Helvetas Partnerschaft Juni 2005 - vision
Helvetas Partnerschaft Juni 2005 - vision
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Dossier <strong>Helvetas</strong> 1955–<strong>2005</strong><br />
Nr. 180 · <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong><br />
50<br />
jahre<br />
ans<br />
anni
Ausserdem in dieser Nummer<br />
2<br />
Infos & Nachrichten<br />
Ein Leben für die<br />
Entwicklungszusammenarbeit<br />
Dank für einen grossen Beitrag<br />
Überraschende Aktionen<br />
zum Weltwassertag<br />
Welt- und umweltverträglich<br />
handeln<br />
Baumwolle – garantiert bio und fair<br />
apropos<br />
<strong>Helvetas</strong> Jubiläums-Broschüre<br />
Neue <strong>Helvetas</strong> Strategie <strong>2005</strong>-2010<br />
Vorschau auf das August-Dossier<br />
Jahresbericht 2004<br />
Beilage<br />
Sommerbote (Verkaufsartikel)<br />
<strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong><br />
Seite<br />
26<br />
30<br />
32<br />
Inhalt<br />
<strong>Helvetas</strong> 1955–<br />
Im Urlaub mit dem SHAG Rolf Wilhelm ■ Von der Aufgabe<br />
des Jahrhunderts zu den Millenniums-Zielen<br />
Martin Menzi ■ Eine gute Sache Annemarie Spahr ■ Drei<br />
Gründe waren es Fridolin Trüb ■ Aus der Diasammlung<br />
von Peter König ■ Aller Anfang ist schwer Ruedi Högger<br />
■ Keller, Kneipe, Kommissionen Peter Arbenz ■ 10% für<br />
die Dritte Welt Richard Gerster ■ Drei Schlüsseljahre<br />
Gaudenz Tscharner ■ <strong>Helvetas</strong> hilft weiter Dorothea Rüesch ■<br />
Eine Parlamentarierreise Walter Renschler ■ <strong>Helvetas</strong> +<br />
Kamerun = Wasser! Stimmen aus dem Süden 1 ■ Gelebte Zusammenarbeit<br />
Karl Wehrle ■ Ein unterstützungswürdiger<br />
Entwicklungsansatz Paolo Ambrosetti ■ Entwicklung säen<br />
Stimmen aus dem Süden 2 ■ Lebensabschnitte mit dem<br />
<strong>Helvetas</strong> Kalender Heidi Brunner ■ Wenn Frauen eingreifen<br />
Fred Bauer ■ Wasser bewegt Liselotte Illi ■ Der<br />
Süden kommt ins Kino Magda Bossy ■ Die Traumstelle<br />
Anna Stolz ■ Aus dem Fotoalbum von Verena Künzle ■<br />
Bären, Büchsen und Gesang Walter Renschler ■ Handmade<br />
in Bhutan Marie-Noëlle Frei-Pont ■ <strong>Helvetas</strong> ist eine<br />
Familie Saamdu Chetri ■ Green Cotton Now! Tobias Meier ■<br />
<strong>Helvetas</strong> öffnet ein Fenster zur Welt Bastienne Joerchel ■<br />
Die Tasche Ruth Walder ■ Ein hilfreicher Nachtbubenstreich<br />
Viktor Hermann ■ «Dies ist keine Entführung!»<br />
Gioia Weber ■ Und wo war <strong>Helvetas</strong>? Stimmen aus dem Süden 3<br />
■ Lob eines langjährigen <strong>Helvetas</strong> Förderers J.F. Sigis-<br />
mond Marcuard ■ Die Begegnung auf der Brücke Melchior<br />
Lengsfeld ■ Sultanats Grund Rosemarie Lausselet ■ Mayas<br />
Geschichte Karin Füeg ■ Der Wert des<br />
Wissens Esther Oettli ■ 100 Wörter für eine<br />
engagierte Partnerin Peter Niggli ■
<strong>2005</strong><br />
Impressum<br />
Nr. 180/<strong>Juni</strong> <strong>2005</strong> Zeitschrift für <strong>Helvetas</strong> Mitglieder, Gönner und Gönnerinnen, 45. Jahrgang<br />
Erscheinungsweise viermal jährlich (Ende Februar, <strong>Juni</strong>, August, November) in Deutsch und<br />
Französisch Herausgeberin <strong>Helvetas</strong>, St. Moritzstrasse 15, Postfach, 8042 Zürich, Tel. 044/368 65 00,<br />
Fax 044/368 65 80, E-Mail info@helvetas.org, Homepage: www.helvetas.ch PC Nr. 80-3130-4<br />
Zürich; <strong>Helvetas</strong>, Secrétariat romand, Rue de la Mercerie 3, Case postale 6435, 1002 Lausanne,<br />
Tel. 021/323 33 73, Fax 021/323 33 74, E-Mail: romandie@helvetas.org, PC 10-1133-7 Lausanne;<br />
<strong>Helvetas</strong>, Segretariato della Svizzera italiana, c/o ACP, Via San Gottardo 102, 6828 Balerna,<br />
Tel./Fax 091/683 17 10, E-Mail: svizzeraitaliana@helvetas.org , PC 65-3875-0 Bellinzona Redaktion<br />
Barbara Strebel Bildredaktion/Produktion Beatrice Bless Französische Ausgabe Catherine<br />
Rollandin, Patrick Schmitt Gestaltung Grafik Werk, Zürich Mitarbeit an dieser Nummer Andreas<br />
Friolet (S. 29); Delia Hochstrasser (Übersetzungen aus dem Spanischen S. 13 [Stimmen aus dem<br />
Süden 2] und S. 23 [Stimmen aus dem Süden 3]); alle übrigen sind im Inhaltsverzeichnis bzw.<br />
beim von ihnen verfassten Artikel namentlich erwähnt. Fotos S. 3: Dominic Büttner (Porträt W.<br />
Külling); S. 6: M. Wolgesinger (oben); S. 7: Peter König (oben); S. 9: Richard Gerster (oben); S. 11:<br />
<strong>Helvetas</strong> Kamerun; S.13: <strong>Helvetas</strong> Guatemala; S. 17: Verena Künzle (unten); S. 21: Reto Schneider<br />
(unten); S. 23: Renato Bagattino (unten); S. 24: Rosemarie Lausselet (unten); S. 27: Mario Fehr; S.<br />
30: Switcher; S. 32: M. Wolgesinger (Schulklasse Nepal). Alle anderen Fotos: <strong>Helvetas</strong>-Archiv, Zü-<br />
rich. Abonnementspreis Fr. 30.– jährlich, für Mitglieder im Jahresbeitrag inbegriffen Litho und<br />
Druck Druckerei Kyburz AG, Dielsdorf Papier Schwedt Offset Ultra Lux seidenmatt Adress-<br />
änderungen Bitte teilen Sie uns Ihre<br />
neue Adresse mit: <strong>Helvetas</strong>, Postfach,<br />
8042 Zürich, Tel. 044/368 65 00.<br />
Braucht es die Hilfswerke noch? – Es ist fast zynisch,<br />
diese Frage zum 50. Geburtstag von <strong>Helvetas</strong><br />
aufzuwerfen. Sie stellte sich jedoch in einer beunruhigenden<br />
Evaluation zum Verhältnis zwischen<br />
der DEZA und den privaten Werken. Sie kam zum<br />
Schluss, dass die Zusammenarbeit mit NGOs im<br />
Süden direkt von staatlichen Entwicklungsagenturen<br />
wahrgenommen werden könne. Auf die Hilfswerke,<br />
denen diese Beziehungen bis jetzt vorbehalten<br />
waren, sei man nicht mehr angewiesen.<br />
Die Feststellungen der Evaluatoren greifen<br />
zu kurz, und das nicht nur bezüglich der Tätigkeit<br />
im Süden, wo der Vorteil der Hilfswerke eben dort<br />
liegt, wo es politisch wird. Manche Regierungen<br />
stören sich an anwaltschaftlicher Arbeit («advocacy»)<br />
und der Kritik der Hilfswerke an schlechter Regierungsführung,<br />
Misswirtschaft und Korruption.<br />
Aber wer soll sich der Anliegen der armen Bevölkerungsmassen<br />
annehmen, wenn nicht private lokale<br />
und internationale Organisationen?<br />
Noch viel wichtiger ist es für den Bund –<br />
speziell in einem Land mit direkter Demokratie –<br />
dass das Engagement für die internationale<br />
Zusammenarbeit in der Zivilgesellschaft breit<br />
verankert ist. Auch hier übernehmen die Hilfswerke<br />
mit ihrem Doppelauftrag «Hilfe vor Ort und<br />
Öffentlichkeitsarbeit in der Schweiz» eine wichtige<br />
innenpolitischen Funktion. Diese Komponente<br />
muss <strong>Helvetas</strong> in Zukunft unbedingt verstärken.<br />
Es stimmt hoffnungsvoll, dass dies in der überarbeiteten<br />
Strategie so vorgesehen ist.<br />
Ich trete auf das Jubiläum «50 Jahre <strong>Helvetas</strong>»<br />
nach langen Jahren als Geschäftsleiter zurück.<br />
Ich bin dankbar dafür, dass ich mit vielen tollen<br />
Menschen, die mir wichtig waren, das Privileg<br />
hatte, diese Organisation und ihre Arbeit mitzugestalten.<br />
Es war eine herausfordernde, oft schwierige,<br />
aber faszinierende Aufgabe. Ich werde <strong>Helvetas</strong><br />
auch in Zukunft treu bleiben.<br />
E. Werner Külling<br />
Geschäftsleiter <strong>Helvetas</strong><br />
Editorial<br />
<strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong> 3
Dossier<br />
4<br />
Eine Collage<br />
zum Fünfzigsten<br />
Am 18. <strong>Juni</strong> 1955 wurde <strong>Helvetas</strong> (damals noch unter dem Namen<br />
«Schweizerisches Hilfswerk für aussereuropäische Gebiete», SHAG)<br />
als kleiner Verein von 70 Mitgliedern gegründet. 50 Jahre später ist<br />
aus den bescheidenen Anfängen ein erfolgreiches «Unternehmen»<br />
mit 43’000 Mitgliedern, weit über 600 Mitarbeitenden, 150 Projekten<br />
in 22 Ländern und einem Jahresbudget von 60 Millionen Franken<br />
geworden. Verantwortlich für diesen Erfolg waren und sind eine<br />
Vielzahl von Menschen in den unterschiedlichsten Funktionen:<br />
Präsidenten, Vizepräsidentinnen, Mitarbeitende und Partnerorganisationen<br />
in Nord und Süd, Vereins- und Regionalgruppenmitglieder<br />
sowie Gönnerinnen und Gönner. <strong>Helvetas</strong>, das ist ein «bunter<br />
Haufen», wie es ein Kollege einmal etwas nonchalant ausdrückte,<br />
aber auch – in den Worten eines bhutanischen Mitarbeiters – eine<br />
Familie, die über Grenzen hinweg zusammenhält.<br />
Wie kann eine Jubiläums-«<strong>Partnerschaft</strong>» dieser Buntheit<br />
gerecht werden? Das haben wir uns gefragt und kurzerhand beschlossen,<br />
ein Experiment zu wagen: Etwas über 50 Anfragen gingen<br />
an Menschen, die mit <strong>Helvetas</strong> in der einen oder anderen Weise verbunden<br />
waren und sind. Sie sollten sich selber dazu äussern, was<br />
ihnen die 50jährige Organisation bedeutet, erzählen, was sie mit ihr<br />
und durch sie erlebt hatten, was sie an ihr beeindruckte und über die<br />
Jahre bei der Stange hielt.<br />
Das Resultat dieser Übung in Partizipation ist eine Art Collage<br />
zum 50. Geburtstag unseres Werks. Sie erzählt Geschichten – und so<br />
auch indirekt die Geschichte – von <strong>Helvetas</strong>, von ihren Anfängen bis<br />
zur Gegenwart. Lustiges und Anekdotisches steht dabei lose neben<br />
Philosophischem und Nachdenklichem; es bleibt dem Leser, der Leserin<br />
überlassen, die Verbindungslinien zwischen den Erinnerungsstücken<br />
zu ziehen. Auf diese Weise ist die Collage nicht nur ein<br />
Abbild der Vielfalt von <strong>Helvetas</strong>, sondern auch ein Symbol für die<br />
Entwicklungsarbeit, in der es keine fest gefügten Wahrheiten gibt,<br />
sondern nur ein beständiges Suchen nach Lösungen in einer Vielfalt<br />
von Bedürfnissen, Wünschen und Weltsichten.<br />
Allen, die sich an dieser Jubiläumsnummer beteiligt haben,<br />
möchten wir ganz herzlich danken. Und Ihnen, liebe Leserinnen<br />
und Leser, wünschen wir viel Vergnügen beim Schmökern in den<br />
Im Urlaub mit dem SHAG<br />
Ein «Entwicklungshelfer» der ersten Stunde<br />
erzählt, wie er zum SHAG und mit ihm<br />
von den Bündner Bergen an den Fuss des<br />
Himalaja kam.<br />
Für mich selbst begann die Idee der Zusammenarbeit mit dem SHAG<br />
– und damit den Entwicklungsländern – eigentlich schon vor 54 Jahren.<br />
Das war im Schulhaus von Zernez im Unterengadin nach dem<br />
schweren Lawinenwinter von 1951. Von dort aus leiteten der Basler<br />
Arzt Marcus Jucker und ich während des Sommers die verschiedenen<br />
freiwilligen Arbeitslager, die sich mit den Aufräumarbeiten der verschütteten<br />
Wiesen und Felder beschäftigten. Am Rande wurde mit<br />
den Freiwilligen aus der Schweiz, Europa und selbst aus den USA<br />
auch Probleme der Berggebiete, das soeben von der Uno gestartete<br />
Programm der technischen Hilfe für die «wirtschaftlich unterentwickelten<br />
Gebiete» und anderes besprochen.<br />
Ende 1954 kam ich nach meiner eigenen ersten Erfahrung in der<br />
praktischen Arbeit in Entwicklungsländern, in Mexiko und El Salvador,<br />
wieder in die Schweiz zurück. Als erstes Telefon erhielt ich den Anruf<br />
von Marcus, ich solle möglichst bald Frau Regina Kägi-Fuchsmann<br />
anläuten. So wurde ich ab Januar 1955 Mitglied der losen «Initiantengruppe»<br />
in Zürich. In dieser Zeit traf ich wieder mit Freunden aus der<br />
Zeit der Lawinendienste zusammen. Aber auch mit vielen anderen<br />
Helfern, die zum Teil schon im Spanischen Bürgerkrieg, in der schweizerischen<br />
Nachkriegshilfe oder im Kreis von Fritz Wartenweiler auf<br />
dem Herzberg 1 mit dabei waren. Es kamen aber auch einige Pfarrer,<br />
dann Religiös-Soziale und Quäker, Studentengruppen aus der ETH<br />
und der Uni, Leute aus der Neuen Helvetischen Gesellschaft und vor<br />
Erinnerungsstücken aus 50 Jahren <strong>Helvetas</strong> Geschichte. (SB) Es war ein erhebender Anlass am 18. <strong>Juni</strong><br />
1955 im Limmathaus Zürich: Ein Aufbruch zu<br />
neuen Horizonten, eine Grundwelle von<br />
Solidarität und Mitverantwortung, eine Verpflichtung<br />
zur internationalen Zusammenarbeit<br />
für Frieden und Gerechtigkeit. Mit<br />
hohen Erwartungen wurde das «Schweizerische<br />
Hilfswerk für aussereuropäische<br />
Gebiete» (SHAG) aus der Taufe gehoben –<br />
«Entwicklungshilfe» wurde von weit-sichtigen<br />
Zeitgenossen als die Aufgabe des Jahrhunderts<br />
bezeichnet.<br />
<strong>2005</strong>, nach 50 Jahren, hat <strong>Helvetas</strong> eine<br />
damals kaum vorstellbare, weltweite Aus-<br />
<strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong><br />
Von der Aufgabe des Jahrhunderts<br />
zu den Millenniums-Zielen
allem die Leute zusammen, die schon erste Erfahrungen in der Entwicklungszusammenarbeit<br />
gesammelt hatten. Darunter waren alle<br />
Mitglieder des «Swiss Nepal Forward Team», die unter Leitung von<br />
Architekt Walter Custer Ende 1950 die erste Abklärungsmission in<br />
Nepal unternommen hatten und seither Wege zur Realisierung ihrer<br />
Vorschläge suchten.<br />
Das SHAG wurde dann im <strong>Juni</strong> 1955 in Zürich gegründet. Ich arbeitete<br />
in meiner Freizeit im Vorstand mit. Dieser erachtete es im<br />
Sommer 1957 als nötig, dass zur Klärung unserer Situation gegenüber<br />
den Behörden Nepals und unserem bisherigen Partner, der FAO,<br />
jemand einmal nach Nepal gehen sollte. Unser Präsident, Herr Louis<br />
Groschupf, der Rheinschiffahrtsunternehmer, bestimmte mich dazu.<br />
Diese Abklärungsmission fand im April/Mai 1958 statt, nachdem<br />
mein damaliger Arbeitgeber die Bewilligung für einen Urlaub erteilt<br />
hatte.<br />
Das Weitere war dann sehr unkompliziert. Mein Vorschlag zur<br />
Schaffung einer Teamleitung für das SHAG-Team von 10 Leuten<br />
wurde vom Vorstand angenommen und im August im Gespräch mit<br />
Professor F.T. Wahlen in seinem Büro bei der FAO in Rom hinsichtlich<br />
der Zusammenarbeit mit der FAO ebenfalls akzeptiert. Den bewilligten<br />
Urlaub konnte ich ab November 1958 gerade selbst als Team-<br />
leiter in Nepal ausnützen. Und der im Mai bei der Regierung eingereichte<br />
Vertragsentwurf konnte im Februar 1959 im Singha Durbar in<br />
Kathmandu unterschrieben werden.<br />
strahlung erreicht. Zusammen mit zahlreichen<br />
Partnern in der Dritten Welt sind viele<br />
beachtliche Erfolge erzielt worden! Trotzdem,<br />
der Weg zu den neu erklärten Millenniums-Zielen<br />
ist immer noch sehr weit.<br />
Auch bei uns in der Schweiz. Ja, auch wir haben<br />
uns «entwickelt», es geht uns besser, wir<br />
sind reicher geworden, unsere Goldreserven<br />
sind beträchtlich. Sind wir damit auch soli-<br />
darischer, weltoffener, mitfühlender, grosszügiger<br />
geworden – und das nicht nur in<br />
emotional aufgeladenen Katastrophensituationen?<br />
Wenn es eine Bewegung wie <strong>Helvetas</strong><br />
nicht gäbe, müsste sie heute wohl dringend<br />
geschaffen werden!<br />
Dr. Martin Menzi, studierter Agronom und emeritierter<br />
Professor des Nachdiplomstudiums für<br />
Das kleine SHAG wies schon bald ein recht substanzielles<br />
Hilfsprogramm in Nepal auf. Dies vor allem auch dank der Übernahme<br />
der Investitionskosten durch ausländische Hilfsprogramme<br />
(für das milchwirtschaftliche Programm der FAO durch<br />
Neuseeland, für das Werkstättenprogramm und das Programm<br />
der Hängebrücken durch die USOM, die spätere USAID) und der<br />
dynamischen Vorarbeit durch den FAO-Dairy-Experten Werner<br />
Schulthess. So konnte das SHAG, das die Kosten für die schweizerischen<br />
Mitarbeiter übernommen hatte, sofort und gut starten,<br />
obwohl es in den Anfangsjahren finanziell nicht auf Rosen<br />
gebettet war.<br />
Rolf Wilhelm gehört zu den «Pionieren» der schweizerischen<br />
Entwicklungszusammenarbeit. Er studierte an der Uni Zürich Volkswirtschaft<br />
und reiste nach dem Abschluss nach Frankreich, dann<br />
als Freiwlliger in der amerikanischen Entwicklungsorganisation<br />
«American Friends Service Committee» nach Mexico und El Salvador.<br />
Nach seiner Rückkehr meldete er sich als Mitarbeiter in der<br />
Initiantengruppe des SHAG. Rolf Wilhelm arbeitete in verschiedenen<br />
Funktionen für das SHAG, ehe er Anfang 1962 als Experte in den neu<br />
gegründeten «Dienst für technische Zusammenarbeit» (die spätere<br />
DEZA) berufen wurde und eine langjährige Karriere in der Entwicklungszusammenarbeit<br />
