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STEINZEUG Information 08/09 - Fachverband Steinzeugindustrie eV

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<strong>Information</strong><br />

<strong>STEINZEUG</strong><br />

Infrastruktursysteme<br />

im Umbruch<br />

Kanalerneuerung<br />

mit EDS-System<br />

Online Load Control<br />

bei Vortrieb DN 1400<br />

20<strong>09</strong><br />

FV ST<br />

<strong>Fachverband</strong><br />

<strong>Steinzeugindustrie</strong> e.V.<br />

www.fachverband-steinzeug.de


Impressum<br />

Herausgeber:<br />

FVST <strong>Fachverband</strong> <strong>Steinzeugindustrie</strong> e.V.<br />

Alfred-Nobel-Straße 17<br />

50226 Frechen<br />

Tel.: 0 22 34/5 07-261<br />

Fax: 0 22 34/5 07-204<br />

E-Mail: fachverband@steinzeug.com<br />

Internet: www.fachverband-steinzeug.de<br />

www.steinzeug.com<br />

Redaktion:<br />

Bau-Ass. Dipl.-Ing. Karl-Heinz Flick<br />

Heiko Daun<br />

Dr. Gabriele Hahn<br />

Redaktionsbüro Dr. Hahn<br />

Ettighofferstraße 23<br />

53123 Bonn<br />

Tel.: 0228/464189<br />

Fax: 0228/4339261<br />

E-Mail: redaktion@hahn-bonn.de<br />

Satz:<br />

Satz+Layout Werkstatt Kluth GmbH<br />

Erftstadt<br />

Druck:<br />

Das Druckhaus<br />

Beineke Dickmanns GmbH, Kaarst-Büttgen<br />

Zum Abdruck angenommene Beiträge und Abbildungen gehen im Rahmen der gesetzlichen<br />

Bestimmungen in das Veröffentlichungs- und Verbreitungsrecht des Herausgebers über.<br />

Redaktionelle Überarbeitungen und Kürzungen liegen im Ermessen des Herausgebers.


Der Kanalbau ist hinsichtlich der offenen und geschlossenen Bauweise für<br />

eine Schwarz-/Weißbetrachtung absolut ungeeignet. Selbstverständlich können<br />

diese verschiedenen Arten des Einbaus miteinander kombiniert werden;<br />

Das trifft sowohl für den Neubau als auch für die Sanierung zu. Und somit<br />

gibt es keine überzeugenden Gründe, warum nach einer Sanierung oder<br />

nach dem Neubau der Hauptleitung die Anschlüsse nicht mit dem Rohrvortriebsverfahren<br />

erneuert werden können. Ebenso müssen sich die Bauherren<br />

fragen, warum dafür nicht auch die höchst wirtschaftliche und bewährte<br />

„Berliner Bauweise“ angewendet wird.<br />

Oftmals kennen wir viele Gründe, warum wir etwas nicht tun; dabei sollte<br />

gerade das Gegenteil erfolgen! Es muss klar sein, dass sich der Kanalbau nicht<br />

allein auf die Diskussion reduzieren lässt, welches Rohrmaterial, welches<br />

Produkt oder welcher Werkstoff ist geeigneter. Für verantwortungsbewusste<br />

Bauherren und Planer führt einfach kein Weg an der Tatsache vorbei, dass<br />

das Bauwerk Abwasserkanal in seiner Gesamtheit im Mittelpunkt stehen<br />

muss. Glaube, Hoffnung und Kurzsichtigkeit sind hier schlechte Berater.<br />

Das Thema Grundstücksentwässerung ist in der Fachöffentlichkeit schon seit<br />

vielen Jahren ein viel diskutiertes Thema. Die rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

sind inzwischen weitestgehend geklärt, der Bürger ist aufgefordert, für<br />

die Instandhaltung und gegebenenfalls Sanierung des Entwässerungssystems<br />

auf seinem Grundstück Sorge zu tragen. Die dazu notwendigen Techniken<br />

gibt es genügend. Dass die aufzubringenden Kosten hierfür schnell<br />

1.000,–, 3.000,– ja sogar bis zu 5.000,– Euro betragen können, ist auch kein<br />

Geheimnis.<br />

Die öffentlichkeitswirksame Darstellung der Grundstücksentwässerung befasst<br />

sich sehr ausführlich auch mit den vorgefundenen „Zuständen“. Völlig<br />

außen vor bleibt dabei die Tatsache, dass diese „Zustände“ durch die vielfältigsten<br />

Gründe herbeigeführt wurden. Entwässerungssysteme, die nicht<br />

zur Inspektion gebaut wurden, können auch später nicht inspiziert und<br />

saniert werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die technischen Anlagen<br />

der Grundstücksentwässerung sehr lange nicht im Blickpunkt der Abwasserfachleute<br />

standen, ja sie sogar durch De-Regulierungsmaßnahmen entzo-<br />

Ihr<br />

Editorial<br />

Farbe bekennen!<br />

gen wurden. Und die Situation der<br />

Grundstücksentwässerung betrifft<br />

nicht nur den privaten Hausbesitzer,<br />

sondern in erheblichem Maße<br />

auch die Öffentliche Hand mit ihrem<br />

Grundbesitz.<br />

Beispielhaft vorangehen, Erfahrungen<br />

weitergeben und dafür Sorge<br />

tragen, dass zukünftig die Anlagen<br />

so gebaut werden, dass sie auch inspiziert<br />

und saniert werden können;<br />

das sind die dazugehörenden Aufgaben.<br />

Beispiele hierfür existieren in<br />

Deutschland, und die – auch noch<br />

nach den Wahlen – im rein technischen,<br />

nicht ideologischen Sinne.<br />

Dipl.-Ing. Karl-Heinz Flick<br />

Geschäftsführer <strong>Fachverband</strong> <strong>Steinzeugindustrie</strong> e.V.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

1


2<br />

Inhalt<br />

32 Großrohr-Premiere: Der erste Vortrieb mit dem<br />

Vortriebsrohr DN 1400 wurde im April 20<strong>08</strong> im<br />

tschechischen Karviná durchgeführt. Zur Sicherung<br />

der Qualität und zur lückenlosen Dokumentation der<br />

Vortriebsparameter wurde bei diesem Vortrieb das<br />

System OLC – Online Load Control eingesetzt.<br />

13 Die durch den demografischen<br />

Wandel verursachten Veränderungen<br />

der Bevölkerungszahlen werden sich<br />

sehr unterschiedlich auf Deutschland<br />

verteilen. Die Aufrechterhaltung einer<br />

funktionierenden Wasserinfrastruktur<br />

unter veränderten Randbedingungen bei<br />

tragfähigen Kosten wird die zugrunde<br />

liegenden Konzepte infrage stellen.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

4 FVST-Profil: Der <strong>Fachverband</strong><br />

<strong>Steinzeugindustrie</strong> e.V. hat sich in über<br />

60 Jahren ein Profil „erarbeitet“, das<br />

hinter den Geboten einer umweltgerechten<br />

Abwasserentsorgung mit umweltfreundlichen<br />

Werkstoffen steht, die den<br />

Anforderungen im Sinne der Nachhaltigkeit<br />

entspricht.<br />

20 Erneuerung mit EDS: Das innovative EDS-<br />

System kommt hauptsächlich bei Steinzeugrohren<br />

zum Einsatz, die nur wenig bis keine<br />

statischen Schäden aufweisen. Durch den Einsatz<br />

einer speziellen Parallel-Schnitt-Technik<br />

in Verbindung mit dem Verpressen eines dauerhaft<br />

elastischen Epoxydharz-Materials (auf<br />

Elastomer-Basis), werden bei Bedarf sämtliche<br />

Muffen dichtungen einer Haltung erneuert.


