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WILD, JAGD, JÄGER - Wild und Hund

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<strong>WILD</strong>, <strong>JAGD</strong>, <strong>JÄGER</strong><br />

Der Jäger Max Schmeling:<br />

Hier mit dem ersten Bock,<br />

den er auf seinem Gut Ponickel<br />

in Hinterpommern erlegte<br />

Herbert Woltmann hat viel zu tun. Jetzt, wo Max<br />

Schmeling 100 Jahre alt geworden wäre, sind sie<br />

wieder da – die Medien, die den im Februar diesen<br />

Jahres verstorbenen Ex-Boxweltmeister im Schwergewicht<br />

so liebten. Das Fernsehen will noch ein Interview mit Woltmann<br />

machen, später hat sich noch ein weiterer Sender angemeldet.<br />

Im Radio wird es eine Sondersendung geben,<br />

<strong>und</strong> der Boxstall Universum veranstaltet eine Extra-Feier.<br />

Woltmann ist überall dabei <strong>und</strong> äußerst gefragt. Keiner war<br />

den Schmelings in den letzten Jahren so nah. Der Samtgemeindedirektor<br />

a. D. war dem Boxer nach seiner Pensionierung<br />

ganz zu Diensten. Er chauffierte den über 90-Jährigen<br />

zur Jagd, begleitete ihn zu offiziellen Anlässen, erledigte<br />

Alltagskram <strong>und</strong> war einfach da, wenn der prominente<br />

Rentner ihn in seinem Häuschen in Hollenstedt im<br />

Landkreis Harburg (Niedersachsen) brauchte.<br />

Schmeling <strong>und</strong> dessen Leben liegt vor Woltmann wie<br />

ein offenes Buch. Er kennt Namen, Begebenheiten, Jahreszahlen,<br />

Briefe, kennt die Fre<strong>und</strong>e, Vorlieben <strong>und</strong> Gewohnheiten<br />

des großen Sportlers. Wenn er zu erzählen beginnt,<br />

sprudeln die Fakten aus ihm heraus. Sollte es noch<br />

die Ouiz-Show wie „Der große Preis“ geben, Woltmann wäre<br />

mit seinem Fachgebiet „Max Schmeling“ vorne dabei.<br />

Dabei spricht Ehrfurcht <strong>und</strong> Bew<strong>und</strong>erung aus jedem Satz.<br />

Er ist ein Fan, ein Groupie, auch wenn der ehemalige Behördenleiter<br />

dies nie so sagen würde.<br />

Kennengelernt hatte Woltmann die Schmelings<br />

noch als Gemeindedirektor 1975 bei der Eröffnung eines<br />

Schwimmbades in Hollenstedt. Die Schmelings hatten eine<br />

Rutsche für Kinder spendiert. Beim Essen fragte Schmeling<br />

den Gemeindedirektor, womit er sich denn so in seiner<br />

Freizeit beschäftige. Woltmann erzählte, dass er gerade<br />

seinen Jagdschein gemacht habe <strong>und</strong> dass er gerne Skat<br />

spiele. Unverhofft lud der Boxer ihn daraufhin zur Bockjagd<br />

in sein Revier nahe Stemmen ein – der Beginn einer<br />

langjährigen Fre<strong>und</strong>schaft.<br />

Die Schmelings waren nach dem Krieg in Hollenstedt<br />

hängengeblieben. Dort hatten sie ein r<strong>und</strong> neun Hektar<br />

großes Gelände erworben, auf dem das rührige Paar Nerze<br />

züchtete, eine Hühnerfarm unterhielt <strong>und</strong> Tabak anbaute.<br />

Außerdem versuchte man sich in der Eierlikör- <strong>und</strong> Sektproduktion.<br />

Schmeling sagte selbst „Zwar würde ich nicht<br />

Gutsbesitzer sein, aber doch Züchter, Tabakfarmer <strong>und</strong> Jäger<br />

