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STEINZEUG Information 2005 - Fachverband Steinzeugindustrie eV

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<strong>Information</strong><br />

<strong>STEINZEUG</strong><br />

Online-Überwachung<br />

der Vorpresskraft<br />

Steinzeug – ein<br />

„starkes Stück“<br />

Der Vortrieb<br />

rechnet sich!<br />

<strong>2005</strong><br />

FV ST<br />

<strong>Fachverband</strong><br />

<strong>Steinzeugindustrie</strong> e.V.


Impressum<br />

Herausgeber:<br />

FVST <strong>Fachverband</strong> <strong>Steinzeugindustrie</strong> e.V.<br />

Alfred-Nobel-Straße 17<br />

50226 Frechen<br />

Tel.: 02234/507-261<br />

Fax: 02234/507-204<br />

E-Mail: info@steinzeug.com<br />

Internet: www.steinzeug.com<br />

Redaktion:<br />

Bau-Ass. Dipl.-Ing. Karl-Heinz Flick<br />

Heiko Daun<br />

Dr. Gabriele Hahn<br />

Redaktionsbüro Dr. Hahn<br />

Postfach 300624<br />

53186 Bonn<br />

Tel.: 0228/464189<br />

Fax: 0228/4339261<br />

E-Mail: redaktion@hahn-bonn.de<br />

Satz:<br />

Satz+Layout Werkstatt Kluth GmbH<br />

Erftstadt<br />

Druck:<br />

Das Druckhaus<br />

Beineke Dickmanns GmbH, Kaarst-Büttgen<br />

Zum Abdruck angenommene Beiträge und Abbildungen gehen im Rahmen der gesetzlichen<br />

Bestimmungen in das Veröffentlichungs- und Verbreitungsrecht des Herausgebers über.<br />

Redaktionelle Überarbeitungen und Kürzungen liegen im Ermessen des Herausgebers.


Denken Sie doch einmal über diese Frage nach. Ich finde sie sehr interessant.<br />

Und Sie? Dabei ist die Antwort doch relativ einfach: An sich nur einmal! Nach<br />

dem Neubau einer Kanalisation beginnt die Betriebszeit; Wartungs-, Reparatur-<br />

und Instandhaltungsarbeiten werden durchgeführt; Anpassungen an die<br />

Kapazität erfolgen ebenfalls. Die Grundsubstanz bleibt erhalten. Dies zeigt<br />

sich auch im Alter der Kanäle. Betriebszeiten von 75 und mehr Jahren sind<br />

üblich und werden auch benötigt. Unverändert gilt: Der Neubau von Kanalisationen<br />

muss darauf ausgerichtet sein. Dass sich Eingangsgrößen im<br />

Laufe von Jahren ändern, ist selbstverständlich, aber die Betriebszeit einer<br />

Kanalisation muss davon unangetastet bleiben. Mit den hierzu notwendigen<br />

Entscheidungen stehen Bauherren und Betreiber von Kanalisationen alleine;<br />

keiner nimmt sie ihnen ab. Allerdings sind Nichtstun und Abwarten im<br />

Sinne eines nachhaltigen Handelns definitiv keine Alternativen.<br />

Die Kanalisationen sind nicht unendlich belastbar. Ob die Bürger heute und<br />

morgen Verständnis aufweisen, Gebührenerhöhungen für kurzlebige bauliche<br />

Entscheidungen mitzutragen, kann mit einem klaren Nein beantwortet<br />

werden. Denn auch sie haben eine Vorstellung davon, wie es in 10, 15 oder<br />

20 Jahren aussieht, wenn weiterhin Salamitaktik gefahren wird.<br />

Hoffentlich ist die Grundsubstanz gut, denn darauf kommt’s an! Nachhaltiges<br />

Handeln im Gewässerschutz – und das bezieht auch die Abwassertechnik<br />

ein – kann einfach nicht billig und nachlässig gestaltet werden. Vorausschauendes<br />

Handeln gibt’s nicht zum Nulltarif, sondern hat seinen Preis. Auf<br />

Sicht stellt sich dann auch der Erfolg ein.<br />

Mit der vorliegenden Ausgabe der <strong>STEINZEUG</strong> <strong>Information</strong> <strong>2005</strong> möchten<br />

wir Sie wieder zu Nachrichten, Berichten, Interviews, Reportagen und<br />

Forschungsthemen einladen, die einerseits Ihren Arbeitsalltag hilfreich begleiten<br />

und andererseits Denkanstöße für Entscheidungen und Unternehmungen<br />

bieten sollen.<br />

Ihr<br />

P.S.: Der <strong>Fachverband</strong> <strong>Steinzeugindustrie</strong> e.V. ist am 1.9.<strong>2005</strong> von Köln-<br />

Marsdorf nach Frechen umgezogen und damit wieder in der Steinzeugstadt<br />

Frechen angesiedelt.<br />

Editorial<br />

Wie oft kann eine Kanalisation gebaut werden?<br />

Dipl.-Ing. Karl-Heinz Flick<br />

Geschäftsführer <strong>Fachverband</strong> <strong>Steinzeugindustrie</strong> e.V.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

1


2<br />

Inhalt<br />

17 Auf nationaler und<br />

internationaler Ebene „regelt“<br />

der FVST mit. Was hat sich im<br />

Regelwerk getan?<br />

10 Die DWA hat in den letzten Jahren im In- und<br />

Ausland zunehmend an Profil gewonnen. Geschäftsführer<br />

Johannes Lohaus umriss in einer Gesprächsrunde<br />

die vornehmlichen Aufgaben und Ziele der<br />

Vereinigung im nationalen und europäischen Umfeld.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

5 Forschung und Technik auf Augenhöhe:<br />

„Hochleistungswerkstoff Steinzeug –<br />

Bauen im gewachsenen urbanen Umfeld“<br />

war das Motto der diesjährigen Tagung<br />

der Hochschullehrer im Bauwesen von<br />

FIHB, FVST und <strong>STEINZEUG</strong> Abwassersysteme<br />

GmbH, in Köln.<br />

60 Karel Michielsen (Keramo Steinzeug N.V.) stellt eine<br />

Studie vor, in der die indirekten Kosten einer Kanalerneuerungsmaßnahme<br />

in offener und geschlossener Bauweise<br />

ermittelt und gegenübergestellt werden.<br />

52 Die italienische Società del Gres<br />

produziert seit über 120 Jahren tubi e<br />

raccordi Gres. Ein Besuch in Sorisole,<br />

der sich gelohnt hat.<br />

Offener Graben Geschlossene Bauweise:<br />

Variante 1<br />

Geschlossene Bauweise:<br />

Variante 2<br />

Projektkosten 4.037.216 € 5.219.225 € 4.883.475 €<br />

indirekte Kosten 2.556.462 € 508.326 € 508.326 €<br />

Gesamt 6.693.678 € 5.727.551 € 5.391.801 €


27 An der RWTH<br />

Aachen wurde ein<br />

Überwachungssystem<br />

entwickelt, mit dem<br />

die Spannungsverteilung<br />

in den Rohrfugen<br />

beim Rohrvortrieb<br />

visualisiert und überwacht<br />

werden kann.<br />

Inhalt<br />

■ Editorial<br />

Wie oft kann eine Kanalisation gebaut werden? 1<br />

■ Verbandsnachrichten<br />

„Rohrleitungen für eine sich wandelnde Gesellschaft“ 4<br />

Forschung und Technik auf Augenhöhe 5<br />

DWA-Inhouse-Schulung und -Seminare ... unter Mitwirkung des FVST 8<br />

Dr. rer. pol. Dr.-Ing. E.h. Gottfried Cremer † 9<br />

■ Blickpunkt EU<br />

„Die Identifikation ist sehr groß“ 10<br />

Umweltgerechte Vergabe wird von EU-Kommission gefördert 14<br />

■ Regelwerknews<br />

Der FVST „regelt“ in den Gremien mit 17<br />

■ Forschung + Technik<br />

Statische Berechnung von …<br />

… in Weimarer Boden-Mörtel ® eingebetteten Rohrleitungen 20<br />

Online-Überwachung der Vorpresskraft beim Rohrvortrieb 27<br />

Auswahl des Maschinensystems bei Rohrvortrieben 32<br />

Steinzeug – ein „starkes Stück“ 41<br />

Erneuerung der Dichtung …<br />

… an Steinzeugrohrverbindungen älterer Bauart 46<br />

■ Baustellenbericht/-reportage<br />

Mikrotunnelverfahren im Breslauer Gewerbegebiet 50<br />

■ Portrait/Interview<br />

Zu Gast bei der Società del Gres 52<br />

Leitungsbau – Abwasser/Wasser/Gas 56<br />

■ Wirtschaft + Recht<br />

Der Vortrieb rechnet sich! 60<br />

■ Messen + Kongresse<br />

IFAT <strong>2005</strong> – FVST-Mitglieder waren gut vertreten 68<br />

Überzeugungsarbeit in Bergisch-Gladbach 69<br />

Branchentermine im Überblick 70<br />

■ Last Minute<br />

Ein paar „Klicks“ reichen aus 71<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

3


4<br />

Verbandsnachrichten<br />

FVST beim IRO 2006<br />

„Rohrleitungen – für eine sich<br />

wandelnde Gesellschaft“<br />

Am 9. und 10. Februar 2006<br />

findet zum 20. Mal im Institut<br />

für Rohrleitungsbau an<br />

der Fachhochschule Oldenburg/<br />

Ostfriesland/Wilhelmshaven das<br />

„Oldenburger Rohrleitungsforum“<br />

statt. Mit dem diesjährigen Leitmotiv<br />

„Rohrleitungen – für eine sich<br />

wandelnde Gesellschaft“ wird ein<br />

Thema aufgegriffen, dem sich zunehmend<br />

auch die Rohrleitungsbranche<br />

stellen muss. Daneben werden<br />

selbstverständlich auch die<br />

technischen Entwicklungen und<br />

Neuerungen des Rohrleitungsmarktes<br />

in Vorträgen und Ausstellungen<br />

ihren Platz haben.<br />

Der <strong>Fachverband</strong> <strong>Steinzeugindustrie</strong><br />

e.V. wird wie gewohnt mit einem eigenen<br />

Vortragsblock in Oldenburg<br />

vertreten sein, in dem der Kanalneubau<br />

und die Verbindungstechniken<br />

von Steinzeugrohren im bestehenden<br />

Netz im Mittelpunkt stehen:<br />

Der Einbau von Rohren nicht begehbarer<br />

Nennweiten im Mikrotunnelbau<br />

erfolgt nunmehr seit über 20<br />

Jahren. Die Überwachung des Vortriebs<br />

anhand der aufgezeichneten<br />

Daten der Vortriebsmaschine und<br />

die direkte Rückkopplung auf die<br />

Vortriebsrohre kann jetzt beginnen.<br />

Die wissenschaftlichen Untersuchungen<br />

dazu sowie deren direkter<br />

Bezug zur Baustellenpraxis an der<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

RWTH Aachen sind abgeschlossen. Im Rahmen von Pilotverfahren kann<br />

diese Technik nun eingesetzt werden.<br />

Für die Entwicklung selbstverdichtender Verfüllmaterialien für den Kanalbau<br />

sind vielerorts große Anstrengungen unternommen worden. Der Einbau von<br />

Rohren in selbstverdichtenden Verfüllmaterialien bietet nach Angaben der<br />

Vortragsblock Steinzeug<br />

10.02.2006, 11:00 – 12:30 Uhr<br />

Online-Überwachung der Vorpresskraft beim Rohrvortrieb<br />

Referent: Dr.-Ing. Joachim Beyert<br />

Institut für Baumaschinen und Baubetrieb,<br />

RWTH Aachen<br />

Selbstverdichtende Verfüllmaterialien für den Kanalbau –<br />

Ergebnisse einer Diplomarbeit an der FH Lippe und Höxter<br />

Referent: Dipl.-Ing. Michael Redeker<br />

Extertal<br />

Nachträgliche Dichtungsarbeiten an nicht begehbaren<br />

Abwasserkanälen als Maßnahme zur Verlängerung der<br />

betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer<br />

Referenten: Dipl.-Ing. Hans-Joachim Purde<br />

Purde, John & Partner Diplom-Ingenieure, Baldham<br />

Dipl.-Ing. Hans-Peter Hecker<br />

Kanaltechnik Geiger & Kunz GmbH & Co. KG,<br />

München<br />

Moderation: Bau-Ass. Dipl.-Ing. Karl-Heinz Flick<br />

<strong>Fachverband</strong> <strong>Steinzeugindustrie</strong> e.V., Frechen<br />

Weitere <strong>Information</strong>en zum 20. Oldenburger Rohrleitungsforum erhalten<br />

Sie unter den angegebenen Kontaktmöglichkeiten.


Hersteller neben der Kostenreduzierung durch schmalere Rohrgräben und<br />

Wiederverwendung des Aushubmaterials zugleich eine Erhöhung der<br />

Sicherheiten der Rohre. Dennoch sind auch dem Einsatz dieser Verfüllmaterialien<br />

Grenzen gesetzt.<br />

Die bekannt hohe Lebensdauer von Steinzeugbauteilen in der Kanalisation<br />

ist unbestritten anerkannt. Bis zur Umstellung auf werkseitig hergestellte<br />

Dichtungen wurde die Qualität z.B. durch die Wahl der Dichtstoffe, der Zulieferung<br />

von Dichtungen sowie durch die Bauausführung bestimmt. Wie<br />

können nun diese Verbindungen so nachgearbeitet werden, dass sie den<br />

Dichtheitsanforderungen von heute entsprechen, die Anforderungen an<br />

heutige Abwasserleitungen erfüllen und zukünftige Nutzungen nicht einschränken?<br />

Zur Klärung dieser Fragen wurde ein Forschungsvorhaben in Auftrag<br />

gegeben. Die Ergebnisse aus der Zusammenarbeit zwischen dem Ingenieurbüro<br />

PJP, der Kanaltechnik Geiger & Kunz GmbH & Co. KG und der<br />

<strong>STEINZEUG</strong> Abwassersysteme GmbH liegen nun vor (siehe auch S. 46).<br />

Kontakt<br />

Verbandsnachrichten<br />

Institut für Rohrleitungsbau an der<br />

Fachhochschule Oldenburg e.V.<br />

Ofener Straße 18<br />

26121 Oldenburg<br />

Tel.: 04 41/36 10 39-0<br />

Fax: 04 41/36 10 39-10<br />

E-Mail: ina.kleist@iro-online.de<br />

Industrie und Hochschule<br />

Forschung und Technik auf Augenhöhe<br />

Unter dem Motto „Hochleistungswerkstoff Steinzeug – Bauen im gewachsenen<br />

urbanen Umfeld“ stand die diesjährige Tagung der Hochschullehrer<br />

im Bauwesen, zu der die FIHB Fördergemeinschaft zur <strong>Information</strong><br />

der Hochschullehrer des Bauwesens e.V., der FVST <strong>Fachverband</strong><br />

<strong>Steinzeugindustrie</strong> e.V. und die <strong>STEINZEUG</strong> Abwassersysteme GmbH im Oktober<br />

nach Köln eingeladen hatten. Ziel dieser seit 1965 im Zwei-Jahres-<br />

Rhythmus stattfindenden Veranstaltung (vielen auch als Dozententagung bekannt)<br />

ist der <strong>Information</strong>s- und Erfahrungsaustausch zwischen der <strong>Steinzeugindustrie</strong><br />

und den bundesweiten Hochschulen.<br />

In den vielen Jahren ihres Bestehens hat sich diese Dozententagung sukzessive<br />

zu einer attraktiven Kommunikationsplattform für Forschung und Anwendungstechnik<br />

gleichermaßen entwickelt.<br />

Der erste Tagungstag in den Räumlichkeiten des Klärwerks Köln-Stammheim<br />

bot den rund 25 Teilnehmern ein entsprechend ausgewogenes Programm:<br />

Dipl.-Ing. Uwe Bormann, in der Produktion und Entwicklung der <strong>STEINZEUG</strong><br />

Abwassersysteme GmbH Frechen tätig, ließ in seinem einführenden Vortrag<br />

Hochleistungswerkstoff Steinzeug keinen Zweifel an den herausragenden<br />

technischen Eigenschaften und Qualitäten dieses traditionsreichen und<br />

gleichzeitig modernen Rohrmaterials. Er definierte die wesentlichen Ziele der<br />

Werkstoffentwicklung, wie z. B. die Steigerung der Bauteilfestigkeit, die v. a.<br />

von der Auswahl der Rohstoffe und deren Eigenschaften abhängt, sowie die<br />

wesentlichen Ziele der Verfahrensentwicklung, wie z. B. die Optimierung der<br />

thermischen Prozesse oder die Optimierung der Misch-, Zerkleinerungs- und<br />

Homogenisierungstechnik. Sowohl<br />

die Werkstoffentwicklung als auch<br />

die Prozessoptimierung haben in<br />

den letzten Jahren zu deutlichen Produktverbesserungen<br />

geführt. Als<br />

Beispiele nannte Bormann die Erhöhung<br />

von Kaltdruck- und Ringbiegezugfestigkeit<br />

sowie die Steigerung<br />

der spezifischen Werkstofffestigkeit<br />

und die Verdopplung der theoretischen<br />

Vortriebsbemessungskraft.<br />

Dipl.-Ing. Karl-Heinz Flick, Geschäftsführer<br />

des <strong>Fachverband</strong>es<br />

<strong>Steinzeugindustrie</strong> e.V., stellte das<br />

Produkt Steinzeug im Spiegel der<br />

Regelwerke dar. Dabei fokussierte<br />

er seine Ausführungen auf die Regelwerke<br />

von DIN, DWA und CEN, die<br />

derzeit in Bearbeitung sind oder in<br />

Kürze neu erscheinen. Für die in Bearbeitung<br />

befindlichen Regelwerke<br />

erläuterte er die jeweiligen Standpunkte<br />

bzw. wichtigsten Anforde-<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

5


6<br />

Verbandsnachrichten<br />

rungen aus der Sicht des FVST und<br />

umriss die Zielsetzungen für spezielle<br />

Steinzeug-Produktnormen.<br />

Die Positionierung einer Industriemarke<br />

im globalen Wettbewerb<br />

erläuterte Dipl.-Ing. Dietmar Böhme,<br />

<strong>STEINZEUG</strong> Abwassersysteme<br />

GmbH, anhand des Firmen-Kommunikationskonzeptes.<br />

Als Kernaussage<br />

ist festzuhalten, dass die Produkte<br />

der <strong>STEINZEUG</strong> Abwassersysteme<br />

GmbH auch im Sinne der<br />

Nachhaltigkeit im internationalen<br />

Wettbewerb in der ersten Reihe stehen.<br />

Denn: Nachhaltigkeit in der Abwassertechnik<br />

bedeutet auch, den<br />

Wasserkreislauf nicht negativ zu beeinflussen,<br />

ökologische und Ressourcen<br />

schonende Materialien und Ver-<br />

In den Räumlichkeiten des Klärwerks Köln-Stammheim trafen<br />

sich Vertreter von Hochschulen, Forschungseinrichtungen<br />

und der <strong>Steinzeugindustrie</strong> zum <strong>Information</strong>s- und Erfahrungsaustausch.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

fahren einzusetzen sowie generationenüberschreitend vorausschauend zu<br />

handeln. Die Steinzeugprodukte erfüllen diese Kriterien und sind damit ein<br />

Werkstoff, der überzeugt.<br />

Aus Forschung und Technik berichtete Dipl.-Ing. Ulrich Bohle vom Institut<br />

für Baumaschinen und Baubetrieb an der RWTH Aachen. Er stellte ein Forschungsprojekt<br />

vor, in dem unter realen Bedingungen Untersuchungen der<br />

Belastungszustände von Vortriebsrohren durchgeführt wurden, da beim<br />

Rohrvortrieb Schäden in Form von Rissbildungen und Abplatzungen auftreten<br />

können. Die Ursache dafür liegt in der Überlastung der Rohre, die selten<br />

als Folge einer unzulässigen Erhöhung der Presskräfte auftritt, sondern oftmals<br />

aus einer zu großen Verwinkelung der Vortriebsrohre resultiert. Bohle<br />

stellte die Untersuchungsergebnisse sowie das an der RWTH entwickelte<br />

Überwachungssystem vor, mit dem die Spannungsverteilung in den Rohrfugen<br />

visualisiert und überwacht werden kann.<br />

Neue Technologien der Grabenverfüllung mit selbstverdichtenden Verfüllmaterialien<br />

hat das FITR Forschungsinstitut für Tief- und Rohrleitungsbau<br />

Weimar e.V. entwickelt. Dipl.-Ing. Ute Büchner beschrieb an verschiedenen<br />

Projekten den Einsatz des Weimarer Boden-Mörtels (WBM), der<br />

aufgrund seiner Fließfähigkeit verdichtungslos einbaubar ist und hohe Tragfähigkeit<br />

besitzt. Zu 90 % besteht er aus Recyclingmaterial<br />

und/oder natürlichen Aushubböden, wie Kies, Sand,<br />

Schluff und Ton, auf deren Zusammensetzung und Eigenschaften<br />

Art und Menge der Zugaben für die endgültige<br />

Mischung basieren. Als Verflüssiger wird eine Mischung aus<br />

Wasser und Ton sowie spezielle Zusätze verwendet, als Stabilisator<br />

dient die Zugabe von Zement. Der Einbau von<br />

Rohren in selbstverdichtenden Mörteln bietet neben der<br />

Kostenreduzierung durch schmalere Rohrgräben und Wiederverwendung<br />

des Aushubmaterials zugleich eine Erhöhung<br />

der Sicherheiten der Rohre.<br />

Den Schlussteil des Tages gestalteten zwei ausführliche<br />

Referate aus dem Hause der StEB Stadtentwässerungsbetriebe<br />

Köln, AöR. Dipl.-Ing. Henning Werker stellte das Entwässerungskonzept<br />

der StEB vor, das „Abwasserkonzept<br />

2000“. Bestandteile dieses Konzepts sind das<br />

● Abwasserbeseitigungskonzept<br />

● Betriebssicherungskonzept<br />

● Grundstücksentwässerungskonzept<br />

● Hochwasserschutzkonzept, Teil Abwasser<br />

Das Abwasserbeseitigungskonzept nimmt dabei den größten<br />

Raum ein; es steht als Grundlage der mittel- und langfristigen<br />

Investitionsprogramme. Prioritätensetzung und<br />

Dringlichkeitsstufung erfolgen unter Berücksichtigung ökologischer<br />

und ökonomischer Gesichtspunkte sowie anhand<br />

dynamischer Kostenvergleichsrechnungen entsprechend<br />

den LAWA-Leitlinien. Das „Projektmanagement“ versucht,<br />

die Unternehmensgesamtplanung zu realisieren und beinhaltet<br />

im Wesentlichen das operative Controlling mit den<br />

Komponenten:


Im Gänsemarsch ging’s am 2. Tag in<br />

den Kölner Stollen unter die Fußgängerzone:<br />

Hier werden zurzeit im bergmännischen<br />

Tunnelbauverfahren die fast<br />

100-jährigen Steinzeugrohre erneuert.<br />

„Licht am Ende des Tunnels“ für die<br />

Mineure an der Ortsbrust. Für die Aufrechterhaltung<br />

der Kanalisation wurden<br />

provisorische Leitungen eingebaut.<br />

● Umweltschutzcontrolling<br />

● Investitionscontrolling<br />

● Projektcontrolling<br />

Den Ausführungen von Dipl.-Ing. Joachim Lehnert über die bauliche Ausbildung<br />

zum Hochwasserschutz in Köln folgten die Tagungsteilnehmer auch<br />

zu fortgeschrittener Stunde mit unverminderter Aufmerksamkeit.<br />

Wie für den Bereich Abwasser ist auch für den Hochwasserschutz ein Konzept<br />

erarbeitet worden (1996), in dem die einzelnen Abschnitte zur Umsetzung<br />

definiert sind. Anhand einer Vielzahl von Projekten stellte Lehnert Baumaßnahmen<br />

vor, die<br />

● das Freihalten von Überschwemmungsgebieten<br />

● die Bodenentsiegelung und Regenwasserversickerung<br />

● die Renaturierung von Bachläufen<br />

● die Schaffung von zwei Retentionsräumen mit Rückverlegung der Deiche<br />

ermöglichen und noch ermöglichen werden. Während des Vortrags wurde<br />

sehr deutlich, wie lange der Weg zu einer trockenen Stadt sein wird, da die<br />

juristischen Auseinandersetzungen um Haus und Grund gewaltig sind.<br />

Der zweite Tag war im wahrsten Wortsinn dem unterirdischen Köln gewidmet.<br />

Zurzeit werden in einem großen Bereich der stark frequentierten Fußgängerzone,<br />

speziell der Einkaufszone, die fast hundertjährigen Steinzeug-<br />

Abwasserleitungen inklusive der Hausanschlüsse erneuert.<br />

Aufgrund der extrem engen Bebauung in relativ engen Straßen und aufgrund<br />

der hohen Frequentierung durch Einkaufskunden und Touristen, kam<br />

die Erneuerung der Kanäle in offener Bauweise nicht infrage. Die Stadtentwässerungsbetriebe<br />

Köln entschieden sich für den so genannten „Kölner<br />

Stollen“. Der Kölner Stollen ist eine bergmännische Tunnelbauweise für Ortbeton-<br />

und Rohrkanäle in Böden aller Art, für die das Bauunternehmen Friedrich<br />

Wassermann GmbH & Co., Köln, mehrere Verfahren entwickelt hat. Diese<br />

umfangreiche Maßnahme in der Innenstadt teilt sich das Unternehmen<br />

Verbandsnachrichten<br />

Die ersten neuen Steinzeugrohre im<br />

Stollen sind bereits eingebaut.<br />

jedoch mit dem ebenso erfahrenen<br />

Bauunternehmen Weitz & Co., um<br />

aufgrund der römischen und mittelalterlichen<br />

Vergangenheit der Stadt,<br />

die in den Stollen zu Tage tritt und<br />

für ausreichende Baustopps sorgt,<br />

halbwegs passable Bauzeiten zu erreichen.<br />

Die Tagungsteilnehmer hatten die<br />

einmalige Gelegenheit, unter sachkundiger<br />

Führung der beiden Bauleiter<br />

die Stollen unter der Stadt mit<br />

den zum Teil schon eingebauten<br />

Steinzeugrohren zu besichtigen.<br />

Mit einem großen Fundus an <strong>Information</strong>en<br />

aus Forschung und Praxis<br />

im Gepäck ging eine erfolgreiche<br />

Steinzeug-Dozententagung zu Ende.<br />

Herzlich gedankt sei an dieser Stelle der<br />

StEB für die Ausrichtung der Tagung im<br />

Klärwerk, für die Vorträge der beiden<br />

Referenten sowie für die fachliche<br />

Begleitung am Kölner Stollen.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

7


8<br />

Verbandsnachrichten<br />

DWA-Inhouse-Schulung + -Seminare …<br />

... unter Mitwirkung des FVST<br />

Die fachliche Weiterbildung<br />

im Kanalbau beschritt am 8.<br />

Juni <strong>2005</strong> neue Wege mit einer<br />

Inhouse-Schulung bei den Stadtwerken<br />

Trier. Die Leitung lag im Namen<br />

der DWA in den Händen von<br />

Dipl.-Ing. Karl-Heinz Flick.<br />

Die Stadtwerke Trier bauen zwischenzeitlich<br />

auch die Abwasserkanäle<br />

für die Stadt Trier. Ziele der Inhouse-Schulung<br />

waren, die Besonderheiten<br />

des Kanalbaus im Tiefbau,<br />

die Anforderungen an Bauwerke der<br />

Ortsentwässerung, die technischen<br />

Regelwerke von DIN und DWA in ihrer<br />

Anwendung sowie die erforderlichen<br />

Maßnahmen zur Qualitätssi-<br />

Unter der gemeinsamen Leitung<br />

von Dr.-Ing. Helmuth<br />

Friede (Gütegemeinschaft<br />

Güteschutz Kanalbau) und Dipl.-<br />

Ing. Karl-Heinz Flick (FVST) fand am<br />

28. September <strong>2005</strong> in Mannheim<br />

das DWA-Seminar Fachgerechte<br />

Herstellung von Abwasserleitungen<br />

und -kanälen statt.<br />

Die fachgerechte Herstellung und<br />

Gütesicherung sind anerkanntermaßen<br />

inhaltlich miteinander verbunden.<br />

In diesem Seminar wurden<br />

Themen zu Planung, Bauausführung<br />

und Prüfung von Abwasserkanälen<br />

sowie deren Gütesicherung behandelt.<br />

Angesprochen waren Planer<br />

und Bauleiter von Kommunen und<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

cherung zu vermitteln. Dazu standen die folgenden Einzelthemen und Referenten<br />

zur Verfügung:<br />

● Rohrstatik und Wechselwirkung mit der Bauausführung<br />

(Dipl.-Ing. Karl-Heinz Flick, <strong>Fachverband</strong> <strong>Steinzeugindustrie</strong> e.V., Frechen)<br />

● Bauwerke der Ortsentwässerung<br />

(Dr.-Ing. Sören Knoll, Ingenieurbüro Stecha, Wiesbaden)<br />

● Güteüberwachung<br />

(Dipl.-Ing. Hans-Willi Bienentreu, Gütegemeinschaft Güteschutz Kanalbau,<br />

Bad Honnef)<br />

● Abnahmeprüfungen<br />

(Dipl.-Ing. Hans-Willi Bienentreu)<br />

● Verlegung<br />

(Dipl.-Ing. Karl-Heinz Flick)<br />

Das direkte Gespräch mit den Teilnehmern, das Eingehen auf die örtlichen<br />

Besonderheiten und die zu jeder Zeit mögliche Diskussion in gewohnter Umgebung<br />

für die Zuhörer stellen die Inhouse-Schulung als sehr attraktive und<br />

akzeptierte Möglichkeit der Weiterbildung dar.<br />

Bauunternehmen. Das Seminar diente<br />

auch dem Nachweis der Fortbildung auf<br />

dem Gebiet des Baus von Abwasserkanalisationen.<br />

Beim Seminar in Leipzig Hydraulische<br />

Planung von Abwasseranlagen (29./30.<br />

November <strong>2005</strong>) stand die hydraulische<br />

Berechnung von Abwasserleitungen und<br />

-kanälen sowie Bauwerken im Vordergrund.<br />

Der erste Seminartag wurde von Dipl.-Ing. K.-H. Flick geleitet und<br />

behandelte die Grundlagen der hydraulischen Berechnung von Kanälen und<br />

Bauwerken. Besonders herauszuheben sind dabei die Neuerungen, die sich<br />

aus der Bearbeitung des ATV-DVWK-Arbeitsblattes A 112 in der zuständigen<br />

Arbeitsgruppe ergeben haben und demnächst als Entwurf zu A 112 erscheinen<br />

werden. Das Referententeam setzte sich im Wesentlichen aus Mitarbeitern<br />

der DWA-Arbeitsgruppe ES 2.2 zusammen. Der zweite Seminartag stand<br />

unter der Leitung von Prof. Dipl.-Ing. D. Sitzmann und konzentrierte sich auf<br />

die hydraulische Kläranlagenplanung.


Verbandsnachrichten<br />

Die Entwicklung maßgeblich vorangetrieben<br />

Dr. rer. pol. Dr.-Ing. E.h. Gottfried Cremer †<br />

m 15. Oktober <strong>2005</strong> verstarb nach einem erfüllten Leben Dr. Dr.<br />

Gottfried Cremer im gesegneten Alter von 99 Jahren.<br />

Gottfried Cremer leitete in der Zeit von 1949 bis 1990 als Aufsichtsratsvorsitzender<br />

die Cremer Gruppe, der das von seinem Vater im Jahre 1906<br />

gegründete Unternehmen zur Steinzeugrohrproduktion Cremer & Breuer in<br />

Frechen angehört. Nach dem Zweiten Weltkrieg vollzog er den Umbruch von<br />

der Manufaktur zur industriellen Fertigung mit Mechanisierung der Formgebung<br />

und Einführung der kontinuierlichen Trocknung der Rohre. In dem für<br />

ihn patentierten Tunnelofen gelang es ihm durch Veränderung von Befeuerung<br />

und Kühlung, Steinzeugrohre aller Formate und Wanddicken ebenfalls<br />

kontinuierlich zu brennen. Für die gesamte <strong>Steinzeugindustrie</strong> war es ein weiterer<br />

Schritt, dass auf Cremers Initiative hin die Forschung auf eine breite Basis<br />

gestellt wurde. Dadurch konnten in Verbindung mit neuen Fertigungstechniken<br />

deutliche Produktionsverbesserungen erreicht werden. Zu nennen<br />

sind hierbei u.a. die Erhöhung der Tragfähigkeit, die Vergrößerung der Baulänge<br />

und die Herstellung maschinengefertigter<br />

Abzweige. Gleichermaßen<br />

wurden die Grundlagen zur Herstellung<br />

von Großrohren bis DN 1400 geschaffen.<br />

Zeit seines Lebens war Gottfried<br />

Cremer weitblickend und verantwortlich<br />

tätig, was sich in zahlreichen Ehrungen<br />

und Auszeichnungen, die ihm<br />

verliehen wurden, widerspiegelt. Mit<br />

Gottfried Cremer hat die <strong>Steinzeugindustrie</strong><br />

eine herausragende und angesehene<br />

Unternehmerpersönlichkeit<br />

verloren, die die Entwicklung der<br />

Cremer Gruppe maßgeblich mitverantwortete,<br />

die Entwicklung des Werkstoffs<br />

Keramik unermüdlich vorangetrieben<br />

und die Produktionstechnik<br />

mit profunden Fachkenntnissen modernisiert<br />

hat. Mitarbeiter und Geschäftspartner<br />

schätzten seine persönliche<br />

Art ganz besonders.<br />

Dr. rer. pol. Dr.-Ing. E.h. Gottfried Cremer<br />

Nach dem Ausscheiden aus der aktiven<br />

Führung der Cremer Gruppe hat<br />

sich Gottfried Cremer verstärkt der<br />

modernen keramischen Kunst gewidmet.<br />

So war es ihm als herausragendem<br />

Kenner ein besonderes Anliegen,<br />

diese Kunst und die Künstler<br />

zu fördern. In seiner Heimatstadt<br />

Frechen steht das KERAMION mit<br />

der größten europäischenprivatenSammlung<br />

von Keramikkunst.<br />

3.10.1906 geboren in Frechen<br />

1929 Dr. rer. pol. an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck<br />

1949 bis 1990 Aufsichtsratsvorsitzender der Cremer Gruppe<br />

1957 bis 1969 Präsident der Deutschen Keramischen Gesellschaft<br />

1969 Ehrenpräsident der Deutschen Keramischen Gesellschaft<br />

1962 Verleihung des bayerischen Verdienstordens<br />

1963 Ehrenbürger des Marktes Schwarzenfeld<br />

1967 Dr.-Ing. E.h. der Technischen Universität Clausthal<br />

1967 bis 1971 Mitglied im Vorstand des <strong>Fachverband</strong>es <strong>Steinzeugindustrie</strong><br />

e.V.<br />

1976 Ehrenbürger der Stadt Frechen<br />

1988 Verleihung der Verdienstmedaille des Landes Baden-<br />

Württemberg<br />

1988 Ehrenvorsitzender des <strong>Fachverband</strong>s <strong>Steinzeugindustrie</strong><br />

e.V.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

9


10<br />

Blickpunkt EU<br />

Gesprächsrunde mit Johannes Lohaus<br />

„Die Identifikation ist sehr groß“<br />

Bauass. Dipl.-Ing. Johannes Lohaus<br />

ist Geschäftsführer der<br />

DWA Deutsche Vereinigung<br />

für Wasserwirtschaft, Abwasser und<br />

Abfall e.V. sowie Generalsekretär des<br />

Dachverbandes EWA European Water<br />

Association. Das verstärkte Engagement<br />

der DWA auf europäischer<br />

Ebene über die EWA, die Ergebnisse<br />

der diesjährigen Bundestagung in<br />

Potsdam sowie die professionelle Arbeit<br />

für die Mitglieder des Verbandes<br />

weckten die Neugierde auf ein Gespräch<br />

mit dem Mann, der die Fäden<br />

in der Hand hält: Johannes Lohaus.<br />

?<br />

Herr Lohaus, Sie sind seit 1. März<br />

dieses Jahres Geschäftsführer der<br />

DWA. Worin bestand und besteht für<br />

Sie der Reiz, sich dieser Herausforderung<br />

zu stellen?<br />

Lohaus: Seit meinem Studium kenne<br />

ich die DWA und bin ihr seitdem<br />

eng verbunden. Nach verschiedenen<br />

beruflichen Stationen habe ich<br />

1988 bei ihr angefangen, damals<br />

hieß sie noch ATV. Mit der Wiedervereinigung<br />

ist der Verband stark gewachsen.<br />

Das war für uns alle eine<br />

spannende Zeit. Als sich jetzt für<br />

mich die Möglichkeit ergab, Geschäftsführer<br />

der DWA zu werden,<br />

habe ich diese Chance sehr gerne<br />

genutzt. Der Reiz liegt sicherlich darin,<br />

sich mit unterschiedlichsten The-<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

men und Fachleuten im zunehmend<br />

internationaler werdenden Umweltbereich<br />

befassen zu können.<br />

Flick: Das betrifft doch dann auch<br />

internationale Belange, die sowohl<br />

aus dem Ausland hierher nach<br />

Deutschland kommen als auch die<br />

direkte Tätigkeit der DWA als deutsche<br />

Organisation im Ausland.<br />

Lohaus: Wir sind in erster Linie eine deutsche Vereinigung und werden auch<br />

sicherlich eine deutsche Vereinigung bleiben. Allerdings haben wir unsere<br />

internationalen Dachverbände. In Europa ist dies die European Water Association<br />

(EWA) und weltweit die International Water Association (IWA). Wir<br />

merken zunehmend, dass unsere Arbeit im Ausland sehr gut wahrgenommen<br />

wird. Deutsches Know-how ist weltweit stark gefragt. Wenn wir in der<br />

entwicklungspolitischen Zusammenarbeit helfen können, tun wir das gerne.<br />

?<br />

Die Anforderungen an den Verband sind, wie überall, deutlich gestiegen.<br />

Denn auch in der deutschen Wasserwirtschaft hat ein Wandel der rechtlichen,<br />

politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stattgefunden.<br />

Haben Sie aufgrund dessen mit Ihrem Amtsantritt Kursänderungen vorgenommen<br />

und Ziele neu definiert?<br />

Lohaus: Wir stehen in einer gewissen Tradition. Umbrüche wird es daher<br />

nicht geben. Dennoch: In den letzten Jahren ist die DWA zunehmend professioneller<br />

geworden. Diese Entwicklung hat der Vorstand bewusst betrieben<br />

und dies wird auch von den Mitgliedern anerkannt. Die Identifikation<br />

mit dem Verband ist sehr groß. Aufgrund der zur Zeit schwierigen wirtschaftlichen<br />

Lage, die auch viele unserer Mitglieder betrifft, müssen wir sehr sparsam<br />

haushalten. Wir wollen trotzdem unseren Mitgliederservice weiter ausbauen<br />

und haben u.a. in der Bundesgeschäftsstelle Anfang des Jahres ein<br />

Kundenzentrum eingerichtet. Weitere Änderungen betreffen die verbandsinterne<br />

Organisation, hier haben wir insbesondere bei der Zusammenarbeit<br />

mit den Landesverbänden gute Fortschritte erzielt. Dies wird unsere Vereinigung<br />

stärken und unseren Mitgliedern zugute kommen.