des Bundes einschlug. ■<br />
1 Auf dem Herzberg bei Aarau befand sich ein von Fritz Wartenweiler<br />
gegründetes «Volksbildungsheim», das Kurse für Erwachsene<br />
anbot. Wartenweiler gilt als der Begründer der Erwachsenenbildung<br />
in der Schweiz.<br />
In der Überzeugung, d� man in Entwicklungsländern vor allem di�e<br />
Aktivitäten fördern sollte, in denen man selbst Erfahrung b��, begann<br />
das SHAG im Bergland Nepal mit der Unterstützung der Land- und<br />
Milchwirtschaft sowie d� Handwerks.<br />
Entwicklungsländer (NADEL) der ETH Zürich,<br />
ist seit dem 18. <strong>Juni</strong> 1955 <strong>Helvetas</strong> Mitglied.<br />
Martin Menzi war Präsident der Ortsgruppe<br />
Bern, Mitglied und vorübergehend Präsident<br />
des Zentralvorstandes von <strong>Helvetas</strong> und Projektmitarbeiter<br />
von <strong>Helvetas</strong> Bhutan; überdies<br />
war er über mehr als 20 Jahre hinweg wiederholt<br />
als Konsulent für <strong>Helvetas</strong> Projekte in<br />
Bhutan, Nepal, Sri Lanka, Äthiopien und Guatemala<br />
im Einsatz. ■<br />
<strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong> 5
Dossier<br />
6<br />
Eine gute Sache<br />
Korea, 1955. In einer drei Monate alten<br />
Schweizer Zeitung lese ich von der Gründung<br />
vom SHAG. Ein Name fällt mir auf<br />
unter den Gründungsmitgliedern. Mit der<br />
Frau habe ich kurz nach dem Krieg im zerbombten<br />
Ruhrgebiet gearbeitet. Sie überzeugte<br />
mich schon damals, und sie gibt mir<br />
die Gewähr, dass das SHAG eine gute Sache<br />
sein wird.<br />
Hong Kong, früh im 1956. Ich lese wiederum<br />
über das SHAG. Nicht lange nach Ende<br />
einer siebenwöchigen Seereise mit einem<br />
Frachter werde ich Mitglied und bin es heute<br />
noch. Nach einigen Jahren Schweiz und Mitarbeit<br />
bei der Ortsgruppe Aargau und einem<br />
Rotkreuz-Einsatz im Kongo lese ich in der<br />
«<strong>Partnerschaft</strong>», dass man jemanden suche,<br />
um Administration und Gästehaus in Kathmandu<br />
zu leiten. Ich bewerbe mich sofort,<br />
ich will raus aus der mir eng gewordenen<br />
Schweiz. Zwar habe ich Angst vor tagelangen<br />
Fussmärschen, doch sage ich mir, dass es so<br />
schlimm wohl nicht werden würde.<br />
Ich war damals schon überzeugt von<br />
<strong>Helvetas</strong> und bin es auch heute noch – mit<br />
etlichen Zweifeln nach der «Scheidung», die<br />
sich jedoch im Nachhinein als richtig erwies.<br />
– Nicht zu glauben, dass ich in den ersten<br />
zwei Wochen in Nepal jede Gelegenheit<br />
suchte, um wieder in die Schweiz zurückzukehren.<br />
Keine Krankheit war schlimm<br />
genug, um den Grund zu liefern. Und: beinahe<br />
29 Jahre habe ich dort gelebt und gear-<br />
Drei Gründe waren es<br />
Drei Gründe waren es, die mich damals veranlasst hatten, dem SHAG<br />
(heute <strong>Helvetas</strong>) beizutreten. – So mindestens sehe ich es im Rückblick.<br />
Erstens: Bevor der zweite Weltkrieg zu Ende gegangen war, haben<br />
Leute aus der Friedensbewegung in die Zukunft geblickt. Die naheliegendste<br />
Aufgabe hiess: Hilfe beim Wiederaufbau in den kriegsgeschädigten<br />
Nachbarländern. Danach galt es, den Völkern, die sich von<br />
<strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong><br />
beitet, die Hälfte davon mit/für <strong>Helvetas</strong>. Ich<br />
habe die Verbindung nie abgebrochen und<br />
bin heute noch auf vielfältige Weise mit<br />
<strong>Helvetas</strong> und Nepal verbunden.<br />
Danke <strong>Helvetas</strong>, für die Erfahrungen,<br />
die Lebens-Erfahrungen!<br />
Annemarie Spahr ist seit 1956 ununterbrochen<br />
Mitglied von <strong>Helvetas</strong>. Nach verschiedenen<br />
Einsätzen für den FHD, das SRK (u.a. in Südkorea,<br />
Hongkong und im Kongo) und die<br />
Schweizer Spende (in Bochum) ging Annemarie<br />
Spahr 1962 für <strong>Helvetas</strong> nach Nepal. Sie arbeitete<br />
dort 15 Jahre für <strong>Helvetas</strong> und gründete<br />
anschliessend gemeinsam mit einer Nepali-<br />
Familie das Hotel Dwarika, dessen Management<br />
sie bis zu ihrer Rückkehr in die Schweiz<br />
Ende 1990 inne hatte. ■<br />
Die Tätigkeit in Nepal war prägend für das<br />
SHAG. Entwicklungsfachleute verdienten<br />
sich dort ihre Sporen ab und sammelten<br />
Erfahrungen fürs Leben. Dörfliche Landschaft<br />
(oben); Begrü�ung bei einem Workshop mit<br />
Dorfbewohnern in Pokhara (unten).<br />
der Kolonialherrschaft befreiten, Solidarität zu bekunden – konkret<br />
in der Hilfe zur Selbsthilfe.<br />
Ein zweiter Grund: Von den Frauen und Männern, die sich mit<br />
vielen anderen für die Gründung des SHAG einsetzten, waren mir<br />
einige aus der Friedensarbeit persönlich bekannt, so Alice Brügger,<br />
Idy Hegnauer, Rodolfo Olgiati, Alfred Bietenholz. Mit ihnen durfte<br />
Neues gewagt werden: Entwicklungshilfe in sozialer Verantwortung.<br />
Ein Drittes: Die Bevölkerung musste für die neue Aufgabe gewonnen<br />
werden, auch deshalb, weil der Bundesrat erklärte, erst dann<br />
selbst aktiv zu werden, wenn die neue Aufgabe im Volk zu einem<br />
Anliegen werde. Für das SHAG wurde klar: Die Projektarbeit in Dritte-<br />
Welt-Ländern musste parallel zur Basisarbeit in der Schweiz erfolgen.<br />
Die SHAG- bzw. <strong>Helvetas</strong> Mitglieder sollten in Regionalgruppen aktiv<br />
werden. Zum Beispiel in St. Gallen: Hier wurde die Hängebrücke im<br />
Bergland von Nepal zum Symbol des Brückenschlags.<br />
Fridolin Trüb war 1960 dabei, als die SHAG-Gruppe St. Gallen-Appenzell<br />
gegründet wurde und damit begann, die Projektarbeit in Nepal zu unterstützen.<br />
Er gehört der Regionalgruppe bis heute an und hat im Laufe<br />
einer freiwilligen Tätigkeit zahlreiche Aktionen mitgestaltet. ■
Aus der Diasammlung von Peter König (1962)<br />
Mein erster Kontakt mit <strong>Helvetas</strong> geht auf<br />
einen Bazar in Küsnacht zurück. Als ‹Verkäufer›<br />
hatten sich zwei jüngere Pfadfinder aus<br />
meiner Abteilung gemeldet. Weshalb sie<br />
geschwärzt auftraten, obwohl für Nepal<br />
gesammelt wurde, kann ich nicht mehr<br />
nachvollziehen.<br />
Mehr als dreissig Jahre später durfte ich<br />
für <strong>Helvetas</strong> als Programmleiter in Bhutan<br />
und später auch als Konsulent wirken. Der<br />
gute Ruf, welchen unsere Organisation bei<br />
den Partnern genoss, sowie das Engagement<br />
und die Kompetenz der Kolleginnen und<br />
Kollegen beeindruckte mich immer wieder.<br />
Peter König stieg nach vielen Jahren in der<br />
Privatwirtschaft und an der Universität in die<br />
Entwicklungszusammenarbeit ein, wo er u.a. als<br />
<strong>Helvetas</strong> Programmleiter in Bhutan tätig war;<br />
er absolvierte überdies mehrere Einsätze als<br />
Korpsangehöriger des SKH und des schweizerischen<br />
Pools für zivile Friedensförderung. ■<br />
Aller Anfang ist schwer<br />
Aus dem Bericht eines «Experten» in Haffouz,<br />
Tunesien, anno 1964.<br />
«Schon am Tag meiner Ankunft im Hafen von Tunis schickte man<br />
mich von Pontius zu Pilatus, um Auskünfte über Zollgebühren und<br />
andere staatliche Vorschriften einzuholen ....»<br />
Dieser Satz steht auf der ersten Seite des ersten Berichts über<br />
meinen ersten Projektbesuch im ersten «Entwicklungsland», das ich<br />
während meiner Berufslaufbahn kennen lernen sollte. Als ich ihn<br />
schrieb, war ich 24-jährig und studierte in Zürich Geschichte. Man<br />
schrieb das Jahr 1964. Die Studentenschaft der Uni finanzierte damals<br />
über das SHAG eine von insgesamt 13 Expertenstellen im tunesischen<br />
Kinderdorf von Haffouz. Ich war beauftragt, während eines<br />
Monats als Freiwilliger im Kinderdorf mitzuarbeiten und sodann<br />
dem Kleinen Studentenrat sowie dem SHAG über das Projekt Bericht<br />
zu erstatten. In diesem Bericht lese ich heute, 41 Jahre später, wie damals<br />
in Haffouz mein Tagwerk aussah:<br />
«Mit der Schulstube, der brüchigen Wandtafel und den mir unverständlichen<br />
arabischen Seitenbemerkungen der Buben machte<br />
ich Bekanntschaft, als ich den Lehrer für Technisches Zeichnen wäh-<br />
In Tun�ien bild�e Helv�as zwischen 1957 und 1975 Waisenjungen zu<br />
Handwerkern aus: Buben d� Kinderdorf� von Haffouz beim flei�igen<br />
Studium.<br />
rend eines Nachmittags zu vertreten hatte. In den Ateliers für Mechanik<br />
und Schlosserei, aber auch bei den Elektro-Installateuren, beschränkte<br />
sich mein Beitrag auf grosse Augen, da ich sofort merkte,<br />
wie überlegen mir die meisten Jungen bei den verschiedenen Handgriffen<br />
waren. Als mühsam erwies sich die Getreideernte, die – mangels<br />
Werkzeugen – nach der Art der Beduinen durchgeführt wurde:<br />
In breiter Reihe stellten wir uns am Rand des unabsehbar erscheinenden<br />
Getreidefeldes auf, um dann gebückt, Halm um Halm von<br />
Hand pflückend, langsam vorzurücken. Die <strong>Juni</strong>sonne erlaubte solche<br />
Arbeit nur während der frühen Morgenstunden und am Abend.<br />
In der Zwischenzeit zogen wir Bewässerungsgräben und leiteten das<br />
Wasser aus dem Sodbrunnen in die Pflanzbeete. Eine Sickergrube in<br />
den hart gebackenen Lehmboden zu graben, bot mir nach meinem<br />
letzten WK (während dessen wir Atomschutzlöcher gegraben hatten)<br />
keine nennenswerten Schwierigkeiten. Hingegen bedurften wir später<br />
der Hilfe des Bautechnikers und eines Beduinen, um die tiefe<br />
Grube mit schweren Kalkbrocken auszukleiden und zu überwölben.<br />
Am Rohbau der neuen Traktorengarage lernte ich, die Schalung eines<br />
Betonträgers zu zimmern, war aber am Ende meines Lateins, als die<br />
Buben unter Anleitung ihres Meisters eine gewölbte Backsteindecke<br />
in Angriff nahmen. So holte ich Farbtopf und Pinsel und verschönte<br />
die Wände des Teamleiterbüros. Während dieser eher besinnlichen<br />
Beschäftigung begann ich mir zu überlegen, wie ich die gestrige<br />
Teamsitzung (bei der es rote Köpfe gegeben hatte) zuhanden des<br />
Teamleiters zu Protokoll bringen könnte....»<br />
Kein Wunder – so denke ich heute – dass ich wenige Jahre später<br />
mit Begeisterung zusagte, als ich aus Bern das Angebot erhielt, meine<br />
erste bezahlte Stelle beim DftZ (heute DEZA) anzutreten. Und als<br />
sich noch etwas später die Gelegenheit ergab, im Zentralvorstand<br />
von <strong>Helvetas</strong> mitzuarbeiten, war es wiederum die Erfahrung in Haffouz,<br />
die mich zusagen liess. Ich habe es nie bereut!<br />
Ruedi Högger amtete von 1970 bis 1974 als Teamleiter von <strong>Helvetas</strong> und<br />
Koordinator der DEZA in Nepal. Er war bis 1988 Vizedirektor der DEZA.<br />
Seit 1989 arbeitet Högger als selbständiger Berater auf dem Gebiet der<br />
Entwicklungszusammenarbeit und als Dozent an der ETH. In den Jahren<br />
1989 bis 1999 war er Präsident von <strong>Helvetas</strong>. ■<br />
<strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong> 7
Dossier<br />
8<br />
Keller, Kneipe, Kommissionen<br />
Erinnerungen aus der Frühzeit von <strong>Helvetas</strong>.<br />
Auf Anregung von Fritz Höner, zu dieser Zeit<br />
Präsident der Ortsgruppe Winterthur und<br />
Inland-Delegierter des Zentralvorstandes<br />
des SHAG, engagierte mich der damalige<br />
Zentralsekretär, Werner Erismann, Ende 1962<br />
als ersten Auslandsekretär. Die Nepal-Projekte<br />
wurden zwar noch immer von Persönlichkeiten<br />
aus der Gründerzeit geleitet. Im<br />
Keller an der Kantstrasse 12 befassten sie<br />
sich an nächtelangen Sitzungen mit allen<br />
Details unserer Projekte. Immerhin durfte<br />
ich von Anfang an in dieser zunächst noch<br />
von der «Big Sister» (Regina Kägi-Fuchsmann)<br />
und später von Professor Walter Custer<br />
geleiteten Kommission mitwirken. Kurz<br />
zuvor wurden in Tunesien und Kamerun<br />
neue Projekte identifiziert, für die unter der<br />
Leitung der Professoren Dr. Ueli Haefelin von<br />
der Universität Zürich und Dr. Thierry A. Freyvogel,<br />
damaliger Leiter des Tropeninstitutes<br />
Basel, ebenfalls Länder-Kommissionen<br />
bestanden.<br />
Werner Erismann und seine Chefsekretärin,<br />
Annemarie Korn, triagierten jeweils<br />
während ihrer ausführlichen Frühstücksklausur<br />
im «Schaaggi», einer verrauchten<br />
Kneipe neben der Kirche Fluntern, die eingehende<br />
Post. Anschliessend durfte dann die<br />
kleine Schar von Mitarbeitenden im Zentralsekretariat<br />
die Brosamen vom Tische nachlesen<br />
und ihre Tagesgeschäfte erledigen.<br />
Der Postverkehr mit Nepal konnte Wochen<br />
dauern, mussten doch die Briefe von Kathmandu<br />
noch per Mail-Runner nach Jiri, in<br />
<strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong><br />
die Bergkäsereien und für das Brückenbauprojekt<br />
ins Marsyandital getragen werden.<br />
Für mich war der noch nicht allzu hektische<br />
Arbeitsrhythmus eine Chance, aus dem<br />
Dialog mit den Kommissionsmitgliedern<br />
rasch zu lernen und mich auch mit ersten<br />
wissenschaftlichen Erkenntnissen über Entwicklungszusammenarbeit<br />
vertraut zu machen.<br />
So konnte ich damit beginnen, unsere<br />
Programme besser zu strukturieren und<br />
entwicklungspolitische Ziele zu formulieren.<br />
Als im Spätherbst 1963 der Teamleiter<br />
des Berufsbildungszentrums Haffouz in Tunesien<br />
schwer erkrankte, setzte mich Werner<br />
Erismann für fünf Monate als interimistischen<br />
Leiter dieses damals achtköpfigen<br />
Schweizer Teams ein. Das SHAG hatte dort<br />
von der «Direction Jeunesse et Sports» ein<br />
Heim für 200 Waisenknaben übernommen,<br />
um es in ein Ausbildungszentrum für Mechaniker,<br />
Schlosser, Elektriker, Maurer und<br />
Landwirte umzuwandeln. Bei Direktor Mzali,<br />
dem späteren tunesischen Premierminister,<br />
lag dieses Projekt jedoch in der falschen Zuständigkeit.<br />
Im Frühsommer 1963 verhandelten<br />
deshalb Professor Haefelin und ich<br />
mit der «Education Nationale» einen mehrjährigen<br />
Zusammenarbeitsvertrag.<br />
Erst später lernte ich die Nepal-Projekte<br />
vor Ort kennen. Als ich Ende 1964 im Auftrag<br />
des Delegierten für Technische Zusammenarbeit<br />
des Bundes, Botschafter August Lindt,<br />
die Leitung der Tibeter-Projekte übernehmen<br />
durfte, war Robert Jenny, der spätere<br />
Geschäftsleiter von Swisscontact, <strong>Helvetas</strong><br />
Teamleiter in Kathmandu. Obwohl formell<br />
nicht koordiniert, arbeiteten wir eng zusammen<br />
und sind bis zum heutigen Tag miteinander<br />
befreundet.<br />
Mitte 1969 wählte mich der Zentralvorstand<br />
des inzwischen in <strong>Helvetas</strong> umgetauften<br />
SHAG zum neuen Geschäftsleiter. Nach<br />
einigen personell und finanziell schwierigen<br />
Jahren begann eine Zeit der ersten Konsolidierung<br />
und Professionalisierung. Erstmals<br />
wurde eine <strong>Helvetas</strong> Politik formuliert, wurde<br />
die operative Leitung von <strong>Helvetas</strong> klar<br />
der Geschäftsstelle übertragen und fällte<br />
der Zentralvorstand unter dem Präsidium<br />
von Dr. Hans Ulrich Vetsch die strategischen<br />
Entscheide.<br />
Damit war die Gründer- und Pionierzeit<br />
von SHAG/<strong>Helvetas</strong> abgeschlossen und <strong>Helvetas</strong><br />
als leistungsfähige schweizerische<br />
Nichtregierungsorganisation der<br />
Entwicklungszusammenarbeit etabliert.<br />
1970/71 wagten wir den Sprung nach Lateinamerika<br />
mit neuen Projekten in Guatemala<br />
und Paraguay. Kurz darauf fasste <strong>Helvetas</strong><br />
auch Fuss in Kenia. Die Zeit des Wachstums,<br />
aber auch der stärkeren Projektfinanzierung<br />
durch die Bundesbehörden, war damit eingeleitet.<br />
Peter Arbenz stiess in den Anfangsjahren zum<br />
SHAG/zu <strong>Helvetas</strong>. Er wirkte während mehreren<br />
Jahren in verschiedenen Funktionen im<br />
In- und Ausland für das Hilfswerk, ehe er vorübergehend<br />
in die Privatwirtschaft wechselte,<br />
später eine Laufbahn in der Politik und als<br />
Berater einschlug. Peter Arbenz blieb <strong>Helvetas</strong><br />
als Zentralvorstandsmitglied und seit 2001 als<br />
Präsident bis heute eng verbunden. ■<br />
In den 70er Jahren f�te Helv�as in neuen Ländern Fuss: arbeitsintensiver Str�enbau in Kenia (links oben und unten); Vertragsverhandlungen<br />
zwischen Helv�as (links im Bild G�chäftsleiter P�er Arbenz) und den lokalen Verantwortlichen für eine Molkerei in Zunil, Guatemala.
