13.07.2015 Aufrufe

ENTWURFSFASSUNG / DR - Lehrstuhl für Öffentliches Recht II

ENTWURFSFASSUNG / DR - Lehrstuhl für Öffentliches Recht II

ENTWURFSFASSUNG / DR - Lehrstuhl für Öffentliches Recht II

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Propädeutische ÜbungBesonderes Verwaltungsrecht(SS 2010)Fall 9: „Nachbarfreuden“ (Baurecht)Frage 1: Baurechtliche Beurteilung der Schwimmbecken- da es sich bei den (aus Bauprodukten hergestellten und mit dem Erdboden zu verbindenden)Schwimmbecken um (bauliche) Anlagen i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Satz 1BayBO handelt, stellt ihre Errichtung einen bauordnungsrechtlich relevanten Sachverhaltdar, vgl. Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 BayBO- daher gilt die allgemeine Genehmigungspflicht des Art. 55 Abs. 1 BayBO für die Errichtungdieser Anlagen – allerdings unter dem Vorbehalt der Ausnahmeregelungen insbesondereder Artt. 57 f. BayBO- verfahrensfreie Zulässigkeit gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 10 lit. a BayBO- jedes einzelne Becken ist mit einem Fassungsvermögen von 24 m 3 kleiner als 100 m 3- das Gelände des Biergartens, in den die Becken integriert werden sollen, befindet sichim Stadtgebiet, d.h. im unbeplanten Innenbereich (vgl. § 34 BauGB) oder im Geltungsbereicheines Bebauungsplanes (vgl. § 30 BauGB), und damit nicht im Außenbereich(§ 35 BauGB)- demnach ist weder eine Baugenehmigung gemäß Artt. 59, 60 BayBO noch die Durchführungeines Genehmigungsfreistellungsverfahrens nach Art. 58 BayBO erforderlich- Auswirkungen des Umstandes, dass nicht nur ein, sondern mehrere Becken geplant sind- die fünf Becken à 24 m 3 ergeben insgesamt einen Beckeninhalt von 120 m 3 und übersteigendamit die genehmigungsfreie Beckengröße des Art. 57 Abs. 1 Nr. 10 lit. aBayBO- eine Zusammenrechnung kleinerer Projekte erfolgt z.B. wegen neuer, potenzierter Gefahren,die sich aus der kumulativen Durchführung ergeben- für die Ermittlung solcher möglicher Gefahren ist zuerst zu untersuchen, aus welchenGründen hier die einzelnen Vorhaben genehmigungsfrei gestellt wurden – wenn dieseGründe bei einer Vervielfältigung des Einzelprojekts nicht mehr gelten, kann eine Zusammenrechnungerforderlich werden- Art. 57 BayBO stellt kleinere Vorhaben, deren Realisierung keine oder nur geringeGefahren für die Schutzgüter der bauordnungsrechtlichen Generalklausel, nämlich dieöffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben und Gesundheit und die natürlichenLebensgrundlagen, befürchten lässt, von der grundsätzlichen Genehmigungspflichtdes Art. 55 BayBO frei – Ziel ist die Entlastung der Verwaltungsbehördenbei einfachen, harmlosen Vorhaben- dafür müssen die Vorhaben in jeder Hinsicht selbständige Einzelvorhaben sein unddürfen nicht unselbständiger Teil eines einheitlich auszuführenden Gesamtvorhabenssein- ferner sind die einzelnen Tatbestände des Art. 57 BayBO als Ausnahmeregelungeneng auszulegen1