... Es war so etwas wie das Glück.“ Heute steht das Haus<br />

leer. Eine Kulturstätte soll darin entstehen oder ein Begegnungszentrum.<br />

Mehr fällt der Gemeinde auch nicht ein,<br />

der die Immobilie vermacht wurde. Kinder hatten die<br />

Schmelings nämlich keine. Schmelings Frau, der Ex-Filmstar<br />

Anny Ondra, konnte nach einer Fehlgeburt keine Kinder<br />

mehr bekommen. Ein Umstand, den beide sehr bedauerten.<br />

Sie, die keinen eigenen Nachwuchs hatten, engagierten<br />

sich für notleidende Kinder, beispielsweise das<br />

Projekt SOS-Kinderdorf. Auch gründeten sie eine Stiftung<br />

für Bedürftige. Manchmal spendeten sie auch einfach anonym<br />

Geld an jemanden, von dem sie wussten, dass er es<br />

dringend nötig hatte, weiß Woltmann zu berichten.<br />

Die menschliche Wärme von Schmeling war es, mit der<br />

er seine Umgebung für sich einnahm. Fairness, Bescheidenheit,<br />

innere Größe. Als sein größter Gegner im Ring, der


Der Boxer Schmeling:<br />

In dieser Pose kannte<br />

ihn die Öffentlichkeit<br />

MAX SCHMELING<br />

Mit „tödlicher<br />

Rechten“<br />

<strong>und</strong> grünem<br />

Herzen<br />

Nur wenige Sportler haben es dauerhaft zu dem Weltruf gebracht,<br />

wie der deutsche Boxchampion Max Schmeling. Weit über<br />

seine aktive Karriere hinaus<br />

stand er im Rampenlicht.<br />

Dass er ein<br />

überaus passionierter<br />

Jäger war, ging immer<br />

etwas unter, nicht zuletzt weil Schmeling darüber wenig Worte in<br />

der Presse verlor, seitdem ihm eine Boxzeitschrift wegen seiner<br />

Jagdleidenschaft verhöhnte <strong>und</strong> aristokratische Allüren vorwarf.<br />

