dem Dach des alten<br />
Straßenbahndepots (Bild oben) zieht ein Supermarkt ein.<br />
40 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
PASSIVBAUWEISE 41
Ist Ihnen mit dem Passivhaus<br />
die Quadratur des<br />
Kreises gelungen?<br />
Ein wenig schon. Unsere<br />
Bau- oder Modernisierungskosten<br />
liegen im Schnitt<br />
lediglich fünf Prozent über<br />
dem Standard für herkömmliches<br />
Bauen. Der Energieverbrauch<br />
pro Wohnung ist<br />
aber so gering, dass sie<br />
brutto für Käufer oder Mieter<br />
allemal günstiger ist als eine<br />
herkömmliche Wohnung.<br />
Sehen das Ihre Mieter auch<br />
so? Wie ist die Resonanz der<br />
Bewohner?<br />
Hervorragend. Nur ein Beispiel:<br />
In der Grempstraße<br />
haben wir vor sechs Jahren<br />
die ersten Geschosswohnungen<br />
im Passivhausstandard<br />
gebaut. Es gibt dort<br />
eine Familie, die in einer<br />
107 Quadratmeter großen<br />
Vier-Zimmer-Wohnung lebt.<br />
Ihre Heizkosten betragen<br />
gerade mal 60 Euro – im<br />
Jahr wohlgemerkt! Unsere<br />
Vermarktungserfolge bei<br />
Verkauf und Vermietung<br />
sprechen eine eindeutige<br />
Sprache – so schnell und<br />
lückenlos verkauft und vermietet<br />
sonst kaum ein<br />
Anbieter. Der sogenannte<br />
Markt hat unser Konzept<br />
längst für gut befunden.<br />
Gut, das sind die Kosten<br />
und der Markterfolg. Aber<br />
wie sieht es mit der Wohnqualität<br />
aus?<br />
Auch da überzeugen unsere<br />
Wohnungen. Durch die<br />
Wärmeschutzfenster haben<br />
sie einen extrem guten<br />
Schallschutz. Der Luftaustausch<br />
sorgt dafür, dass<br />
feuchte Luft permanent<br />
abgeführt wird. Es entsteht<br />
kein Schimmelpilz. Das Lüftungssystem<br />
wirkt zudem<br />
wie ein Pollenfilter. Die<br />
Wohnungen sind damit bestens<br />
für Allergiker geeignet.<br />
Wo haben Sie das sonst?<br />
Aber um welchen Preis?<br />
Oft hört man, der Bewohner<br />
im Passivhaus sei „Sklave<br />
der Technik“ und müsse<br />
seine Lebensgewohnheiten<br />
umstellen.<br />
Das ist in der Tat eines der<br />
hartnäckigsten Gerüchte.<br />
Wer glaubt, für das Passivhaus<br />
braucht man eine<br />
Bedienungsanleitung, liegt<br />
völlig falsch. Die Bewohner<br />
können sich genauso verhalten<br />
wie in einem normalen<br />
Haus auch. Sie können das<br />
Fenster aufmachen oder<br />
zulassen, lüften oder auch<br />
nicht. Sie leben ganz normal,<br />
nur eben mit viel geringeren<br />
Energiekosten.<br />
Das klingt fast zu logisch.<br />
Warum werden dann nicht<br />
alle Häuser in Deutschland<br />
so gebaut?<br />
Es gibt noch immer viele<br />
Vorbehalte und Vorurteile.<br />
Die Immobilienbranche ist,<br />
was Veränderungen angeht,<br />
eher immobil – das steckt ja<br />
schon im Namen. Allerdings:<br />
Was sich jetzt im Rückblick<br />
so logisch anhört, hat sich<br />
auch bei uns nicht von allein<br />
eingestellt. Es ist das Resultat<br />
vieler kleiner Schritte:<br />
Kooperationen mit der Forschung,<br />
Ansporn durch<br />
Teilerfolge – und nicht<br />
zuletzt die Erkenntnis, dass<br />
langfristig aufgrund der<br />
heutigen Herausforderungen<br />
ökonomischer Erfolg<br />
ohne ökologische Konzepte<br />
nicht zu haben ist.<br />
Und wie wurden Sie vom<br />
Saulus zum Paulus?<br />
Ganz ehrlich: Zunächst war<br />
auch ich skeptisch. Da<br />
dachte ich, Passivhäuser<br />
seien ein Produkt aus der<br />
Ökoecke. Um mich vom<br />
Gegenteil zu überzeugen,<br />
haben die Kollegen von der<br />
Technik mich im tiefsten<br />
42 PASSIVBAUWEISE 43
Winter veranlasst, in Kassel<br />
ein Passivhaus mit Sozialwohnungen<br />
anzuschauen.<br />
In den Gesprächen mit den<br />
Bewohnern habe ich das<br />
erste Mal gespürt: Das ist<br />
kein Nischenprodukt, sondern<br />
eine Zukunftstechnologie.<br />
Denn das Thema Energie<br />
und Heizkosten spielt in<br />
Passivhäusern so gut wie<br />
keine Rolle. Kurz darauf<br />
haben wir mit dem ersten<br />
eigenen Passivhausprojekt in<br />
der Grempstraße begonnen.<br />
Die 19 Geschosswohnungen<br />
waren schon nach wenigen<br />
Wochen ausverkauft.<br />
Mittlerweile rüsten Sie auch<br />
vermehrt Altbauten zu Passivhäusern<br />
um?<br />
Ja, unsere Erfolge haben uns<br />
Mut gemacht. Etwa bei der<br />
Friedrich-Ebert-Siedlung im<br />
Gallus: Häuserblocks aus<br />
den Fünfzigerjahren, gebaut<br />
aus gepresstem Trümmerschutt.<br />
Eigentlich hatte ein<br />
Gut achten ergeben, dass ein<br />
Abriss die einzig vertretbare<br />
Lösung sei. Wir hatten deshalb<br />
strenge Vorgaben. Die<br />
Modernisierung musste<br />
günstiger sein als ein Neubau.<br />
Das Projekt wurde zur<br />
Punktlandung. Letztes Jahr<br />
hat uns die Dena dafür den<br />
ersten Energiepass Deutschlands<br />
verliehen.<br />
Sie arbeiten eng mit Forschern<br />
der TU München<br />
und des Passivhausinstituts<br />
in Darmstadt zusammen.<br />
Woran?<br />
Technologisch sind wir<br />
immer auf der Suche nach<br />
neuen Lösungen. Im Riederwald<br />
ist bereits jetzt die<br />
erste Getreideheizung<br />
Deutschlands in Betrieb –<br />
befeuert allein mit Energiegetreide.<br />
Bei den Altbausanierungen<br />
in der Rot-<br />
lintstraße werden wir ein<br />
BHKW einsetzen, das mit<br />
Rapsöl CO2-neutral betrieben<br />
wird. Außerdem gehen<br />
wir bei der Dämmung ganz<br />
neue Wege, was nebenbei<br />
ein freundlicher, aber ge zielter<br />
Angriff auf das deutsche<br />
Dämmstoff-Oligopol ist, das<br />
mit steigender Nachfrage<br />
nach Dämmstoffen die<br />
Preise in die Höhe getrieben<br />
hat. Vereinfacht ausgedrückt<br />
stellen wir vor die alte Fassade<br />
eine neue, komplett<br />
vorgefertigte Fassade aus<br />
einem Holzrahmengestell,<br />
übrigens hergestellt im<br />
Vogelsberg. Der Zwischenraum<br />
wird mit Zellulose ausgeblasen.<br />
Der Dämmeffekt<br />
ist der gleiche. So machen<br />
wir uns komplett von der<br />
Dämmstoffindustrie unabhängig<br />
und fördern zugleich<br />
das regi onale Handwerk.<br />
In Bornheim realisieren Sie<br />
zurzeit das größte innerstädtische<br />
Passivhausprojekt in<br />
Deutschland, das Wohnquartier<br />
Campo. Sie gestalten<br />
damit Urbanität. Sehen Sie<br />
das auch als Auftrag?<br />
Das Campo passt sich bestens<br />
in den lebendigen<br />
Stadtteil Bornheim ein. Wir<br />
achten sehr auf eine ausgewogene<br />
soziale Durchmischung<br />
unserer Quartiere.<br />
Möglichst alle sollen vertreten<br />
sein – kinderreiche Familien,<br />
junge Paare, Singles<br />
und Rentner, Professoren<br />
und Handwerker, Arbeiter<br />
und Manager. Wir wollen<br />
keine Themenhäuser. Und<br />
das funktioniert. Das Campo<br />
ist dafür ein hervorragendes<br />
Beispiel. Es eröffnet neue<br />
Plätze und Wege und schafft<br />
eine neue urbane Durchlässigkeit.<br />
Bleibt bei allem Öko nicht<br />
die Architektur auf der<br />
Strecke? Was bietet das<br />
Campo architektonisch?<br />
Die Architektur genügt<br />
höchsten internationalen<br />
Maßstäben. Wir haben<br />
schließlich mit den renommierten<br />
Architekturbüros<br />
Stefan Forster Architekten,<br />
AS&P Albert Speer & Partner<br />
sowie Scheffler & Partner<br />
zusammengearbeitet –<br />
bisher nicht ganz üblich für<br />
Wohnungsbaugesellschaften.<br />
Die Architektur fügt sich<br />
bestens in die Gründerzeitumgebung<br />
des Stadtteils<br />
ein. Das wunderschöne alte<br />
Straßenbahndepot im Quartier<br />
bleibt erhalten und wird<br />
völlig neu belebt. Die Denkmalschützer<br />
sind begeistert.<br />
Die offene und lichte Tragstruktur<br />
ist komplett sichtbar<br />
und schafft eine einzigartige<br />
Marktatmosphäre. Das wird<br />