Im Auftrag der Hilfswerke übergibt Richard<br />
Gerster Nationalrat Franz Steine�er eine von<br />
100’000 Menschen unterzeichn�e P�ition für<br />
ger�hten Handel mit der Dritten Welt (1987).<br />
Drei Schlüsseljahre<br />
1961: Die Verkaufsartikel starten. Auf die «Zürcher Wochen für Entwicklungsländer»<br />
hin, die 1961 durchgeführt wurden, schufen wir<br />
vom SHAG-Aufklärungsdienst erstmals eigens produzierte Verkaufsartikel:<br />
Stoffel-Taschentüechli, rot, blau und gelb, mit Batik-Sujets aus<br />
Nigeria; Lindt Schoggirollen mit dem Aktionssujet und Fotos; breitformatige<br />
Zündholzbriefli mit dem Aktionssignet.<br />
Diese Verkaufsartikel brachten einen überraschenden Aktionserfolg,<br />
so dass das Sortiment in den Folgejahren stetig ausgebaut<br />
wurde. Die Papierservietten folgten, ebenso Glasuntersetzer aus Bierdeckel-Kartons<br />
und kleine Tierchen aus Haut und Knochen, die aus<br />
Nigeria importiert wurden.<br />
1965: Aus dem SHAG wird <strong>Helvetas</strong>. Der Name SHAG, Schweizerisches<br />
Hilfswerk für aussereuropäische Gebiete, von Frau Dr. Regina<br />
Kägi-Fuchsmann für die Gründung im Jahre 1955 gewählt, zeigte im<br />
In- und Ausland zunehmend grosse Mängel, so dass für das Zehnjahre-Jubiläum<br />
eine grosse Umtaufe beschlossen wurde. Der neue<br />
Kurzname «<strong>Helvetas</strong>» ging als Sieger aus einer Publitest-Umfrage<br />
hervor und erzielte beim Publikum am meisten richtige Assoziationen.<br />
1972: Der <strong>Helvetas</strong> Panorama-Wandkalender erscheint erstmals.<br />
Dieser erste Kalender wurde noch in Schwarz-Weiss gedruckt und<br />
10% für die Dritte Welt<br />
Die Ursprünge meiner Mitgliedschaft bei <strong>Helvetas</strong> verlieren sich im Dunkeln meiner Jugend.<br />
Faire Chancen für alle waren ein Grundanliegen, das mich schon früh beschäftigt hat. Und<br />
<strong>Helvetas</strong> zeigte ganz praktisch Wege auf, wie man dazu beitragen kann. Als Student reichte<br />
ich 1968 eine Einzelinitiative im Zürcher Kantonsrat ein, welche einen Steuerzuschlag von 10%<br />
zugunsten der Entwicklungshilfe forderte. Der Ertrag sollte über private Organisationen wie<br />
<strong>Helvetas</strong> eingesetzt werden. Auf Anfrage erhielt ich von der Geschäftsstelle Unterlagen,<br />
welche mich in der Notwendigkeit und der Gangbarkeit der Entwicklungshilfe bestätigten.<br />
Die Einzelinitiative wurde vom Kantonsrat an den Regierungsrat zu Bericht und Antrag<br />
überwiesen – normalerweise eine elegante Art und Weise, um unbequeme Anliegen zu<br />
«schubladisieren». Zwar lieferte der Kanton danach nicht den Zehnten an die Dritte Welt ab,<br />
aber immerhin führte die Initiative zu kleineren Beiträgen an Entwicklungsprojekte – auch<br />
für <strong>Helvetas</strong>. Nach Abschluss meines Studiums wandte ich mich an die Geschäftsstelle, ob ich<br />
in der Entwicklungsarbeit mittun könnte. Eine Stelle war zwar nicht ausgeschrieben, aber ich<br />
hatte trotzdem das Glück, eine Anstellung zu erhalten. Noch heute, über 30 Jahre später,<br />
betrachte ich es als einmaliges Privileg, mich professionell mit Fragen der Entwicklung, der<br />
Zusammenarbeit, der Globalisierung und der Gerechtigkeit befassen zu dürfen.<br />
Richard Gerster, Dr. oec., ist selbständiger Berater und Publizist. Als Inhaber der Firma Gerster<br />
Consulting führt er Aufträge für den Bund und private Hilfswerke durch, so auch hin und wieder für<br />
<strong>Helvetas</strong>. 1981–1998 war er Koordinator und Geschäftsleiter der Arbeitsgemeinschaft. 1972-1981<br />
arbeitete er bei <strong>Helvetas</strong> mit, zuerst als Programmverantwortlicher für Kamerun in Zürich und dann<br />
als Teamleiter in Buea, Kamerun. 1975-1981 betreute er von Zürich aus u.a. die Programme in<br />
Nepal, Bhutan, Sri Lanka, Kenia, Äthiopien. Richard Gerster hat mehrere Bücher und Zeitungsartikel<br />
zu Entwicklungsfragen veröffentlicht. <strong>2005</strong> erschien die zweite, überarbeitete Auflage seines<br />
jüngsten Buches «Globalisierung und Gerechtigkeit». ■<br />
Helv�as Aufklärungsarbeit hatte verschiedene G�ichter:<br />
Die eindrücklichen Tonbildschauen von Gaudenz Tscharner<br />
informierten über die Arbeit d� Hilfswerks,<br />
die schön g�talt�en Verkaufsartikel<br />
sorgten für mehr Bekanntheit<br />
in der Öffentlichkeit.<br />
zwar in einer bescheidenen Auflage von 2000 Stück, die allerdings<br />
sehr rasch ausverkauft war, so dass verschiedene Zusatzauflagen<br />
gedruckt werden mussten. Das berühmte Panorama-Breitformat hat<br />
sich seither – seit 1973 in Farbe – für nationale und internationale<br />
Grossauflagen und für kleinere Ausgaben bestens bewährt.<br />
Gaudenz Tscharner arbeitete von 1961 bis 1966 vollamtlich bei <strong>Helvetas</strong>.<br />
Danach betreute er <strong>Helvetas</strong> als externer Werbeberater bei Rothenhäusler<br />
& Wälchli, später bei Vistasonor AG und ab 1975 in der eigenen<br />
Werbeagentur G. Tscharner AG. ■<br />
<strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong><br />
9
Dossier<br />
10<br />
<strong>Helvetas</strong> hilft weiter<br />
Vor 35 Jahren habe ich geschwindelt. Das hat mich weiter gebracht: Zu <strong>Helvetas</strong> und im<br />
Januar 1970 nach Kathmandu. Sechs Jahre später – um zwei Töchter und einige Erfahrungen<br />
reicher – entzog uns das Flugzeug zwar den Nepal-Boden unter den Füssen, doch <strong>Helvetas</strong><br />
blieb in meinem Leben in diversen Variationen stets mit dabei. Auch der Kalender, für den wir<br />
bei jedem Umzug neue Nägel einschlagen.<br />
Als 1969 Geschäftsleiter Peter Arbenz beim Vorstellungsgespräch fragte, ob ich das SATA-<br />
Guesthouse leiten könnte, flunkerte ich zackig: «Ja!» (Die Fachinfos für Militär- und Volksküchen,<br />
die ich zur Vorbereitung studierte, erwiesen sich dann in der Ekanta Kuna als ziemlich<br />
nutzlos.) Im Fragebogen schrieb ich, dass ich bei <strong>Helvetas</strong> arbeiten möchte, um zu helfen. Dabei<br />
wollte ich einfach los nach Asien und etwas tun. Ich wusste nicht wirklich, weshalb mir<br />
beim Wort «Entwicklungshilfe» stets flau wurde und konnte dies in den Vorzeiten der Seminare<br />
zum nachhaltigen Entwicklungsdiskurs auch nicht thematisieren. Heute aber weiss ich<br />
(ziemlich) sicher: Die <strong>Helvetas</strong> im Kathmandutal war für mich das ideale Basislager, um von<br />
der Entwicklungshilfe zur Entwicklungszusammenarbeit zur Entwicklungspolitik zu trecken –<br />
und dabei ist mir der Schnauf bis heute nicht ausgegangen.<br />
Dorothea Rüesch war 1970-75 Leiterin des Gästehauses Ekanta Kuna in Kathmandu und anschliessend<br />
Mitbegründerin der Organisation «Materiales Maria Maya» in Quetzaltenango, Guatemala. Sie<br />
war langjährige Fachsekretärin und Redaktorin der Erklärung von Bern. Dorothea Rüesch lebt heute<br />
in Neu-Delhi und arbeitet als freischaffende Entwicklungskommunikatorin in Indien und Vietnam. ■<br />
Eine Parlamentarierreise<br />
1972 fand in Yaundé, der Hauptstadt von<br />
Kamerun, eine Konferenz der Interparlamentarischen<br />
Union statt. Die Delegation<br />
der Eidg. Räte nahm die Gelegenheit wahr,<br />
nach der Konferenz Projekte der technischen<br />
Zusammenarbeit zwischen Kamerun und<br />
der Schweiz zu besuchen. Dazu gehörten die<br />
<strong>Helvetas</strong> Wasserbauprojekte in Westkamerun.<br />
Während eines vom damaligen Teamleiter<br />
in Kamerun, Werner Külling, organisierten<br />
<strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong><br />
Dorothea Rü�ch (im obersten Bild, zweite von links) mit Vertr�ern der<br />
von ihr mitbegründ�en NGO «Material� Maria Maya» in Guatemala<br />
(obere beiden Bilder). Das von ihr geleit�e Gästehaus Ekanta Kuna in<br />
Nepal (unten).<br />
Tagesausfluges von Kumba aus ins Bekossi-<br />
Gebiet besichtigten wir mehrere Projekte.<br />
Stolz zeigten uns die Dorfbewohner ihre<br />
Wasserversorgung. Für sie war der Wasserhahn<br />
mitten im Dorf, wo man frisches und<br />
gutes Wasser herauslassen kann, zum Symbol<br />
des Fortschritts geworden. Die Zeit war<br />
vorbei, als das Wasser mühsam aus einem<br />
schmutzigen Loch oder Bach eimerweise ins<br />
Dorf geschleppt werden musste.<br />
Teamleiter Werner Külling und Ingenieur Karl Wehrle (siehe Text S. 12, oben) lauschen den Worten<br />
ein� Dorfvorstehers bei der Eröffnung der Helv�as W�erversorgung in Bifang, Kamerun (1978).<br />
Im ersten Dorf wurden wir vom Frauenchor,<br />
dem Häuptling und den Dorfältesten empfangen.<br />
Nach Gesängen, gegenseitigen<br />
Grussadressen, Getränken und Speisen<br />
erhielten wir als Geschenke drei lebende<br />
Hühner und einen Korb mit Früchten.<br />
Anschliessend wurde in corpore die Wasserstelle<br />
besichtigt. In den folgenden Dörfern<br />
wiederholte sich die Zeremonie. Als<br />
Geschenke kamen noch ein Dutzend Eier,<br />
Gemüse, Blumen und sogar ein blökendes<br />
Schaf hinzu.<br />
Die Delegation kehrte mit der Überzeugung<br />
nach Kumba zurück, dass <strong>Helvetas</strong> mit<br />
ihren Wasserbauprojekten wertvolle Entwicklungshilfe<br />
leistet. An dem guten Eindruck<br />
änderte auch nichts, als am nächsten<br />
Tag einigen Parlamentariern bei einem<br />
erfrischenden Bad im Meer die Kleidungsstücke<br />
gestohlen wurden.<br />
Walter Renschler, studierter Volkswirtschaftler<br />
(Dr. oec. publ.), war von 1968 bis 2001 Vizepräsident<br />
von <strong>Helvetas</strong>. Er wirkte als Herausgeber<br />
der schweizerischen Zeitschrift für Entwicklungsfragen<br />
«mondo» und war in der Ausbildung<br />
von Journalisten in mehreren afrikanischen<br />
Ländern tätig. Renschler war 1967–1987<br />
Mitglied des Nationalrates, 1970–1978 Mitglied<br />
des Europarates, 1974–1994 geschäftsleitender<br />
Sekretär des Schweizerischen Verbandes<br />
des Personals öffentlicher Dienste (VPOD) und<br />
1990–1994 Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes.<br />
■
Stimmen aus dem Süden 1<br />
<strong>Helvetas</strong> + Kamerun = Wasser!<br />
Kamerun gehört zu den Partnerländern, in denen <strong>Helvetas</strong> am längsten<br />
präsent ist. Drei Kameruner und eine Kamerunerin schauen zurück.<br />
« Meine Erinnerungen an <strong>Helvetas</strong><br />
gehen so weit zurück, wie<br />
mein alter Kopf denken kann.<br />
Dank <strong>Helvetas</strong> Kamerun hatte<br />
ich Wasser in meinem Haus im<br />
Dorf. Wie man sagt: ‹Wasser ist<br />
Leben›. Nichtsdestotrotz konnte<br />
ich kaum schlafen in der ersten<br />
Nacht, welche ich in dem Haus<br />
verbrachte. Ich ertrug es nicht,<br />
als einziger von dieser Gabe der<br />
Natur profitieren zu können,<br />
während andere litten. So<br />
sprach ich mit Mr. Hegnauer<br />
von <strong>Helvetas</strong> Kamerun und<br />
fragte ihn, ob sie nicht auch in<br />
unser Dorf Wasser bringen<br />
könnten, wie sie es an anderen<br />
Orten taten. Er sagte, er sei im<br />
Begriff wegzugehen und Bafut<br />
sei sowieso zu gross. Aber ich<br />
bestand auf meinem Anliegen<br />
und bat ihn, irgendwo anzufangen<br />
oder wenigstens seinem<br />
Vorgesetzten zu schreiben.<br />
Meine Bemühungen trugen<br />
Früchte: Er half, eine Studie der<br />
Wasservorkommen durchzuführen.<br />
Die Leute von Bafut hatten<br />
Glück: Sie erhielten 1975<br />
nicht nur eine Wasserversorgung,<br />
sondern sogar eine, die<br />
ganz einfach mit Hilfe der<br />
Schwerkraft funktionierte.<br />
Erstaunlicherweise spielten die<br />
Dorfbewohner eine aktive Rolle<br />
bei der Lösungssuche. Das ist<br />
ein sehr wichtiger Faktor, den<br />
viele unterschätzen. Die Wasserversorgung<br />
funktioniert heute<br />
noch. Und obwohl sie schon so<br />
riesig ist, wird sie auf die Nachbardörfer<br />
ausgeweitet. Ich bin<br />
dankbar, dass Gott <strong>Helvetas</strong><br />
geschickt hat, um uns zu helfen.<br />
»<br />
<strong>Helvetas</strong> hat für Kamerun viel<br />
getan.<br />
Der 87jährige Reverend Aaron Su<br />
ist Pastor der Presbyterianischen<br />
Kirche und ein «alter Bekannter»<br />
von <strong>Helvetas</strong> Kamerun. Er wirkte<br />
bis zu seiner Pensionierung 1985 in<br />
verschiedenen kirchlichen Ämtern,<br />
unter anderem als Pastor in Meilen<br />
am Zürichsee (1977–1980). ■<br />
« Immer wenn sie Wasser in<br />
ein Dorf bringt, weckt <strong>Helvetas</strong><br />
neue Hoffnungen in der Bevölkerung;<br />
diese sieht das Dorf<br />
plötzlich mit ganz anderen<br />
Augen: mit den Augen der<br />
Bewunderung. Die Jugendlichen<br />
finden das Dorf attraktiver, um<br />
darin zu wohnen, so dass die<br />
Landflucht abnimmt. Selbst diejenigen<br />
aus dem Dorf, die aufgestiegen<br />
sind und jetzt in<br />
Städten leben, wo sie sich an<br />
gewisse Annehmlichkeiten<br />
gewöhnt haben, kommen gern<br />
nach Hause zurück. Und manche<br />
»<br />
von ihnen bauen hier sogar<br />
bessere Häuser.<br />
Die pensionierte Entwicklungsexpertin<br />
Regina Galabe Kilo war<br />
fast dreissig Jahre lang Vizedirektorin<br />
des nationalen Departements<br />
für Gemeindeentwicklung.<br />
Als solche hat sie zwanzig Jahre<br />
lang eng mit <strong>Helvetas</strong> Kamerun<br />
zusammengearbeitet. ■<br />
« In den 24 Jahren, in denen<br />
ich bei <strong>Helvetas</strong> arbeite, habe<br />
ich sehr viele Erfahrungen<br />
gemacht. Ich habe zum Beispiel<br />
gelernt, dass ein Projekt der<br />
lokalen Gemeinschaft allgemeinen<br />
und individuellen Nutzen<br />
bringt. Als ich im Jahr 2000 die<br />
mit Hilfe von <strong>Helvetas</strong> eben<br />
fertiggestellte Momo-Brücke in<br />
Numba, in der Südwest-Provinz,<br />
besuchte, sprach ich mit mehreren<br />
Leuten, um mir ein Bild vom<br />
Projekt zu machen. Alle waren<br />
glücklich darüber, dass die Brükke<br />
es ihnen nun ermöglichte,<br />
ihre Produkte auf den Markt im<br />
Hauptort zu bringen. Doch gab<br />
es auch ganz persönliche<br />
Gründe, warum sich die Menschen<br />
über das Projekt freuten:<br />
Für den Bauführer, dessen Sohn<br />
mit einer Frau von der anderen<br />
Seite des Flusses verheiratet<br />
war, diente die Brücke als Verbindung<br />
zur Schwiegerfamilie.<br />
Und eine alte Frau mit einem<br />
Abszess am rechten Arm<br />
erzählte mir, sie sei sehr dankbar,<br />
dass ihr Mann nun Medikamente<br />
von der anderen Seite<br />
der Brücke holen könne und<br />
»<br />
dass mobile Apotheken nun das<br />
Dorf erreichen könnten.<br />
Martin Oban Tavukum arbeitet<br />
seit 24 Jahren als Fahrer für<br />
<strong>Helvetas</strong> Kamerun, ein Job, von<br />
dem er schon als kleiner Junge<br />
geträumt hatte. ■<br />
« In meiner Gemeinde ist der<br />
Name <strong>Helvetas</strong> ein Synonym für<br />
Wasserversorgung. Als ich mich<br />
bei <strong>Helvetas</strong> um Unterstützung<br />
für den Bau eines Marktgebäudes<br />
bewarb, hatte ich daher<br />
Angst, dass das Projekt nicht<br />
ausgewählt würde. Meine<br />
Furcht wurde noch dadurch vergrössert,<br />
dass ich selbst den<br />
Marktplatz für zu klein hielt. Ich<br />
kam fast um vor Angst, wenn<br />
ich daran dachte, dass das <strong>Helvetas</strong><br />
Team immer Fotos von<br />
den Projektlokalitäten machte.<br />
An dem Tag, an dem das Team<br />
den Platz besuchte, machte ich<br />
mir so grosse Sorgen, dass ich<br />
die Frauen bat, den Platz zu verlassen,<br />
damit er grösser wirkte.<br />
Zu meiner Überraschung sah<br />
<strong>Helvetas</strong> die Notwendigkeit des<br />
Ausbaus des Marktes für die<br />
Frauen, die dort schutzlos der<br />
gleissenden Sonne und dem<br />
Regen ausgesetzt waren, sofort.<br />
Das Marktgebäude wurde 2004<br />
fertiggestellt. Der neu gestaltete<br />
Marktplatz ist eine Bereicherung<br />
für die Gemeinde. Das<br />
Projekt hat auch das Leben der<br />
Armen verbessert. Die Frauen<br />
bezahlen heute weniger Miete<br />
für einen Marktstand und können<br />
erst noch von Wind und<br />
»<br />
Wetter geschützt ihrer Tätigkeit<br />
nachgehen.<br />
Donatus Njong Fonyuy ist Bürgermeister<br />
der Gemeinde Kumbo in<br />
der Nordwest-Provinz. In dieser<br />
Funktion arbeitet er seit 1998 mit<br />
<strong>Helvetas</strong> zusammen, welche seine<br />
Gemeinde bei der Durchführung<br />
verschiedener Infrastrukturprojekte<br />
unterstützt. ■<br />
Die Statements wurden von<br />
<strong>Helvetas</strong> Kamerun aufgezeichnet.<br />
<strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong> 11
Dossier<br />
12<br />
Gemeinsam �was aufbauen: Kamerun in den 70er Jahren.<br />
Gelebte Zusammenarbeit<br />
November 1973, abends 8 Uhr. Wir sitzen um<br />
eine rauchende Petroliumlampe in einem<br />
der Lehmhäuser mit Grasdach in Bifang,<br />
einem typischen Kameruner Dorf, das auf<br />
einer Hügelkuppe an der Grenze zwischen<br />
dem Wald- und Grasland liegt. Wir, das sind<br />
Ajong, der feurige Chairman, Mathäus, einer<br />
der Quartierchefs mit roter Feder am Hut,<br />
Pa Joe, der lange, freundliche Bauchef, Mofor,<br />
der dickliche Techniker, Simon, der zukünftige<br />
Brunnenmeister, und Ajhu, das Dorfunikum,<br />
der immer die Nase vorn hat, sowie ich,<br />
der junge, «tüchtige» Wasseringenieur. Hin-<br />
ter den unverglasten Fenstern bewegen sich<br />
immer noch die weissen neugierigen Augäpfel<br />
von einigen der vielen Bifangkinder.<br />
Mathäus hat soeben eine Story zum<br />
besten gegeben. Wir schwatzen, lachen und<br />
trinken würzigen Palmwein. Vorher hatten<br />
uns die zwei Frauen von Ajong Manjok mit<br />
Huhn an einer tränentreibend scharfen<br />
Palmölsauce serviert. Wir sind alle zufrieden<br />
müde in unseren verschwitzten Kleidern,<br />
haben wir doch heute die Fundamentplatte<br />
für das Reservoir betoniert. Allerdings hatten<br />
wir danach noch eine schwierige Dorf-<br />
versammlung, da Pa Joe sich beklagte, dass<br />
zu wenig Steine für die Wände gesammelt<br />
worden seien und er so nicht weiter bauen<br />
könne. Nach zähem Verhandeln wurde<br />
beschlossen und vom Häuptling mit einem<br />
«Woe» besiegelt, dass morgen niemand der<br />
Arbeit auf seiner Farm nachgehen dürfe,<br />
dafür alle gemeinsam geeignete Steine<br />
sammeln gehen müssten.<br />
Diese und viele ähnliche Geschichten haben<br />
mich geprägt. Mit <strong>Helvetas</strong> haben wir vor<br />
allem die konkrete Zusammenarbeit zur<br />
Selbsthilfe gelebt. Wir verstanden uns als Teil<br />
innerhalb dieser Zusammenarbeit, auch<br />
emotional mit allem Schönen und weniger<br />
Angenehmen. Ich meine, das ist es, was <strong>Helvetas</strong><br />
ausmacht: Die <strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong><br />
ist in vielen Fällen nicht nur ein schöner<br />
Slogan sondern eine gelebte Realität, die ein<br />
klein wenig zu einer besseren Welt beiträgt.<br />
Dafür danke ich <strong>Helvetas</strong> und wünsche ihr<br />
den Mut, weiter diesen konkreten Weg gehen<br />
zu können, ungeachtet des «Mainstreams».<br />
Karl Wehrle war von 1972 bis 1978 als Feldingenieur<br />
für <strong>Helvetas</strong> in Bamenda, Kamerun,<br />
tätig und anschliessend für vier Jahre in Sri<br />
Lanka. Seit Februar 1983 betreut er beim Skat<br />
(Schweizerisches Zentrum für Entwicklungszusammenarbeit<br />
in Technologie und Management)<br />
in St. Gallen die Bereiche Wasser und<br />
sanitäre Anlagen sowie Bau, wobei er im Rahmen<br />
seiner Beratertätigkeit weiterhin eine enge<br />
Zusammenarbeit mit <strong>Helvetas</strong> pflegt. ■<br />
Ein unterstützungswürdiger Entwicklungsansatz<br />
Basisnähe, angep�te T�hnologien und langfristig� Engagement sind Markenzeichen von Helv�as: Frauenrunde in Kirgistan (links); Tröpfchenbew�erung<br />
in Äthiopien (Mitte); Baumschule in Vi�nam (r�hts).<br />
In der ersten Hälfte der 70er-Jahre wurde klar, dass viele Projekte in<br />
Entwicklungsländern gescheitert waren, weil unangepasste Methoden<br />
und Technologien verwendet worden waren; es bahnten sich<br />
Veränderungen in der Vorgehensweise an. Daher kam mein Interesse<br />
an der Nutzung von Sonnenenergie und meine Motivation, mich in<br />
den Jahren 1976-1979 in die peruanischen Anden zu begeben, um<br />
eine Studie über das Potenzial der Sonnenenergie als Faktor für eine<br />
ökonomische und soziale Entwicklung durchzuführen. Meine Erfahrung<br />
zeigte insbesondere, wie wichtig auf allen Ebenen der Einbezug<br />
derjenigen Menschen war, die von einem Projekt möglicherweise<br />
betroffen sein würden.<br />
Bei meiner Rückkehr entdeckte ich dann <strong>Helvetas</strong>, welche bereits<br />
einen meiner Erfahrung nach vernünftigen Entwicklungsansatz anwandte:<br />
Er beinhaltete eine Bedürfnisabklärung vor Ort, den Einbe-<br />
<strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong><br />
zug der interessierten Bevölkerung, die Anwendung von lokal angepassten<br />
Technologien und die Bereitschaft zum langzeitlichen Engagement.<br />
Von da an begann ich, <strong>Helvetas</strong> finanziell zu unterstützen.<br />
Ich arbeite seit 20 Jahren auf dem Gebiet der angewandten Meteorologie<br />
in direktem Kontakt mit den Nutzern; mein besonderes Interesse<br />
gilt Umweltproblemen und dem Umgang mit Risiken, die mit<br />
meteorologischen Phänomenen von grosser Tragweite – wie beispielsweise<br />
Unwettern – verbunden sind. Es steht fest, dass in diesem<br />
Bereich nur eine globale und gesamtheitliche Betrachtungsweise eine<br />
nachhaltige Entwicklung garantieren kann. Auch deshalb werde<br />
ich fortfahren, <strong>Helvetas</strong> zu unterstützen.<br />
Der langjährige <strong>Helvetas</strong> Gönner Paolo Ambrosetti hat von 1976-83 in<br />
der Solarforschung gearbeitet und ist heute als Meteorologe bei Meteo<br />
Schweiz in Locarno-Monti tätig. ■
Stimmen aus dem Süden 2<br />
Entwicklung säen<br />
Seit über drei Jahrzehnten arbeitet <strong>Helvetas</strong> im zentralamerikanischen<br />
Staat Guatemala. Zeit für eine «Hommage» in sechs Zitaten.<br />
« Die Arbeit von <strong>Helvetas</strong><br />
erlaubt es uns, einen technischen<br />
Ansatz zu wählen, der auf<br />
langjähriger Erfahrung basiert.<br />
Die Zusammenarbeit ist horizontal<br />
aufgebaut, das heisst,<br />
dass unsere Techniker und die<br />
Techniker von <strong>Helvetas</strong> dieselbe<br />
Sprache sprechen. Dadurch können<br />
wir uns gut identifizieren<br />
mit der Entwicklungsarbeit, die<br />
wir leisten. Das Besondere der<br />
Zusammenarbeit von <strong>Helvetas</strong><br />
liegt genau darin, dass sie nur<br />
der Samen für eine eigenständige<br />
Entwicklung sein will; die<br />
Gemeinden und die Mitglieder<br />
der Gemeindebehörden verstehen,<br />
dass es sich nur um einen<br />
ersten Anstoss handelt, aus dem<br />
eine eigene Dynamik des Mitmachens<br />
und der gegenseitigen<br />
»<br />
Vernetzung der Gemeinden<br />
generiert werden muss.<br />
Mynor Hernández, Exekutiv-<br />
Direktor des Gemeindenetzwerks<br />
Muni-k’at, Quetzaltenango. ■<br />
« Früher war das Umwelt-<br />
Thema eines der letzten, welches<br />
in den Plänen der Gemeinden<br />
berücksichtigt wurde. Mit<br />
diesem Projekt haben wir es<br />
geschafft, die Leute davon zu<br />