?<br />

Noch einmal zurück zum Ausland. Sie sagten eben, dass Deutschland im<br />

Ausland deutlicher wahrgenommen wird. Wie „reagieren“ Sie als DWA<br />

darauf? Wie und wo sind Sie präsent?<br />

Lohaus: Seit Anfang der 90er Jahre engagieren wir uns intensiv im Bereich<br />

der Europäischen Normung. 2003 haben wir eine Resolution zur Internationalen<br />

Zusammenarbeit verfasst. Mitte dieses Jahres haben wir eine Kooperationsvereinbarung<br />

mit dem Deutschen Entwicklungsdienst, DED, geschlossen.<br />

Ein Mitarbeiter des DED ist nun seit einigen Monaten hier in unserer<br />

Geschäftsstelle tätig. Mit dieser Kooperation verfolgen beide Partner das Ziel,<br />

den <strong>Information</strong>saustausch Ausland/Inland im Bereich der entwicklungspolitischen<br />

Zusammenarbeit zu fördern. Dies kann auch den wirtschaftlichen<br />

Interessen deutscher Unternehmen dienen. Konkret bringen wir uns außerdem<br />

bei der IFAT China ein, die nächstes Jahr zum zweiten Mal in Shanghai<br />

stattfindet. Die DWA wird dort das Kongressprogramm ausrichten.<br />

Flick: Ein Beispiel dafür ist wohl auch die Vielfältigkeit der mittlerweile vorliegenden<br />

und in andere Sprachen übersetzten Merk- und Arbeitsblätter?<br />

Lohaus: Ja. Hier ist die europäische Normung auslösender Faktor gewesen.<br />

Sie hat uns dazu geführt, internationaler zu denken und zu handeln. Gerade<br />

was den abwassertechnischen Teil unseres Regelwerkes betrifft, haben wir<br />

mittlerweile 70 bis 80 % ins Englische übersetzt. Ganz aktuell haben wir zur<br />

diesjährigen IFAT noch einmal eine CD-ROM herausgegeben, auf der alle<br />

übersetzten Publikationen zusammengefasst sind.<br />

?<br />

Arbeiten Sie auch mit anderen europäischen Verbänden zusammen?<br />

Lohaus: Wie bereits ausgeführt ist die DWA in der European Water Association<br />

(EWA) organisiert, deren Geschäftsführung hier in unserem Hause liegt.<br />

Ich selbst habe bei der EWA die Aufgabe des Generalsekretärs. Als EWA pflegen<br />

wir Kontakte zur EU-Kommission und zu den europäischen Normungsgremien.<br />

Wir fördern insbesondere den Erfahrungsaustausch auf europäischer<br />

Ebene. Das beste Beispiel unserer Aktivitäten ist die IFAT. Ohne das von<br />

der EWA ausgerichtete Europäische Abwassersymposium wäre die IFAT in<br />

ihrer jetzigen Form und Größe nicht denkbar. Im nächsten Jahr können wir<br />

übrigens das 25-jährige Jubiläum der EWA feiern.<br />

?<br />

Bleiben wir „in Europa“. Wir möchten gerne die Wasserrahmenrichtlinie<br />

(WRRL) ansprechen. Die DWA ist in diese Thematik auch involviert und hat<br />

sogar eine eigene Diskussionsplattform im Internet dazu eingerichtet. Ist die DWA<br />

zur Einflussnahme auf die Umsetzung der WRRL in Brüssel selbst präsent?<br />

Lohaus: Die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie ist unter verschiedenen<br />

Aspekten zu sehen: Zunächst einmal die formale Umsetzung in nationales<br />

Recht. Ein riesiges Problem. Es bedarf in Deutschland 33 Rechtsakte, um<br />

eine europäische Richtlinie umzusetzen! Als Vereinigung sehen wir da<br />

Deutschland als wenig „europatauglich“. Wir vertreten die Meinung, dass in<br />

Blickpunkt EU<br />

unserer Verfassung die Kompetenzen<br />

so geregelt werden sollten, dass<br />

zumindest das, was auf europäischer<br />

Ebene als Gemeinschaftsrecht verabschiedet<br />

werden kann, auch durch<br />

den Bund in nationales Recht umgesetzt<br />

werden sollte. Die konkurrierende<br />

Gesetzgebungskompetenz<br />

des Bundes wäre dafür sicherlich ein<br />

guter Weg. Aber Ihre Frage zielte<br />

auch darauf ab, wie wir im Entstehungsprozess<br />

einer Richtlinie als Vereinigung<br />

bereits aktiv werden können.<br />

Dies beschränkt sich derzeit im<br />

Wesentlichen auf <strong>Information</strong>sbeschaffung<br />

und -streuung. Aus meiner<br />

Sicht sind DWA und EWA für weitergehende<br />

Aktivitäten noch nicht<br />

aufgestellt, aber wir gehen in diese<br />

Richtung und intensivieren unsere<br />

Politikberatung in Berlin und Brüssel.<br />

Für die Zukunft liegt hier sicherlich<br />

eine Handlungsoption.<br />

?<br />

Ziel der WRLL – kurz gefasst – ist<br />

„der gute Zustand der Gewässer“<br />

in Europa. Wo sehen Sie hier in den<br />

nächsten fünf Jahren die dringlichen<br />

Handlungsfelder und wie wird sich die<br />

DWA einbringen?<br />

Lohaus: Den dringlichsten Handlungsbedarf<br />

sehe ich darin, die Frage<br />

zu klären, in welchem Umfang<br />

wir unsere Gewässer wieder in einen<br />

naturnahen Zustand versetzen wollen.<br />

Dies gilt insbesondere für den<br />

städtischen Raum. Wir brauchen hier<br />

einen gesellschaftlichen Dialog,<br />

denn die notwendigen Maßnahmen<br />

sind in aller Regel mit erheblichen<br />

Kosten verbunden. Die DWA selbst<br />

ist daher auch hinsichtlich der Beteiligung<br />

der Öffentlichkeit sehr aktiv.<br />

Vor kurzem haben wir die Arbeitsgruppe<br />

„Öffentlichkeitsarbeit und<br />

WRRL“ gegründet.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

11


12<br />

Blickpunkt EU<br />

?<br />

Themenwechsel. Der Kanalzustandsbericht<br />

für 2004, an dem<br />

Sie maßgeblich mitgewirkt haben, ist<br />

kürzlich erschienen. Darin heißt es:<br />

„Die Ergebnisse zeigen, dass bislang<br />

keine Besserung des Gesamtzustandes<br />

der öffentlichen Kanalisation eingetreten<br />

ist, sondern dass sich tendenziell<br />

der Zustand weiter verschlechtert<br />

hat.“ Wie stehen Sie dazu?<br />

Lohaus: Die Formulierung ist zu<br />

Recht vorsichtig gewählt, da wir keine<br />

hundertprozentige Datenerhebung<br />

vorweisen können. Außerdem:<br />

Wir vergleichen Datensätze – in diesem<br />

Fall aus den Jahren 2004 mit<br />

Persönlich gefragt, spontan geantwortet<br />

Was ist Ihre Stärke?<br />

Zuhören und Situationen wahrnehmen.<br />

Was ist Ihre schwache Seite? Nein sagen.<br />

Worüber können Sie lachen?<br />

Über Filme von Woddy Allen.<br />

Worüber können Sie sich aufregen?<br />

Über Intoleranz und Rücksichtslosigkeit.<br />

Worauf könnten Sie auf der berühmten einsamen Insel<br />

nicht verzichten? Auf meine Familie.<br />

Wem möchten Sie dort keinesfalls begegnen?<br />

Dem Frost, denn dann sollte es schon warm sein.<br />

Haben Sie eine Lieblingslektüre (Regelwerke ausgenommen)?<br />

Ja, Bücher von Arto Paasilinna. Zurzeit<br />

lese ich von ihm „Nördlich des Weltuntergangs“,<br />

klasse!<br />

Sie haben unerwartet einen freien Tag. Was würden<br />

Sie damit anfangen? Ihn in der freien Natur verbringen,<br />

Rad fahren oder wandern.<br />

Welcher Ort/Stadt ist für Sie der/die schönste?<br />

Ich fühle mich in Bonn sehr wohl, Aachen ist noch<br />

schöner!<br />

Welche Persönlichkeit würden Sie einmal gerne<br />

treffen? Kofi Annan<br />

Was ist Ihr Magen- und Leibgericht? Leider zu viele.<br />

Welchen Beruf würden Sie in einem zweiten Leben<br />

ergreifen? Ozeanograf<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

2001 –, die nicht immer von den gleichen Betreibern stammen. Das allein<br />

signalisiert Vorsicht. Mit den absoluten Zahlen muss man also sehr zurückhaltend<br />

umgehen, aber wir haben eine Vorstellung, wie die Situation in<br />

Deutschland ist. Die generelle Aussage – und das wurde mir auch in vielen<br />

persönlichen Gesprächen bestätigt – ist: Der Zustand der Kanalisation hat<br />

sich nicht verbessert. Deshalb haben wir auch schon im vergangenen Jahr<br />

eine Resolution zum Substanzerhalt der Kanalisation verfasst, um dieses Thema<br />

stärker in den Blickwinkel der Öffentlichkeit zu rücken. In diesem Jahr haben<br />

wir dieses Thema in unserem Politikmemorandum erneut aufgegriffen.<br />

Flick: Diesen Zustandsbericht sehe ich als konstruktiven Beitrag. Er zeigt, was<br />

man über die Daten alles in Erfahrung bringen kann und welche Handlungsfelder<br />

betreten werden müssen. Er bietet aber auch Unterstützung und Hilfestellung<br />

an, Finanzmittel loszutreten. Dann stellt sich die Frage: Wann<br />

könnte sich dieser Bericht mal ändern?<br />

?<br />

In der Erhebung wurden erstmalig die Gründe für die mangelhafte<br />

Sanierung/Instandsetzung erfragt. Die verfügbaren Finanzmittel<br />

werden als wichtigster Limitierungsfaktor benannt, und hier auch<br />

die Abstimmung mit anderen Aufgabenträgern, z. B. dem Straßenbau.<br />

Im Straßenbau passiert aber auch nichts. Wird hier nicht das Problem<br />

hin- und her geschoben? Kann die DWA Veränderungen veranlassen,<br />

kann sie was bewegen, was initiieren?<br />

Lohaus: Die Situation ist in jeder Stadt anders. Wir drängen sehr<br />

darauf, dass für die Abwasserentsorgung bei den Kommunen ein<br />

eigenständiger Haushalt eingerichtet wird. Das Geld, das für die<br />

Abwasserentsorgung eingenommen wird, muss auch, wenn es gebraucht<br />

wird, für diesen Zweck wieder zur Verfügung stehen, und<br />

zwar in einem kalkulierbaren zeitlichen Rahmen und nicht erst in<br />

10 oder 20 Jahren. Dann kann die Substanz verloren sein. Kommunen,<br />

die über einen solchen eigenen Haushalt verfügen, haben<br />

deutlich weniger Finanzierungsprobleme. Ich glaube, der Straßenbau<br />

hat insgesamt größere Probleme als die Abwasserentsorgung.<br />

Trotzdem ist es sinnvoll, und da sind wir wieder bei der gesamtwirtschaftlichen<br />

Betrachtung, Kanäle im Zusammenwirken mit<br />

anderen Aufgabenträgern zu erneuern. Zu Herrn Flick, an eine<br />

kurzfristige Verbesserung der Situation glaube ich nicht. Die DWA<br />

leistet jedoch ihren Beitrag. Die Fragen der Kanalsanierung bilden<br />

einen Schwerpunkt unserer aktuellen Regelwerksarbeit; die entsprechende<br />

Merkblattreihe unserer M 143 besteht bereits aus über<br />

zehn Teilen und weitere befinden sich in Arbeit. Auch in unserem<br />

Bildungsprogramm steht dieses Thema obenauf. In diesem Jahr<br />

finden z.B. wiederum „DWA-Sanierungstage“ statt.<br />

?<br />

Hätten Sie als DWA die Möglichkeit, so etwas politisch durchzusetzen?


Lohaus: In den letzten Jahren ist es uns mit Pressemeldungen, Resolutionen,<br />

Politikmemoranden u. Ä. gelungen, dieses Problem in der Öffentlichkeit bewusst<br />

zu machen. Auch stehen wir im Gespräch mit der Umweltpolitik und<br />

mit den kommunalen Spitzenverbänden. Der Schutz des Grundwassers muss<br />

hohe Priorität haben. Gleichzeitig gilt es, einen weiteren Substanzverlust zu<br />

vermeiden, um den hohen Wert dieser notwendigen Infrastruktur langfristig<br />

zu sichern. Wir dürfen unseren Einfluss aber auch nicht überschätzen.<br />

Flick: Wertminderung und Abnutzung sind ja kein Thema, aber Substanzverlust<br />

wird schnell zu einem echten Problem.<br />

Lohaus: Die Funktionstüchtigkeit, die wollen und müssen wir erhalten. Und<br />

wenn wir jetzt nicht handeln, wird es in 10 oder 20 Jahren erheblich teurer.<br />

Wir müssen aber zukünftig noch etwas berücksichtigen: zum einen die Klimadiskussion,<br />

die uns darüber nachdenken lässt, ob unsere Kanalisation für<br />

die zunehmend auftretenden Starkregenereignisse richtig dimensioniert ist.<br />

Zum anderen hat auch die demografische Entwicklung Auswirkungen auf<br />

unser Metier: Wie viel Infrastruktur werden wir wo künftig brauchen? Ich<br />

sehe die hohen Abwanderungsraten in den vielen Gebieten Ostdeutschlands<br />

und auch im Ruhrgebiet. Wie passt man die Infrastruktur an? Welche<br />

Abschreibungszeiten lässt man für wasserwirtschaftliche Anlagen zu? Auch<br />

mit diesen Fragen werden wir uns künftig befassen.<br />

?<br />

In der Öffentlichkeit steht der Name DWA für einen technisch-wissenschaftlichen<br />

Verband der Abwasserwirtschaft. Als Vertreter der Versorgungswirtschaft<br />

kennt man den DVGW als technisch-wissenschaftlichen Verband und den<br />

BGW als politisch tätigen Verband. Ist so eine Aufteilung oder Ausrichtung auch<br />

für die DWA vorstellbar?<br />

Lohaus: Der BGW nimmt die Interessen der Betreiber der Wasser- und Gasversorgung<br />

wahr. Die Abwasserentsorger sind nur in sehr geringem Umfang<br />

im BGW organisiert. Die Abwasserseite ist überwiegend kommunal und ihre<br />

Interessen werden somit sehr stark von den Kommunalen Spitzenverbänden<br />

mit vertreten. Die DWA will die Lobby für das Fach, für Wasser sein. Deshalb<br />

wenden wir uns auch der Politikberatung zu. Wir wollen vor allem die Umwelt-<br />

und Wirtschaftspolitiker über den Zustand unserer Kanäle, über Notwendigkeiten<br />

hinsichtlich der Gewässerunterhaltung, über Hochwasserschutzmaßnahmen,<br />

über abfallwirtschaftliche Fragen und über die vielen<br />

Erkenntnisse aus unserer technisch-wissenschaftlichen Arbeit informieren.<br />

Schon aufgrund unserer heterogen zusammengesetzten Mitgliedschaft können<br />

wir keine politische Lobbyarbeit für eine bestimmte Gruppe leisten.<br />

Unsere Mitglieder kommen aus Kommunen, Wasserwirtschaftsverwaltung,<br />

Industrie, Ingenieurbüros, Hochschulen etc. Da ist einseitige Lobbyarbeit<br />

völlig deplatziert.<br />

?<br />

Im Oktober dieses Jahres fand in Potsdam die Bundestagung der DWA statt.<br />

Was waren die wichtigsten Themen?<br />

Blickpunkt EU<br />

Lohaus: Die Bundestagung stand<br />

unter der Überschrift „Welt im Wandel<br />

– Wasserwirtschaft im Wandel“.<br />

Das gesamte Programm hat sehr positive<br />

Resonanz bei den Teilnehmern<br />

gefunden. Hervorheben möchte ich<br />

an dieser Stelle nur den Festvortrag<br />

von Professor Freude zum Thema<br />

„Klimawandel und Wasserhaushalt“,<br />

der sehr anschaulich und konkret<br />

mögliche Folgen des Klimawandels<br />

aufgezeigt hat. Sehr gefreut haben<br />

uns die lobenden Worte zur Arbeit<br />

der DWA von Umweltminister Dr.<br />

Woidke. Eine gute Basis besonders<br />

für die weitere Arbeit unseres Landesverbandes<br />

Nord-Ost. Für die Vereinigung<br />

von hoher Bedeutung war<br />

die Verabschiedung unserer neuen<br />

Satzung. Nach der Fusion mit dem<br />

DVWK wurde nach einer gewissen<br />

Erfahrungszeit die Struktur generell<br />

auf den Prüfstand gestellt. Ein ganz<br />

wichtiges Kernelement war auch der<br />

neue Name DWA, den wir ja bereits<br />

im letzten Jahr verabschiedet hatten.<br />

Er hat sich übrigens erfreulich gut<br />

eingeführt. Die neue Satzung bringt<br />

eine Reihe interner Änderungen hinsichtlich<br />

unserer Arbeitsweise mit<br />

sich. Teilweise wurden Aufgaben<br />

vom Vorstand (einem großen Gremium)<br />

auf das Präsidium (einem<br />

kleinen Gremium) verlagert. Das<br />

macht uns handlungsfähiger. Außenwirkung<br />

hat – und da können<br />

wir wieder an die WRRL anknüpfen –<br />

die Aufnahme zweier neuer Preise in<br />

die Satzung. Wir werden künftig die<br />

so genannte Theodor-Rebock-Medaille<br />

sowie einen Preis zur Gewässerentwicklung<br />

vergeben. Mit Letzterem<br />

wollen wir herausragende Gewässerentwicklungsprojekteöffentlichkeitswirksam<br />

unterstützen.<br />

Wir danken Herrn Lohaus ganz herzlich<br />

für das Gespräch.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

13


14<br />

Blickpunkt EU<br />

„Buying Green!“ – EU-Handbuch<br />

Umweltgerechte Vergabe wird von EU-Kommission<br />

gefördert<br />

Unter dem Titel „Buying<br />

Green!“ hat die Europäische<br />

Kommission einen Leitfaden<br />

zur Berücksichtigung von Umweltaspekten<br />

bei der Vergabe öffentlicher<br />

Aufträge herausgegeben. Öffentliche<br />

Auftraggeber und andere<br />

Organisationen, die dem EU-Vergaberecht<br />

unterliegen, tragen mit einem<br />

Anteil von ca. 15 % – das entspricht<br />

einem Volumen von 1.000<br />

Mrd. Euro – zum Bruttoinlandsprodukt<br />

bei. Die Macht der Nachfrage<br />

der öffentlichen Hand wurde schon<br />

früh als Instrument zur Durchsetzung<br />

europäischer Politik identifiziert.<br />

So sollte speziell die diskriminierungsfreie<br />

Vergabe zur Vollendung<br />

des Binnenmarktes beitragen.<br />

Dieser Gedanke prägte beispielsweise<br />

die Richtlinien über die Koordinierung<br />

zur Vergabe öffentlicher<br />

Bauaufträge (1971), öffentlicher Lieferaufträge<br />

(1977) etc.<br />

Nachhaltigkeitsziele<br />

umsetzen – nicht ohne<br />

Umweltschutz!<br />

Mittlerweile stellt auch der Ausbau<br />

eines effektiven Umweltschutzes eine<br />

gemeinschaftliche Aufgabe dar,<br />

der eine hohe Bedeutung beigemessen<br />

wird. Die Gründe für diesen<br />

Lernprozess sind sicher vielfältig.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

Eine gewisse Rolle spielt vermutlich die Tatsache, dass sich ein Verstoß gegen<br />

die so genannte Nachhaltigkeit nicht immer erst – wie oft angenommen<br />

wird – bei der nächsten Generation oder irgendwann später rächt. Außerdem<br />

verursachen Umweltschäden weltweit und speziell auch in den heranwachsenden<br />

Industrienationen zunehmend gewaltige Probleme, was mit<br />

erheblichen Kosten verbunden ist. Diese Kosten übersteigen dabei den Aufwand<br />

in der Regel um ein Vielfaches, der zur Vermeidung notwendig gewesen<br />

wäre. Ein Industriestandort, der sich rechtzeitig auf diese Problematik eingestellt<br />

hat, wird deshalb zunehmend einen Vorteil haben, da die Nachfrage<br />

nach entsprechender Technologie überproportional steigen wird.<br />

Die europäischen Vergaberichtlinien enthalten bisher keinen ausdrücklichen<br />

Verweis auf den Umweltschutz oder die Berücksichtigung von Umweltbelangen.<br />

Der Leitfaden stellt die Möglichkeiten dar, die das EU-Gemeinschaftsrecht<br />

trotz dieser erheblichen Einschränkung auch heute schon einräumt.<br />

Dabei wird versucht, praxisnah möglichst einfache und effektive Lösungen<br />

aufzuzeigen. Aus pragmatischen Gründen versucht der Leitfaden dabei der<br />

Logik und Struktur, in der auch die Beschaffung abläuft, zu folgen. Neben<br />

praktischen Beispielen sind auch entsprechende Urteile des Europäischen Gerichtshofes<br />

wiedergegeben. Speziell durch diese Urteile wurde der Spielraum<br />

zur Berücksichtigung von Umweltschutzaspekten erheblich erweitert.<br />

Umweltgerechte Vergabe ist keine Theorie<br />

Ein schönes Beispiel, wie die öffentliche Nachfrage den Markt positiv beeinflussen<br />

kann, kommt überraschenderweise aus den USA: Dort beschloss die<br />

Regierung 1993 nur noch EDV-Geräte mit reduziertem Energieverbrauch<br />

(Energy Star-Label) zu kaufen. Da die US-Regierung der weltweit größte Käufer<br />

von Computern ist, wurde die entsprechende Technologie binnen kürzester<br />

Zeit bezahlbar, da sich die Kosten für die Entwicklung auf eine große<br />

Stückzahl verteilen ließ. Mittlerweile würde kein vernünftiger Mensch mehr<br />

EDV-Geräte mit einem höheren Energieverbrauch in Betracht ziehen, da er<br />

davon ausgehen muss, dass es sich hier um minderwertige oder veraltete<br />

Technologie handelt. Außerdem bemerkt der Benutzer den Einsatz von energiesparenden<br />

PCs nicht unangenehm durch Einschränkungen beim Gebrauch,<br />

sondern erst angenehm bei der Stromrechnung.


Ein Beispiel, wie ohne die geringsten Probleme ökologische Komponenten<br />

in die Beschaffung integriert werden können, sind energieeffiziente Gebäude.<br />

Jeder Besitzer eines eigenen Hauses weiß, dass die Heizkosten schnell in<br />

die Größenordnung einer Miete wachsen können und dass eine spätere<br />

Nachbesserung, beispielsweise durch eine Verbesserung der Wärmedämmung,<br />

den teilweisen Einsatz von Solarenergie, Geothermie zum Heizen<br />

und/oder Kühlen etc., oft sehr aufwendig ist. Werden die Folgekosten dagegen<br />

schon bei der Planung berücksichtigt und Lösungen gesucht, die über<br />

die bestehenden Vorschriften hinausgehen, so lässt sich nicht nur viel Geld<br />

sparen, sondern auch die Umwelt wird merklich entlastet. Hier existiert offensichtlich<br />

weniger ein Widerspruch zwischen Ökologie und Ökonomie,<br />

sondern eher ein Widerspruch zwischen kurzsichtigem Verhalten und dem<br />

Gebot, die wirtschaftlich günstigste Lösung zu finden.<br />

„Buying Green!“ – selbstverständlich auch in der<br />

Abwassertechnik<br />

Auch beim Einsatz von besonders langlebigen Produkten gehen ökonomische<br />

und ökologische Vorteile meist Hand in Hand. Der Kanalbau ist hierfür<br />

ein besonders anschauliches Beispiel, da er zum einen umfassend in die Umwelt<br />

eingreift und zum anderen sehr lange betrieben werden muss. Allein die<br />

Eingriffe in die Umwelt erfordern umweltgerechte Entscheidungen.<br />

Es ist keine Binsenweisheit, dass die Kosten für den Einbau die Kosten für das<br />

Rohrmaterial deutlich überschreiten. Schreibt man die Anlage (Rohrmaterial<br />

und Einbau) über den gesamten Zeitraum der Nutzung ab, so wird der<br />

ökonomische Vorteil von einem langlebigen Produkt sehr schnell sehr deutlich<br />

sichtbar. Um den ökologischen Vorteil darzustellen, müsste man die gesamte<br />

Umweltbelastung, d. h. Herstellung der Rohre (Rohmaterial, Energie),<br />

Transport zur Baustelle, Einbau und ggf. Entsorgung auch auf die gesamte<br />

Lebensdauer normieren. Da bei einer geringen Lebensdauer schon nach kurzer<br />

Zeit nicht nur neue Rohre benötigt werden, sondern diese auch zur Baustelle<br />

transportiert und eingebaut werden müssen, ist der ökologische Vorteil<br />

eines kurzlebigen Materials nur schwer erzielbar.<br />

Zu den „traditionellen“ Kosten müsste man eigentlich noch die so genannten<br />

externen Kosten addieren, was die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung noch<br />

mehr zu Gunsten langlebiger Produkte verschieben würde. Unter externen<br />

Kosten kann man dabei den Aufwand des Auftraggebers für die Vorbereitung<br />

und Durchführung der Ausschreibung, die Störung des Verkehrs durch Baustellen<br />

(Zeitverlust im Stau, erhöhter Benzinverbrauch, Umsatzeinbruch in<br />

Geschäften, ...) usw. verstehen. Diese externen Kosten dürfen aber bei einer<br />

Ausschreibung nur in wenigen Ausnahmefällen als Zuschlagskriterium berücksichtigt<br />

werden, da sie von der Gesellschaft als Ganzes und nicht vom<br />

einzelnen Auftraggeber zu tragen und außerdem schwer exakt zu definieren<br />

sind. Diese Faktoren sollten deshalb zu Beginn des Vergabeverfahrens, und<br />

zwar bei der Entscheidung über den Auftragsgegenstand, erwogen werden:<br />

Die Entscheidung über den Auftragsgegenstand unterliegt noch nicht dem<br />

Vergaberecht. Zu diesem Zeitpunkt müssen neben dem Diskriminierungsverbot<br />

nur die Grundsätze des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs nach<br />

EG-Vertrag beachtet werden.<br />

Blickpunkt EU<br />

Umweltbewusster Einkauf<br />

– Hilfestellung tut Not<br />

Es ist mittlerweile beliebte Praxis,<br />

den öffentlichen Dienst und dessen<br />

Mitarbeiter für alles, was nicht funktioniert,<br />

verantwortlich zu machen.<br />

Bei der Berücksichtigung von ökologischen<br />

Belangen in der Vergabepraxis<br />

gibt es jedoch Hindernisse, für<br />

die der einzelne – im Prinzip möglicherweise<br />

hoch motivierte – Sachbearbeiter<br />

wirklich nichts kann, vor allem,<br />

wenn er in einer kleineren Organisationseinheit<br />

tätig ist. Ein Hindernis<br />

ist, dass er bei jeder Ausschreibung<br />

neben der Feststellung des<br />

wahren Bedarfs, der Klärung der Verfügbarkeit<br />

der vorhandenen Mittel<br />

Buying green!<br />

A handbook on<br />

environmental public procurement<br />

European Commission<br />

und dem durch Gesetze und Verordnungen<br />

vorgeschriebenen Aufwand<br />

auch noch anhand einer Marktanalyse<br />

individuell prüfen müsste, ob<br />

und welche ökologisch günstigeren<br />

Lösungen es möglicherweise gibt. Er<br />

müsste dann noch prüfen, ab diese<br />

Lösungen finanziell tragbar sind und<br />

sie ausschreibungsgerecht formu-<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

15


16<br />

Blickpunkt EU<br />

lieren. Er kann hier zwar versuchen,<br />

bei entsprechenden Öko-Labeln<br />

(z. B. unter www.europa.eu.int/<br />

comm/environment/eco-label oder<br />

www.blauer-engel.de) Hilfestellungen<br />

zu suchen. Dies ist aber oft<br />

ziemlich mühsam und zeitaufwendig.<br />

Abhilfe könnte hier das zentrale<br />

<strong>Information</strong>ssystem schaffen: Mit<br />

www.beschaffung-info.de wurde<br />

mit Förderung durch das Bundesministerium<br />

für Umwelt zwar ein erster<br />

Anfang gemacht. Um durchschlagenden<br />

Erfolg zu haben, müsste dieser<br />

aber noch erheblich ausgebaut<br />

werden.<br />

Eine weitere Maßnahme, die den<br />

Sachbearbeiter erheblich entlasten<br />

würde, wäre das Aufstellen entsprechender<br />

EU-Normen. Nach Auffassung<br />

der Kommission sind diese<br />

Normen aufgrund der Art ihres Entstehens<br />

per se diskriminierungsfrei.<br />

Eine Beschreibung der technischen<br />

Spezifikationen auf Basis dieser Normen<br />

stellt damit das Übereinstimmen<br />

mit den Vergabeverordnungen<br />

der EU sicher. Die Normen sind zwar<br />

oft nur ein Minimalkonsens, aber<br />

auch großer Fortschritt ist oft die<br />

Summe von vielen wenig spektakulären<br />

kleinen Schritten.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

<strong>Information</strong><br />

Download Handbuch „Buying Green!“<br />

www.europa.eu.int/comm/environment/gpp/pdf/int.pdf<br />

Öko-Label<br />

www.europa.eu.int/comm/environment/eco-label<br />

oder<br />

www.blauer-engel.de<br />

Zentrales <strong>Information</strong>ssystem<br />

www.beschaffung-info.de<br />

Kriterienkatalog zur umweltfreundlichen Beschaffung<br />

www.oekoeinkauf.at


Der <strong>Fachverband</strong> <strong>Steinzeugindustrie</strong> e.V. nimmt die vielfältigen Aufgaben<br />

der Normung sowohl in nationalen als auch in internationalen<br />

Gremien wahr, um Erfahrungen und Fachwissen einzubringen und<br />

um national etablierte Regelungen in europäischen Regelwerken einzugliedern.<br />

Seit der letzten <strong>STEINZEUG</strong> <strong>Information</strong> und dem <strong>STEINZEUG</strong> Update<br />

hat es im Regelwerk viele Neuigkeiten gegeben:<br />

CEN r DIN EN 295, Teil 10<br />

Mit Datum Mai <strong>2005</strong> wurde Teil 10 der DIN EN 295 Steinzeugrohre und<br />

Formstücke sowie Rohrverbindungen für Abwasserleitungen und -kanäle<br />

veröffentlicht.<br />

Die europäische Bauproduktrichtlinie legt u. a. Regeln zur Kennzeichnung<br />

von Bauprodukten fest. Mit diesem Teil 10 werden dann zukünftig Bauteile<br />

entsprechend Teil 1 sowie 4 bis 7 der DIN EN 295 mit dem CE-Zeichen gekennzeichnet.<br />

Der Teil 10 verweist direkt auf die vorhandenen anderen Teile<br />

der Normenreihe und regelt außer der Kennzeichnung keine eigenständigen<br />

technischen Lieferbedingungen. Mit der Umsetzung des Mandats der<br />

Kommission ist auch verbunden, dass alle Produkte der Abwassertechnik, die<br />

im CEN/TC 165 behandelt werden, der Konformitätsstufe 4 unterliegen.<br />

Damit entfällt die normative Verpflichtung der Fremdüberwachung. Eine<br />

Ausnahme bilden die Schachtabdeckungen mit der Stufe 1.<br />

Derzeit ist davon auszugehen, dass unter Beachtung der Fristen und Regelungen<br />

aus dem deutschen Baurecht die Norm ab 1. Januar 2007 Gültigkeit<br />

hat. Für den Geltungsbereich der Grundstücksentwässerung wird sie dann<br />

in der Bauregelliste B des Deutschen Instituts für Bautechnik geführt.<br />

CEN r DIN EN 295 Teile 1 bis 7<br />

Regelwerknews<br />

Normung – Überprüfung/Überarbeitung/Neuerscheinung<br />

Der FVST „regelt“ in den Gremien mit<br />

Teile 1 bis 7 der DIN EN 295 befinden sich in der Überarbeitung, die allerdings<br />

aufgrund der Beratungen in CEN/TC 165 WG 2 mehr Zeit als geplant<br />

benötigt.<br />

Ihre Struktur soll beibehalten werden, die inhaltlichen Änderungen und<br />

Ergänzungen beziehen sich im Wesentlichen auf den Teil 1. Derzeit sind u. a.<br />

folgende Punkte in der Bearbeitung:<br />

● Tragfähigkeitsklassen bei DN 700 und größer<br />

● Anpassung der Verbindungssysteme<br />

● Anpassung der Dichtheitsanforderungen<br />

an vorhandene Normen<br />

● Erweiterung um technische Lieferbedingungen<br />

zum Kanalbetrieb<br />

(Hochdruckspülfestigkeit und Prüfverfahren)<br />

● Technische Eigenschaften für<br />

Planung, Bau und Betrieb sowie für<br />

Berechnungen<br />

Mit der Überarbeitung sollen auch<br />

die einzelnen Teile 1 sowie 4 bis 7 jeweils<br />

um einen eigenen Anhang ZA<br />

zur Kennzeichnung mit dem CE-Zeichen<br />

ergänzt werden.<br />

CEN r TC 165, Projekt<br />

„Hochdruckspülfestigkeit“<br />

Nach vielen Jahren der Prüfungen,<br />

Diskussionen und Auseinandersetzungen<br />

wurde nun das als Norm<br />

angelegte Projekt verabschiedet<br />

und als technischer Bericht bei<br />

CEN veröffentlicht. Das Ergebnis<br />

dieser langjährigen Arbeit ist für die<br />

beteiligten Fachleute sicherlich<br />

nicht besonders befriedigend; die<br />

Notwendigkeit für eine solche europäische<br />

Norm war jedoch allseits<br />

anerkannt.<br />

Der technische Bericht beinhaltet<br />

den „Moving Test“ mit einer Einzeldüse<br />

und der kontinuierlichen Prüfung<br />

bei 120 bar Wasserdruck. Die<br />

Absicht, mit einer Einzeldüsen-Prüfung<br />

die Leistungsfähigkeit darzustellen,<br />

konnte nicht umgesetzt wer-<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

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18<br />

Regelwerknews<br />

den. Der Bericht erscheint als CEN/TR<br />

14920.<br />

CEN r TC 165, DIN EN 1610<br />

In der Frühjahrssitzung des TC 165 in Oslo<br />

wurde über das Ergebnis der Aktualitätsprüfung<br />

der in 1997 erschienenen DIN EN<br />

1610 Verlegung und Prüfung von Abwasserleitungen<br />

und -kanälen beraten. Als Ergebnis<br />

wurde sie für weitere fünf Jahre bestätigt.<br />

CEN r Statische Berechnung<br />

erdverlegter Rohrleitungen<br />

Die neu gegründete Arbeitsgruppe WG 12<br />

im CEN/TC 165 hat ihre Arbeit aufgenommen.<br />

Der Technische Bericht CEN/TR 1295-<br />

2 wurde verabschiedet, während prCEN/TR<br />

1295-3 vom CEN/TC 165 noch freizugeben<br />

ist. Hierzu wird in der Novembersitzung<br />

<strong>2005</strong> beraten. Mit der Veröffentlichung als<br />

Technischer Bericht erreichen die Arbeiten<br />

an einem europäischen Verfahren zur statischen<br />

Berechnung ein abschließendes Ergebnis.<br />

CEN r DIN EN 1295, Teil 1<br />

befindet sich derzeit in der Aktualitätsprüfung.<br />

CEN r TC 165 Sitzungstermine<br />

Anberaumte Sitzungstermine:<br />

17. und 18. November <strong>2005</strong> in Ramsau/Österreich<br />

27. und 28. April 2006<br />

CEN r TC 165 Neuer convenor<br />

Auf der November-Sitzung 2004 des<br />

CEN/TC 165 in Mailand wurde als Nachfolger<br />

von Prof. Gerbault (F) L. Monfront (F) als<br />

neuer convenor gewählt.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

DIN r NAW V9 UA 1<br />

Der Arbeitsstand im Normungsprojekt Prüfverfahren zur Ermittlung der<br />

Hochdruckspülfestigkeit von Rohrleitungsteilen für Abwasserkanäle und<br />

-leitungen beinhaltet derzeit einen Material- und Praxistest mit definierten<br />

Randbedingungen zum Versuchsablauf, zur Beschaffenheit der Prüfkörper,<br />

zum Prüfdruck und zur Spülwassermenge der Prüfdüsen. Ein wesentlicher<br />

Aspekt ist dabei die Nachvollziehbarkeit der Prüfung und der Ergebnisse daraus.<br />

Zurzeit werden freiwillige Vorversuche durchgeführt. Die <strong>Steinzeugindustrie</strong><br />

ist über den<br />

<strong>Fachverband</strong> <strong>Steinzeugindustrie</strong><br />

e.V.<br />

vertreten. Die Arbeiten<br />

sind soweit vorangeschritten,<br />

dass<br />

derzeit Hersteller<br />

und Verbände im<br />

Rahmen einer Umfrage<br />

zur Zustimmung<br />

befragt werden.<br />

Das Ergebnis<br />

der Umfrage ist für<br />

Ende Januar 2006 zu<br />

erwarten.<br />

Die Norm soll zukünftig<br />

für die Ausarbeitung<br />

oder Überarbeitung<br />

von Produktnormen<br />

für Abwasserkanäle<br />

und<br />

-leitungen dienen.<br />

Sie legt Prüfverfahren<br />

zur Ermittlung<br />

der Beständigkeit<br />

von neuen Rohren<br />

und Formstücken,<br />

einschließlich Verbindungen, für Abwasserleitungen und -kanäle gegenüber<br />

den Beanspruchungen bei der Reinigung mittels Hochdruckspülverfahren<br />

fest und soll auch für renovierte Abwasserleitungen und -kanäle nach DIN<br />

EN 752-5 anwendbar sein.<br />

Die Bauteile werden mit zwei Verfahren geprüft: Die hydraulischen Belastungen<br />

erfolgen mit einem Spülstrahl im Rahmen einer Werkstoffprüfung, die<br />

mechanischen Belastungen werden durch eine Spüldüse im Praxiseinsatz<br />

erfolgen. Beide Belastungen sind hinsichtlich der Maße der Düse und der<br />

hydraulischen Randbedingungen festgelegt. Über die Spülstrahlleistung<br />

können reproduzierbare Prüfbedingungen geschaffen werden. Eine Prüfung<br />

mit Geschiebe entfällt. Solche Beanspruchungen können über Abriebtests<br />

erfolgen (siehe auch DIN EN 295-3).