Deutschlands schönster<br />
Supermarkt.<br />
Heizen<br />
mit<br />
Korn<br />
ABG im Profil<br />
Im November 2007 haben die städtische Wohnungsbaugesellschaft ABG Frankfurt Holding und<br />
<strong>Mainova</strong> im Riederwald die erste Getreideheizung Frankfurts in Betrieb genommen. Die Anlage<br />
in der Iselinstraße 16-22 beheizt ein Mehrfamilienhaus mit 24 Wohnungen. Das Projekt wird<br />
wissenschaftlich begleitet von Professoren für Bauphysik und Haustechnik der TU München und<br />
wird von <strong>Mainova</strong> betrieben. Es ist Teil einer weitreichenden, langfristigen Zusammenarbeit<br />
zwischen ABG und <strong>Mainova</strong>.<br />
Rund 30 Tonnen eiweißarmes und nicht als Nahrungsmittel geeignetes Getreide decken den<br />
jährlichen Energiebedarf des Hauses. Das entspricht etwa fünf bis sechs Traktor-Anhängerladungen.<br />
Der Weizen wird von Frankfurter Bauern auf einer Fläche von rund fünf Hektar angebaut.<br />
Die Anlage erreicht eine Leistung von 40 Kilowatt. An besonders kalten Tagen fängt eine<br />
Gasbrennwerttherme die Leistungsspitzen ab. Die innovative Technik beschert den Bewohnern<br />
sinkende Nebenkosten und erspart der Atmosphäre jährlich 117 Tonnen Kohlendioxid. Denn<br />
Weizen setzt bei der Verbrennung nur so viel CO 2 frei, wie beim Wachstum aufgenommen<br />
wurde.<br />
Für die Bauern ist das „Heizgetreide“ eine zusätzliche Einnahmequelle. Die Agrarpolitik der<br />
Europäischen Union hat zur Folge, dass zurzeit etwa 8,5 Prozent der Ackerflächen in Frankfurt<br />
brach liegen. „Heizgetreide“ darf auf diesen Flächen aber angebaut werden. Der Präsident des<br />
Hessischen Bauernverbandes Peter Voss-Fels schätzt, dass rund 100 000 Wohnungen in Hessen<br />
mit Getreide beheizt werden könnten, wenn man die Brachflächen nutzt.<br />
Die ABG FRANKFURT HOLDING GmbH ist der Wohnungs- und Immobilienkonzern der Stadt Frankfurt am Main. Sie besitzt und bewirtschaftet<br />
in Frankfurt knapp 50 000 Wohnungen und bietet damit Wohnraum für fast ein Viertel der Frankfurter Bevölkerung. Hinzu kommen Gewerbeeinheiten<br />
und sonstige Mieteinheiten wie Wohnheimplätze, Alten- und Jugendeinrichtungen, Stellplätze und Garagen.<br />
Die ABG Frankfurt Holding ist mit einem Jahresumsatz von 367,2 Millionen Euro (2006) eine der größten Wohnungsgesellschaften in Deutschland.<br />
Jedes Jahr bringt sie im Schnitt rund 1 500 Altbauwohnungen in Frankfurt auf ein energetisches Optimum. Der Konzern ist weltweit der<br />
größte Anbieter von Passivhauswohnungen im Geschosswohnungsbau. Von der jährlichen Investitionssumme von etwa 170 Millionen Euro<br />
fließen über 75 Prozent an Unternehmen in der erweiterten Rhein-Main-Region.<br />
44 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
PASSIVBAUWEISE 45
Das<br />
Passivhaus<br />
vom Nikolaus<br />
Entlang hüfthoher Bruchsteinmauern<br />
windet sich die<br />
Straße den Hang hinauf,<br />
links und rechts Fachwerkhäuser<br />
mit holzvertäfelten<br />
Giebeln und kaminroten<br />
Fensterläden.<br />
Den Nordteil des<br />
Kamp King Areals in<br />
Oberursel nutzten die<br />
Nationalsozia listen als<br />
Vorzeigesiedlung im<br />
Dritten Reich; heute<br />
stehen zwischen den<br />
21 kleinteiligen, denkmalgeschütztenMusterhäusern<br />
moderne Rei henhäuser,<br />
Stadtvillen und Eigentumswohnungen.<br />
Von 1998 an<br />
wur de das Areal umgewandelt<br />
in ein Wohnviertel für<br />
1 200 Einwohner: Ländliches<br />
Fachwerkidyll trifft auf avantgardistischezukunftsweisende<br />
Architektur.<br />
Knapp unterhalb des Hügels<br />
steht auf einem keilförmigen<br />
750 Quadratmeter großen<br />
Grundstück das „Haus vom<br />
Nikolaus“. So nennen die<br />
Architekten und Eheleute<br />
Cornelia Thielen und Sergio<br />
Cantón schmunzelnd ihr Privathaus,<br />
das sie gemeinsam<br />
mit ihren beiden Kindern –<br />
vier und sechs Jahre alt –<br />
bewohnen. Haus vom Nikolaus,<br />
weil es sich mit einem<br />
Federstrich zeichnen lässt.<br />
Schlicht und schnörkellos<br />
gebaut, verzichtet das grau<br />
verputzte Haus auf überflüssigen<br />
Schmuck. Es gibt weder<br />
Dachüberstände noch<br />
Erker, keine ausladenden<br />
Fensterbänke, keine Jalousien.<br />
Selbst die Dachrinne<br />
sitzt unsichtbar versenkt hinter<br />
der Traufe.<br />
Die kompakte Form ist eine<br />
zeitgemäße Antwort auf den<br />
Haustyp „giebelständiges<br />
Fachwerkhaus“. Vor allem<br />
aber erlaubt sie, das Haus<br />
luftdicht einzupacken<br />
wie eine Thermoskanne.<br />
Das ist<br />
wichtig, denn Cornelia<br />
Thielen und Sergio<br />
Cantón leben in<br />
einem sogenannten<br />
Passivhaus. Dessen<br />
Außenwände sind<br />
extrem gut wärmegedämmt<br />
und halten die<br />
Wärme im Haus, die durch<br />
Sonneneinstrahlung, Bewohner<br />
und technische Geräte<br />
wie Toaster oder Föhn entsteht.<br />
Heizkörper gibt es<br />
nicht, auch keine Fußbodenheizung.<br />
Stattdessen saugt eine Lüftung<br />
die verbrauchte Luft<br />
aus Küche und Bädern ab<br />
und versorgt alle Räume mit<br />
vorgewärmter Frischluft.<br />
Bevor die Luft das Haus verlässt,<br />
entzieht ihr ein Wärmetauscher<br />
die dafür nötige<br />
Wärme. Für vorgewärmte –<br />
im Sommer vorgekühlte Luft<br />
sorgt ein Erdwärmetauscher,<br />
der unterm Lavendelbeet im<br />
Vorgarten vergraben ist.<br />
Ein Haus ohne Heizkörper, geht<br />
das? Und ob. Das zeigt ein Besuch<br />
bei Cornelia Thielen und Sergio<br />
Cantón, die ihr Passivhaus mit<br />
vorgewärmter Frischluft beheizen.<br />
Nach dem Rundgang stellt man<br />
sich die Frage: Warum werden<br />
nicht alle Häuser so gebaut?<br />
46 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
PASSIVHAUS 47
„Wir möchten zeigen, dass man Passivhäuser ganz normal bauen kann.“<br />
„Dem Haus lässt sich jedes x-beliebige Kleid überziehen.“<br />
Nicht viel größer als ein<br />
Kühlschrank ist das Lüftungskompaktgerät<br />
mit<br />
Wärmepumpe, Warmwasserboiler<br />
und Wärmetauscher,<br />
das den Prozess steuert.<br />
Es verbirgt sich in einem<br />
zur Garderobe umfunktionierten<br />
Wandschrank in<br />
der Diele; die Lüftungsleitungen<br />
laufen versteckt in<br />
den Wän den. Knapp unter<br />
der Decke sitzt in jedem<br />
Raum eine Weit wurfdüse,<br />
über die geräuschlos frische<br />
Luft einströmt.<br />
Die ausgeklügelte Lüftungstechnik<br />
wäre jedoch kaum<br />
etwas wert ohne luftdichte<br />
Verpackung. 42 Zentimeter<br />
dicke Außenwände und<br />
dreifach verglaste Fenster<br />
schützen das Haus vor Wärmeverlusten.<br />
Hinter der verputzten<br />
Außenwand verbirgt<br />
sich eine Holzständerkonstruktion.<br />
Die vorge fertigten<br />
Wände wurden vor<br />
Ort nur noch aufgestellt,<br />
Zellulose-Dämmung wurde<br />
eingeblasen. 14 Zentimeter<br />
dicke Vollholzdecken vervollständigen<br />
den Rohbau,<br />
der in nur drei Tagen stand.<br />
Fünf Monate nach Baubeginn<br />
war das Haus bezugsfertig.<br />
Der Luftzugtest<br />
(Blower-Door-Test), dem<br />
sich jedes Passivhaus bei der<br />
Bauabnahme unterziehen<br />
muss, ergab einen Luftdichtewert<br />
von 0,34.<br />
Vorgeschrieben ist für Passivhäuser<br />
ein Wert von 0,6.<br />
Kein Wunder also, dass die<br />
Familie bei einer Wohnfläche<br />
von 175 Quadratmetern<br />
im Monat lediglich<br />
125 Kilowattstunden Strom<br />
für Wärmetauscher, Wärmepumpe<br />
und Warmwasser<br />
verbraucht. Die Energiekosten<br />
liegen bei 25 Euro pro<br />
Monat, das macht im Jahr<br />
rund 300 Euro – etwa ein<br />
Zehntel dessen, was in<br />
einem Standardhaus dieser<br />
Größe anfällt. „Wir sind<br />
unabhängig von der Ölund<br />
Gaspreisentwicklung“,<br />