Doch er liebte das Waidwerk, egal wo. Heiko Hornung ist zum<br />

100. Geburtstag den grünen Spuren des Idols ganzer<br />

Generationen nachgegangen.<br />

<strong>WILD</strong> UND HUND 19/2005 37<br />

FOTOS: WAGE VERLAG


<strong>WILD</strong>, <strong>JAGD</strong>, <strong>JÄGER</strong><br />

Schwarze Bomber Joe Louis, starb, unterstützte<br />

er die Witwe mit Geld. Louis hatte<br />

sein ganzes Vermögen durchgebracht. Misses<br />

Louis sagte anlässlich einer Trauerfeier<br />

für ihren Mann über den einstigen Ringgegner<br />

<strong>und</strong> späteren Fre<strong>und</strong>: „Der Mann ist<br />

ein Engel.“<br />

Louis <strong>und</strong> Schmeling hatten beide erkannt,<br />

dass ihre Kämpfe 1936 <strong>und</strong> 1938<br />

von der Politik missbraucht wurden. Die<br />

Nazi-Propaganda verherrlichte den vollkommen<br />

unpolitischen jungen „Ulanen<br />

vom Rhein“ nach seinem Sieg 1936 als urdeutschen<br />

Heroen. Im Taumel von sportlichen<br />

<strong>und</strong> persönlichen Erfolgen merkte<br />

Schmeling nicht, zu wessen Werkzeug er<br />

wurde. Er schrieb: „Ganz in meine privaten<br />

Freuden <strong>und</strong> Sorgen verstrickt, bemerkte<br />

ich kaum die Zeitenwende, als die sich später<br />

die Machtübernahme durch Hitler herausstellte.“<br />

Die Nazis umgarnten Schmeling auch<br />

mit jagdlichen Leckerbissen. In Görings<br />

Leibgehegen in der Schorfheide schoss er<br />

Hirsche, im berühmten Elchwald einen<br />

Elch. Der „dicke Hermann“ soll den Boxer<br />

damals in der Schorfheide sogar selbst geführt<br />

haben, weiß Herbert Woltmann zu berichten.<br />

Als Schmeling seinen Revanchekampf<br />

gegen Louis 1938 verlor, fiel er auch<br />

aus der Gnade der „Herrenmenschen“.<br />

Nicht zuletzt auch, weil Schmeling sich weigerte,<br />

seinen Boxmanager Joe Jakobs zu entlassen.<br />

Wer versagte, sollte untergehen, so<br />

die kranke Idee des Regimes. Sie ließen das<br />

hochstilisierte Schwergewichtsidol sogar<br />

zum Militäreinsatz einziehen. Als<br />

Fallschirmjäger sprang er 1940 in der blutigen<br />

Schlacht über der Mittelmeerinsel Kreta<br />

ab. Bei der waghalsigen Luftlandeoperation<br />

verloren tausende deutsche Soldaten ihr<br />

Leben. Schmeling selbst wurde verletzt. Kritiker<br />

meinten, dies sei nicht im Kampfeinsatz,<br />

sondern beim Nachstellen der Szene<br />

für einen Propagandafilm passiert.<br />

Seine Niederlagen taten der Popularität<br />

Schmelings keinen Abbruch. Er selbst<br />

wusste, wie er zu seiner Berühmtheit gelangt<br />

war. Er sagte einst: „Sicherlich habe<br />

ich meine Siege alleine erkämpft, aber dass<br />

ich zum Idol wurde, verdanke ich mehr der<br />

Zeit als mir selbst.“ Doch über die Zeit hinweg<br />

blieb eben nicht der Boxer, sondern<br />

der Mensch bestehen. Die Amerikaner haben<br />

ihm verziehen, seine Büste zog in die<br />

„Hall of Fame“ ein. Eine Ehre, die nur wenigen<br />

Ausländern zuteil wird.<br />

Als Niedersachsen Schmelings neue<br />

Heimat wurde, war die aktive Laufbahn des<br />

38<br />

<strong>WILD</strong> UND HUND 19/2005<br />

Max Schmeling (re.) mit seinem langjährigen Trainer Max Machon (li.) auf der Entenjagd. Mit<br />