DWA r Rohrstatik für Vortriebsrohre<br />

Parallel zur Überarbeitung des ATV-DVWK-Arbeitsblattes A 125 Rohrvortrieb<br />

erfolgt in der DWA-Arbeitsgruppe ES 5.4 UA 3 die Überprüfung des ATV-<br />

DVWK-Arbeitsblattes A 161 Statische Berechnung von Vortriebsrohren.<br />

Dieses aus dem Jahre 1990 stammende Arbeitsblatt erfordert eine Aktualisierung<br />

u. a. aufgrund der Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem Mikrotunnelbau<br />

und zwischenzeitlich erzielter Forschungsergebnisse.<br />

Ein besonderer Schwerpunkt bildet dabei die Berechnung der Vortriebskraft<br />

in Kenntnis der beim Rohrvortrieb entstehenden Verwinklungen der Rohre<br />

in den Verbindungen. Die beim Rohrvortrieb dokumentierten Daten sind mit<br />

den im Rahmen der Dimensionierung der Rohre vor dem Einbau zu Grunde<br />

gelegten Randbedingungen in Einklang zu bringen.<br />

Die in der <strong>STEINZEUG</strong> <strong>Information</strong> 2004 veröffentlichten Ergebnisse der Untersuchungen<br />

der RWTH Aachen werden im Rahmen der Überarbeitung des<br />

ATV-DVWK-Arbeitsblattes A 161 intensiv diskutiert.<br />

DWA r DWA-Merkblatt M 159<br />

In der Schlussphase der Bearbeitung konnten die Rohrverbände ihre Stellungnahme<br />

zum DWA-Merkblatt M 159 Kriterien zur Materialauswahl für<br />

Abwasserleitungen und -kanäle vortragen. Ziel des Merkblatts ist, Hinweise<br />

für Planung, Bau und Betrieb zu geben. Dazu werden punktuell einzelne<br />

Themen ohne Anspruch auf Vollständigkeit kurz behandelt. Die technischen<br />

Möglichkeiten der offenen und geschlossenen Bauweise sollen genutzt werden.<br />

Hierzu zählen auch die Pflüg- und Fräsverfahren. Die wirtschaftliche<br />

Bewertung hat hinsichtlich Bau- und Betriebskosten zu erfolgen. Der Angebotspreis<br />

aus Material- und Bauleistung allein ist nicht entscheidend.<br />

Die Veröffentlichung ist für Anfang 2006 zu erwarten.<br />

Kontakt<br />

Regelwerknews<br />

Bau-Ass. Dipl.-Ing. Karl-Heinz Flick<br />

<strong>Fachverband</strong> <strong>Steinzeugindustrie</strong> e.V.<br />

Alfred-Nobel-Straße 17<br />

50226 Frechen<br />

Tel.: 0 22 34/5 07-271<br />

Fax: 0 22 34/5 07-204<br />

E-Mail: fachverband@steinzeug.com<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

19


20<br />

Forschung + Technik<br />

Statische Berechnung von …<br />

… in Weimarer Boden-Mörtel ® eingebetteten<br />

Rohrleitungen<br />

Seit ca. 25 Jahren wird in Österreich<br />

die Stabilisierte Sandmischung<br />

(SSM) zur Verfüllung<br />

von offenen Gräben oder Künetten<br />

eingesetzt [1]. 1987 entwickelte die<br />

Hochschule für Architektur und Bauwesen<br />

(HAB) in Anlehnung an diese<br />

Technologie ein neues Verfüllmaterial,<br />

das in diesem Jahr schutzrechtlich<br />

angemeldet wurde. Das Forschungsinstitut<br />

für Tief- und Rohrleitungsbau<br />

Weimar e.V. begann 1996<br />

in Zusammenarbeit mit Prof. Werner<br />

und Prof. Henning, den Erfindern<br />

[2] des WBM Weimarer Boden-<br />

Mörtels ® (WBM), dieses Material zur<br />

Marktreife zu entwickeln. Die Arbeit<br />

führte zu weiteren deutschen und<br />

europäischen Schutzrechtsanmeldungen.<br />

Dieses selbstverdichtende<br />

Verfüllmaterial (SVM) wird nunmehr<br />

erfolgreich im Gas-, Wasser- und<br />

Fernwärmeleitungsbau eingesetzt.<br />

Aufgrund der guten Erfahrungen<br />

mit dieser neuartigen Verfüllmethode<br />

besteht der Wunsch der Hersteller<br />

und Anwender des SVM, die Anwendungsbereiche<br />

auch auf den<br />

Bau von Abwasserkanälen auszudehnen.<br />

Deshalb stellt sich die Frage, inwiefern<br />

sich die Verwendung dieser<br />

unkonventionellen Verfüllmethode<br />

auf die Tragwirkung des Gesamtsystems<br />

Rohr/SVM/Boden auswirkt.<br />

In DIN EN 1295-1 [3] ist die statische<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

Berechnung von erdverlegten Rohrleitungen geregelt. Hierbei handelt es sich<br />

um eine europäische Vorschrift, die die jeweilig national eingeführten Richtlinien<br />

enthält. Deutschland bezieht sich auf das ATV-DVWK-Arbeitsblatt A 127<br />

„Richtlinie für die statische Berechnung von Abwasserkanälen und -leitungen“<br />

[4]. Um die SVM auch im Kanalbau verwenden zu können, ist eine statische<br />

Berechnung nach dem Arbeitsblatt A 127 [4] erforderlich. Gegenwärtig<br />

sind jedoch nur konventionelle Rohrgraben-Verfüllmaterialien in diese<br />

Richtlinie integriert. Somit stellt sich die Berechnung von Rohren, die in SVM<br />

gebettet sind, als eine besondere Herausforderung dar. Ziel ist die Implementierung<br />

der selbstverdichtenden Verfüllmaterialien, im speziellen des WBM,<br />

in den Berechnungsgang des ATV-DVWK-A 127. Die Wiederverfüllung des<br />

Rohrgrabens mit SVM als interessante Alternative beschrieben u. a. STEIN &<br />

BRAUER [5].<br />

Selbstverdichtende Verfüllmaterialien<br />

Der WBM ist ein Baustoff-Bindemittel-Gemisch, welches in verflüssigter Form<br />

in den Rohrgraben eingebracht wird, sich selbstständig verdichtet und<br />

erhärtet. Er setzt sich wie folgt zusammen [6]:<br />

● Grundmaterial: natürlicher Boden (Bodenaushub etc.) oder Recycling-<br />

Material<br />

● Plastifikator: Suspension aus Wasser und quellfähigem Ton<br />

● Stabilisator: anorganische Bindemittel<br />

Der WBM stellt durch sein flüssiges Einbringen in den Leitungsgraben eine<br />

Verringerung der Grabenbreite [7]. Dies zieht eine Reduzierung des Grabenaushubs<br />

ohne Mehraufwand z.B. bei der Wiederherstellung des Straßenoberbaus<br />

nach sich. Ein weiterer Vorteil ist die gleichmäßige Einbettung der Rohre,<br />

die ebenfalls durch die Verflüssigung des Verfüllstoffs erzielt wird. Die<br />

selbstverdichtende Wirkung des Materials macht eine maschinelle Verdichtung<br />

unnötig. Deshalb kommt es zu einer Reduzierung der sonst auftretenden<br />

Einbaulasten. Diese verursachen besonders bei biegeweichen Rohren<br />

Verformungen, „die weit über den Werten für den Belastungszustand ‚Erdlast’<br />

nach den einschlägigen Regelwerken liegen“ [8, S. 212]. Ebenso ist<br />

eine Verdichtung im Zwickelbereich des Rohres, die Handarbeit erfordert,<br />

nicht notwendig.


Selbstverdichtende Verfüllmaterialien sollten in der Leitungszone ihre<br />

Anwendung finden. Diese reicht laut ATV-DVWK-A 139 [9] im Regelfall bis<br />

300 mm, aber mindestens bis 150 mm über den Rohrscheitel. Oberhalb werden<br />

natürliche Verfüllstoffe eingebracht, die lagenweise einzubauen und zu<br />

verdichten sind. Eine hierbei erforderliche Verdichtungsarbeit kann bei Nichteinhaltung<br />

von Überdeckungen zu Schäden an der Rohrleitung führen. Deshalb<br />

sind mittlere bis schwere Verdichtungsgeräte erst ab einem Meter über<br />

Rohrscheitel einzusetzen. Infolge dessen besteht bei dieser Einbauvariante<br />

ebenfalls die Gefahr von dynamischen Schädigungen. Um dem entgegenzuwirken,<br />

wäre die Anwendung von SVM zusätzlich in der Hauptverfüllung<br />

des Rohrgrabens von Vorteil.<br />

Die verfestigten WBM-Bodenkörper besitzen eine geringe Wasserdurchlässigkeit.<br />

Unterspülen der Leitung und daraus resultierende Zerstörungen derselben<br />

werden verhindert. Um die Spatenlösbarkeit zu gewährleisten, wird<br />

eine Rezeptur erstellt. Die Herstellung des WBM kann vor Ort (Schlämmemaschine<br />

etc.), aber auch im Werk erfolgen. Die SVM können mit Spaten<br />

wieder aufgegraben werden, da sie sich zur Bodenklasse 4 nach DIN 18300<br />

[10] zuordnen lassen. Die Lösbarkeit ist bei eventuellen Reparaturen bzw.<br />

Erneuerungen an vorhandenen Leitungen erforderlich.<br />

Im Gegensatz zur direkten Verwendung des vorliegenden Bodenaushubes<br />

verursacht zwar der Einsatz von SVM durch die Zugabe von Zusatzmitteln<br />

und die maschinelle Aufbereitung einen höheren Kostenaufwand. Dem stehen<br />

aber die zuvor genannten Vorteile, insbesondere der schmale Graben<br />

und die damit verbundenen erheblichen Kosteneinsparungen, gegenüber.<br />

Zum ATV-DVWK-Arbeitsblatt A 127<br />

Das ATV-DVWK-Arbeitsblatt A 127 gilt hauptsächlich für die statische Berechnung<br />

von Abwasserkanälen und -leitungen, die im Rohrgraben verlegt werden.<br />

Es ist auf die natürlichen Böden, also die konventionelle Verfüllmethode,<br />

abgestimmt. Der Berechnungsalgorithmus beruht auf einer Vielzahl<br />

bodenmechanischer Kenngrößen. Um diese Richtlinie anwenden zu können,<br />

ist eine Einordnung des anstehenden Bodens sowie der Verfüllmaterialien in<br />

die Bodengruppen G1 bis G4 notwendig. Hieraus resultieren berechnungsrelevante<br />

Kenngrößen, wie z.B. Wichte und Reibungswinkel. Ferner besteht<br />

die Möglichkeit, vom ATV-DVWK-A 127 abweichende Bodenkennwerte zu<br />

verwenden.<br />

Der WBM lässt sich zunächst nicht direkt einer Bodengruppe des Arbeitsblattes<br />

A 127 mit den zugehörigen Berechnungskennwerten zuordnen. Durch<br />

Auswertung von speziellen Plattendruck-, Ödometer- und Durchlässigkeitsversuchen<br />

können die notwendigen Parameter einzeln bestimmt werden<br />

[11]. Diese sind in den Berechnungsalgorithmus des ATV-DVWK-A 127 einzubinden.<br />

Einordnung<br />

WBM verhält sich ähnlich den natürlichen Böden. Bei der Auswertung von<br />

Ödometerversuchen konnte die Elastizität durch Rückverformung nach der<br />

Erstbelastung nachgewiesen werden. Hieraus lässt sich ableiten, dass der<br />

Forschung + Technik<br />

Lastansatz nach dem ATV-Arbeitsblatt<br />

A 127 erfolgen kann. Ebenso<br />

sind beim WBM die Scherparameter<br />

Reibungswinkel und Kohäsion bestimmbar.<br />

Unterschiede lassen sich<br />

hierbei in Abhängigkeit vom Grundmaterial,<br />

aber auch von der Druckfestigkeit<br />

erkennen. Es ergeben sich<br />

Reibungswinkel von rund 28 bis 40°.<br />

Im ATV-DVWK-Arbeitsblatt A 127<br />

wird für die Bodengruppe G1 ein<br />

Reibungswinkel von 35° (± 2,5°) und<br />

für G2 ein Reibungswinkel von 30°<br />

(± 2,5°) angegeben. Somit ist der<br />

WBM in Abhängigkeit des Reibungswinkels<br />

einem nicht- bzw. schwachbindigen<br />

Boden zuzuordnen.<br />

Im ATV-DVWK-A 127 ist weiterhin<br />

angegeben, dass zur Bestimmung<br />

des Verformungsmoduls E B beispielsweise<br />

der Plattendruckversuch<br />

nach DIN 18134 [12] angewandt<br />

werden kann. Dies trifft für Bodenarten<br />

und Stoffe zu, die sich nicht in<br />

die Bodenklassifizierung des Arbeitsblattes<br />

A 127 einordnen lassen. Es<br />

„sind mindestens fünf Werte zu bestimmen,<br />

der Kleinstwert ist maßgebend“<br />

[4, S. 11]. Für den WBM wurden<br />

die Druck-Setzungs-Kurven dieses<br />

Versuchs im Spannungsbereich 0<br />

bis 100 kN/m 2 analog den Richtwerten<br />

in ATV-DVWK-A 127 ausgewertet.<br />

Die Verformungsmoduln ergaben<br />

sich zu 30 … 45 N/mm 2 [13,<br />

14] und liegen somit im Bereich der<br />

Bodengruppe G1. Demnach ist der<br />

WBM den nichtbindigen Böden zuzuordnen.<br />

Für den WBM erfolgte analog DIN<br />

18136 [15] die Bestimmung des<br />

Elastizitätsmoduls E und der Querdehnzahl<br />

�. Letztere gibt das Verhältnis<br />

von Querdehnung zu Längsdehnung<br />

bei axialer Belastung an.<br />

Theoretisch ergeben sich Werte zwischen<br />

0 und 0,5. Hierbei gilt ein Material<br />

mit einer Querdehnzahl von<br />

0,5 als inkompressibel. Beim WBM<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

21


22<br />

Forschung + Technik<br />

wurde ein �-Wert von durchschnittlich<br />

0,25 bestimmt. Nach SCHMIDT<br />

[16] liegt somit die Querdehnzahl<br />

des WBM im Bereich von Sanden,<br />

die nach ATV-DVWK-A 127 ebenfalls<br />

zur Bodengruppe G1 gehören.<br />

Das Langzeitverhalten eines bindigen<br />

Bodens wird durch den Reduktionsfaktor<br />

f 1 für das Kriechen berücksichtigt.<br />

Aus dem Zeit-Setzungs-<br />

Verlauf des WBM sind Aussagen zum<br />

Kriechen möglich. Für den WBM<br />

wurden Zeit-Setzungs-Linien für die<br />

drei Auflastspannungen 50, 100 und<br />

200 kN/m 2 beim Ödometerversuch<br />

bestimmt. Sie verlaufen bei halblogarithmischer<br />

Skalierung nahezu linear.<br />

Als Konsequenz hieraus lässt<br />

sich der Reduktionsfaktor f 1 zu 1,0<br />

ableiten. Ein für bindige Böden typischer<br />

Kurvenverlauf, wie er in DIN<br />

18135 [17] angegeben ist, stellt sich<br />

demnach beim Bodenmörtel nicht<br />

ein.<br />

Der Abminderungsfaktor f 2 des Verformungsmoduls<br />

E 2 der Leitungszone<br />

berücksichtigt grundwasserbedingte<br />

Sackungen. Da Grundwasser<br />

Einfluss auf die Tragfähigkeit des Bodens<br />

hat, erfolgt eine Abminderung<br />

von E 2 bei einem Verdichtungsgrad<br />

D Pr kleiner 95 %. Aus den ermittelten<br />

Wasserdurchlässigkeitswerten lässt<br />

sich schlussfolgern, dass die Bodenmörtel<br />

nur gering bis schwach wasserdurchlässig<br />

sind. Hieraus resultiert,<br />

dass keine relevanten Sackungen<br />

infolge Grundwassereinfluss zu<br />

erwarten sind; der Abminderungsfaktor<br />

f 2 ist hiernach bestimmbar<br />

und mit 1,0 anzusetzen.<br />

Zur Ermittlung der Erdlast p E und der<br />

gleichmäßig verteilten Flächenlast<br />

p 0 werden die Abminderungsfaktoren<br />

� und � 0 nach der Silotheorie<br />

herangezogen. Folgende Voraussetzungen<br />

müssen dazu erfüllt sein:<br />

● E 1 � E 3 r �<br />

● E 1 � E 3 r � 0<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

● Grabenverfüllung: D Pr > 90 %<br />

● Grabenwände bleiben auf Dauer erhalten<br />

(E 1 … Verformungsmodul Hauptverfüllung; E 3 … Verformungsmodul<br />

anstehender Boden)<br />

Bei Verwendung von Bodenmörtel als Überschüttung sind die o. g. Voraussetzungen<br />

zu prüfen und die Abminderungsfaktoren gegebenenfalls anzusetzen.<br />

Wenn der Rohrgraben vollständig mit WBM verfüllt wird, trifft die Überschüttungsbedingung<br />

A4 zu. Dies berücksichtigt den optimalen Verbund<br />

(durch das flüssige Einbringen des WBM) zwischen Verfüllung und Grabenwand.<br />

Da der WBM hohe Verformungsmoduln im Bereich der nichtbindigen<br />

Böden aufweist, ergeben sich in der Regel die Abminderungsfaktoren zu 1.<br />

„Maßgebend für die Abminderung der Erdlast sind der Seitendruck auf die<br />

Grabenwände, ausgedrückt durch das Verhältnis K 1 von horizontalem zu vertikalem<br />

Erddruck, und der wirksame Wandreibungswinkel �“ [4, S. 17]. K 1<br />

lässt sich nach LEONHARDT [18] wie folgt bestimmen:<br />

K1 = 1 + sin 2�’ – 2 sin 2�’ – tan 2�cos 2�’ cos 2�’ + 4 tan 2 klllllllllllll<br />

�<br />

Das Erddruckverhältnis K 1 ist von den bekannten Parametern Reibungswinkel<br />

�’ und Überschüttungsbedingung, also dem daraus resultierenden Wandreibungswinkel<br />

�, abhängig und kann somit für den WBM ermittelt werden.<br />

Bei der Verfüllung des Rohrgrabens oberhalb der Leitungszone mit einem anderen<br />

Boden als dem Aushub ist der jeweils kleinere der beiden Reibungswinkel<br />

anzusetzen. WBM besitzt zumeist einen relativ hohen Reibungswinkel<br />

�’, so dass �’ des anstehenden Bodens maßgebend wird. K 1 ergibt sich<br />

dementsprechend zu dem für alle Bodengruppen des ATV-DVWK-A 127 zutreffenden<br />

Wert 0,5. Wenn �’ des WBM maßgebend ist, ergeben sich höhere<br />

Werte für das Erddruckverhältnis K 1 .<br />

Nach LEONHARDT [19] kann das Erddruckverhältnis K 2 in der Leitungszone<br />

nach Gleichung (2) und (3) bestimmt werden.<br />

K2 = K – 2 · c klK<br />

�v mit K = K 0 = 1 – sin �’ (3)<br />

Die Berechnung von K 2 basiert auf der Kohäsion c und der vertikalen Spannung<br />

� v . Da die Kohäsion des Bodenmörtels aufgrund der Verfestigung sehr<br />

hoch ist, ergibt sich ein K 2 -Wert von nahezu Null. Das würde bedeuten, dass<br />

keine horizontale Spannung im WBM trotz vertikaler Spannung auftreten<br />

würde. Dies entspricht nicht dem Tragverhalten des Bodenmörtels. WBM<br />

verhält sich ähnlich der Bodengruppe G1 und deshalb erfolgte die Berechnung<br />

von in SVM gebetteten biegeweichen Rohre mit K 2 = 0,4.<br />

Die Rohrauflagerung in SVM stellt ein „Auflager im Boden“ dar mit der relativen<br />

Ausladung a = 1. Der Einbau von SVM in verflüssigter Konsistenz und<br />

die hieraus resultierende selbstverdichtende Wirkung haben optimale Bettungsbedingungen<br />

ohne Hohlräume zur Folge. Daraus ist der Auflagerwinkel<br />

2 � = 180° beim Bodenmörtel begründet.<br />

(1)<br />

(2)


Berechnung<br />

Lösungsalgorithmus<br />

Ähnlich der Vorgehensweise bei der Berechnung von Vortriebsrohren [20] ist<br />

zwischen einem Bauzustand und einem Betriebszustand zu unterscheiden.<br />

Da die selbstverdichtenden Verfüllmaterialien in flüssiger Form in den Rohrgraben<br />

eingebracht werden, ist zunächst der Nachweis der Auftriebssicherheit<br />

zu führen (Bauzustand). Nach DIN 1054 [21] stellen hierbei das Rohreigengewicht<br />

und die stützende Kraft aus den Belastungsbänken günstige<br />

Einwirkungen dar; die Auftriebskraft steht als ungünstige Einwirkung gegenüber.<br />

Dabei ist der „Flüssigkeitsspiegel“ des SVM in Höhe des Rohrscheitels<br />

anzunehmen, die maximale Auftriebskraft wird angesetzt.<br />

Die Berechnung im Betriebszustand erfolgt in Analogie zum ATV-DVWK-<br />

Arbeitsblatt A 127, wobei zwischen biegesteifen und biegeweichen Rohren<br />

zu unterscheiden ist.<br />

Herangehensweise<br />

Für Beispielrechnungen erfolgte die softwareseitige Umsetzung des gesamten<br />

Berechnungsalgorithmus des ATV-DVWK-A 127. Dies hat den Vorteil,<br />

dass die getroffenen Annahmen bezüglich des WBM einzeln in die Software<br />

übertragbar sind. Diese Möglichkeit besteht bei vorhandenen computergestützten<br />

Programmen nicht. Deren Berechnungen laufen im Hintergrund ab<br />

und Parameter können nicht unabhängig voneinander geändert werden.<br />

In Anlehnung an die Beispiele im Anhang des Arbeitsblattes A 127 wurden<br />

folgende Rohrtypen statisch nachgewiesen. Die Berechnung erfolgte für ein<br />

biegesteifes Steinzeug-Rohr (DIN EN 295), ein biegeweiches Rohr mit Elastizitätsmodul<br />

(PVC-U-Rohr nach DIN EN 1401) und ein biegeweiches Rohr<br />

mit Nennsteifigkeit (UP-GF-Rohr nach DIN 19565) der Nennweiten DN 300<br />

und DN 500. Darüber hinaus wurde für das Steinzeug-Rohr und das glasfaserverstärkte<br />

Polyesterharz-Rohr die Nennweite DN 1000 nachgewiesen.<br />

Varianten der Verfüllung<br />

Um die konventionelle Grabenverfüllung mit der unkonventionellen, also<br />

selbstverdichtenden Verfüllmethode (SVM, WBM) vergleichen zu können,<br />

wurden nachstehende Varianten der Einbaumöglichkeit unterschieden.<br />

Variante 1 (Abb. 1a) beschreibt einen schmalen Rohrgraben, in welchem das<br />

Rohr im WBM eingebettet ist, die Hauptverfüllung jedoch mit einem natürlichen<br />

Boden erfolgt. Variante 2 (Abb. 1b) steht beispielhaft für einen<br />

vollständig mit WBM verfüllten, schmalen Rohrgraben. Beide<br />

Varianten stehen im Vergleich zu der konventionellen Verfüllmethode<br />

(Abb. 1c), welche durch breitere Rohrgräben sowie eine<br />

Einbettung und Überschüttung aus natürlichen Böden charakterisiert<br />

ist.<br />

Forschung + Technik<br />

300 (DN 1000) b = 1,0 m (2,2 m).<br />

Da der anstehende Boden mit einem<br />

Verformungsmodul von 8 N/mm 2<br />

angesetzt wurde, ist bei Variante 2<br />

die Wahl der Überschüttungsbedingung<br />

irrelevant. Bei Variante 1 und<br />

bei der konventionellen Verfüllmethode<br />

ist die Überschüttungsbedingung<br />

A1 angesetzt worden, um den<br />

erforderlichen Verdichtungsgrad D Pr<br />

von 95 % zu realisieren. Weiterhin<br />

wurden für alle Varianten Auflagerwinkel<br />

von 2 � = 120°, bei konventioneller<br />

Hauptverfüllung auch 2 � =<br />

90° und bei unkonventioneller Verfüllmethode<br />

mit SVM/WBM ebenso<br />

2 � = 180°, betrachtet. Bei den Varianten<br />

1 und 2 kamen die ermittelten<br />

Verformungsmoduln des WBM zur<br />

Anwendung. Im Arbeitsblatt A 127<br />

[4, S. 24] heißt es: „Bei Böden (Lockergestein)<br />

wird E 4 = 10 · E 1 angenommen,<br />

sofern im Einzelfall keine<br />

genaueren Angaben vorliegen.“ Da<br />

es sich beim WBM um Bodenaustausch<br />

handelt, trifft diese Angabe<br />

nicht zu. Der Verformungsmodul E 4<br />

unter dem Rohr wird daher bei Variante<br />

2 entsprechend den beiden anderen<br />

Verfüllvarianten mit 50<br />

N/mm 2 angesetzt.<br />

Ergebnisse<br />

Für das biegesteife Steinzeug-Rohr<br />

ergeben sich bei den betrachteten<br />

WBM-Sand und WBM-RC identische<br />

Sicherheiten im Spannungsnach-<br />

Eingabedaten<br />

Ähnlich den Berechnungsbeispielen des ATV-DVWK-A 127 erfolgte<br />

der Ansatz der Einbaubedingungen. Für alle drei Verfüllmethoden<br />

wurde zur Vergleichbarkeit bei der Betrachtung von Rohren<br />

a) b) c)<br />

DN 500 die Grabenbreite b = 1,4 m gewählt, bei Rohren mit DN Abb. 1: Varianten der Verfüllung.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

23


24<br />

Forschung + Technik<br />

weis. Die Abb. 2 und Abb. 3 zeigen<br />

zunächst die Untersuchungsergebnisse<br />

für das Steinzeug-Rohr am kritischen<br />

Punkt Rohrsohle.<br />

Es zeigt sich für die Nennweite DN<br />

500 (Grabenbreite: 1,4 m) in Abb. 2,<br />

dass sowohl die Verfüllung der Leitungszone<br />

als auch die komplette<br />

Ausführung mit WBM zu höheren Sicherheiten<br />

gegenüber der konventionellen<br />

Grabenverfüllung führen.<br />

Abb. 3 veranschaulicht die maßgebenden<br />

Sicherheiten für Steinzeug-<br />

Rohre mit unterschiedlichen Nenndurchmessern.<br />

Für biegesteife Rohre<br />

ist aufgrund fehlender Verformung<br />

und Bettungsreaktion das Erddruckverhältnis<br />

K 2 = K 1 .<br />

Die nachfolgenden Abbildungen<br />

zeigen die Ergebnisse der statischen<br />

Berechnungen der biegeweichen<br />

Rohrleitungen. Das Erddruckverhältnis<br />

K 2 beträgt bei allen Variationen<br />

0,4. Abb. 4 gibt für das PVC-U-Rohr<br />

mit DN 500 die Sicherheiten in der<br />

Sohle an.<br />

Die Ergebnisse verdeutlichen, dass<br />

Variante 1 und 2 höhere Sicherheiten<br />

des Spannungsnachweises gegenüber<br />

der konventionellen Grabenverfüllung<br />

aufweisen. Der Nachweis<br />

der Verformungen ist insbesondere<br />

für den Langzeitfall zu führen.<br />

In Abb. 5 zeigt sich für das PVC-U-<br />

Rohr, dass die relativen vertikalen<br />

Verformungen � v bei der konventionellen<br />

Verfüllmethode deutlich über<br />

denen bei WBM-Teil- oder Vollverfüllung<br />

des Rohrgrabens liegen. Die<br />

Verfüllung der Leitungszone mit<br />

WBM (Variante 1) führt zu kleineren<br />

Verformungen. Wenn auch die<br />

Hauptverfüllung mit WBM ausgeführt<br />

wird, treten die geringsten vertikalen<br />

Verformungen auf.<br />

Für ein biegeweiches Rohr mit zugehöriger<br />

Nennsteifigkeit (UP-GF-<br />

Rohr) sind die in Abb. 6 enthaltenen<br />

Verformungswerte � v bei unter-<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

( Sohle)<br />

n<br />

e<br />

t<br />

i<br />

e<br />

h<br />

r<br />

e<br />

h<br />

c<br />

i<br />

S<br />

6,5<br />

6,0<br />

5,5<br />

5,0<br />

4,5<br />

4,0<br />

3,5<br />

3,0<br />

konventionell - 2�<br />

= 90°<br />

Biegesteifes Steinzeug-Rohr (DN 500)<br />

Spannungsnachweis<br />

konventionell - 2�<br />

= 120°<br />

Variante 1 - 2�<br />

= 120°<br />

Variante 1 - 2�<br />

= 180°<br />

Variante 2 - 2�<br />

= 120°<br />

Varianten der Verfüllung bei verschiedenen Auflagerwinkeln 2�<br />

Abb. 2: Sicherheiten des Steinzeug-Rohres – DN 500 in WBM-Sand und WMB-RC.<br />

)<br />

e<br />

l<br />

h<br />

o<br />

S<br />

(<br />

n<br />

e<br />

t<br />

i<br />

e<br />

h<br />

r<br />

e<br />

h<br />

c<br />

i<br />

S<br />

9,0<br />

8,0<br />

7,0<br />

6,0<br />

5,0<br />

4,0<br />

3,0<br />

2,0<br />

1,0<br />

0,0<br />

Biegesteife Steinzeug-Rohre<br />

Spannungsnachweis<br />

DN 300 DN 500 DN 1000<br />

Variante 2 - 2�<br />

= 180°<br />

konventionell - 2� = 90°<br />

konventionell - 2� = 120°<br />

Variante 1 - 2� = 120°<br />

Variante 1 - 2� = 180°<br />

Variante 2 - 2� = 120°<br />

Variante 2 - 2� = 180°<br />

Abb. 3: Vergleich der Sicherheiten (Steinzeug-Rohr) in Abhängigkeit des DN.<br />

d<br />

n<br />

a<br />

S<br />

-<br />

M<br />

B<br />

W<br />

C<br />

R<br />

-<br />

M<br />

B<br />

W<br />

t<br />

i<br />

e<br />

z<br />

z<br />

r<br />

u<br />

K<br />

t<br />

i<br />

e<br />

z<br />

g<br />

n<br />

a<br />

L<br />

t<br />

i<br />

e<br />

z<br />

z<br />

r<br />

u<br />

K<br />

t<br />

i<br />

e<br />

z<br />

g<br />

n<br />

a<br />

L<br />

konventionell - 2� = 90°<br />

konventionell - 2� = 120°<br />

Variante 1 - 2� = 120°<br />

Variante 1 - 2� = 180°<br />

Variante 2 - 2� = 120°<br />

Variante 2 - 2� = 180°<br />

konventionell - 2� = 90°<br />

konventionell - 2� = 120°<br />

Variante 1 - 2� = 120°<br />

Variante 1 - 2� = 180°<br />

Variante 2 - 2� = 120°<br />

Variante 2 - 2� = 180°<br />

konventionell - 2� = 90°<br />

konventionell - 2� = 120°<br />

Variante 1 - 2� = 120°<br />

Variante 1 - 2� = 180°<br />

Variante 2 - 2� = 120°<br />

Variante 2 - 2� = 180°<br />

konventionell - 2� = 90°<br />

konventionell - 2� = 120°<br />

Variante 1 - 2� = 120°<br />

Variante 1 - 2� = 180°<br />

Variante 2 - 2� = 120°<br />

Variante 2 - 2� = 180°<br />

Biegeweiches PVC-U-Rohr (DN 500)<br />

Spannungs-Nachweis<br />

0,0 5,0 10,0 15,0 20,0 25,0 30,0 35,0 40,0 45,0 50,0 55,0<br />

Sicherheiten (Sohle)<br />

Abb. 4: Sicherheiten des biegeweichen PVC-U-Rohres – DN 500.


]<br />

%<br />

[<br />

g<br />

n<br />

u<br />

m<br />

r<br />

o<br />

f<br />

r<br />

e<br />

V<br />

e<br />

l<br />

a<br />

k<br />

i<br />

t<br />

r<br />

e<br />

v<br />

e<br />

v<br />

i<br />

t<br />

a<br />

l<br />

e<br />

r<br />

]<br />

%<br />

[<br />

g<br />

n<br />

u<br />

m<br />

r<br />

o<br />

f<br />

r<br />

e<br />

V<br />

e<br />

l<br />

a<br />

k<br />

i<br />

t<br />

r<br />

e<br />

v<br />

e<br />

v<br />

i<br />

t<br />

a<br />

l<br />

e<br />

r<br />

)<br />

e<br />

l<br />

h<br />

o<br />

S<br />

(<br />

n<br />

e<br />

t<br />

i<br />

e<br />

h<br />

r<br />

e<br />

h<br />

c<br />

i<br />

S<br />

1,50<br />

1,25<br />

1,00<br />

0,75<br />

0,50<br />

0,25<br />

0,00<br />

24,0<br />

18,0<br />

12,0<br />

6,0<br />

0,0<br />

konventionell - 2�<br />

= 90°<br />

konventionell - 2�<br />

= 120°<br />

Variante 1 - 2�<br />

= 120°<br />

konventionell - 2�<br />

= 120°<br />

Variante 1 - 2�<br />

= 180°<br />

Variante 1 - 2�<br />

= 120°<br />

Biegeweiches PVC-U-Rohr (DN 500)<br />

Verformungsnachweis<br />

Variante 1 - 2�<br />

= 180°<br />

Biegeweiches UP-GF-Rohr (DN 500)<br />

Dehnungsnachweis<br />

konventionell - 2�<br />

= 120°<br />

Variante 2 - 2�<br />

= 180°<br />

Variante 1 - 2�<br />

= 120°<br />

°<br />

0<br />

8<br />

1<br />

-<br />

2<br />

e<br />

t<br />

n<br />

a<br />

i<br />

r<br />

a<br />

V<br />

Variante 1 - 2�<br />

= 180°<br />

Kurzzeit Langzeit Kurzzeit Langzeit<br />

konventionell - 2�<br />

= 120°<br />

Variante 1 - 2�<br />

= 120°<br />

Variante 1 - 2�<br />

= 180°<br />

WBM-Sand WBM-RC<br />

Abb. 7: Sicherheiten des UP-GF-Rohres – DN 500 (Dehnungsnachweis).<br />

konventionell - 2�<br />

= 90°<br />

konventionell - 2�<br />

= 120°<br />

Variante 1 - 2�<br />

= 120°<br />

Variante 1 - 2�<br />

= 180°<br />

WBM-Sand WBM-RC<br />

Abb. 5: Relative vertikale Verformungen � v (PVC-U-Rohr – DN 500).<br />

1,50<br />

1,25<br />

1,00<br />

0,75<br />

0,50<br />

0,25<br />

0,00<br />

konventionell - 2�<br />

= 90°<br />

konventionell - 2�<br />

= 120°<br />

Variante 1 - 2�<br />

= 120°<br />

Biegeweiches UP-GF-Rohr (DN 500)<br />

Verformungsnachweis<br />

Variante 1 - 2�<br />

= 180°<br />

Variante 2 - 2�<br />

= 120°<br />

Variante 2 - 2�<br />

= 180°<br />

konventionell - 2�<br />

= 90°<br />

konventionell - 2�<br />

= 120°<br />

Variante 1 - 2�<br />

= 120°<br />

Variante 1 - 2�<br />

= 180°<br />

WBM-Sand WBM-RC<br />

Abb. 6: Vertikale Verformungen (UP-GF-Rohr – DN 500).<br />

konventionell - 2�<br />

= 120°<br />

Variante 2 - 2�<br />

= 180°<br />

Variante 2 - 2�<br />

= 120°<br />

Variante 1 - 2�<br />

= 120°<br />

°<br />

0<br />

8<br />

1<br />

-<br />

2<br />

e<br />

t<br />

n<br />

a<br />

i<br />

r<br />

a<br />

V<br />

Variante 2 - 2�<br />

= 180°<br />

Variante 1 - 2�<br />

= 180°<br />

Forschung + Technik<br />

schiedlichen Verfüllvarianten des<br />

Rohrgrabens und verschiedenen<br />

Auflagerwinkeln 2 � zu verzeichnen.<br />

Die Varianten 1 (WBM in Leitungszone)<br />

und 2 (WBM im gesamten Rohrgraben)<br />

bewirken bei einem glasfaserverstärkten<br />

Polyesterharz-Rohr<br />

mit DN 500 (Grabenbreite: 1,4 m)<br />

kaum unterschiedliche Rohrverformungen.<br />

Die Verformungen reduzieren<br />

sich allerdings auf nahezu die<br />

Hälfte der Verformungen gegenüber<br />

konventioneller Grabenverfüllung.<br />

Auch beim Dehnungsnachweis für<br />

das UP-GF-Rohr (Abb. 7) zeigt sich,<br />

dass die Verfüllung des Rohrgrabens<br />

mit WBM gegenüber der konventionellen<br />

Verfüllmethode eine deutliche<br />

Erhöhung der Sicherheiten bewirkt.<br />

Die biegeweichen Rohre sind gleichermaßen<br />

für den Nenndurchmesser<br />

DN 300 (Grabenbreite: 1,0 m)<br />

bzw. DN 1000 (nur bei UP-GF-Rohr)<br />

statisch nachgewiesen worden.<br />

Hierzu lassen sich die gleichen<br />

Schlussfolgerungen wie bei DN 500<br />

ziehen.<br />

Zusammenfassung<br />

Basierend auf der Auswertung einer<br />

Vielzahl bodenmechanischer Analysen<br />

der WBM konnte eine Einordnung<br />

dieses selbstverdichtenden<br />

Verfüllmaterials in den rohrstatischen<br />

Berechnungsalgorithmus des<br />

ATV-DVWK-Arbeitsblattes A 127 erfolgen.<br />

Direkte Zuordnungen zu den<br />

im Arbeitsblatt A 127 klassifizierten<br />

Bodengruppen mit deren zugehörigen<br />

berechnungsrelevanten Kennwerten<br />

waren nicht zu sichern.<br />

Die Ergebnisse der rohrstatischen<br />

Vergleichsrechnungen haben gezeigt,<br />

dass die Verwendung von<br />

WBM in der Leitungszone, aber auch<br />

zusätzlich in der Hauptverfüllung, zu<br />

höheren Sicherheiten der Rohre gegenüber<br />

der konventionellen Gra-<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

25


26<br />

Forschung + Technik<br />

benverfüllung führt. Für alle Untersuchungsvarianten<br />

wurden die Grabenbreiten<br />

in Anlehnung an das<br />

ATV-DVWK-A 139 gewählt; beim unkonventionellen<br />

Verfüllstoff (SVM<br />

bzw. WBM) sind dennoch schmalere<br />

Gräben möglich. Aus dieser Bedingung<br />

resultieren noch höhere Sicherheiten<br />

bei der Verlegung von<br />

Rohren in SVM.<br />

Auch die vertikale Verformung von<br />

in SVM eingebetteten biegeweichen<br />

Rohren ist deutlich geringer als bei<br />

der konventionellen Grabenverfüllung.<br />

Betrachtet man hierzu den Vergleich<br />

des Auflagerwinkels 2 � von<br />

90° (konventionell) zu 180° (für<br />

WBM maßgeblich), ist eine Halbierung<br />

der relativen vertikalen Verformung<br />

� v zu verzeichnen. Bei allen<br />

Berechnungsbeispielen ist die maximal<br />

zulässige Verformung von 6 %<br />

nicht überschritten.<br />

Die Verlegung der Rohre in SVM<br />

oder WBM bietet neben der Kostenreduzierung<br />

durch schmalere Rohrgräben<br />

zugleich eine Erhöhung der<br />

Sicherheiten für die Rohrleitungen.<br />

Literatur<br />

[1] BELETZ, O. (1982): Stabilisierte<br />

Sandmischung (SSM). – Zement und<br />

Beton, Heft 1, S. 39–40<br />

[2] WERNER, D. & HENNING, O.<br />

(1998): Boden-Mörtel – ein neuartiger<br />

Verfüllstoff für schmale Leitungsgräben<br />

in der Gas- und Wasserverteilung. – Gasund<br />

Wasserfach, S. 112–119<br />

[3] DIN EN 1295-1 (September<br />

1997): Statische Berechnung von erdverlegten<br />

Rohrleitungen unter verschiedenen<br />

Belastungsbedingungen, Beuth-<br />

Verlag<br />

[4] ATV-DVWK-A 127 (August 2000):<br />

Statische Berechnung von Abwasserkanälen<br />

und -leitungen, 3. Auflage<br />

[5] STEIN, R. & BRAUER, A. (<strong>2005</strong>): Eine<br />

interessante Alternative. – bi Umwelt-<br />

Bau, Heft 1<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

[6] WERNER, D. & HENNING, O.: Schmalere Leitungsgräben durch verdichtungslose<br />

Rohrbettung und -füllung – ein neuer wirtschaftlicher Lösungsansatz, Vortrag<br />

anlässlich der ibausil, 1996 in Weimar; http://www.fitr.de/Bau-Moertel/Fachpresse/<br />

IBausil/Text_Werner_Henning_ibausil.html<br />

[7] BERGER, W., KRAUSEWALD, J. & VAN HEYDEN, L. (1999): Boden-Mörtel – Anwendungsfragen<br />

und Wirtschaftlichkeit für den Tiefbau der Gasverteilung. – Gasund<br />

Wasserfach, S. 513–518<br />

[8] KIESSELBACH, G.: Beanspruchung von Rohrleitungen während des Einbauzustandes,<br />

Rohrbau Weimar 2000, (6./7. Dezember in Weimar), S. 207–218<br />

[9] ATV-DVWK-A 139 (Juni 2001): Einbau und Prüfung von Abwasserleitungen und<br />

-kanälen<br />

[10] DIN 18300 – VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil C<br />