überzeugen, dass auch das Morgen<br />
– die Zukunft – wichtig ist;<br />
sie denken nun voraus und verstehen,<br />
dass die Wälder Arbeit<br />
»<br />
erfordern, damit man sauberes<br />
Wasser bekommen kann.<br />
Juan José Méndez, Koordinator<br />
des Waldschutz-Programms des<br />
Altiplano Occidental de Guatemala<br />
in San Marcos. ■<br />
« <strong>Helvetas</strong> ist wie ein Schatten,<br />
der uns begleitet; die <strong>Helvetas</strong><br />
Leute haben uns technische und<br />
rechtliche Beratung angeboten<br />
und uns dadurch handlungsfähig<br />
gemacht. Ich glaube nicht,<br />
dass auch nur eine Woche vergeht,<br />
ohne dass sie uns oder<br />
wir sie besuchen. Wir sehen,<br />
dass sie an unserer Arbeit interessiert<br />
sind. Sie sind unser<br />
»<br />
rechter Arm in der Ausführung<br />
der Projekte.<br />
Ramón Rixquiacche Satey,<br />
Direktor Naturschutzpark von<br />
Cantel, Quetzaltenango. ■<br />
« «<br />
<strong>Helvetas</strong> hat uns die Hand<br />
gegeben und uns wie Brüder<br />
behandelt, indem sie ununterbrochen<br />
Präsenz markierte und<br />
uns immer auch moralische<br />
und psychologische Unterstützung<br />
bot. Ohne <strong>Helvetas</strong> wäre<br />
unsere Organisation<br />
»<br />
nicht das,<br />
was sie heute ist.<br />
Santos Saloj, Direktor von CORCI<br />
(Koordination von landwirtschaftlichenProduktionsgenossenschaften),<br />
San Andres Semetabaj,<br />
Solola. ■<br />
« Die Ziele von <strong>Helvetas</strong> sind<br />
zwar überall dieselben, doch<br />
ihre Art zu arbeiten passt sich<br />
»<br />
den Veränderungen in der<br />
Umgebung an.<br />
Kurt Schneider, Direktor<br />
(Programmleiter) von <strong>Helvetas</strong><br />
Guatemala. ■<br />
Die Hilfe von <strong>Helvetas</strong> ist<br />
wie eine Spritze, die ermuntert,<br />
die einem den Antrieb gibt,<br />
etwas Sinnvolles zu tun. Die<br />
Arbeit von <strong>Helvetas</strong> zeichnet<br />
sich durch Kontinuität und eine<br />
permanente Evaluation aus.<br />
Dies ist wichtig, weil es jeden<br />
verpflichtet, sich immer wieder<br />
neu mit der Projektarbeit<br />
»<br />
auseinander<br />
zu setzen.<br />
Carlos Ramirez, Vorstandsmitglied,<br />
Gesellschaft zur<br />
Förderung der Marimba Doble,<br />
Quetzaltenango. ■<br />
Die Statements wurden von<br />
<strong>Helvetas</strong> Guatemala aufgezeichnet.<br />
<strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong> 13
Dossier<br />
14<br />
Lebensabschnitte mit<br />
dem <strong>Helvetas</strong> Kalender<br />
Seit bald 30 Jahren begleitet er mich, dieser besondere Kalender. Das<br />
erste Mal traf ich ihn im Schulsekretariat einer Kantonsschule, an der<br />
ich damals arbeitete. Er schmückte dort die kahlen Bürowände und<br />
wurde Jahr für Jahr durch einen neuen ersetzt. Das besondere Format<br />
und die eindrücklichen Bilder aus aller Welt gefielen mir schon<br />
damals sehr gut. So bestellte ich mir fortan auch jedes Jahr ein Exemplar<br />
und hängte es zu Hause auf. Der Kalender weckte das Interesse<br />
von Familienangehörigen, Verwandten und Bekannten, welche uns<br />
besuchten. Also fing ich an, jedes Jahr einige Kalender an meine<br />
Angehörigen zu verschenken. Die alten Jahrgänge fanden weiter Verwendung<br />
im Schulunterricht eines uns bekannten Lehrers.<br />
Der Kalender bewirkte, dass wir mehr über die Projekte erfahren<br />
wollten. Daher wurden wir Mitglied bei <strong>Helvetas</strong> und erhielten<br />
regelmässig die Zeitschrift «<strong>Partnerschaft</strong>», die uns darüber orientierte,<br />
wie und wo die Mitgliederbeiträge und Spenden eingesetzt<br />
wurden. Mitte der 70er Jahre stiess ich ausserdem zu einer der ersten<br />
«Dritte-Welt-Gruppen», wie sie damals noch hiessen. An Infoständen<br />
verkauften wir den ersten fair gehandelten Kaffee und Honig aus<br />
Guatemala.<br />
Vor 10 Jahren musste ich mich wegen Konkurs meines damaligen<br />
Arbeitgebers neu orientieren. Als ich das Stelleninserat von<br />
<strong>Helvetas</strong> las, bewarb ich mich umgehend. Nebst den Arbeiten in der<br />
Buchhaltung habe ich u.a. auch die Aufgabe, jeden Herbst den Versand<br />
von <strong>Helvetas</strong> Kalendern an unsere Projektbüros im Ausland zu<br />
organisieren. Heute sehe ich den <strong>Helvetas</strong> Kalender also noch aus<br />
einer weiteren Perspektive als die Jahre zuvor.<br />
Zu Hause hängt der Kalender immer noch jahrein, jahraus an<br />
seinem bestimmten Platz. Einmal sorgte er für eine kleine Aufregung,<br />
denn die Aufhängevorrichtung stimmte nicht mehr ganz, und<br />
es musste ein neues, leicht versetztes Loch für den Nagel in die Wand<br />
geschlagen werden.<br />
Der <strong>Helvetas</strong> Kalender erinnert mich immer wieder daran, dass<br />
es Menschen und Orte auf dieser Welt gibt, denen es viel weniger gut<br />
geht als uns hier in der Schweiz. Er inspiriert uns, nach Möglichkeit<br />
zu teilen, etwas abzugeben, selbst wenn es nur wenig ist, damit z.B.<br />
der Zugang zu sauberem Trinkwasser in Afrika, Asien und Lateinamerika<br />
für alle ermöglicht werden kann.<br />
Der <strong>Helvetas</strong> Kalender wird auch in meinem nächsten Lebensabschnitt<br />
weiter an der Wand hängen bleiben, wenn es in etwa zwei<br />
Jahren heisst, Abschied vom <strong>Helvetas</strong> Büro und den Arbeitskollegen<br />
zu nehmen. Auch hoffe ich, dass er meine Enkelkinder zum Teilen<br />
und zum Einstehen für eine gerechtere Verteilung der Güter auf dieser<br />
Welt inspirieren wird.<br />
Heidi Brunner engagiert sich seit über drei Jahrzehnten in der Drittwelt-<br />
Bewegung; sie arbeitet in der <strong>Helvetas</strong> Finanzabteilung und feiert dieses<br />
Jahr ihr 10jähriges Jubiläum als <strong>Helvetas</strong> Mitarbeiterin. ■<br />
<strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong><br />
Die wichtigsten<br />
Stationen der<br />
<strong>Helvetas</strong> Geschichte<br />
1955: 18. <strong>Juni</strong>: Gründung des SHAG («Schweizerisches Hilfswerk für<br />
aussereuropäische Gebiete») im Limmathaus Zürich.<br />
Die Projektarbeit in Nepal wird aufgenommen.<br />
1961: Die «<strong>Partnerschaft</strong>» erscheint zum ersten Mal.<br />
1964: Die Projektarbeit in Kamerun wird aufgenommen.<br />
1965: Das SHAG ändert seinen Namen in «<strong>Helvetas</strong>, Schweizer<br />
Aufbauwerk für Entwicklungsländer».<br />
Das «Secrétariat romand» in Lausanne wird eröffnet.<br />
1969: Geschäftsleitung und Zentralvorstand erarbeiten die erste<br />
<strong>Helvetas</strong> Politik.<br />
1971: <strong>Helvetas</strong> tritt der Arbeitsgemeinschaft der Hilfswerke bei.<br />
1972: Der <strong>Helvetas</strong> Panoramakalender erscheint zum ersten Mal.<br />
Die Projektarbeit in Guatemala und Paraguay wird aufgenommen.<br />
1975: Die Projektarbeit in Bhutan wird aufgenommen.<br />
1976: Die Projektarbeit in Äthiopien wird aufgenommen<br />
(muss 1983 wegen des Bürgerkrieges abgebrochen werden).<br />
1977: Die Projektarbeit in Mali wird aufgenommen.<br />
1978: Die Projektarbeit in Sri Lanka und Lesotho wird aufgenommen.<br />
1979: Die Projektarbeit in Mozambique wird aufgenommen.<br />
1981: Die Projektarbeit in den Philippinen wird aufgenommen.<br />
1983: Die Projektarbeit in Haiti wird aufgenommen.<br />
1985: <strong>Helvetas</strong> ändert ihren Namenszusatz in «Schweizer<br />
Gesellschaft für Entwicklung und Zusammenarbeit».<br />
1986: Die Projektarbeit in der Dominikanischen Republik wird<br />
aufgenommen.<br />
1991: Die Projektarbeit in Kolumbien wird aufgenommen.<br />
1994: Die Projektarbeit in Vietnam wird aufgenommen.<br />
1995: <strong>Helvetas</strong> ändert ihren Namenszusatz in «Schweizer<br />
Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit».<br />
Die Projektarbeit in Kirgistan und Benin wird aufgenommen.<br />
1996: Die neue Auslandstrategie bündelt die <strong>Helvetas</strong> Arbeit in die<br />
drei Fachbereiche «Infrastruktur im ländlichen Raum»,<br />
«Nachhaltiges Management natürlicher Ressourcen» sowie<br />
«Bildung und Kultur».<br />
Das «Segretario della Svizzera italiana» in Balerna (TI) wird<br />
eröffnet.<br />
Die Projektarbeit in Tansania wird aufgenommen.<br />
2001: Die Projektarbeit in Laos und Senegal wird aufgenommen.<br />
2002: Die Projektarbeit in Afghanistan wird aufgenommen;<br />
<strong>Helvetas</strong> steigt erneut in die Projektarbeit in Äthiopien ein.<br />
2003: Der vierte Arbeitsbereich «Zivilgesellschaft und Staat»<br />
wird eingeführt.<br />
Die Projektarbeit in Burkina Faso wird aufgenommen.
In den 70er Jahren begannen Hilfswerke<br />
vermehrt auf die Zusammenhänge zwischen<br />
«Unterentwicklung» im Süden und<br />
«Überentwicklung» im Norden hinzuweisen.<br />
Karikaturen eign�en sich b�onders gut,<br />
um zu zeigen, wie kr� das Nord-Süd-Gefälle<br />
war.<br />
Wenn Frauen eingreifen<br />
Als Grafiker und freier Mitarbeiter genoss ich während mehr als<br />
30 Jahren das Vertrauen von <strong>Helvetas</strong> für die Mitgestaltung der<br />
Medienarbeit. Neben der Gestaltung von Sammelaktionen und Produkten<br />
war es vor allem die «<strong>Partnerschaft</strong>», welche ich von 1962–<br />
1995 mit nur wenigen Ausnahmen betreute.<br />
Es war eine wechselvolle Zeit des Aufbaus und Wachsens. Auch<br />
eine Zeit des steten Umdenkens, was sich an der mehrmaligen<br />
völligen Neugestaltung des Logos leicht ablesen lässt: vom ersten<br />
Herz-Signet des SHAG zu den mehr technisch betonten Zeichen bis<br />
zum heutige <strong>Helvetas</strong> Namenszug.<br />
Auch die «<strong>Partnerschaft</strong>» hatte sich anzupassen, vor allem den<br />
rasanten drucktechnischen Veränderungen: von den ersten Ausgaben<br />
im klassischen Zeitungsdruck, wo oft gezeichnete Illustrationen<br />
die noch fehlenden Fotos ersetzten, über die Jahre, während welchen<br />
Seite um Seite Reinzeichnungen geklebt wurden, bis zur Gestaltung<br />
am Computer und den vierfarbigen Bildreportagen, ohne die heute<br />
ein zeitgemässer Auftritt undenkbar wäre.<br />
Eine erheiternde Begebenheit aus der Zeit meiner Zusammenarbeit<br />
mit <strong>Helvetas</strong> ist mir in lebendiger Erinnerung geblieben: In einer<br />
Sitzung des Werbeteams, in welcher die Entwürfe zu einer Spendenaktion<br />
begutachtet wurden, stellte sich zu Beginn die neugewählte<br />
Leiterin des Informationsdienstes vor und orientierte die «Bisherigen»<br />
über ihre, zu Recht durchgreifenden Änderungswünsche für die<br />
künftige Zusammenarbeit. Anschliessend wurden die Elemente der<br />
neuen Spendenaktion besprochen. Das erste war ganz zufällig ein<br />
Plakat mit dem Text «Wir Frauen greifen ein»!<br />
Fred Bauer hat gemeinsam mit der Werbeagentur Wälchli und der<br />
Gaudenz Tscharner AG mehrere Sammelaktionen und <strong>Helvetas</strong> Produkte<br />
gestaltet und mehr als 30 Jahre lang die «<strong>Partnerschaft</strong>» grafisch betreut.<br />
Er war freier Mitarbeiter bei Unicef und Swisscontact. Heute ist Fred<br />
Bauer für verschiedene Institutionen, Verlage und Kunstmuseen tätig. ■<br />
<strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong> 15
Dossier<br />
16<br />
Wasser bewegt<br />
«Wasser heisst Leben» lautete das Motto der <strong>Helvetas</strong> Informationskampagne, als ich 1979<br />
meine Stelle als Leiterin des Informationsdienstes von <strong>Helvetas</strong> antrat. In Nepal besuchte ich<br />
bald darauf verschiedene, mit Beteiligung<br />
von <strong>Helvetas</strong> Fachleuten entstandene ländliche Infrastrukturprojekte. Dass die Beteiligung<br />
der einheimischen Dorfbevölkerung eine notwendige Voraussetzung der Entwicklungszusammenarbeit<br />
ist, wurde mir bald bewusst.<br />
Mit den Bauarbeiten für Wasserversorgungen einher gingen Informationsprojekte über<br />
Hygiene und Gesundheitsvorsorge, neue Bewässerungssysteme ermöglichten es, kleine Felder<br />
zu bewirtschaften. Mit grossem Stolz zeigten mir damals Bäuerinnen ihr frisch geerntetes Gemüse<br />
aus dem eigenen Garten.<br />
Dass die soziale Ungleichheit kein Naturgesetz ist und die Kluft zwischen Süd und Nord<br />
mit unserem Lebensstil zu tun hat, war schon damals meine Überzeugung. Beispielhaft und<br />
meisterhaft dargestellt ist dieser Zusammenhang im Film «Terra Roubada» von Peter von<br />
Gunten, ein mit finanzieller Unterstützung von <strong>Helvetas</strong> 1980 entstandener Film. Er schildert<br />
die Konflikte zwischen der Landbevölkerung und den brasilianischen Behörden und Agrokonzernen,<br />
die bei der Errichtung eines Stausees ausgebrochen sind. Die Beschäftigung mit<br />
anderen Kulturen gehörten zu den bereicherndsten Aufgaben meiner Arbeit bei <strong>Helvetas</strong>.<br />
Ernüchternd, dass noch heute Millionen von Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser<br />
haben und private Konzerne das grosse Geschäft mit dem Wasser wittern.<br />
Liselotte Illi, studierte Volkswirtschaftlerin, war von 1979 bis 1990 Leiterin des <strong>Helvetas</strong><br />
Informationsdienstes (neu Abteilung Kommunikation & Fundraising) und in dieser Funktion<br />
auch zuständig für die Redaktion der «<strong>Partnerschaft</strong>». Sie ist heute tätig als vollamtliches<br />
Mitglied des Präsidiums der Zürcher Kantonalbank. ■<br />
Es war 1980, ich war Leiterin des <strong>Helvetas</strong><br />
Sekretariats für die französische Schweiz<br />
und unsere Organisation gerade 25 Jahre alt<br />
geworden. Weil ich in der Romandie etwas<br />
Besonderes, noch nie da Gewesenes organisieren<br />
wollte, um diesen Geburtstag zu feiern,<br />
zerbrach ich mir den Kopf auf der Suche<br />
nach einem aussergewöhnlichen Anlass, der<br />
meinen Ambitionen gerecht werden konnte.<br />
Zu jener Zeit war die Förderung von<br />
Kultur aus Ländern der «Dritten Welt», wie<br />
man damals noch ohne schlechtes Gewissen<br />
sagte, bei Weitem noch nicht so üblich wie<br />
heute. Da ich selbst aus einem Land mit<br />
grossen Filmemachern stamme, aus Ägypten,<br />
und daher weiss, wie hilfreich das Kino<br />
sein kann, um den kulturellen Reichtum ei-<br />
<strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong><br />
Der Süden kommt ins Kino<br />
nes Landes zu zeigen, beschlossen wir, den<br />
Filmemachern aus dem Süden eine Plattform<br />
zu bieten, damit sie von den Lebensweisen,<br />
Problemen und Freuden in ihren<br />
Ländern erzählen konnten.<br />
Die Idee war geboren, nun musste sie<br />
verwirklicht werden! Es galt Partner, Filme<br />
und Säle zu finden und dabei keine hohen<br />
Kosten anzuhäufen. Swissaid, Fastenopfer<br />
und Brot für alle antworteten sofort auf<br />
meine Anfrage und sagten ihre Unterstützung<br />
zu. Was die Filme betraf, so hatte ich<br />
das Glück, Yvan Stern, den damaligen Verantwortlichen<br />
des katholischen Filmbüros<br />
für die französischen Schweiz, zu treffen, der<br />
uns 16mm Filme zur Verfügung stellen<br />
konnte. Wir schauten uns mehrere davon im<br />
<strong>Helvetas</strong> Büro an. Es war gigantisch: Zwei<br />
mit einander verbundene Räume, der<br />
Projektor stand im einen, die Leinwand im<br />
anderen, wo die Mitarbeiter der Organisationen<br />
zusammengepfercht sassen. Wir<br />
wählten schliesslich sieben Filme aus, die<br />
unsere Kriterien erfüllten.<br />
Freddy Buache vom Schweizer Filmarchiv<br />
in Lausanne nahm die Idee gleich<br />
beim ersten Kontakt mit Begeisterung auf<br />
und schlug vor, dass wir die Filme im Archiv<br />
vorführen sollten. Auch die Kontakte mit<br />
Filmklubs in sieben anderen Städten der<br />
Romandie endeten mit Abmachungen zur<br />
Kooperation. Hatte mein Vorschlag etwa auf<br />
eine «Marktlücke» hingewiesen?<br />
Wir verschickten die Liste der verfügbaren<br />
Filme an die Filmklubs, damit sie die<br />
Daten der Visionierungen in einem Zeitraum<br />
von drei Monaten am Ende des Jahres<br />
1980 festlegen konnten. – Pünktlich zum 25-<br />
Jahre-Jubiläum von <strong>Helvetas</strong> war alles bereit<br />
für den Start einer Tournee von Filmen aus<br />
Asien, Afrika und Lateinamerika.<br />
Das Echo in der Öffentlichkeit und in<br />
den Medien war ausgezeichnet, ebenso das<br />
finanzielle Resultat: Dank den Filmklubs,<br />
welche uns 30% ihrer Einnahmen abgaben,<br />
und dem Verkauf der Programmhefte mussten<br />
die Partner am Ende nur je 850 (statt<br />
wie zugesagt 5000) Franken zur Deckung<br />
des Defizits aufwenden. Überdies wollten alle<br />
die Veranstaltung in zwei Jahren erneut<br />
durchführen. Erfreut erklärten wir uns bereit<br />
weiter zu machen.<br />
25 Jahre später ist aus dem kleinen Anlass<br />
das weltweit bekannte Internationale<br />
Filmfestival von Fribourg geworden, mit<br />
mehr als hundert aktuellen Filmen, 250 Vorführungen<br />
vor 28’000 Zuschauern und sogar<br />
Weltpremieren. Und was am Anfang<br />
eines unserer Ziele gewesen war, ist heute<br />
fast selbstverständlich: dass man Plakate<br />
von Südfilmen in den Schaukästen von<br />
Schweizer Kinos sieht.<br />
Magda Bossi war von 1966-1987 Leiterin des<br />
<strong>Helvetas</strong> Sekretariates für die französische<br />
Schweiz in Lausanne. Bis 2003 war sie für die<br />
Jurys am Internationalen Filmfestival von<br />
Fribourg verantwortlich. Heute beschäftigt<br />
sich Magda Bossy mit Übersetzungsarbeiten<br />
und ehrenamtlicher Tätigkeit, während sie<br />
in der sonnigen Provence ihren Ruhestand<br />
geniesst. ■
Die Traumstelle<br />
Um 1980 herum – ich hatte schon einige<br />
Jahre bei <strong>Helvetas</strong> gearbeitet – wurde eine<br />
neue Stelle geschaffen. Sie beinhaltete lapidar<br />
«Zusammenarbeit mit NGOs». Weltweit,<br />
von der Karibik über Westafrika bis Südostasien,<br />
alles in einer Hand. Heute mögen<br />
manche ob dem Gedanken die Stirne runzeln.<br />
Doch was sich damals bei <strong>Helvetas</strong><br />
tat, war nichts weniger als eine kleine Revolution:<br />
Es sollte ein neues Verständnis von<br />
<strong>Partnerschaft</strong> gewagt werden.<br />
Die neuen Partner waren nicht einfach<br />
privat, statt wie bisher staatlich. Sie waren<br />
fundamental anders, untypisch für den in<br />
jenen Jahren vorherrschenden Projekt-Mainstream,<br />
sie machten Ernst mit der Vorstellung<br />
von einer Entwicklung, die an den Wurzeln<br />
beginnt. Diese neuen NGOs waren so<br />
vielfältig wie der geografische Bogen weit<br />
war: selbstbewusst und hartnäckig in<br />
Malaysia; engagiert, kompetent und erfolgreich<br />
in Trinidad; bäuerlich vernetzt im politisch<br />
abtrünnigen Süden Senegals; voller<br />
Frauenpower im Norden Burkina Fasos;<br />
schillernd, kämpferisch, ungestüm auf den<br />
Philippinen. An manchen von ihnen konnte<br />
man sich die Zähne ausbeissen. Galt es doch,<br />
Diktatoren zu verjagen, den Multis auf die<br />
Finger zu klopfen, gegen Holzgesellschaften<br />
auf die Barrikaden zu steigen, international<br />
finanzierte Grossprojekte zu verhindern,<br />
unter Gleichgesinnten Netze zu knüpfen.<br />
Kurz und gut, ich bekam die Stelle. Eine<br />
veritable Traumstelle, die mich viele Jahre<br />
mit <strong>Helvetas</strong> und grossartigen Menschen<br />
über Kontinente hinweg verbinden sollte. Es<br />
war eine lehrreiche, oftmals harte Lektion in<br />
multikultureller Verständigung. Doch so<br />
ernsthaft wir unterwegs waren, so unbeschwert<br />
wurde manchmal auch zu Werke<br />
gegangen. Und es wurde gelacht, wo’s oft<br />
nichts mehr zu lachen gab – Teil einer Überlebensstrategie,<br />
welche die Menschen im<br />
Süden aus schierer Notwendigkeit besser<br />
beherrschten als wir in Zürich.<br />
Mit ihrem mutigen Schritt an einem Punkt<br />
ihrer 50-jährigen Geschichte brachte<br />
<strong>Helvetas</strong> viel in Bewegung. Und das Glück<br />
wollte es damals, dass ausser mir niemand<br />
bei <strong>Helvetas</strong> so verrückt war, sich für die neu<br />
geschaffene Allerweltsstelle zu bewerben.<br />
Anna Stolz arbeitete von 1977 bis Anfang 2004<br />
auf der <strong>Helvetas</strong> Geschäftsstelle: fast zwanzig<br />
Jahre als Programmkoordinatorin in der Auslandabteilung,<br />
danach acht Jahre als Redaktorin<br />
der Zeitschrift «<strong>Partnerschaft</strong>». ■<br />
Die Zusammenarbeit mit lokalen NGOs – z.B. auf den Phili�inen (links) und in Malaysia (r�hts<br />
und unten) – setzte in den 80er Jahren in Nord und Süd neue Energien frei.<br />
Aus dem Fotoalbum von Verena Künzle<br />
1982 beteiligte sich <strong>Helvetas</strong> massgeblich an<br />
der Lancierung der Petition ‹Entwicklungshilfe<br />
ist eine Überlebensfrage›, die über<br />
200’000 Unterschriften einbrachte. Für eine<br />
Fotosession bauten Petitionsleiter Richard<br />
Gerster, ein weiterer <strong>Helvetas</strong> Kollege und<br />
ich eine Ziegelsteinmauer vor der Geschäftsstelle<br />
auf. Solche Ziegelsteine wurden auch<br />
an alle Parlamentarierinnen und Parlamentarier<br />
verschickt mit der Bitte, dass sie ihr<br />
Votum im Parlament nicht zum Stolperstein<br />
für mehr Entwicklungshilfe werden lassen<br />
sollten. – Eine Aktion, die nicht bei allen Parlamentariern<br />
gleich gut ankam...<br />
Verena Künzle war von 1981 bis 1986 Sekretärin<br />
des <strong>Helvetas</strong> Geschäftsleiters Werner Külling<br />
und führte in dieser Funktion auch das<br />
Sekretariat für zwei Petitionen, die in der Zeit<br />
durchgeführt wurden. Heute ist Verena Künzle<br />
bei Caritas Schweiz in Luzern tätig. ■<br />
<strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong> 17
Dossier<br />
18<br />
Bären, Büchsen und Gesang<br />
Wer in der Entwicklungszusammenarbeit bestehen will, muss<br />
über viele Talente verfügen. – Zum Beispiel Singen.<br />
1988 besuchte ich mit meiner Frau Bhutan.<br />
Nach einigen Tagen in der Hauptstadt Thimphu<br />
fuhren wir nach Bumthang, wo es mehrere<br />
von <strong>Helvetas</strong> betreute Entwicklungsprojekte<br />
gibt. Nach einer langen Fahrt auf<br />
einer teils schmalen Berg- und Talstrasse<br />
kamen wir am Abend bei Dunkelheit im<br />
<strong>Helvetas</strong> Gästehaus, genannt Kharsumphe,<br />
an. Dort wurden wir von Fritz Maurer, der<br />
u.a. im Gästehaus zum Rechten schaute,<br />
herzlich empfangen. Die oben am Hang<br />
über dem Tal von Bumthang gelegene<br />
Unterkunft war ausgesprochen spartanisch.<br />
Es gab zwar elektrisches Licht, gekocht<br />
wurde aber ausserhalb des Gästehauses in<br />
einer Art Schuppen, in dem sich auch die<br />
Waschküche befand; dort konnte man sich<br />
mit herrlich kaltem Wasser waschen. Die<br />
Toilette, bestehend aus einem Holzhäuschen<br />
mit Plumpsklo, war rund 30 Meter vom<br />
Gästehaus entfernt am Waldrand.<br />
Am Ankunftstag sassen wir nach dem<br />
Nachtessen noch einige Stunden bis Mitternacht<br />
zusammen. Fritz Maurer erzählte von<br />
seiner damals schon rund 20-jährigen<br />
Tätigkeit in Bhutan und seinen Erlebnissen.<br />
Unter anderem kam er auch auf die Bären<br />
<strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong><br />
zu sprechen, die in der Umgebung lebten<br />
und sich gelegentlich auch in der Nähe des<br />
