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01 titel - u4.indd - Bucerius Law School

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vision<br />

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN 2009<br />

re


LIEBE FREUNDE DER BUCERIUS LAW SCHOOL,<br />

mit re.vision halten Sie den neuen Jahresbericht der <strong>Bucerius</strong><br />

<strong>Law</strong> <strong>School</strong> in den Händen. Wir haben uns entschlossen, statt<br />

eines nüchternen Zahlen- und Faktenwerkes ein Magazin aufzulegen,<br />

das ein akademisches Jahr an unserer Hochschule<br />

Revue passieren lässt und gleichzeitig als Geschäft sbericht gelesen<br />

werden kann. Wir haben uns dazu mit guten Bekannten<br />

zusammengetan: Unser Partner ist der Zeitverlag.<br />

Die Redaktion des Magazins hat ihren eigenen Blick auf unsere<br />

Hochschule geworfen und wurde dabei von Studierenden<br />

und Alumni der <strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong> unterstützt.<br />

Wir wollen mit dem von nun an jährlich erscheinenden<br />

Magazin aber nicht nur Rechenschaft ablegen, sondern vor<br />

allem berichten, wie sich das akademische, das studentische<br />

und das soziale Leben auf dem Campus entwickelt, welche<br />

Th emen und Ereignisse die <strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong> beschäft igt<br />

haben. Und wir wollen – das geben wir ganz unumwunden<br />

zu – Sie für uns einnehmen und für uns gewinnen. Nichts<br />

ist so bunt wie das Leben selbst, und das gilt gerade auf<br />

einem so lebendigen Campus wie dem der <strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong><br />

<strong>School</strong>. Menschen aller Lebensalter, von allen Kontinenten,<br />

unter schiedliche wissenschaft liche Strömungen, vielseitige<br />

Begabungen und ein Geist des miteinander Arbeitens, Diskutierens,<br />

Forschens und Feierns sind Attribute, die es uns<br />

wert waren, darüber in dieser Form zu berichten.<br />

Wir hoff en, dass Ihnen die Lektüre dieses neuen Magazins<br />

Freude macht, und würden uns über eine Rückmeldung an<br />

re.vision@law-school.de sehr freuen.<br />

Herzlichst<br />

Prof. Dr. Dres. h.c. Karsten Schmidt<br />

Präsident<br />

Dr. Hariolf Wenzler<br />

Geschäft sführer<br />

2OO9<br />

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN<br />

Fotos: Odile Hain.


REPORT<br />

06 24 Stunden: Das Campus-Leben<br />

in Bildern<br />

14 Mitreden: Wie <strong>Law</strong>-<strong>School</strong>-Studenten<br />

sich für ihre Hochschule engagieren<br />

20 Was bleibt: 2009 war auch ein Jahr<br />

trauriger Nachrichten<br />

31 Feldforschung: So funktioniert<br />

das Kapitalmarktrecht in Europa<br />

RUBRIKEN<br />

10 STUDENTENLEBEN<br />

Die Mensa Top-Five<br />

Kolumne: „Ist das gerecht, Recht oder richtig?“<br />

Campus-Wissen: Phi Delta Phi<br />

12 Aufgeschnappt: Fashion-Statements vom Campus<br />

26 Auslandsstudium: Hier kann man was erleben<br />

36 ARBEITSLEBEN<br />

Die Feierabend Top-Five<br />

Geständnis: „Das habe ich noch nie verstanden“<br />

Compliance Check: <strong>Bucerius</strong> Conference & Event<br />

41 Glosse: Der etwas andere Jahresrückblick aus<br />

der Sicht einer Statue<br />

FAKTEN<br />

42 Geschäftsbericht<br />

49 Kalender/Impressum<br />

INHALT<br />

RE.VISION 2009<br />

PORTRÄT<br />

24 Lieblingsprofessor: Florian Faust ist der erste<br />

Preisträger des Röhrenden Hirschen<br />

28 Outlaw: Max Fischer hat nach dem<br />

Jura-Studium ein Internet-Start-up gegründet<br />

38 Master-Absolventen: Karrieren in Peru,<br />

Tansania und China<br />

50 Und, wie war ich? – Malte Thies erzählt von<br />

seiner Premiere bei Gericht<br />

DISKUSSION<br />

22 An der <strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong> studieren:<br />

Wenn Erwartung auf Erfahrung trifft<br />

34 Von Krisen und Piraten: Da sind Juristen<br />

als Experten gefragt<br />

36 Pro & Contra: Sollen wir den Kompromiss<br />

suchen? Oder meiden?<br />

46 Früher Bürgermeister, heute Notar:<br />

Henning Voscherau im Interview<br />

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN 5


Fotoreportage: Kai Kullen.<br />

7:00<br />

6 RE.VISION 2009<br />

13:16<br />

8:11<br />

14:52<br />

9:08<br />

15:39


10:28<br />

16:44<br />

11:25<br />

17:32<br />

24<br />

STUNDEN<br />

DIE BUCERIUS LAW SCHOOL IN 24 BILDERN<br />

12:04<br />

18:02<br />

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN 7


18:59<br />

8 RE.VISION 2009<br />

1:37<br />

20:45<br />

2:30<br />

21:12<br />

3:17


22:36<br />

4:42<br />

23:09<br />

5:07<br />

0:00<br />

6:28<br />

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN 9


„ Der ehemalige Geschäftsführer der <strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong>, Markus<br />

Baumanns, hat einmal versprochen, dass Kinder, die aus einer Verbindung<br />

von zwei erfolgreichen Absolventen hervorgehen, bei späterem eigenem<br />

Studium an unserer Hochschule von den Gebühren befreit sind.<br />

IST DAS GERECHT, RECHT<br />

ODER RICHTIG?“<br />

fragt Hartmut Henninger, Absolvent des Jahrgangs 2000<br />

DR. PETER RAWERT ANTWORTET: „Es ist legitim, durch die Erhebung oder<br />

den Erlass von Studiengebühren Steuerungsfunktionen auszuüben –<br />

zumindest wenn man, wie die <strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong>, eine privatrechtlich<br />

organisierte Einrichtung ist. Also „Recht“ ist es gewiss, eine solche Art<br />

von „Preisgeld“ auszuloben. Und Ziele, die kinderfreundlich sind, haben<br />

doch wohl die Vermutung für sich, auch „richtig“ zu sein? Oder zweifeln<br />

Sie daran?<br />

Mir scheint, Sie wollen hier eher auf den Aspekt der Gerechtigkeit<br />

abzielen: Zwei erfolgreiche Absolventen der <strong>Law</strong> <strong>School</strong> werden es später<br />

gewiss nicht nötig haben, solche Wohltaten in Anspruch zu nehmen. Und<br />

überdies: Wer stellt sicher, dass der Zeugungseifer übermütiger Studiosi<br />

nicht am Ende das (Finanzierungs-)Konzept der gesamten Hochschule<br />

sprengt? Man denke an endlose Generationen von sich reproduzierenden<br />

Mitgliedern der großen <strong>Bucerius</strong>-Familie im von Geldsorgen freien<br />

Verdrängungswettbewerb mit den nicht Ebenbürtigen!<br />

Ich kann Sie beruhigen, lieber Herr Henninger: Es drohen weder<br />

Ungerechtigkeit noch andere Gefahren. Meine Recherchen haben zwar<br />

ergeben, dass es die „Baby-Prämie“ tatsächlich gibt. Sie entsprang off enbar<br />

dem noblen Bestreben, den anfangs durch bauliche Umstände noch arg<br />

gebeutelten Pionierjahrgängen der <strong>Law</strong> <strong>School</strong> das notwendige „Zusammenrücken“<br />

etwas leichter zu machen. Und mag sie womöglich auch einer<br />

Bierlaune entsprungen sein: Sie gilt. Allerdings: Sie bezieht sich allein auf<br />

das erste Kind, welches den Schößen zweier erfolgreicher Bucerianer<br />

entspringt. Außerdem muss der hoff nungsvolle Nachwuchs selbstverständlich<br />

dieselben Aufnahmehürden nehmen, die für Sprösslinge<br />

anderer Eltern bestehen. Sollten Ihre Erwägungen ganz praktischer Natur<br />

sein, gebe ich Ihnen aber auch Folgendes zu bedenken: Wer weiß schon,<br />

ob nicht gerade dieses kleine Wesen am Ende lieber Pädagogik, Ethnologie<br />

oder Kommunikationsdesign studiert?<br />

Stellen Sie mir doch im nächsten Jahr vielleicht folgende Frage: Von zwei<br />

erfolgreichen Absolventen der <strong>Law</strong> <strong>School</strong> zum Juristen erzogen zu<br />

werden – ist das gerecht, Recht oder richtig?“<br />

Peter Rawert (50) arbeitet als Notar in Hamburg. Er lehrt an der Universität Kiel und an der<br />

<strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong>. Sie können die Urteilskraft unseres Kolumnisten gerne herausfordern:<br />

Schreiben Sie unter dem Stichwort „Gerecht, Recht oder richtig“ an: re.vision@law-school.de<br />

10 RE.VISION 2009<br />

Was machen Sie da, Herr Hauser?<br />

„Jetzt bekomme ich gleich eine Ohrfeige:<br />

In dieser Szene aus „Top Dogs“ spiele ich<br />

Michael Neuenschwander, den gerade<br />

entlassenen Freizeit-Koordinator eines<br />

Großkonzerns. Der Projektleiterin Julika<br />

Jenkins, gespielt von Julia Hornung, erklärt<br />

er die richtige Vorhand nur, um ihr auf die<br />

Pelle rücken zu können. Im Buch steht dieser<br />

Vorfall nicht – wir haben ihn für unsere<br />

Inszenierung erarbeitet.“<br />

LAW-SCHOOL-SPIRIT IST…<br />

…länger als eine<br />

Viertelstunde für ein<br />

Mittagessen auf den<br />

andern zu warten<br />

STUDENTEN | LEBEN<br />

EINSICHTEN AUS 365 TAGEN


PATRICK HAUSER, JAHRGANG 2006, spielt in der Th eatergruppe<br />

mit. Oft bis tief in die Nacht haben der 22-Jährige<br />

und seine Mitstreiter im letzten Sommer gearbeitet, damit<br />

rechtzeitig zur Premiere von „Top Dogs“ die Scheinwerfer<br />

mit Starkstrom versorgt, die Kostüme beschafft und das<br />

Bühnenbild gefertigt waren – von den Proben-Wochenenden<br />

für das Stück ganz zu schweigen. „Wir sind auf dem<br />

Zahnfl eisch gegangen. Aber wenn es dem Publikum Spaß<br />

macht“, sagt Hauser, „dann hat sich alle Mühe gelohnt.“<br />

Seit drei Jahren leitet Liz Rech, freie Regisseurin aus<br />

Hamburg, die Th eatergruppe der <strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong>.<br />

Hauser war von Beginn an dabei, wegen seines Examens<br />

will er im kommenden Jahr etwas kürzer treten. Kein<br />

Problem – seit Oktober bereichern gleich 15 neue<br />

Schau spieler die Gruppe. Bis Januar werden sie entscheiden,<br />

welches Stück auf „Top Dogs“ folgen soll. Die<br />

wöchentlichen Proben dauern dann, mit zunehmender<br />

Intensität, bis in den Juni.<br />

Für Hauser bedeutet das Th eater inzwischen einen<br />

unverzichtbaren Ausgleich zum Studienalltag: „Mit Liz<br />

Rech kann ich in eine ganz andere Welt hineinschauen, in<br />

die von Kunst und Kultur.“ Richter, Paragrafen und<br />

Prozesse haben in dieser Welt bislang nichts zu suchen:<br />

„Nur einmal“, erinnert sich Hauser, „hat jemand vorgeschlagen,<br />

die ‚12 Geschworenen’ zu inszenieren.“ Die<br />

Schauspieler haben abgelehnt.<br />

KULINARISCHE ELITE<br />

DIE MENSA TOP-FIVE*<br />

1 Currywurst mit Pommes Frites und Grillsoße<br />

2 Pizza Salami<br />

3 Cheeseburger mit Pommes Frites<br />

4 Spaghetti Bolognese<br />

5 Hamburger mit Pommes Frites<br />

OHNE WERTUNG:<br />

Vegetarische Gemüsesuppe mit Gefl ügelwiener<br />

Text: Tilman Botzenhardt. Foto: Nele Bull.<br />

*beliebteste Gerichte 2008 laut Studierendenwerk Hamburg<br />

DER ERSTE SATZ<br />

„ICH BIN AN DIESEM<br />

MORGEN ZUSTÄNDIG<br />

FÜR DEN<br />

REALITÄTSSCHOCK.“<br />

So begann Lena Färber, Generalsekretärin der Studierenden, bei<br />

der Akademischen Feier 2008 ihre Rede an die Studienanfänger.<br />

Text: Thomas Röbke.<br />

CAMPUS-WISSEN<br />

WAS IST<br />

PHI DELTA PHI?<br />

? Klingt kryptisch, aber diese drei griechischen<br />

Buchstaben, ΦΔΦ, sind der Name<br />

einer internationalen Juristenvereinigung, die<br />

1869 von vier Studenten an der Universität von<br />

Michigan gegründet wurde. Die Abkürzung<br />

steht für das Motto: Philous Dikaiooi Philosophoi<br />

– Freunde von Justiz und Weisheit. Phi<br />

Delta Phi sieht sich als unpolitisch und nichtreligiös<br />

und hat mit hiesigen Studentenverbindungen<br />

wenig gemeinsam. Sie ist für Männer<br />

wie Frauen offen, die sich beruflich weiterbilden<br />

und gegenseitig unterstützen wollen –<br />

möglichst ein Leben lang. Während der 140<br />

Jahre ihres Bestehens hat keine andere<br />

Studentenverbindung in den USA so viele<br />

Mandatsträger hervorgebracht, darunter<br />

mehrere US-Präsidenten, zahllose Supreme<br />

Court Richter, Senatoren und Kongressabgeordnete.<br />

Die erste deutsche Phi-Delta-Phi-Gruppe<br />

wurde am 30. Oktober 2006 an der <strong>Bucerius</strong><br />

<strong>Law</strong> <strong>School</strong> gegründet: The Roman Herzog Inn,<br />

benannt nach dem ehemaligen Bundespräsidenten,<br />

der übrigens regelmäßig vorbeischaut.<br />

Inzwischen existiert mit dem Richard<br />

v. Weizsäcker Inn an der Universität Tübingen<br />

eine zweite deutsche Gruppe.<br />

Mitglied kann werden, wer einen Antrag an den<br />

Vorstand des Inns richtet, in dem man unter<br />

anderem erläutern sollte, warum man sich für<br />

Phi Delta Phi interessiert und deren Werte teilt.<br />

Ein- bis zweimal jährlich findet dann eine<br />

Zeremonie zur Aufnahme der neuen Mitglieder<br />

statt. Bislang sind es rund 100, von denen 90<br />

noch an der <strong>Law</strong> <strong>School</strong> studieren. !<br />

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN 11


Wer hat das Zeug zum Juristen?<br />

Hier ist alles echt, was<br />

glänzt: Fellkragen sind der<br />

Trend im Winter. Es<br />

empfi ehlt sich allerdings,<br />

vor dem Tragen eine<br />

Vorlesung zum Th ema<br />

„einstweilige Verfügung“ zu<br />

besuchen, um sich eventuell<br />

aufgebrachte Tierschützer<br />

vom Hals halten zu<br />

können.<br />

Ein dezenter Hinweis, dass die<br />

Kommilitonin aus ihrem Landhaus<br />

zur <strong>Law</strong> <strong>School</strong> anreist?<br />

Nein, diese Stiefel kamen mit einer<br />

Gaststudentin direkt aus New<br />

York. Ob Jeans oder Minikleid,<br />

dieses Styling passt perfekt – nicht<br />

nur bei Hamburger Wetter…<br />

So leicht kann man auch schon vor<br />

dem Eintritt in die Großkanzlei<br />

zum Partner gemacht werden:<br />

Man nehme zwei Kaschmirpullover,<br />

dazu Gürtel, auf denen das<br />

Logo nicht zu übersehen ist, und<br />

Fransenschals mit dem berühmten<br />

Karomuster – fertig ist der<br />

Partner-Look.<br />

Die Zeiten sind vorbei, da Anwälte<br />

überwiegend durch vorbildlich<br />

gewichste Budapester auffi elen – wer<br />

möglichst mit 23 die Berufserfahrung<br />

eines Verfassungsrichters besitzen soll,<br />

muss jetzt off enbar auf allen Ebenen<br />

beweisen, dass er schon Patina hat.<br />

Das klassische Verlegenheitsgeschenk?<br />

Von wegen:<br />

Seit Bundespräsident<br />

Horst Köhler bei seiner<br />

Wiederwahl die <strong>Law</strong>-<br />

<strong>School</strong>-Krawatte trug,<br />

fühlen sich nicht nur<br />

Gastredner durch dieses<br />

Accessoire geehrt. So<br />

macht man Kult.<br />

Die Brille als Haarreif, dazu eine<br />

wuschelige Out-of-Bed-Frisur:<br />

Dieser Look ist eigentlich nicht<br />

mehr angesagt, aber Gesetze zu<br />

ändern dauert ja lang… Modisch<br />

ganz vorn liegt jetzt die Nerd-<br />

Brille, die schon durch ihren fernsehergroßen<br />

Rahmen klarmacht,<br />

dass wir es mit einem Durchblicker<br />

zu tun haben.<br />

LOSE STOFFSAMMLUNG<br />

RE.VISION ZEIGT MODE-SCHNAPPSCHÜSSE VOM CAMPUS<br />

12 RE.VISION 2009<br />

Inspiration für kühle<br />

Köpfe: Buntes Denken ist<br />

erwünscht an einem Ort,<br />

wo Studierende aus vielen<br />

Nationen zusammenkommen.<br />

Oder geht es<br />

womöglich bald zum<br />

Auslandstrimester in<br />

den Himalaya?<br />

Text: Susanne Knigge. Fotos: Odile Hain.


A MEMBER�OF DESIGN HOTELS <br />

STYLE<br />

RECREATION<br />

ELEGANCE<br />

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RESTAURANT DaCaio<br />

Italienische Sonnenküche trifft auf<br />

Spitzenweine aus allen Landesteilen Italiens.<br />

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Sie das spannungsvolle Understatement<br />

des Hauses.<br />

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unsere stilvollen Weihnachtsabende am<br />

24. und 25. Dezember sowie den<br />

prickelnden Jahresabschluß.<br />

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14 RE.VISION 2009<br />

REGIEREN GEHT<br />

ÜBER<br />

AN<br />

STUDIEREN<br />

DER LAW SCHOOL HABEN AUCH STUDENTEN DAS SAGEN


Streikende Studenten, endlose AStA-Debatten<br />

und ideologische Grabenkämpfe?<br />

Nicht an der <strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong>: Kein<br />

einziges Flugblatt musste gedruckt werden,<br />

damit die Studierenden erreichten, dass ihr<br />

Curriculum reformiert wurde.<br />

Dies ist möglich, weil sich ihre gewählten<br />

Vertreter nicht nur in Konfl iktzeiten mit der<br />

Hoch schulleitung austauschen<br />

Text: Sven Stillich. Illustration: Anja Maria Eisen.<br />

Im Besprechungsraum 0.39 hängt ein Gemälde an der<br />

Wand. Es zeigt einen weiten Horizont: Braunrote Erde<br />

wird zu blauem Himmel, dazwischen verläuft ein weißer<br />

Strich. Wenn das Bild ein Sinnbild sein soll für das, was in<br />

diesem Zimmer geschieht, dann ist dieser Strich kein<br />

trennender. Denn in Raum 0.39 trifft sich jeden Dienstagnachmittag<br />

die Hochschulleitung mit den Vertretern der<br />

Studentenschaft , und dann gibt es kein unten und kein<br />

oben: Kanzler und Kommilitonen begegnen sich auf<br />

Augenhöhe, wenn sie um Kompromisse und Lösungen<br />

ringen, die möglichst alle zufriedenstellen. Zu diskutieren<br />

gibt es immer etwas – schließlich werden hier Juristen<br />

ausgebildet, und Streiten gehört zum Beruf.<br />

Geschäft sführer Hariolf Wenzler nimmt neben Prokurist<br />

Benedikt Landgrebe auf einem der schwarzmetallenen<br />

Konferenzstühle Platz, beide tragen Anzug und Krawatte.<br />

Wenzler legt sein Blackberry auf den Tisch; Anja Frahm,<br />

die Leiterin des Studentensekretariats, ordnet ihre<br />

Papiere. Um die drei herum sitzen zehn Jura-Studentinnen<br />

und -Studenten in Bluse oder Pullover. Es sind die<br />

gewählten Vertreter ihrer Jahrgänge, die Anwälte der<br />

Studierenden in der <strong>Law</strong> <strong>School</strong>. Lena Färber klappt ihr<br />