sagt Cornelia Thielen. „Man<br />
blickt einfach entspannter in<br />
die Zukunft.“<br />
Durch die kompakte Bauform<br />
ließen sich die Baukosten<br />
auf 1100 Euro brutto<br />
pro Quad ratmeter drücken.<br />
Neben ihrem Geldbeutel<br />
entlastet die Familie die<br />
Umwelt: Pro Jahr verursacht<br />
das mit Ökostrom beheizte<br />
Haus nur 60 Kilogramm<br />
Kohlendioxid, der Durchschnitt<br />
für ein ölbe heiztes<br />
Einfamilienhaus dieser<br />
Größe liegt bei 7 800 Kilogramm<br />
CO2 – das 130fache!<br />
(Nachzurechnen mit<br />
dem CO2-Rechner des<br />
Umweltbundesamtes unter<br />
http://uba.klima-aktiv.de)<br />
Auch die Mär, dass es sich<br />
bei Passivhäusern grundsätzlich<br />
um rustikale Holzhäuser<br />
handelt, widerlegt das Haus<br />
eindrucksvoll. Die Innenräume<br />
unterscheiden sich<br />
nicht von anderen Einfamilienhäusern,<br />
nur sind sie liebevoller,<br />
mit mehr Sinn für<br />
Details gestaltet – schließlich<br />
sind die Bauherren<br />
selbst ambitionierte Architekten.<br />
Die Wände wurden<br />
weiß verputzt, die Kieferndecken<br />
an der Unterseite<br />
einfach weiß lasiert. Ein<br />
sandfarbener gegossener<br />
Ausgezeichnet: Für<br />
seine energieeffiziente<br />
Architektur<br />
wurde das „Graue<br />
Haus“ mit dem<br />
Archi tekturpreis<br />
„ Vorbildliche Bauten<br />
in Hessen <strong>2008</strong>“<br />
prämiert.<br />
48 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
STROMERZEUGUNG 27
Epoxidharzboden verläuft<br />
durch das gesamte Gebäude.<br />
Einläufige Treppen<br />
aus Sichtbeton (zum Spitzboden<br />
mit in die Wände<br />
eingelassenen Holztrittstufen)<br />
erschließen die Räume:<br />
Diele, Wohnraum und einen<br />
Essplatz mit offener Küche<br />
im Erdgeschoss, darüber<br />
die Schlafräume mit einem<br />
grasgrünen Teppich als<br />
Spielwiese für die Kinder.<br />
Unter dem offenen Dachgiebel<br />
hat die Architektin ihr<br />
Arbeitsatelier – mit traumhaftem<br />
Blick auf das Wohngebiet.<br />
„Wir möchten zeigen, dass<br />
man Passivhäuser ganz normal<br />
bauen kann“, sagt Sergio<br />
Cantón. „Viele haben<br />
noch Vorbehalte. Dabei ist<br />
nur die Technologie eine<br />
andere. Dem Haus lässt sich<br />
jedes x-beliebige Kleid überziehen.“<br />
Mehr als hundert<br />
Leute haben sie schon durch<br />
ihr neues Heim geführt und<br />
dabei auch potenzielle Bauherren<br />
überzeugt: „Wenn<br />
Sie selbst in einem Passivhaus<br />
wohnen, können Sie<br />
glaubwürdiger und kompetenter<br />
argumentieren.“<br />
Ist denn außer den Kosten<br />
gar nichts anders geworden?<br />
„Der Wohnkomfort<br />
hat sich enorm erhöht“,<br />
sagt Cornelia Thielen, die<br />
vorher in ihrer Altbauwohnung<br />
im Frankfurter Westend<br />
Fußkälte und Durchzug<br />
an den Fenstern kannte.<br />
Auch mit Allergieproblemen<br />
hat sie nicht mehr zu kämpfen.<br />
Und das Lüften?<br />
„Machen wir kaum noch.<br />
Die Fenster öffnen wir nur<br />
noch, um die Vögel zwitschern<br />
zu hören.“<br />
Was sind Passivhäuser?<br />
Passivhäuser sind sehr gut<br />
gedämmte, nach Süden orientierte<br />
Häuser. Sie werden<br />
überwiegend „passiv“ warmgehalten<br />
– durch Sonnenlicht,<br />
Wärmerückgewinnung<br />
und Abwärme von Bewohnern<br />
und technischen Geräten.<br />
Dämmstärken zwischen<br />
25 und 40 Zentimetern<br />
und dreifach verglaste<br />
Scheiben halten die Wärme<br />
im Haus. Heizkörper und<br />
Fußbodenheizung braucht<br />
ein Passivhaus nicht. Stattdessen<br />
erhitzt ein Wärmetauscher<br />
die Frischluft von<br />
außen mit Hilfe warmer<br />
Abluft. Passivhäuser lassen<br />
sich grund sätzlich mit<br />
jedem Baumaterial errichten<br />
– egal ob Holz, Beton oder<br />
Mauerwerk. Die Bewohner<br />
können jederzeit die Fenster<br />
öffnen, müssen es aber<br />
nicht, was besonders lärmgeplagte<br />
Stadtbewohner<br />
schätzen. Allergiker und<br />
Asthmatiker freuen sich über<br />
frische, pollenfreie Luft.<br />
Passivhäuser verbrauchen für<br />
Rest beheizung und Warmwasser<br />
unter 15 Kilowattstunden<br />
Strom pro Quadratmeter<br />
und Jahr. Umgerechnet<br />
kommt ein Passivhaus<br />
mit weniger als 1,5 Litern<br />
Heizöl pro Quad ratmeter<br />
Wohnfläche aus. Passivhäuser<br />
sind zwischen fünf und<br />
acht Prozent teurer als konventionell<br />
gebaute Häuser.<br />
Die Mehrkosten für Lüftung<br />
und bessere Isolierung lassen<br />
sich zum Teil durch zinsgünstige<br />
Darlehen der Kreditanstalt<br />
für Wiederaufbau<br />
(KfW) auffangen. <strong>Mainova</strong><br />
fördert im Rahmen ihres<br />
Klima Partner Programms<br />
die „baubegleitende Qualitätssicherung<br />
am Passivhaus“.<br />
Dabei testen erfahrene<br />
Prüfer das Bauprojekt<br />
im Vorfeld auf Plausibilität<br />
und Realisierbarkeit. Auch<br />
die beiden für die Bauabnahme<br />
nötigen Luftzugtests<br />
werden über das Programm<br />
finanziert.<br />
50 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
PASSIVHAUS 51
Parkplatz für große Vögel<br />
In der neuen A380-<br />
Halle schrumpfen<br />
Lastwagen zu Spielzeugautos<br />
und Menschen<br />
zu Ameisen.<br />
Der gewaltige Hangar<br />
auf dem Frankfurter<br />
Flughafen dient<br />
als Heimat- und<br />
Wartungsbasis für<br />
das größte Passagierfl<br />
ugzeug der Welt,<br />
den Airbus A380.<br />
Ein Besuch in der<br />
größten Industriehalle<br />
Deutschlands.<br />
Hangar der Superlative: In der neuen A380-<br />
Halle der Lufthansa passen zwei Airbusse A380<br />
mühelos nebeneinander. Ein zweiter Hallenteil<br />
gleicher Größe folgt.<br />
„Eigentlich ist es eine Werkstatt wie jede andere“, sagt Projektleiter<br />
Dean Raineri schmunzelnd. „Nur mit anderen Dimensionen.“<br />
52 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
A380-HALLE 53
Vier gewaltige Hallentore – ein<br />
jedes 43 Meter breit, knapp<br />
28 Meter hoch und rund 140 Tonnen<br />
schwer – filtern blendfreies<br />
Nordlicht bis weit in die Halle.<br />
Ein Nest für den Supervogel<br />
54 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
A380-HALLE 55<br />
E<br />
s weht<br />
noch ein<br />
kühler Luftstoß<br />
durch die<br />
Halle. Gerade hat<br />
ein Schlepper eine<br />
A340-600 an den Bugrädern<br />
gepackt und herausgezogen<br />
– als wäre das tonnenschwere<br />
Passagierflugzeug leicht wie<br />
ein Papierflieger. Noch ist kaum etwas los im<br />
Hangar. Durch die haushohen Hallentore dringt<br />
mildes Nordlicht bis tief in den Raum. In einer Hallenecke<br />
wartet eine Garnitur Ersatzsitze auf ihren Einsatz.<br />
Am anderen Hallenende leuchten ein paar grelle Punkte<br />
auf, Lufthansa-Mitarbeiter in neongelben Schutzwesten.<br />
Um ihre Gesichter zu erkennen, brauchte man<br />
ein Fernglas. In der neuen A380-Werft auf dem Frankfurter<br />
Flughafen schrumpfen Lastwagen zu Spiel-
Energie für den Super-Hangar<br />
Auch im Winter herrscht im Innern der neuen A380-Halle in 1,80 Metern Höhe konstant eine Temperatur von 15 Grad Celsius.<br />
Eine Fußbodenheizung wärmt den 25 000 Quadratmeter großen Estrich. Die Fernwärme liefert das Heizkraftwerk Niederrad.<br />
Seit Ende 2005 arbeitet das <strong>Mainova</strong>-Kraftwerk mit einer hocheffizienten, umweltschonenden GuD-Anlage (Gas- und<br />
Dampfturbine), die einen Brennstoff-Nutzungsgrad von fast 90 Prozent erreicht. Um die A380-Halle zu versorgen, wurde<br />
eine Fernwärmeleitung im Spülbohrverfahren zwei Meter unter dem Rollweg zur Startbahn West durch den Boden getrieben.<br />
Bei einem Ausfall könnte auch das Heizwerk Süd die A380-Halle beheizen.<br />