40 GAEB steht zum<br />

einen für „Gemeinsamer<br />

Ausschuss Elektronik im<br />

Bauwesen“ und zum<br />

anderen für die Begrifflichkeit<br />

„Datenaustausch<br />

nach GAEB“. Der GAEB<br />

fördert als Interessengemeinschaft<br />

aller am Bau<br />

Beteiligten – IT-gestützt –<br />

eine gemeinsame Sprache<br />

im Bauwesen.<br />

36 Dipl.-Ing. Werner Suhm,<br />

Mitglied des Vorstands der<br />

Herrenknecht AG und Verantwortlicher<br />

für den Geschäftsbereich<br />

Microtunnelling (Utility<br />

Tunnelling), im Gespräch<br />

mit der FVST-Redaktion.<br />

Inhalt<br />

n Editorial<br />

Farbe bekennen! 1<br />

n Verbandsnachrichten<br />

Seit über 60 Jahren: Stark, solide, stabil 4<br />

The same procedure as … 6<br />

Seminare/Tagungen/Foren: Der FVST ist dabei 7<br />

Kurator des Kölner Abwasserforums 9<br />

Der FVST und German Water Partnership 9<br />

n Regelwerknews<br />

Normung – Von „standardmäßig“ bis „einzigartig“ 10<br />

n Forschung + Technik<br />

Demografischer Wandel – Infrastruktursysteme im Umbruch 13<br />

EDS-System – Kanalerneuerung am Stadion der 60er/München 20<br />

Planung, Bau, Betrieb und Unterhaltung von Hausanschlüssen 24<br />

Ausgrabungen in Weimar – Der Brennofen des Großherzogs 30<br />

n Baustellenbericht/-reportage<br />

Großrohr-Premiere – Online Load Control bei Vortrieb DN 1400 32<br />

n Portrait/Interview<br />

Im Gespräch mit Werner Suhm 36<br />

n Wirtschaft + Recht<br />

GAEB – eine Interessengemeinschaft aller am Bau Beteiligten 40<br />

n Messen + Kongresse<br />

IFAT 2010 – Zukünftig alle zwei Jahre 42<br />

Branchentermine im Überblick 43<br />

n Last Minute<br />

Die Steinzeug Top-Ten 44<br />

Himmlisch – Tonrohre aus dem 12. Jahrhundert 45<br />

10-jähriges Jubiläum – PIA, ein Kürzel macht Karriere 47<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

3


4<br />

Verbandsnachrichten<br />

FVST-Profil<br />

Seit über 60 Jahren: Stark, solide, stabil<br />

Der FVST <strong>Fachverband</strong> <strong>Steinzeugindustrie</strong><br />

e.V. ist trotz<br />

der relativ kleinen Mitgliederzahl<br />

ein ungemein aktiver Verband,<br />

der seinen gesetzten Zielen<br />

und Aufgaben stets gerecht wird.<br />

Auch in über 60 Jahren, auf die der<br />

FVST mit Stolz zurückblicken kann,<br />

hat sich daran nichts geändert. Seit<br />

20<strong>08</strong> zeichnen dafür der Geschäftsführende<br />

Vorstand Elk Eckert (bis<br />

September 20<strong>09</strong> Geschäftsführer<br />

der Steinzeug | Keramo-Gruppe)<br />

und der Stellvertretende Vorstand,<br />

Dipl.-Kfm. Rudolf Harsch (Geschäftsführer<br />

der Harsch Steinzeug GmbH<br />

& Co. KG, Bretten), verantwortlich.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

Die hohe Kontinuität sowie die Anerkennung der vielfältigen Aktivitäten<br />

durch die Mitglieder stehen als Beweis für gute Arbeit und stärken den Verband<br />

als Fachorganisation<br />

l für alle Themen rund um die Produkte aus Steinzeug<br />

l mit der Ausrichtung „Pro Steinzeug“ und dem klaren Profil für langlebige<br />

Bauteile<br />

Der FVST richtet sein Profil in und mit seiner Arbeit aber auf noch viel mehr<br />

aus und schärft damit die Konturen für einen hervorragenden Werkstoff,<br />

respektive für hochwertige Produkte: Neben der bereits erwähnten Langlebigkeit<br />

von Steinzeugprodukten für die Abwasserentsorgung sind das<br />

l die Wirtschaftlichkeit der eingesetzten Bauteile vor, während und auch<br />

nach ihrem Betriebseinsatz<br />

l die Schonung der Ressourcen bei der Rohstoffgewinnung<br />

l der geringe Energieverbrauch bei der Herstellung der Bauteile<br />

l der vielfältige Einsatz von Steinzeug­Bauteilen ganzer Abwassersysteme<br />

l die Dauerhaftigkeit, auch unter hohen dynamischen Belastungen<br />

Die im <strong>Fachverband</strong> organisierten Mitglieder stehen hinter diesem Profil,<br />

d.h., sie stehen hinter den Geboten einer umweltgerechten Abwasserentsorgung<br />

mit umweltfreundlichen Werkstoffen, die den Anforderungen im<br />

Sinne der Nachhaltigkeit entspricht.<br />

Elk Eckert Rudolf Harsch Werner Müller, langjähriger<br />

Geschäftsführender Vorstand<br />

60 Jahre Fachkompetenz<br />

In jedem einzelnen der 60<br />

Jahre stecken höchste Fachkompetenz<br />

für alle Themen<br />

zu Steinzeug: für den Werkstoff,<br />

für seine Eigenschaften,<br />

für seine Bauteile, für seine<br />

Verwendung bei Planung und<br />

Bau von Abwasserkanälen.<br />

60 Jahre höchste Fachkompetenz<br />

hat der FVST in die<br />

Regelwerks­Arbeit und in die<br />

Fortbildung eingebracht: mit


viel Energie, mit viel Augenmaß, mit hohem zeitlichen Einsatz – und natürlich<br />

mit Erfolg, selbstverständlich auch für die Mitglieder. Regelwerksarbeit<br />

heißt Gremienarbeit, Ausschuss arbeit, die Zähigkeit einerseits und<br />

Kompromissbereitschaft andererseits erfordert; bei DWA, DIN und auf der<br />

europäischen Ebene CEN. Darauf kann der Verband stolz sein, darauf kann<br />

er weiter bauen.<br />

60 Jahre FVST heißt auch 60 Jahre Nähe zu den Themen der Kanalisation,<br />

dem konsequenten Ansatz zu Planung und zum Bau langlebiger Kanalisationssysteme.<br />