Notebook auf, als Generalsekretärin der Studierendenvertretung<br />

eröff net sie die Sitzung. Am Tag zuvor hat die<br />

Gruppe gemeinsam beschlossen, welche Th emen zur<br />

Sprache kommen sollen, Färber hat daraus eine Tagesordnung<br />

gemacht: „Punkt 1: unsere Party Ende der Woche“,<br />

sagt sie, „da könnten wir noch einen Getränkesponsor<br />

gebrauchen.“ Wenzler grinst und notiert etwas auf einem<br />

Blatt Papier. „Ich telefoniere mal rum“, sagt er, „ich kenne<br />

da jemanden.“ – „Sehr gut. Punkt 2: die Rückzahlung von<br />

Studiengebühren für Bafög-Empfänger.“ – „Da hatten wir<br />

ja bereits drüber gesprochen. Ich werde nachdenken, wie<br />

wir eine vernünft ige Lösung fi nden – machen wir dazu<br />

einen gesonderten Termin?“ – „Gute Idee“, sagt die 24-<br />

Jährige und folgt weiter ihrer Agenda: „Einige Dozenten<br />

benoten Klausuren viel zu spät.“ Nun schaltet sich auch<br />

Christian Süß ein, der den Jahrgang 2005 vertritt: „Es<br />

dauert ewig, bis die Ergebnisse im Intranet stehen“,<br />

unterstützt er Färbers Kritik. Dabei ist sein Ton nicht<br />

scharf, aber bestimmt. „Das geht natürlich nicht“,<br />

antwortet Hariolf Wenzler, „der Sache werde ich nachgehen.“<br />

Wieder macht er sich Notizen. Eine Stunde dauert<br />

die Sitzung. Es gibt keine Rednerliste. Jeder kann etwas<br />

sagen, wenn er etwas sagen will.<br />

Doch nicht immer geht es harmonisch zu – in Raum 0.39<br />

wurden auch schon härtere Nüsse geknackt. Das beherrschende<br />

Th ema des vergangenen akademischen Jahres war<br />

das Examensvorbereitungsprogramm (EVP). Das EVP ist<br />

ein internes Repetitorium, in dem der Inhalt des Studiums<br />

vor der entscheidenden Prüfung wiederholt wird. Das<br />

Problem: Einige Professoren nahmen nach Ansicht der<br />

Studierenden zu wenig Rücksicht auf deren Bedürfnisse –<br />

die Lehrer wollten ihre persönliche Meinung zu strittigen<br />

Rechtsauslegungen diskutieren, statt einfach nur den<br />

Stoff zu repetieren. Die Studierendenvertretung forderte<br />

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN 15


konkrete Verbesserungen. „Diese Zeit war kritisch, weil es<br />

oft sehr hitzig zuging“, erinnert sich Geschäft sführer<br />

Wenzler, „niemand hört es gerne, wenn seine Arbeit nicht<br />

geschätzt wird.“ Der Konfl ikt eskalierte, als eine größere<br />

Anzahl von Studenten mit Exmatrikulation drohte. „Das<br />

war eine ernste Situation“, sagt Studentin Lara Friederichs,<br />

für die das Th ema besonders aktuell war, weil sie<br />

mitten in den Vorbereitungen für ihr Staatsexamen steckt.<br />

Die Studierenden riskierten eine direkte Konfrontation<br />

mit der <strong>Law</strong> <strong>School</strong>. Nicht aus Lust am Protest, sondern<br />

weil ihrer Meinung nach ihre berufl iche Zukunft auf dem<br />

Spiel stand: Eine effi ziente Vorbereitung ist der Schlüssel<br />

für eine herausragende Note – und ein Prädikatsexamen<br />

die Grundlage für die weitere Karriere. Die Nerven lagen<br />

blank.<br />

Dass selbst in diesem Härtefall eine Lösung gefunden werden<br />

konnte, liegt auch daran, dass es die Hochschüler<br />

nicht dabei belassen haben, nur gegen etwas zu sein: Die<br />

Studierendenvertretung entwickelte ein eigenes Konzeptpapier<br />

zur Reform des EVP, über das in den Gremien<br />

der <strong>Law</strong> <strong>School</strong> beraten wurde. „Das war sehr viel<br />

Aufwand“, meint Christian Süß, „aber es hat sich<br />

gelohnt.“ Zwar wurde nicht jede Forderung der Studenten<br />

erfüllt, aber alle Professoren haben die Veränderungen<br />

mitgetragen. Geschäft sführer Wenzler befand sich in<br />

einer schwierigen Rolle: „Es war schwer, beiden Seiten<br />

gerecht zu werden und zu vermitteln.“ Umso mehr sind<br />

selbst die Studierenden beeindruckt von dem, was sie im<br />

Dialog erreichen konnten: „Dass unsere Vertreter das so<br />

gut durchbekommen würden, hätten wir nicht gedacht“,<br />

sagt Studentin Friederichs. Doch das Th ema ist noch<br />

nicht ganz abgeschlossen, auch an diesem Dienstagabend<br />

in Raum 0.39 kommt das EVP zur Sprache: „Wir müssen<br />

dranbleiben“, erklärt Christian Süß.<br />

Immer wieder reden, Probleme früh erkennen und sie<br />

gemeinsam lösen: Darauf basiert die Zusammenarbeit<br />

zwischen Studierenden, Lehrenden und Leitenden der<br />

<strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong>. In den verschiedensten Runden und<br />

Kommissionen sitzen Studenten mit am Tisch: Im Senat,<br />

dem höchsten Gremium der Universität, sind die<br />

Repräsentanten der Jahrgänge genauso wie Professoren<br />

und Mitarbeiter vertreten, in der Bibliotheks-Kommission<br />

bestimmen die Studierenden über anzuschaff ende<br />

Bücher mit, auch in der Mensa-Kommission gibt es<br />

Abgesandte. Über die Gerichte im „Food Court“<br />

entscheiden sie zwar nicht, aber sie schauen den Köchen<br />

zum Beispiel auf die Finger, wenn es um die Verkaufspreise<br />

16 RE.VISION 2009<br />

Immer wieder reden, Konfl ikte fr üh<br />

er kennen und sie gemeinsam lösen:<br />

Auch im Senat sitzen alle an einem Tisch<br />

geht. Und jedes Trimester gibt es eine Klausurtagung, bei<br />

der Hochschulleitung, Professoren und Studierendenvertreter<br />

sich gemeinsam außerhalb Hamburgs zurückziehen,<br />

um abseits des straff en Alltags Strategien zu besprechen<br />

und Standpunkte auszuloten. „Dort geht es um<br />

größere Th emen“, sagt Christian Süß, „zum Beispiel, wo es<br />

in Zukunft hingehen soll mit der <strong>Law</strong> <strong>School</strong>. Und auch<br />

da wird uns zugehört.“<br />

Für den stetigen Dialog ist eines unerlässlich: Jeder der<br />

Studierenden kann, wenn er will, im Besprechungsraum<br />

0.39 mit am Tisch sitzen – es fi ndet sich dort kein Zirkel<br />

von „Besserstudierenden“ zusammen, der wöchentlich<br />

geheime Absprachen trifft . Jeder, der es sich zutraut, kann<br />

sich darum bewerben, egal wie lange oder erfolgreich er<br />

studiert. Die Wahl wird online durchgeführt. Einmal im<br />

Jahr stellen sich die Kandidaten auf einer Vollversammlung<br />

persönlich vor – und zwar als Privatpersonen. Denn<br />

an der <strong>Law</strong> <strong>School</strong> gibt es keinen Wahlkampf wie an<br />

staatlichen Universitäten, die Bewerber sind an keine<br />

politische Hochschulgruppe gebunden. Es existieren zwar<br />

RCDS, Jusos, Grüne und eine Linke, doch diese Gruppierungen<br />

haben keinen Einfl uss auf den Kurs der Hochschule.<br />

Niemand verteilt in der „Coff ee Lounge“ Flugblätter<br />

mit Parolen gegen die Hochschulleitung, es gibt keinen<br />

zerstrittenen AStA. Parteipolitik ist Privatsache oder<br />

dient zum Netzwerken: Die Studierenden laden sich<br />

Redner ein, diskutieren Gesamtgesellschaft liches oder<br />

treff en sich – wie der RCDS – mit Hamburgs CDU-<br />

Bürgermeister Ole von Beust, um sich die Wissenschaft s-<br />

und Forschungspolitik der Stadt darlegen zu lassen.<br />

Die unparteiische „Studierendenvertretung“ ist dagegen<br />

das Herz der Zusammenarbeit zwischen <strong>Law</strong> <strong>School</strong> und<br />

Studenten. Sie besteht aus dem Repräsentanten jedes


„Viele unserer Probleme hier<br />

sind vergleichsweise<br />

Luxusprobleme“, meinen die<br />

Studenten<br />

Jahrgangs und seinem Stellvertreter, zwei Masterstudenten,<br />

einem Schatzmeister und einem direkt gewählten<br />

Generalsekretär – oder, wie in den vergangenen drei<br />

Jahren, einer Generalsekretärin. Diesen Titel trägt das<br />

Amt noch nicht lange. Früher hieß die Bezeichnung<br />

„Sekretärin der Studierendenvertretung“. „Darüber<br />

haben die AStA-Vorsitzenden der anderen Unis immer<br />

gelächelt“, sagt Lena Färber, „das klang, als würde ich für<br />

die Studenten am Kopierer stehen.“ Dreimal hintereinander<br />

wurde sie inzwischen gewählt – auch, weil sich keine<br />

Gegenkandidaten fanden. „Auf denjenigen, der die<br />

Aufgabe übernimmt, wartet eine Menge Arbeit“, sagt sie.<br />

Allein jeden Montag müssen die Treff en mit der Hochschule<br />

vorbereitet werden – ein Abend, den andere<br />

Studierende frei haben oder zum Lernen nutzen können.<br />

Andererseits bringt das Engagement auch etwas für den<br />

späteren Beruf: „Ich habe gelernt, Standpunkte öff entlich<br />

zu vertreten und diplomatisch zu agieren“, sagt Lena<br />

Färber, „außerdem werden Kompetenzen abgefragt, die<br />

mir später von Nutzen sein können: Leadership zum<br />

Beispiel, Teamplay oder Beharrlichkeit.“ Jeder Amtsinhaber<br />

hat seine Gründe, sich neben dem Studium zu<br />

engagieren: weil er ein Faible für Organisatorisches hat,<br />

weil es gut aussieht im Lebenslauf, oder weil „es wichtig<br />

ist, Dinge zu hinterfragen und Interessen zu vertreten“,<br />

wie Christian Süß seine Motivation beschreibt.<br />

Die Dienstagstreff en selbst sind einst auf Initiative der<br />

Studenten entstanden. „Heute sind die regelmäßigen<br />

Zusammenkünft e eine Quelle vieler Weiterentwicklungen<br />

an der <strong>Law</strong> <strong>School</strong>“, sagt Geschäft sführer Wenzler.<br />

„Es ist ein befruchtendes Wechselspiel: Manchmal<br />

erscheint mir etwas unwichtig, bis die Studenten mich<br />

darauf aufmerksam machen – und umgekehrt.“ Das Gute<br />

an den Treff en sei, meint auch Prokurist Landgrebe, „dass<br />

vieles so früh auf den Tisch kommt, dass es nicht hoch<br />

kocht.“<br />

Viele Konfl ikte werden sogar noch früher entschärft , und<br />

zwar im Büro von Professorin Anne Röthel. Sie ist<br />

Vertrauensdozentin – ein Amt, dass auf Anregung<br />

ehemaliger Studierender geschaff en wurde, des Alumni-<br />

Vereins. Bei Dissonanzen zwischen Studierenden und<br />

Professoren hört sie sich beide Seiten an. „Ich verstehe<br />

mich als diplomatischen Puff er, bevor es knallt“, sagt sie,<br />

„denn meistens handelt es sich lediglich um Missverständnisse,<br />

bei denen nur ein unvoreingenommener Zuhörer<br />

vonnöten ist.“ Manchmal müssten die Studierenden auch<br />

einsehen, „dass es eine Grenze gibt zwischen mitgestalten<br />

wollen und mitgestalten dürfen“, meint Röthel. Aber auch<br />

dank ihrer Arbeit befi nde sich die Hochschule in einem<br />

ständigen Reformprozess. „Wir haben Studierende, die<br />

von sich aus sehr engagiert sind“, sagt die Vertrauensdozentin<br />

– „und gerade deswegen haben wir sie unter den<br />

Studienbewerbern ausgewählt.“<br />

Wer am Konferenztisch in Raum 0.39 seine Ansichten<br />

vorzutragen und durchzusetzen vermag, der lernt eben<br />

nicht nur für seine berufl iche Zukunft – und das sei ganz<br />

im Sinne der Hochschule, heißt es in deren Eigendarstellung:<br />

Die <strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong> wolle „hervorragend<br />

ausgebildete Persönlichkeiten hervorbringen, die ihre<br />

Fähigkeiten in den Dienst der Gesellschaft stellen und<br />

Verantwortung für andere übernehmen“. Generalsekretärin<br />

Färber bestätigt das: „Es wird hier sehr wohlwollend<br />

betrachtet, wenn jemand über den Tellerrand des Jura-<br />

Studiums hinausblickt“ – das heißt: wenn man sich neben<br />

dem strikten Stundenplan Zeit nimmt für etwas anderes<br />

als Jura. Schließlich geht es an der Hochschule zunächst<br />

vor allem um den Stoff .<br />

Doch die <strong>Law</strong> <strong>School</strong> will keine seelenlose Juristenmaschine<br />

sein. Sie versteht sich als „universitas“, als<br />

„intellektuelle Gemeinschaft zwischen Lehrenden und<br />

Lernenden“. Aus gemeinsamer Anstrengung soll in den<br />

ehemaligen Gebäuden der Hamburger Botanischen<br />

Institute etwas wachsen. Die Hochschule erwartet nicht<br />

nur von ihren Studenten ein „überdurchschnittliches<br />

Maß an Leistungsbereitschaft “; jeder, der hier manchmal<br />

bis tief in die Nacht über Gesetzestexten brütet, soll auch<br />

jederzeit fachliche Unterstützung fi nden. „Die Lehrenden<br />

engagieren sich sehr“, sagt Studentin Lara Friederichs.<br />

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN 17


Die 24-Jährige erlebt ihre Hochschule als „serviceorientiert“<br />

– ein Wort, das Geschäft sführer Wenzler jedoch<br />

kritisch sieht: „Wir wollen vermeiden, dass an der <strong>Law</strong><br />

<strong>School</strong> eine Konsumenten- oder Dienstleistungsmentalität<br />

um sich greift “, sagt er. „Jeder, der hier studiert, hat das<br />

Recht darauf, dass sich alle bestmöglich um ihn kümmern.<br />

Aber alleine aus dem Grund, dass er hier ist – nicht<br />

weil er Studiengebühren zahlt.“<br />

Und doch macht es einen Unterschied, dass die <strong>Law</strong><br />

<strong>School</strong> keine anonyme Massenuniversität, sondern privat<br />

organisiert ist. „Wir raufen uns hier sicher genauso viel mit<br />

der Hochschulleitung wie die Studierenden staatlicher<br />

Universitäten“, sagt Lena Färber, „aber wenn es bei denen<br />

darum geht, dass der Verkehrsverbund die Tickets<br />

verteuert, betrifft uns das nicht – das ist bei uns von den<br />

Studiengebühren abgedeckt.“ Überhaupt, fügt sie hinzu,<br />

„viele unserer Probleme hier sind Luxusprobleme“: Die<br />

Nutzer der hauseigenen Kindertagesstätte parken auf dem<br />

Campus; das Tor zum benachbarten Park „Planten un<br />

Blomen“ soll nach Meinung der Studenten länger geöff net<br />

sein. „In solchen Fällen können wir meist auf kurzem<br />

18 RE.VISION 2009<br />

Wer seine Ansichten vortragen und<br />

durchsetzen kann, lernt nicht nur<br />

für den späteren Beruf<br />

Wege etwas regeln“, sagt Lena Färber. Natürlich kommen<br />

Studierende und Hochschulleitung auch mal nicht auf<br />

einen Nenner. „Dann müssen wir aushalten, wenn einer<br />

auf Granit beißt“, sagt Geschäft sführer Wenzler. „Aber<br />

das Wichtigste ist, dass wir den Dialog in Gang halten,<br />

dass wir uns immer wieder begegnen und dass der eine den<br />

anderen braucht.“ Und auch Generalsekretärin Färber<br />

fi ndet ihre Aufgabe meistens „befriedigend, weil wir sehr<br />

viel erreichen und bewegen können“. Das Amt mache ihr<br />

großen Spaß – „manchmal sogar mehr als Jura“, sagt sie<br />

und lacht.<br />

An diesem Mittwochnachmittag ist Vollversammlung im<br />

Auditorium, jedes Trimester fi ndet dort eine „VV“ statt.<br />

Die Veranstaltung ist durchschnittlich besucht, viele sind<br />

in der Bibliothek, um für die anstehenden Klausuren zu<br />

lernen. Heute stimmen die Studierenden über ihren Etat<br />

ab, über den sie frei verfügen können – mehr als 20 000<br />

Euro pro Jahr. Es werden Anträge gestellt, es wird darüber<br />

abgestimmt, Vorschläge angenommen oder abgelehnt. Es<br />

geht um Zuschüsse für eine Sportgruppe und um ein<br />

Notfall-Notebook für die Studierenden, falls drei Tage<br />

vor Abgabetermin der eigene Rechner zusammenbrechen<br />

sollte. Für viele hier ist es die erste Vollversammlung, der<br />

neue Jahrgang ist gerade angekommen. Christian Süß<br />

steht vorne am Pult und stellt das Konzept für die<br />

Kennenlernparty vor, die Ende der Woche steigen soll.<br />

Plötzlich wird er von Applaus unterbrochen: Geschäft sführer<br />

Hariolf Wenzler hat für die Studierenden 82<br />

Kästen Bier bei der Holsten-Brauerei locker gemacht – wie<br />

in der Dienstagssitzung besprochen. Christian Süß grinst,<br />

Lena Färber lehnt sich entspannt zurück.


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DAS JAHR BEGANN MIT EINER GROSSEN HOFFNUNG: 5 500 HAMBURGER STANDEN<br />

AM 13. FEBRUAR 2009 AUF DEM CAMPUS DER BUCERIUS LAW SCHOOL SCHLANGE,<br />

UM DEM AN LEUKÄMIE ERKRANKTEN BABY HELENE ZU HELFEN. IM SCHNEE -<br />

TREIBEN WARTETEN SIE STUNDENLANG, UM SICH FÜR DIE DEUTSCHE KNOCHEN-<br />

MARKSPENDERDATEI (DKMS) REGISTRIEREN UND BLUT ABNEHMEN ZU LASSEN.<br />

AM ENDE BLEIBT HILFLOSE TRAUER: HELENE STARB AM 7. SEPTEMBER.<br />

NICHT MÜDE WERDEN<br />

DER CAMPUS ZEIGT SICH NACHDENKLICH<br />

20 RE.VISION 2009


Text: Alexandra Werdes. Foto: Thies Ibold.<br />

Helene war wenige Wochen alt, als die Ärzte einen<br />

aggressiven Blutkrebs bei ihr feststellten. Sie brauchte<br />

dringend eine Knochenmarktransplantation, doch in der<br />

Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) gab es<br />

keinen passenden Spender. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete<br />

Helenes Mutter als Juniorprofessorin an der <strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong><br />

<strong>School</strong>, und auch ihr Onkel, Jan-Philip Wilde, promovierte<br />

dort. Als er seinen Freunden aus demselben <strong>Law</strong>-<br />

<strong>School</strong>-Jahrgang von der Not seiner kleinen Nichte<br />

erzählte, ließen sie alle ihre Promotionsarbeiten liegen.<br />

Stattdessen bereiteten Sebastian Fontaine, Nikolaus<br />

Föbus, Elisabeth Kreuzer, Philip Liebenow und Neele<br />

Christiansen zusammen mit Wilde zwei Monate lang eine<br />

der bislang größten Typisierungsaktionen für die DKMS<br />

vor: Mithilfe des <strong>Law</strong>-<strong>School</strong>-Netzwerkes fanden sie nicht<br />

nur Unterstützung von Sponsoren und Hamburger<br />

Medien, sondern warben auch 120 Blutabnehmer und 150<br />

freiwillige Helfer an. „Als ich dann morgens aus dem<br />

Fenster sah, hätte ich heulen können“, erzählt Nikolaus<br />

Föbus. Wenn es regne, würden erfahrungsgemäß nur halb<br />

so viele kommen, hatten die DKMS-Leute gesagt. Am 13.<br />

Februar stürmte und schneite es in Hamburg.<br />

Was dann passierte, fällt selbst jenen schwer zu beschreiben,<br />

die die Abläufe vorher bis ins Detail durchgespielt<br />

hatten: Nach kurzer Zeit standen die Wartenden bis auf<br />

die Straße, doch niemand drehte um; alle stellten sich zwei<br />

Stunden an, selbst als es schon dunkel wurde. „Als wir mit<br />

dem Registrieren nicht mehr nachkamen“, erinnert sich<br />

Philip Liebenow, „sind viele, die ihre Blutprobe abgegeben<br />

hatten, einfach dageblieben, um zu helfen.“ Und tatsächlich<br />

wurde zunächst das Unwahrscheinliche wahr: Helene<br />

fand einen Spender. Doch die Folgen der Behandlung<br />

schwächten die Abwehrkräft e des Babys: Helene bekam<br />

eine Lungenentzündung, die sie nicht überlebte. Sie wurde<br />

zehn Monate alt.<br />

Es war nicht die einzige traurige Nachricht, die die<br />

<strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong> in diesem Jahr erreichte.<br />