- Zusammenrechnung der Volumen der Schwimmbecken im konkreten Fall?- die fünf Becken weisen keinen verbindenden baurechtlichen Zusammenhang z.B.durch Rutschen o.ä. auf; eine Vergrößerung der Gefahr durch die Ansammlung derBecken gegenüber einem einzelnen Becken ist nicht erkennbar – dabei ist insbesonderezu bedenken, dass für den „Gefahrenvergleich“ mit einem einzelnen Becken nichtauf die hier geplanten 4 m x 4 m Becken abzustellen ist, da auch ein einzelnes Beckenmit Ausmaßen von 8 m x 8 m auf gleichbleibender Tiefe von 1,50 m mit unter 100 m 3Beckeninhalt noch verfahrensfrei zulässig wäre; mithin erscheint eine Zusammenrechnungim konkreten Fall nicht erforderlich- a.A. vertretbar, mit dem Argument, dass die Umgestaltung des Biergartens ein einheitlichesGesamtvorhaben darstellt, das einen inneren Zusammenhang aufweist, da eineinzelnes Becken dieser Größe nicht zur Zielerreichung eines "Fun-Biergartens" ausgereichthätte – allerdings wären vier Becken der geplanten Größe selbst bei Zusammenrechnungaufgrund ihres Gesamtvolumens von nur 96 m 3 noch verfahrensfreiExkurs: Abgrabungsrechtliche Beurteilung der Anlage- Ausheben der Beckenlöcher als sonstige Abgrabungen im Sinne des Art. 1 BayAbgrG[Ziegler/Tremel Nr. 61]- genehmigungsfrei gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayAbgrG – da für die Becken miteiner Tiefe von 1,50 m nicht tiefer als 2 m gegraben werden muss und selbst die Gesamtabgrabungsflächemit (4 m x 4 m x 5 =) 80 m 2 deutlich unter der gesetzlichen Obergrenzevon 500 m 2 liegt→ danach dürfen die Becken sofort errichtet werden- der Betreiber muss selbständig die Einhaltung der (sonstigen) öffentlich-rechtlichen Anforderungensicherstellen – vgl. Art. 55 Abs. 2 BayBO; dabei ist hier insbesondere auchan das Gewerbe- und Gaststättenrecht zu denken- der Bauherr kann bei Zweifeln eine formlose Anfrage mit einer kurzen Beschreibung undeiner Lageskizze an die Bauaufsichtsbehörde richtenFrage 2a: Verfahrensrechtliche <strong>Recht</strong>mäßigkeit des Baubeginns- wiederum gilt die allgemeine Genehmigungspflicht gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO für dieErrichtung jeglicher Anlagen, denn ein Wohnhaus ist eine bauliche Anlage i.S.v. Art. 2Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Satz 1 BayBO- aber: möglicherweise Genehmigungsfreistellung gemäß Art. 58 Abs. 1 Satz 1 BayBO1. Voraussetzungen der Genehmigungsfreistellung- freigestellt werden bauliche Anlagen, die keine Sonderbauten sind – Art. 55 Abs. 1 Satz 1i.V.m. Art. 2 Abs. 4 BayBO- in dem konkreten Haus darf dafür nach Art. 2 Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 BayBOdie Fußbodenoberkante des höchstgelegenen Geschosses, in dem ein Aufenthaltsraummöglich ist, im Mittel nicht mehr als 22 m über der Geländeoberfläche liegen – das Haus2