In 60 Jahren hat der <strong>Fachverband</strong> neben seinen satzungsgemäßen<br />

Aufgaben natürlich auch Überzeugungsarbeit für den Werkstoff Steinzeug<br />

geleistet. Eine Leistung, die neutral, kostengünstig und fair erbracht<br />

wurde und die auch weiterhin erbracht wird.<br />

Selbstbewusst in die Zukunft<br />

So, wie sich die Technik rund um die Produktion und den Einsatz von Steinzeugprodukten<br />

ändert, ändern sich auch die Themen. Aus den verschiedensten<br />

Gründen erweitert sich das Themenspektrum, die Blickwinkel verschieben<br />

sich. Immer mehr treten Themen wie<br />

l Betriebsanforderungen<br />

l Änderungen der Abwassermengen<br />

Kurzgefasst<br />

16.12.1947 Gründung des <strong>Fachverband</strong>es im Clubhaus „Funkenburg“ in Köln<br />

1. Vorsitzender: Joseph Kleinsorg<br />

Stellv. Vorsitzender: Carl Ludwig Grosspeter<br />

21.10.1954 Festschreibung der 1. Satzung<br />

12.04.1955 Eintragung in das Vereinsregister beim Amtsgericht Köln<br />

Verbandsnachrichten<br />

l Sanierung bestehender Netze<br />

durch Reparatur oder Erneuerungsverfahren<br />

l Wirtschaftlichkeitsfragen<br />

l Fragen zur Substanzerhaltung<br />

in den Vordergrund und müssen<br />

berücksichtigt, diskutiert und/oder<br />

gelöst werden. Das gilt für alle Materialien,<br />

nicht nur für Steinzeug, und<br />

gerade deshalb sind der Verband<br />

und seine Mitglieder besonders gefragt<br />

und gefordert. Diesen Herausforderungen<br />

wird man sich stellen,<br />

dafür wird man stark sein. So, wie in<br />

60 Jahren mit Kontinuität und Stabilität<br />

unter dem Namen FVST gemeinsame<br />

Arbeit mit Erfolg geleistet<br />

wurde, so wird man auch in Zukunft<br />

solide und seriös im wahrsten Wortsinn<br />

auf den Werkstoff Steinzeug<br />

bauen.<br />

zweite Hälfte Aufnahme von Beziehungen zu europäischen und amerikanischen Steinzeugder<br />

50-er Jahre herstellern<br />

1957 Gründung der Fédération Européenne des Fabricants de Tuyaux en Grés<br />

(Feugrés) und Vertretung der deutschen Hersteller durch den <strong>Fachverband</strong><br />

15.10.1963 Bezug des neu errichteten Verwaltungs- und Laborgebäudes von <strong>Fachverband</strong><br />

und Forschungsgesellschaft in Frechen (heute Köln-Marsdorf)<br />

2005 Umzug nach Frechen<br />

aktueller Vorstand: Geschäftsführender Vorstand: Elk Eckert, <strong>Fachverband</strong> <strong>Steinzeugindustrie</strong> e.V.,<br />

Frechen;<br />

Stellv. Vorstand: Rudolf Harsch, Harsch Steinzeug GmbH & Co. KG, Bretten<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

5


6<br />

Verbandsnachrichten<br />

FVST beim IRO<br />

The same procedure as …<br />

Kontakt<br />

Am 5. und 6. Februar 20<strong>09</strong><br />

wurde zum 23. Mal für zwei<br />

Tage das Institut für Rohrleitungsbau<br />

an der Fachhochschule<br />

Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven<br />

zum Dreh­ und Angelpunkt<br />

des Rohrleitungsbaus. In sämtlichen<br />

Räumlichkeiten in der Ofener Straße<br />

(innen und außen) wurde das<br />

Unters te zu Oberst gekrempelt: das<br />

Oldenburger Rohrleitungsforum<br />

öffnete unter dem Motto „Rohrleitungen<br />

– Stand der Wissenschaft<br />

aus der Stadt der Wissenschaft“<br />

seine Tore.<br />

Viele Fachleute traten Anfang Februar<br />

tatsächlich zum 23. Mal den<br />

Weg nach Oldenburg zum Oldenburger<br />

Rohrleitungsforum an. Zum<br />

ersten Mal war es allerdings ein<br />

Aufenthalt in der „Stadt der Wissenschaft“.<br />

Verdient hat es die Stadt<br />

allemal, sogar, wenn sich diese erst<br />

kürzlich erworbene Auszeichnung<br />

nur auf den Rohrleitungsbau, respektive<br />

auf die entsprechenden Institute<br />

und Institutionen beziehen würde.<br />

Nicht umsonst platzt das Forum aus<br />

allen Nähten, nicht umsonst sind die<br />

Ausstellungsflächen hart umkämpftes<br />

Terrain.<br />

Institut für Rohrleitungsbau an der<br />

Fachhochschule Oldenburg e.V.<br />

Ofener Straße 18<br />

26121 Oldenburg<br />

Tel.: 04 41/36 10 39­0<br />

Fax: 04 41/36 10 39­10<br />

E­Mail: ina.kleist@iro­online.de<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

Und natürlich konnte sich die Fachwelt auch im Februar 20<strong>09</strong> auf ein höchst<br />

interessantes Rohrleitungs forum in der übersichtlichen aber wuseligen Atmosphäre<br />

des Institutes freuen. Wie gewohnt, war auch der <strong>Fachverband</strong><br />

<strong>Steinzeugindustrie</strong> e.V. wieder mit einem Vortragsblock auf dem Oldenburger<br />

Rohrleitungsforum vertreten. Thematischer Mittelpunkt war der Werkstoff<br />

Steinzeug mit seinen außergewöhnlichen positiven Eigenschaften, die<br />

sich auch in Energie­ und CO 2­Bilanzen widerspiegeln.<br />

Am 11. und 12. Februar 2010 steht das Oldenburger Rohrleitungsforum<br />

unter dem Motto: „Rohrleitungen und deren Netzwerke – Lebensadern der<br />

Gesellschaft.“ Wie gewohnt, wird sich der FVST auch hier wieder präsentieren<br />

(s. Kasten).<br />

Vortragsblock Steinzeug<br />

11. Februar 2010, 15:30 –17:00 Uhr<br />

Moderation: Bauass. Dipl.-Ing. Karl-Heinz Flick<br />

<strong>Fachverband</strong> <strong>Steinzeugindustrie</strong> e.V., Frechen<br />