Jährlich benötigt die Halle eine Leistung von zirka 3,8 Megawatt. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Anschlussleistung<br />
eines Einfamilienhauses beträgt rund 15 Kilowatt. Mit der Fernwärme für die A380-Halle lassen sich also ungefähr 250 Einfamilienhäuser<br />
heizen.<br />
zeugautos und Menschen<br />
zu Ameisen. Deutschlands<br />
größte Industriehalle ist<br />
180 Meter breit, 140 Meter<br />
tief und 45 Meter hoch. Sie<br />
könnte mühelos vier Fußballplätze<br />
überdecken oder<br />
einen Marktplatz.<br />
Der im Januar <strong>2008</strong> eröffnete<br />
Super-Hangar dient als<br />
Heimat- und Wartungsbasis<br />
für das größte Flugzeug der<br />
Welt, den Airbus A380. Auf<br />
mehr als 25 000 Quadratmetern<br />
Grundfläche können<br />
zwei Airbusse A380 oder<br />
drei Boeings B747 gleichzeitig<br />
gewartet werden. Bis<br />
August 2009 rechnet Lufthansa<br />
mit der ersten von<br />
insgesamt 15 bestellten<br />
Maschinen des neuen Superfliegers.<br />
Doch das ist erst<br />
Kapitel eins des Gesamtprojekts.<br />
Bis 2015 entsteht der<br />
zweite Teil der Halle, die<br />
Grundfläche wird sich noch<br />
mal nahezu verdoppeln – auf<br />
49 000 Quadratmeter. Die<br />
Werft wird damit zur größten<br />
Flugzeughalle Europas.<br />
„Eigentlich ist es eine Werkstatt<br />
wie jede andere“, sagt<br />
Dean Raineri schmunzelnd.<br />
„Nur mit anderen Dimensionen.“<br />
Der 51-jährige Projektleiter<br />
der A380-Werft<br />
kann sich Understatement<br />
leisten. Die Halle ist so<br />
etwas wie „sein Kind“, seit<br />
dem Bau antrag vor fünf Jahren<br />
betreut er den Neubau,<br />
kennt jedes noch so winzige<br />
Detail. Der Maschinenbauingenieur<br />
begeistert sich seit<br />
seiner Kindheit für die Luftfahrt:<br />
„Durch meinen Körper<br />
fließt zu 45 Prozent<br />
Hydrauliköl, zu 25 Prozent<br />
Kerosin, der Rest ist wohl<br />
normales Blut.“<br />
Den Virus setzte sein Vater<br />
frei, der seit den Fünfzigerjahren<br />
in Frankfurt stationiert<br />
war. Raineri wartete<br />
amerikani sche PanAm-Flieger,<br />
die Berlin auf dem Luftweg<br />
mit Westdeutschland<br />
verbanden, und nahm seinen<br />
Sohn mit in die Wartungshallen.<br />
In der Mitte<br />
der neuen A380-Halle<br />
knapp unter der Decke<br />
hängt eine kreisrunde Uhr<br />
aus den Fünfzigern, ein<br />
Relikt aus der alten Halle 3,<br />
in der sein Vater arbeitete.<br />
Dean Raineri hat es herübergerettet:<br />
ein Stück Erinnerung<br />
inmitten einer Hightech-Halle.<br />
„Heute wird<br />
die Wartung durch moderne<br />
IT bestimmt“, weiß Dean<br />
Raineri. Die Ingenieure tragen<br />
Laptops, tauschen sich<br />
über Funk und Netzwerke<br />
aus und inspizieren mit<br />
Minikameras das Innenleben<br />
der Triebwerke. Die Atmosphäre<br />
ist ruhig, es gibt kein<br />
Geschrei oder Gedränge:<br />
„Wir vermeiden Hektik,<br />
denn unter Zeitdruck und<br />
Stress passieren die größten<br />
Fehler.“<br />
Damit kein Lufthanseat<br />
klamme Finger bekommt,<br />
wärmt eine Fußbodenheizung<br />
die Halle. Auch im<br />
tiefsten Winter herrscht in<br />
1,80 Metern Höhe immer<br />
eine Temperatur von über<br />
15 Grad Celsius. Wenn sich<br />
die Luft im Sommer dagegen<br />
zu sehr aufheizt, etwa<br />
nach Öffnen der Hallentore,<br />
drückt eine Luftschleieranlage<br />
überschüssige Warmluft<br />
wieder hinaus. Nachts,<br />
wenn die Kurzstreckenflieger<br />
gewartet werden, leuchten<br />
rund 400 Halogende-<br />
ckenstrahler die Halle<br />
optimal aus. Vier gewaltige<br />
lichtdurchlässige Hallentore<br />
– ein jedes ist 43 Meter<br />
breit, fast 28 Meter hoch<br />
und wiegt rund 140 Tonnen<br />
– filtern tagsüber blendfreies<br />
Nordlicht bis weit in die<br />
Halle.<br />
Die größte bautechnische<br />
Herausforderung war jedoch<br />
die Montage des außen liegenden<br />
Dachtragwerks.<br />
Zwei 180 Meter lange und<br />
15 Meter hohe Fachwerkträger<br />
überspannen die Halle.<br />
Mit einer Geschwindigkeit<br />
von fünf Metern pro Stunde<br />
wurden 3 000 Tonnen Stahl,<br />
an Stahlkabeln befestigt auf<br />
luftige 45 Meter gehoben.<br />
„Der Dachhub war ein kritischer<br />
Moment“, erinnert<br />
sich Dean Raineri. „Ab einer<br />
Windgeschwindigkeit von<br />
35 km/h hätten wir die<br />
Aktion abbrechen müssen.“<br />
Es war fast windstill. Dean<br />
Raineri genoss den Moment<br />
vom Vorfeld aus. Was er<br />
dabei fühlte? „Euphorie!“<br />
56 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
A380-HALLE 57
Verpflegung über den Wolken: Täglich bestücken die Mitarbeiter der<br />
LSG Sky Chefs 375 Flüge mit Getränken, Kalt- und Warmspeisen, Medikamenten,<br />
Spielzeug und zollfreien Waren.<br />
Der Neubau der<br />
Luft hansa-Tochter<br />
LSG Sky Chefs nahe<br />
des Frankfurter Flughafens<br />
ist eine Fabrik<br />
der Superlative: Im<br />
größten Cateringbetrieb<br />
Europas bereiten<br />
2 500 Mitarbeiter<br />
jeden Tag bis zu<br />
77 000 Mahlzeiten für<br />
375 Flüge zu. Allein<br />
die Bäckerei könnte<br />
eine Kleinstadt mit<br />
Brötchen versorgen.<br />
Blick vom Dach des viergeschossigen Schwesterbetriebs auf den Neubau, im Hintergrund<br />
Frankfurts Skyline. Der Umzug erleichtert dem Team der LSG Sky Chefs den Arbeitsalltag.<br />
Wurden Rollwagen und Tabletts früher noch von Geschoss zu Geschoss geschoben, transportiert<br />
sie heute eine 1,6 Kilometer lange Hängebahn.<br />
Nur Fliegen ist schöner: Mit seinen<br />
aerodynamischen Dachrändern<br />
aus Metall erinnert der<br />
Neubau der Frankfurter Architekten<br />
Neumann + Partner an<br />
einen Flugzeugrumpf.<br />
Alltägliche Luftbrücke<br />
58 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
LSG SKY CHEFS 59
T<br />
Wärme für die Riesenspüle<br />
rolley Washer, das hört<br />
sich so niedlich an. Dabei<br />
hat Europas größte Spülmaschine<br />
die Dimensionen<br />
einer Autowaschanlage:<br />
drei Meter breit, fünf Meter<br />
hoch, 28 Meter lang. Seit<br />
dem 15. Mai <strong>2008</strong> wäscht<br />
die Riesenspülmaschine,<br />
was ihre Düsen hergeben.<br />
Da nämlich wurde direkt<br />
am Frankfurter Flughafen in<br />
Europas größtem Cateringbetrieb<br />
die Produktion aufgenommen.<br />
Der Neubau<br />
der Lufthansa-Cateringtochter<br />
LSG Sky Chefs ist<br />
etwa 150 Meter lang und<br />
230 Meter breit. In seinem<br />
Inneren bereiten zirka<br />
2 500 Mitarbeiter täglich bis<br />
zu 77 000 Mahlzeiten für<br />
etwa 375 Flüge zu. Neben<br />
kalten und warmen Speisen<br />
gehören auch Getränke,<br />
Medikamente, Spielzeug<br />
oder zollfreie Waren zum<br />
Cateringangebot. Es gibt<br />
eine eigene Bäckerei, die<br />
pro Tag 80 000 Brötchen<br />
backt, und ein 1 400 Quadratmeter<br />
großes Kühlhaus.<br />
Selbst Pralinen und Saunatücher<br />
haben eigene Kühlräume.<br />
Auch der Trolley-<br />
Washer ist nur Teil eines<br />
gewaltigen Spülbereichs<br />
mit elf Spülmaschinen –<br />
darunter jeweils eine eigene<br />
für Geschirr, Besteck und<br />
Ob Kochen oder Spülen – ohne Fernwärme ginge nichts in Europas größtem Cateringbetrieb. <strong>Mainova</strong> versorgt den<br />
Neubau der LSG Sky Chefs jährlich mit rund sechs Millionen Kilowattstunden. Die Energie liefert das Heizkraftwerk<br />
Niederrad, das seit Ende 2005 mit einer hocheffizien ten, umweltschonenden GuD-Anlage (Gas- und Dampfturbine)<br />
arbeitet. Im Vergleich zum Bundesdurchschnitt sinken dadurch die jährlichen Kohlendioxid-Emissionen um rund<br />
2 500 Tonnen. Zur Erschließung musste die bestehende Fernwärmetrasse aus den Sechzigerjahren lediglich abgezweigt<br />
und um 1 400 Trassenmeter verlängert werden. Die erweiterte Trasse versorgt künftig das gesamte Areal „Gateway<br />