In dem Air-France-Flugzeug, das am 1. Juni über dem<br />

Atlantik abstürzte, kamen auch zwei Alumni des<br />

<strong>Bucerius</strong>/WHU-Masterprogramms ums Leben: Júlia<br />

Chaves de Miranda Schmidt und Alexander Crolow,<br />

beide 27 Jahre alt. Die Brasilianerin und ihr deutscher<br />

Freund hatten gemeinsam eine Hochzeit besucht und sich<br />

auf dieser Reise verlobt.<br />

Nur zwei Monate später erschütterte ein weiterer<br />

Trauerfall: <strong>Law</strong>-<strong>School</strong>-Absolventin Eva-Lotta Rohde<br />

verunglückte kurz nach dem Examen bei einem Ausfl ug<br />

mit dem Motorrad. Die 25-Jährige wollte im November<br />

als wissenschaft liche Mitarbeiterin bei Professor Karsten<br />

Th orn anfangen und genoss gerade ihre freie Zeit.<br />

„Das ist so eine Ungerechtigkeit.“ Justus Linz spricht aus,<br />

was viele <strong>Law</strong>-<strong>School</strong>-Studenten in diesem Moment<br />

dachten. „Man ist hier an der Uni, lernt die ganze Zeit, um<br />

ins Leben entlassen zu werden – und dann wird das so<br />

gekappt.“<br />

Hilfl osigkeit und Wut – darüber, dass Leben nicht zu<br />

Ende gelebt werden durft en: Dieses Gefühl teilen alle.<br />

Hinzu kommen Gedanken, die von der eigenen Lebenssituation<br />

abhängen. „Ich kannte bisher niemanden, der in<br />

jungen Jahren gestorben ist“, sagt Daniel Wernicke. Der<br />

23-Jährige ist zur Trauerfeier für Eva-Lotta Rohde<br />

gegangen – eine spontane und improvisierte Andacht in<br />

der Rotunde. Dass dafür auch die Vorlesungen unterbrochen<br />

wurden, hatte „was Schönes“, meint er: „Weil man<br />

denken konnte, die Uni würde das für einen selbst auch so<br />

tun – einmal die Zeit anhalten.“<br />

Sich plötzlich bewusst werden, dass es einen selbst hätte<br />

treff en können… Im Moment des Innehaltens tauchen<br />

Fragen auf, Fragen an das eigene Leben. Daniel Wernicke<br />

sitzt mit Ingmar Krohm im Arbeitsraum ganz hinten in<br />

der Bibliothek. Die beiden lernen für ihr Examen, zurzeit<br />

gibt es nichts anderes für sie. Sein Vater, erzählt Ingmar<br />

Krohm, habe gesagt, er solle nicht vergessen, jetzt zu leben,<br />

nicht immer alles nur für die Zukunft tun. „Aber man<br />

wischt das wieder weg“, sagt der 24-Jährige.<br />

Was könnte man auch anderes tun als weitermachen?<br />

„Gerade weil das Leben so schnell vorbei sein kann, sollte<br />

man schauen, dass man das Beste daraus macht“, sagt<br />

Franca Biallas, und damit meint die 19-Jährige ihr<br />

Studium an der <strong>Law</strong> <strong>School</strong>. „Ich habe gerade im Praktikum<br />

wieder gemerkt, wie sehr mir das alles Spaß macht –<br />

ich könnte mir nichts vorstellen, womit ich lieber meine<br />

Zeit verbringen würde.“<br />

Sich die Zeit nehmen, um das Richtige zu tun: Das haben<br />

auch Jan-Philip Wilde, seine Freunde und alle Helfer bei<br />

der DKMS-Aktion für Helene getan. Vielen an der <strong>Law</strong><br />

<strong>School</strong> geht es jetzt noch so wie Ingmar Krohm: Der<br />

Flugzeugabsturz, sagt der Student, mache ihm Angst.<br />

„Mit Helene, das war anders. Da hat man um das Leben<br />

gekämpft . Und da hat man immer noch den Eindruck,<br />

dass man helfen kann.“ Die Knochenmarkspenderdatei<br />

wurde durch die bundesweiten Aktionen für Helene um<br />

mehr als 20 000 Einträge bereichert.<br />

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN 21


22 RE.VISION 2009<br />

Liebe Claire,<br />

im September habe ich, zusammen mit 112 Kommilitonen, das Jurastudium an der <strong>Law</strong><br />

<strong>School</strong> begonnen. Ich fühle mich wohl, ich habe das Gefühl, es passt zusammen. Und doch<br />

frage ich mich, woran ich merke, ob Jura das richtige Fach für mich ist. Was muss ich sonst<br />

noch alles wissen, was nicht in den Gesetzen zu fi nden sein wird? Reicht mein Faible für die<br />

deutsche Sprache, für das Interpretieren und Analysieren, wie ich es im Deutsch-Leistungskurs<br />

gerne gemacht habe?<br />

Du merkst, meine Erwartungen sind gemischt: Da ist Vorfreude auf die neuen Herausforderungen,<br />

auf das für mich immer noch relativ unbekannte Terrain der Rechtswissenschaft en.<br />

Aber ich wünsche mir auch sehr, dass ich meine Interessen neben dem Studium an der BLS<br />

weiterverfolgen kann. Ich möchte auch noch ein Leben zum Studium haben und nicht nur ein<br />

Studium zum Leben...<br />

Einer meiner Lebenswünsche ist es, noch viele Gesellschaft en intensiv kennenzulernen –<br />

nicht nur als Touristin, sondern um wirklich vertraut mit dem Fremden zu werden. Nach<br />

meinem Abitur bin ich für ein Jahr nach China gegangen, in die noch sehr ländliche, dafür<br />

aber umso hinreißendere Provinz Yunnan im Südwesten dieses riesigen Landes. Ich habe neun<br />

Monate in einem Dorf in den Bergen gelebt und Englisch unterrichtet. Wir Lehrer haben<br />

direkt neben den Klassenräumen gewohnt.<br />

Durch diesen engen Kontakt mit den Menschen ist das abstrakte Bild, das ich von China<br />

hatte, für mich lebendig geworden. Im alltäglichen Umgang auch mit kleinen Dingen konnte<br />

ich ihre Werte und Maßstäbe erkennen. Ich würde gerne an der <strong>Law</strong> <strong>School</strong> mein Chinesisch<br />

noch verbessern und hoff e, dass das Auslandstrimester Chancen bietet, solche kulturellen<br />

Kompetenzen weiter zu trainieren. Oder werden wir zu sehr mit Lernen beschäft igt sein? Wie<br />

hast Du den Auslandsaufenthalt erlebt?<br />

Manchmal habe ich Angst, dass ich mit dem Jurastudium vielleicht einen Teil meiner<br />

Persönlichkeit unterdrücke. Ich habe immer gerne geschrieben und gemalt, etwas Freies,<br />

Kreatives gemacht. Andererseits habe ich Jura gerade gewählt, weil es so viele Möglichkeiten<br />

off enhält. Ich denke, ich stehe nicht alleine, wenn ich mich noch nicht entschieden habe, ob<br />

ich Anwältin, Richterin oder doch lieber Managerin werden möchte. Oder hast Du Deine<br />

Wunsch-Karriere schon am Anfang vor Augen gehabt? Wo liegen die wichtigen Weggabelungen<br />

in unserer Ausbildung?<br />

Als ich im Juli meine Zusage bekommen habe, war mir klar, dass das kein Spaziergang wird<br />

wie durch die Schule. Aber ich bin damit ja nicht allein. Schon beim Auswahlverfahren habe<br />

ich tolle Leute kennengelernt. Ich bin gespannt, was entstehen kann, wenn 113 ehrgeizige,<br />

hoch motivierte und einigermaßen clevere Menschen gemeinsam diesen sicher auch mal<br />

steinigen Weg begehen.<br />

Mir fallen dazu die Worte eines großen Juristen ein: „Kein festeres Band der Freundschaft als<br />

gemeinsame Pläne und gleiche Wünsche.“ Das hat Cicero gesagt. Was meinst Du?<br />

Annelie Siemsen, 21, ist<br />

gerade aus Eckernförde<br />

nach Hamburg gezogen,<br />

um an der <strong>Law</strong> <strong>School</strong> zu<br />

studieren. Sie beschreibt<br />

ihre Erwartungen und<br />

Sorgen.<br />

GIPFELTREFFEN<br />

FRAGEN EINER STUDENTIN IM ERSTEN TRIMESTER


Liebe Annelie,<br />

als ich an der <strong>Law</strong> <strong>School</strong> anfi ng, habe ich mir ganz ähnliche Fragen gestellt wie Du.<br />

Nach fünf Jahren Höhen und Tiefen weiß ich, dass es für mich die richtige Entscheidung war,<br />

Jura an dieser Hochschule zu studieren.<br />

Das Schwierigste war es wohl, mit dem Gefühl leben zu lernen, niemals all das wissen zu können,<br />

was man wissen zu müssen meint. Und sich nicht unterkriegen zu lassen und die Freude<br />

am Fach nicht zu verlieren, wenn man nur gelernt hat, und sich am Ende vielleicht nicht der<br />

erhofft e Erfolg zeigt.<br />

Du hast recht: Gemeinsame Pläne und Ziele bringen einen zusammen, was ich besonders<br />

intensiv während der Hausarbeiten und der Seminararbeiten erlebt habe. Ich habe es so<br />

empfunden, dass wir in diesen anstrengenden Wochen alle an einem Strang gezogen haben<br />

– selbst wenn man sonst nicht immer einer Meinung war! Ich habe an der <strong>Law</strong> <strong>School</strong> viele<br />

interessante Menschen kennengelernt und einige wirklich gute Freunde gewonnen.<br />

Natürlich beneidet man oft die Studenten an der staatlichen Universität um ihre langen<br />

Semesterferien. Aber mir ist es durch die verschulte Struktur an der <strong>Law</strong> <strong>School</strong> leichter gefallen,<br />

mich in der Fülle an Stoff nicht zu verlieren. Auch dass man vier Jahre lang mit denselben<br />

hundert Leuten „in einem Boot sitzt“ und Professoren, Assistenten und wissenschaft liche<br />

Mitarbeiter sich wirklich bemühen, einen auf dem Weg zum Examen zu unterstützen, ist in<br />

meinen Augen ein großer Vorteil. Und keine Sorge: Es bleibt noch genug Zeit für das Leben<br />

neben dem Studium – wenn man sie sich nehmen möchte!<br />

Trotzdem habe ich mich nach zwei Jahren, als die Hälft e bis zum Examen geschafft war, sehr<br />

auf das „Bergfest“ Auslandstrimester gefreut. Ich habe mich ganz spontan entschieden, nach<br />

Indien zu gehen, und genau wie Du es von China beschreibst, war diese Zeit für mich unglaublich<br />

faszinierend und schön!<br />

Wie man sich Studium und Freizeit im Ausland einteilt, ist jedem selbst überlassen. Die<br />

Minimalanforderung ist, einen Kurs zu bestehen. Ich habe mich bewusst dafür entschieden,<br />

den Schwerpunkt mehr auf freie Zeit zu legen, weil ich zusammen mit indischen Freunden<br />

unterwegs sein wollte. Trotzdem war auch die Studienzeit interessant: Ich habe hauptsächlich<br />

Kurse belegt, in denen es um Völkerrecht ging. Daran hat mir besonders gefallen, einmal die<br />

Perspektive eines „nicht westlichen“ Landes kennenzulernen.<br />

Ich fi nde, es gibt in unserer Ausbildung nicht die eine entscheidende Weichenstellung. Man<br />

hat fünf Jahre Zeit, im Rahmen der Praktika, des Schwerpunktstudiums oder eventuell eines<br />

Nebenjobs langsam herauszufi nden, welche Art von Arbeit und welche Rechtsgebiete einen<br />

interessieren. Ich bin immer noch nicht ganz sicher, welchen Beruf ich später ergreifen will,<br />

und bin deshalb gespannt, welche neuen Erfahrungen ich im Referendariat machen werde!<br />

Wie Du siehst, liegt eine anstrengende, aber auch aufregende Zeit vor Dir! Ich wünsche Dir<br />

alles Gute und viel Erfolg!<br />

IM JURAGEBIRGE<br />

UND ANTWORTEN EINER ABSOLVENTIN<br />

Claire Proebstle, 24, hat<br />

gerade ihr Erstes Staatsexamen<br />

gemacht. In ihrer<br />

Antwort auf Annelies Brief<br />

erzählt sie, wie sie die<br />

vier Jahre Jura-Studium<br />

erlebt hat.<br />

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN 23


Mit dem „<strong>Bucerius</strong> Alumni Preis für<br />

hervorragende Lehre“ – wegen des Pokals<br />

auch „Röhrender Hirsch“ genannt – würdigt<br />

der Alumni-Verein herausragende Leistungen<br />

und außergewöhnliches Engagement<br />

von Lehrenden an der <strong>Law</strong> <strong>School</strong> – von<br />

Professoren, aber auch von wissenschaftlichen<br />

Assistenten. 2009 wurde die künftig<br />

jährliche Auszeichnung zum ersten Mal<br />

verliehen. Über die Vergabe entscheidet<br />

eine fünfköpfige Jury, in der drei Mitglieder<br />

von <strong>Bucerius</strong> Alumni e.V. sowie zwei Studierendenvertreter<br />

sitzen. Die wichtigsten<br />

Kriterien für die Vergabe sind die Qualität<br />

der Lehrveranstaltungen sowie der<br />

begleitenden Lehrmaterialien und die<br />

Einsatzbereitschaft der Lehrenden.<br />

Florian Faust ist seit sieben Jahren<br />

Professor für Bürgerliches Recht, Handels-<br />

und Wirtschaftsrecht und Rechtsvergleichung<br />

an der <strong>Law</strong> <strong>School</strong>. Die Jury hob<br />

seine Bereitschaft hervor, Fragen „tatsächlich<br />

jederzeit geduldig zu beantworten“<br />

sowie Kritik von Studierenden anzunehmen<br />

und in seine Lehre einfließen zu lassen.<br />

Darüber hinaus führte sie seine „auf sehr<br />

hohem Niveau verständlichen“ Vorlesungen<br />

und Skripte an. Auch Fausts Lehrbuch zum<br />

Allgemeinen Teil des BGB trug wegen<br />

seiner „Kürze und hoher Durchdringung des<br />

Stoffes“ zur Zuerkennung des Preises an<br />

ihn bei. Das Votum für Faust war einstimmig.<br />

GEKOMMEN,<br />

UM ZU BLEIBEN<br />

24 BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZINE 2009<br />

24 RE.VISION 2009<br />

Florian Faust hätte auch einem Ruf in seine Heimatstadt<br />

Regensburg folgen können. Statt dessen richtet sich der<br />

Bayer nun dauerhaft in Hamburg ein.<br />

DER ERSTE PREISTRÄGER DES RÖHRENDEN HIRSCHEN


Text: Olaf Tarmas. Foto: Odile Hain.<br />

WAS FÜR EIN NAME – Doktor Faust! So einer, könnte man<br />

meinen, ist eine Grüblernatur. Doch wer Florian Faust<br />

gegenübersitzt, merkt schnell, dass der 45-Jährige mit der<br />

Goethe’schen Gelehrtengestalt nur wenig gemein hat.<br />

„Jura ist nichts für Leute, die sich gerne in einen Elfenbeinturm<br />

zurückziehen“, lautet das Credo des Professors.<br />

„Man muss wissen wollen, wie es draußen, im ‚wahren<br />

Leben’ zugeht.“<br />

Schon als Student ließ Faust die Möglichkeit ziehen, in<br />

Harvard oder Yale einen Master zu machen, weil ihm die<br />

Elite-Unis „zu abgehoben“ erschienen. Lieber schrieb er<br />

sich an der bodenständigen University of Michigan in<br />

Ann Arbor ein. Die Studienzeit in den USA war für ihn<br />

ein „fachliches Ur-Erlebnis“, von dem er bis heute zehrt:<br />

„Die fallorientierte Herangehensweise, die bei der<br />

Entscheidungsfi ndung auch viele außerjuristische<br />

Faktoren berücksichtigt, habe ich als intellektuell äußerst<br />

stimulierend empfunden. Gleichzeitig habe ich aber das<br />

systematische, deduktive Vorgehen deutscher Juristen erst<br />

so richtig schätzen gelernt.“<br />

Der Schlüsselbegriff dafür, wie Faust Jura betreibt, lautet:<br />

„Diskussion“. Leidenschaft lich setzt er sich mit Kollegen<br />

und Studenten über Fälle, Gesetze, Gerichtsurteile<br />

auseinander – „durchaus hitzig, man steigert sich ja hinein,<br />

wenn es Spaß bringt.“ Von einer Juristerei, die sich hinter<br />

Regelwerken verschanzt, hält er dagegen nichts: „Es gibt<br />

Studierende, die wollen Patentrezepte, mit denen sie die<br />

Fälle in der Klausur schnell ‚totmachen’, erledigen können.<br />

Das gibt es bei mir nicht“, sagt der Professor. „Mein<br />

Alptraum wäre es, hier lauter kleine Fausts heranzuzüchten.“<br />

Er wünsche sich, dass seine Studenten zu jedem Fall<br />

eine eigene Haltung entwickeln, nur logisch schlüssig muss<br />

sie sein.<br />

„Es ist extrem schwer, Herrn Faust zu überzeugen“, seufzt<br />

sein wissenschaft licher Assistent Volker Wiese. Für ihn ist<br />

Faust gleichwohl ein „Genius“: brillant in der Sache – und<br />

äußerst zugänglich für seine Studenten. „Ich wünschte, es<br />

würden noch mehr von der Möglichkeit zum Nachfragen<br />

Gebrauch machen“, sagt der Professor, „gerade auch<br />

diejenigen, die sich scheuen, weil sie tatsächlich Schwierigkeiten<br />

haben.“ In Fausts Büro gibt es keine Sprechzeiten,<br />

sondern eine „open-door-policy“. Und sogar von unterwegs<br />

antwortet er per Blackberry.<br />

Nach Feierabend lässt der Professor jedoch auch Jura Jura<br />

sein. „Wenn ich abschalte, dann total“, sagt Faust – und das<br />

rät er auch seinen ambitionierten Studenten: „Macht euch<br />

nicht verrückt, es gibt noch anderes im Leben als Jura.“<br />

Professor Florian Faust wurde vom Alumni-Verein für<br />

hervorragende Lehre ausgezeichnet. An der <strong>Law</strong> <strong>School</strong> gilt<br />

er als herausfordernder Gegner in juristischen Debatten –<br />

privat ist er ein Genießer<br />

Die Oper zum Beispiel. Über achtzigmal besuchte<br />

Florian Faust bereits die Hamburgische Staatsoper –<br />

viermal allein Francis Poulencs „Gespräche der Karmeliterinnen“.<br />

Die „unaufdringlich moderne Inszenierung“<br />

mit ihren gekonnten Eff ekten und ergreifend dargestellten<br />

Gewissenskonfl ikten habe ihm „so manchen Schauer<br />

über den Rücken gejagt“, schwärmt er.<br />

In der Wohnung, die er gerade in Lokstedt bezogen hat,<br />

freut Faust sich am meisten auf die neue Küche. Gut<br />

möglich, dass er dort wieder öft er sein Kochbuch zücken<br />

und Schweinelendchen mit Avocado-Schafskäse-<br />

Füllung zubereiten wird. Und das nicht für sich allein:<br />

Denn Faust wird gemeinsam mit seiner Partnerin Anja<br />

Frahm einziehen. Kennen gelernt haben sich die beiden<br />

an der <strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong>, sie leitet die Abteilung für<br />

studentische Angelegenheiten, zwei Stockwerke unter<br />

ihm. Gefunkt hat es, als Faust sich ein Herz nahm und<br />

sie einlud, mit ihm ein Benjamin-Britten-Konzert in der<br />

Staatsoper zu besuchen. Für den 10. Dezember, den<br />

zweiten Jahrestag des Konzerts, ist nun die standesamtliche<br />

Trauung angesetzt – allerdings nicht in Hamburg,<br />

sondern in Regensburg.<br />

In Regensburg wurde Florian Faust geboren, dort hat er<br />

Abitur gemacht und die ersten Semester Jura studiert.<br />

Heute noch reist er häufi g dorthin, um seinen Vater zu<br />

sehen. Oder um „heikle Entscheidungen“ zu treff en, wie<br />

seine Mitarbeiter wissen: sich eine neue Brille zulegen<br />

etwa, oder zum Haareschneiden. Schließlich – wer hat<br />

schon den gleichen Friseur wie der Papst? Mit Joseph<br />

Ratzinger und dessen Regensburger Zeit verbindet ihn<br />

aber noch mehr: Fünf Jahre lang war er Messdiener beim<br />

damaligen Kardinal. Als „freundlich, aber sehr zurückhaltend“<br />

hat der junge Faust ihn wahrgenommen – und<br />

als „brillanten Rhetoriker“. Letzteres eine Eigenschaft ,<br />

die auf den späteren Professor abgefärbt haben mag –<br />

und für die ihn seine Studenten heute besonders<br />

schätzen.<br />

Faust wiederum legt Wert auf den guten Kontakt zu<br />

Studierenden, Mitarbeitern und zur Hochschulleitung –<br />

weshalb der Bayer 2007 sogar der Versuchung widerstand,<br />

einem Ruf an die Universität seiner geliebten<br />

Vaterstadt Regensburg zu folgen. Damals texteten die<br />

<strong>Law</strong>-<strong>School</strong>-Studenten: „Wir freuen uns ’nen Keks,<br />