(Dezember 2002): Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen<br />

(ATV), Erdarbeiten<br />

[11] SPAHN, K. (<strong>2005</strong>): Beitrag zur Erfassung der Beanspruchung von in selbstverdichtenden<br />

Verfüllmaterialien eingebetteten biegeweichen und biegesteifen Rohrmaterialien<br />

im Kanalbau, Diplomarbeit, Bauhaus-Universität Weimar<br />

[12] DIN 18134 (September 2001): Versuche und Versuchsgeräte – Plattendruckversuch,<br />

Beuth-Verlag<br />

[13] VERSUCHSPROTOKOLL (Mai <strong>2005</strong>): Statische Lastplattendruckversuche – Forschungsinstitut<br />

für Tief- und Rohrleitungsbau Weimar e.V., Versuchsfeld<br />

[14] VERSUCHSPROTOKOLL (Mai 1997): Statische Lastplattendruckversuche –<br />

MFPA Weimar, Lützendorfer Straße<br />

[15] DIN 18136 (November 2003): Baugrund, Untersuchung von Bauproben – Einaxialer<br />

Druckversuch – Einaxialversuch, Beuth-Verlag<br />

[16] SCHMIDT, H.-H. (November 2001): Grundlagen der Geotechnik, Teubner-Verlag,<br />

2. Auflage<br />

[17] DIN 18135 (Juni 1999): Baugrund, Untersuchung von Bodenproben – Eindimensionaler<br />

Kompressionsversuch, Beuth-Verlag<br />

[18] LEONHARDT, G. (1984): Einige Bemerkungen zum statischen und bodenmechanischen<br />

Konzept des ATV-Arbeitsblattes A 127. – Korrespondenz Abwasser, S.<br />

528–531<br />

[19] LEONHARDT, G. (1979): Bodenmechanische Fragen der statischen Berechnung<br />

und Einbettung von erdverlegten Rohrleitungen. – Korrespondenz Abwasser, S. 489–<br />

493<br />

[20] ATV-DVWK-A 161 (Januar 1990): Statische Berechnung von Vortriebsrohren<br />

[21] DIN 1054 (Januar <strong>2005</strong>): Baugrund – Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau,<br />

Beuth-Verlag<br />

Kontakt<br />

Dipl.-Ing. Kathrin Spahn<br />

Dr.-Ing. Wolfgang Berger<br />

Dr.-Ing. Dietmar Mälzer<br />

FITR Forschungsinstitut für Tiefund<br />

Rohrleitungsbau Weimar e.V.<br />

99427 Weimar<br />

Internet: www.fitr.de


Forschung + Technik<br />

Spannungsverteilung in Rohrfugen<br />

Online-Überwachung der Vorpresskraft<br />

beim Rohrvortrieb<br />

Kanäle und Leitungen können in offener oder in geschlossener Bauweise<br />

verlegt werden. Was die Belastung und Bemessung der Rohre anbelangt,<br />

sind bei der geschlossenen Bauweise die während des Einbauvorgangs<br />

auftretenden Vortriebskräfte zumeist maßgebend. Diese Vortriebskräfte<br />

werden von einer Vortriebspresse im Startschacht auf das jeweils zuletzt<br />

eingebaute Rohr aufgebracht und von Rohr zu Rohr bis zur Vortriebsmaschine<br />

übertragen (Abb. 1).<br />

Insgesamt ergibt sich die aufzubringende Vortriebskraft aus dem so genannten<br />

Spitzenwiderstand am Schneidrad der Vortriebsmaschine und der Mantelreibung<br />

zwischen Rohren und Boden. Mit zunehmender Vortriebsstreckenlänge<br />

nimmt daher auch die aufzubringende Vorpresskraft zu (Abb. 1).<br />

Zur Verbesserung der Übertragung der Presskräfte von Rohr zu Rohr werden<br />

Fugenzwischenlagen eingesetzt. Das Vortriebsrohr in Kombination mit der<br />

Fugenzwischenlage muss so ausgelegt werden, dass die Presskräfte schadlos<br />

aufgenommen werden.<br />

Aber auch bei sorgfältiger und normenkonformer Dimensionierung der Rohre<br />

kommt es beim Rohrvortrieb vereinzelt zu Schäden, die in Form von Rissbildung<br />

in Rohrlängsrichtung bis hin zu großflächigen Abplatzungen an den<br />

Rohrspiegeln auftreten (Abb. 2).<br />

Die Ursache hierfür ist zumeist eine Überlastung der Rohre, die seltener<br />

Folge einer unzulässigen Erhöhung der Presskräfte ist, sondern oftmals aus<br />

Abb. 1: Rohrvortrieb; Spitzenwiderstand, Mantelreibung und Vorpresskraft.<br />

einer zu großen Verwinkelung der<br />

Vortriebsrohre resultiert. Die Gründe<br />

für größere Rohrverwinkelungen<br />

können unterschiedlicher Natur sein<br />

und z. B. aus dem Boden (Schichtungen,<br />

Hindernisse) und zu starken<br />

Korrektursteuerungen herrühren.<br />

Um auch in diesen Fällen Schäden<br />

vermeiden zu können, wurde am Institut<br />

für Baumaschinen und Baubetrieb<br />

der RWTH Aachen (ibb) ein<br />

Überwachungssystem entwickelt,<br />

mit dem die Spannungsverteilung in<br />

den Rohrfugen visualisiert und überwacht<br />

werden kann.<br />

Belastung von Vortriebsrohren<br />

Die maximal zulässige Vorpresskraft<br />

für Rohrvortriebe wird bisher auf der<br />

Grundlage des Arbeitsblattes ATV-A<br />

161 [1] der Deutschen Vereinigung<br />

für Wasserwirtschaft, Abwasser und<br />

Abfall (DWA) festgelegt. Sie wird für<br />

eine theoretische Rohrverwinkelung<br />

(gerader Rohrvortrieb: z/d a = 1) für<br />

standardisierte Rohre vom Rohrhersteller<br />

angegeben oder bei begehbaren<br />

Rohrvortrieben und gekrümmten<br />

Vortriebstrassen durch eine<br />

statische Berechnung vor Beginn<br />

der Vorpressarbeiten ermittelt.<br />

Abb. 3 zeigt die Spannungsverteilung<br />

und den Rechengang zur Er-<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

27


28<br />

Forschung + Technik<br />

mittlung der zulässigen Vortriebskraft<br />

für z/d a = 1 nach ATV A 161.<br />

Bei der Bemessung von Vortriebsrohren<br />

wird davon ausgegangen,<br />

dass<br />

● die Spannungsverteilung linear<br />

verläuft<br />

● der Elastizitäts-Modul der Fugenzwischenlage<br />

sich während des Vortriebs<br />

nicht verändert<br />

● das gewählte z/d a während des<br />

Vortriebs nicht unterschritten wird.<br />

Ob diese Voraussetzungen tatsächlich<br />

so zutreffen, wurde in einem<br />

Forschungsprojekt vom ibb eingehend<br />

untersucht [2]. Hierbei wurden<br />

u. a. Vortriebsrohre in einem speziell<br />

hierfür entwickelten Versuchsstand<br />

einem Belastungsablauf unterzogen,<br />

der weitgehend die in situ Randbedingungen<br />

nachstellt (Abb. 4).<br />

In dem Versuchsstand werden bei einem<br />

Belastungsversuch zwei Rohre<br />

unter einer definierten Vorpresskraft<br />

verwinkelt. Hierbei wird die Vorpresskraft<br />

in Stufen gesteigert und<br />

die Verwinkelung in einer Laststufe<br />

mehrfach wiederholt.<br />

In der Rohrfuge werden dann mit einer<br />

speziellen Druckmessfolie über<br />

die gesamte Querschnittsfläche die<br />

Druckspannungen (Kontaktspannungen)<br />

gemessen. Das Ergebnis einer<br />

solchen Spannungsmessung<br />

zeigt Abb. 5.<br />

Es zeigt sich, dass die Spannungsverteilung<br />

nach mehrfacher Belastung<br />

der Fugenzwischenlage nicht mehr<br />

linear ist, sondern zum Rand hin<br />

überproportional ansteigt und dass<br />

es schon bei kleineren Verwinkelungen<br />

zu einer hohen Lastspitze kommen<br />

kann. Die Versuche wurden mit<br />

Beton- und Steinzeugvortriebsrohren<br />

DN 300 und 400 sowie den üblicherweise<br />

verwendeten Fugenzwischenlagen<br />

aus Spanplatten (V100)<br />

durchgeführt.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

Abb. 2: Schäden an Vortriebsrohren durch exzentrische Belastung.<br />

Diese Belastungsbilder wurden dann zur Verifizierung von FEM-Berechnungen<br />

eingesetzt. Es wurde untersucht, welche Spannungen in den hoch<br />

belasteten Endbereichen der Vortriebsrohre auftreten, wie sie in der Rohrwandung<br />

weitergeleitet werden und was nun die Ursache für die eingangs<br />

dargestellten Schäden ist.<br />

Bei der Auswertung der Berechnungen zeigte sich, dass die hohen, konzentriert<br />

in den Rohrspiegel eingeleiteten Druckspannungen zu radialen Zugspannungen<br />

in der Rohrwandung führen, die ursächlich für schalenförmige<br />

Abplatzungen an der Außenseite von Vortriebsrohren sind.<br />

In Abb. 6 sind diese radial wirkenden Zugspannungen dargestellt. Erreichen<br />

diese Spannungen Werte im Bereich von ca. 10 % der maximal zulässigen<br />

Druckspannungen des Rohrwerkstoffes, kommt es zu Abplatzungen an<br />

Vortriebsrohren im Fugenbereich.<br />

Zulässige Vorpresskraft (� = 2,0):<br />

� LD<br />

zulV = A · �<br />

= A · �LD �LD = A ·<br />

max� 2,0 · 2 4<br />

Abb. 3: Berechnung der maximalen Vorpresskraft nach ATV-A 161.<br />

�<br />

Querschnittsfläche<br />

A = (d2 a – d 2 i ) · �<br />

4<br />

� LD = Längsdruckfestigkeit [N/mm 2 ]


Bei weitergehender Längsbelastung<br />

der Vortriebsrohre ohne Zunahme der<br />

Verwinkelung kann es dann plötzlich<br />

zum großflächigen Versagen des Vortriebsrohres<br />

kommen. Hierbei stellen<br />

sich als Schadensbilder entweder größere<br />

Scherbenbildung oder Längsrisse<br />

im Rohrschaft ein.<br />

Online-Überwachung der<br />

Vortriebskraft<br />

Im Institut konnte die tatsächlich auftretende<br />

Spannungsverteilung in der<br />

Rohrfuge mit einer speziellen Druckfolien-Messtechnik<br />

ermittelt werden.<br />

Diese Messtechnik ist allerdings nur für<br />

den Laborbetrieb geeignet und nicht<br />

für den rauen Betrieb auf Baustellen.<br />

Daher musste ein anderer Weg gefunden<br />

werden. Es wurde die Idee entwickelt,<br />

die Fugenzwischenlage als „Sensor“<br />

heranzuziehen und die Verformung<br />

der Fugenzwischenlage als<br />

Messgröße zur Ermittlung der Span-<br />

nung im Rohrspiegel zu nutzen. Voraussetzung für diesen Weg ist allerdings<br />

die genaue Kenntnis über das Verhalten des Fugenzwischenlagenmaterials<br />

unter allen bei Rohrvortrieb auftretenden Belastungen.<br />

Als Material von Fugenzwischenlagen werden in erster Linie Holzwerkstoffe<br />

(Spanplatte V100), seltener Vollhölzer, verwendet. Die Verformungseigenschaften<br />

von Holzwerkstoff- oder Vollholz-Fugenzwischenlagen zeichnen<br />

sich durch ein elastisches Materialverhalten im niedrigen Lastbereich und<br />

durch ein nicht linear elastisch-plastisches Materialverhalten im höheren<br />

Lastbereich aus.<br />

Forschung + Technik<br />

Abb. 4: Versuchsstand zur Untersuchung von Vortriebsrohren und Fugenzwischenlagen.<br />

Abb. 5: Messsensor (links) und Ergebnis einer Spannungsmessung in der Rohrfuge.<br />

Die Ermittlung des Spannungsverformungsverhaltens<br />

mit einem konstanten<br />

E-Modul führt deshalb zu<br />

falschen Ergebnissen.<br />

Zur Beschreibung des Materialverhaltens<br />

einer Fugenzwischenlage<br />

unter vortriebsspezifischen Belastungen<br />

wurde vom ibb ein Standard-<br />

Prüfverfahren entwickelt, in dem die<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

29


30<br />

Forschung + Technik<br />

Abb. 6: Zugspannungen im Vortriebsrohr.<br />

oben genannten Fugenzwischenlagenmaterialien<br />

untersucht werden<br />

und die Eingangsparameter für ein<br />

empirisches Materialmodell erfasst<br />

werden. Abb. 7 zeigt das nicht lineare<br />

Spannungs-Stauchungsverhalten<br />

bei mehrmaliger, gesteigerter Belastung<br />

sowie die isolierten Verläufe der<br />

vierten Belastungsäste.<br />

Zerlegt man nun eine Fugenzwischenlage<br />

in entsprechend kleine<br />

Elemente und ordnet diesen Elementen<br />

eine Verformung zu, können<br />

diesen Elementen mit dem entwickelten<br />

Materialmodell Druckspannungen<br />

zugewiesen werden.<br />

Geschieht dies über eine Parallelberechnung<br />

für alle Fugenzwischenlagenelemente,<br />

ergibt sich hieraus die<br />

Spannung � [N/mm 2]<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50<br />

Stauchung [%]<br />

Abb. 7: Zyklische Belastung von 10,3 mm-Holzwerkstoff-Prüfkörpern.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

Spannungsverteilung auf die Fugenzwischenlage. Die fehlende<br />

Eingangsgröße hierfür ist die jeweilige Stauchung<br />

der einzelnen Fugenzwischenlagenelemente. Die Werte<br />

für die Stauchung der Fugenzwischenlage erhält man<br />

durch Vermessung des Fugenspalts zwischen zwei Vortriebsrohren.<br />

An ausgewählten Fugen werden mit vier<br />

Wegsensoren die Fugenspaltmaße gemessen. Die Sensoren<br />

sind in den um 45° versetzten Viertelspunkten angeordnet.<br />

Die Messwerte werden während des Rohrvortriebs<br />

kontinuierlich an einen externen Rechner weitergeleitet<br />

und mit einer eigens entwickelten Software, dem Kernstück<br />

des Systems, weiterverarbeitet. Hiermit kann die<br />

aktuelle Rohrverwinkelung visualisiert und in einem weiteren<br />

Rechengang aus diesen Werten die Spannung in dieser<br />

Messfuge errechnet werden. Hierbei wird die Verformungsgeschichte<br />

der Fugenzwischenlage berücksichtigt, d.h. aus den Vorbelastungen<br />

wird jedem Fugenzwischenlagen-Element die maximale plastische<br />

Verformung und der aktuelle E-Modul zugewiesen.<br />

Dieser Berechnungsvorgang wird für jede Rohrfuge der bislang eingebauten<br />

Rohre durchgeführt, so dass die Spannungsverteilung in allen Fugen auf<br />

Grundlage der aktuellen Belastung und der Belastungshistorie ermittelt wird.<br />

Die Spannungsverteilung und insbesondere die maximale Druckspannung<br />

wird mit der Druckfestigkeit des Rohrwerkstoffs verglichen. Durch Aufsummierung<br />

der Spannungen über die Druckkraft übertragende Fläche in der<br />

Rohrfuge kann nun die dort wirkende und die für die jeweilige Fuge<br />

aufnehmbare Vorpresskraft berechnet werden. Durch einen Vergleich aller<br />

Rohrfugen wird die Fuge mit den niedrigsten Reserven bestimmt und hieraus<br />

für jede Presseinrichtung (Hauptpresse und evtl. eingebaute Dehner) die<br />

jeweils zulässige Vorpresskraft berechnet, bei der in der maßgebenden Fuge<br />

gerade keine Überbelastung eintritt.<br />

Der Berechnungsvorgang wird mit einem Takt von zwei Sekunden wiederholt,<br />

so dass jederzeit online die auf Grundlage der aktuellen Belastungssituation<br />

berechnete zulässige Vortriebskraft für jede Presseinrichtung angezeigt<br />

wird.<br />

Spannung � [N/mm 2]<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50<br />

Stauchung [%]


Forschung + Technik<br />

Das entwickelte System wurde und<br />

wird bei Großrohrvortrieben der Emscher<br />

Genossenschaft sowie Micro-<br />

Tunnelling-Baumaßnahmen der Stadtentwässerungsbetriebe<br />

Köln mit Erfolg<br />

eingesetzt. Hierbei ist in der Nähe des<br />

Rohrvortriebs-Steuerstand ein Bildschirm<br />

aufgestellt, auf dem die jeweils<br />

max. zulässige, aus der Fugenverwinkelung<br />

errechnete Vortriebskraft sowie<br />

die tatsächliche Vortriebskraft angezeigt<br />

werden (Abb. 8). Zudem wird<br />

der aktuelle Ausnutzungsgrad durch<br />

einen Zeigerstand in einem grün-gelbroten<br />

Farbfeld angezeigt. Der Maschinenfahrer<br />

kann somit auf einen Blick<br />

erkennen, wie hoch die Rohrbelastung<br />

Abb. 8: Screenshot des Online-Überwachungssystems.<br />

ist und welche Reserven noch vorhanden sind. Wird die zulässige Vortriebskraft<br />

erreicht, sind beispielsweise die Dehner zu aktivieren oder es ist die<br />

Literatur<br />

Schmierung des Rohrstrangs zu verbessern.<br />

[1] ATV Arbeitsblatt 161: Statische Be-<br />

Eine Überlastung der Vortriebsrohre kann somit vermieden werden.<br />

rechnung von Vortriebsrohren. – Abwas-<br />

Rohrverwinkelungen, die errechneten zulässigen Vortriebskräfte und die tatsertechnische<br />

Vereinigung e.V. GFA, St.<br />

sächlichen Presskräfte werden über den gesamten Vortriebsverlauf abgespei-<br />

Augustin, Januar 1990<br />

chert. Damit hat der Auftraggeber eine vollständige Dokumentation über die<br />

Qualität der Vortriebsarbeiten und kann im Zweifelsfall erkennen, ob und in<br />

welchem Maße Vortriebsrohre eventuell zu hoch belastet wurden.<br />

[2] Forschungsprojekt: „Sicherung und<br />

Verbesserung der Rohrvortriebstechnik<br />

als umweltschonendes Verlegeverfahren<br />

bei Sanierung und Neubau von Kanälen“.<br />

– Bundesminister für Bildung und<br />

Fazit und Ausblick<br />

Forschung; <strong>Fachverband</strong> <strong>Steinzeugindustrie</strong><br />

e.V.; Fachvereinigung Betonroh-<br />

Durch die Online-Überwachung der Vorpresskraft können Schäden an Vortriebsrohren<br />

während des Einbauvorgangs sicher vermieden werden. Hierzu<br />

werden dem Maschinenfahrer die aktuell aus den Rohrverwinkelungen des<br />

Rohrstrangs errechneten zulässigen und die tatsächlichen Vortriebskräfte angezeigt.<br />

Ist absehbar, dass die zulässige Vortriebskraft erreicht wird, können<br />

zur Vermeidung von Schäden Maßnahmen getroffen werden. Der Auftraggeber<br />

und das ausführende Unternehmen erhalten eine vollständige Dokumentation<br />

der Rohrverwinkelungen, der zulässigen und der tatsächlich aufgebrachten<br />

Vortriebskräfte.<br />

Die dargestellten Forschungsarbeiten und hiermit gewonnenen Erkenntnisse<br />

werden zukünftig auch in die überarbeiteten Regelwerke der DWA Eingang<br />

finden. So wird im Arbeitsblatt A 161 das Bemessungsverfahren von<br />

Vortriebsrohren geändert sowie im A 125 die Messung und Überwachung<br />

der Rohrverwinkelung empfohlen.<br />

Das neu entwickelte System „Online Load Control“ wird von der <strong>STEINZEUG</strong><br />

Abwassersysteme GmbH auf einer Vortriebsmaßnahme bei Paderborn eingesetzt<br />

und mit zusätzlicher spezieller Messtechnik genutzt, um die tatsächliche<br />

Rohrbelastung von Vortriebsrohren weitergehend zu erforschen.<br />

Zur WASSER Berlin 2006 wird das System „Online Load Control“ auf einer<br />

Demo-Baustelle vorgestellt.<br />

re und Stahlbetonrohre e.V.; Abwassertechnische<br />

Vereinigung e.V., Güteschutz<br />

Kanalbau e.V. Förderkennzeichen 02WK<br />

9996/0, Laufzeit 2000–2003<br />

Kontakt<br />

Dr.-Ing. Joachim Beyert<br />

Dipl.-Ing. Ulrich Bohle<br />

Institut für Baumaschinen und<br />

Baubetrieb<br />

RWTH-Aachen<br />

Mies-van-der-Rohe-Straße 1<br />

52074 Aachen<br />

Tel.: 02 41/80 25-140<br />

Fax: 02 41/80 22-290<br />

E-Mail: beyert@ibb.rwth-aachen.de<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

31


32<br />

Forschung + Technik<br />

Dem Baugrund auf der Spur<br />

Auswahl des Maschinensystems bei Rohrvortrieben<br />

Die Entwicklung des Microtunnelings<br />

ist durch eine<br />

verstärkte Tendenz zum vollmechanisierten<br />

Tunnelbau mit geeigneten<br />

Vortriebsmaschinen im Locker-<br />

und Festgestein gekennzeichnet.<br />

Die zunehmende Anwendung<br />

der innovativen Technik führt zu neu<br />

gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnissen,<br />

die die stetige Verbesserung<br />

der unterschiedlichen Maschinensysteme<br />

möglich macht. Die<br />

Maschinentypen sind durch die spezifische<br />

Maschinen- und Abbautechnik<br />

in der Lage, auch sehr heterogenen<br />

Baugrund bzw. eine Mischung<br />

aus Locker- und Festgestein aufzufahren<br />

und somit in ihrem geologischen<br />

Spektrum variabler einsetzbar.<br />

Bei den Slurrymaschinen hat beispielsweise<br />

die Anwendung von Diskenmeißeln<br />

zum Abbau von Fels<br />

und Findlingen zu einer wesentlichen<br />

Erweiterung des Einsatzbereichs<br />

und zu einer Steigerung der<br />

Wirtschaftlichkeit der Mikrotunnelvortriebe<br />

geführt. Bei den Erddruckschilden<br />

mit Dickstoffförderung ist<br />

durch das geschlossene System der<br />

Materialförderung der Einsatz in hohen<br />

Grundwasserverhältnissen erweitert<br />

worden.<br />

Dennoch steht einer heutzutage<br />

hoch entwickelten und leistungsfähigen<br />

Maschinentechnik die „große<br />

Unbekannte“ Boden gegenüber.<br />

Der Baugrund ist für die finanzielle<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

Kalkulation der größte Unsicherheitsfaktor beim Microtunneling, da er entscheidenden<br />

Einfluss auf die Wahl der richtigen Maschinentechnik und somit<br />

auf die Vortriebsgeschwindigkeit und den gesamten Baufortschritt hat.<br />

Aus diesem Grund ist ein wesentlicher Meilenstein in der Abwicklung eines<br />

Tunnelbauprojektes die Auswahl der richtigen Maschinen- und Verfahrenstechnik.<br />

Hierbei haben geologische Gutachten neben ständig steigenden Anforderungen<br />

des Gesetzgebers an die Sicherheit und an den Arbeitsschutz<br />

einen hohen Stellenwert.<br />

Allgemeines<br />

Da der Baugrund das Vortriebssystem bestimmt, ist eine bestmögliche Untersuchung<br />

der Untergrundverhältnisse relevant und obliegt auch rechtlich<br />

gesehen dem Bauherrn. Die geologische Vorerkundung soll im Idealfall so<br />

durchgeführt werden, dass alle für die Planung und Kalkulation notwendigen<br />

Gebirgseigenschaften erfasst werden. Die Anforderungen an das geologische<br />

Gutachten für Mikrotunnelvortriebe werden im Folgenden anhand<br />

der DIN 18319 näher beschrieben. Insbesondere wird auf die erweiterten Anforderungen<br />

an das geologische Gutachten eingegangen, die auch in dem<br />

zukünftigen Arbeitsblatt DWA-A 125 (<strong>2005</strong>) beschrieben werden.<br />

Angaben über den Baugrund und dessen Eigenschaften sowie über die<br />

Grundwasserverhältnisse sind erforderlich für:<br />

● die statische Berechnung der Rohre und Baugruben (siehe auch A 161),<br />

● die Wahl des Vortriebsverfahrens und Durchführung des Rohrvortriebes<br />

Die zur Durchführung der Untersuchungen und ihrer Bewertung verfügbaren<br />

allgemein anerkannten Regeln der Technik sind zusammengefasst in:<br />

● DIN TAB 113 – Erkundung und Untersuchung des Baugrundes und<br />

● DIN TAB 36 – Erd- und Grundbau<br />

Umfang des Baugrundgutachtens<br />

Baugrundgutachten müssen die notwendigen <strong>Information</strong>en und Kenngrößen<br />

enthalten, die für die statische Berechnung und den Vortrieb in den<br />

Arbeitsblättern A 161 und A 125 aufgeführt sind. In dem Bericht über die<br />

Ergebnisse der geologischen Voruntersuchungen sollte klar zwischen gesicherten<br />

Erkenntnissen und nachvollziehbaren Schlussfolgerungen getrennt<br />

werden. Daneben soll angegeben werden, was an möglichen, jedoch nicht


Stein<br />

Wasserdruck<br />

O.K. Gelände<br />

Grundwasser<br />

Sandlinse<br />

Schild<br />

EnddruckFlüssigkeitsstützung<br />

Abb. 1: Heterogene geologische Verhältnisse.<br />

sehr wahrscheinlichen Gebirgsverhältnissen<br />

auftreten<br />

kann. Zum Beispiel ist der<br />

Hinweis auf Hindernisse oder<br />

Findlinge in Höhe der Rohrsohle<br />

unbedingt notwendig,<br />

damit der Bohrkopf und die<br />

Werkzeugbestückung auf das<br />

Bauvorhaben optimal abgestimmt<br />

werden.<br />

Die Aussagesicherheit und<br />

Genauigkeit der Gutachten<br />

hängt in erster Linie von Art,<br />

Umfang und Aussagekraft der Voruntersuchungen ab. Je umfangreicher und<br />

aussagekräftiger die Voruntersuchungen durchgeführt werden, umso besser<br />

sind die Grundlagen für die Wahl der Verfahrenstechnik und der Vortriebsmaschine.<br />

Sehr wechselhafte geologische Verhältnisse (Abb. 1) erfordern einen<br />

erhöhten Umfang an Voruntersuchungen.<br />

Aufgrund des hohen Kosten- und Zeitaufwandes, den Baugrundaufschluss-<br />

Bohrungen verursachen, werden für einfache Aufschlüsse Sondierungen<br />

durchgeführt. Ramm- oder Drucksondierung sind indirekte Aufschlüsse, mit<br />

denen die Bodenart nicht festgestellt werden kann. Sie können Bohrungen<br />

nicht ersetzen, jedoch kann mit Hilfe der Rammsonde das Netz entlang der<br />

Trasse verdichtet werden, um eine höhere Sicherheit bestimmter Schichtenverläufe<br />

zu erhalten (Abb. 2).<br />

Dem geologischen Gutachten ist neben dem Textteil, den detail-<br />

lierten Darstellungen und den durchgeführten Laboruntersuchungen,<br />

ein Lageplan und verschiedene geologische Längs- und<br />

Querprofile beizulegen.<br />

Die Bohrprofile sind zu nummerieren, so dass diese im Lageplan<br />

und den Höhenkoten im Längsschnitt eindeutig zugeordnet werden<br />

können. Die Sohllage der Haltung ist neben einer Legende<br />

und den Grundwasserständen in den Längsschnitt einzutragen.<br />

Die Aufschlüsse sind in einem Abstand von max. 50 m in der Vortriebstrasse<br />

auszuführen. Dabei entstehende Hohlräume sind ggf.<br />

geeignet zu verschließen. In Sonderfällen sind die Abstände zu<br />

verringern. Sie sind mindestens bis 2 m unter Rohrsohle in grundwasserfreien<br />

Böden, jedoch bis 3 m unter Rohrsohle in grundwasserführenden<br />

Böden zu führen. Im Bereich der Start-, Zwischenund<br />

Zielgruben sind sie mindestens bis zur geplanten Unterkante<br />

des Verbaus vorzunehmen. Bei nicht ausreichend tragfähigem<br />

Baugrund müssen die Aufschlüsse bis in den tragfähigen Baugrund<br />

vorgenommen werden.<br />

Die Ansatzpunkte der Aufschlüsse sind auf Normalnull (NN) einzumessen.<br />

Die Ergebnisse der Baugrundaufschlüsse werden nach<br />

DIN 4022 als Bohrprofile und Rammdiagramme in die Längsschnitte<br />

(Höhenpläne) übernommen. Der Höhenfestpunkt, der für<br />

die Einmessung der Ansatzpunkte verwandt wurde, ist anzugeben.<br />

Dies gilt insbesondere für Bergsenkungsgebiete.<br />

Sondierprotokoll<br />

15<br />

18<br />

12<br />

9<br />

5<br />

3<br />

2<br />

2<br />

3<br />

3<br />

2<br />

4<br />

6<br />

8<br />

9<br />

8<br />

10<br />

9<br />

11<br />

8<br />

10<br />

16<br />

19<br />

15<br />

18<br />

20<br />

31<br />

19<br />

14<br />

20<br />

1,0<br />

2,0<br />

3,0<br />

[m]<br />

Forschung + Technik<br />

Bezüglich der Pläne sind folgende<br />

Hinweise zu beachten: Das zu erstellende<br />

Bauwerk und die dazu erforderlichen<br />

Hilfsmaßnahmen sind mit<br />

ihren Innen- und Außenabmessungen<br />

in geeigneter Weise zeichnerisch<br />

darzustellen. Hierzu dienen:<br />

1. Übersichtspläne, aus denen die<br />

Lage der Gesamtmaßnahme hervorgeht,<br />

Maßstab mind. 1 : 5000<br />

2. Lagepläne, Maßstab mind. 1 :<br />

1000<br />

3. Längenschnitte (Höhenpläne),<br />

Maßstab mind. 1 : 1000 für die Längen,<br />

1 : 100 für die Höhen<br />

4. geologische Querprofile an besonders<br />

kritischen Stellen, Maßstab<br />

1 : 100<br />

Die vorhandenen Baulichkeiten und<br />

Einrichtungen sowie Baugrund- und<br />

Grundwasserverhältnisse sind in die<br />

Lagepläne und Längsschnitte maßstabsgetreu<br />

einzutragen. Erfolgt die<br />

Darstellung in mehreren Plänen,<br />

0<br />

Sondierdiagramm Schichtenfolge<br />

10<br />

20 30<br />

n 10<br />

0,5<br />

1,2<br />

2,1<br />

3,0<br />

Abb. 2: Ergebnisse einer Rammsondierung.<br />

A<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

Auffüllung<br />

(Bauschutt)<br />

Schluff<br />

weich<br />

Sand<br />

Kies<br />

sandig<br />

33


34<br />

Forschung + Technik<br />

sind diese im gleichen Maßstab anzufertigen.<br />

Die Art der geologischen und hydraulischen<br />

Randbedingungen bestimmen<br />

die Wahl des Vortriebsverfahrens.<br />

Aus der Summe der relevanten<br />

Parameter bzw. Entscheidungskriterien,<br />

die aus dem geologischem<br />

Gutachten hervorgehen, resultiert<br />

die richtige Wahl des Mikrotunnelbauverfahrens.<br />

Die geologischen bzw. hydraulischen<br />

Verhältnisse beeinflussen Art<br />

und Umfang der:<br />

1. Setzungen, Hebungen, Überdeckung<br />

2. Trassierung, Gradienten<br />

3. mechanischen bzw. flüssigkeitsgestützten<br />

Ortsbruststützung<br />

4. Wasserhaltung<br />

5. Bodenentsorgung, Separationstechnik<br />

6. Hindernisbeseitigung<br />

7. Bodenkonditionierung<br />

8. Stütz- und Gleitmittel, Vortriebskräfte<br />

9. Lage und Zielgenauigkeit, Tragfähigkeit<br />

des Bodens, Bodenverbesserung<br />

Diese Parameter beeinflussen u.a. direkt<br />

das Vortriebsverfahren (Maschine<br />

und Bohrkopf) und werden im<br />

DWA-Arbeitsblatt A 125 näher beschrieben,<br />

damit von der Planung<br />

bis zur Bauausführung das Projekt<br />

technisch und wirtschaftlich erfolgreich<br />

ausgeführt wird.<br />

Die Baugrundverhältnisse sind so zu<br />

erkunden, dass eine Einordnung<br />

nach den Allgemeinen Technischen<br />

Vertragsbedingungen für Bauleistungen<br />

(ATV) und DIN 18319 „Rohrvortriebsarbeiten“<br />

möglich ist (s. a.<br />

DIN 18319 Punkt 0.2.2).<br />

Zukünftig sind neben den bisherigen<br />

Angaben über bauliche Anlagen<br />

auch <strong>Information</strong>en über Baubehelfe,<br />

z. B. von ehemaligen Spundwandbauwerken,<br />

Tiefgründungen,<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

Altlasten, Kriegs- und Kampfmitteln im Abschnitt der Bestandsaufnahme des<br />

geologischen Gutachtens zu benennen.<br />

Baugrund- und Grundwasserverhältnisse nach DIN 18319<br />

In der DIN 18319 sind folgende Punkte festgelegt:<br />

● Angaben zur Baustelle seitens des Auftraggebers<br />

● Angaben zur Ausführung<br />

● Abrechnungseinheiten<br />

● Einstufung von Boden und Fels hinsichtlich Beurteilung für den Rohrvortrieb<br />

● Angaben zur Ausführung, z. B. bei Abweichungen von der vereinbarten<br />

Sollachse oder auftretenden Hindernissen<br />

● Abrechnung<br />

Im Folgenden wird auf die erweiterten Anforderungen an das geologische<br />

Gutachten eingegangen, die überwiegend in der DIN 18319 „Rohrvortriebsarbeiten“<br />

und der DIN 4020 „Geotechnische Untersuchungen für Bautechnische<br />

Zwecke“ angesprochen werden.<br />

In Bezug auf Locker- und Festgestein sind folgende <strong>Information</strong>en gefordert:<br />

Lockergestein und Festgestein<br />

● maximaler und minimaler Grundwasserstand, Ganglinien<br />

● Grad einer Kontaminierung von Boden, Bodenluft und Grundwasser<br />

● Entsorgungshinweise gem. geltender Gesetze<br />

● Bestandteile an abrasiven Mineralien und Quarzgehalt zur Bestimmung<br />

der Abrasivität<br />

● aggressive Wirkung von Boden und Grundwasser<br />

● Quellverhalten<br />

● Verwitterungsanfälligkeit des Gesteins bzw. Veränderung beim Zutritt von<br />

Luft oder Wasser/Stützflüssigkeiten<br />

● Verklebungspotenzial<br />

● Schichtenverzeichnisse<br />

● Wichte<br />

Lockergesteine<br />

Bezüglich der Lockergesteine sind zusätzlich zu jeder Klasse folgende Bodenparameter<br />

gefordert, die die Eigenschaften der Böden näher beschreibt:<br />

Lockergestein<br />

● Korngrößenverteilung, Kornform<br />

● Wasserdurchlässigkeitsbeiwert<br />

● Lagerungsdichte<br />

● Plastizitätsgrenzen (Plastizitätszahl I c ), Wassergehalt (Konsistenzzahl I p )<br />

● Scherparameter, Reibungswinkel und Kohäsion<br />

● Verformungsmodul und Erddruckbeiwert<br />

● Steingröße und Steinanteil, einaxiale Druckfestigkeiten<br />

● Wasserführung und Wasserdruck<br />

● organische Bestandteile, Kalkgehalt<br />

● Neigung zur Liquefaktion (Neigung zum Fließen, Bodenverflüssigung)


Massenanteile a der Körner < d in % der Gesamtmenge<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

Schlämmkorn Siebkorn<br />

Ton Schluff Sand Kies<br />

fein mittel grob fein mittel grob fein mittel grob<br />

0<br />

100<br />

0,001 0,002 0,006 0,02 0,05 0,2 0,6 2 6 20 60<br />

Korndurchmesser d (mm)<br />

Kornverteilungslinien verschiedener Lockerböden<br />

Abb. 3: Einsatzbereiche von EPB- und Hydroschilden im<br />

gemeinsamen Körnungsdiagramm.<br />

Ergebnisse von Sondierungen liefern Hinweise auf Lagerungsdichte bzw.<br />

Konsistenz. Die Korngrößenverteilung (Sieblinie) gibt einen ersten Anhaltspunkt<br />

für die Wahl eines geeigneten Maschinenkonzepts. In Abb. 3 sind<br />

hierzu die Einsatzbereiche von EPB- und Hydroschilden in einem Körnungsdiagramm<br />

dargestellt.<br />

Der typische Einsatzbereich der EPB-Schilde kann bei entsprechender Bodenkonditionierung<br />

um den grün gestrichelten Bereich erweitert werden. Es wird<br />

deutlich, wie weit der Einsatzbereich der Erddruckschilde erweitert wurde.<br />

Die Korngrößenverteilung bzw. die Ungleichförmigkeitszahl gibt Auskunft<br />

über die Neigung zur Liquefaktion. Zum Beispiel ist bei Fließsanden oder rolligen<br />

Kieslagen der Stützung der Ortbrust in Bezug auf die Auswahl der<br />

Maschinentechnik und der Bohrkopfgestaltung erhöhte Aufmerksamkeit zu<br />

schenken.<br />

Der Durchlässigkeitsbeiwert hat einen großen Einfluss auf die Ortsbruststabilität<br />

bei Flüssigkeitsschilden und ist einer der wichtigsten Parameter zur Bestimmung<br />

der Einsetzbarkeit von Erddruckschilden. Abb. 4 zeigt die Abhängigkeit<br />

der Durchlässigkeit vom Verlauf der theoretischen Sieblinien bzw.<br />

Korngrößenklassen.<br />

Konsistenzzahl l c<br />

1,40<br />

1,25<br />

1,10<br />

1,00<br />

0,90<br />

0,75<br />

0,60<br />

0,50<br />

fest<br />

halbfest<br />

steif<br />

weich<br />

0,30 0 10<br />

Abb. 5: Indikationsbereiche für das Verklebungspotenzial von Tonböden in Abhängigkeit<br />

von Konsistenz- und Plastizitätszahl [4].<br />

0<br />

20<br />

40<br />

60<br />

80<br />

Siebrückstand in Gew. %<br />

Gew-%


36<br />

Forschung + Technik<br />

dem Lösen und in Verbindung mit<br />

Wasser oder Stützflüssigkeit“ ist die<br />

Klebrigkeit mit zu berücksichtigen,<br />

da sich diese in Abhängigkeit vom<br />

Wassergehalt des Bodenmaterials<br />

stark ändert. Ist bekannt, dass bindiger,<br />

kohäsiver Boden (fetter Ton) zu<br />

erwarten ist, werden die Düsen im<br />

Konus (Brecherraum) an eine leistungsstarke<br />

Hochdruckpumpe oder<br />

das Niederdrucksystem angeschlossen.<br />

Mit Hilfe der intensiven Wasserstrahlen<br />

wird der Brecher- und Saugstutzenbereich<br />

stets frei gehalten<br />

und ein ausreichender Materialfluss<br />

gewährleistet (Abb. 5 und 6).<br />

Die Bewertung der Quellfähigkeit<br />

des zu durchfahrenden Bodens ist<br />

anzugeben, da Tone oder auch Gipskeuper<br />

in Kontakt mit Wasser stark<br />

quellen können und den Rohrstrang<br />

einklemmen. Durch zusätzliche <strong>Information</strong>en<br />

zur Gefahr erhöhter<br />

Quellfähigkeit können mit einem<br />

größeren Überschnitt und speziellen<br />

Additiven in der Bentonit-Schmiersuspension<br />

ein Einklemmen des<br />

Rohrstranges und erhöhte Pressenkräfte<br />

vermieden werden.<br />

Art des verwendeten Anmachwassers und Charakterisierung<br />

der enthaltenen Störstoffe<br />

Bezeichnung Technische<br />

Angaben<br />

Abb. 9: Schädigung einer Bentonitsuspension durch Störstoffe, Quelle [9].<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