Gardens“. „Sie wurde damals mit viel Weitsicht geplant und so dimen sioniert, dass wir heute noch darauf zurückgreifen<br />
können“, sagt <strong>Mainova</strong>-Key-Accounter Reiner Bergmann. Nur im Sommer, wenn die Fernwärme maximal 70 Grad<br />
Celsius erreicht, werden die Spülmaschinen mit Erdgas auf 120 Grad Celsius nachbeheizt.<br />
Im Obergeschoss ragt das<br />
Betriebsrestaurant wie ein Leitwerk<br />
keilförmig aus dem Dach.<br />
Trolleys (Rollwagen) sowie<br />
Economy-, Business- und<br />
First-Class-Equipment.<br />
Der Neubau ersetzt den<br />
bisherigen Standort der<br />
LSG Sky Chefs am Terminal<br />
1, der mit der Flughafenerweiterung<br />
im Mai <strong>2008</strong><br />
geschlossen wurde. In dem<br />
viergeschossigen Altbau<br />
von 1966 wurden Rollwagen<br />
und Tabletts noch von<br />
Geschoss zu Geschoss<br />
geschoben. Jetzt nimmt<br />
eine elekt ronische Hängebahn<br />
den Mitarbeitern das<br />
Tragen ab – sie windet sich<br />
1,6 Kilometer durch den<br />
Neubau. An den einzelnen<br />
Arbeitsstationen der Spüle<br />
brauchen Schubladen oder<br />
Tabletts nur noch herausgenommen<br />
werden. „Wege<br />
und Durchlaufzeiten verkürzen<br />
sich, die Produktivität<br />
steigt“, sagt Projektleiter<br />
Jürgen Starck. Seit drei Jahren<br />
koordiniert der 50-Jährige<br />
gemeinsam mit einem<br />
achtköpfigen Team und<br />
einer Gruppe aus externen<br />
Fachleuten den Neubau<br />
und die gesamte Logistik.<br />
„Das war zunächst absolutes<br />
Neuland für mich“, sagt<br />
der gelernte Luftverkehrskaufmann.<br />
Für einen Cateringbetrieb<br />
mit diesen<br />
Dimensionen gab es keinerlei<br />
Vorbilder.<br />
Ulrich Höngen verantwortet als Leiter des Standorts Frankfurt den<br />
Betrieb des neuen Werks. „Ich bin stolz darauf, mit einer hoch motivierten<br />
Mannschaft in diesen modernen Neubau einziehen zu können,<br />
der auf dem technologisch neuesten Stand basiert“, so der Diplom-<br />
Ingenieur. „So können wir unserem Kunden Lufthansa den bestmöglichen<br />
Service bei optimaler Qualität bieten.“<br />
Besonders die Kühlung der<br />
Lebensmittel stellte die Planer<br />
vor eine Herausforderung.<br />
Ein Kühltunnel mit<br />
einer Innentemperatur von<br />
arktischen minus 42 Grad<br />
kühlt Getränke in drei<br />
Minuten auf fünf bis zehn<br />
Grad herunter. Gekühlte<br />
Förderbänder, Kühlwagen<br />
und Kühlräume halten die<br />
Produkte frisch. Gebündelt<br />
für einen Flug lagern sie<br />
schließlich unter zwei mal<br />
sieben Meter großen Kühlhauben.<br />
Von außen ähnelt<br />
das Gebäude einem Flugzeugrumpf<br />
– mit seinen wie<br />
Seitenflügel schräg zulaufenden<br />
Dachrändern, Bull-<br />
augen als Fenstern und<br />
metallenen Fassadenpaneelen.<br />
Im Obergeschoss ragt<br />
das Betriebsrestaurant wie<br />
ein Leitwerk keilförmig aus<br />
dem Dach und erlaubt von<br />
der Terrasse einen fantastischen<br />
Blick auf die Frankfurter<br />
Skyline. „Der Neubau<br />
ist eine großartige Chance“,<br />
sagt Jürgen Starck. „Europas<br />
größten Cateringbetrieb<br />
baut man schließlich<br />
nur einmal.“<br />
„Der Neubau ist eine<br />
großartige Chance“: Projektleiter<br />
Jürgen Starck<br />
inmitten der gewaltigen<br />
Spülstraße des Neubaus.<br />
Insgesamt elf Spülmaschinen<br />
säubern Geschirr,<br />
Besteck und Rollwagen.<br />
60 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
LSG SKY CHEFS 61
Die Natur steht Modell<br />
Kiemenfassaden, hochwärmegedämmte Wände und Tragwerke,<br />
schlanker als ein Skelett: Die Baupläne der Natur sind perfekte Vorbilder<br />
dafür, wie sich energiesparender und effi zienter bauen lässt.<br />
Unterwasserhülle: Mit Hilfe<br />
von Rippen versteift die<br />
Rippenqualle ihre Außenhaut.<br />
Ähnlich stabil und<br />
flexibel sind Membranen in<br />
der Architektur, wie zum<br />
Beispiel die „Mem branbrücke“<br />
im Technologie-<br />
und Medienzentrum Erfurt<br />
(siehe Bild unten).<br />
62 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
BIONIK 63
Verpackungskünstlerin<br />
Natur<br />
Es war eine kleine Sensation<br />
auf der Expo 2000: ein Pavillon,<br />
groß wie ein Fußballfeld,<br />
geschwungen wie eine Welle<br />
und doch aus Papier. Architekt<br />
Shigeru Ban ließ den<br />
japanischen Pavillon aus<br />
Papp röhren bauen. Nach der<br />
Messe wurden die Röhren<br />
recycelt. Für seinen Entwurf<br />
nahm sich Shigeru Ban die<br />
Natur als Vorbild. Denn während<br />
der Mensch Müllberge<br />
produziert, lösen sich die<br />
meisten Naturhüllen einfach<br />
auf oder verrotten.<br />
In Milliarden von Jahren hat<br />
die Natur grazile und zugleich<br />
hocheffiziente Baupläne entwickelt,<br />
die für Ingenieure und<br />
Architekten ein nahezu unerschöpfliches<br />
Reservoir an<br />
Lösungen bereithalten. Was<br />
liegt da näher, als sich die<br />
evolutionäre Technik zum Vorbild<br />
zu nehmen? Eins zu eins<br />
kopieren lassen sich die Tricks<br />
und Kniffe der Natur nicht,<br />
doch sie liefern eine Fülle von<br />
Anregungen, um Material und<br />
Energie einzusparen.<br />
Lüften nach Termitenart<br />
Die Hauptzentrale der Kreditanstalt<br />
für Wiederaufbau<br />
(KfW) im Frankfurter Westend<br />
besteht aus vier leicht<br />
gegeneinander verschobenen,<br />
vor Kurzem modernisierten<br />
Bürotürmen. Die<br />
Fassade schmückt ein dezentes<br />
graues Glaskleid. Seinen<br />
Clou offenbart das Gebäude<br />
erst nachts, wenn plötzlich<br />
die Oberlichter wie Kiemen<br />
aufklappen. Frische Luft<br />
strömt ins Innere und kühlt<br />
die Betondecken. Dabei<br />
nimmt sie Wärme auf und<br />
strömt über das haushohe<br />
Atrium und eine geöffnete<br />
Dachhaube wieder nach<br />
außen ab. Morgens betreten<br />
die Mitarbeiter durchlüftete<br />
Büros. Im Laufe des<br />
Tages geben die Decken die<br />
gespeicherte Kälte langsam<br />
wieder ab, es bleibt angenehm<br />
kühl. Und das ganz<br />
ohne Energieeinsatz, einzig<br />
durch den Auftrieb der warmen<br />
Luft.<br />
Kiemenfassaden, begrünte<br />
Wintergärten und offene<br />
Atrien gehören längst zum<br />
guten Ton in der Büroarchitektur.<br />
Sie senken den Energieverbrauch<br />
und steigern<br />
den Komfort am Arbeitsplatz.<br />
Das voll klimatisierte<br />
Großraumbüro gilt dagegen<br />
als Auslaufmodell. Die<br />
moderne Büroarchitektur<br />
nutzt die Natur, um Räume<br />
ohne großen technischen<br />
Aufwand zu kühlen. Vorbilder<br />
zur Bauteilkühlung<br />
finden die Planer im Tierreich:<br />
Termiten etwa richten<br />
ihre schmalen hohen Bauten<br />
perfekt zur Sonne aus.<br />
Während die breiten Längswände<br />
morgens und abends<br />
viel Sonne einfangen, werden<br />
die Schmalkanten nur<br />
beschienen, wenn die Sonne<br />
am höchsten steht. So<br />
heizt sich der Bau nicht<br />
übermäßig auf. Die Oberfläche<br />
durchzieht ein Labyrinth<br />
aus Lüftungskanälen, in denen<br />
sich die Luft erwärmt.<br />
Die aufgeheizte Luft steigt<br />
auf und zieht kühlere Luft<br />
aus den unterirdischen Gängen<br />
des Baus nach. Der<br />
ständige Luftaustausch hält<br />
die Temperatur der Brutkammern<br />
im Innern konstant<br />
bei 24 Grad Celsius –<br />
egal bei welcher Außentemperatur.<br />
Lowtech: Die Hauptzentrale der<br />
Kreditanstalt für Wiederaufbau<br />
(KfW) im Frankfurter Westend<br />
kühlt nachts von selbst aus – dank<br />
Kiemenfassade und haus hohem<br />
Atrium. Nach ähnlichem Prinzip<br />
schützen Termiten ihre Bauten<br />
vor Überhitzung.<br />
64 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
BIONIK <strong>65</strong>