Vorträge:<br />

Eisenbahnverkehrslasten und Anforderungen<br />

an Abwasserkanäle<br />

Eigenschaften und Eignung von Rohrmaterialien<br />

im Lasteinzugsbereich von Bahnanlagen<br />

Referent: Dipl.-Ing. Stefan Herborn<br />

DB Netze, Koblenz<br />

Innovative Wege bei der Netzbewirtschaftung<br />

Instandhaltungskonzepte unter Einbeziehung von Forschung,<br />

Hochschule und Industrie<br />

Referent: Dipl.-Ing. Dirk Behrends<br />

BEG Logistics GmbH, Bremerhaven<br />

Anforderungen an Rohrmaterialien für Abwassernetze<br />

Die richtige Wahl für wirtschaftliche Lösungen<br />

Referent: Dipl.-Ing. Dietmar T. Böhme<br />

<strong>STEINZEUG</strong> Abwassersysteme GmbH, Frechen<br />

Weitere <strong>Information</strong>en zum 24. Oldenburger Rohrleitungsforum<br />

erhalten Sie unter den angegebenen Kontaktmöglichkeiten.


Sowohl der Erfahrungsaustausch unter Fachkollegen als auch die Weitergabe<br />

von Berufserfahrung und fachlichem Know­how an den interessierten<br />

Nachwuchs bei Fort­ und Weiterbildungsmaßnahmen sind<br />

durch kein noch so gutes Literatur­ oder Internet­<strong>Information</strong>sangebot ersetzbar.<br />

Das unmittelbare Gespräch und die gezielte Diskussion bieten eine<br />

direkte und effektive Auseinandersetzung mit Themen und Problemen. Der<br />

FVST ist seit vielen Jahren in der Fort­ und Weiterbildung aktiv, um diese<br />

Auseinandersetzung zu fördern und zu unterstützen.<br />

... bei ­Veranstaltungen<br />

Zum Seminar „Fachgerechte Herstellung von Abwasserkanälen und<br />

­leitungen“ hatte im September 20<strong>08</strong> die DWA in‘s bayerische Ismaning<br />

eingeladen. Das DWA­Arbeitsblatt A 139 bildete zusammen mit der DIN EN<br />

1610 den roten Faden, an dem sich die einzelnen Beiträge orientierten. „Die<br />

Ziele des Planers und des Auftraggebers müssen ganz eindeutig formuliert<br />

sein, um sie durchzusetzen“, lautete eine wichtige Quintessenz von Bauass.<br />

Dipl.­Ing. K.­H. Flick (FVST), der als Referent und zusammen mit Dr.­Ing. H.<br />

Friede (Gütegemeinschaft Güteschutz Kanalbau) als Seminarleiter tätig war.<br />

„Pauschale Aussagen ohne Beleg führen nicht zum gewünschten Ziel“, so<br />

Flick abschließend. Nicht weniger deutlich wurde auch, dass Planung und<br />

Bauausführung im Wesentlichen durch die bodenmechanischen Einflüsse<br />

bestimmt werden und dass Patentlösungen oft nicht zum Ziel führen. Natürlich<br />

gilt dies auch für so genannte einfache Baumaßnahmen.<br />

Mit Erscheinen des neuen Arbeitsblattes DWA­A 139 startet dann in 2010<br />

die neue Seminarreihe mit dem abgeänderten Titel „Einbau und Prüfung<br />

von Abwasserleitungen und ­kanälen“; die Seminarleitung obliegt dann<br />

Bau­Ass. Dipl.­Ing. Karl­Heinz Flick und Dipl.­Ing. Henning Werker (StEB<br />

Köln).<br />

Das DWA­Seminar „Rohrvortrieb, Microtunnelbau und verwandte Verfahren<br />

(nach dem neuen DWA­Arbeitsblatt A 125)“ in Bad Nauheim<br />

erfuhr aufgrund seiner hohen Aktualität besonderen Zuspruch.<br />

Mit dem im Dezember<br />

20<strong>08</strong> veröffentlichten<br />

und grundlegend überarbeiteten<br />

Arbeitsblatt A<br />

125 der DWA steht nun ein<br />

modernes Grundlagenwerk<br />

für das grabenlose Bauen zur<br />

Verfügung. Das erste Seminar<br />

dazu befasste sich natürlich<br />

auch mit den einzubauenden<br />

Rohren, für die in dem Arbeits­Arbeits­<br />

Verbandsnachrichten<br />

Seminare/Tagungen/Foren<br />

Der FVST ist dabei<br />

blatt ebenfalls aktualisierte Anforderungen<br />

festgelegt wurden. Über<br />

den Einsatz von Steinzeugrohren<br />

referierte Bauass. Dipl.­Ing. K.­H.<br />

Flick, FVST, und stellte u.a. die technischen<br />

Grundlagen zur Dimensionierung<br />

der Rohre vor. Die für<br />

Steinzeug neben den bekannten<br />

Werkstoffeigenschaften besonders<br />

für den Vortrieb hervorzuhebenden<br />

Parameter sind:<br />

l Planparallelität der Stirnflächen<br />

l Maßgenauigkeit in der Druckübertragung<br />

l höchste spezifische Längsdruckfestigkeiten<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

7


8<br />

Verbandsnachrichten<br />

l schmale Bauteilabmessungen<br />

l Verschleißfestigkeit<br />

l absolute Robustheit innen und<br />

außen<br />

Mit allen Vorträgen wurde deutlich,<br />

dass der Rohrvortrieb heute eine<br />

unverzichtbare Standardbauweise<br />

darstellt. Das gilt nicht nur für Fälle,<br />

in denen die offene Bauweise bautechnisch<br />

unmöglich ist; Gerade in<br />

Zeiten ökologisch und ökonomisch<br />

ausgerichteter Diskussionen steht<br />

die geschlossene Bauweise als Alternative<br />

zur offenen immer häufiger<br />

im Vordergrund.<br />

Im November 20<strong>09</strong> folgten entsprechende<br />

Seminare in Dresden und<br />

Hamburg, die auch in 2010 fortgesetzt<br />

werden sollen.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

Die „DWA­Kanalbautage“ finden jährlich statt und in bewährter Weise<br />

in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Städtetag, der Gütegemeinschaft<br />

Güteschutz Kanalbau und den Rohrherstellerverbänden FVST, FGR, FBS und<br />

KRV.<br />

Augsburg war in 20<strong>08</strong> Tagungsort, Marburg in 20<strong>09</strong>. Für die 7. Kanalbautage<br />

am 4./5. Mai 2010 wird Celle Tagungsort sein. Dipl.­Ing. Henning<br />

Werker wird dann die Leitung zu den Themen „Qualitätssichernde Grundlagen<br />

und Vorgaben bei der Planung, Ausschreibung und Bauausführung“<br />

übernehmen.<br />

... beim<br />

Das Wasserforschungszentrum (wfz) Stuttgart ist ein ingenieurorientiertes,<br />

institutsübergreifendes Zentrum für Wasserforschung, das Lehre (Studium),<br />

Ausbildung (Doktoranden), Forschung und Praxis unterstützt und interdisziplinäres<br />