Abb. 7 und 8: Instabile, geschädigte Bentonitsuspension angemischt mit Grundwasser:<br />

1 Stunde und 8 Stunden nach dem Mischen.<br />

Eine chemische Analyse des Wassers und die Messung von pH-Wert und<br />

Leitfähigkeit sind ebenfalls erforderlich. Unter Punkt 0.2.14 „Art und Umfang<br />

von besonderen Maßnahmen bei aggressiven Böden und Grundwasser<br />

zum Schutz der Rohrleitung“ ist der Hinweis auf Störstoffe in Bezug auf Bentonitsuspensionen<br />

zu ergänzen. Zum Beispiel zählen Salze, Mineralquellen,<br />

freie Kohlensäure oder Huminstoffe zu den Störstoffen die eine Bentonitsuspension<br />

schädigen. Die Folge sind ein Ausflocken der Bentonitsuspension<br />

und steigende Pressenkräfte, da der Schmierfilm zur Reduktion der Mantelreibung<br />

verloren geht (Abb. 7 und 8).<br />

Den Einfluss von aus Boden oder Grundwasser eingetragenen Störstoffen auf<br />

Kennwerte und Stützwirkung einer Aktivbentonitsuspension (Quellzeit der<br />

Suspension > 16 h, Dosierung 30 – 60 kg Aktivbentonit/m 3 ) zeigt Abb. 9.<br />

Vor Vortriebsbeginn ist ein Eignungstest mit dem vorgesehenen Anmachwasser<br />

und dem anstehenden Grundwasser durchzuführen, um eventuelle<br />

Beeinträchtigungen der Suspensionseigenschaften rechtzeitig zu erkennen.<br />

Leitfähigkeit<br />

in μS/cm<br />

pH<br />

(–)<br />

Einfluss auf den Kennwert der Bentonitsuspension<br />

Fließgrenze<br />

DIN 4126/27<br />

Marshviskosität<br />

API RP 13B<br />

Aqua dest. – 13 – – Referenzmessung –<br />

Weiches Wasser 10 °dH 460 6,6 m m i<br />

Mittelhartes Wasser 20 °dH 780 7,2 m mm i<br />

Sehr hartes Wasser 40 °dH 1.750 7,1 mm mm ii<br />

Fe-belastetes Wasser Konz. 1 mmol/l 980 2,4 mm mm i<br />

Filtratwasser<br />

DIN 4126/27<br />

Stark Fe-belast. W. Konz. 5 mmol/l 3.350 1,9 mmm mmm iii<br />

W. mit Huminsäuren – 340 4,5 mmm mmm m<br />

Synth. Meerwasser 3,5 %ig 55.000 10,6 mmmm mmmm iiii<br />

Veränderung des i geringe Erhöhung m geringe Herabsetzung<br />

betrachteten Kennwertes: ii mäßige Erhöhung mm mäßige Herabsetzung<br />

iii beträchtl. Erhöhung mmm beträchtl. Herabsetzung<br />

iiii extreme Erhöhung mmmm extreme Herabsetzung


Festgesteine<br />

Bei den Festgesteinen sind zusätzlich zu jeder Klasse der DIN 18319 folgende<br />

Parameter zur Beschreibung der Felseigenschaften gefordert:<br />

Festgestein<br />

● Trennflächengefüge und Schichtstärke von Gesteinsplatten, Kluftkörper<br />

(RQD) und räumliche Orientierung<br />

● Härte<br />

● einaxiale Druckfestigkeit, Abbaubarkeit<br />

● Spaltzugfestigkeit<br />

● Cercar Abrasivity-Index zur Bestimmung der Abrasivität<br />

● Wasseranfall, Durchlässigkeit, Schichtwasserführung<br />

Folgende geotechnische Kenngrößen sind für Festgesteine<br />

in der DIN 18319 zu ergänzen: <strong>Information</strong>en über Verwerfungen,<br />

Hohlräume und Karsterscheinungen, Störzonen,<br />

Kluft- und Schichtfugen, da in diesen Bereichen dem<br />

Überschnitt erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt werden<br />

muss (Abb. 10). In diesen gestörten Zonen ist die Gefahr,<br />

dass Feinteile und kleine Steine durch Klüfte in den Überschnitt<br />

gelangen und sich dort verkeilen, besonders groß.<br />

Die Folge sind erhöhte Pressenkräfte. Außerdem kann im<br />

Bereich von Klüften und Hohlräumen der Vortrieb durch<br />

den Verlust von Spülwasser erschwert werden.<br />

In schwierigen Fällen sind zusätzliche Angaben z. B. über<br />

wechselnde bzw. ungünstige Schichtungen, Hanglagen,<br />

Quelldruck erforderlich und in Form von Belastungsangaben<br />

durch ergänzende Untersuchungen zur Verfügung zu stellen.<br />

In dem Baugrundgutachten ist auf Hindernisse in Form von Holz, Findlingen,<br />

Steinen, Stahlteilen und Auffüllungen gesondert hinzuweisen.<br />

Baugrundklassifizierung nach DIN 18319<br />

Die für den Mikrotunnelvortrieb zu erwartenden Gesteinsarten werden anhand<br />

der Untersuchungsergebnisse und des daraus entwickelten Baugrundmodells<br />

nach der DIN 18319 (Rohrvortriebsarbeiten) klassifiziert.<br />

Boden und Fels werden unter dem Punkt „2.3 Einstufung in Boden und Felsklassen“<br />

aufgrund ihrer Eigenschaften für Rohrvortriebsarbeiten wie folgt eingestuft<br />

(Tab. 1 bis 4):<br />

1. nichtbindige Lockergesteine LN (Hauptbestandteile Sand, Kies) entsprechend<br />

ihrer Korngrößenverteilung und Lagerungsdichte (Tab. 1).<br />

Die Klassen LBM bezeichnen mineralische, bindige Lockergesteine und die<br />

Klassen LBO bezeichnen organogene (aus organischen Stoffen zusammengesetzt)<br />

bindige Lockergesteine (Tab. 2).<br />

2. Organische Böden – 2.3.1.3 Klasse LO<br />

3. Lockergesteine mit Korngrößen größer 63 mm (Tab. 3). Steinige Beimengungen<br />

mit Steingrößen bis 30 cm bzw. bis 60 cm und Massenanteilen bis<br />

30 % bzw. über 30 % sind in der Klasse S 1 erfasst.<br />

Kommen in Lockergesteinen Steine (Korngröße über 63 mm) vor, so wird in<br />

Forschung + Technik<br />

Abhängigkeit von Größe und Anteil<br />

der Steine bis 600 mm zusätzlich zu<br />

den Klassen LN und LB gemäß den<br />

Abschnitten 2.3.1.1 bis 2.3.1.3 klassifiziert;<br />

Steine größer 600 mm werden<br />

hinsichtlich Größe und Anteil<br />

gesondert angegeben (siehe Kapitel<br />

„Hindernisse“).<br />

4. Festgesteine entsprechend ihrer<br />

einaxialen Druckfestigkeit (Tab. 4).<br />

Die Klassifizierung der Festgesteine<br />

(F) erfolgt gemäß DIN 18319 nach<br />

Abb. 10: Verkeilte Steine im Überschnitt.<br />

der einaxialen Druckfestigkeit und<br />

nach dem Zerlegungsgrad bzw.<br />

dem Abstand der Trennflächen im<br />

Gebirge.<br />

Mit der Klasse FZ 1 wird zum Beispiel<br />

ein Sandstein als engständig geklüftet<br />

(Z = Zentimeterbereich) bei einer<br />

Druckfestigkeit bis 5 MN/m 2 (1) beschrieben.<br />

Die Klassen FD 2 bis FD 4<br />

charakterisieren zum Beispiel Hartgesteinsbänke<br />

als im Dezimeterbereich<br />

geklüftet (D), bei Druckfestigkeiten<br />

von 5 bis 50 MN/m 2 (FD 2),<br />

von 50 bis 100 MN/m 2 (FD 3) und<br />

über 100 MN/m 2 (FD 4).<br />

Die Ausschreibungsklassifizierung<br />

zeigt deutlich die große Bandbreite<br />

unterschiedlicher Gesteinsarten und<br />

die sich daraus ergebenden wechselhaften<br />

Bedingungen, die für den<br />

Mikrotunnelvortrieb nach der DIN<br />

18319 beschrieben werden kann.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

37


38<br />

Forschung + Technik<br />

Wenn für einen Bauvertrag die VOB<br />

vereinbart wird, sind die gegebenenfalls<br />

anfallenden Arbeiten von<br />

Rohrvortrieben gemäß den Allgemeinen<br />

Technischen Vertragsbedingungen<br />

innerhalb des Teils C der<br />

VOB auszuschreiben (DIN 18319).<br />

Zu deren Geltungsbereich gehören<br />

alle dort aufgeführten Verfahren.<br />

Nicht in den Geltungsbereich fallen<br />

Erdarbeiten für das Herstellen der<br />

Schächte oder Gruben und der Abtransport<br />

des Bodens. Auch Verbauarbeiten<br />

für Baugruben, Arbeiten im<br />

Zusammenhang mit Wasserhaltungen<br />

und übliche Rohrverlegungen<br />

sind im Leistungsverzeichnis gesondert<br />

zu erfassen.<br />

Einsatzgrenzen von Mikrotunnelvortrieben<br />

Neben Hindernissen in Form von<br />

Steinen, auf die im nächsten Kapitel<br />

genauer eingegangen wird, bilden<br />

folgende Randbedingungen Grenzen<br />

der Einsetzbarkeit für Mikrotunnelvortriebe:<br />

1. Böden geringer Tragfähigkeit,<br />

z. B. breiiger Lehm oder Torf. Eine<br />

Massenanteile<br />

der Steine<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

Zusatzklassen für Steingröße<br />

bis 300 mm bis 600 mm<br />

bis 30 % S 1 S 3<br />

über 30 % S 2 S 4<br />

Tab. 3: 2.3.1.4 Zusatzklassen: S<br />

Alternative zum Bodenaustausch kann eine Bodenverbesserung sein, um die<br />

höchstzulässigen Abweichungen von der planmäßigen Höhen- und Seitenlage<br />

der Vortriebsstrecke nicht zu überschreiten.<br />

2. Aufschwimmen des Rohrstranges. Diese Gefahr ist vor allem durch den<br />

Auftrieb bei geringer Auflast im Kiesboden oder geringer Überdeckung unter<br />

Grundwasser gegeben. Die Gefahr des Auftriebs ist bei großen Rohrquerschnitten<br />

aufgrund des kleineren Gewichts, bezogen auf das verdrängte Volumen,<br />

größer.<br />

Hindernisse<br />

Lagerung Klassen der Lockergesteine, nicht bindig<br />

eng gestuft<br />

U = d 60/d 10 < 6<br />

locker LNE 1 LNW 1<br />

mitteldicht LNE 2 LNW 2<br />

dicht LNE 3 LNW 3<br />

Trotz der technischen Fortschritte bei der Durchörterung von Steinen und<br />

deren Zerkleinerung durch integrierte Konus- oder Backenbrecher sowie der<br />

kontinuierlichen Förderung, führt eine Häufung unvermuteter Hindernisse<br />

immer zu einer Verlangsamung des Vortriebs. Im Allgemeinen gilt die Faustformel<br />

für Mikrotunnelvortriebe (AVN): Die maximale Steingröße sollte kleiner<br />

als 1/3 des Außendurchmessers der Vortriebsmaschine sein.<br />

In ungünstigen Fällen müssen Hindernisse auch geborgen werden, gegebenenfalls<br />

mit gleichzeitiger Richtungskorrektur des Steuerkopfes. Dies sind<br />

besondere Risiken des Vortriebs, die umso größer werden, je kleiner die<br />

Nennweite ist. Steineinlagerungen werden aber auch – sofern es die örtliche<br />

Lagerungsdichte zulässt – entweder seitlich verdrängt oder vor der Ortsbrust<br />

hergeschoben (Abb. 11 und 12). Wenn größere Steine nicht zentrisch angefahren<br />

werden, besteht auch die Gefahr, dass der Steuerkopf abgelenkt wird.<br />

Bei bemannten Vortriebsverfahren mit offenen Schilden können Hindernisse<br />

i.d.R. aus dem Schild heraus beseitigt werden. In Abhängigkeit von Art und<br />

Lage des Hindernisses sowie vom Baugrund können besondere Hilfs- und<br />

Sicherungsmaßnahmen erforderlich werden.<br />

Bei Schilden mit vollflächigem Abbau können durch entsprechende Auswahl<br />

und Bestückung der Abbauwerkzeuge Hindernisse gegebenenfalls durch die<br />

weit oder intermittierend<br />

gestuft<br />

Tab. 1: 2.3.1.1 Klassen LN: Nichtbindige Lockergesteine,<br />

Korngröße < 63 mm<br />

Konsistenz Klassen der Lockergesteine, bindig<br />

mineralisch organogen<br />

breiig-weich LBM 1 LBO 1<br />

steif-halbfest LBM 2 LBO 2<br />

fest LBM 3 LBO 3<br />

Tab. 2: 2.3.1.2 Klassen LB: Bindige Lockergesteine, Korngröße<br />

< 63 mm<br />

Einaxiale<br />

Druckfestigkeit<br />

MN/m2 Klassen der Festgesteine<br />

Trennflächenabstand im<br />

Dezimeterbereich Zentimeterbereich<br />

bis 5 FD 1 FZ 1<br />

über 5 bis 50 FD 2 FZ 2<br />

über 50 bis 100 FD 3 FZ 3<br />

über 100 FD 4 FZ 4<br />

Tab. 4: 2.3.2 Klassen F: Festgesteine


Forschung + Technik<br />

Abb. 11: Hindernisse in Form von Findlingen. Abb. 12: Findling, der bis zum Zielschacht vor der Maschine<br />

hergeschoben wurde.<br />

Mikrotunnelmaschine zerkleinert und abgebaut werden. Eine manuelle<br />

Hindernisbeseitigung aus der Maschine heraus ist ab einem Mindestlichtmaß<br />

(MLM) des vorzupressenden Rohrstrangs von 1.200 mm (Innendurchmesser<br />

DN 1400 mm) eingeschränkt möglich. In Abhängigkeit von der Dimension,<br />

der Art des Hindernisses, des Maschinentyps und des Baugrunds können<br />

zusätzliche Hilfs- und Sicherungsmaßnahmen erforderlich werden.<br />

Es gibt derzeit noch keine sicheren Methoden, Steinhindernisse schon im Planungsstadium<br />

für den definierten Bereich des aufzufahrenden Querschnitts<br />

hinreichend genau zu orten. Daher ist es wichtig, immer wieder darauf hinzuweisen,<br />

dass der Bauherr hinsichtlich der Risikoverteilung als Besitzer des<br />

Bodens anzusehen ist. Er muss in der Planungsphase geologische Karten auswerten<br />

und sollte „historische Recherchen“ hinsichtlich der örtlichen Situation<br />

durchführen. Die Ergebnisse der Baugrundaufschlüsse sind in Baugrundlängsschnitten<br />

darzustellen. Alle diese Unterlagen liefern indessen Aussagen,<br />

die streng genommen nur für jeweils einen Punkt gelten.<br />

Es muss dennoch mit vorher nicht erfassten Einlagerungen gerechnet werden,<br />

so dass in den Ausschreibungen Aussagen über die Abrechnungsmodalitäten<br />

zu treffen sind. Folgerichtig bestimmt die DIN 18319, dass die<br />

Art der Beseitigung von Steinen, die im Hinblick auf den Vortriebsvorgang<br />

ein Hindernis darstellen, gemeinsam festzulegen ist, d. h., dass für das Bergen<br />

von Hindernissen eine Position im Leistungsverzeichnis vorzusehen ist.<br />

Die Größe der Steine, die Hindernisse darstellen, sind in dieser Position zu<br />

definieren.<br />

Folgende Verfahrensweise hat sich bewährt: Probebohrungen, Ramm- bzw.<br />

Drucksondierungen und deren Auswertungen werden in der Regel in Abständen<br />

von 50 m im Bereich der geplanten Trasse durchgeführt und Bestandteil<br />

der Ausschreibung.<br />

Die Wahl des Vortriebssystems ist im Regelfall dem Bieter vorbehalten. Er<br />

muss im Angebot jedoch das gewählte System angeben und die Hindernisgröße<br />

fixieren, die von der Maschine nicht mehr zerkleinert und gefördert<br />

werden kann.<br />

Die für das Bergen von Hindernissen oberhalb dieses Durchmessers erforderlichen<br />

Baugruben und die während der Zeit der Bergung entstehenden<br />

Vorhaltekosten werden gesondert<br />

vergütet. Dies geschieht, indem<br />

vom Auftraggeber aufgrund von Erfahrungswerten<br />

eine bestimmte Anzahl<br />

von Bergungsgruben in entsprechenden<br />

Größen, Tiefenlagen<br />

und Verbauarten vorgegeben werden,<br />

für die vom Bieter Preise anzugeben<br />

sind. Auf diese Weise wird die<br />

Hindernisbeseitigung mit der Vorhaltung<br />

der Vortriebseinrichtung<br />

dem Wettbewerb unterworfen. Dadurch<br />

können die Kosten für den<br />

Vortrieb risikofreier kalkuliert werden,<br />

und dem Auftraggeber wird die<br />

Angebotsprüfung erleichtert.<br />

Der Vortrieb kleiner Nennweiten in<br />

hindernisreichen und schweren Böden<br />

kann Probleme bereiten. Sofern<br />

gegenüber anderen Lösungen wirtschaftlich<br />

vertretbar, ist es in solchen<br />

Fällen auch üblich, zur Verringerung<br />

des Risikos von Unterbrechungen für<br />

die Bergung von Hindernissen, eine<br />

zweischalige Variante anzuwenden:<br />

es wird zunächst ein größeres und<br />

besonders belastbares Vortriebsrohr<br />

– z. B. DN 800 – mit einem stärkeren<br />

Vortriebssystem vorgetrieben und in<br />

ihm anschließend der betrieblich erforderliche<br />

kleinere Rohrstrang untergebracht<br />

[8].<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

39


40<br />

Forschung + Technik<br />

Fazit<br />

Aus den genannten geotechnischen<br />

Kennwerten und einer Gesamtbeurteilung<br />

der geologischen und hydrologischen<br />

Verhältnisse des Baugrundes<br />

lassen sich die bautechnischen<br />

<strong>Information</strong>en ableiten, die zur Auswahl<br />

des richtigen Vortriebssystems<br />

nötig sind.<br />

Dabei steht nicht immer nur die Mikrotunnelmaschine<br />

im Vordergrund,<br />

sondern unter bestimmten Bedingungen<br />

entscheidet auch die Separierbarkeit<br />

und die Wiederwendbarkeit<br />

des abgebauten Bodens über<br />

den wirtschaftlichen Erfolg eines Microtunneling-Projekts.<br />

Mit Hilfe der zusätzlich genannten<br />

<strong>Information</strong>en zur DIN 18319 und<br />

ATV A 125 und den Erfordernissen<br />

der Praxis angepassten Voruntersuchungen<br />

sollen in Zukunft die praktischen<br />

Probleme bei Microtunneling-Projekten,<br />

wie z. B. Richtungsablenkungen<br />

der Maschine durch<br />

Findlinge oder heterogene Schichtenverläufe,<br />

Verklebungen des Brecher-<br />

und Saugstutzenbereichs, Vortriebsreduzierung<br />

durch häufige<br />

Werkzeugwechsel aufgrund von Abrasivität<br />

des Bodens, reduziert werden.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

Literatur- und Quellenverzeichnis<br />

[1] BECKER, W.: Möglichkeiten und Grenzen des Microtunnelbaus unter Berücksichtigung<br />

der Abbauwerkzeuge. – Tiefbau, Heft 7 (1996)<br />

[2] DAUB, ÖGG und FGU: Empfehlungen für Konstruktion und Betrieb von Schildmaschinen.<br />

– Zeitschrift „Tunnel“, 6 (2000)<br />

[3] DAUB, ÖGG und FGU: Empfehlungen zur Auswahl und Bewertung von Tunnelvortriebsmaschinen.<br />

– Zeitschrift „Tunnel“, 5 (1997)<br />

[4] KUROSCH THURO: Vorlesung und Skriptum „Erkundungs- und Aufschlussmethoden“.<br />

– Ingenieurgeologie ETH Zürich<br />

[5] THEWES, M.: Adhäsion von Tonböden beim Tunnelvortrieb mit Flüssigkeitsschilden.<br />

– Bericht-Nr. 21 Bodenmechanik und Grundbau, Bergische Universität Gesamthochschule<br />

Wuppertal, 7 (1999)<br />

[6] FRANK, H.: Vorlesung und Skriptum. – FH Gießen, Freiberg<br />

[7] Dipl.-Ing. Claus-Dieter Hauck, Dipl.-Ing. Günter Novotny, Dipl.-Geol. Dr. Eckhard<br />

Rogowski, Stuttgart: Microtunnelling beim Bau der Stadtbahn Stuttgart-Sillenbuch.<br />

– http://www.acht.de/presse_stuttgart.htm<br />

[8] Dipl.-Ing. Knut Möhring: Wirtschaftliche und umweltgerechte Herstellung von<br />

Abwasserkanälen und -leitungen durch Mikrotunnelbau, Güteschutz Kanalbau,<br />

http://www.gueteschutzkanalbau.de/veroeffentlich/veroeff_frameset.htm<br />

[9] IBECO Bentonit-Technologie GmbH: Bentonit für Tunnelbau und unterirdische<br />

Bauverfahren. – Ein Handbuch für die Baupraxis, 9 (1999)<br />

[10] Dr.-Ing. Max Scherle: Planung von Rohrvortrieben. – Fernseminar Rohrvortrieb<br />

vom 5.2.2003<br />

Kontakt<br />

Dipl.-Ing. Lutz Meyer<br />

Herrenknecht AG<br />

Schlehenweg 2<br />

77963 Schwanau<br />

Tel.: 07 84/30 20<br />

Fax: 07 84/34 03<br />

E-Mail: info@herrenknecht.de<br />

Internet: www.herrenknecht.de


Keramische Werkstoffe<br />

Steinzeug – ein „starkes Stück“<br />

Keramische Produkte sind im täglichen Leben unverzichtbar. Die technischen<br />

Eigenschaften des Werkstoffs Keramik werden heute zu Recht<br />

in High-Tech-Anwendungen genutzt. Ungeachtet der Anwendung<br />

kann man sich der Faszination der Keramik kaum entziehen. Das Wort Keramik<br />

entstammt dem griechischen „Keramos“ und bedeutet Erden, Ton und<br />

auch „durch das Feuer gegangen“. In der Abwassertechnik wird der so genannte<br />

silikatkeramische Werkstoff Steinzeug für Rohre und Formstücke zum<br />

Bau von Kanälen eingesetzt. Seine chemischen und physikalischen Eigenschaften<br />

verleihen dem Werkstoff hohe Festigkeit und Härte, verbunden mit<br />

hoher Verschleiß- und Korrosionsbeständigkeit, sowie eine außerordentlich<br />

lange Lebensdauer. Interessant ist der Quervergleich mit weiteren keramischen<br />

Werkstoffen und die Einordnung in die keramische Werkstoffwelt.<br />

Keramikwerkstoffe und Keramikprodukte<br />

Die Keramikwerkstoffe zählen zu den nichtmetallisch-anorganischen Werkstoffen,<br />

denen auch Glas, Natursteine und anorganische Bindemittel angehören.<br />

Keramische Werkstoffe werden aus einer Rohmasse geformt, die<br />

durch Temperatureinwirkung ihre typischen Werkstoffeigenschaften erhalten.<br />

Sie sind in Wasser nicht löslich und ihr Gefüge besteht mindestens zu<br />

30 % aus kristallinen Bestandteilen.<br />

Unter verschiedenen Gesichtspunkten können Keramikprodukte und keramische<br />

Werkstoffe in Gruppen zusammengefasst werden, wobei zwischen dem<br />

Einsatzbereich, der chemischen Zusammensetzung und dem Gefügeaufbau<br />

unterschieden werden kann.<br />

Klassifizierung<br />

Bei der Klassifizierung der Keramikprodukte nach den Einsatzbereichen (siehe<br />

Tab. 1), die dem „Nichtkeramiker“ einen verständlichen und guten Einblick<br />

in die „Welt der Keramik“ bietet, sind die typischen Eigenschaften der<br />

in der Hauptgruppe erfassten Produkte maßgebend.<br />

Bei dieser Klassifizierung unterscheidet man zunächst zwischen Silikatkeramik<br />

und Technischer Keramik. Die Silikatkeramik gliedert sich weiter in<br />

Gebrauchskeramik, Baukeramik und sonstige Silikatkeramik auf. Die Technische<br />

Keramik, oft auch als Hochleistungskeramik bezeichnet, wird häufig in<br />

Strukturkeramik und Funktionskeramik unterteilt. Zu der Strukturkeramik<br />

zählen Werkstoffe, die in der chemischen Verfahrenstechnik (Chemokera-<br />

Forschung + Technik<br />

Steinzeug …<br />

invented in the PAST …<br />

made for the FUTURE … !!!<br />

mik), in der Hochtemperaturtechnik<br />

(Feuerfestkeramik im Hochtemperaturbereich),<br />

in der Medizintechnik<br />

(Biokeramik) und im Maschinenbau<br />

(Mechanokeramik) Verwendung finden.<br />

Zur Funktionskeramik zählen<br />

die Optokeramik, die Magnetokeramik<br />

und die Elektrokeramik mit aktiven<br />

oder passiven Funktionen. Eine<br />

Sonderstellung nimmt die Nuklearkeramik<br />

ein.<br />

Wird nach der chemischen und mineralogischen<br />

(glasig-amorph, kristallin)<br />

Zusammensetzung unterschieden,<br />

so erfolgt die Einteilung<br />

der Keramikprodukte nach silikatischen,<br />

oxidischen und nicht-oxidischen<br />

Werkstoffen. In der Tabelle 1<br />

sind zu jedem Einsatzbereich der Keramikprodukte<br />

Angaben über den<br />

Werkstoff enthalten.<br />

Silikatkeramik umfasst die älteste<br />

Gruppe aller Keramik-Werkstoffe.<br />

Ausgangsmaterialien dieser mehrphasigen<br />

Werkstoffe sind natürlich<br />

vorkommende Rohstoffe wie Ton,<br />

Kaolin, Quarz, Feldspat und Speckstein.<br />

Wesentliche Kennzeichen für<br />

silikatische Werkstoffe sind glasigamorphe<br />

Phasen (> 20 %). Sie bestehen<br />

hauptsächlich aus SiO 2 , Anteilen<br />

von Al 2 O 3 und MgO und anderen<br />

Oxiden. In Abhängigkeit von den<br />

Merkmalen des Gefüges bezeichnet<br />

man die silikatkeramischen Werkstoffe<br />

als Feinkeramik bzw. Grobkeramik.<br />

Typische silikatkeramische<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

41


42<br />

Silikatkeramik (Traditionelle Keramik)<br />

Technische Keramik<br />

Forschung + Technik<br />

Hauptgruppe<br />

Gebrauchskeramik<br />

Baukeramik<br />

Sonstige Silikatkeramik<br />

Feuerfestkeramik<br />

Chemokeramik<br />

Mechanokeramik<br />

Magnetokeramik<br />

Optokeramik<br />

Biokeramik<br />

Elektrokeramik<br />

mit passiven<br />

Funktionen<br />

Elektrokeramik<br />

mit aktiven<br />

Funktionen<br />

Nuklearkeramik<br />

Untergruppe Werkstoff* Wesentliche Eigenschaften Produktbeispiele<br />

Zierkeramik (Feinkeramik) Tonwaren, Irdengut<br />

Majolika, Fayence<br />

Tab. 1: Klassifizierung der Keramikprodukte nach Einsatzbereichen. * nur eine Auswahl an Werkstoffen wurde aufgeführt<br />

(Grundlage dieser Tabelle: DGK, Ztschr. CFI/DGK 82 (<strong>2005</strong>), Nr. 6–7)<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

poröses Gefüge Töpferware<br />

Gefäß-, Figuren-, Gartenkeramik<br />

Geschirrkeramik (Feinkeramik) Steingut poröses Gefüge Ess- und Kaffeeservice, Terrakotten<br />

Porzellan dichtes Gefüge Ess- und Kaffeeservice<br />

Tragende Baukeramik (Grobkeramik) Tonware poröses Gefüge Mauerziegel, Dachziegel<br />

Steinzeug dichtes Gefüge, frostbeständig, mechanisch<br />

fest<br />

Klinker<br />

Tiefbaukeramik (Grobkeramik) Steinzeug dichtes Gefüge, chemisch beständig,<br />

mechanisch fest<br />

Kanalisations-, Kabelrohre<br />

Tonware poröses Gefüge, definierte Porosität Drainrohre<br />

Verkleidungskeramik (Feinkeramik) Steingut poröses Gefüge Wandfliesen, Kacheln<br />

Steinzeug dichtes Gefüge, mechanisch fest, chemisch<br />

beständig<br />

Bodenfliesen, Spaltplatten, Labortische<br />

Sanitärkeramik (Feinkeramik) Porzellan dichtes Gefüge, mechanisch fest, chemisch<br />

beständig<br />

Waschbecken, WC<br />

Feuerfestkeramik (Grobkeramik) Mullit, Magnesit, Zirkon,<br />

Forsterit, Quarzit<br />

thermisch beständig Magnesit-, Mullit-, Silika-, Forsteritsteine<br />

Feuerfestkeramik (Feinkeramik) Cordierit niedrige Wärmedehnung, gute<br />

Katalysatorträger, Brennhilfsmittel,<br />

Temperaturwechselbeständigkeit<br />

Heizelementträger<br />

Elektrokeramik (Feinkeramik) Elektroporzellan mechanisch fest Hochspannungs-Isolatoren, Sicherungs- und<br />

Schaltgehäuse<br />

Steatit mechanisch fest, dielektrische Eigenschaften Elektr. Isolierteile, Sicherungs- und<br />

Schaltgehäuse, Mahlkugeln<br />

Cordierit niedrige Wärmedehnung, gute<br />

Temperaturwechselbeständigkeit<br />

Isolatoren, Elektrowärmetechnik<br />

Hitze-Isolierkeramik Siliziumcarbid SiC,<br />

Siliziumnitrid Si3N4 ,<br />

Calziumoxid CaO<br />

thermisch beständig, mechanisch fest Steine, Massen, Brennhilfsmittel, Heizleiterträger<br />

Konstruktion-Feuerfestkeramik Zirkonoxid ZrO2, Siliziumcarbid SiC,<br />

Siliziumcarbid SiC<br />

thermisch beständig > 1.500 °C Steine, Massen, Fasermatten, Wärmetauscher<br />

Hochtemperatur-Keramik Aluminiumoxid Al2O3, Zirkonoxid ZrO2 thermisch beständig, thermisch isolierend<br />

> 1.800 °C<br />

Tiegel, Raumfahrt-Schutzschilde, Raketendüsen<br />

Chemotechnische Keramik Aluminiumoxid Al2O3 ,<br />

Siliziumcarbid SiC,<br />

Zirkonoxid ZrO2, Zeolith<br />

chemisch beständig, mechanisch fest Füllkörper, Rohre, Filter, Pumpen,<br />

Wärmetauscher<br />

Filterkeramik, Trägerprodukte Zeolith chemisch beständig, definierte<br />

Filter, Membranen, Diaphragmen,<br />

Porengrößenverteilung, z.T. graduiert<br />

Katalysatorträger<br />

Aktive Chemokeramik chemisch aktiv Katalysatoren, Sensoren<br />

Verschleißschutzkeramik Aluminiumoxid Al2O3, Siliziumnitrid Si3N4 ,<br />

Siliziumcarbid SiC<br />

abriebfest Fadenführer, Auskleidungen, Walzen, Rohre<br />

Maschinen-/Motorenbau Aluminiumoxid Al2O3 ,<br />

Siliziumnitrid Si3N4 ,<br />

Siliziumcarbid SiC<br />

mechanisch fest, abriebfest Dichtungen, Ventile, Lager, Bremsscheiben<br />

Panzerungskeramik Borcarbid B4C stoßabsorbierend, Härte Schutzwesten, Panzerungsplatten<br />

Schneidkeramik Aluminiumoxid Al2O3, Bornitrid BN,<br />

Zirkonoxid ZrO2 mechanisch fest, verschleißfest Schneidplatten, Messer, Bohrereinsätze<br />

Schleifkeramik Siliziumcarbid SiC verschleißfest Schleifscheiben<br />

Weichferrite Ferrite ferromagnetisch, hohe magnetische<br />

Permeabilität, geringe Verluste<br />

Trafos, Speicher, Spulenkerne, Datenschreibköpfe<br />

Hartferrite Ferrite ferromagnetisch, hohe Koerzivität Permanentmagnete für Elektromotoren und<br />

Lautsprecher<br />

Passive Optokeramik Granate spezif. Transmission, Reflektoren und<br />

Absorption von Licht<br />

Lampengehäuse, Fenster, Laserkomponenten<br />

Aktive Optokeramik Granate optoelektronisch Elektrooptische Wandler, Lasermaterialien,<br />

transluzente Szintillatoren<br />

Bionierte Keramik Aluminiumoxid Al2O3 bioniert (wird nicht abgestoßen),<br />

biokompatibel<br />

Ersatz/Reparatur von Zähnen, Beschichtungen,<br />

Zahnwurzelstifte, Kronen<br />

Bioaktive Keramik Aluminiumoxid Al2O3, Phosphate<br />

bioaktiv (wächst ein), biokompatibel Ersatz/Reparatur von Knochen/Gelenke<br />

Biosorbierbare Keramik resorbierbar (wird aufgelöst) Substrate für Zellzüchtung<br />

Isolatoren für Elektrotechnik Aluminiumoxid Al2O3 hoher elektrischer Widerstand Isolatoren, Zündkerzen, Sicherungen<br />

Isolatoren für Elektronik Aluminiumoxid Al2O3 ,<br />

Aluminiumnitrid AlN<br />

elektrische und spezifische dielektrische<br />

Eigenschaften, hohe Wärmeleitfähigkeit<br />

Substrate, Gehäuse, Widerstände, Spulenkörper<br />

Mikrowellenkeramik Berylliumoxid BeO spezifische elektrische und dielektrische Radome, MW-Substrate, -Filter, -Gerätefenster,<br />

Eigenschaften im MW-Bereich<br />

-Isolierteile, -Raketenspitzen<br />

Elektrizitätsspeicher spezifische dielektrische Eigenschaften monolithische und Mehrlagen-<br />

Chipkondensatoren<br />

Elektrische Leiter Cuprate Elektronenleitung, temperatur- und span- Elektroden, Heizelemente, Varistoren, Zünder,<br />

nungsabhängiger el. Widerstand<br />

Thermistoren, HT-Supraleiter<br />

Ionenleiter CeO2 Ionenleitung Batterie-Elektrolyte, O-Sensoren, O-Membranen<br />

Ferroelektrika und Piezokeramik Titanate Ferroelektrizität, z.T. gekoppelt mit elastischen Sensoren, Aktuatoren (AT), ML-AT, Membranen,<br />

Eigenschaften<br />

Resonatoren, Tintenstrahldrucker-Köpfe<br />

Borkarbid B4C, Berylliumoxid<br />

BeO, Uranoxid<br />

UO2 nukleartechnische Eigenschaften Absorber, Brennstäbe, Abschirmungen


keramische<br />

Bindung<br />

kovalent<br />

Si C<br />

ionisch<br />

Al + O –<br />

metallisch<br />

Fe e Fe<br />

van der Waals<br />

stabil<br />

Härte, Schmelzpunkt, E-Modul<br />

Bindungsstärke<br />

(Ionisierungsenergie)<br />

wenig stabil<br />

hoher Dampfdruck, niedriger Schmelzpunkt<br />

Diamant<br />

SiC, BN, B 4 C, Si 3 N 4<br />

Oxide<br />

Silikate<br />

Metalle<br />

Grafit<br />

Polymere<br />

Abb. 1: Die chemische Bindung und einige damit verknüpfte Eigenschaften.<br />

Werkstoffe sind z. B. Irdengut, Steingut, Steinzeug, Porzellan, Steatit, Cordierit,<br />

Mullit und Magnesit.<br />

Die Oxidkeramik und die Nichtoxidkeramik gehören zur Gruppe der Hochleistungskeramik<br />

und werden aus chemisch aufbereiteten oder synthetischen<br />

Rohstoffen hergestellt. Sie besitzen dadurch einen hohen Reinheitsgrad.<br />

Unter Oxidkeramik versteht man im Gegensatz zur Silikatkeramik alle<br />

Werkstoffe, die im Wesentlichen aus einer kristallinen Phase bestehen und<br />

glasphasenarm oder glasphasenfrei sind. Die wichtigsten einfachen Oxide<br />

sind Al 2 O 3 , MgO, ZnO, BeO, TiO 2 , ZrO 2 , UO 2 und ThO 2 . Die Eigenschaften<br />

dieser Oxide können durch Zusätze verändert werden. Daneben existieren<br />

auch Werkstoffe, die aus komplexen Oxiden oder Mischoxiden bestehen. Dazu<br />

gehören Spinell (Al 2 MgO 4 ), Aluminiumtitanat (Al 2 TiO 5 ), Mullit und Ferrite.<br />

Oxidkeramik kommt in der Elektrotechnik, der Elektronik und vielfach als<br />

Strukturkeramik für nichtelektrische Anwendungen zum Einsatz. Sie besitzt<br />

die dafür geeigneten Eigenschaften wie Bruchzähigkeit, Verschleiß- und<br />

Hochtemperaturfestigkeit sowie Korrosionsbeständigkeit.<br />

Die Nichtoxidkeramik beinhaltet keramische Werkstoffe auf der Basis von Verbindungen<br />

aus Bor, Kohlenstoff, Stickstoff und Silizium. Die wichtigsten<br />

Nichtoxidkeramiken sind Siliziumcarbid und -nitrid, Aluminiumnitrid, Borcarbid<br />

und Bornitrid. Diese Werkstoffe widerstehen hohen Temperaturen,<br />

besitzen einen hohen Elastizitätsmodul, eine hohe Festigkeit und Härte,<br />

Bestandteile<br />

Steinzeug<br />

allgemein<br />

[Angaben in Gew.-%]<br />

Steinzeugrohr<br />

von <strong>2005</strong><br />

[Angaben in Gew.-%]<br />

Steinzeugrohr<br />

von 1901<br />

[Angaben in Gew.-%]<br />

Mullit 20–30 29 26<br />

Cristobalit < 8 5 4<br />

Quarz 8–20 11 14<br />

amorphe<br />

Glasphase<br />

Tab. 2: Zusammensetzung des Gefüges.<br />

50–60 55 56<br />

Forschung + Technik<br />

verbunden mit hoher Verschleißund<br />

Korrosionsbeständigkeit.<br />

Einige dieser Eigenschaften besitzt<br />

auch der silikatkeramische Werkstoff<br />

Steinzeug. So ist die hohe Korrosionsbeständigkeit<br />

(außer gegen<br />

Flusssäure) sein herausragendes<br />

Qualitätsmerkmal neben der hohen<br />

Biegezug-, Druck- und Abriebfestigkeit.<br />

Wegen der relativ niedrigen Sintertemperatur<br />

(Brenntemperatur),<br />

der guten Prozessbeherrschung und<br />

der hohen Verfügbarkeit der natürlichen<br />

Rohstoffe ist die Silikatkeramik<br />

und damit Steinzeug wesentlich<br />

kostengünstiger als die Oxid- und<br />

Nichtoxidkeramik. Letztere benötigen<br />

aufwändig hergestellte synthetische<br />

Rohstoffe und hohe Sintertemperaturen.<br />

Die Eigenschaften keramischer<br />

Werkstoffe werden maßgeblich<br />

durch ihren inneren Aufbau, d. h.<br />

durch die Art der Atome, deren chemische<br />

Bindungen und Struktur untereinander,<br />

sowie durch das Gefüge<br />

bestimmt. Die chemischen Bindungen<br />

sind interatomare Wechselwirkungskräfte<br />

von unterschiedlicher<br />

Stärke, deren Abfolge aus Abb. 1<br />

hervorgeht.<br />

Für Keramikwerkstoffe ist ein hoher<br />

kovalenter und ionischer Bindungsanteil<br />

charakteristisch. Beides sind<br />

sehr stabile und feste Bindungen, die<br />

den keramischen Werkstoffen ihre<br />

hohe Härte und Korrosionsfestigkeit<br />

verleihen.<br />

Die Kombination einer hohen Härte<br />

mit einer hervorragenden chemischen<br />

Widerstandsfähigkeit, aus der<br />

eine hohe Abriebfestigkeit resultiert,<br />

begründet die überragende Lebensdauer<br />

der Kanalrohre aus Steinzeug.<br />

Wo die Atome durch stabile Bindungen<br />

miteinander verbunden sind,<br />

können zwei Strukturen vorhanden<br />

sein. Dabei handelt es sich um die<br />

kristalline und die amorphe Struktur.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