wenn Sie bleiben!“, und schenkten ihrem Lieblingsprof<br />

selbst gebackene Butterkekse. Faust hat nicht alle<br />

gegessen, sondern bewahrt einige bis heute in seinem<br />

Büroschrank auf.<br />

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN 25


MARCUS LERCH (24) WAR IN NEW YORK<br />

„Ich war dabei, als Arbeiter das riesige Firmenschild<br />

der Lehmann Brothers abgeschraubt haben.<br />

Ehemalige Angestellte im Anzug verließen mit<br />

Pappkartons das Gebäude: Sie trugen nur noch den<br />

Inhalt ihres Büroschranks bei sich. Als wir abends<br />

unterwegs waren, hielt einmal eine Limousine<br />

neben uns. Der Chauff eur fragte, ob er uns<br />

mitnehmen könnte. Das war ein entlassener Fahrer,<br />

der mit Taxifahrten Geld verdienen wollte. Wie die<br />

Finanzkrise in den Alltag einbricht, habe ich erst in<br />

New York gespürt.“<br />

Protokolle: Jenny Niederstadt. Illustration: Erika Vareschka.<br />

26 RE.VISION 2009<br />

EMILY HABERSHON (21) CAME FROM BRISBANE<br />

„I can still remember my arrival in Hamburg. Aft er<br />

a horrible 20-hour-fl ight I drove to my apartment<br />

in Winterhude and I was simply surprised while<br />

looking out of the window: Before my stay I<br />

thought Germany was somewhat of a cold, harsh<br />

country. But instead my fi rst and strongest<br />

impression of Hamburg was how beautiful the city<br />

was, I loved the buildings and the gardens around<br />

my apartment in Winterhude. And I made so many<br />

good friends who I am still in contact with. I simply<br />

loved everything and could see myself living there.“<br />

NUR WER SICH INS UNBEKANNTE WAGT, KANN<br />

SEINE VORSTELLUNG VON DER WELT ÜBERPRÜFEN:<br />

JEDES HERBSTTRIMESTER REIST EIN LAW-SCHOOL-<br />

JAHRGANG ZUM STUDIUM INS AUSLAND, GLEICH-<br />

ZEITIG SIND MEHR ALS HUNDERT AUSLÄNDISCHE<br />

STUDENTEN AUF DEM HAMBURGER CAMPUS ZU<br />

GAST. JE DREI VON IHNEN ERZÄHLEN, WAS SIE<br />

BEEINDRUCKT ODER VERWUNDERT HAT<br />

DIE WELT IST EINE<br />

SCHEIBE<br />

ABENTEUER AUSLANDSTRIMESTER


JIAOJIAO PENG (22) CAME FROM SHANGHAI<br />

„In Germany, friends talk about politics. It seems to<br />

be a normal topic for Germans, and many of them do<br />

like paying attention to how the government is<br />

running. For example, my host had many meetings<br />

with his party members. He would also tell me<br />

something about German politics when we were<br />

chatting. People’s attitude towards politics is totally<br />

diff erent in China. Most of us do not care at all how<br />

the government is running. It is not a hot issue for<br />

family get-togethers or friends’ parties. We do not<br />

have the passion for politics generally speaking. But<br />

we would also make jokes on it.“<br />

OREN HOGERY (26) CAME FROM TEL AVIV<br />

„I kind of knew it beforehand, but I didn’t know<br />

that it was to this extent: the fact that German<br />

people like to schedule everything in advance,<br />

even just a friendly gathering. All my German<br />

friends needed to know in advance – even a week<br />

before! – when we will meet and what we will do.<br />

In Israel we never schedule unless it’s business, so<br />

it took me some time to get used to it.“<br />

FRIEDERIKE DUSCHA (22) WAR IN BANGALORE<br />

„Ich wollte auf keinen Fall in ein Industrieland und dachte,<br />

das wäre ein Abenteuer. Aber als ich angekommen war,<br />

fühlte ich mich furchtbar. Ich war anderthalb Monate lang<br />

krank, habe das Essen nicht vertragen und zehn Kilo<br />

abgenommen. Mein Zimmer war winzig, die Uni chaotisch,<br />

die Stadt laut. Vor allem aber hat mich das Elend überfordert.<br />

Die Bettler auf den Straßen, kleine Kinder, die schon<br />

hart arbeiten müssen, Mädchen, die zur Prostitution<br />

gezwungen werden. Doch kaum war ich wieder zu Hause,<br />

habe ich Indien vermisst. Die Inder sind so off en und<br />

freundlich, dass man sich wirklich willkommen fühlt.“<br />

INGA RUCK (21) WAR IN ISTANBUL<br />

„Anfangs hat mich das türkische Nachtleben verwirrt.<br />

Anders als bei uns gibt es nur ganz wenige Kellerclubs. Wer<br />

in Istanbul ausgeht, steigt die Treppen rauf. Denn die<br />

meisten Clubs liegen in den oberen Stockwerken. Das<br />

wirkte auf mich anfangs irgendwie uncool. Aber dann war<br />

ich sehr schnell begeistert, weil viele Läden dadurch einen<br />

Dachgarten haben. Da habe ich meine Freunde getroff en,<br />

gefeiert und konnte nebenbei über die Stadt schauen.<br />

Wunderschön!“<br />

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN 27


Jenseits der klassischen<br />

Juristen-Karriere ist<br />

<strong>Law</strong>-<strong>School</strong>-Absolvent<br />

Max Fischer als Unternehmer<br />

erfolgreich – mit einem<br />

Internetportal für Vereine<br />

Text: Thomas Röbke. Foto: Odile Hain.<br />

28 RE.VISION 2009<br />

ES GIBT SIE NOCH, die erfolgreichen Internet-Start-ups mit<br />

einer Handvoll kreativer junger Menschen, die eine<br />

Hinterhofetage bevölkern. In diesem Fall ist es ein<br />

renovierter Altbau mit Holzfußboden in einer versteckten<br />

Seitenstraße im Hamburger Stadtteil St. Georg – zu<br />

einem der »365 Orte 2009« gewählt von der Initiative<br />

»Deutschland – Land der Ideen«. Einer der Geschäft sführer<br />

ist Max Fischer, 28, groß gewachsen, praktische<br />

Kurzhaarfrisur, sportlich: Er hat mal geboxt und Tennis<br />

gespielt. Schon während seines Studiums an der <strong>Bucerius</strong><br />

<strong>Law</strong> <strong>School</strong> hatte er gemeinsam mit seinem alten Schul-<br />

freund und heutigen Co-Geschäft sführer Axel Kmonitzek<br />

die Idee zum Online-Portal meinverein.de: »Ich war<br />

durch den Sport immer in Vereinen aktiv. Und bekam<br />

mit, dass die größten Defi zite dort in der Kommunikation<br />

und Organisation liegen.« Von den aufk ommenden<br />

sozialen Netzwerken wie Xing oder Facebook war es nur<br />

ein kleiner Schritt zum Vereinsportal. Das Entscheidende<br />

an diesem kleinen Schritt: meinverein.de bietet nicht nur<br />

eine Plattform zur Selbstdarstellung der Vereine, sondern<br />

auch einen internen Raum für die Vernetzung untereinander.<br />

Wer zum Beispiel in eine fremde Stadt zieht, kann<br />

DER<br />

VEREINSMEIER<br />

OUTLAW: MAX FISCHER


dort Gleichgesinnte fi nden, Mitglieder können sich aber<br />

auch Spielpläne herunterladen, den alten Tennisschläger<br />

zum Verkauf anbieten oder ganze Mannschaft en mit<br />

einem Klick über veränderte Trainingszeiten informieren;<br />

selbst Vorstandswahlen lassen sich online durchführen.<br />

Ein virtuelles Vereinsheim also, in dem die Mitglieder ihre<br />

Kommunikation eff ektiver gestalten können als mit<br />

einem Schwarzen Brett – bislang machen schon mehr als<br />

10 000 Vereine davon Gebrauch.<br />

In die Selbstständigkeit wagte Max Fischer sich noch vor<br />

Ende des Studiums. Nachdem die Sparkasse nicht einmal<br />

ein Geschäft skonto gewähren wollte, geschweige denn<br />

einen Existenzgründungskredit, fand sich der erste<br />

Investor, als Fischer gerade in den Vorbereitungen zum<br />

Staatsexamen steckte. Durch Zufall: Matthias Nixdorf,<br />

Sohn des Computerpioniers Heinz Nixdorf, sah bei einem<br />

Freund den Businessplan auf dem Schreibtisch liegen. Er<br />

warf einen Blick hinein und war sofort vom Erfolg der Idee<br />

überzeugt – der erste Investor war gefunden.<br />

Der zweite Geldgeber ist ein gemeinsamer Bekannter von<br />

Nixdorf und Fischer, der als Jura-Student bei einer Agentur<br />

gejobbt hatte, die VIPs betreut. Dabei hatte Fischer öft er<br />

mit einem ehemaligen Tennisstar zu tun: Michael Stich.<br />

»Wir haben uns mit Matthias Nixdorf zusammengesetzt<br />

und überlegt, ob wir Stich mit ins Boot holen. Und der<br />

fand das tatsächlich genauso spannend wie Nixdorf.«<br />

Am Tag von Fischers mündlicher Abschlussprüfung ging<br />

die Internetseite online. Von der Idee bis zur Realisierung<br />

sei es eine Zitterpartie gewesen, erinnert er sich: »Jeden<br />

Morgen, wenn wir den Computer anschalteten, mussten<br />

wir befürchten, dass uns jemand zuvorgekommen ist.«<br />

Doch dem war nicht so. Nun ist meinverein.de bereits seit<br />

zwei Jahren auf dem Markt – und trotz des einen oder<br />

anderen Nachahmers mit Abstand der größte Anbieter<br />

dieser Art. »Natürlich kann immer noch einer kommen<br />

und uns mit einer genialen Idee überrunden. Aber aus<br />

dem Gröbsten sind wir raus.«<br />

Und hätte er sich das Jura-Studium nicht schenken<br />

können, wo er berufl ich eine ganz andere Richtung<br />

eingeschlagen hat? »Bevor man anfängt, Jura zu studieren,<br />

weiß man noch nicht, was einen erwartet. Ich habe<br />

aber relativ zügig gemerkt, dass ich nicht der klassische<br />

Jurist bin. Als Jurist ist man dabei und berät, man hilft<br />

mit, dass etwas entsteht. Aber man ist nie die treibende<br />

Kraft “, antwortet Fischer. Trotzdem hat er seine Studienwahl<br />

nicht bereut: »Ein Jura-Studium ist spannend und<br />

man lernt wirklich viel – etwa analytisch zu denken und<br />

zu argumentieren.« Sehr zugute kommt ihm sein Studium<br />

natürlich, wenn es um Vertragsangelegenheiten geht. Und<br />

Max Fischer hat noch eins draufgesetzt: Voriges Jahr ist er<br />

zurückgegangen an die <strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong> und hat seinen<br />

»Master of <strong>Law</strong> and Business« gemacht. »Jetzt kann ich<br />

auch ein bisschen besser mit Zahlen umgehen, als es Juristen<br />

gemeinhin nachgesagt wird«, sagt der Jungunternehmer.<br />

Drei Mitarbeiter haben Fischer und Kmonitzek, die<br />

Programmierung besorgt eine Agentur in Österreich.<br />

Meinverein.de konnte mitten in der Wirtschaft skrise<br />

wachsen, weil das Unternehmen, anders als die meisten<br />

Internetportale, nicht allein auf Werbefi nanzierung setzt.<br />

Anzeigenbanner gibt es hier zwar auch, der Fokus liegt<br />

jedoch auf dem E-Commerce: »Es gibt 600 000 Vereine in<br />

Deutschland und die haben Bedürfnisse, brauchen Trikots,<br />

Pokale, Fahnen, Wimpel, Werbeartikel, Vereinsreisen,<br />

Speisen und Getränke… Wir wollen nach und nach alle<br />

Märkte rund ums Vereinsleben aufrollen.“ Mit einem Shop,<br />

in dem man Pokale und Medaillen bestellen kann, ist<br />

meinverein.de gerade online gegangen, als nächstes soll ein<br />

Trikot-Shop folgen. Im November bringen Fischer und<br />

Kmonitzek zusammen mit dem Verlag Heinrich Vogel auch<br />

noch ein Printmagazin heraus. Die stolze Anfangsaufl age<br />

soll 125 000 Stück betragen und an 25 000 Vereine versandt<br />

werden. Wer bereits Mitglied ist, soll damit stärker an<br />

meinverein.de gebunden, alle anderen neugierig gemacht<br />

werden. Eine weitere Einnahmequelle wird demnächst<br />

»MeinVerein plus« sein, ein umfangreicher Homepage-<br />

Baukasten.<br />

War das Jura-Studium schon stressig, so ist es das Unternehmertum<br />

nicht minder, das war schnell klar. Die Plattform<br />

will gepfl egt, neue Sponsoren und Werbekunden müssen<br />

gewonnen, der »Verein des Monats« ausgewählt werden.<br />

Sehr wichtig ist Fischer die direkte Kommunikation mit<br />

den Nutzern. Mit 20 besonders engagierten Community-<br />

Mitgliedern geht er Ende des Jahres auf Reisen, um sie und<br />

ihr Vereinsleben noch besser kennenzulernen. Und wohin<br />

soll das alles führen? »Anfangs war unsere Zielmarke<br />

einfach die Zahl der Vereine in Deutschland – natürlich<br />

sollen alle bei uns Mitglied werden. Inzwischen haben wir<br />

die erfolgreiche Bewirtschaft ung der verschiedenen<br />

Geschäft sfelder zu unseren Zielen erklärt – den E-Commerce,<br />

das Printmagazin und was wir sonst so vorhaben«,<br />

sagt der <strong>Law</strong>-<strong>School</strong>-Absolvent. Ganz neu ist nun auch<br />

noch ein Beraterjob hinzugekommen: Das Bundesfamilienministerium<br />

baut eine Internetplattform zum Th ema ziviles<br />

Engagement auf – Fischer & Co werden dabei helfen.<br />

Die Boxhandschuhe hat Max Fischer zwar<br />

an den Nagel gehängt, aber was er damals<br />

vom Vereinsleben mitbekommen hat, gab<br />

dem 28-Jährigen die Idee zum eigenen<br />

Unternehmen.<br />

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN 29


Die Steigerung von Chronometer:<br />

Zeitmeister.<br />

Die zurzeit einzige deutsche Armbanduhr, die den Titel Chronometer trägt: die WEMPE<br />

ZEITMEISTER. Als Signet für die Einzigartigkeit der Kollektion ziert eine Relief gravur der<br />

Sternwarte Glashütte die Rückseite jeder Uhr. Hier müssen unsere Modelle in einem stren-<br />

gen 15-tägigen Testverfahren ihre sekundengenaue Präzision beweisen, bevor sie sich mit<br />

dem Zertifikat Chronometer schmücken dürfen. Erhältlich exklusiv bei Wempe für € 1.975.<br />

Hamburg London Paris New York wempe-zeitmeister.de


AUCH FÜR DAS KAPITAL GELTEN IN DER EUROPÄISCHEN<br />

UNION EINHEITLICHE RICHTLINIEN. EIGENTLICH. DENN<br />

WER SETZT SIE DURCH? UND WIE?<br />

DOKTORANDEN DER BUCERIUS LAW SCHOOL HABEN<br />

DIE RECHTSPRAXIS IN SECHS LÄNDERN VERGLICHEN –<br />

UND ZWAR VOR ORT<br />

Text: Axel Reimann. Illustration: Daniel Lisson.<br />

ACHTUNG<br />

EINE FORSCHUNGSREISE<br />

WILDWECHSEL<br />

DURCH DIE KAPITALMÄRKTE EUROPAS<br />

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN 31


DAS KAPITAL IST EIN SCHEUES REH – und manchmal<br />

ziemlich zickig. Mal äst es bei den Deutschen, mal bei den<br />

Franzosen, dann wieder bei den Briten oder den Italienern.<br />

Daran ist in Zeiten weltumspannender Kapitalströme<br />

nichts Überraschendes mehr. Die Frage ist nur:<br />

Wie muss es sich in den einzelnen Ländern benehmen –<br />

auch angesichts der jüngsten Finanzkrise? Alle Welt redet<br />

schließlich von der Verschärfung der Spielregeln – nur<br />

kaum einer hat bisher einen Überblick, was wo gilt. Noch<br />

nicht mal im vereinten Europa. Welche Einhegungen gibt<br />

es? Und wer greift ein, wenn das liebe Tier übermütig<br />

wird?<br />

Um das herauszufi nden, sind vier Doktoranden der<br />

<strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong> zum Forschen in verschiedene Städte<br />

Europas gereist. Losgeschickt hat sie Professor Rüdiger<br />

Veil vom Institut für Unternehmens- und Kapitalmarktrecht.<br />

Das Ziel: ein Vergleich des Kapitalmarktrechts in<br />

Deutschland, Spanien, Italien, Frankreich, Großbritannien<br />

und Schweden. Und damit Antwort auf die Frage:<br />

Wie sieht der europäische Ordnungsrahmen für Märkte<br />

aus, auf denen Kapital gehandelt wird – von A wie Aktien<br />

bis Z wie Zertifi kate?<br />

In der Europäischen Union gibt es auch für das scheue<br />

Reh Kapital eigentlich die passenden Richtlinien. Sie<br />

sollen das Kapitalmarktrecht in der EU harmonisieren<br />

und heißen zum Beispiel „Richtlinie betreff end den<br />

Prospekt, der beim öff entlichen Angebot von Wertpapieren<br />

oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröff entlichen<br />

ist“ oder „Richtlinie über Insidergeschäft e und<br />

Marktmanipulation“ oder – besonders griffi g – „Richtlinie<br />

zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen<br />

in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren<br />

Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt<br />

zugelassen sind“.<br />

Aber was so einheitlich klingend aus Brüssel daherkommt,<br />

ist es nicht mehr, sobald es in nationale Gesetze<br />

übersetzt wurde. „Die Abweichungen dürft en gar nicht so<br />

groß sein“, sagt Philipp Koch, der für das Forschungsprojekt<br />

insgesamt sechs Monate in Madrid und Paris war. „Sie<br />

sind es aber doch.“<br />

Zum einen gehen die Mitgliedsstaaten teilweise über die<br />

europäischen Vorgaben hinaus: Sie regeln mal mehr, mal<br />

regeln sie strenger – „gold-plating“ nennt sich das. Zum<br />

anderen setzen sie dieses Recht mit unterschiedlichen<br />

Mitteln durch – mit Zivil- oder Strafrecht, per Verordnung<br />

oder Dialog. Hier wirken sich unterschiedliche<br />

Einfl üsse und Traditionen aus. Und die Erfahrungen, die<br />

32 RE.VISION 2009<br />

WANN MUSS SICH<br />

EIN POTENZIELLER<br />

GROSSAKTIONÄR ZU<br />

ERKENNEN GEBEN?<br />

ein Land bisher mit Aktien, Anleihen & Co. gemacht hat.<br />

Spanien zum Beispiel, ein Land mit einem eher überschaubaren<br />

Kapitalmarkt: Hier sei Kapitalmarktrecht oft noch<br />

eine „terra incognita“, so Projektleiter Rüdiger Veil, der<br />

gemeinsam mit den Doktoranden in allen untersuchten<br />

Ländern Interviews mit Anwälten, Professorenkollegen<br />

und Behördenvertretern geführt hat. „Sie merken das<br />

auch in den Gesprächen. Da sitzen Sie zwei Anwälten<br />

gegenüber und die erzählen Ihnen was vom Himmel<br />

herunter. Und dann ahnen Sie irgendwann, dass das nicht<br />

alles stimmen kann, was Sie da gerade gehört haben.“<br />

Für <strong>Law</strong>-<strong>School</strong>-Doktorand Philipp Koch bedeutete das<br />