Vernetzen und Technologietransfer ermöglicht. Es wurde im Jahr<br />

2007 vom Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte­ und Abfallwirtschaft<br />

und vom Institut für Wasserbau der Universität Stuttgart mit dem Ziel gegründet,<br />

Kompetenzen im Bereich Wasser zu bündeln und in Kooperation<br />

mit weiteren nationalen und internationalen Akteuren der Wasserwirtschaft<br />

ganzheitliche Lösungen für die vielfältigen Fragestellungen rund um das<br />

Wasser zu entwickeln.<br />

Am 11. und 12. November 20<strong>08</strong> fand im Rathaus Stuttgart unter Leitung<br />

von Prof. Dr.­Ing. Ulrich Rott und Prof. Dr.­Ing. Heidrun Steinmetz (Wasserforschungszentrum<br />

Stuttgart/Institut für Siedlungswasserbau, Wasser güte­<br />

und Abfallwirtschaft) die „Nationale Auftaktkonferenz zum 5. World Water<br />

Forum“ statt.<br />

Die Auftaktkonferenz mit Vertretern zahlreicher Institutionen bot eine Vortrags­<br />

und Diskussionsplattform für deutsche Akteure im Bereich der internationalen<br />

Wasserwirtschaft. Bauass. Dipl.­Ing. K.­H. Flick vertrat mit seinem<br />

Vortrag „Siedlungsentwässerung – technische und wirtschaftliche Bedeutung“<br />

das Mitgliedsunternehmen <strong>STEINZEUG</strong> Abwassersysteme GmbH.<br />

Die Ergebnisse der Konferenz wurden vom wfz im März 20<strong>09</strong> auf dem<br />

5. World Water Forum in Istanbul vorgestellt.


Bauassessor Dipl.-Ing. Karl-Heinz Flick, FVST-Geschäftsführer, ist seit<br />

Juli 20<strong>08</strong> Kuratoriums-Vorsitzender des Kölner Abwasserforum e.V.<br />

Dr. Dorothea Wiktorin, Geographisches Institut der Universität zu Köln,<br />

wurde aus der Wissenschaft als seine Stellvertreterin nominiert.<br />

Zweck dieses 1992 gegründeten Abwasserforums Köln e.V., ist die Förderung<br />

des Naturhaushaltes im Sinne des Natur­, Umwelt­, Gewässer­ und<br />

Hochwasserschutzes. Tätigkeitsschwerpunkt des Vereins ist der Schutz des<br />

Wassers durch die Förderung und Unterstützung der Erhaltung des natürlichen<br />

Wasserkreislaufes und der Fernhaltung gefährlicher Stoffe nach dem<br />

neuesten Stand der Technik. Durch Maßnahmen der außerschulischen Bildung,<br />

fachlichen Weiterbildung, Vorträge, Fachtagungen, Besichtigungen,<br />

Ausstellungen, Publikationen und insbesondere durch die Villa Öki, eine Umweltschule<br />

auf dem Gelände des Großklärwerks Köln­Stammheim, werden die<br />

gesteckten Ziele umgesetzt.<br />

Im April 20<strong>08</strong> wurde in Berlin der Verein German Water Partnership<br />

(GWP) neu gegründet. Hervorgegangen aus dem Verein German Water,<br />

soll GWP nun durch professionelles Handeln und Auftreten seine Aufgaben<br />

erfüllen und den Bekanntheitsgrad erhöhen. Seit Mai 20<strong>08</strong> gibt es<br />

eine Geschäftsstelle in Berlin, seit Juli mit Dipl.­Ing. Stefan Girod, früher<br />

<strong>STEINZEUG</strong> Abwassersysteme, einen hauptamtlichen Geschäftsführer.<br />

German Water Partnership wird von fünf Ministerien gemeinschaftlich unterstützt.<br />

Die Exportinitiative der Bundesregierung erwartet einiges vom<br />

Auftreten der deutschen Wasserwirtschaft im Ausland. GWP zählt inzwischen<br />

über 200 Mitglieder aus Universitäten, Consultants, Lieferanten, Baufirmen<br />

und Betreibern.<br />

Auf der Jahreskonferenz am 4. Juni 20<strong>08</strong> wurden die drei Plattformen „<strong>Information</strong>“,<br />

„Geschäftsentwicklung“ und „Innovation“ aufgestellt, die<br />

das gemeinsame Arbeiten erleichtern sollen. Der <strong>Fachverband</strong> Steinzeug ­<br />

industrie e.V. ist Partner von GWP und arbeitet in der Plattform „<strong>Information</strong>“<br />

mit, deren erste Sitzung am 15. September 20<strong>08</strong> in Dortmund stattgefunden<br />

hat.<br />

Verbandsnachrichten<br />

FVST-Geschäftsführer ist ...<br />

Kurator des Kölner Abwasserforums<br />

Das Kuratorium des Abwasserforums<br />

steht dem Vorstand beratend zur<br />

Seite, vor allem, um den Bekanntheitsgrad<br />

der Umweltschule Villa<br />

Öki überregional zu steigern und<br />

somit als ein UN­Dekade­Projekt<br />

2007/20<strong>08</strong> für Nachhaltige Bildung<br />

weiter zu fördern.<br />

Der FVST und ...<br />

... German Water Partnership<br />

Die Stimmung auf den ersten Treffen<br />

generell war sehr positiv. Ob sich die<br />

hohen und recht unterschiedlichen<br />

Erwartungen auch erfüllen werden,<br />

wird die Zukunft zeigen.<br />

Kontakt<br />

German Water Partnership e.V.<br />

Reinhardtstraße 32<br />

10117 Berlin<br />

Tel.: +49 (0)30/30 01 99­1221<br />

Fax: +49 (0)30/30 01 99­3220<br />

Internet:<br />

www.germanwaterpartnership.de<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