der Marlies hat nur zwei Etagen und ein nicht begehbares Dachgeschoß (in dem sich keineAufenthaltsräume befinden) – maßgeblich ist also der Fußboden im ersten Stock, dessenHöhe sich aus der Raumhöhe im Erdgeschoß plus der Stärke der Decke bzw. des Bodenszwischen Erdgeschoß und erstem Stock ergibt- der Sachverhalt enthält keine Angaben über eine ungewöhnlich große Raumhöhe für dasErdgeschoß; im Allgemeinen sind für Wohnräume Höhen zwischen 2,50 m und 3,50 müblich, wovon auch bei dem konkreten Haus auszugehen ist→ in dem Haus ist kein Fußboden höher als 22 m- nach Art. 2 Abs. 4 Nr. 3 BayBO dürfte die Fläche des größten Geschosses nicht mehr als1.600 m 2 betragen – da es sich bei dem Haus der Marlies jedoch um ein Wohnhaus handelt,wäre es selbst bei Überschreitung dieses Grenzwertes kein Sonderbau- obwohl Marlies ihr Haus auch für diverse Damenkränzchen nutzen will, wandelt sich dessenCharakter nicht vom Wohnhaus zur Versammlungsstätte (Art. 2 Abs. 4 Nr. 7 BayBO),zur Gaststätte (Art. 2 Abs. 4 Nr. 8 BayBO) oder zu einer sonstigen besonders gefährlichenAnlage (Art. 2 Abs. 4 Nr. 18 BayBO)- das Vorhaben muss gemäß Art. 58 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BayBO im Geltungsbereich einesqualifizierten Bebauungsplanes liegen und mit dessen Festsetzungen übereinstimmen –laut Sachverhalt gilt der qualifizierte Bebauungsplan „Schnepfenruh“ für das Grundstückund steht dem Gebäude nicht entgegen- die Erschließung ist – wie von Art. 58 Abs. 2 Nr. 3 BayBO gefordert – ebenfalls lautSachverhalt gesichert- die Stadt Bayreuth hat nicht gemäß Art. 58 Abs. 2 Nr. 4 BayBO erklärt, dass das (vereinfachte)Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden soll2. Verfahren der Genehmigungsfreistellung- kommt danach im konkreten Fall also das Genehmigungsfreistellungsverfahren zur Anwendung,so darf mit dem Bau der Anlage nur begonnen werden, wenn die insoweit maßgeblichenVerfahrensvoraussetzungen erfüllt sind- die erforderlichen Unterlagen (vgl. § 1 Abs. 1 und § 3 BauVorlV [Ziegler/Tremel Nr. 62])hat die Marlies als Bauherrin durch den von ihr beauftragten Architekten Diethelm Störschon Anfang September 2009 vorlegen lassen; gemäß Art. 58 Abs. 3 Satz 1 BayBO (inAbgrenzung zu Art. 61 Abs. 1 BayBO) kann sie dies zwar selbst erledigen, aber sie darfnatürlich auch weiterhin einen Vertreter (der nach Art. 61 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBO alsArchitekt bauvorlageberechtigt ist) damit betrauen- Benachrichtigung der Nachbarn – Art. 58 Abs. 3 Satz 2 BayBO- bezüglich Wurtzner nicht erfolgt, denn er erfährt erst durch den Baubeginn von denPlänen seiner Nachbarin- die Fehlerfolge ergibt sich aus Art. 58 Abs. 3 Satz 2 2. HS BayBO i.V.m. Art. 66BayBO, wonach die Unterlassung der Nachbarbenachrichtigung für die Zulässigkeitdes Baubeginns keine Folgen zeitigt- allerdings kann eine nicht ausreichende Benachrichtigung bei der Ermessensausübungbei etwaigen bauaufsichtlichen Maßnahmen zu berücksichtigen sein- Ablauf der Monatsfrist gemäß Art. 58 Abs. 3 Satz 3 BayBO – die Vorlage erfolgte AnfangSeptember, damit war die Frist bei Baubeginn am 14. Oktober schon abgelaufen3