echte Detektivarbeit – also Gesetzestexte sichten, die<br />

eigene Vorstellung davon immer wieder mit der Wirklichkeit<br />

abgleichen und das in Interviews Erfahrene in<br />

anderen Gesprächen überprüfen. Denn: „In Spanien gibt<br />

es keine Bücher zum Kapitalmarktrecht.“ Nur law in<br />

action. Und das ist auch den Fachleuten vor Ort nicht<br />

immer auf Anhieb bekannt.<br />

Dabei geht es inhaltlich nicht um juristische Spitzfi ndigkeiten<br />

oder Petitessen, sondern um die Funktionsfähigkeit<br />

eines gemeinsamen europäischen Kapitalmarkts; auf<br />

dem sollen Anleger, Finanzdienstleister und Unternehmen<br />

gleichermaßen sicher vor Übervorteilung sein – ob<br />

ein Wertpapier nun in Spanien oder in Deutschland<br />

herausgegeben wird.<br />

Konkret heißt das: Prospektrecht (Wie war das noch mit<br />

dem Hinweis auf die fehlende Einlagensicherung von<br />

Lehman-Zertifi katen?); Ad-hoc-Publizität (Wer erfährt<br />

wann davon, dass der Vorstandsvorsitzende einer<br />

börsennotierten Aktiengesellschaft zurücktritt?);<br />

Beteiligungstransparenz (Wann muss sich ein potenzieller<br />

Großaktionär outen? Erst wenn er die Aktien besitzt?<br />

Oder schon wenn er sich – siehe Schaeffl er bei Continental<br />

– mithilfe von Finanzderivaten Einfl uss verschafft ?);<br />

Insiderhandel (Wie lässt sich verhindern, dass Konzernvorstände<br />

wie im Fall EADS ihren Informationsvorsprung<br />

zum eigenen Vorteil nutzen?); Compliance in


Banken (Wie unterbindet man eigentlich, dass der<br />

Anlageberater in der Kantine ausgerechnet mit dem<br />

Kollegen plaudert, der Wertpapier-Emittenten betreut?).<br />

Und wer entscheidet überhaupt, ob etwas falsch läuft auf<br />

den nationalen Kapitalmärkten? Eine Behörde? Ein<br />

Richter? Eine Börse? Oder doch ein Selbsthilfe-Verein?<br />

Wie werden Verstöße geahndet – mit Geldbußen,<br />

Aktien stimmrechtsverlust oder durch Schadensersatzklagen?<br />

Wie relevant solche Fragen sind, konnte man zuletzt bei<br />

Prozessen wegen einer verspäteten Ad-hoc-Mitteilung des<br />

Daimler-Konzerns sehen: Das Unternehmen musste ein<br />

Bußgeld von 200 000 Euro zahlen, weil es den Rücktritt<br />

seines damaligen Vorstandschefs Jürgen Schrempp zu spät<br />

bekannt gegeben hatte. So ähnlich wäre der Fall wohl<br />

auch in anderen Ländern geendet. In Deutschland aber<br />

konnten Anleger den Konzern zusätzlich auf 5,5 Millionen<br />

Euro Schadensersatz verklagen – in England oder<br />

Spanien hätten sie solche Klagerechte nicht. Ist das also<br />

die Rechtssicherheit auf dem gemeinsamen europäischen<br />

Kapitalmarkt?<br />

„Das sind richtige Hammerthemen“, sagt Veil. Bis zu 22<br />

Seiten dick waren die Fragebögen, mit denen die <strong>Law</strong>-<br />

<strong>School</strong>-Forscher die Rechtslage recherchierten – und die<br />

waren nicht so einfach Punkt für Punkt abzuhaken.<br />

„Häufi g bekamen wir die Antwort: ‚We will check it.‘<br />

Oder: ‚We send you an email‘“, erinnert sich Rüdiger Veil.<br />

„So mussten wir uns dann von Gespräch zu Gespräch<br />

hangeln und uns sukzessive der Wahrheit annähern.“<br />

Hinzu kam eine weitere Herausforderung: die sprachliche.<br />

Oder wie sagt man „Prospektrichtlinien-Durchführungsverordnung“<br />

auf Italienisch? „Als ich hier ankam,<br />

beschränkte sich mein Italienisch darauf, wie ich mir ein<br />

Eis kaufe und was meine Hobbys sind“, sagt Katja<br />

Scharkowski, die für das Forschungsprojekt drei Monate<br />

in Mailand war. Aber irgendwann könne man erstaunlich<br />

viel Juristen-Italienisch ableiten – auch durch die Hilfe<br />

der einheimischen Kollegen. „Die waren unglaublich<br />

hilfsbereit.“<br />

Diese Erfahrung machten auch die anderen Doktoranden,<br />

zum Beispiel Fabian Walla, der in Stockholm rund 70<br />

Prozent seiner Quellen in der Landessprache lesen musste.<br />

„Die Interviews liefen dort zum Glück aber alle auf<br />

Englisch.“ Und bei seinen Gesprächen in Stockholm<br />

konnte Walla nicht nur rechtswissenschaft liche Vergleiche<br />

ziehen: „Der professionelle Umgangston ist in<br />

Schweden viel, viel lockerer als bei uns. Das fängt beim<br />

Vorstellen mit dem Vornamen an, egal ob man sich mit<br />

Professoren, Ministeriums- oder Behördenvertretern<br />

trifft .“ Und der Anwalt aus der berühmten internationalen<br />

Großkanzlei empfi ng Walla nicht in Anzug und<br />

Krawatte, sondern einfach im Poloshirt.<br />

Es sind auch kleine Beobachtungen am Rande, die für das<br />

Forschungsprojekt relevant sind. Zum Beispiel wenn es<br />

um das Verhältnis von Kapitalmarktteilnehmern und<br />

nationalen Aufsichtsbehörden geht: „In Spanien haben<br />

wir einen Termin bei der Aufsichtsbehörde nur bekommen,<br />

weil sich ein Anwalt für uns eingesetzt hat, der sonst<br />

Emittenten gegenüber den Kontrolleuren vertritt“, erzählt<br />

Veil. „Der ist sogar mitgekommen und hat ordentlich<br />

mitdiskutiert. Dabei ist der ja Interessenvertreter und<br />

steht auf der anderen Seite. Das würde es in Deutschland<br />

oder Schweden nicht geben.“<br />

In Frankreich und Großbritannien haben die Doktoranden<br />

Malte Wundenberg und Philipp Koch ebenfalls eine<br />

überraschende Nähe zwischen Interessenvertretern und<br />

den nationalen Aufsichtsbehörden festgestellt. Die<br />

Kontrolleure gäben sich eher als Kooperationspartner.<br />

„Wenn die Franzosen zum Beispiel eine Übernahme<br />

planen, ist es üblich, dass der Anwalt vorher seine<br />

Unterlagen mit der Behörde durchspricht“, sagt Koch.<br />

„Die Übernahme wird geradezu gemeinsam erarbeitet.“<br />

Die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht<br />

(BaFin) sei da sehr viel zurückhaltender. Die<br />

Schweden wiederum, berichtet Fabian Walla, setzten vor<br />

allem auf die Selbstregulierung der Kapitalmarktteilnehmer,<br />

wohingegen Katja Scharkowski in Italien gleich eine<br />

Vielzahl von Regulierungsbehörden fand, die verschiedene<br />

Teilbereiche des Kapitalmarkts kontrollieren.<br />

„Für uns war es wichtig herauszufi nden, wie das europäische<br />

Recht im jeweiligen Land tatsächlich funktioniert“,<br />

sagt Veil. „Und das hat viel mit der Frage zu tun, ob<br />

Kommunikation stattfi ndet zwischen der Aufsichtsbehörde<br />

und dem Anwalt, der einen Investor oder<br />

Emittenten berät. Kaspern die das irgendwie ab, besprechen<br />

die sich – oder verlässt sich der Anwalt auf seine<br />

eigene Einschätzung der Rechtslage?“<br />

Auch in anderer Hinsicht gibt es deutliche Unterschiede<br />

im vereinten Europa der Kapitalmärkte: In Großbritannien<br />

kann die Finanzaufsicht eigenständig Straft aten<br />

verfolgen – hierzulande braucht die BaFin dazu die<br />

Staatsanwaltschaft . Die Schweden begnügen sich mit<br />

einer breiten Generalklausel, wenn es um Marktmissbrauch<br />

geht – in Deutschland werden die zugehörigen<br />

WELCHE LÄNDER<br />

VERTRAUEN DEM MARKT,<br />

WELCHE KONTROLLIEREN<br />

LIEBER?<br />

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN 33


Tatbestände in Verordnungen fi xiert. Die<br />

Italiener übernehmen die EU-Richtlinien fast<br />

wörtlich – um sie später anlässlich von akuten<br />

Konfl ikten und Skandalen mit zahlreichen<br />

Gesetzen zu ergänzen. Die Franzosen geben<br />

sich in Sachen Beteiligungstransparenz<br />

lockerer als die Deutschen – nur um dann in<br />

den Satzungen der Aktiengesellschaft en sehr<br />

viel strenger zu sein.<br />

Auch wenn es bei dem Forschungsprojekt<br />

nicht um die „richtige“ Umsetzung der EU-<br />

Richtlinien in den einzelnen Ländern geht,<br />

sondern um eine Bestandsaufnahme des<br />

europäischen Kapitalmarktrechts – für sich<br />

hat Projektleiter Veil eine Antwort auf die<br />

Frage gefunden, wie das scheue Reh im Zaum<br />

gehalten werden kann: „Dort, wo die Sanktionen<br />

für Fehlverhalten hart und scharf sind,<br />

präsentiert sich das Recht ausgereift und<br />

diff erenziert. Deshalb muss man sich jetzt in<br />

Europa Gedanken machen über Sanktionen.“<br />

Die Studie der <strong>Law</strong>-<strong>School</strong>-Doktoranden<br />

könnte dafür eine Argumentationshilfe sein.<br />

34 RE.VISION 2009<br />

Die Ergebnisse des Forschungsprojekts<br />

werden in einem Lehr-<br />

und Handbuch zum Europäischen<br />

Kapitalmarktrecht zusammengefasst,<br />

das von Rüdiger Veil<br />

herausgegeben wird und Ende<br />

2<strong>01</strong>0 auf Deutsch und Englisch<br />

erscheinen soll.<br />

Die Teilstudien zum Kapitalmarktrecht<br />

in Großbritannien<br />

(Veil/Wundenberg) und<br />

Frankreich (Veil/Koch) wurden<br />

bereits im Carl Heymanns<br />

Verlag veröffentlicht.<br />

Text: Alexandra Werdes<br />

PIRATERIE Die Entführung des deutschen Frachters Hansa Stavanger im April<br />

war nur eines von vielen Dramen, die sich noch immer vor der Küste Somalias<br />

abspielen. Fragt sich: Wer greift ein, wenn die somalischen Sicherheitskräfte<br />

dazu nicht in der Lage sind? Und: Wo und nach welchem Recht werden<br />

die Täter bestraft? Dass die Idee, den Piraten am Internationalen Seegerichtshof<br />

in Hamburg den Prozess zu machen, „allenfalls langfristig<br />

realisierbar“ wäre, konnte Doris König nicht nur den Reedern plausibel<br />

darlegen: Via Nachrichtenagentur dpa erklärte die gefragte Seerechtsexpertin,<br />

warum man die Befugnisse der Hamburger nicht so leicht erweitern<br />

kann. Die <strong>Law</strong>-<strong>School</strong>-Professorin glaubt, dass das Thema aktuell<br />

bleibt: „Juristisch gibt es spannende Querverbindungen, vom Verfassungs-<br />

bis hin zum Völker- und Menschenrecht – darüber kann man sich in einer<br />

Dissertation sehr viele Gedanken machen.“<br />

URHEBERRECHT Verleger Hubert Burda begann im Juni mit der Google-Schelte<br />

– inzwischen klagen viele Verlage, dass nicht sie selbst, sondern die Suchmaschinen<br />

mit ihren Online-Artikeln Geld verdienen. Dies ist nur ein Aspekt<br />

des immateriellen Güterrechts, das im digitalen und globalen Konkurrenzkampf<br />

immer wichtiger wird. „Wer sich hierauf spezialisiert, obwohl es nicht<br />

zum Pfl ichtkanon gehört, fi ndet als Anwalt eine exzellente Marktlage vor“,<br />

sagt Professor Karsten Thorn. Auch die <strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong>, so Thorn, wolle<br />

auf diesem Feld ihr Profi l schärfen: Eine neue Vortragsreihe gibt es schon, bald<br />

soll eine Forschungsstelle eingerichtet werden – diese könnte dann die<br />

Grundlage für ein eigenes Institut für Medienrecht bilden.<br />

KRISE I Niemand weiß, wie viele Billionen durch die Finanzkrise tatsächlich<br />

verbrannt wurden. Sicher ist: Betroffen sind nicht nur Spekulanten, sondern<br />

auch Anleger, die als bodenständig gelten. So haben zahlreiche Stiftungen<br />

Geld verloren – und das wirft steuerrechtlich Probleme auf: Dürfen sie<br />

Rücklagen bilden, anstatt ihre Gewinne wie vorgeschrieben „zeitnah“ für<br />

gemeinnützige Zwecke auszugeben? „Eine andere wichtige Frage ist, für<br />

welches Anlageverhalten ein Stiftungsvorstand rechtlich zur Verantwortung<br />

gezogen werden kann“, sagt Birgit Weitemeyer, Direktorin des Instituts für<br />

Stiftungsrecht an der <strong>Law</strong> <strong>School</strong>. Die Professorin sieht hier Berufschancen<br />

für Juristen: „Die Krise macht deutlich, dass sich das Stiftungsmanagement<br />

weiter professionalisieren muss – und dafür werden Berater gebraucht.“<br />

KRISE II Nicht nur Börsenkurse sind ins Bodenlose gefallen, auch mit dem<br />

Ansehen der Manager ging es im Krisenjahr steil bergab. Wie viele Vorstände<br />

außerdem vor Gericht gestellt werden, bleibt abzuwarten. Aber nach<br />

Ansicht von Thomas Rönnau, Professor an der <strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong>, wird<br />

sich die Tendenz der vergangenen Jahre fortsetzen: „In Deutschland traut<br />

man sich immer mehr, auch höchst dotierte Manager in Haftung zu nehmen.“<br />

Da werden Spezialisten gesucht – „und zwar in allen Bereichen“, so der<br />

Wirtschaftsstrafrechtler. „Bei den Gerichten, den Staatsanwaltschaften<br />

und natürlich im Beruf des Strafverteidigers.“ Auch im Zivilrecht könnten<br />

sich neue Arbeitsfelder auftun – wenn Aktionäre auf Schadenersatz klagen.<br />

RECHT<br />

WARUM<br />

GEHABT<br />

JURA SELTEN SPANNENDER WAR


Eindrücke hinterlassen.<br />

Wer zu den Besten gehört, stellt mit Recht höchste Ansprüche an seinen<br />

Arbeitgeber: herausfordernde Beratungsarbeit, eine erstklassige Reputation<br />

und internationale Entwicklungsmöglichkeiten.<br />

Hinterlassen Sie Eindrücke bei uns als<br />

Rechtsanwalt (m/w)<br />

Referendar (m/w)<br />

Praktikant (m/w)<br />

u. a. in den Fachbereichen Bank- und Kapitalmarktrecht, Prozessführung und<br />

Schiedsgerichtsverfahren, M&A Gesellschaftsrecht, gewerblicher Rechtschutz,<br />

Steuer- oder Arbeitsrecht.<br />

Wir suchen Persönlichkeiten, die zu uns passen.<br />

Wenn Sie sich dazu zählen, freuen wir uns über Ihre Bewerbungsunterlagen!<br />

Linklaters LLP<br />

Berit Sedlaczek<br />

Recruitment Manager<br />

+49 69 71003 341<br />

berit.sedlaczek@linklaters.com<br />

Berlin Düsseldorf Frankfurt am Main München<br />

linklaters.de/karriere


ANWALTS LIEBLING<br />

DIE FEIERABEND<br />

TOP-FIVE*<br />

20:00 Ständige Vertretung,<br />

Innenstadt<br />

(„Da simmer dabei…“)<br />

21:00 Zwick, Pöseldorf<br />

(„Das ist Bodo mit dem<br />

Bagger…“)<br />

22:00 Hähnchenkeller, Pöseldorf<br />

(„Take the long way<br />

home…“)<br />

23:00 Zoë, Schanzenviertel<br />

(„Sitting, waiting,<br />

wishing…“)<br />

00:30 Alt-Hamburg, St. Pauli<br />

(„Auf der Reeperbahn<br />

nachts…“)<br />

*nicht-repräsentative Umfrage unter Absolventen in Hamburg<br />

ANKLAGE & VERTEIDIGUNG<br />

DER<br />

KOMPROMISS<br />

Schon kleine Kinder sollen<br />

lernen, ihn zu schließen.<br />

Aus der Politik hält er sich<br />

schon lange nicht mehr raus.<br />

Und selbst im Gericht<br />

macht er sich immer<br />

breiter: als Vergleich<br />

und neuerdings auch als<br />

„Deal“. Erreichen wir mit<br />

dem Kompromiss die<br />

höchste zivilisatorische<br />

Stufe – oder untergräbt er<br />

die Gerechtigkeit?<br />

GESTÄNDNIS<br />

DAS HABE ICH NOCH NIE<br />

VERSTANDEN<br />

Sebastian Fischer, 32, Wirtschaftsanwalt bei HengelerMueller in Düsseldorf<br />

„WARUM SETZT SICH DER BUNDESRAT AUS REGIERUNGSVERTRETERN ZU-<br />

SAMMEN? Der Bundesrat ist ein Organ der Legislative, er besteht aber aus<br />

Mitgliedern der Landesregierungen (Art. 51 GG) und damit der Exekutive. Die<br />

Bundesländer setzen später die vom Bundesrat beschlossenen Gesetze um<br />

(Art. 83 GG); zudem bricht Bundesrecht Landesrecht (Art. 31 GG). Die<br />

Vertreter im Bundesrat wirken also an jener Gesetzgebung mit, die sie später<br />

selber umsetzen müssen (vgl. Art. 50 GG): Gesetze machen und Gesetze<br />

ausführen fällt hier in eins. Wie kann das juristisch betrachtet unter dem<br />

Gesichtspunkt der Gewaltenteilung sein?“<br />

Fischer hat von 2000 bis 2005 an der <strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong> studiert und 2007 sein Zweites<br />

Staatsexamen gemacht. Können Sie ihm erklären, was er bis heute nicht verstanden hat?<br />

Diskutieren Sie mit und schreiben Sie unter „Geständnis“ Ihre Meinung auf der Internetseite:<br />

revision.law-school.de<br />

36 RE.VISION 2009<br />

THOMAS RÖNNAU, ANKLAGE<br />

Professor für Wirtschaftsstrafrecht<br />

„Der Kompromiss ist verführerisch,<br />

hat aber Grenzen“<br />

Unsere Gesellschaft liebt es, Streit am<br />

runden Tisch beizulegen. Doch bei allem<br />

Harmoniestreben und Kostenbewusstsein<br />

dürfen die Grenzen von Kompromissen nicht<br />

verschüttet werden. So müssen die<br />

Menschenwürde und das Leben unverfügbar<br />

bleiben. Wenn sie verrechenbar<br />

werden, gibt es kein Halten mehr. Den<br />

Abschuss eines voll besetzten Flugzeuges<br />

zur möglichen Rettung einer größeren<br />

Anzahl von Menschen hat das Bundesverfassungsgericht<br />

daher mit Recht abgelehnt.<br />

Genauso indisponibel sollte – trotz aller<br />

menschlichen Erkenntnisdefi zite – auch die<br />

Wahrheitssuche im Strafprozess sein.<br />

Vornehmlich aus Kostengründen kürzen die<br />

Parteien beim Deal den Prozess inzwischen<br />

immer öfter ab – meist im Austausch von<br />

Geständnis gegen Strafmilderung. Doch<br />

Recht ist kein Wirtschaftsgut, das sich<br />

effi zient produzieren lässt. Auf der Strecke<br />

bleiben dabei Opferinteressen, Rechtssicherheit<br />

und Gerechtigkeit. Aber selbst<br />

wenn der Verfügungsrahmen Kompromisse<br />

zulässt: Eine für beide Seiten akzeptable<br />

Lösung kann es nur geben, wenn die<br />

Verhandlungen auf „Augen höhe“ geführt<br />

werden. Macht-Ungleichgewichte schlagen<br />

hier regelmäßig auf das Ergebnis durch.<br />

Entscheidungen, die von einer unabhängigen<br />

Instanz getroffen werden, erzeugen<br />

dagegen häufi g gerade für schwächere<br />

Verhandlungspartner günstigere Resultate.<br />

Hinzu kommt: Wird die zuständige Instanz<br />

selbst zum Verhandlungspartner (wie beim<br />

Deal), ist sie eben nicht unbeteiligt, sondern<br />

den gleichen Versuchungen zum Machtmissbrauch<br />

ausgesetzt wie die übrigen<br />

„Parteien“. Heraus kommen dabei nicht<br />

selten faule Kompromisse, die keines der<br />

Vergleichsziele erreichen – weil neuer Streit<br />

mit höheren Kosten droht.<br />

ARBEITS | LEBEN<br />

ANSICHTEN UND AUSSICHTEN


MATTHIAS JACOBS, VERTEIDIGUNG<br />

Professor für Arbeitsrecht<br />

„Der Kompromiss ist fast<br />

immer die bessere Lösung“<br />

Was kann es Besseres geben als eine<br />

Problemlösung durch freiwillige Einigung,<br />

durch beiderseitigen Verzicht auf Teile der<br />

wechselseitigen Forderungen – im<br />

Idealfall sogar im Rahmen eines Konsenses?<br />

Nur der Kompromiss als Kategorie<br />

der Konfliktlösung vermeidet die Eskalation<br />

und sichert die gegenseitige Akzeptanz,<br />

Anerkennung und Wertschätzung der<br />

streitenden Parteien. Er ist deshalb die<br />

Basis jeglichen Zusammenlebens. Beim<br />

Kompromiss gibt es weder Sieger noch<br />

Verlierer. Niemand wird gedemütigt, beide<br />

Seiten wahren ihr Gesicht. Wer verzichtet,<br />

zeigt Größe. Wer seine Interessen im<br />

konkreten Konflikt dagegen einseitig auf<br />

Kosten des anderen durchsetzt, mag sich<br />

auf kurze Sicht als Sieger fühlen. Langfristig<br />

wird er aber nicht triumphieren,<br />

sondern alles verlieren. Denn sein Erfolg<br />

ist nicht stabil. Der kluge Hesiod hatte<br />

deshalb recht: „Mehr ist die Hälfte als das<br />

Ganze.“ Diese Erkenntnis hat sich in<br />

arbeitsrechtlichen Verfahren schon lange<br />

durchgesetzt: Das Güteverfahren ermöglicht<br />

dem Arbeitsrichter, modernes<br />

„Konfliktmanagement“ zu betreiben. Das<br />

wird überaus geschätzt, wie die hohen<br />

Vergleichsquoten zeigen. Nicht umsonst<br />

wurde eine entsprechende Regelung vor<br />

einigen Jahren auch in das Zivilverfahrensrecht<br />

übernommen. Dabei ist eine<br />

gewisse Unzufriedenheit beider Konfliktparteien<br />

mit dem Ergebnis ein notwendiges<br />

Übel: Sie sichert nämlich seine<br />

Qualität. Im Grunde ist ein Kompromiss<br />

dann vollkommen, wenn alle unzufrieden<br />

sind. Dass ich recht habe, sieht nun sicher<br />

jeder ein. Aber ich bin natürlich kompromissbereit:<br />

In manchen Fällen mag auch<br />

der Verzicht auf den Kompromiss vorzugswürdig<br />

sein.<br />

Goßlerhaus. Foto: <strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> Scool.<br />