dabei auch Schmelings Spaniel „Aditta“ (ganz re.)<br />

Ex-Champions vorbei. Der Krieg hatte ihm<br />

sein w<strong>und</strong>erbares pommersches Gut Ponickel<br />

<strong>und</strong> die Jagdgründe in der märkischen<br />

Heide in Müncheberg genommen,<br />

wo er seit 1931 auf knapp 2 500 Hektar gejagt<br />

hatte. Diesen Zeiten trauerte Schmeling<br />

Zeit seines Lebens nach.<br />

Im Geleitwort zu einer kurz vor seinem<br />

Tod erschienenen Biografie, verfasst<br />

von Walerie Ripperger, schrieb er: „In meinen<br />

Gedanken sehe ich noch heute die Bilder<br />

des im Kiefernwald graziös dahinziehenden<br />

Rotwildes, den Hirsch, welcher mit<br />

dem Geweih das Beerenkraut empor<br />

schleudert, oder die Sauen, die durch den<br />

verschneiten Winterwald ziehen ... Das<br />

Rotwild zu erleben, war neben der Saujagd<br />

im Winter das Schönste für mich.“ In Müncheberg,<br />

eine St<strong>und</strong>e südlich von Berlin,<br />

lernte der damals 25-jährige Boxer nicht<br />

nur das Jagen bei Stadtförster Hoffmann,<br />

sondern auch das Skatspielen. Eine Leidenschaft,<br />

die für ihn seit dieser Zeit zur<br />

Jagd dazugehörte.<br />

In Ponickel betrieben die Schmelings,<br />

1933 hatte er die tschechische Schauspielerin<br />

Anny Ondra geehelicht, nicht nur<br />

Landwirtschaft. Sie züchteten Nutrias, <strong>und</strong><br />

Schmeling versuchte auf dem Gut auch das<br />

Rehwild „aufzuarten“, indem er, in der damaligen<br />

Zeit üblich, Sibirisches Rehwild<br />

aussetzte. Die Erfolge waren eher mager. In<br />

einem Gatter hielt er auch 40 Stück Rotwild.<br />

Sie sollten aus Rominten stammen,<br />

sagt Schmeling-Biograf Ripperger, der in<br />

das jägerische Leben des Boxers eingetaucht<br />

ist wie kein anderer. Als die Russen<br />

1945 Pommern überrannten, ließ Schmeling<br />

selbst die Hirsche frei. Sie sollten nicht<br />

der raubenden <strong>und</strong> schießwütigen Soldateska<br />

zum Opfer fallen.<br />

1948 hatte er mit 43 Jahren seinen<br />

Rücktritt vom Boxsport erklärt <strong>und</strong> sich<br />

durch alte Beziehungen in die Staaten eine<br />

Karriere als Coca-Cola-Produzent in<br />

Deutschland aufgebaut. Bei Boxkämpfen<br />

war er oft als Ringrichter tätig <strong>und</strong> dort stets<br />

ein Publikumsmagnet. In dieser Funktion<br />

erhielt er sogar Einladungen von Indianern<br />

<strong>und</strong> der kanadischen Regierung. Er erlegte<br />

dort Anfang der 70er nicht nur einen kapitalen<br />

Elch, sondern einige Jahre später,<br />

selbst schon 69 Jahre alt, einen Waldbison.<br />

An Jagdeinladungen mangelte es dem<br />

prominenten Sportler weder vor noch<br />

nach dem Krieg. Waren es vor 1939 Jagden<br />

zusammen mit dem Großherzog von<br />

Mecklenburg Friedrich Franz oder dem<br />

schwedischen Tierfotografen Bengt Berg<br />

<strong>und</strong> vielen anderen, waidwerkte der Ex-<br />

Boxer später mit Männern wie Franz Burda<br />

oder Willy Sachs in herrlichen Bergrevie-<br />

FOTOS: WAGE VERLAG


FOTO: W. WEIER<br />

ren oder auch auf streckenreichen Niederwildjagden.<br />

Von seiner Passion sah man in<br />

seinem Wohnhaus recht wenig. Die Trophäen<br />