Hauses herumtrieben und Nahrung suchten.<br />
Er erklärte, wie man sich verhalten sollte,<br />
um sich vor den Bären zu schützen, die<br />
sehr angriffig sein können, wenn sie überrascht<br />
werden und sich bedroht fühlen. Insbesondere<br />
im Dunkeln – also nachts – sei<br />
Vorsicht am Platz, falls man auf die Toilette<br />
müsse. Er empfahl, die beim Hauseingang<br />
montierte Lampe anzuzünden, mit der<br />
leuchtenden Taschenlampe über die Wiese<br />
zum Klo zu gehen und zugleich laut zu<br />
singen. Sollte ein Bär in der Nähe sein, würde<br />
er das Weite suchen.<br />
Schon in der ersten Nacht weckte mich<br />
meine Frau und bat mich, sie vor die Türe des<br />
Hauses zu begleiten. Ich sollte das Aussenlicht<br />
einschalten und dann laut in die Nacht<br />
hinaus singen. Ich tat, wie mir nahegelegt. Ob<br />
mein Gesang einen Bären verscheuchte,<br />
weiss ich nicht, vermutlich war keiner in der<br />
Nähe. Die Prozedur wiederholte sich in den<br />
folgenden Nächten, stets ohne Zwischenfall,<br />
aber dafür immer lästiger. Meine Frau suchte<br />
schliesslich nach einer zweckmässigeren<br />
Lösung des Problems. Sie fand sie in einer<br />
Blick auf Bumthang, Bhutan (gross� Bild);<br />
einer der gefürcht�en Bären in ungefährlicher<br />
Position (klein� Bild).<br />
grossen Maggi-Blechbüchse, die sich als<br />
Nachttopf durchaus eignete. Ich war somit<br />
von der nächtlichen Singerei erlöst.<br />
Als wir einige Tage später in Paro das<br />
Flugzeug zum Rückflug nach Indien bestiegen,<br />
verteilte das Kabinenpersonal die<br />
neueste Ausgabe der bhutanischen Zeitung<br />
«Kuensel». Darin fanden wir einen Artikel,<br />
der u.a. das Verhalten gegenüber Bären beschrieb,<br />
gibt es doch immer wieder Fälle, bei<br />
denen Menschen von Bären schwer verletzt<br />
werden. Der Verfasser des Artikels betonte,<br />
Bären seien schreckhaft, weil sie schlecht<br />
hörten! Mein nächtlicher Gesang vor der<br />
Kharsumphe war vielleicht eher für die Katze<br />
als nützlich gegen den Bären.<br />
Walter Renschler, studierter Volkswirtschaftler<br />
(Dr. oec. publ.), war von 1968 bis 2001 Vizepräsident<br />
von <strong>Helvetas</strong>. Er wirkte als Herausgeber<br />
der schweizerischen Zeitschrift für Entwicklungsfragen<br />
«mondo» und war in der Ausbildung<br />
von Journalisten in mehreren afrikanischen<br />
Ländern tätig. Renschler war 1967–1987<br />
Mitglied des Nationalrates, 1970–1978 Mitglied<br />
des Europarates, 1974–1994 geschäftsleitender<br />
Sekretär des Schweizerischen Verbandes<br />
des Personals öffentlicher Dienste (VPOD) und<br />
1990–1994 Präsident des Schweizerischen<br />
Gewerkschaftsbundes. ■
Handmade in Bhutan<br />
Entwicklungsarbeit bedeutet auch Begegnung<br />
mit anderen Kulturen. Wie bereichernd dies<br />
sein kann, zeigt die Schilderung eines<br />
Tempelbaus, den eine «begleitende Ehefrau»<br />
in Bhutan miterlebt hat.<br />
In den 80er-Jahren, gegen Ende unseres langen Aufenthalts als<br />
Entwicklungsfachleute in Bhutan, hatten wir die Gelegenheit, die<br />
Etappen des Baus eines kleinen buddhistischen Tempels in unserer<br />
Nachbarschaft zu verfolgen. Die Neugierde führte uns mehrmals pro<br />
Woche auf die Baustelle; nach einer gewissen Zeit akzeptierten die<br />
Bauarbeiter unsere Gegenwart und fühlten sich sogar geschmeichelt<br />
durch das Interesse, das wir ihrer Arbeit entgegen brachten. Sie<br />
arbeiteten mit grosser Sorgfalt und aussergewöhnlichem, seit Alters<br />
her vererbtem Können, insbesondere beim Herstellen der Statuen<br />
und Wandmalereien, die das Innere des Tempels schmückten.<br />
Was mich erstaunte, waren die von den Handwerkern und Bauarbeitern<br />
geduldig ausgeführten Vorbereitungen. Wenn wir bei uns<br />
Material benötigen, eilen wir rasch in den nächsten Supermarkt;<br />
die bhutanischen Arbeiter dagegen, wandten sich einfach an den<br />
Reichtum der Natur: Alle Baumaterialien – Ton, Steine, Holz und<br />
Bambus – waren vorhanden. Die Arbeiter, gebeugt unter der Last,<br />
trugen die in der Umgebung gefundenen Materialien zusammen.<br />
Für die Herstellung der Statuen wurden Tonklumpen unter einem<br />
Dach ausgelegt, wo man sie mit dem Hammer zerhackte, bis man<br />
feine Teilchen erhielt; dann fügte man medizinische Kräuter und zu<br />
Ehren der Schutzgötter ein Pulver aus fünf zerstampften Edelsteinen<br />
hinzu. Schliesslich wurde das Ganze mit Seidelbastfasern vermischt,<br />
um eine gute Formbarkeit zu erreichen.<br />
Die Handwerker hatten keine andere Möglichkeit, als sich ihr<br />
Werkzeug an Ort aus den verfügbaren Materialien zusammenzubasteln.<br />
Diese handgemachten Hilfsmittel waren ihren Bedürfnissen<br />
angepasst. Die Natur stellte das Notwendige zur Verfügung, man<br />
musste nur wissen, welches das passende Holz war: hart für einen<br />
Hammer, biegsam und widerstandsfähig für die Transportgeräte.<br />
<strong>Helvetas</strong> ist eine Familie<br />
Meine Frau wollte mich nicht in den Süden<br />
begleiten, wo ich eine neue Stelle antreten<br />
sollte; ich war verzweifelt. An einem Sonntag,<br />
während ich durch die Strassen Thimphus<br />
spazierte, entdeckte ich am Strassenrand<br />
einen Zeitungsausschnitt mit einem<br />
Stelleninserat von <strong>Helvetas</strong>. Das Datum für<br />
das Einreichen der Bewerbungen lag bereits<br />
mehr als ein Monat zurück. Ich bewarb mich<br />
dennoch und wurde überraschend zu einem<br />
Gespräch mit dem Direktor eingeladen.<br />
Man sagte mir, dass bereits ein Kandidat<br />
für den Posten ausgewählt worden sei.<br />
Doch sie hätten mich trotzdem eingeladen,<br />
weil meine Bewerbung ihre Neugierde geweckt<br />
hätte. Nach einer kurzen Unterredung<br />
boten sie mir die Stelle an. Völlig überrumpelt<br />
bat ich um etwas Bedenkzeit. Mein<br />
Sohn, der erst ein paar Monate alt war,<br />
nahm mir die Entscheidung ab, indem er<br />
das richtige der vier<br />
gefalteten Zettelchen<br />
auswählte, auf die<br />
ich meine Möglichkeiten<br />
geschrieben<br />
hatte. Ein Wunder!<br />
Ich stiess im <strong>Juni</strong> 1988 zu <strong>Helvetas</strong>.<br />
Im Jahr darauf, als ich den <strong>Helvetas</strong><br />
Geschäftsleiter traf, gab er mir eine 5-Ngultrum-Note<br />
(etwa 14 Rappen) für die Repara-<br />
Dasselbe galt für Pinsel,<br />
Stifte und Tinte:<br />
Ich sah zu, wie sie mit<br />
Hilfe eines Messers in<br />
einen spitzen Stil aus<br />
Bambus eine Kerbe<br />
schnitzten, welche<br />
den Fluss der Tinte<br />
lenkte. Sie brachten<br />
Stunden damit zu,<br />
den Klebstoff aus<br />
Stierhaut zuzubereiten,<br />
welcher die Farbpartikel<br />
verband. Aus<br />
Weideholz fabrizierten<br />
sie Zeichenkohle,<br />
die Tinte aus dem<br />
Russ der Feuerstellen.<br />
Während Tagen<br />
mischten sie Goldstaub,<br />
um ihre wunderbarenHeiligenbilder<br />
zu verschönern.<br />
Ich beobachtete sie<br />
dabei, wie sie ihre Pinsel,<br />
gefertigt aus einem Stil, an welchem ein Büschel Katzen- oder<br />
Ziegenhaar befestigt war, mit zarten, wiederholten Strichen bis zu<br />
dreissig Mal über ein religiöses Gemälde führten. – Welche Geduld,<br />
welche Liebe, welche Hingabe. Und dies in der äussersten Anonymität,<br />
weil die religiöse Kunst nicht signiert wird.<br />
Ich wünsche mir, von diesen Dingen nie in der Vergangenheitsform<br />
sprechen zu müssen; dass dieses Wissen, welches so viele<br />
Jahrhunderte überdauert hat, nicht verloren geht und an künftige<br />
Generationen weitergegeben wird!<br />
Marie-Noëlle Frei-Pont hat als Ehefrau eines ehemaligen <strong>Helvetas</strong><br />
Mitarbeiters von 1974-1982 in Bhutan gelebt. Trotz der aufwändigen<br />
Hausarbeit in einem Haushalt ohne Strom fand Marie-Noëlle Frei-Pont<br />
Zeit, ein Buch zu schreiben und einen Film über ihr Gastland zu drehen. ■<br />
tur seines Koffers; für einen Moment zweifelte<br />
ich, ob er auf die Menschen aus Entwicklungsländern<br />
hinunterschaute. Aber sofort<br />
erklärte er sich: «Ich habe keine lokale<br />
Währung. Bitte leg noch ein paar Ngultrum<br />
dazu und trink ein Bier auf meine Rechnung.»<br />
Das berührte mich. Als ich in die<br />
Schweiz reiste, kam er mich am Flughafen<br />
Zürich abholen, etwas, was in unserer Kultur<br />
undenkbar wäre; es bestätigt, dass <strong>Helvetas</strong><br />
eine Familie ist. <strong>Helvetas</strong> pflegt eine gute<br />
Mischung aus Hardware und Software, was<br />
einzigartig ist im Vergleich mit anderen<br />
Geldgebern in unserem Land. Heute bin ich<br />
stolz, dass nicht nur ich, sondern auch die<br />
königliche Regierung Bhutans <strong>Helvetas</strong> als<br />
eine der ihren ansieht.<br />
Saamdu Chetri, PhD, ist Ökonom und langjähriger<br />
Mitarbeiter von <strong>Helvetas</strong> Bhutan. ■<br />
<strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong> 19
Dossier<br />
20<br />
Green Cotton Now!<br />
1991 lancierte <strong>Helvetas</strong> «Das erste ökologische T-Shirt der Welt mit<br />
Zertifikat». Der damalige Leiter der Inlandabteilung, Hans Jörg Zumsteg,<br />
der das Sortiment des Versandhandels von <strong>Helvetas</strong> um Produkte<br />
mit ökologischem und sozialem Mehrwert erweiterte, hatte<br />
damit einen ersten Meilenstein auf dem Weg zum erfolgreichen<br />
Handel mit Öko-Textilien gesetzt.<br />
Darauf konnte ich aufbauen, als ich im Jahr 1994 die Leitung des<br />
Profit Centers «Verkauf» übernahm. Für mich war es von Anfang an<br />
wichtig, dass alle Produkte von <strong>Helvetas</strong> einen direkten Bezug zur<br />
Entwicklungsarbeit von <strong>Helvetas</strong> hatten. Projektarbeit und FairShop-<br />
Tätigkeit sollten sich, wo möglich, ergänzen. Im Gespräch mit der<br />
Leiterin der Auslandabteilung, Esther Oettli, realisierten wir in der<br />
Folge unter anderem, dass in den Programmen in den traditionellen<br />
Baumwollregionen Westafrikas (vor allem in Mali) in Richtung biologischer<br />
Anbau gearbeitet wurde, ohne dass die Projekte dabei<br />
direkt den Markt im Fokus gehabt hätten. Wir versuchten daher, verschiedene<br />
Akteure zusammenzubringen, um eine nachhaltige textile<br />
Handelskette aufzubauen und so die Projekttätigkeit mit dem Markt<br />
zu verbinden.<br />
Glücklicherweise fanden wir in Mali motivierte Bauern und in<br />
Daniel Valenghi einen äusserst fähigen Projektleiter, im Staatssekretariat<br />
für Wirtschaft die finanzielle Unterstützung. Mit den Firmen<br />
Reinhart, Switcher und Migros gewannen wir auch Akteure aus der<br />
Privatwirtschaft, die sich engagieren wollten. Begleitend zur <strong>Helvetas</strong><br />
Sammelkampagne 2003 brachten wir die ersten T-Shirts aus malischer<br />
Biobaumwolle auf den Markt. In diesem Frühling sind wir auch<br />
<strong>Helvetas</strong> öffnet ein Fenster zur Welt<br />
1995 organisierte das <strong>Helvetas</strong> Sekretariat<br />
für die französische Schweiz in Lausanne<br />
quasi im Alleingang eine Jubiläumsfeier<br />
anlässlich von «40 Jahre <strong>Helvetas</strong> in Nepal».<br />
10 Tage lang vibrierte die Place de la Palud<br />
im Zentrum der Stadt von den rhythmischen<br />
Schlägen Narayans, des nepalesischen<br />
Handwerkers, welcher im Schutz des Gewölbes<br />
im Innenhof des Hôtel-de-Ville unter<br />
den Augen der Passanten wunderbare, echte<br />
«gagris», nepalesische Wasserbehälter, her-<br />
<strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong><br />
stellte. Ausstellungen, Filme, Theateraufführungen<br />
und ein grosses Fest im Casino von<br />
Montbenon waren Teil dieses an Farben,<br />
Gerüchen und Musik reichen Abenteuers.<br />
Es war ein erfolgreiches Treffen der<br />
Kulturen dank dem Besuch einer fünfköpfigen<br />
Musikgruppe und der Anwesenheit von<br />
Narayan, mit dem wir in Zeichensprache<br />
kommunizierten, weil er nur Nepali sprach.<br />
Er wurde von einem «Onkel» begleitet, welcher<br />
Englisch konnte und die Rolle des Über-<br />
Die Gäste aus Nepal zeigen den Lausannern, wie man «Gagris» herstellt (1995).<br />
als erste bei der Lancierung von Textilien mit Max Havelaar-zertifizierter<br />
Baumwolle aus biologischem Anbau mit dabei (siehe auch<br />
S. 30/31). Wir freuen uns, dass Biobaumwolle aus fairem Handel langsam<br />
aber sicher zu einem wichtigen Bestandteil im weltweiten<br />
Textilhandel wird und so Tausende von Kleinbauern optimistischer<br />
in die Zukunft schauen können.<br />
Tobias Meier ist Leiter des <strong>Helvetas</strong> FairShops und Präsident von Max<br />
Havelaar Schweiz. ■<br />
setzers übernahm. Beide hatten ihr Quartier<br />
in Kathmandu zum ersten Mal in ihrem<br />
Leben verlassen. Ein «Kulturschock» stellte<br />
auch die Herausforderung dar, taktvoll mit<br />
den Kastenunterschieden zwischen den Nepali<br />
umzugehen. Von den aussergewöhnlichen<br />
Umständen veranlasst, hatten diese<br />
zwar akzeptiert, gemeinsam zu essen, doch<br />
nicht unter demselben Dach zu schlafen!<br />
Ein Erfolg war die Aktion auch hinsichtlich<br />
der Zusammenarbeit zwischen dem<br />
Sekretariat für die französische Schweiz –<br />
ein 100%-iges Frauenteam mit Anne Perrenoud,<br />
Catherine Rollandin und mir –, der<br />
<strong>Helvetas</strong> Vizepräsidentin Rosemarie Lausselet<br />
und den Mitgliedern der Regionalgruppe<br />
Waadt.<br />
Die <strong>Helvetas</strong> Präsenz im Herzen von<br />
Lausanne, wie sie der Bevölkerung ein<br />
Fenster zur Welt öffnet, ist eine schöne und<br />
bleibende Erinnerung!<br />
Bastienne Joerchel war von 1995-1999 Leiterin<br />
des <strong>Helvetas</strong> Sekretariates für die französische<br />
Schweiz in Lausanne. Sie arbeitet heute für<br />
die französischsprachige Zweigstelle der<br />
Arbeitsgemeinschaft der Hilfswerke ebenfalls<br />
in Lausanne. ■
Die Tasche<br />
Hin und her, her und<br />
hin – wie aus einem<br />
biederen Stoffsack ein<br />
nachhaltiges Transportmittel<br />
wurde.<br />
Wir <strong>Partnerschaft</strong>-Macherinnen nannten sie<br />
von Anfang an schlicht «die Tasche». Sie<br />
stammt aus Frankfurt. Und ihren ersten und<br />
eigentlichen Zweck erfüllte sie als Schlepphilfe<br />
für Werbematerial aller Art, das vor<br />
Jahren an einem Typografie-Kongress in<br />
jener deutschen Stadt an die Teilnehmenden<br />
abgegeben wurde. Zurück in Zürich, verschwand<br />
die Tasche für Monate in meinem<br />
Atelierschrank, wo sie zusammen mit kommunen<br />
alten Migros- und anderen Tüten ihr<br />
Dasein fristete. Doch eines Tages kam ihre<br />
Chance. Die Produktion einer neuen Ausgabe<br />
der <strong>Partnerschaft</strong> war im Gange und es<br />
sollten haufenweise Bildmaterial und etliche<br />
Bücher zu <strong>Helvetas</strong> transportiert werden.<br />
Ein Migros-Sack versagte den Dienst,<br />
sein Boden brach durch. Auch Coop machte<br />
schlapp, die Griffe hielten dem Gewicht<br />
nicht Stand. Blieb, ganz hinten im Schrankfach,<br />
die Werbetasche vom Frankfurter Kon-<br />
gress (kein hypes typografisches Designerding<br />
übrigens, eher sowas wie eine modernisierte<br />
Jute-statt-Plastik-Version mit<br />
Bambusgriffen). Doch praktisch war sie und<br />
stabil und hatte schliesslich schon in Frankfurt<br />
ihre Erfahrungen mit schwergewichtigem<br />
Papier gemacht.<br />
Damit begann die Karriere der Tasche<br />
und ihre bis zum heutigen Tag andauernde<br />
Aufgabe: Von <strong>Helvetas</strong> zum Grafik Werk,<br />
vom Grafik Werk zu <strong>Helvetas</strong> – viermal hin,<br />
viermal zurück, Jahr für Jahr. Zu Fuss, mit<br />
dem Bus, dem Tram und der Bahn, einmal<br />
sogar per Velokurier wurde sie transportiert.<br />
Immer randvoll mit einer stattlichen Auswahl<br />
an Bildmaterial und Dokumenten für<br />
die Gestaltung der kommenden <strong>Partnerschaft</strong>-Ausgabe.<br />
Auch wenn im Lauf der Zeit das Gewicht<br />
des Tascheninhalts allmählich ab-<br />
Ein hilfreicher Nachtbubenstreich<br />
Eigentlich sollte der Brunnen am 23. August 2003 verhüllt werden.<br />
Aber das war ausgerechnet der Chilbisamstag, und da würde nicht<br />
nur Wasser durchs Tobel, sondern auch viel Alkohol durch die Kehlen<br />
fliessen. Wir verschoben die Verhüllung auf den Montag, in der Überzeugung,<br />
dass da nur noch brave Küsnachter Chilbischluss feierten.<br />
Falsch getippt! Als Janine am Dienstag einen Kontrollgang unternahm,<br />
stellte sie mit Schrecken fest: DIE MASCHE IST WEG! Wir alarmierten<br />
die Polizei, und der Bericht der Zürichsee-Zeitung erschien<br />
samt Foto unter dem Titel: «Und nun ist die Masche abgerissen...»<br />
Als wir zerknirscht die Abdeckung wieder notdürftig in Ordnung<br />
brachten, hielt zufällig ein Gemeindearbeiter mit seinem Jeep neben<br />
dem Brunnen und fragte, woran wir uns denn da zu schaffen machten.<br />
Wir klagten ihm unser Leid. «Eine Masche? Wie sieht die denn<br />
aus? So ein riesiges schwarzes Ding? So etwas habe ich im Horn unten<br />
auf der Wiese gesehen. Wartet mal, ich hole das, vielleicht ist es<br />
eure Masche...» Und so bekam die Verhüllung wieder ihren krönenden<br />
Schmuck und dank den Nachtbuben eine unerwartet grosse Publizität.<br />
Dass just bei der Enthüllung nicht nur der Brunnenmeister<br />
den Hahn, sondern auch der Himmel alle Schleusen öffnete, konnte<br />
uns nicht mehr weh tun.<br />
nahm, weil im Zuge des technologischen<br />
Fortschritts immer mehr Bilder in digitaler<br />
Form auf CD-ROM angeliefert werden, wird<br />
die Tasche auch in Zukunft mit dabei sein<br />
und ihren altmodischen Beitrag in der Produktionskette<br />
der <strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong><br />
leisten. Sie hat, wie <strong>Helvetas</strong> selbst, robust<br />
und zuverlässig viele Jahre durchgestanden<br />
und ist noch immer voll dabei, trotz vielleicht<br />
da und dort ein paar abgewetzter<br />
Stellen im Gewebe (was natürlich nur für<br />
die Tasche gilt...). Das Motto der Frankfurter<br />
Typografie-Veranstaltung hatte übrigens<br />
«(Type)Faces in Motion» geheissen. In Bewegung<br />
ist die nachhaltige Tasche, wie man<br />
sieht, noch heute.<br />
Zum Schluss noch dies: Die Schriftfamilie,<br />
mit der die <strong>Partnerschaft</strong> gestaltet<br />
wird, wurde an eben jenem Typografie-Kongress<br />
von ihrem Designer vorgestellt. Lucas<br />
de Groot ist Holländer, die von ihm entwickelte<br />
Schrift heisst «Thesis».... Gross ist der<br />
Vorsatz, dass die «Eine Welt» nicht These<br />
bleibt, sondern mehr und mehr zur Wirklichkeit<br />
wird. Seit 50 Jahren arbeitet <strong>Helvetas</strong><br />
daran. Ich wünsche ihr auf dem weiteren<br />
Weg zu diesem Ziel viel Power und freue<br />
mich, dass die Tasche und ich dabei mithelfen<br />
dürfen.<br />
Ruth Walder ist Grafikerin und gestaltet die<br />
<strong>Partnerschaft</strong>. ■<br />
Viktor Hermann ist Gründungsmitglied und heutiger Präsident der Regionalgruppe<br />
Küsnacht-Erlenbach. Die Gruppe setzt sich seit über 40 Jahren<br />
für die Anliegen von <strong>Helvetas</strong> ein. ■<br />
Mitglieder der Regionalgru�e Küsnacht Erlenbach bei der Enthüllung<br />
d� eingepackten Brunnens (2003).<br />
<strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong> 21
Dossier<br />
«Dies ist keine<br />
Entführung!»<br />
Die Förderung der Eigeninitiative<br />
verlangt gelegentlich<br />
recht kreative Mittel. Und<br />
scheitert manchmal selbst<br />
auf höchster Ebene.<br />
Da vorne, das muss er sein, denke ich. In<br />
dem flachen, vor Hitze flirrenden Gelände<br />
entdecke ich eine rötliche Staubwolke, wie<br />
sie nur ein Konvoi aus mehreren Fahrzeugen<br />
aufwirbeln kann. Und tatsächlich: je näher<br />
ich komme, desto deutlicher lassen sich die<br />
gelben Nummernschilder des Agrarministeriums<br />
durch den Staub hindurch erkennen.<br />
Er hatte mir ja gesagt, dass er heute früh das<br />
restaurierte «Museo Moisés Bertoni» besichtigen<br />
wolle.<br />
Ich fahre immer dichter an die langsame<br />
Wagenkolonne heran und wage es, auf<br />
dieser engen Staubpiste den ganzen Tross<br />
zu überholen. Im ersten der fünf Jeeps sitzt<br />
er, ich erkenne ihn deutlich – ihn, seine Leibwächter<br />
und den Mitarbeiterstab, der noch<br />
jeden Ministerwechsel überlebt hat. Ich fahre<br />
an die Spitze des Konvois und halte an.<br />
Ohne nachzudenken steige ich aus und gehe<br />
auf das Auto zu, in dem der Minister sitzt.<br />
Eine Scheibe wird heruntergekurbelt, ich<br />
grüsse durch das offene Fenster und blicke<br />
in leicht ärgerlich dreinschauende Gesichter.<br />
Auf meine Frage, ob nicht jemand aus dem<br />
voll besetzten Wagen in meinen umsteigen<br />
möchte, in dem ich alleine unterwegs bin,<br />
ergreift der Minister sofort die Initiative, öffnet<br />
die Türe und sagt: «Ich fahr mit dir!» Die<br />
Bodyguards erstarren, flüchtig erhasche ich<br />
ein paar mürrische Blicke der alten Mitarbeitergarde,<br />
deren Kontrolle sich der erst vor<br />
kurzem ernannte Minister durch seine spontane<br />
Reaktion nun entzieht. Ich bin hocher-<br />
22 <strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong><br />
freut über des Ministers Mut: Endlich kann<br />
ich mit ihm ohne Lauscher, unter vier Augen,<br />
sprechen. «Keine Angst, dies ist keine Entführung!»<br />
verabschiede ich mich von der irritierten<br />
Entourage.<br />
Im Schneckentempo fahren wir zum<br />
Museum. Wir sprechen über das gemeinsame<br />
Projekt, über das künftige Management<br />
des Bertoni-Museums, das vor über hundert<br />
Jahren Wirkungsstätte des berühmten Tessiner<br />
Wissenschafters war und mit <strong>Helvetas</strong><br />
Mitteln restauriert worden ist. Wir erörtern<br />
mögliche Projekte zum Erhalt des schrumpfenden<br />
Habitats der Mbyá-Familien, deren<br />
Vorfahren einst auf des Tessiners Pflanzungen<br />
arbeiteten, und fragen uns, wie der illegalen<br />
Gewinnung von Palmherzen im ge-<br />
schützten Naturpark Einhalt geboten werden<br />
könnte, an deren schwungvollem Handel<br />
selbst die Parkwächter beteiligt sind. Der<br />
Minister verspricht Verbesserung – ohne zu<br />
ahnen, dass er in Kürze bereits wieder seinen<br />
Sessel wird räumen müssen. Die politischen<br />
Regisseure in Paraguay dulden keine<br />
Eigeninitiativen – und schon gar keine vom<br />
«Opfer» selbst gewollten «Entführungen».<br />
Gioia Weber war von 1996 bis 2000 Programmleiterin<br />
von <strong>Helvetas</strong> in Paraguay, nachdem<br />
sie zuvor (1991-1996) als Lateinamerika-<br />
Programmkoordinatorin auf der <strong>Helvetas</strong><br />
Geschäftsstelle gearbeitet hatte. Zur Zeit ist<br />
Gioia Weber stv. Leiterin des Sekretariats/Verantwortliche<br />
für Öffentlichkeitsarbeit der Eidgenössischen<br />
Kommission gegen Rassismus<br />
(EKR) in Bern. ■<br />
Seit 1996 können die Schätze d� T�iner Paraguay-Auswanderers und Naturforschers Mos� Bertoni<br />
in einem r�taurierten Museum b�ichtigt werden. Willkommenstafel beim Eingang zum Bertoni-<br />
Park (oben links); gerett�e Bücher aus Bertonis Bibliothek (oben r�hts); Programmkoordinatorin<br />
Gioia Weber mit B�uchern (unten).