9


10<br />

Regelwerknews<br />

Normung – Überprüfung|Überarbeitung|Neuerscheinung<br />

Von „standardmäßig“ bis „einzigartig“<br />

Der <strong>Fachverband</strong> <strong>Steinzeugindustrie</strong><br />

e.V. wirkt seit vielen<br />

Jahren aktiv in der Regelwerksarbeit<br />

mit, um gemeinsam mit<br />

den am Bau Beteiligten klare und<br />

nachvollziehbare Regelung zu erstellen,<br />

ohne dabei die individuelle<br />

Planung und Ausführung einzuschränken.<br />

Öffnungsklauseln für<br />

technische Fortschritte sollten im<br />

Regelwerk immer enthalten sein. Für<br />

den Bau von Abwasserkanälen und<br />

-leitungen in der offenen und geschlossenen<br />

Bauweise sind und werden<br />

in diesem Jahr neue grundlegende<br />

technischen Regeln bearbeitet<br />

und veröffentlicht.<br />

In Deutschland sind für die Regelwerkserstellung<br />

in der Abwassertechnik<br />

und insbesondere im Kanalbau<br />

verschiedene Organisationen tätig:<br />

die Normen werden ausschließlich<br />

vom DIN Deutsches Institut für Normung<br />

in Berlin erarbeitet. Das DIN<br />

vertritt die deutschen Interessen in<br />

der europäischen Normung durch<br />

das CEN European Committee for<br />

Standardization. Darüber hinaus ist<br />

die DWA als technisch-wissenschaftliche<br />

Vereinigung die Organisation<br />

in Deutschland, die bezogen auf die<br />

Abwassertechnik, mit Merk- und<br />

Arbeitsblättern ein umfassendes und<br />

anerkanntes technisches Regelwerk<br />

herausgibt.<br />

Die Regelungstiefe der Normen,<br />

Merk- und Arbeitsblätter ist unter-<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

schiedlich; sie reicht von Rahmenangaben bis zu konkreten Regelungen.<br />

Dort, wo Details geregelt sind, müssen diese auch eingehalten werden,<br />

oder das Abweichen ist im Einzelfall zu begründen. Grundsätzlich befreit die<br />

Anwendung von Normen und technischen Regeln den Anwender nicht von<br />

seiner Verantwortung.<br />

DWA-A 125 Rohrvortrieb und verwandte Verfahren<br />

Das grundlegende und in der Fachwelt einzigartige Regelwerk zum Rohrvortrieb<br />

ist im Dezember 20<strong>08</strong> erschienen. Mit dem Arbeitsblatt DWA-A 125<br />

steht ein besonderes nationales technisches Regelwerk als Ergänzung zur<br />

DIN EN 12889 zur Verfügung; Für die unterirdische Bauweise stellt es ein<br />

Grundlagenwerk dar. Für Steinzeug herauszuheben sind:<br />

Aktualisierung der Werkstoff- und Produktangaben, u.a. mit der Ergänzung<br />

der Steinzeug-Nennweiten um die verfügbaren DN 1200 und 1400<br />

und der Bezugnahme auf DIN EN 295 und DIN CERTCO ZP WN 295<br />

Identische Werkstoffangaben in DWA-A 161 und DWA-A 127 als Grundlagen<br />

für die statische Berechnung<br />

Abgrenzung von Rohrvortrieb zu verwandten Verfahren der unterirdischen<br />

Bauweise<br />

DWA-A 125 Rohrvortrieb Veröffentlicht im<br />

Dezember 20<strong>08</strong><br />

DWA-A 139 Einbau und Prüfung Gelbdruck veröffentlicht<br />

in 20<strong>08</strong>; der Weißdruck<br />

wird in 20<strong>09</strong> veröffentlicht<br />

DWA-A 161 Statische Berechnung<br />

von Vortriebsrohren<br />

DWA-A 127 Statische Berechnung<br />

von Abwasserkanälen<br />

und -leitungen<br />

In Überarbeitung;<br />

Gelbdruck in 2010<br />

In Überarbeitung<br />

DIN EN 1610 Herstellung und Prüfung Überprüfung durch CEN<br />

in 20<strong>09</strong> eingeleitet<br />

Steinzeug-Norm<br />

DIN EN 295 Steinzeugrohre<br />

Teile 1 bis 7<br />

In Überarbeitung; nächster<br />

Bearbeitungsschritt ist<br />

die CEN-Umfrage


Erweiterte Erfassung und Protokollierung von Vortriebsparametern durch<br />

die Messung der räumlichen Abwinkelung am Anfang des Rohrstrangs<br />

Verbesserte Planungsgrundlagen zur Bodenbeurteilung<br />

Verknüpfung zu DWA-A 161 Statische Berechnung<br />

Umfangreiche Darstellung zur Querung von Verkehrswegen<br />

Kapitel „Wirtschaftlichkeit“ mit Verweis auf die wirtschaftlichen Vorteile<br />

des Rohrvortriebs<br />

DWA-A 139 Einbau und Prüfung von Abwasserleitungen<br />

und -kanälen<br />

Eine Überarbeitung dieses Arbeitsblattes wurde erforderlich, um notwendige<br />

Anpassungen vorzunehmen. Das Grundlagendokument DIN EN 1610<br />

stammt aus dem Jahr 1997, das derzeitige Arbeitsblatt ATV-DVWK-A 139 aus<br />

dem Jahr 2000. Die Veröffentlichung des neuen DWA-A 139 ist in diesem<br />

Jahr noch zu erwarten. Änderungen und Ergänzungen wurden zu folgenden<br />

Themen vorgenommen:<br />

Anforderungen an Planung und Ausschreibung, u.a. mit Angaben zur<br />

Ausführungsplanung<br />

Baugrund und seine Bestimmung und Prüfung<br />

Kurzbaugruben<br />

Herstellung des Leitungsgrabens<br />

Verbau<br />

Selbstverdichtende Verfüllmaterialien<br />

Weitergehende Aussagen zur Dichtheitsprüfung<br />

Qualifikationen<br />

Arbeitsschutz<br />

Zusätzliche Anhänge wurden zu folgenden Themen erstellt:<br />

– Güteüberwachung und Anforderungen beim Einbau „selbstverdichtender“<br />

Verfüllmaterialien<br />

– Formblätter für die Dichtheitsprüfung<br />

– Abweichungen/Toleranzen<br />

Der Inhalt des DWA-A 139 berücksichtigt die in Deutschland bekannten und<br />

anerkannten zusätzlichen Regelungen und Randbedingungen für Planung,<br />

Bau und Prüfung von Abwasserleitungen und -kanälen.<br />

Bezug nehmend auf das DWA-Arbeitsblatt A 127 Statische Berechnung von<br />

Abwasserkanälen und -leitungen wurden jetzt in DWA-A 139 weitergehende<br />

Aussagen getroffen zu:<br />

Überwachung von Bauteilen<br />

Leitungszone mit Rohrbettung und Rohrauflager<br />

Anschlüsse<br />

Prüfung des Bodens nach dem Einbau<br />

Prüfung der Bodenverdichtung<br />

Prüfung der Rohrverformung<br />

Ergänzend zu den Bestimmungen in DIN EN 1610 und ATV-DVWK-A 139<br />

kommen Herstelleranleitungen hinzu, die den Einsatz von Bauteilen herstellerspezifisch<br />

regeln.<br />

Der Vollständigkeit halber ist noch auf die Herstellung von Abwasserleitungen<br />