aus Afrika, Alaska, den Bergrevieren<br />

Bayerns <strong>und</strong> Österreichs hingen allesamt<br />

im Gästehaus in Hollenstedt.<br />

So freigiebig seine Gastgeber <strong>und</strong><br />

Jagdfre<strong>und</strong>e auch waren, so großzügig sei<br />

auch Schmeling in seiner kleinen Niederwildjagd<br />

in Stemmen gewesen, erzählt der<br />

langjährige Jagdgefährte Woltmann, der in<br />

Schmelings Revier seinen ersten Bock<br />

schießen durfte. „Die großen Böcke ließ er<br />

oft anderen zukommen“, weiß Jäger Woltmann.<br />

Besondere Freude hatte er an abnormen<br />

Trophäen, wie beispielsweise einem<br />

Vierstangenbock, den er 1971 erlegte.<br />

1963 hatte Schmeling durch seinen Tabakanbau<br />

in Hollenstedt den Stemmener<br />

Bürgermeister Hinrich Peters kennengelernt,<br />

der dort auch selbst jagte. Später hielt<br />

er Schmelings Jagdh<strong>und</strong>e. Die Jäger der Gemeinde<br />

nahmen den Ex-Champion in ihre<br />

Reihen auf. Neun Jahre später pachtete<br />

er einen Teil der 2 500 Hektar großen Jagd.<br />

Am Umgang untereinander hat das nichts<br />

geändert. Alles blieb beim Alten.<br />

Woltmann selbst kam nach der<br />

Schwimmbadbegegnung 1975 zur Bockjagd<br />

ins Revier. Schmeling setzte sich selbst mit<br />

ihm an. Als zwei Böcke erschienen <strong>und</strong><br />

Schmeling sie angesprochen hatte, meinte<br />

er: „Den linken können Sie schießen.“ Woltmann<br />

erzählt, dass ihn daraufhin ein derartiges<br />

Jagdfieber schüttelte, dass er den Schuss<br />

einfach nicht rausbrachte. Schmeling meinte:<br />

„Ich mache Sie wohl nervös?“ Er schickte<br />

den Jungjäger am nächsten Tag alleine auf<br />

den Sitz, wo er den Bock streckte. Beim Aufbrechen<br />

war der Lehrherr wieder dabei.<br />

„Max hat mir das Jagen beigebracht <strong>und</strong> meine<br />

Jagd geprägt“, sagt Woltmann, der 2002<br />

als Pächter in Stemmen einstieg.<br />

Bis ins hohe Alter wollte er über alles<br />

informiert werden: Wo ein bestimmter<br />

Bock bestätigt, wo eine neue Jagdeinrichtung<br />

erstellt wurde – an allem nahm er regen<br />

Anteil. Im Gegensatz zu seinen Boxfre<strong>und</strong>en<br />

duzte Schmeling seine Jagdfre<strong>und</strong>e<br />

in Stemmen solange er dort jagte<br />

nicht, obwohl das Verhältnis herzlich war.<br />

Er besaß trotz seiner Bescheidenheit <strong>und</strong><br />

seiner Zurückhaltung eine natürliche, gelassene<br />

Autorität <strong>und</strong> Charisma. Einmal<br />

hatte Woltmann <strong>und</strong> ein Jagdkamerad einen<br />

Bodensitz errichtet, ohne ihrem Jagdherrn<br />

etwas davon zu erzählen. Es wurde<br />

einfach vergessen. Beim obligaten Skatspiel<br />

nach der Jagd richtete Schmeling beinahe<br />

beiläufig das Wort an seinen „Jungjäger“<br />

<strong>und</strong> meinte, ob es sich nicht gehöre,<br />

ihn über bauliche Maßnahmen wenigstens<br />

Mit 69 Jahren jagte der Boxchampion auf Einladung eines kanadischen Indianerhäuptlings<br />

noch einen Waldbison


FOTOS: WAGE VERLAG<br />

<strong>WILD</strong>, <strong>JAGD</strong>, <strong>JÄGER</strong><br />

Die Jagd in Müncheberg in der märkischen Heide hat den jungen Schmeling (re.) am meisten<br />