Stimmen aus dem Süden 3<br />
Und wo war <strong>Helvetas</strong>?<br />
Ein virtuelles Gespräch.<br />
«Und wo war <strong>Helvetas</strong> vor 2000?» – Das fragen die Bauern aus den<br />
fünf Departementen im östlichen Paraguay. «Sie waren in Nguyen<br />
Binh (Cao Bang, Vietnam), um das versteckte Gold der französischen<br />
Kolonisatoren zu suchen», antworten die vietnamesischen Bauern<br />
jener Region. – «Nein, sie waren nicht mehr dort», sagt Zunilda. «Sie<br />
finanzierten die Notmassnahmen der paraguayanischen Bauernorganisationen,<br />
eine höchst delikate und wichtige Arbeit während den<br />
Disku�ionen und Erfahrungsaustausch als Grundlage von<br />
Entwicklungsproz�en fördern: Mitarbeiter von Helv�as Paraguay und<br />
«camp�ions» im G�präch.<br />
Lob eines langjährigen <strong>Helvetas</strong> Förderers<br />
Ich habe mit der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit<br />
während mehreren Jahren zusammengearbeitet, anfänglich als Delegierter<br />
des Bundesrates für Technische Zusammenarbeit, später,<br />
nach meiner Pensionierung, als Präsident des Zentralvorstandes von<br />
<strong>Helvetas</strong>.<br />
Während diesen Jahren habe ich vor allem die folgenden Eigenheiten<br />
von <strong>Helvetas</strong> schätzen gelernt:<br />
Die Qualität sowie das grosse und ausdauernde Engagement ihrer<br />
Mitarbeiter für die Entwicklungsarbeit;<br />
Die Tatsache, dass <strong>Helvetas</strong> sich immer bemüht hat, in ihrer Entwicklungsarbeit<br />
Vernunft und Fantasie zu verbinden;<br />
Die Kompetenz, die Bestimmtheit und die Effizienz ihrer Geschäftsleitung;<br />
Die fruchtbaren und bereichernden Diskussionen im Zentralvorstand<br />
und die Gewissenhaftigkeit, mit welcher seine Mitglieder ihren<br />
Informationsauftrag in den Reihen der Parlamentarier und in der Bevölkerung<br />
erfüllten;<br />
Die guten Beziehungen, welche <strong>Helvetas</strong> immer mit anderen<br />
Schweizer Drittwelt-Organisationen unterhielt.<br />
Diese Stärken und die fortdauernde Ausweitung ihres Programms<br />
haben dazu geführt, dass das Jahresbudget von <strong>Helvetas</strong>,<br />
welches anfänglich etwa 200’000 Franken betrug, heute auf 60 Millionen<br />
angewachsen ist. Überdies ist <strong>Helvetas</strong> eine der wichtigsten<br />
privaten Schweizer Entwicklungsorganisationen geworden.<br />
Jahren der Diktatur.» – Also hatte der Pfarrer von Borja doch richtig<br />
gehandelt, als er sich weigerte, die Stühle des Betraumes zur Verfügung<br />
zu stellen und damit andeutete, dass <strong>Helvetas</strong> kommunistisch<br />
sei? – «Nein, nein, das hat nichts damit zu tun! Sie kommen hierher,<br />
um unser Wissen zu rauben, um es zu verkaufen, damit wir uns<br />
unnütz fühlen und unfähig, Dinge gut zu organisieren, so wie sie es<br />
können. Denn sie hören nicht auf, unsere Köpfe durcheinander zu<br />
bringen, sie geben uns Geld und ziehen sich dann zurück», sagten<br />
einige Bauern in einer Versammlung, die von einem caudillo-Führer<br />
aus Fassardi organisiert worden war. – Aber: «ES REICHT!» antworten<br />
die Bauern von Simón Bolívar, die seit 4 Jahren mit ‹Vetas› verschiedene<br />
Entwicklungsstrategien ausprobieren. «<strong>Helvetas</strong> weckt auf, nun<br />
probieren wir selber aus, es ist nicht mehr so einfach, uns zu täuschen.»<br />
– «<strong>Helvetas</strong> ist eine der sehr wenigen Organisationen, die<br />
seriös und ehrlich sind, eine Organisation, die Versprechen einhält,<br />
die da ist, wenn der wichtige Moment kommt, die tatsächlich interessiert<br />
ist an unserer Entwicklung», sagen die Bauern zu Sergio Ortega<br />
vom <strong>Helvetas</strong> Team. – Ja, es ist wie die Leute sagten, welche das Essen<br />
für die 500 Bauern umrührten, die sich bei Regen im Gesprächsforum<br />
TTR von Ybycui austauschten: «Was für eine wunderbare Sache,<br />
wie unglaublich! Wir werden dieses Forum und <strong>Helvetas</strong> niemals<br />
vergessen!» – Oder wie Mirtha sagt, die seit 15 Jahren bei <strong>Helvetas</strong> ist<br />
und sich glücklich schätzt, für eine Organisation zu arbeiten, welche<br />
vorwärts geht und dabei ständig lernt und Sachen wieder verwirft,<br />
welche den Leuten Raum gibt für ihre eigenen Erfahrungen und Entdeckungen<br />
von neuen gedanklichen Territorien: «Was für eine wunderbare<br />
Sache <strong>Helvetas</strong> doch ist...»<br />
Die Aussagen wurden Zusammengestellt vom <strong>Helvetas</strong> Paraguay Team.<br />
<strong>Helvetas</strong> ist seit 1972 in Paraguay tätig. Sie setzt seit einigen Jahren auf<br />
einen Entwicklungsansatz, bei dem der Erfahrungs- und Wissensaustausch<br />
von Bauerngruppen an so genannten «TTR-Gesprächsforen» im<br />
Zentrum steht. ■<br />
Botschafter J.F. Sigismond Marcuard übernahm nach einer langen<br />
Karriere im diplomatischen Dienst, die ihn unter anderem in den Irak,<br />
nach Algerien und als Chef der ständigen Beobachtermission der<br />
Schweiz an den Uno-Hauptsitz nach New York führte, 1983 das Präsidium<br />
von <strong>Helvetas</strong>, ein Amt, welches er bis 1991 ausübte. ■<br />
In der Schweiz verankert: Helv�as Generalversammlung auf dem<br />
Zugersee (2001).<br />
23
Dossier<br />
24<br />
Die Begegnung auf der Brücke<br />
Seit fast 50 Jahren baut <strong>Helvetas</strong> in Nepal Brücken. Immer<br />
im Wissen darum, dass für ein erfolgreiches Brückenbauprogramm<br />
auch politische und gesellschaftliche Fundamente<br />
errichtet werden müssen.<br />
Vor einigen Jahren verbrachte ich mit meiner<br />
Frau Ferien in Nepal. Ich hatte ein Jahr in<br />
einem Projekt der DEZA in Südindien gearbeitet,<br />
und vor unserer Rückkehr in die<br />
Schweiz waren wir, wie die meisten Touristen,<br />
vor allem in den Himalaja Staat gekommen,<br />
um zu trecken.<br />
Nach einer vielstündigen Busreise von<br />
der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu<br />
aus, und mehreren Tagen zu Fuss wanderten<br />
wir auf einem Saumpfad an der Flanke des<br />
Langtang-Tals entlang. Das enge Tal ist, wie<br />
die meisten nepalesischen Täler, von keiner<br />
befahrbaren Strasse erschlossen und nur zu<br />
Fuss begehbar – worin für uns TouristInnen<br />
sein Reiz, für seine BewohnerInnen jedoch<br />
all seine Mühsal liegt.<br />
Unterwegs begegneten wir immer wieder<br />
Säumern mit ihren schwerbepackten<br />
Eselskolonnen, die Waren aus dem Tal herausbrachten,<br />
aber auch vielen Frauen und<br />
Männern, die ehrfurchterheischende Lasten<br />
in ihren Rückenkörben trugen. Bei einem<br />
Weghalt am Kopf einer Hängebrücke kamen<br />
wir mit einem Träger ins Gespräch, der Zucker,<br />
Reis und Zigaretten in ein höhergelegenes<br />
Dorf brachte. «Wie heisst ihr, woher<br />
Weil Sultanat und Rachat eine landwirtschaftliche<br />
Ausbildung absolvieren konnten, hat sich<br />
ihr Leben verb�ert.<br />
<strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong><br />
kommt ihr, wohin seid ihr unterwegs?» begann<br />
die Konversation ihren typischen Lauf<br />
zu nehmen. Als er hörte, dass ich Schweizer<br />
sei, zeigte er Freude strahlend auf die luftige<br />
Brücke: Sie sei unter Mithilfe von SATA (der<br />
«Swiss Association for Technical Assistance»<br />
Sultanats Grund<br />
zu der auch <strong>Helvetas</strong> gehörte) gebaut worden,<br />
wobei auch die Bewohner der nächsten<br />
Dörfer viel mitgearbeitet hätten. Seither sei<br />
der Weg einfacher geworden und die Überquerung<br />
des Flusses das ganze Jahr möglich.<br />
Damals kannte ich die Hängebrücken,<br />
deren Bau <strong>Helvetas</strong> in Nepal seit vielen Jahren<br />
unterstützt, nur von den Postkarten und<br />
Postern, mit denen <strong>Helvetas</strong> in der Schweiz<br />
dafür geworben hatte. Auch wusste ich noch<br />
nicht, dass <strong>Helvetas</strong> nicht nur konkret den<br />
Bau der Brücken unterstützt, sondern auch<br />
wesentlich zum Aufbau der staatlichen Behörde,<br />
welche für Planung, Bau und Unterhalt<br />
der vielen Hängebrücken im Land zuständig<br />
ist, beigetragen hat.<br />
Als der Träger seine Last wieder aufnahm,<br />
war ich bewegt von der Spontaneität<br />
dieser Begegnung und überzeugt, dass hier<br />
mit relativ einfachen Mitteln Wichtiges erreicht<br />
worden war. Seit ich für <strong>Helvetas</strong> arbeite,<br />
habe ich solche und ähnliche Szenen noch<br />
verschiedentlich erleben können. Was mich<br />
dabei immer wieder beeindruckt hat, ist die<br />
erfolgreiche Verbindung von konkreter Unterstützung<br />
für eine lokal geplante, gebaute<br />
und unterhaltene Lösung mit strukturierender,<br />
langfristig angelegter Arbeit auf einer<br />
mehr politischen, oft nationalen Ebene.<br />
Melchior Lengsfeld arbeitet seit 1999 für<br />
<strong>Helvetas</strong>. Zuerst war er drei Jahre als Berater<br />
im Wasser- und Hygieneprojekt in Cabo Delgado,<br />
Mozambique, tätig, ehe er 2002 für weitere drei<br />
Jahre als Programmleiter nach Mali wechselte.<br />
An der diesjährigen Generalversammlung<br />
am 18. <strong>Juni</strong> übernimmt Melchior Lengsfeld die<br />
Geschäftsleitung von <strong>Helvetas</strong>. ■<br />
Ich kenne <strong>Helvetas</strong> seit mehr als dreissig Jahren und hatte Gelegenheit, ihre Aktivitäten in den<br />
Ländern des Südens wie auch in der Schweiz aus verschiedenen Blickwinkeln zu verfolgen. Es<br />
sind zur Hauptsache drei Gründe, die mich veranlassten, mit <strong>Helvetas</strong> verbunden zu bleiben.<br />
Der erste lässt sich mit den Worten von Sultanat, einer jungen Bäuerin, ausdrücken, welche<br />
ich anlässlich eines Besuches in Kirgistan traf: «Seit ich mit <strong>Helvetas</strong> zusammenarbeite, hat<br />
sich mein Leben verbessert!» Ich habe häufig solche Aussagen gehört, und sie zeigen, dass<br />
<strong>Helvetas</strong> sich auf dem richtigen Weg befindet. Es den ärmsten Frauen und Männern zu<br />
ermöglichen, ihre Lebensbedingungen aus eigener Kraft zu verbessern, das war die Vision der<br />
Gründerinnen und Gründer von <strong>Helvetas</strong> vor 50 Jahren; sie ist auch heute noch aktuell. Die<br />
Wege zum Erreichen dieses Zieles haben sich dagegen verändert. Das macht es notwendig,<br />
einen kritischen Geist zu bewahren, stets aus den Erfahrungen und der Zusammenarbeit mit<br />
den Partnern zu lernen. Dass <strong>Helvetas</strong> diese Fähigkeit besitzt, ist mein zweiter Motivationsgrund.<br />
Der dritte Grund, warum ich mein Engagement für diese Organisation fortführe, liegt<br />
schliesslich in der Tatsache, dass zahlreiche Personen in der Schweiz die Werte von <strong>Helvetas</strong><br />
teilen, sich für ihre Arbeit interessieren und sie unterstützen.<br />
Rosemarie Lausselet lernte die Arbeit von <strong>Helvetas</strong> Anfang der 70er Jahre anlässlich eines Arbeitseinsatzes<br />
in Nepal kennen. Nach ihrer Rückkehr setzte sie ihre Zusammenarbeit mit <strong>Helvetas</strong> fort,<br />
indem sie verschiedene kürzere Aufträge in Afrika und in der Schweiz übernahm. Rosemarie<br />
Lausselet wurde 1993 in den Zentralvorstand gewählt und ist heute Vizepräsidentin von <strong>Helvetas</strong>. ■
Mayas<br />
Geschichte<br />
Oder: Ist das Glas halb voll<br />
oder halb leer?<br />
Entwicklungsarbeit heisst Wissen, Können,<br />
aber auch Bewusstseinshaltungen vermitteln.<br />
In Kirgistan wurden die Dorfgemeinschaften<br />
in der Sowjetzeit zwangsmodernisiert.<br />
Heute heisst Entwicklungsarbeit in diesem<br />
Land deshalb vor allem, den Leuten und<br />
Dorfgemeinschaften ihr eigenes Können und<br />
Wissen, ihr Selbstvertrauen zurückzugeben.<br />
Diese Projektarbeit baut auf den Stärken des<br />
einzelnen und der Dorfgemeinschaft auf. Auf<br />
den Stärken von Frauen wie Maya beispielsweise,<br />
einem Mitglied der «Communitybased-tourism»-Gruppe<br />
aus Jalalabat, Südkirgistan.<br />
Sie ist alleinerziehend, hat vier<br />
Kinder, ihr Mann hat sie verlassen – sie ist<br />
Maya die vom Schicksal Geprüfte. Maya ist<br />
aber auch eine ausgezeichnete Köchin. Sie<br />
kocht so gut, dass ihre Freundinnen im Dorf<br />
sie gebeten haben, einige Rezepte vorzukochen.<br />
Sie lehrt Frauen Obst einmachen und<br />
auf dem Markt verkaufen – sie ist Maya die<br />
Einfallsreiche.<br />
Karin Füeg war von 1999-<strong>2005</strong> Programmleiterin<br />
des <strong>Helvetas</strong> Programms in Kirgistan und<br />
arbeitet heute als Programmkoordinatorin auf<br />
der Geschäftsstelle in Zürich. ■<br />
100 Wörter für eine engagierte Partnerin<br />
<strong>Helvetas</strong> ist für mich eine tragende Säule<br />
der entwicklungspolitischen Arbeitsgemeinschaft<br />
der Hilfswerke. Sie hat uns immer<br />
grossen Vertrauensvorschuss entgegengebracht.<br />
Dieses klare, bald dreissig Jahre<br />
andauernde Engagement für ein gemeinsames<br />
entwicklungspolitisches Lobbying in<br />
der Schweiz ist nicht selbstverständlich: <strong>Helvetas</strong><br />
pflegt mehr als die anderen AG-Mitglieder<br />
eine spezialisierte Entwicklungszu-<br />
Der Wert des Wissens<br />
Im Jahr 2000 entschloss sich <strong>Helvetas</strong> nach längerem Hin und Her dazu, ein organisationsinternes<br />
Knowledge Management System einzuführen. Ein solcher Entscheid ist wegen der<br />
knappen Mittel kein leichter. Wir versprachen uns von diesem Schritt eine Verbesserung des<br />
institutionellen Gedächtnisses, einen effizienteren Erfahrungsaustausch unter den verschiedenen<br />
Programmen und die Möglichkeit für unsere lokalen Mitarbeiter, ihre Stimme<br />
zu erheben, indem sie sich direkt an den laufenden Diskussionen innerhalb der Organisation<br />
beteiligen können und so ihr Wissen verstärkt einfliesst.<br />
Mittel dazu bildet im Wesentlichen eine virtuelle (elektronische) Plattform. Sich nur<br />
aus Distanz zu kennen, genügt allein aber nicht. Deshalb führten wir parallel dazu gelegentliche,<br />
direkte Treffen von lokalen Mitarbeitern aus den verschiedenen Ländern ein. Diese<br />
finden jeweils in einem unserer Partnerländer statt. Kurz vor dem ersten Treffen – im<br />
Jahr 2003 – wollten meine Kollegen, welche daran teilnehmen sollten, das Ganze abblasen,<br />
weil sie befürchteten, dass die Bilanz des Treffens «ausser Spesen nichts gewesen» sein<br />
könnte. Wir insistierten aber darauf – obwohl selber mit einem flauen Gefühl im Magen –<br />
diesen Versuch zu wagen.<br />
Der Versuch gelang. Meine Kollegen kamen völlig überrascht, ja fast überwältigt von der<br />
Erfahrung, wie viele gute, engagierte lokale Mitarbeiter wir in unseren Reihen haben, von<br />
diesem Treffen ins Büro zurück. Die lokalen Mitarbeiter wiederum «zahlten» fortan die dadurch<br />
erfahrene Wertschätzung mit einem aktiven Einbringen ihres Wissens in der Unterstützung<br />
ihrer Kollegen in anderen Ländern und dem Erfahrungsaustausch mit allen anderen<br />
«zurück».<br />
Heute habe ich das Gefühl, dass <strong>Helvetas</strong> mit dieser Initiative dazu beigetragen hat, dass<br />
sich vor allem die lokalen Mitarbeiter vermehrt als echte, geschätzte Mitglieder unserer Organisation<br />
betrachten, und ich bin unheimlich stolz darauf, Teil dieser Initiative gewesen zu sein.<br />
Esther Oettli arbeitete während der 80er-Jahre verschiedentlich als Konsulentin für <strong>Helvetas</strong> in Nepal.<br />
1995 trat sie als Programmkoordinatorin für das Nepal-Programm in die Geschäftsstelle Zürich ein und<br />
übernahm 1997 die Leitung der Auslandabteilung (neu Abteilung Internationale Programme). ■<br />
Lernen ohne Grenzen bei Helv�as: Das erste Treffen lokaler Mitarbeiter in Sri Lanka (2003) wurde<br />
von allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern als Erfolg gewert�.<br />
sammenarbeit mit stark technischer Komponente.<br />
Gemeinsam haben wir vor fünf<br />
Jahren die Kampagne für eine internationale<br />
Wasserkonvention und das Recht auf<br />
Wasser eröffnet, welche die AG heute im<br />
Rahmen eines internationalen Netzwerks<br />
weiterverfolgt. In den nächsten zwölf Monaten<br />
wird das internationale Netzwerk<br />
höchstwahrscheinlich die erste Regierung<br />
gewinnen, welche sich für eine solche Kon-<br />
vention engagieren will. Die Schweiz ist es<br />
nicht. Sie hat bislang ein Engagement für<br />
die Konvention trotz parlamentarischem<br />
Auftrag abgelehnt.<br />
Peter Niggli ist seit 1998 Geschäftsleiter der<br />
Arbeitsgemeinschaft der Hilfswerke Swissaid,<br />
Fastenopfer, Brot für Alle, <strong>Helvetas</strong>, Caritas,<br />
Heks, die sich für die Anliegen der Entwicklungsländer<br />
einsetzt und versucht, die schweizerische<br />
Politik entsprechend zu beeinflussen. ■<br />
<strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong><br />
25
Infos und Nachrichten<br />
26<br />
Ein Leben für die<br />
Entwicklungszusammenarbeit<br />
Nach über drei Jahrzehnten als <strong>Helvetas</strong> Geschäftsleiter tritt Werner Külling Mitte Jahr von<br />
dieser Führungsaufgabe zurück. Im Gespräch mit der «<strong>Partnerschaft</strong>»-Redaktorin hat er auf<br />
seine Zeit bei <strong>Helvetas</strong> zurückgeblickt.<br />
Ja, am Anfang sei er tatsächlich so etwas wie ein<br />
«Lückenbüsser» gewesen, bestätigt Werner Külling.<br />
Zurück aus Kamerun habe man ihn gerufen,<br />
um <strong>Helvetas</strong> als Geschäftsleiter vorzustehen, bis<br />
der Wunschkandidat des Zentralvorstandes die<br />
Nachfolge von Peter Arbenz antreten würde. Külling<br />
hatte sich vom damaligen Vizepräsidenten<br />
Walter Renschler motivieren lassen, diese Aufgabe<br />
auf Zeit zu übernehmen. Aus den ursprünglich<br />
geplanten zwei Jahren Interimsmanagement<br />
sind – weil der designierte Nachfolger dann doch<br />
nicht kam – über dreissig Jahre arbeitsreiche Gesamtleitung<br />