im Bereich der Grundstücksentwässerung zu verweisen. Dort gelten die<br />

Regelwerknews<br />

DIN EN 12056 und zusätzlich die in<br />

Deutschland in 20<strong>08</strong> veröffentlichte<br />

DIN 1986-100 Entwässerungsanlagen<br />

für Gebäude und Grundstücke.<br />

Für die Bauausführung von<br />

Leitungen außerhalb der Gebäude<br />

wird bei der Grundstücksentwässerung<br />

auf DIN EN 1610 verwiesen.<br />

Damit steht für die Herstellung von<br />

Abwasserleitungen und -kanälen<br />

unabhängig von deren Lage, im privaten<br />

oder öffentlichen Bereich, ein<br />

durchgehendes technisches Regelwerk<br />

zur Verfügung.<br />

DWA-A 161 und A 127<br />

Beide Arbeitsblätter werden seit<br />

geraumer Zeit überarbeitet; A 161<br />

bereits seit 2001. Wie das DWA-<br />

Arbeitsblatt A 125 stellen auch sie<br />

Grundlagenwerke dar und kommen<br />

ungeachtet ihrer Herkunft in vielen<br />

Ländern Europas zur Anwendung.<br />

Gemeinsamkeiten bei der Überarbeitung<br />

beider Arbeitsblätter bestehen<br />

hinsichtlich der Angaben zu<br />

den Werkstoffen, deren technischen<br />

Grundlagen sowie in der kompletten<br />

Neufassung der Straßenverkehrslasten<br />

auf der Grundlage des<br />

DIN-Fachberichts FB 101.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

11


12<br />

Regelwerknews<br />

DWA-A 161 Statische Berechnung<br />

von Vortriebsrohren<br />

Zum derzeitigen Arbeitsstand ist<br />

besonders auf folgende Punkte zu<br />

verweisen:<br />

Einbeziehung der in A 125 beschriebenen<br />

Einbauverfahren<br />

Änderungen bei der Ermittlung<br />

der Belastungen aus Erdlasten<br />

Grundlegende Änderung der Bestimmung<br />

der Vortriebskraft unter<br />

Einbeziehung der Eigenschaften des<br />

Druckübertragungsmittels, der<br />

Druckverteilung in der Druckübertragungsfläche,<br />

der Verwinkelung<br />

beim Vortrieb und der Einbeziehung<br />

des Vortriebsverfahrens<br />

DWA-A 127 Statische Berechnung<br />

von Abwasserleitungen<br />

und -kanälen<br />

Für die statische Berechnung von<br />

Abwasserkanälen und -leitungen<br />

gilt das ATV-DVWK-Arbeitsblatt A<br />

127 Statische Berechnung von Abwasserkanälen<br />

und -leitungen. Dieses<br />

Arbeitsblatt existiert bereits in<br />

der 3. Auflage mit Ausgabedatum<br />

2000. Seine Anwendung setzt voraus,<br />

dass:<br />

die Bauausführung entsprechend<br />

DIN EN 1610 durchgeführt<br />

wird<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

Auflagerung und Einbettung entsprechend nach DIN EN 1610 und sowie<br />

den Vorgaben nach ATV-DVWK-A 139 erfolgen<br />

bei der Berechnung der Erdlast die Art des Verbaus zu berücksichtigen<br />

ist<br />

Belastung und Reaktion über die Rohrlänge gleichmäßig verteilt sind<br />

keine Längsbiegung oder Punktlast auf den Rohren oder deren Verbindungen<br />

entstehen<br />

Weitere Voraussetzungen sind, dass:<br />

die zu berechnenden Bauteile hinsichtlich ihrer Werkstoffkennwerte entsprechend<br />

denen des Arbeitsblattes DWA-A 127 angegeben sind<br />

die Rohrarten ebenfalls dem DWA-A 127 zuzuordnen sind.<br />

Derzeit steht mit ATV-DVWK-A 127 eine Berechnungsmethode zur statischen<br />

Berechnung von Rohren mit Vollwandquerschnitten zur Verfügung.<br />

Zur Berechnung von Bauteilen mit profilierter Rohrwandung werden ergänzende<br />

Hinweise gegeben. Ein Rechenverfahren zur Berechnung dieser Rohre<br />

ist bei der DWA in Vorbereitung.<br />

Der statische Nachweis der Rohrleitung ist Teil der Planungsaufgabe und<br />

muss vor dem Einbau erfolgen. Änderungen der Bauausführung müssen<br />

hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf den statischen Nachweis der Rohrleitung<br />

überprüft werden, Neuberechnungen können daher erforderlich werden.<br />

Die statische Berechnung einschließlich der Belastungsangaben sind auf der<br />

Baustelle unverzichtbare Ausführungsunterlagen.<br />

DIN EN 1610<br />

Derzeit läuft die Abfrage zur Überarbeitung der aus dem Jahre 1997 stammenden<br />

Erstausgabe.<br />

DIN EN 295<br />

Die Überarbeitung der Teile 1 bis 7 wird in diesem Jahr soweit zu Ende gebracht,<br />

dass die CEN-Umfrage in 2010 starten kann.


Kanäle und Wasserversorgungsnetze als wichtige Komponenten konventioneller<br />

urbaner Wasserinfrastruktursysteme haben technische<br />

Nutzungsdauern von deutlich über 50 Jahren. Es zeichnen sich langfristige<br />

Veränderungen im Umfeld der Wasserinfrastruktursysteme ab, die in<br />

den kommenden Jahrzehnten erhebliche Auswirkungen auf den Betrieb der<br />

Systeme haben können. Für Deutschland von besonderer Relevanz ist der<br />

demografische Wandel, der u.a. zu einem deutlichen Rückgang der Nutzerzahlen<br />

für die vorhandenen Infrastruktursysteme führen wird. Im Folgenden<br />

Forschung + Technik<br />

Infrastruktursysteme im Umbruch<br />

Auswirkungen des demografischen Wandels<br />

und weiterer Umfeldveränderungen<br />

auf die Wasserinfrastruktursysteme in Siedlungen<br />

1) Ab 2006 Ergebnisse der 11. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung. –<br />

2)<br />

Variante Geburtenhäufigkeit Lebenserwartung jährlicher Wanderungssaldo<br />

1-W1<br />

1-W2<br />

Entwicklung der Bevölkerungszahl in Deutschland 1)<br />

„Mittlere“ Bevölkerung. Untergrenze (Variante 1-W1)<br />

und Obergrenze (Variante 1-W2) 2)<br />

konstant<br />

konstant<br />

Basisannahme<br />

Basisannahme<br />

100.000<br />

200.000<br />

Abb. 1: Entwicklung der Bevölkerungszahl in Deutschland nach Statistischem<br />

Bundesamt (2006)<br />

werden wichtige Auswirkungen des<br />

demografischen Wandels in<br />

Deutschland sowie dessen Auswirkungen<br />

auf die Wasserinfrastruktursysteme<br />

beschrie ben. Anschließend<br />

werden weitere Einflussparameter<br />

aufgezeigt, die zu Veränderungen<br />

wichtiger Rahmenbedingungen für<br />

Konzeption und Betrieb unserer<br />

Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungssysteme<br />

führen können.<br />

Demografischer Wandel in<br />

Deutschland<br />

Die demografische Entwicklung ergibt<br />

sich im Wesentlichen aus den<br />

demografischen Komponenten Geburtenhäufigkeit,<br />

Sterblichkeit und<br />

Wanderungen. Im Rahmen der 11.<br />

koordinierten Vorausberechnung<br />

des Statistischen Bundesamtes wurden<br />

Variantenberechnungen durchgeführt,<br />

die mit unterschiedlichen<br />

Annahmen zur künftigen Entwicklung<br />

dieser Komponenten rechnen<br />

(Statistisches Bundesamt, 2006).<br />

Abb. 1 zeigt diese Entwicklung.<br />

Danach ist für Deutschland mit einem<br />

deutlichen Rückgang der Bevölkerungszahl<br />

von heute 82 Mio.<br />

Einwohner um 10 % (Variante mit<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