COMPLIANCE CHECK<br />

Versprechen kann man viel – re.vision misst Einrichtungen und Unternehmen<br />

der <strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong> an ihren eigenen Ansprüchen. Diesmal:<br />

BUCERIUS<br />

CONFERENCE<br />

& EVENT<br />

MANAGEMENT<br />

EIGENER ANSPRUCH: „Dank des<br />

vielfältigen Raumangebots ist<br />

<strong>Bucerius</strong> Event in der Lage,<br />

unterschiedlichste Arten von<br />

Veranstaltungen durchzuführen.<br />

Dabei garantieren wir jederzeit<br />

einen hohen Standard in der<br />

Organisation und der Durchführung.<br />

Raum- und Dienstleistungsqualität<br />

machen die Arbeit mit<br />

<strong>Bucerius</strong> Event spannend und<br />

entspannend zugleich.<br />

Jeder kann seine individuelle<br />

Lösung finden und darauf<br />

vertrauen, ein besonderes und<br />

höchst anspruchsvolles Raumerlebnis<br />

geboten zu bekommen<br />

– ganz gleich welchen Veranstaltungsort<br />

er nutzt.“<br />

Quelle: www.bucerius-event.de<br />

Maike Lütkens, Director <strong>Bucerius</strong> Event,<br />

begab sich für re.vision auf den Prüfstand.<br />

Die Fragen stellte Axel Reimann.<br />

TESTFRAGE 1: Ein Kunde möchte spontan<br />

morgen früh um 4.30 Uhr einen Stehempfang<br />

mit Fingerfood und Streichquartett im<br />

Auditorium maximum haben. Was machen<br />

Sie?<br />

„<strong>Bucerius</strong> Event freut sich, dass das<br />

Auditorium Dank der rücksichtsvollen<br />

Zeitauswahl des Kunden für den Stehempfang<br />

angeboten werden kann. Die<br />

musizierenden Studenten bieten an, die<br />

Nacht in der Bibliothek durchzuarbeiten,<br />

um pünktlich vor Ort sein zu können. Das<br />

Team des Studierendenwerks wächst bei<br />

Spontanaufträgen über sich hinaus und<br />

entwickelt sofort ein neues Muntermacher-Fingerfood-Konzept.“<br />

TESTFRAGE 2: Bei einer von Ihnen betreuten<br />

Veranstaltung kommen gleichzeitig<br />

<strong>Law</strong>-<strong>School</strong>-Präsident Professor Karsten<br />

Schmidt, Alt-Bundeskanzler Helmut<br />

Schmidt und Late-Night-Talker Harald<br />

Schmidt mit dringenden Anliegen auf Sie<br />

zu. Um welchen Schmidt kümmern Sie sich<br />

zuerst?<br />

„In diesem Fall könnte das <strong>Bucerius</strong>-<br />

Event-Team eine sogenannte Eins-zu-eins-<br />

Schmidteinander-Lösung anbieten: eine<br />

betreuende Event-Frau je Schmidt.“<br />

TESTFRAGE 3: Ein Kunde schwankt für<br />

seine große Geburtstagsfeier in fünf<br />

Jahren noch zwischen drei verschiedenen<br />

Veranstaltungsorten: Elbphilharmonie,<br />

Übersee-Club und Goßlerhaus. Warum soll<br />

er sich für das Goßlerhaus entscheiden?<br />

„Weil im Goßlerhaus auch Gäste mit<br />

Höhenangst entspannt feiern können,<br />

dänische Architektur Abwechslung bietet<br />

zu britischer Lebensart und weil man auf<br />

dem Blankeneser Krähenberg sicher vor<br />

Hochwasser ist.“<br />

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN 37


LEGENDE<br />

Vergleichswerte<br />

für<br />

Deutschland<br />

EINWOHNER:<br />

82 329 758<br />

WÄHRUNG:<br />

1 Euro (EUR) =<br />

100 Cent<br />

BIP PRO KOPF:<br />

23 060 EUR<br />

INTERNET-<br />

ANSCHLÜSSE:<br />

ca. 274,6 pro<br />

1000 Einwohner<br />

ANWALTS-<br />

HONORAR PRO<br />

STUNDE:<br />

200 bis 500 EUR<br />

(in Großkanzleien)<br />

STRAFMASS<br />

FÜR MORD:<br />

Lebenslänglicher<br />

Freiheitsentzug<br />

TRUNKENHEIT<br />

AM STEUER:<br />

1 Monat<br />

Fahrverbot,<br />

Bußgeld von<br />

250 EUR (> 0,5<br />

Promille)<br />

COFFEE TO GO:<br />

3,80 EUR (bei<br />

Starbucks in<br />

Hamburg)<br />

HEMD-<br />

REINIGUNG:<br />

1,30 EUR<br />

PORSCHE:<br />

46 506 EUR<br />

(Boxster)<br />

38 RE.VISION 2009<br />

Interview und Recherche: Maren Soehring. Quellen: IWF, CIA, Bankenverband, Porsche u.a. Fotos: Privat.<br />

CHINA<br />

DONGZHEN YU, 29, arbeitet für die koreanische<br />

Investmentbank Mirae Asset in<br />

Shanghai. Er ist verheiratet und erwartet im<br />

Januar sein erstes Kind. Sonderurlaub oder gar<br />

Elternzeit gibt es dafür in China nicht. Er hofft<br />

trotzdem, zwei Wochen frei zu bekommen.<br />

1 338 612 968<br />

1 Renmimbi Yuan<br />

(CNY) = 0,10 EUR<br />

4 410 EUR<br />

10,7 pro 1000<br />

100 bis 700 Euro (in<br />

Großkanzleien)<br />

Todesstrafe<br />

(durch Giftspritze)<br />

Bis zu 6 Monate<br />

Führerscheinentzug,<br />

Bußgeld von 50 bis<br />

200 Euro, 15 Tage<br />

Haft (> 0,8 Promille)<br />

3,50 EUR<br />

(Starbucks<br />

in Shanghai)<br />

74 500 EUR<br />

1 EUR<br />

Donghzen, warum macht ein Anwalt aus Shanghai<br />

ausgerechnet einen Master in Hamburg?<br />

Schon als Schüler habe ich sehr viel Karl Marx gelesen,<br />

mich mit deutscher Geschichte beschäft igt. Das Land<br />

hat mich einfach interessiert. An der Uni habe ich dann<br />

Deutsch-Kurse belegt und schon 2004 an einem<br />

Austauschprogramm der <strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong> teilgenommen.<br />

Seitdem habe ich immer den Kontakt nach<br />

Deutschland gehalten, wollte dort ursprünglich auch<br />

promovieren. Aber der ehemalige Geschäft sführer der<br />

<strong>Law</strong> <strong>School</strong> hat mir bei einem Besuch in China davon<br />

abgeraten und stattdessen das neue Master of <strong>Law</strong> and<br />

Business – Joachim Herz Program empfohlen. Ein sehr<br />

guter Tipp.<br />

Sie arbeiten für eine koreanische Bank in China –<br />

was bringt Ihnen da ein Master aus Deutschland?<br />

Es gibt ja durchaus Überschneidungen. Zum Beispiel<br />

wurde das chinesische Rechtssystem zu großen Teilen<br />

aus Japan übernommen, die Japaner haben sich<br />

wiederum am deutschen Recht orientiert. Im Master-<br />

Programm habe ich gelernt, wo ich die notwendigen<br />

Informationen fi nde und wie ich juristische Probleme<br />

schnell und eff ektiv lösen kann. Noch wichtiger waren<br />

die betriebswirtschaft lichen Grundlagen. Gerade sie<br />

kann ich jetzt in meiner täglichen Arbeit sehr gut<br />

gebrauchen.<br />

Ist Ihnen der Wechsel in die Finanzbranche schwer<br />

gefallen?<br />

Natürlich muss ich mir hier vieles neu erarbeiten. Meine<br />

Aufgabe ist es, new private equity funds so zu strukturieren,<br />

dass alles auf soliden Füßen steht. Mein Spezialgebiet<br />

ist das chinesische Commercial <strong>Law</strong>. Vor dem<br />

MLB-Programm hatte ich wenig Ahnung von Wirtschaft<br />

. Heute kann ich die verschiedenen Unternehmen<br />

besser einschätzen und beurteilen, ob sie profi tabel sind.<br />

Während der Schulzeit habe ich auch gemerkt, dass eine<br />

Karriere in einem internationalen Unternehmen ohne<br />

BWL-Kenntnisse kaum möglich ist.<br />

RODRIGO HART, 27, arbeitet<br />

in Lima für das Hamburger<br />

Traditionsunternehmen Hapag<br />

Lloyd. Im Juni 2008 hat er<br />

seine peruanische Frau in<br />

Hamburg geheiratet, die<br />

große Familienfeier fand im<br />

März diesen Jahres in der<br />

Heimat statt.<br />

PERU<br />

29 546 963<br />

1 Peruanischer Sol<br />

(PEN) = 0,24 EUR<br />

5 880 EUR<br />

9,2 pro 1000<br />

20 bis 130 EUR (Großkanzleien<br />

nehmen meist<br />

sehr viel höhere<br />

Fallpauschalen)<br />

Lebenslänglicher<br />

Freiheitsentzug<br />

4 bis 6 Jahre Gefängnis,<br />

abhängig von der Zahl<br />

der Mitfahrer<br />

(> 0,5 Promille)<br />

2,80 EUR (Starbucks<br />

in Lima)<br />

1,17 EUR<br />

42 838 EUR (Basic)<br />

MASTERS OF


Rodrigo, Sie sind „Director“ bei Hapag<br />

Lloyd, haben nur noch den General<br />

Manager über sich – viel Verantwortung für<br />

einen 27-Jährigen…<br />

Der offi zielle Titel ist „Business Administration<br />

and Operations Director“. Ich bin zum einen<br />

für Finanzen und Controlling zuständig, zum<br />

anderen muss ich das operative Geschäft steuern<br />

und acht Mitarbeiter führen. Das ist schon<br />

anspruchsvoll. Meist bin ich morgens um 7 Uhr<br />

im Büro, um möglichst viel zu schaff en, bevor<br />

die anderen kommen und es hektisch wird. Als<br />

Ausgleich gehe ich mountainbiken, spiele<br />

Basketball oder Squash. Gerade war ich zum<br />

ersten Mal paragliden – eine unglaubliche<br />

Erfahrung!<br />

Haben Sie Ihren Traumjob gefunden?<br />

Absolut! Aber ich habe nicht damit gerechnet,<br />

dass sich dieser Traum so schnell erfüllt. Ich<br />

habe schon mein Praktikum bei Hapag Lloyd<br />

gemacht, dort auch meine Abschlussarbeit<br />

geschrieben, noch vor Ende des MLB-Programms<br />

wurde ich dann in Hamburg als<br />

Controller eingestellt und nun bin ich wieder in<br />

Peru – ich habe einfach sehr viel Glück gehabt.<br />

Und off ensichtlich alles richtig gemacht...<br />

Ich habe mir schon sehr genau überlegt, welche<br />

Qualifi kationen ich brauche, um am Ende einen<br />

anspruchsvollen und gut bezahlten Job in<br />

meiner Heimat zu bekommen. Ein internationaler<br />

Abschluss und Auslandserfahrung sind<br />

ein Muss. Und da ich Jura studiert habe,<br />

brauchte ich zusätzliches Wirtschaft sfachwissen.<br />

Auch die Branche habe ich mir gezielt<br />

ausgesucht: Perus größter Wirtschaft szweig<br />

sind Minen, die Bodenschätze wie Gold und<br />

Kupfer werden exportiert – auf dem Seeweg<br />

natürlich. Reedereien bieten also gute Karrierechancen.<br />

TANSANIA<br />

NEEMA MWINGU, 31, arbeitet in Daressalam als<br />

Consultant bei Deloitte. Nach dem MLB-Programm<br />

in Hamburg war sie zunächst anderthalb Jahre lang<br />

bei einem Finanzberater in Düsseldorf tätig. In ihrer<br />

Freizeit tanzt sie gerne Salsa.<br />

41 048 532<br />

1 Tansania-Schilling<br />

(TZS) = 0,0005 EUR<br />

950 EUR<br />

0,6 pro 1000<br />

50 bis 300 EUR<br />

(anerkannte<br />

Kanzlei in<br />

Daressalam)<br />

Lebenslänglicher<br />

Freiheitsentzug bis<br />

hin zu Todesstrafe<br />

Ca. 15 EUR Bußgeld<br />

(> 0,8 Promille)<br />

0,90 EUR (Instant-<br />

Coffee; Starbucks<br />

und Bohnenkaffee<br />

gibt es nicht)<br />

Neema, nach drei Jahren in Deutschland sind Sie<br />

nun wieder zurück in Ihrer Heimat. Eine große<br />

Umstellung?<br />

Ja, ich bin auch nach zwei Monaten immer noch dabei<br />

mich einzuleben. Zum Glück musste ich nicht lange<br />

eine Wohnung suchen, sondern konnte ins Haus meines<br />

Bruders einziehen. Bislang versuche ich aber vergeblich,<br />

hier eine geeignete Fahrradstrecke zu fi nden. In<br />

Deutschland bin ich jede Woche mehrere Stunden Rad<br />

gefahren, in Daressalam ist der Verkehr absolut<br />

chaotisch, es ist einfach zu gefährlich, auf der Straße zu<br />

fahren. Dafür gibt es hier aber tolle City-Strände, wo<br />

man am Wochenende schön entspannen kann.<br />

Sie arbeiten als Consultant bei Deloitte, waren dort<br />

aber auch schon vor dem MLB beschäft igt. Hat sich<br />

der Aufwand denn für Sie gelohnt?<br />

Auf jeden Fall! Ich hatte vorher zum Beispiel wenig<br />

Ahnung von Rechtsfragen. Dabei spielen rechtliche<br />

Aspekte, zum Beispiel die Gestaltung von Verträgen,<br />

eine wichtige Rolle in meiner Arbeit. Deshalb habe ich<br />

mir auch gezielt ein Programm ausgesucht, dass<br />

Wirtschaft und Wirtschaft srecht kombiniert. Das<br />

MLB-Programm der <strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong> habe ich im<br />

Internet gefunden.<br />

Und dann hat Ihnen Deutschland so gut gefallen,<br />

dass sie gleich geblieben sind?<br />

Mein Ziel war es, einen internationalen Abschluss zu<br />

machen, aber auch internationale Arbeitserfahrung zu<br />

sammeln. Deshalb habe ich schon während des<br />

Studiums viele Bewerbungen geschrieben und dann in<br />

Düsseldorf eine Stelle gefunden. Trotzdem wollte ich<br />

zurück, die Stelle bei Deloitte passte perfekt zu meinen<br />

Qualifi kationen. Ich berate Banken und andere<br />

Unternehmen aus der Finanzbranche in Kenia und<br />

Tansania. Die Arbeit macht Spaß, nur die Arbeitszeiten<br />

sind – wie überall in der Beratung – recht intensiv.<br />

Meist fahre ich schon vor sieben ins Büro, um den<br />

schlimmsten Stau zu umgehen, gegen acht oder neun<br />

bin ich dann wieder zu Hause.<br />

THE UNIVERSE<br />

SIE SIND AUS ALLER WELT NACH HAMBURG GEKOMMEN UND HABEN 2007 IHREN<br />

MASTER OF LAW AND BUSINESS (MLB) GEMACHT. WAS HAT DIE REISE GEBRACHT?<br />

2 EUR<br />

Keine Niederlassung<br />

(Wohlhabende<br />

importieren wegen<br />

der schlechten<br />

Straßen vor allem<br />

japanische<br />

Geländewagen)<br />

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN 39


Master of Design and Technology.<br />

Der Audi A5 Sportback.<br />

Auf dem Weg an die Spitze ist Vorsprung im Denken gefragt. Nur so kann man täglich besser<br />

werden – im Handeln, in der Analyse und in der Strategie. Bis hin zu entscheidenden Momenten, in<br />

denen es gilt, seine Qualitäten und seine Klasse unter Beweis zu stellen. Ganz so, wie der Audi A5<br />

Sportback*, Gewinner des Goldenen Lenkrads 2009**, es getan hat – mit der Kraft klaren Designs.<br />