von <strong>Helvetas</strong> geworden.<br />
Seine erste Zeit als Geschäftsleiter beschreibt<br />
Werner Külling als Hineinwachsen in ein<br />
Tätigkeitsfeld, das sich selber erst entwickelte.<br />
Aufregende Jahre scheinen es gewesen zu<br />
sein, wenn man seinen lebhaften Schilderungen<br />
E. Werner Külling<br />
Ernst Werner Külling wurde 1942 in Wilchingen/SH<br />
geboren, wo er zusammen mit vier<br />
Geschwistern in der Familie eines Gewerbetreibenden<br />
aufwuchs. Die Grossfamilie war seit<br />
Jahren in der Politik und im öffentlichen Dienst<br />
aktiv. Nach dem Abschluss einer kaufmännischen<br />
Lehre und dem Besuch der Diplomhandelsschulen<br />
bildete er sich in Lausanne<br />
zum Grosshandelskaufmann weiter und war<br />
anschliessend im Management einer Grosshandelsfirma<br />
in Schaffhausen tätig.<br />
Seit 1965 arbeitete Werner Külling in verschiedenen<br />
Funktionen für <strong>Helvetas</strong>. Zuerst<br />
war er Assistent, später Leiter der Inlandarbeit,<br />
wirkte dann als Programmkoordinator für<br />
Kamerun und Nepal in Zürich und 1971–73 als<br />
Teamleiter des damaligen Dorfentwicklungs-<br />
Projektreisen<br />
erlaubten es<br />
Werner Külling, mit<br />
der Arbeit vor Ort auf<br />
Tuchfühlung zu<br />
bleiben: Ankunft auf<br />
den Philippinen (Ende<br />
der 80er Jahre).<br />
programms in Kamerun. Im Juli 1973 wurde<br />
er vom Zentralvorstand mit der Geschäftsleitung<br />
von <strong>Helvetas</strong> betraut. In dieser Tätigkeit<br />
verblieb er während über 30 Jahren und baute<br />
<strong>Helvetas</strong> zu einer der wichtigsten privaten<br />
schweizerischen Entwicklungsorganisationen<br />
aus. 1987/88 liess er sich in einem Postgraduate-Kurs<br />
an der Universität Freiburg zum<br />
dipl. NPO-Manager VMI ausbilden. Werner Külling<br />
ist seit vielen Jahren Vorstandsmitglied der<br />
Arbeitsgemeinschaft der Hilfswerke, die er<br />
auch dreimal präsidierte, und war Gründungs-<br />
und Vorstandsmitglied von Intercooperation.<br />
Neben seiner beruflichen Tätigkeit bei<br />
<strong>Helvetas</strong> engagierte er sich in der politischen<br />
Arbeit der SP Schweiz, sass während vier<br />
Amtsperioden im Gemeinderat (Parlament)<br />
seiner Wohngemeinde Adliswil und seit 2001<br />
im Bezirksrat Horgen.<br />
Werner Külling als Präsident der Arbeitsgemeinschaft bei der Eröffnungsrede zur<br />
internationalen Nord-Süd-Konferenz im Nationalratssaal in Bern am 25. Mai 1998.<br />
zuhört. Eng zusammengearbeitet habe man mit<br />
dem DftZ, dem Dienst für technische Zusammenarbeit<br />
(die spätere Direktion für Entwicklung<br />
und Zusammenarbeit, DEZA), das Einsatzgebiet<br />
kontinuierlich erweitert, zahlreiche Programme<br />
in 15 neuen Partnerländern in Asien, Afrika und<br />
Lateinamerika in Angriff genommen und innovative<br />
Projektansätze erprobt. Auch entwicklungspolitisch<br />
war damals viel mehr los als heute, Kritik<br />
wurde geübt, gängige «Entwicklungsrezepte»<br />
hinterfragt, nach der Verantwortung der Schweiz<br />
gerufen. Nicht zuletzt darum sei er auch «hängen<br />
geblieben» in diesem zwar manchmal schwierigen,<br />
aber einzigartigen Job, der zu Beginn durchaus<br />
nicht seine «Traumstelle» gewesen sei.<br />
Ein Pfadikollege<br />
leistet Sensibilisierungsarbeit<br />
Eher durch Zufall als durch bewusste Wahl kam<br />
Werner Külling auch zur Entwicklungszusammenarbeit<br />
selbst. Ein Cousin, erzählt er, sei als Missionar<br />
nach Afrika gegangen. Dadurch habe er in<br />
seiner Jugend immer wieder von dem «schwarzen<br />
Kontinent» gehört und von den «unzivilisierten<br />
Zuständen», die dort angeblich herrschten.<br />
Von der «Dritten Welt» oder gar von den Wechselwirkungen<br />
zwischen Unterentwicklung dort<br />
und Überentwicklung hier sprach damals allerdings<br />
noch kaum jemand. Erst durch die vielen<br />
Kontakte mit einem Pfadikollegen, dem späteren
Ein sicherer Wert<br />
Werner Külling war 1969 zuständig für die Auslandprojekte<br />
von <strong>Helvetas</strong> und zugleich mein<br />
Stellvertreter. Als die Stelle eines Teamleiters in<br />
Kamerun frei wurde, hielt ihn nichts mehr auf der<br />
Geschäftsstelle zurück. Ich selbst konnte so auf<br />
einen engagierten Chef der rasch wachsenden<br />
Kamerun-Projekte vertrauen.<br />
Als ich dann im Jahre 1973 eine Stelle in der<br />
Privatwirtschaft annahm, hatte Werner Külling gut<br />
drei Jahre Felderfahrung und kannte aus seiner<br />
früheren Tätigkeit im Zentralsekretariat an der<br />
Asylstrasse auch die Inlandaktivitäten. So war es<br />
naheliegend, Werner Külling als meinen Nachfolger<br />
vorzuschlagen, obwohl offenbar der Zentralvorstand<br />
zunächst noch nach einem anderen<br />
Kandidaten Ausschau hielt. Bald zeigte sich, dass<br />
Werner Külling auch diese Aufgabe meisterte, und<br />
so blieb er bis zum Jahre <strong>2005</strong> ein sicherer Wert<br />
für <strong>Helvetas</strong>. Dies konnte ich als späteres Mitglied<br />
des Zentralvorstandes immer wieder persönlich<br />
erfahren, und über all die Jahre blieben wir miteinander<br />
freundschaftlich verbunden.<br />
Werner Külling bezeichnet sich selbst nicht<br />
als abgehobenen Strategen. Dennoch hat er klare<br />
Vorstellungen von dem, was eine professionelle<br />
Organisation benötigt, um zielgerichtet arbeiten<br />
zu können. Ich selbst würde ihn als fundierten<br />
Leiter des <strong>Helvetas</strong> «Aufklärungsdienstes» Gaudenz<br />
Tscharner, begann Werner Külling sich für<br />
die Gründe zu interessieren, die hinter der Armut<br />
im Süden standen, nach Zusammenhängen zu<br />
forschen und Antworten zu suchen.<br />
Eine starke Neugierde auf das Andere, ein<br />
wenig Lust am «Revolutionären» war natürlich<br />
auch dabei, als der junge Mann aus dem bäuerlichen<br />
Wilchingen im schaffhausischen Klettgau<br />
anfing, bei <strong>Helvetas</strong> mitzumachen. <strong>Helvetas</strong> – das<br />
war «modern» damals, meint Külling mit einem<br />
verschmitzten Lächeln. Und natürlich reizten ihn<br />
die fernen Länder, das Pionierhafte der Auslandarbeit.<br />
Zuerst jedoch nahm er eine Stelle im «Aufklärungsdienst»<br />
im Inland an. In den für <strong>Helvetas</strong><br />
turbulenten sechziger Jahren verdiente er sich in<br />
der Öffentlichkeitsarbeit die Sporen ab. Mehr als<br />
einmal habe man rote Zahlen geschrieben, die<br />
Organisationsstrukturen verändert und viermal<br />
den Geschäftsleiter gewechselt, bis sich die Lage<br />
gegen Ende der 60er-Jahre dann stabilisierte.<br />
Prägende Jahre in Kamerun<br />
Da endlich konnte Werner Külling auch seinen<br />
Wunsch, in der Auslandarbeit tätig zu sein, verwirklichen:<br />
Er ging mit seiner jungen Familie als<br />
Teamleiter nach Kamerun. Wie tief ihn dieser<br />
Auslandeinsatz geprägt hat, sieht man ihm an,<br />
wenn er mit lebhaften Gesten von den Jahren<br />
in Afrika berichtet, den politischen Auf- und Um-<br />
Praktiker bezeichnen, der seine Erfahrungen und<br />
Erkenntnisse umzusetzen weiss. Er ist nicht ein<br />
Mann der vorschnellen Entscheide, sondern versteht<br />
es, die Dinge reifen zu lassen. Ist er einmal<br />
von einer Sache überzeugt, kann er dezidiert entscheiden<br />
und handeln.<br />
Im persönlichen Umgang und im Gespräch mit<br />
anderen kann er zuhören, gibt seinen Mitarbeitenden<br />
viel Handlungsfreiheit, sucht den Konsens<br />
und die Verständigung. Arbeit hat er nie gescheut,<br />
sondern alle Jahre hat er bei sehr bescheidenem<br />
Salär unzählige Wochen Überzeit geleistet. Es verging<br />
kaum ein Wochenende, wo er nicht im Büro<br />
anzutreffen war.<br />
Trotz ständig hoher Geschäftslast war er nie<br />
ein Schreibtischtäter. Bei unzähligen Besuchen<br />
unserer Programme und Projekte in einer steigenden<br />
Zahl von Partnerländern hat er sich immer<br />
wieder selbst versichert, ob die Projekte auf Kurs<br />
sind. Wenn unvorhergesehene Ereignisse eintraten,<br />
ging er unverzüglich selbst ins Feld.<br />
In seiner Stellung als operativer Leiter unserer<br />
Organisation war er nie auf sein Prestige und<br />
seine Macht bedacht, trat immer bescheiden auf<br />
und gewann so das Vertrauen seiner Mitarbeitenden<br />
und Vorgesetzten. Seine liebenswürdige Persönlichkeit<br />
hat ihm den Zugang und Respekt zu<br />
brüchen, aber auch von all dem, was man angepackt,<br />
verwirklicht hatte. Kein Wunder also, dass<br />
er dem «Ruf» auf die Geschäftsstelle in Zürich<br />
etwas widerstrebend folgte. Anfangs habe er damit<br />
gerechnet, bald wieder in einen Feldeinsatz<br />
im Süden zu gehen, erzählt er. Und noch heute<br />
bereut er es ein wenig, dass sein Auslandeinsatz<br />
nicht länger gedauert hat.<br />
einheimischen Partnern, höchsten Regierungsvertretern<br />
im Ausland, den Mitgliedern des Zentralvorstandes,<br />
den Bundesbehörden und auch den<br />
anderen schweizerischen Nichtregierungsorganisationen<br />
eingebracht.<br />
Während seiner Zeit als Geschäftsleiter von<br />
<strong>Helvetas</strong> hatte er mit vier verschiedenen Präsidenten<br />
von unterschiedlichem Charakter und<br />
eigenem Führungsstil zusammenzuarbeiten. Wir<br />
beide waren in den vergangenen vier Jahren<br />
miteinander immer in engem Kontakt, telefonierten<br />
und mailten mehrere Male pro Woche, trafen<br />
einander auf der Geschäftsstelle oder tauschten<br />
Ideen und Dokumente aus. Immer konstruktiv<br />
gestaltend, von einander profitierend. Unsere<br />
Freundschaft wird die gemeinsamen Jahre bei<br />
<strong>Helvetas</strong> überdauern.<br />
Die Mitglieder von <strong>Helvetas</strong>, alle unsere Mitarbeitenden,<br />
unsere Partner in den Ländern des<br />
Südens und des Ostens sowie der Zentralvorstand<br />
sind Werner Külling und seiner Familie zu grossem<br />
Dank verpflichtet.<br />
Wir wünschen ihm weiterhin eine stabile Gesundheit,<br />
Freude an neuen Aufgaben und freuen<br />
uns, wenn er uns auch in Zukunft mit Rat und Tat<br />
unterstützen kann.<br />
Peter Arbenz, Präsident <strong>Helvetas</strong>. ■<br />
Ihre Zukunft sieht dank Entwicklungszusammenarbeit weniger düster aus: Der <strong>Helvetas</strong> Geschäftsleiter<br />
bei seiner letzten Projektreise mit bhutanischen Kindern (<strong>2005</strong>).<br />
Die Aufgabe, welche Werner Külling Mitte 1973<br />
antrat, erlaubte es ihm zumindest, zahlreiche<br />
Projektländer zu besuchen und so seinen Drang<br />
nach Kontakt mit der Basis im Trikont etwas zu<br />
stillen. Und die Zahl der Einsatzländer stieg kontinuierlich:<br />
Unter Küllings Leitung wuchs <strong>Helvetas</strong><br />
zu einer anerkannten, professionellen Entwicklungsorganisation<br />
heran, die heute in 22 Ländern<br />
<strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong><br />
■ ■ ■<br />
27
Infos und Nachrichten<br />
■ ■ ■<br />
tätig ist und ein Jahresprogramm von mittlerweile<br />
60 Millionen Franken umsetzt, zwölfmal mehr<br />
als bei seinem Amtsantritt.<br />
Ja, auf diesen ungeheuren «Aufstieg» ist er<br />
stolz. Nicht auf die Grösse von <strong>Helvetas</strong> an sich,<br />
sondern auf ihr Können, ihren Erfahrungsschatz,<br />
ihre Solidität und auf den guten Ruf, den sie geniesst.<br />
Das sei ihm immer das Wichtigste gewesen,<br />
meint er. Grosse «Visionen» habe man anfänglich<br />
nicht unbedingt gehabt, auch wenn immer<br />
wieder intensive Diskussionen über die richtigen<br />
Arbeitsansätze geführt worden seien. Am<br />
zentralsten waren für ihn die festen Grundsätze:<br />
Vertrauenswürdigkeit, Transparenz, Kompetenz,<br />
Qualität vor Quantität. Die konkrete Projektarbeit<br />
erwuchs aus einem permanenten Lernprozess,<br />
folgte einer Art «Learning by doing»-Strategie.<br />
Skeptischer Blick auf<br />
gegenwärtige Tendenzen<br />
Gegenüber den heutigen Tendenzen, die Entwicklungszusammenarbeit<br />
«wissenschaftlich» zu<br />
betreiben, gegenüber dem Zwang zur Strategie<br />
und zum Vorausberechnen von allem, zeigt sich<br />
Werner Külling skeptisch. Sicher habe die Pro-<br />
Als die Ökonomin Esther Oettli-Engeli im Februar<br />
1995 in der Auslandabteilung der <strong>Helvetas</strong> Geschäftsstelle<br />
die Koordination des traditionellen<br />
und umfangreichen Nepalprogramms übernahm,<br />
brachte sie für diese Aufgabe sehr gute Voraussetzungen<br />
mit: Von 1982–1986 hatte sie als Begleiterin<br />
ihres Ehemannes für <strong>Helvetas</strong> in diesem<br />
Land gearbeitet und verschiedene Aufgaben und<br />
Studien durchgeführt. Ihr überdurchschnittliches<br />
Engagement und ihre hohe fachliche Kompetenz<br />
in der Projektarbeit führten dazu, dass man ihr<br />
bereits 1997 die Leitung der Auslandabteilung<br />
von <strong>Helvetas</strong> anvertraute, deren Gesamtprogramm<br />
rapid anwuchs, wie auch die Zahl der<br />
Partnerländer entsprechend zunahm. In der Folge<br />
wurde sie auch zur stellvertretenden Geschäftsleiterin<br />
ernannt.<br />
Es gibt viele Leute, die einen substantiellen<br />
Beitrag an die Professionalisierung der internationalen<br />
Programme von <strong>Helvetas</strong> geleistet haben;<br />
darunter ist Esther Oettlis zweifellos einer<br />
der grössten und nachhaltigsten. Ausgezeichnet<br />
haben sie vor allem ihr untrüglicher Sinn für das<br />
Machbare, ihre persönliche Bodenhaftung, ihre<br />
Kenntnisse der Bedürfnisse der Zielgruppen von<br />
fessionalisierung viel gebracht; früher sei einiges<br />
zu «handglismet» gewesen. Aber Entwicklungszusammenarbeit<br />
als rein akademisches Fach zu<br />
sehen, findet er falsch. Es riecht ihm zu sehr nach<br />
Technokratentum und Bürokratie – und auch ein<br />
bisschen nach «Neo-Kolonialismus». Man müsse<br />
den Menschen im Süden zuhören können und<br />
sie ihren eigenen Entwicklungsweg bestimmen<br />
lassen, meint er.<br />
Werner Külling bedauert es auch ein wenig,<br />
dass die Entwicklungszusammenarbeit heute zu<br />
einem so selbstverständlichen Teil der Schweizer<br />
Aussenpolitik geworden ist und die früheren Auseinandersetzungen<br />
weitgehend aus der öffentlichen<br />
Diskussion verschwunden sind. Statt dessen<br />
werde die Marschrichtung heute mehrheitlich<br />
«von oben» vorgegeben. Dass <strong>Helvetas</strong> als<br />
Auftragnehmerin der DEZA Teil dieses Systems<br />
ist, macht ihm oft zu schaffen. Die grosse Abhängigkeit<br />
von «Bern» hat ihn immer schon gestört.<br />
Für ihn muss <strong>Helvetas</strong> eigenständig sein.<br />
Südpolitik muss wieder<br />
Thema werden<br />
Für die Zukunft von <strong>Helvetas</strong> wünscht sich<br />
Werner Külling deshalb, dass die Organisation<br />
<strong>Helvetas</strong> – hier kamen ihr die eigenen Erfahrungen<br />
als Familienfrau zugute –, die Trends in der<br />
bilateralen Entwicklungszusammenarbeit und die<br />
«Nase» für neue Arbeitsfelder wie Gender, soziale<br />
Anliegen, Biobaumwolle, Wissensmanagement<br />
und Managementfragen generell. Ein ganz gros-<br />
sich wieder vermehrt an ihren Doppelauftrag<br />
erinnert. Wichtig ist für ihn nämlich nicht nur,<br />
dass <strong>Helvetas</strong> professionelle und wirkungsvolle<br />
Arbeit im Süden leistet, sondern auch in der<br />
Schweiz Präsenz markiert. Der damalige Geist<br />
des Aufbruchs sollte wieder spürbar, das Thema<br />
Südpolitik in die Öffentlichkeit getragen werden.<br />
Entwicklungszusammenarbeit, da ist Werner Külling<br />
überzeugt, lebt vom individuellen Einsatz der<br />
Menschen, von ihrem ganz persönlichen Engagement.<br />
Die Begegnung mit engagierten Leuten,<br />
Persönlichkeiten in Nord und Süd zählt er denn<br />
auch zu den schönsten, bereicherndsten Aspekten<br />
seiner Tätigkeit.<br />
Und wie stellt sich Werner Külling seine eigene<br />
Zukunft vor? Von einem «Ruhestand» will<br />
er, erst 62 geworden, vorerst nichts wissen. Er<br />
will weiter in seinem Arbeitsfeld tätig sein, seine<br />
reichen Erfahrungen im Non-Profit-Management<br />
weitergeben. Und vielleicht, so meint er zum<br />
Schluss, werde er doch noch einmal an einen<br />
Auslandeinsatz denken, denn die Faszination für<br />
andere Menschen, Länder, Kulturen und Lebensformen<br />
hat ihn bis heute nie verlassen. (SB)<br />
Auch Esther Oettli verlässt <strong>Helvetas</strong>:<br />
Dank für einen grossen Beitrag<br />
zur Entwicklungsarbeit von <strong>Helvetas</strong><br />
28 <strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong><br />
ses Plus in der über zwanzigjährigen <strong>Helvetas</strong>-<br />
Tätigkeit von Esther Oettli war sicher, dass sie ihr<br />
eindrückliches Engagement für unsere Organisation<br />
immer als ein ganzheitliches verstand. So<br />
hat sie der Öffentlichkeitsarbeit in der Schweiz<br />
immer grosse Bedeutung beigemessen, obwohl<br />
das nicht schwergewichtig in ihr Aufgabengebiet<br />
fiel und sich auch als aktives Basismitglied in der<br />
Regionalgruppe Schaffhausen betätigt.<br />
Dass Esther Oettli <strong>Helvetas</strong> verlässt, ist für<br />
unsere Organisation ein herber Verlust. Für ihre<br />
beispielhafte Arbeit gebührt ihr hohe Anerkennung<br />
und ein ganz herzlicher Dank. Wir hoffen<br />
sehr, dass sie <strong>Helvetas</strong> und der Entwicklungszusammenarbeit<br />
allgemein auch in Zukunft in<br />
irgendeiner Form treu bleiben wird. Wir wünschen<br />
ihr für den neuen Lebensabschnitt alles Gute.<br />
E. Werner Külling, Geschäftsleiter <strong>Helvetas</strong>. ■<br />
Esther Oettli beendet ihre Zusammenarbeit mit<br />
<strong>Helvetas</strong> auf Ende <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong>. Die Leitung der<br />
Abteilung Internationale Programme (früher Auslandabteilung)<br />
übernimmt ihr Stellvertreter, Remo<br />
Gesù.