Klasse statt Masse<br />
Antonio Gaudi stützte seine<br />
weltberühmte Kathedrale<br />
„Sagrada Familia“ mit<br />
schlanken, baumartigen<br />
Pfeilern. Frei Otto plante<br />
grazile „Baumstützen“ für<br />
das Dach des Stuttgarter<br />
Flughafens. Bäume sind ein<br />
ideales Vorbild für Architekten:<br />
Stabil und leicht<br />
zugleich trotzen sie selbst<br />
schweren Unwettern. An<br />
einer 25 Meter hohen Pappel<br />
wirken bei Sturm bis zu<br />
180 Tonnen Zuglast – das<br />
Gewicht von 45 Elefanten.<br />
Trotzdem knicken nur<br />
wenige Bäume um. Der<br />
Grund: Bäume verteilen die<br />
Angriffslasten gleichmäßig.<br />
An Stellen mit höherer<br />
Spannung bilden sie einfach<br />
dickere Jahresringe aus und<br />
entschärfen damit die Belastung.<br />
Ebenso wie Bäume<br />
funktionieren Knochen,<br />
Zähne oder Geweihe: Sie<br />
lagern genau an den Stellen<br />
Material an, wo die Belastung<br />
am stärksten ist. Den<br />
spanischen Architekten und<br />
Ingenieur Santiago Calatrava<br />
inspiriert das zu ebenso effizienten<br />
wie eleganten Entwürfen:<br />
Fische verwandeln<br />
sich dabei in Brücken,<br />
Augen werden zu Torbögen,<br />
Skelette zu Tragwerken.<br />
Das Skelett eines Seeigels<br />
stand Pate beim<br />
Entwurf des Architekten<br />
Göran Pohl für die Eisschnelllaufhalle<br />
in Erfurt.<br />
Die tragenden Rippen<br />
ähneln Knochenstrukturen<br />
aus dem Tierreich.<br />
Bild oben: das filigrane<br />
Tragwerk im Detail.<br />
Am seidenen Faden<br />
Das Dach des Münchner<br />
Olympiastadions sollte zum<br />
Symbol werden für heitere<br />
und unbeschwerte Spiele.<br />
Sein lichtes Tragwerk sieht<br />
aus wie von der Natur selbst<br />
entworfen: Zeltförmig überspannt<br />
es das Stadion, ragt<br />
weit in den Park, die Streben<br />
hangeln sich hinab bis<br />
zum Boden. Architekt Frei<br />
Otto ließ sich bei seinem<br />
Entwurf vom Netz der Zitterspinne<br />
inspirieren.<br />
Kein Wunder: Spinnennetze<br />
sind nicht nur ästhetische,<br />
sondern auch technische<br />
Meisterwerke. Ihre hauchdünnen<br />
Seidenfäden sind so<br />
reißfest, dass sie eine Biene<br />
in vollem Flug stoppen. Die<br />
Bewegungsenergie, die der<br />
Faden dabei aufnimmt, ist<br />
vergleichbar mit dem Aufprall<br />
eines Düsenjets in die<br />
Halteseile eines Flugzeugträgers.<br />
Viele Netze verfügen<br />
über Seidenfäden<br />
unterschiedlichster Qualität:<br />
steife Fäden als Gerüst, elastische<br />
Fangseide zum Abfedern<br />
der Bewegungsenergie<br />
beim Aufprall, Seiden zum<br />
Umherwandern oder zum<br />
Einspinnen der Beute.<br />
Für ihre Netze nutzt die<br />
Spinne Zugkonstruktionen,<br />
denn die verbrauchen weniger<br />
Material. Die Spinnfäden<br />
sind so dünn, dass<br />
ein einziger Faden, um den<br />
Äquator gewickelt, nicht<br />
mehr als 300 Gramm wiegen<br />
würde.<br />
Bei seinem Entwurf für<br />
das Münchner Olympia-<br />
stadion ließ sich Architekt<br />
Frei Otto vom Netz<br />
der Zitterspinne inspirieren.<br />
Denn Spinnennetze<br />
sind nicht nur bildschön<br />
– sie gelten auch technisch<br />
als Meisterwerke.<br />
66 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
BIONIK 67
Rettungsring mit Luftpolster:<br />
Die Außenhülle<br />
der Münchener Allianz<br />
Arena besteht aus<br />
2 760 luftgefüllten Kunststoffkissen.<br />
Als Vorbild<br />
dienen Pneus aus der<br />
Natur: leichte, lichtdurchlässige<br />
Hüllen, wie<br />
etwa bei Frucht- oder<br />
Seifenblasen.<br />
Lichtfalle: Das Fell des<br />
Eisbären sammelt und<br />
speichert Sonnenstrahlen.<br />
Nach dem gleichen<br />
Prinzip funktioniert<br />
Transparente Wärmedämmung<br />
(TWD).<br />
Leuchtende Luftkissen<br />
„Eine Fliege ist komplizierter als<br />
eine ganze Volkswirtschaft“<br />
Bionik-Pionier<br />
durchforsten nach ihren<br />
Auch in Sachen Energieeffi-<br />
Vierzig Jahre nach dem<br />
Olympiastadion hat München<br />
ein zweites Mal eines<br />
bestehen aus 2 760 Kunststoffkissen,<br />
die mit getrockneter<br />
Luft aufgeblasen sind.<br />
Schwimmbäder oder<br />
Gewächshäuser. Ihr Vorteil:<br />
Sie wiegen wenig, lassen<br />
Werner Nachtigall<br />
über den Ideen-<br />
Konstruktionen, Verfahrensweisen<br />
und Evolutionsprinzipien<br />
und diese zu verstezienz<br />
und Nachhaltigkeit ist<br />
uns die Natur oft um Längen<br />
voraus. Was können wir<br />
der schönsten Stadien der Über Schläuche entsteht aber viel Licht durch. Als<br />
reichtum der Natur hen. Die gewonnenen von ihr lernen?<br />
Welt geschenkt bekommen:<br />
die Allianz Arena. Der Neubau<br />
erhielt die Form eines<br />
in den Luftkissen ein Überdruck,<br />
der die Konstruktion<br />
in Form hält. Mit Luft ge-<br />
Vorbild dienen Verpackungen<br />
aus der Natur, wie etwa<br />
Fruchtblasen oder Frosch-<br />
und ihre genialste<br />
Erfi ndung.<br />
Daten dienen dem Ingenieur<br />
dann als Grundlage für<br />
technische, eigenständige<br />
Multifunktionaler zu denken.<br />
Die Technik ist häufig<br />
noch zu linear, sie nutzt<br />
Schlauchboots und leuchtet füllte Membranen überlaich. Flexibel und stabil<br />
Konstruktionen.<br />
lediglich ein Prinzip. Die<br />
wahlweise in Rot, Blau oder dachen mittlerweile nicht zugleich schützen sie ihren<br />
Natur optimiert das Ganze,<br />
Weiß. Dach und Fassade nur Stadien, sondern auch wertvollen Inhalt.<br />
Neben den genialen Vorbil- Die Natur gibt quasi den sie ver wendet alle Ressourdern<br />
aus der Natur wirken Anstoß ...<br />
cen, die vorhanden sind.<br />
die Erfindungen des Men- Sie liefert uns wertvolle An- Und sie produziert keinen<br />
schen manchmal fast primiregungen. Schließlich ver- Müll. Naturprodukte zertiv.<br />
Was hat uns die Natur folgen wir analoge Prinzifallen in ihre Bestandteile<br />
Sonnenfänger<br />
voraus?<br />
In einem Satz gesagt: rund<br />
pien – etwa Energie einzusparen.<br />
Die Industrie nimmt<br />
und stehen dem Kreislauf<br />
anschließend wieder zur<br />
200 Millionen Jahre Ent- unsere Anregungen gern Verfügung.<br />
Nicht nur mit Solarkollek- TWD lieferte der Eisbär.<br />
wicklungsgeschichte. Ein auf, sie braucht Innovatitoren<br />
lässt sich Wärme ein- Um die eisige Kälte in der<br />
gigantischer Ideenfundus! onen. Viele Produkte – Müssen wir langfristiger<br />
fangen, sondern auch mit Arktis zu überleben, muss<br />
Trotzdem lässt sich die ob Waschmaschinen oder denken?<br />
Fassaden. Architekten nut- er seine Körper temperatur<br />
Natur nicht einfach kopie- Autos – ähneln sich. Ideen Ich glaube schon. Zum Beizen<br />
dazu die „Transparente konstant bei 37 Grad halren.<br />
Bionik zu betreiben aus der Natur sind unkonspiel sollte in die Energie-<br />
Wärmedämmung“ (TWD). ten. Doch wie geht das<br />
bedeutet, die Natur zu ventioneller.bilanz<br />
eines Gebäudes nicht<br />
Sie besteht aus durchsich- ohne schützende Höhlen?<br />
tigen Glasröhrchen, die das Das Fell des Eisbären funk-<br />
Sonnenlicht sammeln und tioniert wie eine Lichtfalle:<br />
auf die Hauswand weiterlei- Die röh renförmigen Haare<br />
ten. Die dunkel gestrichene leiten das Sonnenlicht nach<br />
Wand absorbiert es und gibt innen auf die schwarze<br />
die Wärme zeitverzögert an Haut, die die Sonnen strah-<br />
die dahinter liegenden len speichert. Luftpolster<br />
Räume ab. Der Vorteil: Tags- im Fell versperren den<br />
über wird es nicht zu heiß, Rückweg und sorgen dafür,<br />
Im Profil:<br />
nachts kühlen die Räume<br />
nicht aus. Das Vorbild für<br />
dass die Wärme nicht nach<br />
außen entweicht.<br />
Professor Dr. Werner Nachtigall, geboren 1934, ist einer der Pioniere der Bionik in Deutschland.<br />