Und: mit Vorsprung durch Technik.<br />

* Kraftstoffverbrauch in l/100 km: innerorts 6,5–13,5; außerorts 4,5–6,8;<br />

kombiniert 5,2-9,3; CO 2 -Emission in g/km: kombiniert 137–216<br />

**Auto Bild, Ausgabe 45 vom 06.11.2009


MARION GRÄFIN DÖNHOFF WAR ALS HERAUSGEBERIN DER<br />

WOCHENZEITUNG „DIE ZEIT“ ENG MIT VERLEGER GERD<br />

BUCERIUS VERBUNDEN. IN BRONZE GEGOSSEN HAT SIE IN DER<br />

BUCERIUS LAW SCHOOL IHREN EHRENPLATZ, UND GLÜCK-<br />

SUCHENDE STUDENTEN STREICHEN IHR VOR PRÜFUNGEN ÜBER<br />

DIE NASE. ABER WAS HÄTTE WOHL IHR KRITISCHER GEIST ZUM<br />

VERGANGENEN JAHR GESAGT?<br />

Man könnte es ja als Aff ront verstehen, wenn man jeden Tag einige<br />

Dutzend Mal in die Nase gekniff en wird. Und ehrlich gesagt,<br />

fi nde ich eine gold glänzende Nase nicht gerade schmeichelhaft<br />

. Aber es freut mich sehr, dass ich für die Studenten Teil<br />

eines Rituals geworden bin. Off enbar brauchen sie für ihr Jura-<br />

Studium ein wenig „übersinnlichen“ Beistand. Und welche Statue<br />

wünscht sich nicht, dass man ihr Zauberkräft e zuschreibt?<br />

Ganz am Anfang stand ich ja mitten in der – wie heißt sie noch?<br />

Ach ja: Hengeler Mueller-Bibliothek. Das war auch nicht<br />

schlecht, aber die vielen Bücher haben mich ein bisschen wehmütig<br />

gemacht. Nun bekomme ich den Flurfunk der <strong>Law</strong><br />

<strong>School</strong> mit, weil alle Studenten auf dem Weg zur Bibliothek<br />

und zur Mensa an mir vorbeikommen. Manchmal juckt es mich<br />

im Sockel, ihnen zuzuraunen, dass sie den Kapitalismus zähmen<br />

sollen. Aber dann sind sie schon, den Namen kann ich mir<br />

wenigstens merken, in die Deutsche Bank Hall enteilt.<br />

Ich bin jedenfalls froh, dass ich nicht wie Gerd in der Rotunde<br />

repräsentieren muss, sondern die Welt aus meiner Nische betrachten<br />

kann. Der spannendste Moment des Jahres ist für<br />

mich, wenn sich gegenüber vor dem – wer hat sich eigentlich<br />

diese Namen ausgedacht? – Cliff ord Chance International<br />

Offi ce ein aufgeregter Schwarm versammelt, weil<br />

die Liste mit den Auslandsstudienplätzen an<br />

die Tür gehängt wird: Singapur, Sydney,<br />

Buenos Aires… Oder wie wundervoll<br />

wäre es, nach Reykjavik zu gehen: die<br />

Pferde! Ich würde genauso aufgeregt<br />

nachschauen, wohin es mich und<br />

meine Freunde verschlägt…<br />

Nur manchmal frage ich mich, ob<br />

die <strong>Law</strong> <strong>School</strong> die jungen Leute<br />

nicht zu sehr verwöhnt. Dann<br />

denke ich, es hat durchaus sein<br />

Gutes, wenn man als Student auch<br />

mal gegen Behörden kämpfen,<br />

Text: Nicholas Carraway. Foto: Odile Hain.<br />

Widerstand leisten muss. Andererseits sage ich mir: Marion,<br />

die Zeiten haben sich geändert – und das sei dieser Generation<br />

doch auch gegönnt! Über ihre Zukunft muss ich mir jedenfalls<br />

keine Sorgen machen: Die ersten Absolventen stehen bereits<br />

mitten im Berufsleben, die erste Ehrendoktorwürde wurde verliehen,<br />

der erste Habilitand hat einen Ruf erhalten – während<br />

die eigene Professorenschaft wiederholt gegen andere Universitäten<br />

verteidigt werden konnte. Die <strong>Law</strong> <strong>School</strong> wächst allmählich<br />

aus ihren Kinderschuhen heraus.<br />

Apropos Kinderschuhe: Es werden sogar schon wieder neue<br />

Experimente auf dem Campus gewagt. Die <strong>Bucerius</strong> Kita zieht<br />

bereits die Kleinsten mit zwei Sprachen, naturwissenschaft licher<br />

Förderung und Biokost groß. So ganz weiß ich nicht, was<br />

ich davon halten soll. Wenn die Kinder abgeholt werden, höre<br />

ich nur diese neumodischen Geländewagen auf den Campus<br />

fahren. Was hätten wir die auf unserem Gutshof in Preußen gut<br />

gebrauchen können!<br />

Überhaupt die Autos: Der Präsident kommt im Golf, während<br />

die Studenten im neuen, der Hochschule geschenkten Audi<br />

zum Fußballtraining fahren. Und seitdem auch recht fl eißig<br />

Pfandfl aschen wegbringen, wie ich gehört habe. Aber solche<br />

Spritztouren seien erlaubt, da die jungen Leute ja sonst so diszipliniert<br />

lernen, dass sie sich sogar die Nachtwächter zu ihren<br />

Freunden machen.<br />

In diesem schönen Sommer ließen sie sich tagsüber allerdings<br />

auch gerne im Liegestuhl die Sonne ins Gesicht scheinen. Sie<br />

meinen, ich sehe das nicht, aber ich hab einen guten Riecher!<br />

Mir sind auch die Whisky-Fahnen nicht entgangen, am Tag<br />

nach der US-Wahlparty. Ich freue mich ja: Endlich hat es wieder<br />

ein Mann mit Visionen ins Weiße Haus geschafft .<br />

Aber dieser Rummel! Und das war nicht einmal<br />

der Höhepunkt des Jahres: Helmut Schmidts<br />

90. Geburtstag hat selbst noch Obama<br />

die Show gestohlen. Die Feier im Auditorium<br />

live vom NDR übertragen,<br />

mit Kissinger, von Weizsäcker,<br />

Giscard d’Estaing... Ich wär so<br />

gerne kurz mit rübergekommen!<br />

Am 2. Dezember werde<br />

ich ja selbst hundert. Wie ich<br />

meine Studenten kenne, werden<br />

sie sich etwas einfallen lassen.<br />

Eine Fernsehgala für eine<br />

Büste – das wäre doch was!<br />

DIE GOLDENE NASE<br />

DER GRÄFIN<br />

VOM SOCKEL AUF DAS JAHR GEBLICKT<br />

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN 41


DIE BUCERIUS LAW SCHOOL IN ZAHLEN<br />

ZUM STICHTAG 31.12.2008:<br />

Eingeschrieben waren 534 Studierende und<br />

von September bis Dezember 94 ausländische<br />

Studierende unserer<br />

88 Partnerhochschulen<br />

PRIVATE HOCHSCHULEN sind ein wichtiger<br />

Faktor für die Innovationskraft des<br />

deutschen Bildungswesens. Leider haben<br />

in der vergangenen Zeit einige private<br />

Hochschulen mit schlechten Nachrichten<br />

aufgewartet, deren Ursache häufig in<br />

finanziellen Schwierigkeiten lag. Die<br />

<strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong> befindet sich hier<br />

in einer glücklichen Ausnahmesituation<br />

wie nur wenige andere private Hochschulen<br />

in Deutschland: Als forschungsorientierte<br />

Stiftungsgründung steht sie<br />

auf einem soliden wirtschaftlichen<br />

Fundament. Alleinige Gesellschafterin ist<br />

42 RE.VISION 2009<br />

Mitte Juli bis Mitte August nahmen 30<br />

internationale Studierende am erstmals<br />

durchgeführten <strong>Bucerius</strong> Summer Program in<br />

International Business <strong>Law</strong> teil<br />

An der Hochschule waren ferner 2<strong>01</strong><br />

Promotionsstudenten eingeschrieben,<br />

darunter 45, die an Lehrstühlen<br />

beschäftigt sind,<br />

und 156 externe Doktoranden<br />

die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd<br />

<strong>Bucerius</strong>, <strong>Bucerius</strong>, die die die Hochschule im Jahr<br />

2000 gegründet hat. Sie finanziert bis bis<br />

heute heute den überwiegenden Anteil Anteil des<br />

jährlichen jährlichen Budgets der Hochschule. Rund<br />

ein Viertel der Einnahmen wird durch<br />

Studiengebühren erbracht, gut 15<br />

Prozent aus Spenden, Sponsoring und<br />

unternehmerischer Tätigkeit der HochHochschule. Die Die ZEIT-Stiftung hat hat zudem eine<br />

Garantie Garantie gegenüber gegenüber dem Senat Senat der Freien<br />

und Hansestadt Hamburg abgegeben, die die<br />

die Finanzierung Finanzierung der Hochschule auf auf<br />

Dauer zusichert. zusichert.<br />

Im Master of <strong>Law</strong> and<br />

Business Program studierten 46 Studierende<br />

aus 26 Ländern<br />

Zum Stichtag waren 152 Mitarbeiter<br />

beschäftigt,<br />

davon 49 im Hochschulmanagement<br />

86 Kandidaten der <strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong> legten<br />

Die Fakultät bestand aus 16 Lehrstühlen<br />

in 2008 die Erste Juristische Staatsprüfung ab,<br />

davon rund 75%<br />

mit ca. 65 wissenschaftlichen<br />

mit Prädikatsexamen<br />

2008 gingen 569<br />

schriftliche Bewerbungen ein,<br />

113 neue Studierende nahmen das Studium auf<br />

Mitarbeitern und Assistenten,<br />

2 Affiliate Professors,<br />

1 Honorarprofessor, 1 Emeritus und 1 Ehrendoktor<br />

105 Studierenden wurde der LL.B. verliehen,<br />

25 schlossen ihre Promotion ab<br />

In diversen Rankings schnitt die Hochschule gut ab, u.a.<br />

1. Platz in Jura im<br />

CHE-Hochschulranking (Mai 2008),<br />

in der Jungen Karriere/Handelsblatt: 2. Platz (Juni 2008),<br />

im studiVZ: 1. Platz in Jura (Oktober 2008)<br />

Ab dem Jahr 2<strong>01</strong>0<br />

rechnet die <strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong><br />

<strong>School</strong> mit Rückflüssen aus<br />

dem Umgekehrten Generationenvertrag,<br />

der es bedürftigen<br />

Studierenden ermöglicht, ihre<br />

Studiengebühren mit Eintritt<br />

ins Berufsleben einkommensabhängig<br />

zurückzuzahlen.


GREMIEN ZUM 31.12.2008<br />

Präsident der Hochschule ist Prof. Dr.<br />

Dres. h.c. Karsten Schmidt,<br />

Vizepräsident Prof. Prof. Dr. Axel Kämmerer.<br />

Kämmerer.<br />

Geschäftsführer und Kanzler der der<br />

Hoch schule schule ist Dr. Dr. Hariolf Wenzler,<br />

Prokurist ist Benedikt Landgrebe.<br />

Aufsichtsratsmitglieder sind Dr. Markus<br />

Baumanns Baumanns (Vors.), Prof. Dr. Michael<br />

Göring, Dr. Henneke Lütgerath, Dr.<br />

Henning Voscherau.<br />

Mitglieder des Kuratoriums der <strong>Bucerius</strong><br />

<strong>Law</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong> sind Notar Dr. Henning<br />

Voscherau (Vors.), Dr. Markus Baumanns,<br />

Dr. Tessen v. Heydebreck, Prof. Dr.<br />

Michael Hoffmann-Becking, Rolf Hunck,<br />

Prof. Dr. Dr. h.c. mult. mult. Hein Kötz, Dr. Dr.<br />

Konstantin Konstantin Mettenheimer, Dr. h.c. Volker<br />

Röhricht und Dipl.-Ing. Dr.-Ing. E. h.<br />

Jürgen Weber.<br />

BETEILIGUNGSVERHÄLTNISSE<br />

Die <strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong> ist alleinige<br />

Gesellschafterin der <strong>Bucerius</strong> Education<br />

GmbH, Geschäftsführerin ist Dr. Nina Nina<br />

Smidt. Die Die <strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong> hält 60%<br />

an der <strong>Bucerius</strong> WHU Master of <strong>Law</strong> and<br />

Business gGmbH, Geschäftsführer ist<br />

Dr. Hariolf Wenzler.<br />

MITGLIEDSCHAFTEN<br />

Die <strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong> ist Mitglied der<br />

Deutschen Hochschulrektorenkonferenz,<br />

des des Deutschen Juristenfakultätentages,<br />

der European <strong>Law</strong> Faculties Association<br />

(ELFA), der International Association of of<br />

<strong>Law</strong> <strong>School</strong>s (IALS), der Association of of<br />

Transnational <strong>Law</strong> <strong>School</strong>s (ATLAS) sowie sowie<br />

assoziiertes assoziiertes Mitglied Mitglied des Center for<br />

Transnational Legal Studies in London London<br />

(CTLS), der der American Bar Association<br />

(ABA) und der China China Europe <strong>School</strong> of <strong>Law</strong><br />

in Beijing (CESL). (CESL).<br />

UNSERE GRÖSSTEN<br />

UNTERSTÜTZER 2008/2009<br />

Gründerin und einzige g Gesellschaft ft erin<br />

• ZEIT-Stift ung Ebelin und Gerd <strong>Bucerius</strong><br />

PARTNER<br />

• Deutsche Bank AG<br />

• Joachim Herz Stift ung<br />

• Commerzbank-Stift ung<br />

• UBS Deutschland AG<br />

• Freshfi elds Bruckhaus Bruckhaus Deringer<br />

• Hengeler Mueller<br />

• Linklaters<br />

FÖRDERER<br />

• Beiten Burkhardt<br />

• Cleary Cleary Gottlieb Steen<br />

& Hamilton LLP<br />

• Commerzbank AG<br />

• Deloitte & Touche GmbH<br />

• Deutsche Luft hansa AG<br />

• ECE Projektmanagement<br />

GmbH & Co. KG<br />

• Funk Gruppe GmbH GmbH<br />

• Generali Versicherung AG<br />

• Graf von Westphalen<br />

• Harmsen Utescher<br />

• Heuking Kühn Lüer Wojtek<br />

• Hunck, Rolf und Sigrid<br />

• Huth Dietrich Hahn<br />

• Latham Latham & Watkins Watkins LLP LLP<br />

DONATOREN<br />

• Allen & Overy<br />

• Baker & McKenzie<br />

• Audi AG<br />

• Claussen-Simon-Stift ung<br />

• Cliff ord Chance Chance<br />

• CMS Hasche Sigle Sigle<br />

• Gleiss Lutz<br />

• Lovells LLP<br />

• Sal. Sal. Oppenheim<br />

• Sibeth<br />

• Taylor Taylor Wessing Wessing<br />

• Notar Dr. Michael Michael Ehlke (†)<br />

• Marga und Kurt<br />

Möllgaard-Stift ung<br />

• McKinsey McKinsey & Company<br />

• Morgan Lewis<br />

• Nordhues & & Cie. Cie. LLP<br />

• Nörr Stiefenhofer Lutz<br />

• Prinz, Prinz, Günter und Carlotta<br />

• Rittstieg Rechtsanwälte<br />

• Ruge Krömer Rechtsanwälte<br />

• Schomerus & Partner<br />

• Shearman & Sterling LLP<br />

• White & Case LLP<br />

• Wilmer Hale<br />

• Wübben, Dr. Walter<br />

• Wülfi ng Zeuner Rechel<br />

– WZR Group<br />

FACTS & FIGURES<br />

GESCHÄFTSBERICHT DER BUCERIUS LAW SCHOOL GEMEINNÜTZIGE GMBH<br />

GESCHÄFTSBERICHT DER BUCERIUS LAW SCHOOL GEMEINNÜTZIGE GMBH<br />

FÜR 2008<br />

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN 43


BILANZ<br />

44 RE.VISION 2009<br />

AKTIVA 31.12.2008 EUR EUR Vorjahr EUR<br />

A. ANLAGEVERMÖGEN<br />

I. Immaterielle Vermögensgegenstände 335.190,00 386.267,00<br />

II. Sachanlagen 1.755.454,00 1.899.273,25<br />

III. Finanzanlagen* 4.534.069,00 , 264.000,00 ,<br />

6.624.713,0 2.549.540,25 ,<br />

B. UMLAUFVERMÖGEN<br />

I. Waren<br />

II. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände<br />

25.582,02 29.108,79<br />

davon Forderungen gegen Unternehmen,<br />

mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht:<br />

EUR 196.519,96 (Vorjahr: TEUR 323) 1.215.646,69 4.839.877,46<br />

III. Kassenbestand und Guthaben bei<br />

Kreditinstituten 799.991,45 , 82.610,26 ,<br />

2.041.220,16 4.951.596,51 ,<br />

C. RECHNUNGSABGRENZUNGSPOSTEN 61.766,33 , 50.685,81 ,<br />

8.727.699,49 7.551.822,57<br />

*überwiegend Forderungen aus UGV (seit 2008), bis 2007 unter Forderungen (B. II.) ausgewiesen.<br />

PASSIVA 31.12.2008 EUR Vorjahr EUR<br />

A. EIGENKAPITAL<br />

I. Stammkapital 1.500.000,00 1.500.000,00<br />

II. Gewinnvortrag 3.568.354,32 2.162.039,43<br />

III. Jahresüberschuss 976.730,92 , 1.406.314,89 ,<br />

6.045.085,24 5.068.354,32 ,<br />

B. RÜCKSTELLUNGEN 1.164.560,93 859.710,<strong>01</strong><br />

C. VERBINDLICHKEITEN 1.490.616,62 1.620.633,64<br />

davon mit einer Restlaufzeit von bis zu einem Jahr 390.616,62<br />

davon mit einer Restlaufzeit von über fünf Jahren 1.100.000,00<br />

davon aus Steuern 143.839,83<br />

davon Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen,<br />

mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht 1.100.000,00<br />

D. RECHNUNGSABGRENZUNGSPOSTEN 27.436,70 , 3.124,60 ,<br />

8.727.699,49 7.551.822,57


JAHRESABSCHLUSS FÜR DAS GESCHÄFTSJAHR<br />

VOM VOM 1. 1. JANUAR BIS ZUM 31. DEZEMBER 2008<br />

GEWINN- UND VERLUSTRECHNUNG<br />

2008 EUR Vorjahr EUR<br />

1. Rohergebnis 14.388.237,54 14.362.699,35<br />

davon Zuwendungen ZEIT-Stifung 8.300.000,00<br />

davon Studiengebühren 3.117.486,09<br />

davon Spenden/Sponsoring 1.617.5<strong>01</strong>,10<br />

davon sonstige Einnahmen 1.052.960,53<br />

2. Personalaufwand<br />

a) Löhne und Gehälter 6.362.893,18 6.061.447,21<br />

b) Soziale Abgaben und Aufwendungen für<br />

Altersversorgung<br />

- davon für Altersversorgung: EUR 368.258,48<br />

(Vorjahr: TEUR 214)<br />

1.342.630,07 7.705.523,25<br />

1.179.164,49<br />

3. Abschreibungen 453.363,56 569.005,82<br />

4. Sonstige betriebliche Aufwendungen<br />

5.241.084,28 5.102.942,12<br />

5. Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge 38.513,57 27.336,59<br />

6. Abschreibungen auf Finanzanlagen 6.270,00 0,00<br />

7. Zinsen und ähnliche Aufwendungen 0,00 , 0,39 ,<br />

8. ERGEBNIS DER GEWÖHNLICHEN GESCHÄFTSTÄTIGKEIT 1.020.510,02 1.477.475,91<br />

9. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag 43.490,00 65.559,00<br />

10. Sonstige Steuern 289,10 , 5.602,02 ,<br />

11. JAHRESÜBERSCHUSS 976.730,92 , 1.406.314,89 ,<br />

AUSGABEN EINNAHMEN<br />

3,3% 3%<br />

Abschreibungen en<br />

40,7%<br />

Sachaufwand<br />

56,0%<br />

Personalaufwand<br />

7%<br />

sonstige Einnahmen me<br />

11%<br />

59% ZEIT-Stifung<br />

Spenden den / Sponsoring<br />

S<br />

22%<br />

Studiengebühren<br />

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN 45


Mit einer halben Stunde Verspätung eilt er über den<br />

Campus und breitet vor der hell erleuchteten<br />

Bibliothek die Arme aus: »Da rauchen die Köpfe.«<br />

Der Hamburger Ex-Bürgermeister kramt in seinen<br />

Taschen, um seinen eigenen Bibliotheksausweis zu<br />

präsentieren, fi ndet ihn aber nicht. In der Coff ee<br />

Lounge nimmt Voscherau einen Kaff ee „schwarz,<br />

ohne alles“ und einen Schokokuss<br />

„Die junge Generation ist lockerer. Wir waren<br />

verklemmt, die Welt war enger als heute.“<br />

46 RE.VISION 2009<br />

Herr Voscherau, wenn Sie sich auf dem Gelände<br />

umschauen – hätten Sie hier auch gerne studiert?<br />

Schwer zu sagen. Die Rechtswissenschaft liche Fakultät in<br />

Hamburg war Anfang der Sechzigerjahre auch eine heile<br />

Welt – von den bräunlichen Vergangenheiten mancher<br />

Professoren wussten wir ja nichts. Für uns war entscheidend:<br />

Was haben die Lehrenden drauf? Und das war eine<br />

ganze Menge.<br />

Und wie hoch war der Lernstress?<br />

Sagen wir mal so: Das waren idyllische Zeiten in unserem<br />

kleinen Fachbereich. Im Sommer waren viele schon mittags<br />

am Timmendorfer Strand und badeten in der Ostsee. Es<br />

gab allerdings beklagenswert wenige weibliche Studierende,<br />

weshalb wir oft am Pädagogischen Institut zu fi nden<br />

waren – denn die Lehramtsstudentinnen waren zahlreich.<br />

Das klingt wirklich recht entspannt…<br />

Ja, nur ich war leider nicht entspannt. Mein Vater war<br />

gerade gestorben, wir hatten kein Geld, ich also auch keine<br />

Zeit zu verlieren. Nach sieben Semestern habe ich mich<br />

zum Examen gemeldet. Viele meiner Kommilitonen<br />

konnten dagegen ein Sommersemester in Lausanne<br />

einlegen, sind ein Wintersemester in Innsbruck Ski<br />

gefahren oder haben vier Semester nichts getan. Am Ende<br />

trafen sich dann alle beim Repetitor und holten den<br />

verpassten Stoff wieder rein, oder auch nicht.<br />

Tun Ihnen die heutigen Studenten da nicht manchmal<br />

leid?<br />

Nicht, weil sie viel arbeiten müssen. Sondern weil es diese<br />

Generation im Berufsleben schwerer haben wird. So<br />

zynisch es klingt: Nach dem Krieg gab es eine zerschossene<br />

Generation und dadurch stand den Jüngeren alles off en.<br />

Heute gibt es uns davor, und wir sind sehr zahlreich. Die<br />

jungen Leute haben es schwerer, ihren Platz zu fi nden.<br />

Außerdem ist fraglich, ob wir Europäer unseren Wissensvorsprung<br />

und damit unseren Lebensstandard halten<br />

können.<br />

Und worum beneiden Sie diese Generation?<br />

Sie ist lockerer, selbstbewusster, als wir das waren. Viele,<br />

auch ich, waren verklemmt, mussten sich erst freischwimmen,<br />

und die Welt war enger als heute. Wir waren damals<br />

nirgends willkommen und wurden überall misstrauisch<br />

beäugt. Man trug die Last der Hitler-Verbrechen. Die<br />

heutigen Studenten sind überall im Ausland willkommen,<br />

es kommt nur darauf an, wie sie sich selbst verhalten.<br />

Warum haben Sie ausgerechnet Jura studiert?<br />

So albern es klingt: aus Neigung. Ich habe zuerst Volkswirtschaft<br />

studiert, unter anderem beim späteren<br />

Wirtschaft s- und Finanzminister Karl Schiller, und da<br />

habe ich mich auch mit bürgerlichem Recht und Wirtschaft<br />

srecht beschäft igt. Nach zwei Semestern war mir<br />

klar: Das ist es, was ich will. Also habe ich umgesattelt auf<br />

Jura.<br />

Mit 25 Jahren sind Sie in die SPD eingetreten – weil<br />

Sie eine politische Karriere im Blick hatten?<br />

Nein, das war eine sentimentale Entscheidung. Weil alle<br />

meine Vorfahren bis zurück zu meinem mütterlichen<br />

Urgroßvater seit 1875 Aktivisten der Arbeiterbewegung<br />

waren. Mein Onkel, mein Vater und mein Großvater<br />

waren von den Nazis verfolgt worden. Nachdem alle<br />

gestorben waren, fühlte ich mich verpfl ichtet, das<br />

fortzusetzen. Ich wollte nie Politiker werden, nur ein<br />

Bekenntnis ablegen.<br />

Und heute setzen ausgerechnet Sie als SPD-Politiker<br />

sich für eine Hochschule ein, die viele auch „Elite-<br />

Hochschule“ nennen…<br />

Sozialdemokratische Politik, richtig verstanden, heißt ja<br />

nicht, dass man für die Absenkung des Niveaus ist, bis alle<br />

mitkommen. Sondern es heißt, in einem off enen Bildungssystem<br />

jedem nach seinem Können, seiner Begabung<br />

jegliche Förderung zukommen zu lassen. Damit er es<br />

nach oben schaff en kann, bis er Elite ist: Leistungselite –<br />

nicht Geburtselite! Alles andere wäre eine Pervertierung<br />

der Arbeiterbewegung, der unterdrückten Bildungselite<br />

der Arbeiterschaft .<br />

Ihr Vater war Finanzbeamter und später Schauspieler.<br />

Muss man in der Politik auch Schauspieltalent haben?<br />

Es ist jedenfalls nicht schädlich. Denken Sie nur an so<br />

einen starken Mann wie Helmut Schmidt: Er schimpft<br />

immer über die sogenannten Medienkanzler, aber er war<br />

selber auch einer. Diese schneidenden Auft ritte im<br />

Bundestag – das ist Talent.<br />

Wann mussten Sie Ihr Schauspieltalent einsetzen?<br />

Interview: Thomas Röbke und Alexandra Werdes. Fotos: Odile Hain.