geprägt. Sein Lehrmeister war Stadtförster Georg Hoffmann (li.)<br />

kurz zu informieren. „Das traf mich wie ein<br />

Bannstrahl“, meinte Woltmann, <strong>und</strong> auch<br />

die anderen jagenden Skatbrüder legten<br />

die Ohren an, weil Schmeling selten durch<br />

offene Kritik auffiel oder gar zornig wurde.<br />

Tradition in Stemmen waren die jährlichen<br />

Stöker- <strong>und</strong> Treibjagden im Herbst.<br />

Schmeling schoss exzellent Flinte. Nicht<br />

nur auf der Jagd, sondern auch auf dem<br />

Tontaubenstand war er geschickt. Mit<br />

Fre<strong>und</strong>en aus dem Hamburger Jagdclub<br />

reiste er auch oft auf große Niederwildjagden<br />

in die Slowakei.<br />

Auf der Stemmer Treibjagd waren<br />

100 Stück Niederwild keine Seltenheit.<br />

Nach der Jagd ging es in die Gaststätte<br />

„Drögemüller“ <strong>und</strong> später in den „Stemmer<br />

Landkrug“. Dort gab es zunächst Mettwurstbrote<br />

mit Spiegelei, anschließend<br />

selbstgebackenen Kuchen, <strong>und</strong> dann ging<br />

es ans Skatspielen, das für den Jagdherrn<br />

einfach zur Jagd gehörte. Dabei wurde auch<br />

schon mal ein Bier getrunken. Schmeling<br />

40<br />

<strong>WILD</strong> UND HUND 19/2005<br />

selbst hielt sich in punkto Alkohol immer<br />

zurück. Dafür konnte er es nicht leiden,<br />

wenn einer beim Kartenspiel nicht aufpasste<br />

<strong>und</strong> falsch ausspielte.<br />

Die Jagd in Stemmen, das ausgelassene<br />

Kartenspiel mit Jagdfre<strong>und</strong>en, war der Gegenpol<br />

zu Schmelings beruflichem <strong>und</strong> öffentlichem<br />

Leben. Er liebte es, unter einfachen<br />

Menschen zu sein. Er selbst stammte<br />

aus ärmlichen Verhältnissen. Auf der Jagd<br />

holte er sich Kraft für seine Kämpfe, oder<br />

leckte sich die W<strong>und</strong>en, wie er einmal selbst<br />

sagte. Wenn es die Zeit erlaubte, kurvte er<br />

mit seinem alten VW ins Revier, oder seine<br />

Frau schickte ihn in den Wald, wenn sie<br />

merkte, dass ein Schatten auf seiner Seele<br />

lag. Anny Schmeling brachte viel Verständnis<br />

für ihren „Maxe“ auf. Nicht nur, dass sie<br />

mit ihm das einfache Landleben wählte. Sie<br />

begleitete ihn auch oft auf die Jagd, machte<br />

sogar einen Jagdschein, auch wenn sie<br />

selbst nicht zu Büchse oder Flinte griff. Ihr<br />

Tod 1987 war für Schmeling ein schwerer<br />

Schlag. Woltmann kann sich noch erin-<br />

nern, als der Boxer ihn morgens anrief <strong>und</strong><br />

ihm die Todesnachricht überbrachte. Fassungslos<br />

saß der Meister zu Hause in seinem<br />

Sessel, unfähig, nach 54 Jahren glücklicher<br />

Ehe eine Träne zu weinen, erzählt Woltmann,<br />

der zu ihm geeilt war. Von diesem<br />

Schlag hat er sich nie wieder richtig erholt.<br />

In den letzten Jahren ließ er sich immer seltener<br />

nach Stemmen fahren, dafür aber<br />

mussten seine Jagdfre<strong>und</strong>e ihm weiterhin<br />

über alles im Revier berichten.<br />

Sein Tod hat ein Loch in die Jagdgemeinschaft<br />

der Stemmer gerissen. Als Woltmann<br />

auf einem Feldweg einen Bauern trifft<br />

<strong>und</strong> sie sich kurz unterhalten, erinnern sie<br />

sich beide, wie sie den Boxer einmal mit seinem<br />

VW, mit dem er sportlich über die<br />

Waldwege zu brausen pflegte, aus dem<br />

Dreck gezogen hatten. Woltmann muss<br />

lächeln, <strong>und</strong> seine Erinnerungen gehen<br />

hinüber zu dem Sitz, auf dem er mit Max zusammensaß<br />

<strong>und</strong> seinen ersten Rehbock<br />

streckte. Der Jagdherr hat dem Sitz später<br />

deswegen den Namen Woltmann-Kanzel<br />

gegeben. Oder an die Waldecke, an der er<br />

einmal schmählich auf einer Hasenjagd an<br />

einem Krummen vorbeischoss <strong>und</strong> Schmeling<br />

dies mit den fre<strong>und</strong>lichen Worten garnierte:<br />

„Das müssen wir noch mal üben.“<br />

Der Biograf Ripperger sagt: „Wahrscheinlich<br />

war Schmeling in seinem Leben<br />

mehr auf dem Hochsitz als im Boxring.“<br />

Der Meister aller Klassen mit der „tödlichen<br />

Rechten“, die seine Gegner reihenweise<br />

fällte, war nur einige Jahre seines Lebens<br />

Boxer, aber im Herzen ein Leben<br />

lang ein Jäger.<br />

Die Biografie<br />

Weidmanns Heil,<br />

Max Schmeling!<br />

Kurz vor seinem Tod verfasste Walerie<br />

Ripperger diese umfangreiche<br />

Biografie über den Box-<br />

Weltmeister. Dabei widmete<br />

er sich ganz besonders der<br />

jagdlichen Passion Schmelings.<br />

Dank einer tiefen Recherche<br />

auch im privaten<br />

Umfeld des Sportlers ist eine<br />

äußerst detailreiche Biografie<br />

entstanden, die es<br />

schwer macht, kein<br />

Schmeling-Fan zu werden.<br />

Erschienen ist das Buch im Wage-Verlag,<br />

ISBN 3-9372 16-00-6, 22 Euro.


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