43


44<br />

Forschung + Technik<br />

In einer kristallinen Struktur sind die<br />

Atome räumlich über größere Bereiche<br />

(Fernordnung) angeordnet.<br />

Liegt nur eine strukturelle Nahordnung<br />

vor, so spricht man von einer<br />

amorphen Struktur.<br />

Das Gefüge silikatkeramischer Werkstoffe<br />

besteht fast immer aus vielen,<br />

oft auch verschiedenen, kristallinen<br />

Strukturen. Daneben findet man<br />

häufig noch Glasphase als amorphe<br />

Struktur und auch Poren.<br />

Die typische Zusammensetzung des<br />

Gefüges von Steinzeug ist in Tabelle<br />

2 aufgeführt. Daneben sind die Gefügezusammensetzungen<br />

des Werkstoffes<br />

Steinzeug eines heutigen Kanalrohres<br />

und eines über 100 Jahre<br />

alten Kanalrohres gegenübergestellt.<br />

Beide Zusammensetzungen<br />

sind annähernd gleich, wodurch<br />

ebenfalls die Langlebigkeit des keramischen<br />

Werkstoffes Steinzeug aufgezeigt<br />

wird.<br />

Geschichte der keramischen<br />

Werkstoffe<br />

Mit der Evolution der Menschheit ist<br />

auch die Entwicklung von Werkzeugen<br />

eng verknüpft. Anfänglich<br />

musste der Homo sapiens mit aus<br />

Naturprodukten (Stein, Holz und<br />

Knochen) gehauenen Werkzeugen<br />

auskommen, bevor er mit der Herstellung<br />

künstlicher Hilfsmittel aus<br />

Ton begann (Abb. 2). In der Zeit um<br />

etwa 20 000 v. Chr. wurden aus Ton<br />

erste Gefäße, Figuren und Ziegel geformt.<br />

Seit etwa 12 000 v. Chr. wurden<br />

diese aus Ton gefertigten Erzeugnisse<br />

über dem offenen Feuer<br />

gebrannt. Der Werkstoff „Keramik“<br />

ist daher mit Abstand der am frühesten<br />

von der Menschheit benutzte<br />

synthetisch erzeugte Werkstoff.<br />

Dank der weltweiten Verbreitung<br />

von Ton kommen keramische Erzeugnisse<br />

in fast allen Frühkulturen<br />

vor. Wesentliche Meilensteine auf<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

Ältere<br />

Steinzeit<br />

Mittlere<br />

Steinzeit<br />

Jungsteinzeit<br />

Bronzezeit<br />

Eisenzeit<br />

Neuzeit<br />

Abb. 2: Zeittafel der Keramik.<br />

Töpferscheibe<br />

Gefäßkeramik (7 000 v. Chr.)<br />

Griechische Vasen<br />

– 3000 – 2000 –1000<br />

ZEITTAFEL KERAMIK<br />

Jahr<br />

Jahr<br />

500 000<br />

20 000<br />

14 000<br />

12 000<br />

10 000<br />

8 000<br />

6 000<br />

4 000<br />

2 000<br />

Europ. Porzellan<br />

Abb. 3: Zeitachse der keramischen Werkstoffe.<br />

0<br />

2 000<br />

Steinwerkzeuge<br />

Ziegel, Figuren<br />

(ungebrannt)<br />

Töpferware<br />

Ziegel (gebrannt)<br />

Tonrohre<br />

Steinzeug<br />

Porzellan<br />

Moderne Keramik<br />

für die Technik<br />

0 1700 1990<br />

Nitride<br />

Ferrite<br />

Titanate<br />

Oxidkeramik<br />

Siliziumkarbid<br />

Steatit<br />

Steingut<br />

Feuerfeste<br />

Tonwaren<br />

Porzellan<br />

Steinzeug<br />

Irdenware


dem Weg zur heutigen Keramikherstellung waren etwa 4 000 v. Chr. in<br />

Ägypten die Erfindung der Töpferscheibe und des gedeckten Brennofens.<br />

Nach der Entwicklung der figürlichen Keramik und der Gefäßkeramik erlangte<br />

etwa 3 000 v. Chr. hauptsächlich in Ägypten, Griechenland und im Euphratgebiet<br />

die Baukeramik einen hohen technischen Stand. Hiervon zeugen<br />

besonders Tonrohre für die Kanalisation. In dieser Zeit wurde auch Steinzeug<br />

erfunden. Steinzeug ist daher der älteste Keramikwerkstoff aus technischer<br />

Sicht, bei dem die Beständigkeit an archäologischen Funden heute<br />

immer wieder nachgewiesen wird. Kein anderer keramischer bzw. synthetischer<br />

Werkstoff verfügt über eine solche Langlebigkeitsstudie.<br />

Etwa im 8. Jahrhundert v. Chr. wurde in China das Porzellan entwickelt. Erst<br />

1709 gelang es Johann Friedrich Böttger im Dienste von August dem Starken,<br />

Kurfürst von Sachsen, in Europa Porzellan herzustellen. Im Jahr 1849<br />

setzte Werner von Siemens Isolatoren aus Porzellan für Telegrafenleitungen<br />

ein. Kurz vor 1900 kamen zu diesen tonkeramischen bzw. silikatischen Werkstoffen<br />

Feuerfestwerkstoffe wie Magnesiumoxid oder Siliziumkarbid hinzu.<br />

Vor etwa 40 Jahren hielten dann die chemisch aufbereiteten keramischen<br />

Rohstoffe Einzug in die Technik. Beispielsweise wurden Zündkerzen aus Aluminiumoxid<br />

und magnetische Werkstoffe aus Ferritpulvern hergestellt. Von<br />

da an begann die Entwicklung „technischer Keramik“ stetig zu wachsen. Die<br />

vergangenen zwei Jahrzehnte haben in vielen Bereichen weitere Fortschritte<br />

gebracht und zu einer wesentlich größeren Zahl an Keramikprodukten mit<br />

immer weiter verbesserten Eigenschaften und neuen Einsatzmöglichkeiten,<br />

vor allem im technischen Bereich, geführt (Abb. 3).<br />

Kontakt<br />

Forschung + Technik<br />

Dipl.-Ing. Ralf Weingartz<br />

<strong>STEINZEUG</strong> Abwassersysteme GmbH<br />

Alfred-Nobel-Straße 17<br />

50226 Frechen<br />

Tel.: 0 22 34/5 07-491<br />

E-Mail: ralf.weingartz@steinzeug.com<br />

Internet: www.steinzeug.com<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

45


46<br />

Forschung + Technik<br />

Erneuerung der Dichtung ...<br />

... an Steinzeugrohrverbindungen älterer Bauart<br />

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

wurden bzw. werden in<br />

Deutschland und anderen europäischen<br />

Ländern die Abwassernetze<br />

systematisch aufgebaut, erweitert,<br />

verbessert und dem aktuellen<br />

technischen Standard angepasst.<br />

Die vorwiegend eingesetzten Materialien<br />

für Rohre waren Steinzeug<br />

und Beton. Im Fokus dieses Beitrags<br />

stehen die aus dem Material Steinzeug<br />

hergestellten Rohrkanäle und<br />

-leitungen. Ihr Anteil am gesamten<br />

öffentlichen Kanalnetz (DN < 800)<br />

beträgt 46 % 1) .<br />

Die vor 1965 eingebauten Rohrkanäle<br />

aus Steinzeug weisen vornehmlich<br />

auf der Baustelle handwerklich<br />

hergestellte Dichtungen der Rohrverbindungen<br />

auf. Die Rohrlängen<br />

betrugen, je nach Baujahr, zwischen<br />

750 und 1.500 mm. Zum Gesamt-<br />

Abb. 1: Abdichtung der Rohrverbindung bis ca. 1910.<br />

1) DWA-Umfrage 2004<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

system gehören selbstverständlich auch die Abzweigstücke zur Aufnahme<br />

der Anschlussleitungen von Grundstücks- und Straßenentwässerung.<br />

Die handwerklich hergestellten Abdichtungen der Rohrverbindung (Teerstrick/Lehm<br />

bzw. Mörtel, Teerstrick mit Bitumenverguss, Rollringe aus Elastomeren)<br />

sind zwischenzeitlich infolge Alterung und konstruktiver Schwächen<br />

nach Maßstäben der technischen Regelwerke undicht mit den Folgen<br />

der Infiltration von Grundwasser und des Austrags von Abwasser in Boden<br />

und Grundwasser. Je nach Intensität dieser Erscheinungen erhöht sich das<br />

Risiko fortschreitender baulicher und betrieblicher Schäden bei gleichzeitig<br />

hieraus resultierenden Kosten (Abb. 1).<br />

Diesem technisch begründeten Prozess muss der Anlagenbetreiber gemäß<br />

gesetzlicher Vorschriften und der Vorgaben des technischen Regelwerks<br />

begegnen. Nicht zuletzt ist es auch ein Gebot der wirtschaftlichen Nutzung<br />

und des Werterhalts der Abwassersysteme.<br />

Motivation<br />

Kanalrohrleitungen aus Steinzeug sind langlebig, wenn ihre Lagebedingungen<br />

stimmen, d. h. keine Überlastung eintritt und die Rohre an ihren Verbindungen<br />

dicht bleiben. Der Vorsatz und das Gebot der Nachhaltigkeit wären<br />

hiermit erfüllt. Die Realität zeigt, dass der sorgfältige Einbau bei sorgfältig planenden<br />

und gut überwachenden Anlagenbetreibern durchaus umgesetzt<br />

wurde und wird.<br />

Die vor 1965 verwendeten Dichtsysteme der Rohrverbindungen<br />

erfüllen die heute gültigen Kriterien eines Dichtheitsnachweises<br />

weitgehend nicht mehr. Die Kanäle sind daher im Sinne des technischen<br />

Anforderungsprofils undicht, erfüllen aber sonst ihre Funktion<br />

vollwertig (hydraulisch voll ausreichend, standfest, wartungsund<br />

betriebsoptimal).<br />

Da Rohrverbindungen in Steinzeugrohrleitungen der Baujahre vor<br />

1965 ca. alle 1,5 bis 1,0 m vorkommen – zusätzlich noch die Einbindungen<br />

der Abzweigformstücke –, ist bei einer aus Alterung<br />

bzw. Bauart abzuleitenden Undichtheit bis heute ein durchlaufender<br />

Liner – ein „Rohr im Rohr“ – die technisch sinnvolle und wirtschaftliche<br />

Sanierungsmethode.<br />

Letzteres besonders deshalb, weil für eine dauerhafte Sanierung (=<br />

Abdichtung von Muffenverbindungen von Steinzeugrohren und


auch von Rohren anderer Werkstoffe) bislang kein anwendungsreifes<br />

Verfahren mit dem Anspruch auf eine lange Funktionsdauer<br />

von mehr als 40 Jahren zur Verfügung stand.<br />

Die „Rohr-im-Rohr“-Lösung, also der Liner aus den bekannten<br />

Harzen mit Trägergeweben oder auch PE bzw. PVC, ist zwar eine<br />

Lösung, die dem Anspruch an die Funktion und deren Dauer gut<br />

erfüllt, allerdings ist sie nicht beliebig oft wiederholbar. Zusätzlich<br />

entstehen Probleme bei den Abzweigen/Seiteneinläufen, bei der<br />

Entsorgung im Falle einer Leitungsauswechslung und u. U. bei der<br />

Hydraulik infolge der Querschnittseinengung.<br />

Das für den Abwasserkanal vorzüglich geeignete und bewährte<br />

Material Steinzeug wird zum Linerträger degradiert und ist damit<br />

für die weitere Nutzungsdauer des Kanals ohne Belang. Wirtschaftlicher<br />

Verlust und weitere Ressourcenverschwendung sind<br />

die Folgen.<br />

Für die <strong>STEINZEUG</strong>-Abwassersysteme GmbH und die mit dieser<br />

Thematik befassten Fachleute aus der Sanierungswirtschaft stellte<br />

sich also die Aufgabe, für hydraulisch, statisch und betrieblich<br />

intakte Abwasserleitungen aus Steinzeug, vorwiegend der Baujahre<br />

vor 1965, relativ kurzfristig ein Sanierungsverfahren zu entwickeln,<br />

mit dem Ziel, die vorhandene Langzeittauglichkeit des<br />

Steinzeugrohrs zu aktivieren und nicht durch gealterte und folglich<br />

undichte Rohrverbindungen infrage zu stellen.<br />

Anforderungsprofil<br />

Im Zuge der Projektdiskussion der <strong>STEINZEUG</strong>-Abwassersysteme<br />

mit der Münchner Stadtentwässerung, dem Sanierungsunternehmen<br />

GEIGER & KUNZ und dem Unternehmen PURDE, JOHN &<br />

PARTNER wurde folgendes Anforderungsprofil entwickelt (siehe<br />

auch Abb. 2):<br />

a) Entwicklung eines Verfahrens, das, aufbauend auf bewährten<br />

Sanierungstechnologien, ansonsten intakten Kanalstrecken im Bereich<br />

der dafür vorgesehenen Muffenverbindung eine dauerhafte<br />

Dichtheit verleiht und die dort auftretenden Kräfte/Bewegungen aufnehmen<br />

kann<br />

b) Erhalt der „Gliederkette“ für eine Rohrleitung aus endlichen Rohren, die<br />

über eine Rohrverbindung zu einer Leitung zusammengefügt werden<br />

c) Anwendung von in der Kanalsanierung bewährten Materialien mit der<br />

Gewähr einer Langzeitfunktion<br />

d) Wirtschaftlichkeit des Verfahrens<br />

e) Keine zwingende Omnipotenz des Verfahrens für alle Problemfälle<br />

f) Vorläufiger Einsatzbereich bis DN 400<br />

Entwicklungsschritte<br />

Die Verfahrensentwicklung wurde in mehreren, teils zeitlich parallelen Schritten<br />

vollzogen (Abb. 3). Der aktuelle Stand der Entwicklung ist im Abschnitt<br />

„Systembeschreibung“ enthalten.<br />

Anforderungsprofil<br />

Stand Okt.<br />

<strong>2005</strong><br />

Allgemeine<br />

Anwendungsreife<br />

Forschung + Technik<br />

Geotechnische<br />

Anforderung<br />

Harzmatrix<br />

Konstrukt<br />

Ausbildung<br />

Robotertechnik<br />

Labortests zu<br />

Beweglichkeit der<br />

Verbindung inkl.<br />

Dichtheitsnachweis<br />

In-Situ-Praxis-Tests<br />

Weitere In-Situ-Tests<br />

mit Nachweisen<br />

Gütezeichen und<br />

bauaufsichtl. Zulassung<br />

Technik der Vorbereitung<br />

der Verbindung<br />

Dichtheitsnachweis<br />

Hochdruckspültest<br />

Verfahrensoptimierung<br />

Abb. 2: Flussdiagramm vom Anforderungsprofil zur allgemeinen<br />

Anwendungsreife.<br />

Die konzeptionelle Idee<br />

● Robotertechnik und Epoxidharz als bewährte Basis<br />

– Modifizierung des Epoxidharzes Richtung Elastomer<br />

– Nachweis einer Abwinkelbarkeit der sanierten Muffe<br />

– Nachweis der Dichtheit der Verbindung<br />

– Nachweis der Hochdruckspülfestigkeit<br />

– Gegen drückendes Grundwasser anwendbar<br />

● Nachweis der dauerhaften Abwasserresistenz<br />

● Nachweis der Langzeittauglichkeit von 40+x Jahren<br />

● Wirtschaftlichkeit gegenüber der Linersanierung<br />

Abb. 3: Die konzeptionelle Idee.<br />

Die einzelnen Entwicklungsschritte<br />

bis heute sind:<br />

● Entwurf und Festlegung eines<br />

Anforderungsprofils<br />

● Entwurf einer konstruktiven Ausbildung<br />

● Verifizierung der Anforderungen<br />

bezüglich der Abwinkelbarkeit der<br />

Rohrverbindung im Boden befindlicher<br />

Leitungen<br />

● Entwicklung von Harzmatrix und<br />

Einbautechnik<br />

● Entwicklung der Technik der<br />

Muffenvorbereitung<br />

● Labortests und Messungen zur<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

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Forschung + Technik<br />

Abwinkelbarkeit der neu abgedichteten<br />

Rohrverbindung (Abb. 4)<br />

● Labortests zu Elastizität und Haftung<br />

der diversen modifizierten<br />

Harzmaterialien<br />

● Erprobungen „in situ“ und Überprüfung<br />

der Dichtheit und Hochdruckspülresistenz<br />

● Vorbereitung für die Erteilung eines<br />

Gütezeichens und einer bauaufsichtlichen<br />

Zulassung des Verfahrens<br />

Systembeschreibung<br />

Das auch von der Münchner Stadtentwässerung<br />

durch technischen Input<br />

und das Zur-Verfügung-Stellen<br />

von Erprobungsstrecken „in situ“<br />

geförderte Verfahren der „Erneuerung<br />

der Dichtung an Rohrverbindungen<br />

von Steinzeugrohren älterer<br />

Bauart“ stellt die nach aktuellem<br />

technischen Regelwerk (ATV-M 143-<br />

6 bei Betrachtung des gesamten bestehenden<br />

Kanals, DIN-EN 1610 bei<br />

Betrachtung der einzelnen Dichtung<br />

der Rohrmuffe) erforderliche Dichtheit<br />

wieder her.<br />

Gemäß der Nomenklatur der DIN<br />

EN 752-1 und des Merkblattes ATV-<br />

DVWK-M 143-1 ist das Verfahren der<br />

Definition „Renovierung“ zuzuordnen.<br />

Abb. 4: Versuchsaufbau zur Prüfung und Messung der<br />

Abwinkelbarkeit.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

Die Vorgehensweise ist: Nach erfolgter Reinigung und partieller Sperrung<br />

eines Kanalteilstücks werden die bestehenden Dichtungen inklusive vorhandener<br />

Ablagerungen soweit notwendig aus dem Bereich des Muffenspalts<br />

entfernt. Zusätzlich werden sowohl vom Spitzende als auch vom Muffenspiegel<br />

der beiden verbundenen Rohre die Steinzeugglasur vollständig und auch<br />

Steinzeugkernmaterial so weit entfernt, bis ein definiert gleichmäßig breiter<br />

und tiefer Muffenspalt (Breite ca. 12 – 20 mm, Tiefe ca. 20 – 30 mm) vorliegt.<br />

Hierzu wird ein Fräsroboter mit einer entsprechenden Scheibenfräse eingesetzt,<br />

der diese Vorbehandlung im Zuge einer dem Rohrdurchmesser angepassten<br />

Rotationsbewegung durchführt.<br />

Die so geöffnete Verbindungsfuge muss mittels Reinwasserhochdruckspülung<br />

gereinigt werden. Das freie Steinzeugkernmaterial an Spitzende und<br />

Muffenspiegel bildet die Haftfläche für den Einbau des neuen Abdichtmaterials<br />

der Rohrverbindung.<br />

Zur Herstellung der neuen Abdichtung der Rohrverbindung dient ein speziell<br />

flexibilisiertes Epoxidharzmaterial aus der Familie der Epoxi-Spachtelmassen<br />

für die Risssanierung in Abwasserrohren. Die Flexibilisierung des<br />

Epoxidharzes ist soweit erfolgt, wie es für langjährig im Boden liegende Leitungen<br />

notwendig erscheint.<br />

Die schadlose Aufnahme von Abwinkelungen der Rohrverbindungen beträgt,<br />

je nach Harztyp, bei einer Rohrlänge von 1.500 mm ca. 5,0 bis<br />

10,0 mm und entspricht damit den Anforderungen der Rissfreiheit im Hochbau.<br />

Obige Werte gelten bis zu einer Nennweite von DN 400.<br />

Der Einbau des Epoxidmaterials in die vorbereitete Verbindungsfuge erfolgt<br />

mittels einer modifizierten Injektions- und Spachteltechnik, abgeleitet aus der<br />

bewährten Risssanierungstechnik nach KA-TE-Verfahren. Die Verbindungsfuge<br />

wird hierbei mit dem vorbereiteten Epoximaterial (Mischung und Verfüllung<br />

in Kartusche) voll und luftblasenfrei verfüllt und an der Rohrinnenseite<br />

glatt abgezogen. Das Material geht mit dem Steinzeugkernmaterial auch<br />

bei nassen Verhältnissen eine dichte und dauerhafte Klebeverbindung ein.<br />

Die potenziellen Bewegungen werden innerhalb des Materialvolumens<br />

Epoxidharz aufgenommen.<br />

Das verwendete Material zeichnet sich durch eine hohe innere Zähigkeit aus,<br />

ist lösungsmittelfrei, gut verarbeitbar und gegen Abwasser im<br />

Rahmen der Bestimmungen beständig. Das geringe Schwindmaß<br />

wird vom Material schadlos aufgenommen.<br />

Die neue Rohrverbindungsdichtung schafft eine glatte Rohrinnenfläche,<br />

da die früheren Rohrfugen verschlossen werden, und<br />

stabilisiert somit hydraulische Leistungsfähigkeit und betriebliche<br />

Funktion (Abb. 5 a + b).<br />

Die Resistenz der so erneuerten Verbindungsdichtung gegen<br />

Hochdruckreinigung wurde im Einvernehmen mit der Münchner<br />

Stadtentwässerung bei einem In-situ-Test nachgewiesen.<br />

Die Nachweise gemäß DIN 19517 werden derzeit gerade veranlasst.<br />

Die Dichtheit der Rohrverbindung beim „In-situ“-Test wurde sowohl<br />

nach dem Einbau als auch nach 50 Hochdruckspülgängen<br />

mittels einer Muffendruckprüfung mit Luft (Vorgangsweise nach<br />

DIN EN 1610, Verfahren LD) nachgewiesen.


Dichtung im Muffenspalt<br />

aus elastifiziertem<br />

Epoxidharz<br />

Boden der Rohrzone<br />

bzw. Rohrauflager<br />

Entsprechend den o. g. Ergebnissen und den Erfahrungen mit dem Material<br />

Epoxidharz entsteht eine dichte und dauerhafte neue Abdichtung der Rohrverbindung.<br />

Epoxidharz hat sich seit ca. 25 Jahren bei der Kanalsanierung bewährt. Das<br />

Verfahren KA-TE besteht entsprechend lange.<br />

Das Verfahren ist in gleicher Weise und an gleicher Stelle mehrfach wiederholbar,<br />

der Kanalbetrieb ist während der Ausführung in der Regel nur gering<br />

gestört.<br />

Anwendungsbereich<br />

Der Anwendungsbereich für das Verfahren sind Kanalrohrleitungen (vornehmlich<br />

aus Steinzeug), die bereits langjährig im Boden liegen, wenig bis<br />

keine statischen Schäden aufweisen und deren Schadensbild überwiegend<br />

durch die alterungs- bzw. konstruktiv bedingte Undichtheit der Rohrverbindung<br />

geprägt ist.<br />

Das Erneuerungsverfahren der Dichtung kann auch gegen drückendes<br />

Grundwasser erfolgen, wenn eine kurzzeitig wirksame Vorabdichtung oder<br />

andere Maßnahmen die Vorbereitung und Verfüllung der Verbindungsfugen<br />

zulassen.<br />

Verfahrenstechnisch kann derzeit eine Erneuerung der Verbindungsdichtung<br />

bis DN 400 erfolgen.<br />

Gesamtergebnis<br />

Materialabtrag<br />

durch Vorfräsen<br />

definierter Muffenspalt<br />

12–20 mm<br />

Rest der Muffenabd.<br />

älterer Bauart<br />

Abb. 5 a: Konstruktionsprinzip der erneuerten Dichtung<br />

der Rohrverbindung.<br />

Als technisches Ergebnis der Verfahrensanwendung erhält der Netzbetreiber<br />

einen hydraulisch leicht verbesserten Abwasserkanal für eine weitere langfristige<br />

Nutzung. Die Erfahrungen der Langzeitstandfestigkeit von Epoxidharzmaterialien<br />

in Abwasserkanälen reichen für eine Prognose von 40 Jahren+x.<br />

Zusammenfassend kann festgehalten werden:<br />

● Der Querschnitt des Kanals bleibt im Original-Durchmesser erhalten.<br />

● Das Ursprungsmaterial Steinzeug bestimmt weiterhin die Langzeitfunktion<br />

und die Wirtschaftlichkeit des Abwasserkanals.<br />

Forschung + Technik<br />

Abb. 5 b: Sanierte Muffe, bündig mit Rohrinnenwand, Versatz<br />

simuliert.<br />

● Besondere Maßnahmen bei<br />

Schächten und Abzweigen sind verfahrensbedingt<br />

nicht notwendig. Eine<br />

Sanierung der Abzweige kann<br />

unabhängig erfolgen.<br />

● Die technische Ausführung weist<br />

ein geringes Mängelrisiko auf.<br />

● Die Qualitätskriterien einer fachgerechten<br />

Ausführung sind einfach<br />

und eindeutig.<br />

Voraussichtliche Kosten<br />

Die Kosten der Erneuerung der Dichtung<br />

eines durchlaufenden Kanalstrangs<br />

(jede Rohrverbindung wird<br />

erfasst) werden unterhalb einer<br />

Komplettrenovierung (Rohrstrang,<br />

Abzweige, Schachteinbindungen<br />

u.a.) liegen. Die hohe Wirtschaftlichkeit<br />

generiert sich aus der Aktivierung<br />

einer weiteren, definierbaren<br />

Nutzungsdauer des Kanals.<br />

Kontakt<br />

Dipl.-Ing. Hans-Joachim Purde<br />

PURDE, JOHN & PARTNER<br />

Gluckstraße 27<br />

85598 Baldham<br />

Tel.: 0 81 06/35 83 15<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

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50<br />

Baustellenbericht/-reportage<br />

Deutsch-polnische Partnerschaft<br />

Mikrotunnelverfahren im Breslauer Gewerbegebiet<br />

Die Gemeinde Kobierzyce,<br />

verwaltungstechnisch dem<br />

polnischen Wrocl /aw (Breslau)<br />

angegliedert, hat großes Expansionsbestreben:<br />

Auf einer mehrere<br />

tausend Quadratmeter messenden<br />

Brachfläche an der nahe gelegenen<br />

Autobahn E 40 ist die südwestliche<br />

Erweiterung eines Gewerbegebietes<br />

geplant. Eine der vordringlichsten<br />

Infrastrukturmaßnahmen, die dafür<br />

zurzeit in Angriff genommen wird,<br />

ist der Neu- und Ausbau der Trinkwasserversorgung<br />

sowie der Abwasserentsorgung.<br />

Im Zuge dessen soll<br />

auch die Anbindung dieses neuen<br />

Gewerbebezirks an die Gemeinde<br />

Kobierzyce und deren geplanter Erweiterungsareale<br />

erfolgen.<br />

Ende 2004 wurden die Planungen<br />

für dieses Projekt abgeschlossen. Die<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

technische Dokumentation erfolgte durch das Ingenieurbüro für kommunales<br />

Bauwesen GmbH in Wrocl /aw unter Federführung von Dipl.-Ing. Ryszard<br />

Mazurczak. Für den Investitionsplan zeichnen Dipl.-Ing. Grazyna Szczepaniak<br />

und Dipl.-Ing. Marcin Grezelec verantwortlich, die Finanzmittel stellen die<br />

Wasserwerke Wrocl /aw zur Verfügung.<br />

Die gesamte Baumaßnahme ist in Abhängigkeit von den fließenden Finanzmitteln<br />

in drei Abschnitte gegliedert:<br />

Abschnitt I: Bau einer 1.217 m langen Trinkwasserleitung mit DN-600-Gussrohren<br />

sowie eines 1.086 m langen Abwasserkanals mit Stahlbetonrohren<br />

DN 600 und DN 800 in offener Bauweise.<br />

Abschnitt II: Bau einer Trinkwasserleitung aus duktilen Gussrohren DN 600<br />

mit einer Gesamtlänge von 658 m sowie eines 1.040 m langen Abwasserkanals<br />

mit Steinzeugrohren DN 600 im Mikrotunnelverfahren.<br />

Dass der Einbau der Kanalrohre nur in geschlossener Bauweise infrage kam,<br />

basierte auf folgenden Gegebenheiten und Kriterien:<br />

● Die vorgesehene Trasse liegt unmittelbar an einer breiten, neu gebauten<br />

Umgehungsstraße<br />

● Schwierige Grundwasserverhältnisse und Wasserhorizonte hätten beim<br />

offenen Graben eine umfangreiche Wasserhaltung erforderlich gemacht


Auf dem Baustellenplatz kann man sich einen Eindruck des klebrig-nassen und<br />

zähen Geschiebemergels verschaffen. Mitte rechts im Bild: die nahe gelegene neue<br />

Umgehungsstraße.<br />

● Einbau der Rohre in 8 m Tiefe<br />

● minimaler Eingriff in die Geländeoberfläche<br />

● Gefahr zur Unterspülung der neuen Umgehungsstraße durch das hohe<br />

Grundwasserniveau sowie durch die schwer kalkulierbaren Wasserhorizonte<br />

Abschnitt III: Bau einer 1.379 m langen Trinkwasserleitung mit DN-600- und<br />

DN-800-Gussrohren in offener Bauweise.<br />

Anfang <strong>2005</strong> wurden die drei Abschnitte ausgeschrieben. An der Ausschreibung<br />

für Abschnitt II haben sich auch die ARGE-Partner INKOP (Krakau) für<br />

den Einbau der Trinkwasserleitung in offener Bauweise und GILDEMEISTER<br />

(Berlin) für den Einbau der Abwasserleitung im Mikrotunnelverfahren beteiligt<br />

und am 15. April <strong>2005</strong> den Auftrag erhalten.<br />

Am 15. Juni <strong>2005</strong> begann die GILDEMEISTER GmbH & Co. KG, Berlin, mit<br />

der Einrichtung der Vortriebsanlage (Herrenknecht AVN 600) und den Vortriebsarbeiten.<br />

Verwendet wurden durchweg Steinzeug-Vortriebsrohre DN<br />

600 mit edelstahlverstärkter Druckübertragung, einer Kupplung V4A Typ 2<br />

aus molybdänlegiertem Edelstahl und Druckübertragungsring. Als Startschächte<br />

wurden Stahlbetonabsenkschächte aus vorgefertigten Stahlbetonringen<br />

DN 3200 abgeteuft. Für die Zielschächte wurden ebenfalls Stahl-<br />

Steinzeug-Vortriebsrohre DN 600 liegen zum Einbau bereit.<br />

Baustellenbericht/-reportage<br />

betonsenkschächte eingebaut, jedoch<br />

mit der Dimension DN 2500.<br />

Die Vortriebsstrecken haben durchschnittliche<br />

Haltungslängen von<br />

140 m, jedoch konnte die bislang<br />

längste Haltung mit 160 m erzielt<br />

werden. In langen Vortriebsstrecken<br />

werden wiedergewinnbare Zwischenpressstationen<br />

eingebaut.<br />

Nicht unproblematisch – mit dem<br />

Mikrotunnelverfahren aber beherrschbar<br />

– sind zum einen das hohe<br />

Niveau des Grundwasserspiegels<br />

(in der gesamten Strecke steht das<br />

Grundwasser 3 m über dem Rohrscheitel),<br />

zum anderen die geologi-<br />

Blick in den Startschacht: Die Vorbereitungen für den<br />

Einbau des nächsten Vortriebsrohrs werden getroffen.<br />

schen Verhältnisse: Die Wechsellagerung<br />

von eiszeitlichen Geschiebemergeln<br />

mit Kiesschichten bedingt<br />

zahlreiche Wasserhorizonte, der äußerst<br />

zähe Geschiebemergel erfordert<br />

eine Hochdruckbedüsung zum<br />

verbesserten Abbau.<br />

Nach Fertigstellung einer Vortriebshaltung<br />

baut der ARGE-Partner IN-<br />

KOP die Start- und Zielschächte zu<br />

Revisionsschächten um. Die Vortriebsarbeiten<br />

werden voraussichtlich<br />

im November <strong>2005</strong> abgeschlossen<br />

sein.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

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52<br />

Portrait/Interview<br />

Tubi e raccordi Gres<br />

Zu Gast bei der Società del Gres<br />

Bei der Herstellung von Erzeugnissen<br />

aus Steinzeug zum Bau<br />

von Abwasserleitungen kann<br />

das im italienischen Sorisole (Bergamo)<br />

ansässige Unternehmen Società<br />

del Gres auf eine über 120-jährige<br />

Tätigkeit zurückblicken. Auf einer<br />

Gesamtfläche von 212.000 m 2 werden<br />

in einem modernen Werk Steinzeugrohre<br />

und Formstücke der Marke<br />

Gresala hergestellt und über die<br />

Grenzen Italiens hinaus vertrieben.<br />

Die Befriedigung der Kunden, die<br />

Steigerung der Produktivität, die<br />

permanente Weiterentwicklung der<br />

technologischen Forschung sowie<br />

die stetige Verbesserung der Qualität<br />

sind auch nach mehr als einhundert<br />

Jahren die Ziele des Unternehmens.<br />

Als Mitglied im <strong>Fachverband</strong> <strong>Steinzeugindustrie</strong><br />

e.V. und als Mitglied<br />

der FEUGRES haben Dr. Rodolfo<br />

Spotti (Direktor der Società del<br />

Gres), Marco Salvi (Direktor Vertrieb<br />

und Marketing) sowie Daniela Farnedi<br />

(Verkaufsleiterin Deutschland)<br />

im August die Redaktion zu einem<br />

Unternehmensportrait nach Sorisole<br />

eingeladen, das im Rahmen eines<br />

Gesprächs und eines Interviews entstanden<br />

ist.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

?<br />

Das Unternehmen Società del Gres wurde 1887 gegründet. Was wurde damals<br />

produziert und wie hat sich das Unternehmen bis heute entwickelt?<br />

Società del Gres: Das Unternehmen produziert seit dem ersten Tag seiner<br />

Gründung Steinzeugrohre. Angefangen hat alles mit Rohren in den Durchmessern<br />

3 bis 4 cm und einer Baulänge von 1 m, die rund 1.000 Mitarbeiter<br />

überwiegend in Handarbeit produziert haben. Über die Jahre hinweg haben<br />

wir dann im Zuge der raschen Automatisierung in erster Linie die Durchmesser<br />

ständig erweitert und später auch die Rohrlängen vergrößert. Heute produzieren<br />

wir mit derzeit 150 Mitarbeitern Steinzeugrohre in den Dimensionen<br />

DN 100 bis DN 350 in den Längen 1 m, 1,25 m, 1,50 m und 2 m und<br />

in den Dimensionen DN 400 bis DN 800 in den Längen 2 m und 2,50 m. Zu<br />

unserem Angebot gehören natürlich auch die entsprechenden Formstücke<br />

und Verbindungssysteme, die ebenfalls hier in Sorisole hergestellt werden.<br />

?<br />

Hat die Società del Gres noch weitere Produktionsstandorte für Steinzeugrohre?<br />

Società del Gres: Nein, Sorisole ist der Einzige.<br />

?<br />

Wie viele Mitbewerber hat das Unternehmen?<br />

Società del Gres: In Italien sind wir – seit rund 15 Jahren – alleiniger<br />

Hersteller von Steinzeugrohren. Selbstverständlich haben wir in den übrigen<br />

EU-Ländern Mitbewerber.<br />

?<br />

Sie haben ein sehr gut ausgebautes Netzwerk von Mitarbeitern. Wir gehen<br />

davon aus, dass Ihre Auftraggeber in erster Linie die Städte und Kommunen<br />

sind. Wie erfolgt die Marktbearbeitung? Stehen Ihre Mitarbeiter in unmittelbarem<br />

persönlichen Kontakt mit den Kunden, begleiten und beraten diese?<br />

Società del Gres: Unser gut organisiertes Netzwerk umspannt ganz Italien.<br />

Wir haben 15 Gebietsleiter, verteilt auf insgesamt 21 Regionen, die es in<br />

Italien gibt, 30 Vertretungen und 25 Lagerstandorte. Vorrangige Aufgabe der<br />

Gebietsleiter ist, öffentliche Auftraggeber für den Einsatz von Steinzeugrohren<br />

zu gewinnen. Daher ist es für sie unabdingbar, in ständigem Kontakt mit


den Verantwortlichen der Kommunen und Städte zu stehen und auch<br />

Ansprechpartner für sie zu sein. Anstehende Kanalbauprojekte bereiten die<br />

Gebietsleiter direkt mit den Ingenieurbüros vor, um den Verantwortlichen in<br />

den Kommunen und Städten technische <strong>Information</strong>en bieten zu können<br />

und ihnen beratend zur Seite zu stehen. Rund 80 % ihrer Arbeit besteht also<br />

aus der „Promotion“ bei Kommunen und Städten; die restlichen 20 % beziehen<br />

sich auf die indirekte Organisation, z. B. die Entsendung unserer Vertreter,<br />

die dann die Verkaufsabwicklung, die fachliche Beratung und die<br />

Unterstützung der ausführenden Baufirmen übernehmen.<br />

Die „Promotion“ umfasst also die fachliche Beratung, die Serviceleistungen<br />

und alle notwendigen technischen <strong>Information</strong>en rund um das Produkt<br />

Steinzeugrohr und dessen Einbau. Wir bieten zudem auch eine Wirtschaftlichkeitsberechnung<br />

an.<br />

?<br />

Sie benennen Vertriebsstandorte in Süddeutschland. Ist das für Sie ein<br />

attraktiver Markt und welche weiteren Märkte außerhalb Italiens bedienen<br />

Sie?<br />

Società del Gres: Ja, wir haben eine Vertretung in Karlsruhe, aber wir verkaufen<br />

in ganz Deutschland. Deutschland ist für uns, neben Italien, wo wir<br />

75 % unseres Umsatzes erzielen, der größte und wichtigste Markt in Europa<br />

und damit ein sehr attraktiver! Wir vertreiben unsere Produkte auch in einigen<br />

anderen europäischen Ländern, wie etwa Polen, Tschechien, die Baltischen<br />

Länder, Slowenien, Frankreich, Spanien etc. Aber Deutschland ist<br />

unser größter europäischer Markt außerhalb Italiens.<br />

?<br />

Sehen Sie im Ausland noch weitere Marktpotenziale?<br />

Società del Gres: Marktpotenziale sehen wir eindeutig in Osteuropa. Aber<br />

wir müssen uns vorrangig in den Ländern behaupten und unsere Position in<br />

den Ländern stärken, in denen wir bereits aktiv<br />

sind. Unsere Bemühungen in Osteuropa<br />

befinden sich im Aufbau.<br />

?<br />

Sehen Sie diese Potenziale auch für den Vertrieb<br />

von Vortriebsrohren?<br />

Società del Gres: Die gibt es sicher auch in<br />

Osteuropa. Aber wir produzieren selbst keine<br />

Vortriebsrohre. Wir kaufen und vertreiben<br />

Rohre der <strong>STEINZEUG</strong> Abwassersysteme,<br />

Köln, aber nur für den italienischen Markt.<br />

?<br />

Sind Sie an Projekten von EU-Mitgliedsländern,<br />

speziell den neuen EU-Staaten, beteiligt?<br />

Gibt es Partnerschaften, Kooperationen<br />

etc.?<br />

Portrait/Interview<br />

Società del Gres: Nein. Wir versuchen,<br />

mit Eigeninitiative in Osteuropa<br />

Fuß zu fassen. Wir werden mit unseren<br />

Leuten und unserem Knowhow<br />

eigene Organisationen auf dem<br />

osteuropäischen Markt aufbauen.<br />

?<br />

Bei EU-erfahrenen deutschen<br />

Bauunternehmern heißt es: Wenn<br />

die Deutschen noch an ihren Anträgen<br />

für EU-Mittel sitzen, haben die Italiener<br />

ihre Projekte schon abgewickelt.<br />

Das trifft also auf Ihr Unternehmen<br />

nicht zu?<br />

Società del Gres: Nein, denn bei<br />

uns hier sagt man genau das Gegenteil!<br />

?<br />

Wie hoch ist Ihre Jahresproduktion<br />

an Steinzeugrohren und -formstücken,<br />

wie hoch ist der Umsatz?<br />

Società del Gres: Wir produzieren<br />

rund 70.000 t Steinzeugrohre und<br />

Formstücke (unsere Kapazität liegt<br />

bei 75.000 t), was einem Gesamtumsatz<br />

von 31,3 Mio. Euro entspricht.<br />

Wie vorhin schon erwähnt,<br />

erzielen wir 75 % unseres Umsatzes<br />

hier in Italien.<br />

Zu Gast bei der Società del Gres in Sorisole (Bergamo). V. l. n. r.: Dr. Rodolfo<br />