Als Direktor des Zoologischen Instituts der Universität des Saarlandes gründete er 1990<br />
die Ausbildungsrichtung „Technische Biologie und Bionik“ und eine Gesellschaft gleichen<br />
Namens. Er hat über 300 wissenschaftliche Arbeiten und mehr als 30 Bücher geschrieben,<br />
wurde mehrfach ausgezeichnet und ist Mitgestalter des bundesweiten Bionik-Kompetenznetzes<br />
Biokon. www.biokon.net<br />
nur der Energieverbrauch<br />
einfließen, sondern auch<br />
seine Lebenszeit und das<br />
Recycling von Baustoffen.<br />
Für welche Erfindung beneiden<br />
Sie die Natur am meisten?<br />
Für ihre komplexe Steuerung:<br />
Eine einzige Fliege ist<br />
komplizierter als eine ganze<br />
Volkswirtschaft. Als Kind<br />
habe ich mich immer gefragt:<br />
Wie macht das eine<br />
Fliege, ihre Flügel 200-mal<br />
pro Sekunde auf und ab zu<br />
bewegen? So was zu steuern,<br />
schafft nur die Natur.<br />
68 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
BIONIK 69
Wohin entwickelt<br />
sich die moderne<br />
Großstadt? Wie<br />
funktioniert die<br />
Architektur der<br />
Zukunft? Stefan<br />
Häfner gibt Antworten<br />
in Gestalt<br />
von mannshohen<br />
Pappmodellen. Sein<br />
Zugang zum The-<br />
Stefan Häfner (49): „Ich wäre froh, wenn einer das Zukunftskaufhaus in echt aufbauen würde.<br />
Man bräuchte einen Platz so groß wie ein Fußballplatz. Es wäre ein tolles Erlebnis, da dabei zu<br />
sein. Es würde mir Spaß machen, da drin einzukaufen und ins Kino zu gehen. Und ich könnte<br />
gucken, ob ich mir alles richtig ausgedacht habe.“<br />
Visionen aus Pappe<br />
ma ist rein intuitiv.<br />
Von intel lektuellen<br />
Diskus sionen weiß<br />
er nichts – wie alle<br />
Künstler, die nur am<br />
Wochenende das<br />
Atelier Goldstein mit<br />
Leben füllen. Unter<br />
der Woche arbeiten<br />
sie in den Praunheimer<br />
Werkstätten.<br />
70 MAINOVA M<strong>AG</strong>AZIN 08<br />
VISIONEN 71
M<br />
it der Heißklebepistole<br />
in der einen, einem silberfarbenen<br />
Bogen in der<br />
anderen Hand steht er vor<br />
seinem „Zukunftskaufhaus“.<br />
Letzte Handgriffe an der<br />
Dachkonstruktion stehen<br />
an. Alle anderen Geschosse<br />
sind fertig. Wie immer hat<br />
Stefan Häfner sein Gebäude<br />
konsequent von unten nach<br />
oben entwickelt. Liebevoll<br />
und detailvernarrt richtet er<br />
jedes Stockwerk fertig ein,<br />
bis schließlich Heizkörper,<br />
Toilettenschüsseln, Tische,<br />
Stühle oder Kaffeemaschinen<br />
unter der aufgesetzten<br />
Geschossdecke verschwinden.<br />
Der Betrachter sieht<br />
davon später nur noch so<br />
viel, wie die Fenster Einblick<br />
gewähren. Doch Stefan<br />
Häfner behält alles im Kopf.<br />
Wenn er über seine Gebilde<br />
doziert, scheint er sie im<br />
Geist zu durchwandern:<br />
„Hier unten ist ein Aufzug,<br />
der bis aufs Dach führt.<br />
Ganz unten ist das Lager<br />
vom Kaufhaus. In drei<br />
Stockwerken kann man<br />
einkaufen. Da gibt es alles:<br />
Musikinstrumente, Damenunterwäsche,<br />
Kühlschränke<br />
und einen Getränkemarkt.<br />
Wer Hunger hat, kann hinaufgehen<br />
zum McDonalds.<br />
Daneben ist ein Kino. Und<br />
darüber kann man dann<br />
zusammen tanzen gehen.<br />
Abends, wenn alle müde<br />
sind, können sie oben im<br />
Hotel übernachten.“ Ein Jahr<br />
lang hat Häfner daran gearbeitet,<br />
seiner Vision Gestalt<br />
aus Pappe zu verleihen.<br />
Während der ambitionierte<br />
Baumeister lebhaft sein<br />
Zukunftskaufhaus erläutert,<br />
herrscht auch in den anderen<br />
Räumen reges Treiben.<br />
Im Atelier Goldstein können<br />
die Künstler kommen<br />
und gehen, wie es ihnen<br />
gefällt, und samstags kommen<br />
sie fast alle. Hans-Jörg<br />
Georgi lässt dann aus Bergen<br />
grau er Pappreste Flugzeuge<br />
ent stehen: riesengroß,<br />
stabil und detailreich.<br />
In einem benachbarten<br />
Raum komponiert Christa<br />
Sauer mit viel Farbgefühl<br />
harmonische Gemälde –<br />
am liebsten aus Kreisen.<br />
Wo der Arm nicht hinreicht,<br />
ver wendet sie einen<br />
Besen. In diesem Atelier<br />
können 18 Erwachsene mit<br />
„Einfache Kaufhäuser gefallen mir nicht. Zu eckig.<br />
Da denke ich oft: Die könnte man doch verändern.“<br />
„Florenz ist mir zu verschnörkelt. Ich ziehe Modernes vor,<br />
was eher chic aussieht.“<br />
unterschiedlichen Behinderun<br />
gen ihre Kreativität<br />
entfalten, ungestört von<br />
der Umwelt, aber nicht<br />
unbeeinflusst: Holger<br />
Frischkorns großflächige<br />
und farbintensive Köpfe<br />
und Figuren sehen den<br />
Betrachter mit großen<br />
Augen an – und erinnern<br />
an Plakatkunst und Pop.<br />
Markus Schmitz’ gezeichneten<br />
und ausgeschnittenen<br />
Schönheiten liegen<br />
Vorbilder aus Modezeitschriften<br />
zugrunde Und<br />
auch Birgit Ziegert, die<br />
geheimnisvolle Fabel wesen<br />
mit schwarzem Garn<br />
auf weißen Grund näht,<br />
bereichert ihre eigenen<br />
Fantasien um die Illustrationen<br />
aus einem Tierbuch.<br />
Immer häufiger wandern<br />
die Kunstwerke von hier aus<br />
in Ausstellungen. Auch die<br />
von Stefan Häfner. Sein umfangreichstes<br />
Werk, die „Zukunftsstadt“,<br />
hat das Atelier<br />
inzwischen für immer verlassen.<br />
Es ist nun Teil der<br />
Sammlung des Deutschen<br />
Architektur museums. Stunden<br />
später hantiert Stefan<br />
Häfner noch immer geduldig<br />
mit der Klebepistole. Er<br />
widmet sich hier als Einziger<br />
der Architektur. Oft steht er<br />
schon mit Plastik tüten voller<br />
vorgefertigter Bauelemente<br />
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VISIONEN 73
in der Tür. Die klebt er<br />
abends zu Hause zusammen.<br />
Basismaterial: Streichholzschachteln.<br />
Als Frankfurter sammelt er<br />
täglich Stadtimpressionen,<br />
manche fängt er mit seiner<br />
Kamera ein. Er beobachtet<br />
Baustellen, städtische Veränderungen<br />
und neue Gestaltungsideen.<br />
Und bewertet<br />
meist, was er sieht, als<br />
„langweilig“. Sein Interesse<br />
gilt der Zukunft, dem Fortschritt,<br />
der Veränderung.<br />
Unzählige Wiederholungen<br />
von Raumschiff Enterprise<br />
hat er sich angesehen. „Danach<br />
habe ich Skizzen ge-<br />
Atelier Goldstein<br />
macht und was mir davon<br />
am nächsten Morgen am<br />
besten gefallen hat, habe<br />
ich gebaut.“ Nie bilden<br />
seine Gebäudekomplexe<br />
einfache Quader. Vielmehr<br />
ragt immer wieder ein Geschoss<br />
heraus, während ein<br />
anderes für eine vorgelagerte<br />
Terrasse zurückweicht.<br />
Die Fenster stehen immer<br />
häufiger schräg in der Wand,<br />
einzelne Fassadenabschnitte<br />
kippen nach vorn. Nicht nur<br />
formal erweist sich der besessene<br />
Auto didakt als ambitioniert.<br />
Seine Gebilde gleichen<br />
den Wohn maschinen<br />
von Le Corbusier. Sie bieten<br />
Das Atelier Goldstein in Frankfurt existiert seit<br />
2001, gegründet und bis heute geleitet von der<br />
Bühnenbildnerin Christiane Cuticchio. Träger des<br />
Ateliers ist die Lebenshilfe Frankfurt, unterstützt<br />
durch zahlreiche Förderer, unter anderen auch<br />
<strong>Mainova</strong>. Die Einrichtung bietet ausgewählten<br />
Erwachsenen mit Behinderungen einen Ort, um<br />
ihr kre atives Potenzial zu entfalten. Im November<br />
2003 bestückten die Künstler des Ateliers ihre<br />
erste öffentliche Ausstellung im Alten Hauptzollamt<br />
Frankfurt. Es folgten zahlreiche Einzel- und<br />
Gruppenausstellungen. Im Jahr 2005 präsentierte<br />
das Deutsche Architektur Museum (DAM) erstmals<br />
die Zukunftsstadt von Stefan Häfner, die das DAM<br />
für seine Sammlung erworben hat und seither auf<br />