- Erstellung der bautechnischen Nachweise gemäß Art. 58 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. 62 BayBO– durch den Architekten Diethelm Stör – ist mangels gegenteiliger Hinweise im Sachverhaltzu bejahen- Vorliegen der Nachweise an der Baustelle, Absteckung der Grundfläche und Festlegungder Höhenlage gemäß Art. 58 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Art. 68 Abs. 6 BayBO – durch den ArchitektenStör (mangels gegenteiliger Hinweise im Sachverhalt) erfolgt- schriftliche Mitteilung des Baubeginns an die Bauaufsichtsbehörde gemäß Art. 58 Abs. 5Satz 2 i.V.m. Art. 68 Abs. 5 Nr. 3 und Abs. 7 BayBO eine Woche vor Baubeginn – durchEinschreiben des Stör vom 1. Oktober 2009; da im Sachverhalt keine Angabe zu einerverzögerten Übermittlung des Schreibens enthalten ist, genügt die Zeit von Absendung biszum Baubeginn am 14. Oktober 2009 für die Einhaltung der Wochenfrist→ Damit sind alle Voraussetzungen erfüllt, der Baubeginn ist also zulässig gewesen.Frage 2b: Materielle Zulässigkeit der Gebäudeerrichtung- Prüfungsmaßstab: jegliches öffentliches <strong>Recht</strong>, Art. 55 Abs. 2 BayBO (insoweit vom ordentlichenund vereinfachten Baugenehmigungsverfahren, Artt. 59, 60 BayBO zu unterscheiden– auf deren Prüfungsgegenstand kommt es nur an, wenn eine Baugenehmigungbenötigt wird)- Bauplanungsrecht – §§ 29 ff. BauGB- hier ist der qualifizierte Bebauungsplan "Schnepfenruh" maßgeblich, vgl. § 30 Abs. 1BauGB – seine Vorgaben sind laut Sachverhalt eingehalten- Bauordnungsrecht – Artt. 3 ff. BayBO- keine Anhaltspunkte für die Verletzung irgendwelcher bauordnungsrechtlicher Vorschriften– insbesondere keine Angaben über Abstandsflächen oder verunstaltendeWirkung der Gebäudegestaltung- sonstiges öffentliches <strong>Recht</strong>- z.B. BImSchG, GastG, GewO oder Denkmalschutz, Naturschutz, Wasserrecht- auch hier ist keine Verletzung erkennbar- das Gebäude verstößt nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, seine Errichtung istdanach auch materiell zulässig; d.h. nach durchlaufenem Genehmigungsfreistellungsverfahrendarf Marlies ihr geplantes Wohnhaus errichten – sie bedarf dafür weder einer Baugenehmigung(nicht einmal im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren), noch kann dieBauaufsichtsbehörde aufgrund materieller Verletzungen des öffentlichen <strong>Recht</strong>s gegen diebauliche Anlage gemäß Artt. 75 f. BayBO vorgehenFrage 3: Reaktion der Bauaufsichtsbehörde- zuständige Bauaufsichtsbehörde ist gemäß Art. 53 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1, 54 Abs. 1BayBO i.V.m. Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayGO und Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG die kreisfreieStadt Bayreuth- die Bauaufsichtsbehörde wird in Wahrnehmung ihrer Befugnisse gegen den Öltank vorgehen,wenn die Tatbestandsvoraussetzungen hierfür gegeben sind und – bei bestehendemErmessen – ihr dieses Vorgehen zweckmäßig erscheint4