IN HENNING VOSCHERAU, 68,<br />

sehen viele den Hanseaten<br />

par excellence. Als promovierter<br />

Jurist schlug er in seiner<br />

Heimatstadt eine konsequente<br />

politische Laufbahn ein: 1966<br />

wurde er Mitglied der SPD,<br />

acht Jahre später saß er in<br />

der Hamburgischen Bürgerschaft,<br />

nach weiteren acht<br />

Jahren stieg er zum Fraktionschef<br />

auf und wurde 1988 zum<br />

Ersten Bürgermeister gewählt<br />

– mit absoluter Mehrheit. Als<br />

er diese 1997 verlor, verzichtete<br />

er aufs Regieren und<br />

arbeitet seitdem wieder als<br />

Notar. Voscherau war an der<br />

Gründung der <strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong><br />

<strong>School</strong> beteiligt und sitzt heute<br />

in ihrem Kuratorium und<br />

Aufsichtsrat.<br />

HENNING<br />

IN DER COFFEE<br />

VOSCHERAU<br />

LOUNGE MIT<br />

BUCERIUS LAW SCHOOL MAGAZIN 47


„Ich habe 2007 Nein gesagt zu dem verlogenen Ansinnen, dass sich da einige<br />

hinter meinem Namen vor der Wut der Basis verstecken wollten.“<br />

48 RE.VISION 2009<br />

Je eher man mit einer Position in der Defensive ist, desto<br />

wichtiger ist es, noch überzeugender aufzutreten. Und das<br />

setzt voraus, dass man knappe Argumente sehr überzeugend<br />

rüberbringt.<br />

Klingt so, als sei das Jura-Studium auch ganz nützlich<br />

gewesen. Brauchen wir mehr Juristen in der Politik?<br />

Mein Freund Helmut Schmidt scherzt immer, alle<br />

Juristen sollte man erschießen; das spricht eher nicht<br />

dafür. Was man tatsächlich nicht braucht, sind diese<br />

kleinkarierten, das Ganze aus dem Auge verlierenden<br />

Paragrafenhengste. Aber wir brauchen Juristen, die das<br />

große ganze und die Gerechtigkeit im Blick haben und<br />

dafür klare Regeln schaff en.<br />

Was würden Sie Studenten raten, die überlegen,<br />

politisch aktiv zu werden?<br />

Auf die Frage „Wie nütze ich meinem Gemeinwesen?“ gibt<br />

es nur eine Antwort: Unbedingt einsteigen! Allerdings ist<br />

der Kampf um den Aufstieg eine Schlangengrube. Jeder<br />

möge sich prüfen, ob er vielleicht zu empfi ndsam ist, zu<br />

dünnhäutig, um mit den Widrigkeiten klarzukommen.<br />

Und ob er glaubt, im Zuge des weiteren Erwachsenwerdens<br />

diese Dünnhäutigkeit überwinden zu können. Ich<br />

war anfangs sehr dünnhäutig.<br />

Was war politisch Ihre aufr egendste Zeit?<br />

Die Wiedervereinigung. Im Auge des Taifuns, aber mit<br />

dem Blickwinkel von unten, aus der kommunalen Ebene.<br />

Das war sehr, sehr aufregend. Gerade als Notar, der viele<br />

Folgen für die Praxis besser beurteilen konnte als die<br />

Staatssekretäre im Bundesministerium. Rückgabe statt<br />

Entschädigung – das war von Anfang an Wahnsinn. Ich<br />

hätte gerne selbst an der Expertenkommission teilgenommen,<br />

die Wolfgang Schäuble damals als Innenminister<br />

leiten sollte. Aber der rief mich an: „Sie wissen, dass ich Sie<br />

nicht akzeptieren kann: Wenn Sie dabei sind, ist das nicht<br />

mehr meine, sondern unsere Kommission.“ Kein Scherz!<br />

Das muss einen doch wahnsinnig machen, wenn juristischer<br />

Sachverstand dem politischen Kalkül nachgeben<br />

muss…<br />

Natürlich. Aber ich bin in Bonn vielfach aufgelaufen.<br />

Bundeskanzler Kohl war übermächtig, keiner hatte den<br />

Mumm, den Mund aufzumachen. Argumente interessierten<br />

nicht, es wurde gemacht, was er wollte.<br />

Es ist schwer, sich würdig aus der Politik zu verabschieden.<br />

Kohl hat so oft kandidiert, bis er abgewählt wurde.<br />

Sie sind 1997 zurückgetreten, um nicht mit den<br />

Grünen koalieren zu müssen…<br />

Naja, ich hatte ja Glück: Ich sollte gar nicht zurücktreten,<br />

habe mich aber aus innerparteilichen Gründen in<br />

Zusammenhang mit Rot-Grün entschieden, dass ich nicht<br />

zur Verfügung stehe. Insofern habe ich keinen Anlass zu<br />

hadern mit dem Abgang.<br />

Haben Sie Ihren Schritt wirklich nie bereut?<br />

In Wahrheit bedaure ich es bis heute. Weil es ja eine Sucht<br />

ist: Wenn man seine Sache gut macht, die Leute einen<br />

mögen und man diese Gestaltungsmöglichkeiten hat,<br />

dann gibt man das nicht freiwillig auf. Aber bereut habe<br />

ich diesen Schritt nie. Die Grünen, die bis ’97 dreimal<br />

gegen mich verloren hatten, wären zwanghaft auf mich<br />

losgegangen. Ich hätte einen viel schlechteren Koalitionsvertrag<br />

bekommen als mein Nachfolger Ortwin Runde.<br />

Bei jeder kontroversen Sachfrage hätten sich die Grünen<br />

und die Linken in der SPD hinter meinem Rücken<br />

geeinigt. Der einzige, der in den Koalitionsausschuss<br />

gegangen wäre und keine Ahnung gehabt hätte, dass das<br />

Ergebnis bereits verabredet wurde, wäre der Bürgermeister<br />

gewesen, nämlich ich. Das wusste ich ganz genau. In<br />

Sachen Rot-Grün waren die Linken in der SPD damals<br />

illoyal, die hätten hemmungslos hinter meinem Rücken<br />

verhandelt.<br />

Und denken Sie manchmal: »Wenn ich noch Bürgermeister<br />

wäre, dann…«<br />

Ja, natürlich. Wenn ich noch Bürgermeister wäre, würde die<br />

U4 nicht teuer in der Hafencity verbuddelt, sondern es gäbe<br />

eine Hochbahn als maritimes Schaufenster. Es gäbe einen<br />

höheren Wohnungsanteil in der Hafencity. Ich hätte das<br />

Operngrundstück in der Innenstadt verkauft und eine<br />

nigelnagelneue Oper am anderen Ende der Hafencity<br />

gebaut. Einen spektakulären Kulturtempel, der vielseitiger<br />

wäre als der Konzertsaal Elbphilharmonie. Denn seit Herr<br />

Pavarotti tot ist, gibt es keinen Sänger im klassischen<br />

Bereich, der sie füllen könnte.<br />

Sie haben off ensichtlich noch Ideen für die Stadt.<br />

Trotzdem: Als Sie von Ihrer Partei zurückgerufen<br />

wurden in die aktive Politik, haben Sie sehr entschieden<br />

Nein gesagt. Warum?<br />

Das hatte eine Vorgeschichte. Ich habe ja nicht Nein<br />

gesagt zu der Aufgabe, die Stadt noch einmal zu gewinnen<br />

und sie zu gestalten. Ich habe nur Nein gesagt zu dem<br />

verlogenen Ansinnen, dass sich da einige hinter meinem<br />

Namen vor der Wut der Basis verstecken wollten, als 2007<br />

bei der Wahl des Spitzenkandidaten eine Urne voll<br />

Stimmzettel geklaut worden war. Die wollten nicht, dass


ich noch mal Bürgermeister werde, die wollten nur, dass<br />

ich ihnen politisch das Leben rette.<br />

Und wenn die SPD Sie bei der nächsten Wahl noch mal<br />

fr eundlich fr agen würde?<br />

Es wird nicht freundlich gefragt. Ich hatte beim letzten<br />

Mal dem Landesvorstand angeboten: Wenn ihr glaubt,<br />

mit mir wären die Chancen deutlich größer, dann schlagt<br />

mich doch mal vor. Das hatte ein mehrmonatiges<br />

öff entliches Mobbing zur Folge. Die werden nicht fragen,<br />

also mache ich mir keine Gedanken.<br />

Voscherau wendet sich vorsichtshalber aus dem Blickwinkel<br />

der Kamera, um von seinem Schokokuss abzubeißen.<br />

Warum tragen Sie den Ehering eigentlich links?<br />

Das kann ich Ihnen genau sagen. Als ich im Juli 1988<br />

gewählt war, sagte mein Vorvorgänger Hans-Ulrich Klose<br />

zu mir: Henning, beim Neujahrsempfang wirst du im<br />

Turmsaal des Rathauses stehen und in der wunderbaren<br />

Demokratietradition dieses off enen Hauses Tausende von<br />

Händen schütteln. Ich gebe dir einen guten Rat: Nimm<br />

den Ring ab! Aber ich habe das vergessen, bis es plötzlich<br />

sehr weh tat und ich froh war, den Ring gerade noch<br />

abzukriegen. Seitdem ist er da. Und auch bei der vielen<br />

Schreiberei heute sitzt der Ring besser links.<br />

Nach so einem Amt – kann man da ganz normal ins<br />

Glied der einfachen Notare zurücktreten?<br />

Das kann man.<br />

Viele Mandanten kommen doch sicher zu Ihnen, weil<br />

sie vom Altbürgermeister betreut werden möchten…<br />

Im Gegenteil. Vielen fällt der Unterkiefer runter, dass ich<br />

wirklich da bin. Die fragen: „Was, so kleine Sachen<br />

machen Sie selbst?“ Mache ich! Grundstückskaufverträge,<br />

Grundschulden, Schenkungen, Dienstbarkeiten,<br />

Wohnrechte, Gesellschaft srecht, alles. Von morgens um<br />

neun bis abends um zehn.<br />

Und was fi nden Sie am spannendsten?<br />

So wie ich gestrickt bin, hängt das nicht am Rechtsgebiet.<br />

Man muss sich für die Menschen interessieren und für<br />

ihre Probleme! Man braucht eine prognostische Fantasie,<br />

um vorwegnehmen zu können, welche Probleme sich<br />

entwickeln könnten, und dagegen eine Firewall zu bauen.<br />

Wie verschaff en Sie sich einen Ausgleich zur Juristerei?<br />

Hockey! Ich war 30 Jahre aktiv und gehörte zu denen, die es<br />

richtig gut konnten. Auf Empfängen erlebe ich immer<br />

wieder, wie sich meine ehemaligen Gegner gegenüber<br />

Journalisten damit hervortun, wo sie überall blaue Flecken<br />

von mir hatten – anstatt mal wieder gegen mich zu spielen!<br />

TERMINE<br />

2<strong>01</strong>0<br />

3. März<br />

6. März<br />

26. März<br />

15. Mai<br />

ABSOLVENTENMESSE<br />

VERLEIHUNG DES BACHELOR OF LAWS (LL.B.)<br />

HOCHSCHULBALL<br />

EHRENDINNER DER ZEIT-STIFTUNG UND DER BUCERIUS LAW SCHOOL<br />

BEWERBUNGSCHLUSS FÜR DAS LL.B.-PROGRAMM<br />

8. bis 10. Juli<br />

AUSWAHLVERFAHREN FÜR DAS LL.B.-PROGRAMM<br />

31. August<br />

GRADUATION CEREMONY BUCERIUS/WHU MASTER OF<br />

LAW AND BUSINESS – JOACHIM HERZ PROGRAM<br />

im September<br />

STIFTERTAG<br />

13. September<br />

STUDIENBEGINN FÜR DEN NEUEN LL.B.-JAHRGANG<br />

24. bis 26. September<br />

BUCERIUS INTERNATIONAL ALUMNI-REUNION<br />

27. September<br />

BEGINN DES HERBSTTRIMESTERS<br />

1. Oktober<br />

AKADEMISCHE FEIER<br />

ERSCHEINUNGSTERMIN RE.VISION 2<strong>01</strong>0<br />

IMPRESSUM<br />

HERAUSGEBER<br />

<strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong> – Hochschule<br />

für Rechtswissenschaft<br />

VERANTWORTLICH FÜR DEN INHALT<br />

Benedikt Landgrebe,<br />

Leitung Hochschulkommunikation<br />

<strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong> (V.i.S.d.P.)<br />

REDAKTIONSLEITUNG<br />

Alexandra Werdes<br />

ART DIRECTION Kai Kullen<br />

FOTOGRAFIE Odile Hain<br />

KORREKTORAT Anke Brodmerkel<br />

ANZEIGEN Martina Plieger<br />

HERSTELLUNG Wolfgang Wagener<br />

(verantw.), Pascal Struckmann<br />

OBJEKTLEITUNG Sirkka Jendis<br />

DRUCK Firmengruppe APPL<br />

kuncke druck GmbH, Kornkamp 24<br />

22926 Ahrensburg<br />

AUSGABE Nr. 1, November 2009<br />

AUFLAGE 5 000<br />

ERSCHEINUNGSWEISE Jährlich<br />

KONTAKT<br />

<strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong><br />

re.vision –<br />

<strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong> <strong>School</strong> Magazin<br />

Jungiusstr. 6, 20355 Hamburg<br />

re.vision@law-school.de<br />

Tel. 040 – 30706-0<br />

BUCERIUS BUCERIUS LAW SCHOOL LAW SCHOOL MAGAZINE MAGAZINE 2009 49 49


NATÜRLICH HATTE ICH LAMPENFIEBER. Mit 27 sollte ich<br />

meine erste Verhandlung leiten, ganz allein – davor hatte<br />

ich immer einen älteren Richter an der Seite, als Rückendeckung.<br />

Ich betrat den Saal und bemerkte sofort, dass ich<br />

der Jüngste im Raum war. Die Anwälte, der Kläger, der<br />

Beklagte, die Schreib kraft – alle waren älter als ich. Ich<br />

hatte es so erwartet, trotzdem war es ein kleiner Schock.<br />

Ich hatte nur meinen Tisch und meine Robe als Barriere<br />

zu ihnen. Aber mit meiner Robe kam ich mir eher<br />

verkleidet vor. Und ich war unsicher, ob ich alles richtig<br />

machen würde. Der Anspruch kam mir auf einmal so<br />

hoch vor: Ich soll jetzt klären, was richtig ist, wer recht hat?<br />

Den Fall kannte ich nur aus der Akte: eine Räumungsklage,<br />

der Mieter hatte nicht gezahlt. Dann, in der<br />

Verhandlung, war die Begegnung mit dem Menschen<br />

hinter der Akte bewegend. Der Beklagte hat mir eindringlich<br />

klargemacht, dass er nicht weiß, wo er hin soll, wenn<br />

er seine Wohnung verliert. Doch er hatte die schlechteren<br />

Karten: Er musste raus. Und ich musste ihm auch noch<br />

erklären, dass es in seinem eigenen Interesse ist, das so zu<br />

akzeptieren – sonst hätte er höhere Verfahrenskosten<br />

zahlen müssen.<br />

In dieser Situation fühlte ich mich überfordert, auch<br />

gegenüber den erfahrenen Kollegen im Raum. Ich wusste<br />

nicht, ob sie mich und meine Leitung anerkennen. Und da<br />

ist etwas sehr Schönes passiert: Ich blickte zufällig auf den<br />

Bildschirm der Protokollkraft neben mir, eine ältere, sehr<br />

erfahrene Frau. Und sie tippte: „Sie machen das sehr gut!“<br />

Das hat mir Mut gemacht.<br />

50 RE.VISION 2009<br />

In den folgenden Verhandlungen blieb die Unsicherheit<br />

trotzdem erst einmal. Erst über Wochen und Monate<br />

trainiert man sich die nötige Selbstsicherheit und eine<br />

gewisse Autorität an. Das Studium kann einem die<br />

Sicherheit nur auf fachlicher Ebene geben. Auf die reale<br />

Situation aber kann man sich nicht vorbereiten, denke ich,<br />

man kann diese Konfrontation auch nicht üben. Es ist nun<br />

mal ein Sprung ins kalte Wasser. Natürlich ist man da<br />

überfordert. Aber man darf dem Gefühl der Überforderung<br />

nicht verfallen. Das Recht erschließt sich einem und weist<br />

einem den Weg.<br />

Heute fühle ich mich respektiert und akzeptiert. Ich habe<br />

gelernt, allein durch mein Auft reten zu zeigen, dass ich<br />

derjenige bin, der im Saal das Sagen hat. Die Robe schafft da<br />

eine gewisse Distanz, das fi nde ich wichtig, auch für mich<br />

selbst. Schließlich trägt man doch eine große Verantwortung!<br />

Aber dieses Wissen kann ich mittlerweile im Gericht<br />

lassen und nehme es gedanklich nicht mit nach Hause.<br />

Das war bei meiner ersten Verhandlung, der Räumungsklage,<br />

anders. Sie ging mir sehr nahe. Es war Winter und ich<br />

wusste nicht, ob der Beklagte noch rechtzeitig eine Bleibe<br />

gefunden hatte oder jetzt auf der Straße lebte. Das empfand<br />

ich gerade am Wochenende, wenn ich im Warmen und<br />

Trockenen saß, als sehr belastend.<br />

Auch jetzt, zwei Jahre später, bin ich mir immer noch sehr<br />

bewusst darüber, was ich da mache. Dass ich über Schicksale<br />

entscheide. Meine Sinne hat dieser erste Tag als Richter<br />

jedenfalls geschärft . Das gibt Demut. Und die gehört dazu.<br />

Als Absolvent des<br />

Gründungsjahrgangs 2000<br />

war Malte Thies der Erste,<br />

der aus der <strong>Bucerius</strong> <strong>Law</strong><br />

<strong>School</strong> ins Berufsleben<br />

entlassen wurde.<br />

UND,<br />

WIE WAR ICH?<br />

MALTE THIES ÜBER SEINE PREMIERE ALS RICHTER<br />

Protokoll: Jenny Niederstadt. Foto: Odile Hain.


Ich will,<br />

dass mein<br />

Vermögensberater<br />

gute<br />

Verbindungen<br />

hat.<br />

Vor allem<br />

zu mir.<br />

Sie wollen einen Vermögensberater, der nie vergisst, dass die wichtigste finanzielle Verbindung die Verbindung zu<br />

Ihnen ist. Der versteht, dass Ihre finanzielle Situation einzigartig ist. Jemand, der weiß, dass die wichtigsten Dinge<br />

im Leben nie in einer Bilanz zu finden sind. Denn nur ein tiefgreifendes Verständnis Ihrer Wünsche kann Ihnen die<br />

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genau diese Art von Beziehung zu jedem unserer Kunden zu pflegen. Eine Beziehung, gestützt durch mehr als<br />

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