Ausstellungstournee schickt.<br />
Kontakt: Ingrid Baums<br />
info@lebenshilfe-ffm.de<br />
www.atelier-goldstein.de<br />
„Ich guck viel Forschung & Technik im Fernsehen. Einmal hab ich<br />
einen Bericht gesehen über Amerika: Die haben Wassertanks auf<br />
den Hochhäusern. Damit können sie auf Knopfdruck Brände<br />
löschen. Da habe ich gedacht, ich könnt ja Schwimmbad und Wassertank<br />
verbinden. In meiner Zukunftsstadt ist jetzt ein Schwimmbad<br />
auf dem Dach. Auf Knopfdruck kann man den Boden öffnen<br />
und damit löschen, wenn es brennt.“<br />
zahlreiche Funktionen unter<br />
einem Dach, von denen alle<br />
Bewohner profitieren sollen.<br />
Seine „Zukunftsstadt“, ein<br />
Modell aus verschiedenen<br />
Gebäudekomplexen, bietet<br />
umlaufende Terrassen und<br />
ein Schwimmbad auf dem<br />
Dach für jedermann. Funktionieren<br />
müssen die Gebilde<br />
obendrein. So ruhen<br />
sie alle auf Pfeilern. „Gegen<br />
Hochwasser“, erklärt der<br />
Baumeister. Außerdem Platz<br />
sparend. An Nottreppen im<br />
Brandfall ist immer gedacht.<br />
Jeder Raum ist mit einer<br />
Alarm anlage ausgestattet, in<br />
jedem Geschoss gibt es<br />
mehrfach Löscheinrichtungen.<br />
Das Schwimmbecken<br />
auf dem Dach bildet<br />
zugleich ein Wasserreservoir,<br />
um sich im Brandfall zum<br />
Löschen zu öffnen. Wenn<br />
ganz zum Schluss der „Bauarbeiten“<br />
sämtliche Kabel<br />
verlötet sind und ein Trafo<br />
dafür sorgt, dass die unzähligen<br />
Lämpchen alle Räume<br />
zum Leuchten bringen,<br />
scheinen die Gebilde tatsächlich<br />
zum Leben zu<br />
erwachen.<br />
Interview<br />
Welche Bedeutung hat die<br />
Zukunftsstadt von Stefan<br />
Häfner für die Sammlung<br />
des DAM?<br />
Mit den Arbeiten von Stefan<br />
Häfner haben wir zum ersten<br />
Mal ein Kunstwerk aus<br />
der Gruppe der Outsider<br />
Artists in unsere Sammlung<br />
aufgenommen. Um mit Erstaunen<br />
festzustellen: Es ist<br />
eines der am meisten ausgeliehenen<br />
und angefragten<br />
Exponate der Sammlung.<br />
Wir knüpfen an dieses Interesse<br />
jetzt an mit unserer<br />
aktuellen Ausstellung „Heterotopia“<br />
vom 31. Mai bis<br />
24. August. Dieser Begriff<br />
von Michel Foucault bedeutet<br />
so viel wie „andere Orte“.<br />
Wir zeigen ausschließlich<br />
architekturrelevante Zeichnungen<br />
und Modelle von<br />
Outsider Artists. Auch Stefan<br />
Häfner ist mit drei Bauten<br />
der Zukunftsstadt vertreten.<br />
Sie sind von Haus aus Architekt.<br />
Worin sehen Sie die<br />
Besonderheiten des „Architekten“<br />
Stefan Häfner?<br />
Stefan Häfner ist ein ausgesprochen<br />
passionierter Baumeister.<br />
Er trägt alles in sich,<br />
was einen Architekten auszeichnet,<br />
auch wenn er nie<br />
eine Ausbildung machen<br />
konnte. Ihn kennzeichnet<br />
die Lust, eine neue Welt zu<br />
schaffen. Dabei hat er interessanteKonstruktionssysteme<br />
erfunden. Er fertigt ja<br />
alles zu Hause vor. Das Besondere<br />
an ihm ist: Er lebt<br />
in seiner Welt. In seinen<br />
Augen baut er keine Modelle,<br />
für ihn sind sie echt.<br />
Das Deutsche Architekturmuseum (DAM)<br />
Er kann seine „anderen Orte“<br />
geistig durchwandern. In<br />
meinen Augen hat er also<br />
typische Eigenschaften, die<br />
denen seiner Profikollegen<br />
in nichts nachstehen. Und<br />
viele Profis nehmen ihn<br />
auch genau so ernst. Sie<br />
laden ihn auf ihre Baustellen<br />
ein, lassen ihn also ihre<br />
eigenen Werke durchwandern.<br />
So befruchten sich<br />
beide gegenseitig.<br />
Stehen Häfners Arbeiten<br />
in einer erkennbaren Tradition?<br />
Häfner selbst hat keine Vorbilder,<br />
er kennt Le Corbusiers<br />
Wohnmaschinen ja nicht.<br />
Aber eines ist sicher: Er arbeitet<br />
nicht außerhalb seiner<br />
Zeit. Auch ohne architektonische<br />
Vorbildung ist<br />
er von Zeitschriften und<br />
Fernsehen beeinflusst. Und<br />
er spaziert viel durch die<br />
Stadt. Wo er seine merkwürdig<br />
aufgeständerte Bauweise<br />
her hat, weiß niemand.<br />
Ansonsten hat er<br />
einen Bautypus geschaffen,<br />
der an die Moderne der<br />
Sechziger- und Siebzigerjahre<br />
erinnert. Und das ist<br />
auch die Zeit, in der er aufgewachsen<br />
ist. Aber aus<br />
Frankfurt kennt er diese<br />
Architektur nicht. Er nimmt<br />
schnell Einflüsse auf. Als<br />
seine Zukunfts stadt hier im<br />
DAM ausgestellt war, kam<br />
er jeden Tag ins Museum.<br />
Da hat er Dinge gesehen,<br />
die er vorher noch nie<br />
gesehen hatte. Seither baut<br />
er nicht mehr so streng<br />
rechteckig.<br />
Peter Cachola Schmal, Direktor<br />
des Deutschen Architekturmuseums<br />
(DAM), begann seine Laufbahn<br />
als freier Architekt und<br />
Architekturkritiker in Frankfurt<br />
am Main. Am DAM war er seit<br />
2000 als Kurator tätig, bevor er<br />
2006 Direktor wurde.<br />
Als erstes Architekturmuseum in Deutschland öffnete das DAM 1984 am Schaumainkai seine Pforten. Seither widmet es aktuellen<br />
Projekten der modernen Architektur im In- und Ausland jedes Jahr mehrere große Ausstellungen. Mit einer Sammlung<br />
aus 180 000 Architekturplänen und Zeichnungen sowie 600 Modellen besitzt das Haus einen beachtlichen Fundus. Stoff für<br />
Ausstellungen über Tendenzen und Perioden des 20. Jahrhunderts bieten Stiche, Skizzen und Zeichnungen von Schinkel bis<br />
Gehry, von Mies van der Rohe bis zur Architektengruppe Archigram. Eine umfassende historische Rückblende bietet die Dauerausstellung<br />
„Von der Urhütte zum Wolkenkratzer“: 24 Großmodelle veranschaulichen die Bau- und Siedlungsgeschichte von<br />
der Steinzeit bis zur Gegenwart. Architektonisch steht das DAM als Symbol für sein Thema, ist das größte Exponat in der<br />
eigenen Sammlung: Der Kölner Architekt Oswald Mathias Ungers hat das Museum als Haus-im-Haus konzipiert, realisiert in<br />
einer vollständig entkernten Gründerzeitvilla, umgeben von einer Glashalle. www.dam-online.de<br />
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Impressum/Kontakt<br />
Herausgeber<br />
<strong>Mainova</strong> <strong>AG</strong><br />
Solmsstraße 38<br />
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Telefax 069 213-81122<br />
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Redaktion<br />
Kommunikation<br />
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in Zusammenarbeit mit KOMMIT Medien GmbH,<br />
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Art Direction<br />
Harald Burghardt<br />
Gestaltung und Satz<br />
Medienwerkstatt Nord GmbH<br />
www.trurnit.de<br />
Bildnachweise<br />
Paul Langrock/Zenit/laif, S. 2, 16, 20, 24<br />
Martin Leclaire, S. 7, 8/9, 46-51<br />
Tom Wolf, Altarfalz S. 10-13, S. 52-56<br />
Dieter Leistner/artur, S. 17<br />
Barbara Staubach/artur, S. 18, 21 unten rechts<br />
Tomas Riehle/artur, S. 21 oben<br />
Stephan Morgenstern/laif, S. 21 unten links<br />
Frank Melcher, S. 23, 25, 26, 27, 28<br />
Klaus Meyer-Ude/Institut für<br />
Stadtgeschichte, Frankfurt, S. 31<br />
KSP Engel und Zimmermann Architekten, S. 32, 35<br />
Achim Reissner, Hofheim, S. 33-37<br />
ABG Frankfurt GmbH, S. 41, 44, 45<br />
Deutsche Lufthansa <strong>AG</strong>, S. 56, 57<br />
LSG Sky Chefs, S. 58<br />
Neumann + Partner Architekten Ingenieure,<br />
Frankfurt, S. 59, 60<br />
Pohl Architekten Stadtplaner,<br />
Jena/feat.fotodesign, S. 62, 63, <strong>65</strong>, 66<br />
Kreditanstalt für Wiederaufbau, Frankfurt, S. <strong>65</strong><br />
Atelier Goldstein, Frankfurt, S. 70-75<br />
Druck<br />
Druckerei Hassmüller Grafische Betriebe, Frankfurt<br />
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