I. Baubeseitigungsanordnung, Art. 76 Satz 1 BayBO- als Spezialregelung zur allgemeinen Befugnisnorm des Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO- Gegenstand können nicht nur bauliche Anlagen gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayBO, sondernalle Anlagen gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 4 BayBO sein – der Öltank ist aus Bauproduktenhergestellt und mit dem Erdboden verbunden, daher handelt es sich bei ihm sogarum eine bauliche Anlage gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayBO- die Baubeseitigungsanordnung gemäß Art. 76 Satz 1 BayBO stellt einen besonders intensivenEingriff in die <strong>Recht</strong>sstellung des Bauherrn dar; nach hM wird eine Anlage dahernur dann „im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften“ errichtet/geändert,wenn sie zugleich formell und materiell illegal ist; dies ergibt sich schon aus dem Wortlautdes § 76 S. 1 a.E. AO, da bei bloßer formeller Illegalität durch die Durchführung einesGenehmigungsverfahrens „auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werdenkönnen“. Das Erfordernis der kumulativen Prüfung ist letztlich Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.Nach anderer Aufbauvariante ist der Hs. „auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestelltwerden können“ als eigenständiges Tatbestandsmerkmal zu prüfen1. Formelle Illegalität- Formelle Illegalität ist gegeben, wenn eine Anlage zwar genehmigungspflichtig ist, aberkeine Genehmigung vorliegt. Bei Verfahrensfreiheit käme es nur auf die materielle Illegalitätana) Genehmigungspflichtigkeit, Art. 55 Abs. 1 BayBO- der Öltank ist eine bauliche Anlage gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayBO, seine Errichtungbzw. Aufstellung war damit grundsätzlich genehmigungspflichtigb) Verfahrensfreiheit, Art. 57 BayBO- Art. 57 Abs. 1 Nr. 6 lit. b BayBO ist nicht einschlägig, da der Tank, der mit dem Öl einebrennbare Flüssigkeit enthält, einen Rauminhalt von nicht nur 10 m 3 sondern 12 m 3 hat –lit. c würde zwar Behälter bis zu einem Volumen von 50 m 3 zulassen, dies gilt aber nurfür sonstige, d.h. nicht aufgrund ihres Inhalts unter lit. b fallende Behälter→ Da für den genehmigungspflichtigen Öltank weder ein Genehmigungsfreistellungsverfahrennoch ein Baugenehmigungsverfahren durchlaufen wurde, obwohl mangels Verfahrensfreiheiteines der beiden Verfahrensarten durchgeführt werden musste, liegt formelleIllegalität vor.2. Materielle Illegalität (= Genehmigungsunfähigkeit)- zum Erfordernis, obwohl schon ein formeller Widerspruch festgestellt wurde, s.o.- (P): Wirkt sich eine Einschränkung des Prüfungsmaßstabes im Genehmigungsverfahrenauf das Prüfungsprogramm im Rahmen des Art. 76 S. 1 BayBO aus?- Denn evtl. wäre das Genehmigungsfreistellungsverfahren gemäß Art. 58 BayBO oder dasvereinfachte Genehmigungsverfahren gemäß Art. 59 BayBO einschlägig, wenn es sich beidem Öltank nicht um einen Sonderbau i.S.v. Art. 2 Abs. 4 BayBO handelt- in Betracht kommt hier lediglich Art. 2 Abs. 4 Nr. 17 BayBO, wenn der Öltank einebauliche Anlage darstellt, deren Nutzung mit einer Explosions- oder mit erhöhter5


Brandgefahr verbunden ist- erhöht ist die Brandgefahr, wenn die besondere Art oder Nutzung eine über das allgemeinübliche Maß hinausgehende Gefahr darstellt – z.B. wenn brennbare Flüssigkeitengelagert werden, wobei die Menge der Vorräte und die Art der Lagerung eine Rollespielt – 12 m 3 Öl in einem einzelnen Tank sind nicht derart gefährlich, insbesondereunter Beachtung der Wertung des Gesetzgebers, dass 10 m 3 noch so harmlos sind, dasses nicht einmal der Durchführung eines Genehmigungsverfahrens bedarf- im Unterschied zur alten Nr. 16 (der Vorgängernorm zu Nr. 17 n.F.) genügt nunmehrzwar jede Explosionsgefahr, während die Erhöhung nur noch für die Brandgefahr erforderlichist, allerdings ist Öl lediglich feuergefährlich, stellt jedoch keinen Sprengstoffdar – für die hier allein vorliegende Brandgefahr ergibt sich damit keine Änderungder <strong>Recht</strong>slage- der Öltank ist also kein Sonderbau; vor seiner Errichtung hätte dementsprechend gemäßArt. 58 BayBO ein Genehmigungsfreistellungsverfahren durchgeführt werdenmüssen oder – wenn die Stadt Bayreuth dies nach Art. 58 Abs. 2 Nr. 4 BayBO verlangthätte – das (vereinfachte) Baugenehmigungsverfahren gemäß Art. 59 BayBO- Diese Einschränkungen gelten aber nur für das Genehmigungsverfahren selbst; im Rahmender repressiven Aufsicht, und damit auch des Art. 76 S. 1 BayBO erfolgt keine Einschränkungdes Prüfungsmaßstabes- Arg.: Art. 55 Abs. 2 2. HS BayBO); durch die zunehmende Verfahrensvereinfachung imGenehmigungsverfahren soll nicht das materielle <strong>Recht</strong> verkürzt werdena) Bauplanungsrecht∙Einstiegsnorm § 29 BauGB- bei dem Öltank müsste es sich um ein Vorhaben i.S.d. § 29 BauGB, nämlich um die Errichtungeiner baulichen Anlage (eine auf Dauer mit dem Erdboden verbundene künstlicheAnlage) mit planungsrechtlicher Relevanz handeln- diese planungsrechtliche Relevanz liegt vor, wenn die Anlage geeignet ist, die in § 1Abs. 6 BauGB genannten Belange zu beeinträchtigen – in Betracht kommen hier z.B. Nr.1, Nr. 3, Nr. 5, Nr. 7 und Nr. 8- der Öltank ist eine bauliche Anlage gemäß § 29 BauGB; seine Zulässigkeit richtet sichdaher nach den §§ 30 ff. BauGB∙keine weiteren Angaben im Sachverhalt zum Gebietstyp, so dass insoweit keine entgegenstehendenVorschriften erkennbar sindb) BauordnungsrechtBeachte: Teil 3 Abschnitte 1 bis 6 der Bayerischen Bauordnung sind gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 5lit. c JAPO nicht Teil des Prüfungsstoffes der Ersten Juristischen Staatsprüfung und werdenhier nur der Vollständigkeit halber erwähnt.∙Baugestaltung, Art. 8 BayBO- Anforderungen des Art. 8 BayBO gelten für bauliche Anlagen jeder Art, auch für wenigerbedeutende – entsprechend ist im konkreten Fall die Regelung auf den Öltank anwendbar6