Überraschende Aktionen<br />
zum Weltwassertag<br />
Dreckwasser in Zürcher und Trinkgeld in Berner Gastrobetrieben: Ungewöhnliche Kampagnen<br />
haben zum Weltwassertag auf die Wasserproblematik im Süden aufmerksam gemacht.<br />
Der internationale Weltwassertag vom 22. März<br />
soll helfen, die Öffentlichkeit für die Wasserproblematik<br />
zu sensibilisieren. Er wurde von der<br />
Uno im Nachgang zur Umweltkonferenz von Rio<br />
proklamiert und 1993 erstmals durchgeführt. Am<br />
diesjährigen Weltwassertag hat die Uno die internationale<br />
«Aktionsdekade» <strong>2005</strong>-2015 unter dem<br />
Motto «Wasser zum Leben» lanciert.<br />
<strong>Helvetas</strong> hat in den letzten Jahren den<br />
Weltwassertag stets für Solidaritätskampagnen<br />
genutzt. In diesem Jahr haben wir darauf hingewiesen,<br />
dass es zur Bekämpfung der Armut und<br />
zur Verbesserung der Trinkwasserversorgung auf<br />
der Welt mehr Hilfe von reichen Ländern wie der<br />
Schweiz braucht. Und wir haben gezeigt, wie wir<br />
in unseren Trinkwasserprojekten auf einfache<br />
und preisgünstige Techniken setzen, die vor Ort<br />
umgesetzt und unterhalten werden können.<br />
Einfachheit und Symbolik<br />
schaffen Bewusstsein<br />
Mit wenig Geld lässt sich sauberes Grundwasser<br />
an die Oberfläche befördern: Ein Brunnen mit<br />
Handpumpe für geringe Tiefen kostet pro Nutzer<br />
durchschnittlich nur 15 Franken. Das war unsere<br />
Botschaft zum Weltwassertag. Umgesetzt hat sie<br />
unsere neue Werbeagentur Spillmann/Felser/Leo<br />
Burnett (SFLB). Sie wählte das Sujet eines Glases,<br />
in welchem das Wasser durch das Einwerfen von<br />
Geldstücken nach oben gedrückt wird. «Einfachheit<br />
und Symbolik sind die Stärken dieses Bildes»,<br />
meint Rolf Zimmermann, Managing Director<br />
von SFLB. Das Bild haben wir im Spendenbrief an<br />
Mitglieder und Gönner ebenso verwendet wie in<br />
Inseraten und TV-Spots, die dank der Vermittlung<br />
durch SFLB allesamt gratis gesendet respektive<br />
abgedruckt wurden.<br />
Von der Agentur stammte auch die Idee zur<br />
«Dreckwasser»-Aktion: Einige Zürcher Restaurants<br />
haben am Weltwassertag zu jedem Kaffee<br />
ein Glas mit dreckig gefärbtem Wasser serviert,<br />
ergänzt mit einer kurzen Information auf einem<br />
Untersetzer.<br />
PourBoire: Trinkgeld für<br />
Trinkwasser<br />
Auch im Kanton Bern fand eine Kampagne in<br />
Gastrobetrieben statt. In 28 Bars und Restaurants<br />
startete am Weltwassertag die Aktion PourBoire.<br />
Während eines Monats wurde auf Glasuntersetzern<br />
und Postkarten dazu aufgerufen, zusätzliches<br />
Trinkgeld zugunsten eines <strong>Helvetas</strong> Trinkwasserprojekts<br />
in Mozambique zu spenden. Initiiert<br />
wurde diese Aktion von Roman Tschäppeler<br />
und seinem Unternehmen guzo in Biel, umgesetzt<br />
in Zusammenarbeit mit der Berner Werbeagentur<br />
achtung!<br />
Unterstützung haben wir am Weltwassertag<br />
auch von der Migros erhalten. Dank einer<br />
Spendenaktion mit Aproz-Mineralwasser konnte<br />
ein Projekt in Sri Lanka finanziert werden. Es<br />
ermöglicht die Verbreitung der Sodis-Methode<br />
zur einfachen Wasseraufbereitung in Petflaschen<br />
dort, wo der Tsunami die Wasserversorgung zerstört<br />
hat.<br />
Sensibilisierungsziel erreicht<br />
Die Kampagnen in den Gastrobetrieben waren<br />
nur möglich dank des persönlichen Engagements<br />
der Restaurantbetreiber und vor allem des Servicepersonals.<br />
Sie wurden für ihren Einsatz durch<br />
das positive Echo der Besucherinnen und Besucher<br />
belohnt. Das Ziel, für die Wasserproblematik<br />
zu sensibilisieren, wurde erreicht. Selbst bei<br />
denjenigen, welche die Aktionen durchgeführt<br />
haben. «Mir ist bewusst geworden, dass viel zu<br />
wenig zur Verbesserung der Trinkwassersituation<br />
getan wird», sagt Rolf Zimmermann. Und Roman<br />
Tschäppeler fügt an: «Seit der Aktion PourBoire<br />
stelle ich unter der Dusche beim Einseifen das<br />
Wasser ab.» (AF)<br />
Weitergehende Infos finden Sie im Netz unter:<br />
www.helvetas.ch; www.pourboire.ch; www.sflb.ch.<br />
Ein Glas mit dreckig gefärbtem Wasser sorgt im Zürcher Restaurant Odeon für Aufmerksamkeit<br />
(oben). «Besondere Freude haben uns die vielen Spenden von jungen Gästen gemacht», sagt<br />
Kristin Hörler von der Shisha Bar in Bern, die bei der Aktion PourBoire mitgemacht hat. Links<br />
Initiant und Projektleiter Roman Tschäppeler, hinten Werber Urs Heer (unten).<br />
<strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong> 29
Welt- und umweltverträglich handeln<br />
Baumwolle – garantiert bio und fair<br />
<strong>Helvetas</strong> verkauft seit zwölf Jahren Textilien aus<br />
Biobaumwolle und ist seit vier Jahren in einem<br />
Biobaumwoll-Projekt in Mali engagiert. Der biologische<br />
Anbau bringt den Bäuerinnen und Bauern<br />
viele Vorteile, er schützt die Umwelt und die<br />
Gesundheit der Menschen. Doch weil die Kleinbauern<br />
auch wirtschaftliche Sicherheit benötigen,<br />
war es von Anfang an Ziel des <strong>Helvetas</strong> Projektes,<br />
dass die Baumwolle nicht nur biologisch angebaut,<br />
sondern auch nach Fair-Trade-Richtlinien<br />
gehandelt werden soll. Für <strong>Helvetas</strong> und ihren<br />
Textilpartner Switcher war daher klar, dass man<br />
die Fair-Trade-Bedingungen für das Max Havelaar-Gütesiegel<br />
erfüllen wollte, welche in den<br />
letzten Jahren entwickelt wurden.<br />
Prämien für Sozial-<br />
und Umweltverträglichkeit<br />
Seit kurzem ist die Baumwolle aus Mali nun<br />
Max Havelaar-zertifiziert. Die Bäuerinnen und<br />
Bauern erhalten für ihre biologisch angebaute<br />
Baumwolle neben der Bio-Prämie von 36<br />
Francs CFA (malische Währung) daher neu auch<br />
eine Fair-Trade-Prämie von 36 FCFA, welche<br />
in einen Fonds eingezahlt wird, über den die<br />
Bauern gemeinsam verfügen können. Ausserdem<br />
wurde der kostendeckende Fair-Trade-<br />
Fair-Trade heisst faire Bedingungen in der<br />
ganzen Produktionskette: von den Bäuerinnen<br />
in Mali (oben) bis zu den Nähern in Indien<br />
(unten).<br />
30 <strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong><br />
Minimumpreis auf 236 FCFA festgelegt und liegt<br />
somit weit über dem konventionellen Preis von<br />
210 FCFA (ca. 52 Rappen) pro Kilogramm Rohbaumwolle.<br />
Auf diese Weise erwirtschaften die Fair-<br />
Trade-zertifizierten Biobauern für ihre Baumwolle<br />
insgesamt etwa 50% mehr als ihre<br />
konventionell anbauenden Kollegen. Dieses<br />
Zusatzeinkommen ist vor allem für die Bäuerinnen<br />
äusserst wichtig, die häufig am Existenzminimum<br />
leben. Die Motivation der Biobaumwoll-Bauern<br />
ist denn auch sehr gross, und sie<br />
sehen dank dem Fairen Handel optimistisch in<br />
die Zukunft. Dass sie dazu allen Grund haben<br />
beweist die steigende Nachfrage nach fair gehandelten<br />
Biobaumwoll-Textilien aus Westafrika:<br />
Neben Switcher hat sich unlängst auch die Migros<br />
entschieden, malische Biobaumwolle zu einem<br />
gerechten Preis für ihre Textilien zu beziehen.<br />
Weiterverarbeitung muss<br />
ebenfalls fair sein<br />
Wer das Max Havelaar-Gütesiegel für sein Textil<br />
haben möchte, muss jedoch nicht nur beim Einkauf<br />
der Baumwolle auf die Fair-Trade-Kriterien<br />
achten, sondern auch bei der Weiterverarbeitung<br />
in der gesamten Produktionskette Mindest-Sozialrichtlinien<br />
erfüllen; dazu gehören zum Beispiel<br />
die Zahlung angemessener Löhne, das Verbot<br />
ausbeuterischer Kinderarbeit, die Schaffung<br />
menschenwürdiger Arbeitsbedingungen etc. Eine<br />
unabhängige Kontrollstelle prüft, ob die Kriterien<br />
eingehalten werden. Die Prem-Group in Indien,<br />
der Verarbeiter für Switcher, der auch die <strong>Helvetas</strong><br />
Textilien produziert, ist in diesem Bereich ein<br />
Vorzeigeunternehmen.<br />
Wenn Sie bei <strong>Helvetas</strong> Textilien kaufen, können<br />
Sie daher sicher sein, dass keine Ausbeutung<br />
dahinter steckt. Mit Ihrem Einkauf ermöglichen<br />
Sie vielen Leuten eine lebenswertere Zukunft.<br />
Dies alles zu einem auch für die Konsumenten<br />
fairen Preis und in Top-Qualität. – Was will man<br />
denn noch mehr?<br />
Tobias Meier, Leiter Abteilung Fairer Handel. ■<br />
Wer mehr über das Engagement von <strong>Helvetas</strong><br />
im Bereich Biobaumwolle erfahren möchte, kann<br />
entsprechende Unterlagen bestellen (Telefon 044<br />
368 65 00) oder sich im Internet informieren<br />
(www.bio-baumwolle.ch).<br />
Die Wanderausstellung «Cotton, bio und fair» ist<br />
noch bis zum 7. Juli im Kulturfoyer des Einkaufszentrums<br />
Herblingermarkt in Schaffhausen zu<br />
sehen. Informationen zu weiteren Ausstellungsorten<br />
finden Sie unter: www.bio-baumwolle.ch.<br />
Die Max Havelaar-Stiftung (Schweiz)<br />
Die Max Havelaar-Stiftung (Schweiz) wurde 1992 von den sechs grossen Schweizer Hilfswerken<br />
Brot für alle, Caritas, Fastenopfer, HEKS, <strong>Helvetas</strong> und Swissaid gegründet. Die Stiftung erteilt ein<br />
Gütesiegel für Produkte aus benachteiligten Regionen des Südens, die gemäss sozialen und ökologischen<br />
Kriterien produziert und fair gehandelt werden. Das Max Havelaar-Gütesiegel gab es bisher<br />
für Früchte, Kaffee, Fruchtsäfte, Honig, Schokolade, Kakao, Zucker, Tee, Schnittblumen, Reis und<br />
Pflanzen. Ende April wurden neu auch Baumwoll-Textilien mit dem Gütesiegel<br />
lanciert. Max Havelaar-zertifizierte Produkte sind im Detailhandel, in<br />
der Gastronomie und bei zahlrei- chen Kaffeeröstereien erhältlich.
Jubiläums-T-Shirt<br />
– Limitierte Auflage!<br />
Wir offerieren ein exklusives <strong>Helvetas</strong> Jubliläums-<br />
T-Shirt in limitierter Auflage von 500 Stück zu<br />
50 Franken!<br />
Die vielfältige Arbeit von <strong>Helvetas</strong> im Süden<br />
stellen wir in Form einer Weltkarte (Peters-Projektion)<br />
dar, auf der die 22 aktuellen <strong>Helvetas</strong><br />
Partnerländer eingetragen sind – vom jüngsten<br />
Partnerland Afghanistan bis zu Nepal, wo <strong>Helvetas</strong><br />
die ersten Aktivitäten im Ausland startete.<br />
Zur Herstellung dieses T-Shirts wurde 100%<br />
malische Biobaumwolle aus dem <strong>Helvetas</strong> Handelsförderungsprojekt<br />
verwendet. Vor kurzer Zeit sind<br />
die malischen Baumwollbauern nach den internationalen<br />
Standards des fairen Handels zertifiziert<br />
worden, weshalb wir Ihnen hiermit die ersten<br />
Textilien mit dem Max Havelaar-Gütesiegel anbieten<br />
können.<br />
Sichern Sie sich jetzt schon das Erinnerungs-<br />
T-Shirt!<br />
S (T27S), M (T27M), L (T27L), XL (T27X).<br />
Fr. 50.–<br />
Neu! T-Shirt «Flow»<br />
Mirjam Andres hat wiederum ein T-Shirt-Motiv<br />
für <strong>Helvetas</strong> gestaltet.<br />
Lindengrünes Biobaumwoll-T-Shirt mit aufgedrucktem<br />
Wellen-Sujet auf der Vorderseite.<br />
<strong>Helvetas</strong> Logo auf dem Ärmel. 100% Biobaumwolle<br />
aus Mali. Ausgezeichnet mit dem Max<br />
Havelaar-Gütesiegel.<br />
S (T26S), M (T26M), L (T26L), XL (T26X).<br />
Fr. 34.–<br />
Neu! Damen-Shirt<br />
«Santal»<br />
Die beiden neuen Damen-Shirts mit V-Ausschnitt<br />
in modischen Sommerfarben sind eng tailliert geschnitten<br />
und körperbetont.<br />
Hergestellt aus 100% Biobaumwolle. Ausgezeichnet<br />
mit dem Max Havelaar-Gütesiegel.<br />
Provence-Blau:<br />
S (T61S), M (T61M), L (T61L), XL (T61X)<br />
Orange-Rot:<br />
S (T62S), M (T62M), L (T62L), XL (T62X)<br />
Fr. 26.–<br />
Neu! Kinder-T-Shirt<br />
«Tingatinga»<br />
Nach den drei bereits dieses Jahr lancierten Motiven<br />
«Zebra», «Schildkröte» und «Vogel» folgt in<br />
der T-Shirt-Serie «Tingatinga» das farbenfrohe<br />
Sujet «Buntfische». Die <strong>Helvetas</strong>/Switcher T-Shirts<br />
werden aus 100% Biobaumwolle aus Mali hergestellt.<br />
Ausgezeichnet mit dem Max Havelaar-<br />
Gütesiegel.<br />
Weitere Kinder-T-Shirts finden Sie in unserem<br />
Online Shop über: www.helvetas.ch (FairShop).<br />
Buntfische: 104/4 (TM104), 116/6 (TM116),<br />
128/8 (TM128), 140/10 (TM140).<br />
Fr. 25.–<br />
Einkaufen – ganz<br />
einfach!<br />
Telefon 044 368 65 65<br />
Fax 044 368 65 80<br />
E-Mail info@helvetas.org<br />
Internet www.helvetas.ch<br />
Verlangen Sie unseren Verkaufskatalog!<br />
Alle Produkte können Sie sich auch zu<br />
Hause in unserem Online-Shop ansehen<br />
und unter www.helvetas.biz bestellen.<br />
Oder kommen Sie in unserem Verkaufsladen<br />
vorbei, wenn Sie unsere Artikel<br />
besichtigen, vergleichen, anprobieren<br />
möchten.<br />
Verkaufsladen<br />
St. Moritzstr. 15, Zürich<br />
Offen Montag bis Freitag<br />
8 bis 12 und 13.15 bis 17 Uhr<br />
31
apropos<br />
<strong>Helvetas</strong><br />
Jubiläums-Broschüre<br />
Im Rahmen seiner Lizentiatsarbeit an der Universität<br />
Fribourg hat der Journalist und Historiker<br />
Thomas Möckli die vergangenen fünf Jahrzehnte<br />
<strong>Helvetas</strong> Geschichte aufgearbeitet. Dabei legte er<br />
den Schwerpunkt seiner Forschung auf die Rolle<br />
von <strong>Helvetas</strong> in der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit<br />
und zeichnete ihren Weg<br />
von einem hauptsächlich von Freiwilligen getragenen<br />
Verein zur professionellen Entwicklungsorganisation<br />
nach.<br />
Aus Anlass des 50jährigen <strong>Helvetas</strong> Jubiläums<br />
präsentieren wir – rechtzeitig zum Jubiläumsfest<br />
– eine Zusammenfassung der Ergebnisse<br />
seiner Studie in einem 40seitigen Essay,<br />
das die «50 Jahre <strong>Helvetas</strong>» einem breiteren<br />
Publikum näher bringen möchte. Neben dem<br />
Haupttext enthält die Broschüre ein Geleitwort<br />
des <strong>Helvetas</strong> Präsidenten Peter Arbenz sowie<br />
ein Nachwort des scheidenden Geschäftsleiters<br />
E. Werner Külling. Die Texte sind mit zahlreichen<br />
Fotos aus 50 Jahren <strong>Helvetas</strong> Tätigkeit im In- und<br />
Ausland illustriert.<br />
Sie können die Jubiläums-Broschüre zum<br />
Selbstkostenpreis von SFr. 10.– (inkl. Versand) be-<br />
Jahresbericht 2004<br />
Der Jahresbericht 2004 ist soeben erschienen.<br />
Er enthält einen Überblick über die Länderprogramme<br />
und die Aktivitäten von <strong>Helvetas</strong> in der<br />
Schweiz sowie die Jahresrechnung 2004, welche<br />
dieses Jahr aufgrund der neuen ZEWO-Richtlinien<br />
in wesentlich detaillierterer Form publiziert wird.<br />
Sie können den Jahresbericht mit dem dieser<br />
Nummer der «<strong>Partnerschaft</strong>» beiliegenden Talon<br />
bestellen oder auf unserer Geschäftsstelle anfordern<br />
(telefonisch: 044 368 65 00; per E-Mail:<br />
info@helvetas.org oder via Internet www.helvetas.ch).<br />
Die Bestellung ist kostenlos.<br />
32 <strong>Helvetas</strong> <strong>Partnerschaft</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2005</strong><br />
stellen (entweder telefonisch über unsere Zentrale:<br />
044 368 65 00, per E-Mail: info@helvetas.org<br />
oder via Internet: www.helvetas.org) oder<br />
sie direkt in unserem Verkaufsladen an der<br />
St. Moritzstrasse erwerben.<br />
Vorschau<br />
auf das August-Dossier<br />
50 Jahre EZA<br />
Neue <strong>Helvetas</strong><br />
Strategie <strong>2005</strong>–2010<br />
Im Hinblick auf das Jubiläum «50 Jahre <strong>Helvetas</strong>»<br />
haben Zentralvorstand und Geschäftsstelle<br />
eine neue <strong>Helvetas</strong> Strategie <strong>2005</strong>–<br />
2010 erarbeitet. Neben einer aktualisierten<br />
Lageanalyse enthält sie eine Aufstellung der<br />
wichtigsten Grundlagen der <strong>Helvetas</strong> Tätigkeit<br />
(Vision, Mission und Arbeitsprinzipien)<br />
und legt die Ziele der <strong>Helvetas</strong> Arbeit bis 2010<br />
fest. Das Dokument wird der Öffentlichkeit<br />
pünktlich zum Jubiläumsfest in einer leicht<br />
gekürzten Fassung zur Verfügung gestellt.<br />
Sie können die Strategie <strong>2005</strong>–2010<br />
ab sofort auf der <strong>Helvetas</strong> Geschäftsstelle<br />
bestellen (telefonisch: 044 368 65 00; per<br />
E-Mail: info@helvetas.org oder via Internet<br />
www.helvetas.ch). Die Bestellung ist kostenlos.<br />
Mit <strong>Helvetas</strong> wird auch die<br />
(schweizerische) Entwicklungspolitik,<br />
einschliesslich<br />
der praktischen Entwicklungszusammenarbeit,<br />
dieses<br />
Jahr ein halbes Jahrhundert<br />
alt. Grund genug für die<br />
«<strong>Partnerschaft</strong>», einen Blick<br />
zurückzuwerfen und eine<br />
Standortbestimmung zu wagen:<br />
Wo sind wir nach 50 Jahren Entwicklungszusammenarbeit<br />
angekommen? Was für Lehren lassen sich aus<br />
50 Jahren entwicklungspolitischer Arbeit ziehen? Woran<br />
soll sich die Entwicklungspolitik künftig orientieren? Und<br />
worin bestehen in Zukunft die Herausforderungen für die<br />
EZA im Allgemeinen und eine Entwicklungsorganisation<br />
wie <strong>Helvetas</strong> im Besonderen? Diesen und ähnlichen<br />
Fragen wollen wir im August-Dossier nachgehen. Zu Wort<br />
kommen sollen in dieser Nummer sowohl Experten aus der<br />
Schweiz als auch Entwicklungsfachleute aus dem<br />
Süden. Dabei wollen wir – im Sinne eines konstruktiven<br />
Hinterfragens unserer Tätigkeit – auch Raum bieten für<br />
kritische Analysen und Einwände, die zum Nachdenken<br />
anregen. (SB)