Spotti (Direktor der Società del Gres), Karl-Heinz Flick (Geschäftsführer des FVST),<br />

Daniela Farnedi (Verkaufsleiterin Deutschland) sowie Marco Salvi (Direktor Vertrieb<br />

und Marketing).<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

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54<br />

Portrait/Interview<br />

Marco Salvi sorgt als Direktor für Vertrieb<br />

und Marketing u.a. für die umfassende „Promotion“,<br />

also für die fachliche Beratung, die<br />

Serviceleistungen und alle notwendigen technischen<br />

<strong>Information</strong>en rund um das Produkt<br />

Steinzeugrohr und dessen Einbau.<br />

?<br />

Ein Unternehmen wie die Società<br />

del Gres, mit dem o. g. Netzwerk<br />

und der bekannten Marktposition, bietet<br />

seinen Kunden sicher mehr als nur<br />

Steinzeugrohre und -formstücke. Welche<br />

Serviceleistungen bieten Sie Ihren<br />

Kunden?<br />

Società del Gres: Wir bieten den<br />

Ingenieuren Unterstützung mit<br />

technischen und wirtschaftlichen <strong>Information</strong>en,<br />

die für den Bau von<br />

Abwasserleitungen aus Steinzeug<br />

notwendig sind. Die Ingenieurbüros<br />

erhalten von uns die Hinweise für die<br />

statischen Berechnungen. Wir haben<br />

Mitarbeiter, die am Markt stets<br />

präsent sind: Sie besuchen Baustellen,<br />

bieten Bauservice an, überprüfen<br />

Baustellen etc. Für sämtliche<br />

technische Fragen bieten wir unseren<br />

Internetservice an, der mit 220<br />

Kontakten/Woche auch sehr gut genutzt<br />

wird.<br />

?<br />

Auf Ihrer Homepage ist ein spezieller<br />

Bereich dem Microtunneling<br />

gewidmet. Wie groß ist die Nachfrage<br />

in Italien nach Vortriebsrohren?<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

Società del Gres: Wie gesagt! Wir produzieren ja keine Vortriebsrohre<br />

selbst, sondern vertreiben Rohre der <strong>STEINZEUG</strong> Abwassersysteme in Italien.<br />

Der Markt ist auch nicht sehr groß: Schätzungsweise 1 bis 2 % aller Kanalbaumaßnahmen<br />

in Italien werden im Microtunneling-Verfahren ausgeführt,<br />

allerdings mit steigender Tendenz.<br />

?<br />

Seit wann wird das Microtunneling in Italien eingesetzt?<br />

Società del Gres: In größerem Umfang erst seit 2000, aber wir haben<br />

lange im Vorfeld viel Aufbauarbeit geleistet.<br />

?<br />

Wie viele Anbieter gibt es?<br />

Società del Gres: Es gibt 6 bis 7 Anbieter, also Bauunternehmen, auf dem<br />

italienischen Markt.<br />

?<br />

Welche Entwicklungsvorhaben stehen zurzeit auf Ihrem Programm?<br />

Società del Gres: Die Verbesserung der Qualität hat stets Priorität bei<br />

unseren Vorhaben und das impliziert Verbesserungen auf verschiedenen<br />

Ebenen: So werden ständig Materialmischungen, Produktionsabläufe, optische<br />

Erscheinung der Produkte und die Analyseverfahren optimiert.<br />

?<br />

Was sind Ihre Verkaufsargumente für Steinzeugrohre?<br />

Società del Gres: Ganz obenan stehen die hervorragenden chemischen<br />

und physikalischen Eigenschaften des Werkstoffes Steinzeug und die sehr hohe<br />

Lebensdauer. Es folgen die ökonomischen und ökologischen Vorteile, die<br />

sich eben aus diesen Eigenschaften und der langen Lebensdauer und den<br />

daraus resultierenden wirtschaftlichen Unterhaltungskosten ergeben. Mit<br />

dem Material Steinzeug werden wirklich Bauwerke im Sinne der Nachhaltigkeit<br />

geschaffen. Wir haben allerdings immer noch Probleme, die hohe Wirtschaftlichkeit<br />

von Abwassernetzen aus Steinzeug zu kommunizieren, da<br />

viele Entscheider immer noch sehr kurzfristig denken.<br />

?<br />

Spielt das Thema Nachhaltigkeit in Italien denn keine Rolle?<br />

Società del Gres: Theoretisch: ja, in der Realität: nein. Theoretisch liegt die<br />

Preisdifferenz zwischen einem PVC- und einem Steinzeugrohr bei 50 %. In<br />

der Realität sind es nur 10 bis 12 %. Das zu kommunizieren ist hier immer<br />

noch sehr schwierig; viele argumentieren immer noch mit den zu hohen<br />

Kosten „am Anfang“. Über die Zukunft machen sie sich keine Gedanken.<br />

Dennoch: Wir haben Zuwächse bei großen Leitungen, leichte Verluste im<br />

Hausanschlussbereich.


?<br />

Sie sind als Unternehmen Mitglied der FEUGRES. Warum sind Sie das?<br />

Bietet Ihnen diese Mitgliedschaft Vorteile auf dem europäischen Markt?<br />

Società del Gres: Die Mitgliedschaft ist außerordentlich wichtig für den gesamten<br />

europäischen Markt, nicht für die Produkte. Mit FEUGRES und durch<br />

FEUGRES ist eine detaillierte Analyse des europäischen Abwassermarktes<br />

möglich. Die Märkte sind transparenter geworden, man lernt die Situation<br />

(und auch die Probleme) anderer Länder kennen, man kann sich austauschen.<br />

?<br />

Auf dem FEUGRES-Kongress in Sorrento waren Sie mit FEUGRES auch Gastgeber.<br />

Welche Resonanz hatten Sie auf diese erfolgreiche Veranstaltung?<br />

Società del Gres: Wir waren nicht nur Gastgeber, Dr. Rodolfo Spotti war<br />

auch Präsident der FEUGRES. Wir hatten mit dem Kongress große Resonanz<br />

auf dem italienischen Markt. Theorie und Praxis kamen sich hier deutlich<br />

näher.<br />

Wir halten diesen internationalen Austausch, der alle drei Jahre stattfindet,<br />

für außerordentlich wichtig. Auf nationaler Ebene finden viele Kongresse<br />

statt, hier bei uns sind es pro Jahr ca. 20, die wir auch größtenteils besuchen.<br />

Aber die Internationalität dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, der<br />

<strong>Information</strong>saustausch ist immanent.<br />

?<br />

Sie waren auch auf der IFAT im April dieses Jahres vertreten. Welche Rolle<br />

spielt diese Messe für Sie? Ist das eine Plattform für Sie, neue Märkte zu<br />

erschließen?<br />

Società del Gres: Die IFAT ist für uns die einzige Messe in Europa, auf der<br />

wir präsent sind. Es ist für uns die wichtigste Messe mit internationalem<br />

Anspruch. Dort haben wir viele, internationale und qualitativ gute Kontakte<br />

geknüpft. Ansonsten besuchen wir Kongresse, die eine technische Ausrichtung<br />

haben.<br />

?<br />

Laut Statistik aus dem Jahr 2002 versickern in Italien aus den Kanalnetzen<br />

rund 40 % des Abwassers im Boden. Mittelfristig hieß es, sollten nach dem<br />

Galli-Gesetz, das 1994 verabschiedet wurde, 4,6 Mrd. Euro für den Ausbau und<br />

die Modernisierung investiert werden. Ist das geschehen? Haben Sie das in<br />

Ihrem Absatzmarkt gespürt?<br />

Società del Gres: Bei der Modernisierung von Abwasserleitungen besitzen<br />

wir einen Marktanteil von 10 bis 15 %. Das bezieht sich auf die offene Bauweise.<br />

Der Rest wird über Innensanierungen abgedeckt. Soweit wir das überblicken<br />

und spüren, sind nach dem Erlass des Galli-Gesetzes aber nur wenige<br />

Projekte im Bereich der Modernisierung/Renovierung/Sanierung realisiert<br />

worden. Einen Boom hat es jedenfalls bislang nicht gegeben.<br />

?<br />

Ihr stellvertretender Umweltminister, Antonio Martusciello, betonte auf dem<br />

FEUGRES-Kongress in Sorrento, dass sich PPP-Modelle in Italien auch auf<br />

dem Wasser-/Abwassersektor allmählich etablieren. Ich erinnere auch an die<br />

Portrait/Interview<br />

Daniela Farnedi ist mit ihren umfangreichen<br />

Sprach- und Fachkenntnissen die perfekte Besetzung<br />

der Verkaufsleiterin Deutschland.<br />

„ATO“ (ambiti territoriali). Können Sie<br />

das für den Abwassersektor bestätigen<br />

bzw. kennen Sie positive Beispiele dafür?<br />

Società del Gres: Wir kennen keine<br />

Beispiele, und es wurde unseres<br />

Wissens nach bislang wenig oder gar<br />

nichts umgesetzt. Vielleicht in der<br />

Wasserversorgung. Für die PPP-Modelle<br />

selbst sehen wir gute Chancen,<br />

allerdings nicht für uns bzw. für unsere<br />

Produkte aus Steinzeug. Der<br />

Grund ist ganz einfach: Bei den PPP-<br />

Projekten schauen die Verantwortlichen<br />

auf maximal 20 Jahre in die Zukunft.<br />

Hier sind wir wieder bei der<br />

Problematik, die wir oben schon angeschnitten<br />

haben. Das Thema<br />

Nachhaltigkeit ist in vielen Köpfen<br />

noch nicht präsent.<br />

Wirklich etwas bewegt haben weder<br />

das Galli-Gesetz noch die ATO-Initiative.<br />

Theorie und Praxis liegen häufig<br />

weit auseinander...<br />

Wir danken Dr. Rodolfo Spotti, Marco<br />

Salvi und Daniela Farnedi ganz herzlich<br />

für dieses Gespräch.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

55


56<br />

Portrait/Interview<br />

Qualifizieren und Zertifizieren<br />

Leitungsbau – Abwasser/Wasser/Gas<br />

Dipl.-Ing. Wilhelm Kröfges ist<br />

seit über 20 Jahren in der<br />

Fort- und Weiterbildung des<br />

Rohrleitungsbaus im Rohrleitungsbauverband<br />

e.V. tätig. Seit November<br />

2004 übt er als Geschäftsführer<br />

des BLB Bildungsinstitut des Leitungsbaus<br />

der Bauindustrie GmbH,<br />

an dessen Gründung er maßgeblich<br />

beteiligt war, eine weitere Funktion<br />

in diesem Segment aus. Ziel des BLB<br />

ist – vergleichbar mit den Zielen des<br />

brbv Berufsförderungswerk des<br />

Rohrleitungsbauverbandes GmbH –<br />

anerkannte Qualifikationsanforderungen<br />

mit weiteren Zertifizierern<br />

und Gütegemeinschaften für den<br />

Kanalbau, den Kabelleitungstiefbau<br />

und den Fernwärmeleitungsbau auszuarbeiten<br />

und als Voraussetzung zu<br />

manifestieren. In einem Gespräch<br />

mit der Redaktion hat Wilhelm Kröfges<br />

die definierten Ziele und Aufgaben<br />

des BLB geschildert.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

?<br />

Es gibt das psychologische Spiel der spontanen Assoziation: schwarz – weiß,<br />

Mann – Frau, oben – unten, Feuer – Wasser etc. Mit dem Namen Kröfges<br />

assoziieren in der Branche viele ganz spontan „Rohrleitungsbau“. Seit über 20<br />

Jahren sind Sie Referent der figawa/rbv (Bundesvereinigung der Firmen im Gasund<br />

Wasserfach e.V./Rohrleitungsbauverband e.V.) und seit einigen Jahren<br />

Geschäftsführer des Berufsförderungswerkes des Rohrleitungsbauverbandes<br />

GmbH (brbv). Sie führen diese Aufgaben mit viel Engagement und viel Erfolg aus.<br />

Seit November letzten Jahres sind Sie auch Geschäftsführer des BLB Bildungsinstitut<br />

des Leitungsbaus der Bauindustrie GmbH, an dessen Gründung Sie maßgeblich<br />

beteiligt waren. Was waren die Gründe, eine weitere Institution für die<br />

Fort- und Weiterbildung zu etablieren?<br />

W. Kröfges: Die Rahmenbedingungen in der Bauwirtschaft und die Gegebenheiten<br />

innerhalb der Interessensverbände der Bauindustrie haben sich in<br />

den letzten Jahren deutlich verändert. Sowohl die Veränderungen im Rahmen<br />

des unbundlings der Versorgungsunternehmen als auch das Outsourcing<br />

in Teilbereichen der Versorgungsunternehmen sind nicht ohne Auswirkung<br />

auf die Bildungsarbeit geblieben. Auch die Aufgabenstellung in den<br />

gestiegenen Anforderungen des Kanalbaus, z. B. in der Kanalsanierung und<br />

der -erneuerung, stellt besondere Anforderungen an die Bildungsarbeit. Das<br />

heißt auch, die Bildungsarbeit muss sich anpassen.<br />

In Ergänzung zum „Königsteiner Abkommen“ wurde zwischen den bauindustriellen<br />

Verbänden und dem Rohrleitungsbauverband in den 70er Jahren<br />

beschlossen, dass es das Bestreben der Bildungsträger für den Bereich des<br />

Rohrleitungsbaus, des Kanalbaus, des Kabelleitungstiefbaus und des Fernwärmeleitungsbaus<br />

ist, enger zu kooperieren.<br />

Es ist das übereinstimmende Ziel der Beteiligten, den Bauunternehmen des<br />

Leitungsbaus flächendeckend Komplettlösungen im Bereich der Fort- und<br />

Weiterbildung anzubieten.<br />

?<br />

Welche Ziele hat sich die BLB gesetzt, wie sieht die Aufgabenstellung aus?<br />

W. Kröfges: Die Herausforderungen an die Bildungsarbeit sind nur mit<br />

einer erfolgreichen Strukturreform in der Fort- und Weiterbildung zu bewältigen.<br />

Das Bildungsinstitut des Leitungsbaus der Bauindustrie hat hier klare<br />

Vorstellungen zur Erfüllung dieser Voraussetzungen. Diese sind:


● der Aufbau berufsbezogener Qualifikationsprofile<br />

● die Zusammenstellung verzahnter Qualifikationspakete nach dem fachlichen<br />

Bedarf der Unternehmen<br />

● die Kombination von branchen- und technischspezifischen sowie betriebsorientierten<br />

Qualifikationen mit berufsübergreifenden Lernzielen zu<br />

ermöglichen.<br />

Im Rahmen des Berufsförderungswerkes des Rohrleitungsbauverbandes<br />

GmbH sind hier vergleichbare Strukturen im Rahmen der Zertifizierung nach<br />

dem DVGW-Arbeitsblatt<br />

GW 301 geschaffen worden. Es ist Ziel des Bildungsinstitutes, vergleichbar<br />

anerkannte Qualifikationsanforderungen mit weiteren Zertifizierern und Gütegemeinschaften<br />

auszuarbeiten und als Voraussetzungen zu manifestieren.<br />

?<br />

In den Statuten ist neben dem Beirat ein so genannter Fachbeirat als Organ<br />

des BLB definiert. Wenn in dem Fachbeirat Fachverbände und -institutionen<br />

vertreten sind, die ja auch eigene Veranstaltungen durchführen, treten da nicht<br />

Wettbewerbssituationen auf?<br />

W. Kröfges: Der Fachbeirat repräsentiert die institutionellen Fachorgane des<br />

Leitungsbaus und berät die Geschäftsführung bei der Konzeption und Umsetzung<br />

der Fort- und Weiterbildungsprojekte. Es ist nicht Aufgabe des Bildungsinstitutes,<br />

die <strong>Information</strong>sveranstaltungen, verbunden mit <strong>Information</strong>en<br />

der einzelnen Fachorgane, -verbände und Gütegemeinschaften zu unterlaufen<br />

oder hier in Wettbewerb zu treten. Allerdings sieht es das BLB als<br />

Aufgabe an, gemeinsam mit den Fachverbänden, Gütegemeinschaften und<br />

der Bauindustrie ein harmonisiertes komplettes Bildungsprogramm für den<br />

Leitungstiefbau anzubieten und Strukturprogramme festzulegen. Erste<br />

Schritte wurden hier bereits im Programm 2006 manifestiert. Vorarbeiterlehrgänge<br />

wie auch Werkpolierlehrgänge sind in einem modularen System aufgebaut<br />

und geben dem Fachpersonal Gelegenheit, ein aufbauendes Fortbildungsprogramm<br />

zu absolvieren.<br />

Noch mal ganz deutlich: Die Fachverbände, Gütegemeinschaften führen<br />

eigene <strong>Information</strong>sveranstaltungen, in der Regel fachbezogen zum Produkt,<br />

durch. Es besteht bei den Beteiligten Einvernehmen, hier zwischen der Bauindustrie,<br />

dem BLB und den Fachverbänden und -institutionen, keine Wettbewerbssituation<br />

auftreten zu lassen. Es wird angestrebt, koordiniert über das<br />

Fortbildungsprogramm 2006, ein harmonisches Ganzes in einer nicht auftretenden<br />

Wettbewerbssituation anzubieten.<br />

?<br />

Im Kanalbau ist das Fort- und Weiterbildungsangebot etwas diffus und nicht<br />

gerade überschäumend. Schließt die BLB mit ihrem Angebot hier Lücken?<br />

W. Kröfges: Für das Jahr 2006 wird ein neuer Bildungskatalog für den Leitungsbau<br />

erarbeitet. Der Katalog beruht auf der neuerlichen Zusammenstellung<br />

des Angebotes der bauindustriellen Bildungsträger sowie der Fachorgane.<br />

Hierbei ist in ersten Schritten nicht zu erwarten, dass ein „überschäumendes“<br />

neues Bildungsprogramm zu Tage tritt, sondern erstmals eine<br />

Regulierung des bestehenden Marktes erfolgt. Eine Straffung des Fortbildungsprogramms<br />

war hier in der Vorarbeit dringend notwendig. Eine Viel-<br />

Portrait/Interview<br />

zahl von Veranstaltungen wurde mit<br />

gleichem Titel und in einer nicht zu<br />

vertretenden Vielfalt angeboten. Die<br />

neue Struktur des Bildungsprogramms<br />

gliedert sich wie folgt:<br />

Gruppe 1: Aufstiegsfortbildung<br />

Gruppe 2: Praxisseminare<br />

Gruppe 3: <strong>Information</strong>sveranstaltungen,Intensivschulungen<br />

und Tagungen<br />

Der Schwerpunkt der Arbeit wird für<br />

das Jahr 2006 vorab im Bereich der<br />

Aufstiegsfortbildung liegen. Hier ist<br />

kurrikulare Arbeit zu leisten und diese<br />

Ergebnisse in das Bewusststein der<br />

Kunden, also die Leitungsbauunternehmen,<br />

zu bringen.<br />

?<br />

Gibt es im Kanalbau für den Fortund<br />

Weiterbildungssektor noch<br />

Neuland, das zu betreten sich lohnt?<br />

W. Kröfges: Im Bereich des Neubaus<br />

von Kanälen, der Sanierung<br />

und der Instandhaltung von Abwasserleitungen<br />

sowie im Kabelleitungsbau<br />

ist eine Vielzahl von Bildungsaufgaben<br />

zu erfüllen. Im Bereich der<br />

Produkt bezogenen <strong>Information</strong>en<br />

werden diese weitestgehend von<br />

den Fachorganen, wie z. B. der<br />

<strong>Steinzeugindustrie</strong>, abgedeckt.<br />

Grundlegende Qualifikationsanforderungen<br />

sind bei den einzelnen<br />

Gütegemeinschaften sehr wohl eingefordert,<br />

jedoch sind die Erfüllung<br />

dieser Anforderungen sehr differenziert.<br />

?<br />

Ist es vorgesehen, die Auftraggeberseite<br />

in die Arbeit der BLB einzubeziehen?<br />

W. Kröfges: Im Fachbeirat wurde<br />

angeregt, die Auftraggeberseite in<br />

die Beiratsarbeit des BLB einzubinden.<br />

Dies wird mit Sicherheit geschehen,<br />

jedoch ist vorab innerhalb<br />

der bauindustriellen Kursstätten wie<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

57


58<br />

Portrait/Interview<br />

auch in der Diskussion mit den Fachverbänden<br />

eine Strukturaufgabe zu<br />

lösen. Die Auftraggeberseite kann<br />

hier zukünftig einen wesentlichen<br />

Input für die Bildungsarbeit leisten.<br />

Anforderungskataloge sind von der<br />

Auftraggeberseite zu definieren und<br />

vor allen Dingen an Fortbildungsqualifikationen<br />

zu akzeptieren. Bei<br />

der Durchführung der Bildungsarbeit<br />

im Jahre 2006 wird die Auftraggeberseite<br />

angesprochen werden<br />

und um aktive Mitarbeit im Fachbeirat<br />

des BLB gebeten. Konstruktive<br />

Vorschläge hierzu werden gern angenommen,<br />

da es zurzeit in der jetzigen<br />

wirtschaftlichen Situation<br />

schwierig ist, Auftraggeber für eine<br />

aktive Mitarbeit zu gewinnen.<br />

?<br />

Auf vielen Veranstaltungen, z.B.<br />

der ARGE Leitungsbau, wird immer<br />

wieder der schlechte Zustand der<br />

Kanalnetze in unseren Städten und<br />

Gemeinden beklagt. Die Finanzierungsfrage<br />

ist das Problem. Sehen Sie,<br />

bzw. die BLB, auch hier die Möglichkeit,<br />

Veranstaltungen für die Verantwortlichen<br />

anzubieten, die diese Problematik<br />

handfest anpackt, sprich Lösungsmodelle,<br />

die es ja gibt, vorzustellen?<br />

W. Kröfges: Das BLB hat nicht die<br />

Aufgabe, wirtschaftspolitische Faktoren<br />

anzusprechen bzw. hier Lösungen<br />

anzubieten. Es ist Aufgabe der<br />

Wirtschaft und auch der Fachverbände,<br />

die Problematik handfest anzupacken<br />

und für die Leitungsbauunternehmen<br />

Lösungsmodelle vorzuschlagen.<br />

Das BLB ist gerne bereit,<br />

hier in der Darstellung der Personalproblematik<br />

mit einzuwirken. Nur<br />

durch fachlich potentes, gut ausgebildetes<br />

Personal können auch die<br />

technisch schwierigen Aufgaben im<br />

Leitungsbau, insbesondere des Kanalbaus,<br />

gelöst werden.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

?<br />

In diesem Jahr ist das Angebot zur Kanalsanierung und -erneuerung noch<br />

wenig berücksichtigt. Ist für das nächste Jahr mehr vorgesehen oder ist die<br />

Nachfrage zu gering?<br />

W. Kröfges: Das brbv Berufsförderungswerk des Rohrleitungsbauverbandes<br />

wie auch das BLB Bildungsinstitut des Leitungsbaus der Bauindustrie gelten<br />

als ergänzende Einrichtungen im Leitungsbau. Das BLB nimmt zum Gas-/<br />

Wasserbereich des brbv-Angebots die ergänzende Aufgabe wahr, den Kanalbau,<br />

den Fernwärmeleitungsbau und den Kabelleitungstiefbau in der Fortbildung<br />

zu konzipieren und anzubieten. In dieser Struktur ist das Programm<br />

2006 des brbv Berufsförderungswerk des Rohrleitungsbauverbandes sowie<br />

des BLB Bildungsinstitut des Leitungsbaus der Bauindustrie konzipiert. Beide<br />

Programme 2006 sind im Oktober diesen Jahres erschienen.<br />

?<br />

In der Mikrotunneltechnik wurden<br />

in den letzten Jahren große technische<br />

Fortschritte gemacht. Ist das<br />

auch ein Thema für Sie? Eventuell in<br />

Verbindung mit den Maschinenherstellern?<br />

W. Kröfges: Wie vorab erläutert,<br />

hat das BLB Bildungsinstitut des Leitungsbaus<br />

der Bauindustrie sich vorab<br />

mit einer Strukturierung der Fortbildungsveranstaltungenbeschäftigt.<br />

Neue Technologien und Programmentwicklungen, insbesondere für die<br />

Kanalsanierung und -erneuerung, werden als Zielvorgabe für 2007 aufgenommen.<br />

Hierzu gehört auch die Mikrotunneltechnik sowie das Fortbildungsprogramm<br />

in der Kanalsanierungstechnik. Der Kontakt zu Maschinenherstellern<br />

und anderen Produkten ist hierbei unabdingbar.<br />

?<br />

Spielt das Thema „Europäische Union“ im Sinne von Beteiligungen deutscher<br />

Firmen an EU-Projekten für die BLB eine Rolle? Hier wären eventuell Schulungen<br />

für die Firmen, die sich an einem EU-Projekt beteiligen wollen, vorstellbar.<br />

Viele haben Probleme mit der Bürokratie, haben nicht das Know-how, sich durch<br />

den englisch-sprachigen „Papierwust“ zu kämpfen.<br />

W. Kröfges: Nationale Projekte wie EU-Projekte oder internationale Projekte<br />

werden in der Regel zurzeit einzeln durch die Geschäftsführungen der Berufsförderungswerke<br />

der Bauindustrie und Landesverbände abgedeckt. Hier<br />

ist jedoch eine positive Entwicklung in der Gründung des Kompetenzzentrums<br />

Berufsbildung zu sehen. Dieses Kompetenzzentrum Berufsbildung<br />

wird sich national wie auch überregional mit der Fort- und Weiterbildung beschäftigen<br />

und dies nicht nur auf dem Sektor Leitungsbau. Für den Sektor<br />

Leitungsbau besteht ein enger Kontakt zwischen Kompetenzzentrum und<br />

dem BLB.


?<br />

Wie sieht nach einem knappen Jahr BLB Ihre „Bilanz“ aus? Sind Sie zufrieden?<br />

Haben sich Ihre Erwartungen bislang erfüllt? Müssen Sie Kurskorrekturen<br />

vornehmen?<br />

W. Kröfges: Eine gemeinnützige GmbH wurde im März 2004 gegründet,<br />

jedoch aus steuerlichen Gründen Anfang des Jahres <strong>2005</strong> aufgelöst. Ein neuer<br />

Ansatz erfolgte Mitte des Jahres <strong>2005</strong> mit dem nun bestehenden BLB Bildungsinstitut<br />

des Leitungsbaus der Bauindustrie GmbH. Wer die Bildungslandschaft<br />

in der Bundesrepublik mit rund 16 bauindustriellen Landesverbänden<br />

und deren parallelen Bildungseinrichtungen kennt, weiß, dass es<br />

eine Sysiphusarbeit ist, diese zu harmonisieren und im Bereich des Kanalund<br />

Leitungsbaus eine gemeinsame Struktur festzulegen. Aus dieser Sicht<br />

heraus ist die Geschäftsführung des BLB mit der geleisteten Arbeit sehr zufrieden,<br />

denn die Akzeptanz wurde von allen Bildungseinrichtungen der Bauindustrie<br />

gegeben. Die Unterstützung der Kollegen war hier sehr konstruktiv<br />

und einvernehmlich. Die vorgenommenen Kurskorrekturen müssen nun<br />

ihre Erfolge im Jahre 2006 zeigen. Die Unterstützung des Faches und die<br />

Akzeptanz der Leitungsbauunternehmen wird hier Maßstab für die weitere<br />

Arbeit sein.<br />

Portrait/Interview<br />

?<br />

Was wünschen Sie sich, bzw. dem<br />

Bildungsinstitut, für die nächste<br />

Zukunft?<br />

W. Kröfges: Als Geschäftsführer<br />

des BLB wünsche ich mir für die Zukunft<br />

die persönliche wie auch die<br />

institutionelle Unterstützung der jeweiligen<br />

Fachorgane, der Institute<br />

und insbesondere auch der Leitungsbauunternehmen.<br />

Die Bildungsträger,<br />

die hier mit dem BLB<br />

gemeinsam am Tisch sitzen, haben<br />

im Strukturprogramm gute und zielgerichtete<br />

Arbeit geleistet. Ich hoffe,<br />

dass diese auch von allen zuständigen<br />

Gremien und insbesondere<br />

auch von den Leitungsbauunternehmen<br />

gewürdigt wird.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

59


60<br />

Wirtschaft + Recht<br />

Entscheidend sind die indirekten Kosten<br />

Der Vortrieb rechnet sich!<br />

Für die Durchführung von Infrastrukturmaßnahmen,<br />

wie z. B.<br />

dem Bau von Abwasserleitungen,<br />

liegen bislang nur rein theoretische<br />

und abstrakte Modelle vor, die<br />

die indirekten Kosten einer solchen<br />

Maßnahme berücksichtigen. Auf<br />

dem „Vlario“-Tag in Belgien, auf<br />

dem Kongress „Ville sans tranchée“<br />

in Paris sowie auf der „No-Dig“ in<br />

Rotterdam wurden erstmals die Ergebnisse<br />

einer Fallstudie vorgestellt,<br />

in der die indirekten Kosten (Gemeinkosten)<br />

und die direkten Baukosten<br />

für den Bau von Abwasserkanälen<br />

in der offenen und geschlossenen<br />

Bauweise erfasst und gegenübergestellt<br />

werden. Zu diesem<br />

Zweck wurden auf einer aktuellen<br />

Kanalbaumaßnahme in offener Bauweise<br />

umfangreiche Messreihen zur<br />

Erfassung aller indirekten Kosten<br />

durchgeführt. Auf der Grundlage<br />

dieses Datenmaterials hat das Limburg<br />

University Centre (LUC) eine<br />

Methode zur Berechnung der Gesamtkosten<br />

(bestehend aus den direkten<br />

Baukosten und den indirekten<br />

Kosten) entwickelt. Diese berechneten<br />

Gesamtkosten der aktuell<br />

durchgeführten Baumaßnahme<br />

wurden den hypothetisch kalkulierten<br />

Gesamtkosten gegenübergestellt,<br />

die sich für die gleiche Baumaßnahme<br />

in geschlossener Bauweise<br />

ergeben hätten. Mit dieser<br />

Methode können so auf objektive<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

Weise die indirekten Kosten für künftige Projekte – sowohl für die offene als<br />

auch für die geschlossene Bauweise – ermittelt und verglichen und die<br />

gesellschaftlich sinnvollste Baumethode gewählt werden. In einem weiteren<br />

Kanalbauprojekt wird diese Methode zurzeit verfeinert. In Flandern sind diesbezüglich<br />

ministerielle Erlasse in Vorbereitung.<br />

1. Indirekte Kosten<br />

Der Neubau und/oder die Erneuerung von Kanalleitungen erfordern hohe<br />

Investitionen. Diese setzen sich zusammen aus den direkten Einzelkosten<br />

(Baukosten) und aus den Gemeinkosten (indirekte Kosten). Letztere werden<br />

nicht vom Auftraggeber des Projekts, sondern müssen von der Allgemeinheit<br />

getragen werden. Verursacht werden diese indirekten Kosten beispielsweise<br />

durch folgende Faktoren:<br />

● Folgekosten durch Beschädigung vorhandener öffentlicher Leitungen<br />

(Trinkwasser, Stromausfall)<br />

● Sperrung von Straßen mit einhergehenden Umleitungen<br />

– Zeitverlust für die Kraftfahrer<br />

– Zeitverlust auf den Umleitungen auch für die Personen, die bereits auf<br />

diesen Umleitungen fahren (Staugefahr)<br />

● Erhöhung der Treibstoffkosten<br />

● zusätzlicher materieller Schaden an Fahrzeugen und an der Straßendecke<br />

● erhöhte Unfallgefahr mit Personenschäden (auch Unfälle mit Todesfolge)<br />

● Umsatzeinbußen für Groß- und Einzelhandelsgeschäfte<br />

● Umweltkosten durch erhöhte Emissionen<br />

Andere, meist nicht zugeordnete Kosten entstehen infolge von Absenkungen<br />

des Grundwasserspiegels, Gebäudeabsenkungen und Gebäuderissen, Vegetationsschäden,<br />

Schäden an der Straßendecke außerhalb des eigentlichen<br />

Arbeitsbereichs und psychosomatischen Beschwerden bei Anwohnern.<br />

2. Die Fallstudie<br />

Eine allgemein geltende Anschauung ist, dass der Einbau von Rohren in grabenloser<br />

Bauweise sehr viel teurer ist als der Einbau im offenen Graben.<br />

Zunehmend werden allerdings Vermutungen geäußert, dass beim grabenlosen<br />

Einbau die Gesamtkosten (Einzelkosten und Gemeinkosten) niedriger


sind als bei einer offenen Verlegung. So auch bei einem Projekt in Belgien,<br />

dessen indirekte Kosten als sehr hoch eingeschätzt wurden. Dort wurde eine<br />

Studie auf der Grundlage eines signifikanten, konkreten Projekts durchgeführt,<br />

nämlich der Erneuerung der Straßen sowie der Erneuerung von Abwasserleitungen<br />

in offener Bauweise im Stationssteenweg und angrenzenden<br />

Straßen in Kessel-Nijlen. In dieser Studie werden die jeweiligen Größenordnungen<br />

unter Einbeziehung aller Kosten deutlich.<br />

Vlario 1) hat dieses Projekt iniziiert, die Verwaltungsbehörde für Straßen und<br />

Verkehr der flämischen Regionalregierung hat die Studie zu 50 % finanziert,<br />

die andere Hälfte wurde von sieben Privatunternehmen getragen. Die Universität<br />

Limburg (LUC, CBM) wurde mit der Durchführung der Untersuchung<br />

der indirekten Kosten beauftragt. Die Analyse der Einzelkosten, sowohl für<br />

den Einbau der Rohre in der offenen Bauweise am durchgeführten Projekt<br />

als auch für die hypothetische Rohrvortriebsvariante, wurde von Fachleuten<br />

der Arbeitsgruppe 8 (Vortrieb) von Vlario durchgeführt.<br />

3. Das Projekt<br />

Das vorhandene Abwassersystem in Kessel-Dorp (Nijlen) wies an verschiedenen<br />

Stellen Schäden und Einsenkungen an der Oberfläche auf. Obwohl sich<br />

das Straßenpflaster noch in einem relativ guten Zustand befand, entschied<br />

man sich für die Erneuerung der Abwasserleitungen. Auftraggeber war die<br />

Aquafin, eine 1990 von der flämischen Regierung gegründete Gesellschaft<br />

zum Bau und Betrieb von abwasserwirtschaftlichen Anlagen.<br />

Die Arbeiten umfassten den Austausch eines Abwassersammlers DN 1250<br />

durch Leitungen mit DN 1200 bis DN 1600. Das kommunale Mischwassersystem<br />

wurde durch ein Trennsystem mit einer Schmutzwasserleitung<br />

(DN 300) über dem Sammler und einer Regenwasserleitung (DN 500) seitlich<br />

im Straßenprofil ersetzt.<br />

Obwohl versucht wurde, Umleitungen durch eine in Phasen gegliederte<br />

Durchführung zu begrenzen, musste der über die wichtige Verkehrsader im<br />

Zentrum von Nijlen verlaufende Verkehr dennoch über einen Zeitraum von<br />

acht Monaten umgeleitet werden. Anstelle einer 3,2 km langen Strecke<br />

musste eine offizielle Umleitung von 14,9 km Länge eingerichtet werden<br />

(Abb. 1).<br />

Um Änderungen im Hinblick auf die indirekten Kosten (Gemeinkosten) als<br />

Folge des Projekts bewerten zu können, wurden vor und während der Arbeiten<br />

Messungen des Verkehrsaufkommens (Abb. 2) durchgeführt, der Umsatz<br />

von Groß- und Einzelhändlern erfasst und die Zahl der Unfälle registriert.<br />

4. Alternative Baumethode: Rohrvortriebsvarianten 1 + 2<br />

Um die Gesamtkosten – vor allem die indirekten Kosten – für die Kanalerneuerung<br />

in Kessel-Nijlen alternativ in geschlossener Bauweise (Rohrvortrieb)<br />

zu ermitteln, wurden alle hypothetisch erforderlichen Einzelmaßnahmen für<br />

die Ausführung kalkuliert. Dafür wurden folgende Grundlagen definiert:<br />

1) Siehe Website http: //www.vlario.be<br />

Wirtschaft + Recht<br />

Pumpstation<br />

Abb. 1: Stationssteenweg und Umleitungen.<br />

Abb. 2: Verteilung der Verkehrsmesspunkte.<br />

● größtmögliche Reduzierung der<br />

Belästigung<br />

● Erhalt der Durchmesser mit offenem<br />

Graben (Variante 1), mit hydraulisch<br />

optimierten Durchmessern<br />

in einer zweiten Rohrvortriebsvariante<br />

(Variante 2)<br />

● Umbau des vorhandenen<br />

Sammlers in eine Regenwasserleitung<br />

4.1 Längenprofil der<br />

Vortriebsvariante<br />

In der Untersuchungsvariante 1 wird<br />

der neue Sammler unter den vorhandenen<br />

Kanal durchgepresst. Dabei<br />

werden Durchmesser DN 1200<br />

und DN 1600 vorgetrieben anstatt<br />

DN 600, DN 1200 und DN 1600,<br />

wie im real ausgeführten Projekt verwendet.<br />

Abb. 3 zeigt eine Übersicht<br />

der unterschiedlichen Rohrvortriebstrassen,<br />

Tabelle 1 gibt die Vortriebslängen<br />

für die drei Durchmesser wie-<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