- hinsichtlich der verunstaltenden Wirkung i.S.v. Art. 8 Satz 1 BayBO ist als Beurteilungsmaßstabauf das "ästhetische Empfinden eines gebildeten Durchschnittsmenschen" abzustellen→ Legt man diesen Maßstab zugrunde, so mag zwar Graffiti nicht jedermanns Geschmacksein, jedoch muss es auch nicht als verunstaltend empfunden werden, zumindest wenn wiehier eine Bemalung und keine bloße Schmiererei vorliegt. Überdies wäre, da Graffiti auchder Kunstfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 GG unterfällt, eine fallbezogene Abwägung erforderlich,die hier wohl – wegen der zudem fachgerechten Ausführung (harmonische Einfügungin Biergartenlandschaft) durch den Kunst-Leistungskurs eines regionalen Gymnasiums– nicht zu dem Ergebnis führt, dass eine Verunstaltung vorliegt.∙Brandschutz, Art. 12 BayBO- insoweit ergeben sich aus dem Sachverhalt keine Verstöße3. Ermessensausübung- der Erlass einer Beseitigungsanordnung steht im Ermessen der Bauaufsichtsbehörde (vgl.Wortlaut des Art. 76 Satz 1 BayBO: „...so kann die...“)- die Ermessensausübung richtet sich nach den Grundsätzen des Art. 40 BayVwVfG- die Errichtung des Öltanks ist aber nur formell illegal und wäre materiell genehmigungsfähig;eine Beseitigungsanordnung – gegen das nur formell rechtswidrige Vorhaben –kann daher nicht ergehen kann→ Eine Beseitigungsanordnung gemäß Art. 76 Satz 1 BayBO wäre nicht rechtmäßig undwird daher nicht erlassen werden.<strong>II</strong>. Stellung eines BauantragesDie Stadt kann Wurtzner gemäß Art. 76 Satz 3 BayBO auffordern, dass ein Bauantrag gestelltwird; mit der korrekten Durchführung des Genehmigungsfreistellungs- oder vereinfachtenBaugenehmigungsverfahrens auch die formelle Illegalität des Öltanks entfällt und die Anlagewird insgesamt zulässig. Insoweit besteht wiederum ein Ermessensspielraum der Behörde(vgl. Wortlaut des Art. 76 Satz 3 BayBO: „...kann verlangen...“).7

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!