61


62<br />

Wirtschaft + Recht<br />

Abb. 3: Vortriebstrassen und -schächte.<br />

der. Der Plan umfasst 13 Start- und<br />

Zielschächte sowie vier Zwischenschächte.<br />

4.2 Querprofil der Vortriebsvariante<br />

In Abb. 4 stellt die oberste Hauptleitung<br />

den vorhandenen Sammler<br />

dar, der in einen Regenwasserkanal<br />

umgewandelt werden soll. Der im<br />

Vortrieb einzubauende Sammler befindet<br />

sich darunter. Die Sammelkanäle<br />

zum Auffangen des Schmutzwassers<br />

und einen Teil des Regenwassers<br />

werden unter den Gehwegen<br />

im offenen Graben eingebaut.<br />

Die vorhandenen Hausanschlüsse<br />

werden zu den neuen Schmutzwasserkanälen<br />

in DN-200-Steinzeugrohren<br />

umgelegt.<br />

4.3 Mikrotunnelbau für die<br />

Anschlüsse<br />

Mit der Mikrotunneltechnik können<br />

in regelmäßigen Abständen (weniger<br />

als 75 m) Anschlüsse vom<br />

Sammler zu den neuen Schmutz-<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

boorrichting lengte (m) diameter (mm) helling (%)<br />

K2 -> K1 293,52 1200 0,1<br />

K2 -> K3 159,11 1200 0,3<br />

K4 -> K3 116,90 600 0,5<br />

K5 -> K3 314,47 1200 0,3<br />

K5 -> K8 365,65 1200 0,1<br />

K11 -> K8 444,75 1200 0,2<br />

K11 -> K12 135,70 1600 0,1<br />

K13 -> K12 216,85 1600 0,1<br />

K13 -> K14 111,79 600 0,3<br />

K15 -> K14 119,30 600 0,6<br />

K15 -> K16 106,59 600 0,6<br />

K13 -> K17 132,43 1600 0,1<br />

Vortriebsabschnitte:<br />

Richtung<br />

[von – bis]<br />

K2–K1<br />

K2–K3<br />

K4–K3<br />

K5–K3<br />

K11–K8<br />

K11–K12<br />

K13–K12<br />

K13–K14<br />

K15–K14<br />

K15–K16<br />

K13–K17<br />

Länge<br />

[m]<br />

293<br />

159<br />

117<br />

314<br />

445<br />

136<br />

217<br />

112<br />

119<br />

107<br />

132<br />

Durchmesser<br />

[mm]<br />

1.200<br />

1.200<br />

.600<br />

1.200<br />

1.200<br />

1.600<br />

1.600<br />

.600<br />

.600<br />

.600<br />

1.600<br />

Vortriebslängen nach Durchmesser:<br />

DN 600: .454 m<br />

DN 1200: 1.577 m<br />

DN 1600: .485 m<br />

Tab. 1: Schächte, Vortriebsrichtungen,<br />

-längen und -durchmesser.<br />

wasserkanälen errichtet werden (Abb. 5 und 6). Diese Anschlüsse werden mit<br />

DN-200-Steinzeugrohren lasergesteuert eingebaut. Es ist ebenfalls möglich,<br />

in drei Phasen Steinzeugrohre von den Grundstücken zum Sammler<br />

(< DN 1200) durchzupressen (Abb. 7).<br />

4.4 Vorteile der Rohrvortriebsvariante<br />

Gegenüber der offenen Bauweise hat die Rohrvortriebstechnik folgende<br />

Vorteile:<br />

● weniger Umlegungen öffentlicher Leitungen<br />

● verringerte Gefahr von Beschädigungen öffentlicher Leitungen<br />

● Setzungen werden vermieden bzw. minimiert<br />

● Verkehrsbehinderungen werden auf ein Minimum reduziert<br />

● Anliegende Geschäfte haben kaum finanzielle Einbußen aufgrund von<br />

Straßen- und Wegsperrungen<br />

● reduzierte Schäden an Baumbeständen<br />

● keine Senkung des Grundwasserspiegels<br />

● erheblich weniger Erdarbeiten und damit einhergehend reduzierte Belästigung<br />

und niedrigere Deponiekosten<br />

● höhere Arbeitssicherheit und höherer Arbeitskomfort<br />

● deutlich höhere bauliche Sicherheitsmarge der Anlage (erhöhte Lebensdauer)<br />

Im Besonderen hätte die Anwendung der Rohrvortriebstechnik bei dem<br />

Projekt Kessel-Nijlen folgenden Vorteile:<br />

● Der vorhandene Sammler kann als Regenwassersammler wiederverwendet<br />

werden. (Kosten verursachen hier lediglich die TV-Befahrung und einige<br />

lokale Reparaturen im Inneren.)<br />

● Der Vortrieb des Sammlers kann mit langen und damit Kosten sparenden


Rohrabschnitten erfolgen. Drei Trassen werden<br />

in einer Kurve durchbohrt.<br />

● Der Verkehrsfluss kann mit nur wenigen Einschränkungen<br />

aufrechterhalten werden (eine<br />

Fahrspur in der Nähe der Vortriebsschächte für<br />

Materialzufuhr und -lagerung)<br />

● Eine Grundwasserabsenkung ist weitestgehend<br />

nicht erforderlich oder gänzlich nicht notwendig<br />

4.5 Nachteile der Rohrvortriebstechnik<br />

Die Nachteile der Rohrvortriebstechnik beim<br />

Projekt Kessel-Nijlen wären:<br />

● Die Versorgungskanäle werden unter den<br />

Gehwegen in offenem Graben verlegt, was zu<br />

einer zeitweiligen Belästigung führt<br />

● Der neue Sammler wird unter dem vorhandenen<br />

Sammler in einem Abstand von 1 m vorgetrieben,<br />

was eine Anpassung der Pumpstation<br />

am Ende des Sammlers erfordert (größere<br />

Förderhöhe).<br />

● Für das Regenwasser muss ebenfalls eine zusätzliche<br />

Pumpeneinheit bereitgestellt werden.<br />

● Im Bereich der Vortriebsschächte gibt es ein<br />

gewisses Maß an Belästigung.<br />

● Für das gesamte Equipment muss eine Fahrbahn über eine begrenzte<br />

Strecke gesperrt werden.<br />

4.6 Option Vortriebsvariante 2<br />

Abgerundet wurde die „Alternative Rohrvortriebstechnik“ mit einer ergänzenden<br />

hydrodynamischen Untersuchung. Tiefe und Gefälle für die Variante<br />

2 wurden erhöht und optimiert, und zwar mit einem Abstand von 1 bis<br />

2 m zur vorhandenen Leitung. Somit war eine Reduzierung der Sammlerdurchmesser<br />

auf DN 1000 und DN 1200, anstatt DN 1200 und DN 1600<br />

Abb. 5 + 6: Vortrieb vom Sammler aus.<br />

Haus<br />

Pflasterung<br />

Neue<br />

Versorgungsleitung<br />

Straßeneinlauf<br />

Straße<br />

Vorhandene<br />

Versorgungsleitung<br />

Wirtschaft + Recht<br />

Vorhandener<br />

Sammler wird<br />

Regenwasserkanal<br />

Neu zu bohrender<br />

Sammler<br />

wie linke Seite<br />

Legende<br />

Vorhanden<br />

Neu<br />

Abzusperren<br />

Abb. 4: Querprofil der vorhandenen, beizubehaltenden und auszubessernden<br />

Kanäle des neu vorzutreibenden Sammlers sowie der in offenen<br />

Gräben einzubauenden Schmutzwasserkanäle.<br />

unter Befolgung bestimmter hydrodynamischer<br />

Randbedingungen<br />

möglich.<br />

An den 542 Knoten des Modells traten<br />

keine höheren Wasserstände auf<br />

und die Einleitungsmengen und<br />

-höhen an den Überläufen waren<br />

weiterhin mit dem Modell der Ausführung<br />

im offenen Graben vergleichbar.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

63


64<br />

Wirtschaft + Recht<br />

Abb. 7: Verlegung einer Verbindungsleitung und unterirdische<br />

Verbindung zu einem Sammler.<br />

5. Die Kostenermittlung<br />

5.1 Direkte Baukosten<br />

(Einzelkosten)<br />

Alle direkten Baukosten für die Ausführung<br />

der Bauarbeiten in der offenen<br />

Bauweise im durchgeführten<br />

Projekt wurden vom Auftragnehmer<br />

berechnet; für die alternative Rohrvortriebsvariante<br />

wurden sie auf der<br />

Basis vielfacher Erfahrungen kalkuliert.<br />

Der Vergleich ergab, dass die<br />

Rohrvortriebsvariante 1 mit Baukosten<br />

in Höhe von 5,2 Mio. Euro um<br />

29 % teurer ausfallen würde als die<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

tatsächlich durchgeführte offene Ausführung,<br />

die mit 4,0 Mio. Euro abschloss. Die<br />

Einzelkosten für die Rohrvortriebsvariante 2<br />

wurden mit 4,8 Mio. Euro kalkuliert.<br />

5.2 Indirekte Kosten (Gemeinkosten)<br />

offene Bauweise<br />

Die Änderungen des Verkehrsaufkommens<br />

über die acht Monate anhaltende Sperrung des Stationssteenwegs<br />

wurden sowohl für die Projektzone, für die offizielle Umleitungsstrecke,<br />

als auch für inoffizielle Umleitungsstrecken ermittelt.<br />

Für die achtmonatige Umleitung mit den aufgezeichneten Daten<br />

von drei Fahrzeugarten (Schwerlastwagen, Leichttransporter und<br />

Personenwagen) ergab sich folgendes Bild:<br />

Zusätzliche Fahrtzeit: 72.998 Stunden<br />

Zeitkosten: 403.069 Euro für den längeren Aufenthalt der Verkehrsteilnehmer,<br />

die die Umleitungsstrecke üblicherweise in Normalzeit<br />

befahren; 1.334.181 Euro für Verkehrsteilnehmer, die die<br />

Umleitungsstrecke aufgrund der Sperrung nehmen mussten.<br />

Kraftstoffkosten: 406.224 Euro aller Fahrzeugtypen für Mehrverbrauch<br />

aufgrund der Umleitung<br />

Umsatzeinbußen: Bei der Ermittlung der Umsatzeinbußen wurde<br />

zwischen Gesellschaften und Einzelhändlern unterschieden.<br />

Für die erste Kategorie lassen sich Umsatzdaten auf Anfrage ermitteln,<br />

für die zweite Kategorie wurden Schätzungen auf der Grundlage<br />

von Durchschnittswerten angestellt (21 Händler mit einem<br />

durchschnittlichen Umsatz von 60.000 Euro). Aus Untersuchungen<br />

geht hervor, dass Händler praktisch zwei Drittel ihrer Umsatzeinbußen<br />

verzeichnen müssen, wenn sie nicht erreichbar sind.<br />

Wenn sie nur schwer erreichbar sind, beläuft sich der Verlust auf<br />

ein Drittel des normalen Umsatzes. Bei einem Gesamtjahresumsatz<br />

bei beiden Kategorien von 3,1 Mio. Euro würden die Umsatzverluste<br />

825.976 Euro betragen (im ersten Monat 70 %, bei acht Monaten<br />

35 %). Einer konservativen Berechnung zufolge und um den<br />

tatsächlich erlittenen Verlust nicht zu überschätzen – denn die Händler haben<br />

die Möglichkeit, ihren Einkauf an die Situation anzupassen – wurde lediglich<br />

eine Nettoeinbuße bei der Marge von 50 % ermittelt. Dies ergibt einen<br />

Gesamt-Umsatzverlust von 412.988 Euro.<br />

Unfallkosten: Dieser Posten wurde zwar zu informativen Zwecken berechnet<br />

(662.500 Euro), aber aufgrund einer Reihe von Unsicherheiten nicht in<br />

die Vergleichsstudie aufgenommen.<br />

Infrastrukturkosten: Auch dieser Wert ließ sich auf der Basis einer international<br />

anerkannten Methode bewerten. Aufgrund der eingeschränkten Begründung<br />

dieser Methode wurde auch dieser Kostenposten nur informativ<br />

mitgeteilt (Fahrbahnverschleiß durch Lkw wird hierin mit 0,72 Euro/km veranschlagt.<br />

Für die achtmonatige Mehrbelastung ergeben sich bei der Gesamtzahl<br />

der gefahrenen Lkw-Kilometer Abnutzungskosten in Höhe von<br />

252.131 Euro). In der Studie wurden diese Kosten nicht weiter berücksichtigt.


Zeitkosten auf der Umleitungsstrecke<br />

Zeitkosten aufgrund der Verkehrsumleitung<br />

Zeitkosten aufgrund der Arbeiten<br />

Tab. 2: Vergleich der externen Kosten für die Varianten mit offener und geschlossener<br />

Bauweise.<br />

Umweltkosten: Aufgrund der erhöhten Anzahl der Fahrzeugkilometer wurde<br />

eine erheblich höhere Menge an Schadstoffen ausgestoßen. In Bezug auf<br />

die Berechnung der sich daraus ergebenden Umweltkosten insgesamt liegt<br />

eine Vielzahl wissenschaftlicher Untersuchungen vor. Da die Zahlen jedoch<br />

erheblich variieren, wurden die Berechnungen in dieser Untersuchung auf<br />

der Basis „vorsichtiger“ Zahlen vorgenommen, und zwar einschließlich des<br />

Zahlenmaterials des VITO (Flämisches Institut für Forschung und Technologie).<br />

Unter Zugrundelegung dieser Zahlen wurden die Umweltkosten für den<br />

achtmonatigen Zeitraum auf 343.858 Euro geschätzt, jedoch nicht in die Bewertung<br />

aufgenommen.<br />

Die gesamten indirekten Kosten bei der offenen Bauweise (ausgenommen<br />

Unfall-, Infrastruktur- und Umweltkosten) beliefen sich auf rund 2,5 Mio.<br />

Euro.<br />

5.3 Indirekte Kosten (Gemeinkosten) Rohrvortrieb<br />

Die Berechnung der indirekten Kosten wurde auch für die hypothetische Ausführung<br />

des Projektes unter Einsatz der Rohrvortriebstechnik vorgenommen,<br />

allerdings mit der Ausnahme, dass hierfür selbstverständlich keine spezifi-<br />

Tab. 3: Übersicht der Gesamtkosten.<br />

Offene<br />

Bauweise<br />

Geschlossene<br />

Bauweise<br />

(Variante 1 + 2)<br />

Differenz<br />

403.069 49.830 353.239<br />

1.334.181 164.940 1.169.241<br />

0 192.276 –192.276<br />

Kraftstoffkosten 406.224 50.220 356.004<br />

Umsatzverlust der Händler 412.988 51.060 361.928<br />

Unfallkosten<br />

Infrastrukturabnutzung<br />

Umweltkosten<br />

Nicht<br />

inbegriffen<br />

Nicht<br />

inbegriffen<br />

Nicht<br />

inbegriffen<br />

Nicht<br />

inbegriffen<br />

Nicht<br />

inbegriffen<br />

Nicht<br />

inbegriffen<br />

Nicht<br />

inbegriffen<br />

Nicht<br />

inbegriffen<br />

Nicht<br />

inbegriffen<br />

Gesamt 2.556.462 508.326 2.048.136<br />

Offener Graben Geschlossene Bauweise:<br />

Variante 1<br />

Geschlossene Bauweise:<br />

Variante 2<br />

Projektkosten 4.037.216 € 5.219.225 € 4.883.475 €<br />

indirekte Kosten 2.556.462 € 508.326 € 508.326 €<br />

Gesamt 6.693.678 € 5.727.551 € 5.391.801 €<br />

Wirtschaft + Recht<br />

schen Datenerhebungen vorgenommen<br />

werden konnten. Anhand der<br />

Ergebnisse für die Ausführung in der<br />

offenen Bauweise war es jedoch<br />

möglich, mit Hochrechnungen zu<br />

arbeiten: Bei der Umsetzung der geplanten<br />

Ausführungen beliefen sich<br />

die indirekten Kosten auf 508.326<br />

Euro (Unfall-, Infrastruktur- und Umweltkosten<br />

ebenfalls ausgenommen).<br />

6. Der Kostenvergleich<br />

Differenzen im Vergleich zur Ausführung<br />

mit offenem Graben ergeben<br />

sich aus der Tatsache, dass Umleitungen<br />

begrenzt bleiben (30 Tage)<br />

und Verkehrsstockungen in Höhe<br />

der Start- und Zielschächte in beschränkter<br />

Form entstehen. Für die<br />

verschiedenen Kostenpunkte wurden<br />

dieselben Tageskosten angesetzt<br />

wie für die Ausführung im offenen<br />

Graben. Die Kosten aufgrund<br />

zusätzlicher Unfälle, Infrastrukturabnutzung<br />

und Umweltkosten wurden<br />

aus denselben Gründen, wie diese<br />

bei der Ausführung in der offenen<br />

Bauweise gehandhabt wurden,<br />

nicht mit in die Endbewertung aufgenommen.<br />

Die oben beschriebenen indirekten<br />

Kosten sind in Tabelle 2 zusammengefasst.<br />

Ein bemerkenswerter Aspekt<br />

ist, dass bei der Variante mit Mikrotunneling<br />

die Zeitkosten für Personen,<br />

die an der Umleitungsstrecke<br />

ansässig sind, die Zeitkosten für die<br />

eigentliche Umleitung sowie die zusätzlichen<br />

Kraftstoffkosten nur 1 / 8<br />

der entsprechenden Kosten bei der<br />

Ausführung bei offenem Graben<br />

ausmachen.<br />

Alle Daten und Zahlen basieren auf<br />

spezifischen Messungen und Erhebungen,<br />

die genauestens nachgeprüft<br />

wurden. Die Ergebnisse wurden<br />

anhand der besten verfügbaren<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

65


66<br />

Wirtschaft + Recht<br />

Methoden berechnet und sind konservativ,<br />

d. h., dass die erforderlichen<br />

Annahmen gemäßigter Art sind und<br />

einige Kostenpunkte keine weitere<br />

Berücksichtigung fanden. Die Schätzungen<br />

der messbaren Kosten für<br />

die Methode mit offenem Graben<br />

wurden aus minimalistischer Sicht<br />

vorgenommen, während die Kosten<br />

für die Rohrvortriebsvariante so geschätzt<br />

wurden, dass sich Höchstwerte<br />

ergaben. So wurde bei der<br />

Rohrvortriebsvariante zum Beispiel<br />

derselbe Umsatzverlust pro Tag zu<br />

Grunde gelegt wie bei der Variante<br />

mit offenem Graben, obwohl es<br />

zweifelhaft ist, dass als Folge von<br />

zeitlich versetzten und jeweils nur einigen<br />

Tagen andauernden Straßensperrungen<br />

tatsächlich ein Umsatzverlust<br />

erlitten wird. Für die sich über<br />

30 Tage erstreckende Verkehrsumleitung<br />

wurde dieselbe Umleitungsstrecke<br />

verwendet wie bei der Variante<br />

mit offenem Graben, obwohl<br />

kürzere Umleitungen aufgrund der<br />

Tatsache möglich sind, dass die Straßensperrungen<br />

bei der Rohrvortriebsvariante<br />

örtlich begrenzter<br />

sind.<br />

Der Vergleich der Gesamtkosten (indirekte<br />

Kosten und Einzelkosten) ist<br />

in Tabelle 3 zusammengestellt.<br />

Einzelkosten und indirekte Kosten<br />

zusammen betrugen für die offene<br />

Bauweise 6,7 Mio. Euro, wohingegen<br />

die Gesamtkosten für die Rohrvortriebsvariante<br />

1 5,7 Mio. Euro<br />

und 5,4 Mio. Euro für die Rohrvortriebsvariante<br />

2 betragen. Wenn also<br />

die zusätzlichen Baukosten der<br />

Rohrvortriebsvariante 1 weniger als<br />

2,5 Mio. Euro betragen (6,7 – 0,5 –<br />

4,0 Mio. Euro), ist diese Baumethode<br />

wirtschaftlich und gesellschaftlich<br />

wünschenswert.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

7. Entwicklung eines Modells<br />

Mit den im ersten Abschnitt dieser Untersuchung gesammelten Erfahrungen<br />

konnte im zweiten Abschnitt ein Modell erstellt werden, mit dessen Hilfe es<br />

für zukünftige Projekte möglich sein sollte, Ex-Ante-Schätzungen der indirekten<br />

Kosten vorzunehmen, Vergleiche zu ziehen sowie Bewertungen zu generieren.<br />

Anhand des Modells ergibt sich die Differenz der Gesamtkosten<br />

(Einzelkosten plus indirekte Kosten) zwischen zwei Ausführungsvarianten. Für<br />

die rechnerische Anwendung des Modells und zur weiteren Erläuterung der<br />

Formel siehe auch VEREECK & ROEFFAERS (2004 a, 2004 b).<br />

�<br />

j=1<br />

2<br />

�<br />

k=1<br />

3<br />

�� i=1<br />

6<br />

� � � S’i,j,k<br />

EK = T � Di � A<br />

1<br />

� Uk � –<br />

1<br />

+ (B – A) �<br />

Si,j,k � �S’i,j,k<br />

–<br />

�<br />

j<br />

2<br />

�<br />

k<br />

3<br />

�T � D7 ���7,j,k � � I7,j,k � (Uk +Fk) + (I’7,j,k – I7,j,k) � (Wk + Mk)��<br />

j<br />

2<br />

�<br />

k<br />

3<br />

+ �<br />

j<br />

2<br />

�<br />

k<br />

3<br />

� (Ttot<br />

I7,j,k � X<br />

– T) � P �<br />

3600 � + � � (Y n–1 –Y n ) �� 365<br />

Schlüssel:<br />

A und B: abgekürzte Formeln für Verkehrsstärken.<br />

I: Verkehrsstärke vor Aufnahme der Arbeiten<br />

I’: Verkehrsstärke nach Aufnahme der Arbeiten mit<br />

i = Segmentnummer des Straßenabschnitts<br />

j = Verkehrsrichtung (1 = hin, 2 = zurück)<br />

k = Transportart (1 = Pkw, 2 = Leicht-Lkw, 3 = Schwer-Lkw)<br />

U: Geldwert der Zeit in Euro/Stunde<br />

D: Länge des Abschnitts<br />

S: durchschnittliche Geschwindigkeit (km/h)<br />

F: Kraftstoffkosten (Euro/km)<br />

M: Umweltkosten (Euro/km)<br />

W: Kosten der Infrastrukturabnutzung in Euro/km<br />

8. Schlussfolgerungen<br />

Uk + Fk + Wk + Mk��� �<br />

0,65 � Tmaxhinder 0,30 � Tminhinder<br />

+<br />

365 �<br />

Die Einzelkosten (Baukosten) des tatsächlich durchgeführten Projekts in der<br />

offenen Bauweise (ohne die Erneuerung der Pflasterung beliefen) sich auf 4.0<br />

Mio. Euro. Die Einzelkosten für die Ausführung in geschlossener Bauweise<br />

würden mit 29 % (Vortriebsvariante 1), respektive 21 % (Vortriebsvariante 2)<br />

höher ausfallen.<br />

Die indirekten Kosten (Gemeinkosten) liegen für die offene Bauweise mit<br />

63 % der Gesamtkosten (2,5 Mio. Euro) weitaus höher als erwartet. Würden<br />

die Kosten für Unfälle, Infrastrukturabnutzung und Umwelt noch berücksichtigt,<br />

würde sich der Betrag noch um 9 % erhöhen. Die indirekten Kosten für<br />

den Rohrvortrieb würden sich auf lediglich 10 % der Gesamtkosten belaufen.<br />

Die Gesamtkosten (Einzelkosten + indirekte Kosten) der Rohrvortriebsvariante<br />

wären um 1,3 Mio. Euro niedriger als die Gesamtkosten für die<br />

Durchführung in der offenen Bauweise.<br />

Unter der Voraussetzung, dass einige Verfeinerungen und Differenzierungen<br />

vorgenommen werden, soll die auf der Basis dieses Projekts entwickelte Methode<br />

die Möglichkeit bieten, bei der Beurteilung von Bauvorhaben in offener<br />

und geschlossener Bauweise die indirekten Kosten auf wissenschaftlich<br />

seriöse Weise zu berücksichtigen.


Quellen- und Literaturverzeichnis<br />

READ, G.F., MSCE, CENG (1990): Social costing. – Underground, September 1990<br />

GSTT <strong>Information</strong> (1999): Kostenvergelijking tussen open en gesloten bouwwijze, rekening<br />

houdend met de directe en indirecte kosten bij het aanleggen en saneren van<br />

leidinge. – Werkgroep 3 Sleufloos bouwen, Nr. 11, Oktober 1999<br />

VERMOERE, F. (2003): Politici zijn niet geïnteresseerd in deze drama’s. – Het<br />

Nieuwsblad, Mittwoch, 15. Oktober 2003<br />

VEREECK, L. (2003): Kosten-batenanalyse van open sleuf en sleufloze rioolbouwtechniek.<br />

– LUC, CBM, Diepenbeek<br />

VEREECK, L. & ROEFFAERS, K. (2004 a): Universiteit Hasselt und Centrum voor Beleidsmanagement;<br />

fase 5 Kosten-batenanalyse,voortgangsrapport oct 2004, 56 p.<br />

VEREECK, L. & ROEFFAERS, K. (2004 b): Universiteit Hasselt und Centrum voor Beleidsmanagement;<br />

Veranstaltungstexte Vlario Seminar; Soziale Kosten bei Straßenund<br />

Kanalisationsarbeiten, 23. November 2004<br />

Kontakt<br />

Wirtschaft + Recht<br />

Dipl.-Ing. Karel Michielsen<br />

Keramo Steinzeug N.V.<br />

Paalsteenstraat 36<br />

B–3500 Hasselt<br />

Tel.: 00 32/11/26 52 12<br />

Fax: 00 32/11/23 51 17<br />

Internet: www.keramo-steinzeug.com<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

67


68<br />

Messen + Kongresse<br />

IFAT <strong>2005</strong><br />

FVST-Mitglieder waren gut vertreten<br />

Mehr als 108.000 Fachbesucher<br />

aus 166 Ländern informierten<br />

sich vom 25.<br />

bis 29. April <strong>2005</strong> auf der Münchener<br />

Weltmesse IFAT bei 2.223 Ausstellern<br />

und einem breit gefächerten<br />

Kongressprogramm über Technologien,<br />

neueste Trends und Produktinnovationen<br />

aus den Bereichen Wasser,<br />

Abwasser, Abfall und Recycling.<br />

Die Mitglieder des <strong>Fachverband</strong>es<br />

<strong>Steinzeugindustrie</strong> e.V. waren auf<br />

der IFAT mit attraktiven und offenen<br />

Ausstellungsständen gut vertreten:<br />

So nutzte die <strong>STEINZEUG</strong> Abwassersysteme<br />

GmbH, Köln, gemeinsam<br />

mit ihrer für das Auslandsgeschäft<br />

verantwortlichen Tochter, der<br />

Keramo <strong>STEINZEUG</strong>, Hasselt (Belgien),<br />

diese einmalige Plattform, um<br />

ihr erweitertes, umfangreiches Produktangebot,<br />

ihre Technologien<br />

und ihre Serviceleistungen dem internationalen<br />

Fachpublikum zu prä-<br />

Der großzügig gestaltete Ausstellungsstand der STEIN-<br />

ZEUG Abwassersysteme GmbH war hoch frequentierter Branchentreffpunkt.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

sentieren. Der einladende Messestand und die „greifbaren“ Ausstellungsstücke<br />

auf dem Freigelände erwiesen sich als hoch frequentierter Anziehungspunkt<br />

für interessierte Besucher und Kunden, darunter viele aus dem<br />

Ausland.<br />

Als ganz besonders gelungen und erfolgreich gilt das <strong>STEINZEUG</strong> EVENT<br />

„Ceramic Meets Fashion“ im Münchener Crowns Club, zu dem die STEIN-<br />

ZEUG Abwassersysteme GmbH eingeladen hatte. Rund 300 Geschäftsfreunde<br />

erlebten mit Begeisterung, wie Schüler der Sigmaringer Modefachschule<br />

Spitzenmodelle in Assoziation zum Produkt Steinzeug kreiert hatten.<br />

Zufrieden blickt auch Italiens einziger Hersteller von Steinzeugrohren und<br />

Formstücken, die Società del Gres, Bergamo, ebenfalls Mitglied im <strong>Fachverband</strong><br />

<strong>Steinzeugindustrie</strong> e.V. und Mitglied der FEUGRES, auf die IFAT <strong>2005</strong><br />

zurück: Die für das italienische Unternehmen wichtigste internationale Umweltmesse<br />

bot nach eigenen Aussagen die richtige Plattform zur Vorstellung<br />

seiner technischen Neuheiten: Steinzeugrohre mit 2,50 m Baulänge in den<br />

Dimensionen DN 400 bis DN 800. Der attraktive Messestand der Società del<br />

Gres fand großen Anklang beim interessierten Fachpublikum und war Treffpunkt<br />

für <strong>Information</strong>en und Gespräche vieler Kunden und Geschäftspartner<br />

aus dem In- und Ausland.<br />

Im Rahmen der IFAT <strong>2005</strong> versammelte sich auch der TWB Technisch-<br />

Wissenschaftlicher Beirat der Forschungsgesellschaft <strong>Steinzeugindustrie</strong> e.V.<br />

zu seiner 42. Sitzung. Im Mittelpunkt standen dabei Entwicklungsvorhaben<br />

zur Werterhaltung von Kanalisationsanlagen.<br />

Die nächste IFAT findet vom 5. bis 9. Mai 2008 wieder in München statt.<br />

Die Società del Gres präsentierte ihre neuen Produkte:<br />

Steinzeugrohre mit einer Baulänge von 2,50 m in den Nennweiten<br />

DN 400 bis DN 800.


Am 25. Mai <strong>2005</strong> hatte das Abwasserwerk der Stadt Bergisch-Gladbach<br />

zu einem Seminar in das Bensberger Rathaus eingeladen, in dem der<br />

„Einsatz verschiedener Rohrmaterialien in der Abwasserwirtschaft“<br />

thematisiert wurde. Unter der Regie von Werksleiter Dipl.-Ing. Martin Wagner<br />

stellten Referenten der Steinzeug-, Beton-, Kunststoff- und Gussindustrie<br />

ihre jeweiligen Werkstoffe vor und standen den rund 50 Teilnehmern, vornehmlich<br />

aus Ingenieurbüros und Nachbargemeinden, für z.T. ergiebige<br />

Diskussionen zur Verfügung.<br />

Einleitend skizzierte Dipl.-Ing. Martin Wagner die Struktur der Abwasserwerke<br />

und gab einen Überblick über Umfang, Zustand und Baumaterial des bestehenden<br />

Kanalisationsnetzes der Stadt, für dessen Instandhaltung in den<br />

nächsten acht Jahren ein Investitionsbedarf von rund 68 Mio. Euro besteht.<br />

Als Beispiel für eine laufende Kanalnetzsanierung berichtete Dipl.-Ing. Manfred<br />

Fiedler (Stadtentwässerung Göttingen) und erläuterte dabei detailliert<br />

Konzept, Strategien und Techniken der seit Jahren kontinuierlich betriebenen<br />

Sanierungen des Göttinger Kanalnetzes.<br />

Dipl.-Ing. Karl-Heinz Flick (<strong>Fachverband</strong> <strong>Steinzeugindustrie</strong> e.V.) stellte für<br />

das Mitgliedsunternehmen <strong>STEINZEUG</strong> Abwassersysteme GmbH, Köln, Rohre,<br />

Formteile und Zubehör aus dem Werkstoff Steinzeug vor. Er überzeugte<br />

mit seinem Beitrag „Steinzeug – Werkstoff und Bauteile für die Kanalisation“,<br />

Messen + Kongresse<br />

Seminar über Rohrmaterialien<br />

Überzeugungsarbeit in Bergisch-Gladbach<br />

<strong>STEINZEUG</strong> auf einen Blick<br />

Steinzeug ist ein Werkstoff<br />

Rohre DN 100 – DN 1400<br />

Werkseitig vormontierte Steckmuffen-Verbindungen<br />

Rohre mit der Standardbaulänge 2,50 m<br />

Komplettprogramm an Rohren, Formstücken und Zubehör<br />

Hohe chemische und mechanische Widerstandsfähigkeit<br />

Produktion nach DIN EN 295<br />

Gütesicherung mit Eigen- und Fremdüberwachung<br />

Zertifizierung nach ISO 9002<br />

indem er die herausragenden Eigenschaften<br />

des Werkstoffes Steinzeug<br />

klar definierte, auf das umfangreiche<br />

Komplettprogramm verwies sowie<br />

auf die Tatsache, dass die Produktion<br />

nach den hohen Qualitätsanforderungen<br />

von DIN- und Werksnorm erfolgt.<br />

Nicht zuletzt machte er auf die<br />

hohe Lebensdauer des Werkstoffes<br />

Steinzeug aufmerksam, die den Betreibern<br />

durch Abschreibungssätze<br />

von bis zu hundert Jahren und geringen<br />

Reparatur- und Wartungsaufwand<br />

ein hohes Maß an Wirtschaftlichkeit<br />

biete.<br />

Joachim Scheffler und Peter Wolfstädter<br />

von der Berding Beton<br />

GmbH grenzten das Thema leider<br />

sehr ein, da sie sich in ihren Ausführungen<br />

speziell auf Stahlbetonfußrohre<br />

und auf das Schachtsystem<br />

econorm konzentrierten. Gern hätte<br />

man hier mehr über den Werkstoff<br />

Beton erfahren. Den Einsatz von PE-<br />

HD-Rohren stellte Axel Piper, Egeplast<br />

Werner Strumann GmbH, vor.<br />

Auch er stellte die Vorteile des seit<br />

1957 eingesetzten Werkstoffes im<br />

Kanalbau vor, berichtete über die Erfahrungen<br />

mit dem SL-System sowie<br />

über den Einsatz von verschiedenen<br />

PE-HD-Modulen in der Kanalsanierung.<br />

Dipl.-Ing. Robert Eckert, FRIA-<br />

TEC AG, ergänzte den Part Kunststoff<br />

mit seinem Vortrag über Verbindungstechniken<br />

für PE-HD-Rohre. Er<br />

konzentrierte sich auf die Material-<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

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Messen + Kongresse<br />

2006<br />

Branchentermine im Überblick<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

verbindung durch Heizwendelschweißen, das als bewährte Technik für<br />

Schachtanbindung, Hausanschluss und Rohrverbindung eingesetzt wird.<br />

Den Abschluss zur Vorstellung der Rohrmaterialien für die Abwasserwirtschaft<br />

bildete Dipl.-Ing. Stephan Hobohm von der BUDERUS Guss GmbH. Selbstverständlich<br />

wurde auch hier auf die positiven Materialeigenschaften hingewiesen;<br />

der Schwerpunkt der Ausführungen lag jedoch in den Vorteilen der<br />

Muffenrohre mit Zementmörtel-Umhüllung und der Steckmuffenverbindungen.<br />

Nach einer lebhaften und intensiven Diskussion konnten sich die Seminarteilnehmer<br />

ein Bild von „ihrem“ bevorzugten Baumaterial machen.<br />

20. Oldenburger Rohrleitungsforum 09.02.–10.02.2006 Oldenburg<br />

TRENCHLESS ASIA 2006 07.03.–09.03.2006 Shanghai<br />

WASSER BERLIN 03.04.–07.04.2006 Berlin<br />

ECWATECH 2006 30.05.–02.06.2006 Moskau<br />

IFAT China 2006 27.06.–30.06.2006 Shanghai<br />

IWA-Kongress 10.09.–14.09.2006 Peking<br />

NO-DIG DOWN UNDER 2006 29.10.–02.11.2006 Brisbane/<br />

Australien


Der Besuch des Internetangebotes der Bundesagentur für Außenwirtschaft<br />

bfai ist für alle, die im Ausland tätig sind oder tätig werden wollen<br />

(schlichtweg aber auch für alle Länder-Interessierte) äußerst lohnend.<br />

Aktuelle und ausführliche Marktanalysen, Wirtschaftsdaten und Länderberichte<br />

aus rund 200 Ländern, Wirtschaftsregionen und nationalen Zusammenschlüssen,<br />

die von den weltweit eingesetzten Korrespondenten und<br />

Fachleuten der bfai zusammengeführt werden, stehen hier zur Verfügung.<br />

Die unkomplizierte und übersichtliche Navigation sorgt für schnelle und vor<br />

allem treffende Suchergebnisse.<br />

Länder und Märkte<br />

Im Menü „Länder und Märkte“ öffnet sich eine Seite, auf der zunächst die<br />

Bedingungen für die weitere Nutzung des Angebots übersichtlich (und groß<br />

gedruckt) aufgeführt sind. Die kostenpflichtigen Leistungen bewegen sich in<br />

sehr moderatem Rahmen. Schon auf dieser Seite startet man unter „Jetzt recherchieren“<br />

seine Suche. Es öffnet sich das nächste Fenster mit einer Stan-<br />

Last Minute<br />

Surftipp www.bfai.de<br />

Ein paar „Klicks“ reichen aus<br />

dardabfrage. Unter drei Menüpunkten<br />

kann man den „Zeitraum“, das<br />

„Land“ und das „Thema“, über das<br />

man die <strong>Information</strong>en haben will,<br />

auswählen. Zur weiteren Eingrenzung<br />

des Themas bietet das Fenster<br />

die beiden Menüs „Bereiche“ und<br />

„Unterbereich“ an, nach deren Auswahl<br />

die Zahl der gefundenen Dokumente<br />

angezeigt wird (siehe Abb.).<br />

Die Dokumente können in einer „Ergebnisliste“<br />

geprüft werden. Bis<br />

hierhin sind die Leistungen kostenfrei.<br />

Für die Bestellung der ausgewählten<br />

Dokumente, die meist in<br />

Form einer pdf-Datei zum direkten<br />

Download bereitstehen, wird’s kostenpflichtig.<br />

Bei häufiger Nutzung<br />

ist der einmalig kostenpflichtige<br />

„Zugang“ zu den Datenbanken<br />

sinnvoll.<br />

Ausschreibungen<br />

Die Vorgehensweise für den Menüpunkt<br />

„Ausschreibungen“ ist vergleichbar.<br />

Nach dem Anklicken dieses<br />

Buttons öffnet sich zunächst ein<br />

Fenster, das die beiden Recherchemöglichkeiten<br />

„Zu den Ausschreibungen<br />

International“ und „Zu den<br />

EU-Binnenmarkt-Ausschreibungen<br />

staatlicher Stellen“ anbietet. Nach<br />

entsprechender Auswahl öffnet sich<br />

wieder die „Standardabfrage“ zur<br />

Eingrenzung der Suchoptionen, die<br />

wie oben erfolgt.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

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72<br />

Last Minute<br />

Kontakt<br />

bfai Bundesagentur für<br />

Außenwirtschaft<br />

Agrippastraße 87–93<br />

50676 Köln<br />

Tel.: 02 21/20 57-0<br />

Fax: 02 21/20 57-212<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> <strong>2005</strong><br />

Investitions- und Entwicklungsvorhaben<br />

Unter diesem Menü steht eine Datenbank zur Verfügung, die Fakten über Investitions-<br />

und Entwicklungsvorhaben im Ausland, die von internationalen<br />

Finanzierungsinstituten gefördert werden, enthält. Die kostenpflichtigen Dokumente<br />

mit den Volltextversionen informieren über Projektinhalte, Termine,<br />

Fördervolumen, Adressen der Ansprechpartner und weitere Hilfestellungen<br />

und Beratungsmöglichkeiten durch die bfai. Über „Jetzt recherchieren“<br />

gelangt man wieder, wie gewohnt und geübt, in die „Standardabfrage“.<br />

EU-Projekte<br />

Neun Rubriken können unter dem Menü „EU-Projekte“ aufgerufen werden.<br />

Hier gibt es alle <strong>Information</strong>en über die Außenhilfen der Europäischen Union,<br />

d.h. über die Programme der Union zur wirtschaftlichen und technischen<br />

Zusammenarbeit mit Drittstaaten. In den einzelnen Rubriken werden zahlreiche<br />

<strong>Information</strong>en zu Förderprogrammen, Leistungsangeboten und Drittlandprogrammen<br />

angeboten. Besonders empfehlenswert sind die vielen EU-<br />

Links, die thematisch sortiert sind und dadurch den direkten Zugriff auf eine<br />

Site ermöglichen, ohne sich mühsam und zeitraubend durch das Labyrinth<br />

des EU-Portals klicken zu müssen.<br />

Publikationen<br />

In Ergänzung zu dem umfangreichen <strong>Information</strong>sangebot in den Datenbanken<br />

bietet die bfai Spezialwissen in Publikationen an. Unter „Publikationen“<br />

(oben im frame) öffnet sich das Angebot, das mit sechs Links die verschiedenen<br />

Produktgruppen anbietet. Die Veröffentlichungen werden als Download<br />

oder Prints, die unverzüglich auf dem Postweg versendet werden, angeboten.<br />

www.bfai.de ist aufgrund des umfassenden Service- und Leistungsangebots<br />

und nicht zuletzt aufgrund der unkomplizierten Handhabung eine sehr nützliche<br />

und empfehlenswerte Adresse.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

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