13


14<br />

2<br />

Forschung + Technik<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

Bremen<br />

Kiel<br />

Hamburg<br />

Hannover<br />

Schwerin<br />

Amsterdam Potsdam<br />

Liège<br />

Düsseldorf<br />

Wiesbaden<br />

Berlin<br />

Szczecin<br />

Künftige kleinräumige Bevölkerungsdynamik<br />

Magdeburg Veränderung der Bevölkerungszahl<br />

Erfurt<br />

Dresden<br />

Praha<br />

im Zeitraum 2005-2025 in %<br />

bis unter -10<br />

-10 bis unter -3<br />

Luxembourg Mainz -3 bis unter 3<br />

100 km<br />

Saarbrücken<br />

Strasbourg<br />

Zürich<br />

Stuttgart<br />

München<br />

Innsbruck<br />

© BBR Bonn 20<strong>08</strong><br />

3 bis unter 10<br />

10 und mehr<br />

Datenbasis: BBR-Bevölkerunsgprognose<br />

2005-2025/bbw<br />

Geometrische Grundlage: BKG,<br />

Verbandsgemeinden, 31.12.2005<br />

Abb. 2: Regionale Bevölkerungsentwicklung bis 2020 in Deutschland Quelle: BBR, Raumordnungsbericht 2005, S. 85<br />

fast konstanter Geburtenhäufigkeit<br />

und moderatem Anstieg der Lebenserwartung,<br />

Wanderungssaldo von<br />

200.000 Personen) oder um 17 %<br />

(Wanderungssaldo von 100.000<br />

Personen) auf 74 bzw. 69 Mio. im<br />

Jahr 2050 zu rechnen. Werden für<br />

alle drei Komponenten die höheren<br />

Annahmen eingesetzt, würde sich<br />

eine maximale Bevölkerungszahl<br />

von 79,5 Mio. Einwohnern, bei den<br />

niedrigeren Annahmen dagegen<br />

von 67 Mio. ergeben.<br />

Die Entwicklung der Bevölkerungszahl<br />

wird in einzelnen Regionen<br />

sehr unterschiedlich ausfallen. Bereits<br />

in den 90er Jahren zeigten sich<br />

große Unterschiede zwischen dem<br />

Osten und Westen Deutschlands:<br />

Während in Westdeutschland ein<br />

relativer Dekonzentrationsprozess<br />

stattfand – die ländlich-peripheren<br />

Räume erwiesen sich als besonders<br />

wachstumsstark – ergab sich in Ostdeutschland ein relativer Konzentrationsprozess,<br />

da hier die peripheren Regionen besonders von Schrumpfungsprozessen<br />

betroffen waren. Es ist davon auszugehen, dass die geringen Geburtenraten<br />

und die hohe Bevölkerungsmobilität zu einer starken Polarisierung<br />

der west- und ostdeutschen Entwicklung führen (Deilmann et al., 2005).<br />

Nach den Ergebnissen des Raumordnungsberichts wird Ostdeutschland generell<br />

von einem weiteren Bevölkerungsrückgang betroffen sein (vgl. Abb.<br />

2). Gleichzeitig finden in den Neuen wie auch in den Alten Bundesländern<br />

verstärkte räumliche Ausdifferenzierungsprozesse (d.h. Wachstums- und<br />

Schrumpfungsprozesse) innerhalb verdichteter Regionen in enger räumlicher<br />

Nachbarschaft statt.<br />

Im Osten führte die Entwicklung in der Vergangenheit dazu, dass die Zahl<br />

der Wohnungsleerstände in den Städten bereits deutlich angestiegen ist.<br />

Nach Deilmann et al. (2005) stieg der Anteil leerstehender Wohnungen in<br />

Städten über 100.000 Einwohner von 10,3 % in 1995 auf 18,6 % im Jahr<br />

2000. In Magdeburg bspw. stehen derzeit 31.000 von etwa 145.000 Wohnungen<br />

leer. Für den Stadtteil Neu Olvenstedt mit derzeit 12.740 Wohneinheiten<br />

wird bis 20<strong>09</strong> ein Abriss von 7.900 Wohneinheiten erwartet, dass entspricht<br />

einem Rückgang der Wohneinheiten um 62 % (Kempmann, 2005).<br />

Szenarien zur Wohnungsnachfrage für städtische Teilräume zeigen, dass<br />

die Entwicklungen in den Stadtgebieten nicht gleichförmig ablaufen werden,<br />

sondern in Abhängigkeit von den Siedlungsstrukturen ebenfalls sehr<br />

unterschiedliche Entwicklungen zu erwarten sind: in Gebieten mit Ein- und


Zweifamilienhausbebauung werden<br />

Nachfragezuwächse erwartet, in anderen<br />

Bebauungsstrukturen dagegen<br />

Stagnation bzw. ein deutlicher<br />

Rückgang der Nachfrage nach Wohnungen<br />

(Deilmann et al., 2005). Mit<br />

ähnlichen Entwicklungen muss künftig<br />

auch in Teilen Westdeutschlands<br />

gerechnet werden.<br />

Bei der regionalen Betrachtung der<br />

Bevölkerungsentwicklung ist zu berücksichtigen,<br />

dass in bereits dünn<br />

besiedelten Räumen eine weitere Bevölkerungsabnahme<br />

zu erheblichen<br />

Problemen bei der Gewährleistung<br />

einer angemessenen Infrastruktur<br />

führen kann. Neben der Wasserinfrastruktur<br />

sind hier auch Bildung,<br />

medizinische Versorgung oder ÖP-<br />

NV zu nennen. Werden beim Infra-<br />

strukturangebot auch unter Berücksichtigung der sinkenden Finanzkraft<br />

der öffentlichen Hand Tragfähigkeitsgrenzen erreicht, kann eine negative<br />

Entwicklungsspirale mit einer sich selbst verstärkenden Abwanderungsbewegung<br />

einsetzen (BMVBW/BBR, 2005). Sinkende Einwohnerzahlen führen<br />

zu geringerem Steueraufkommen, zu einem Ausdünnen der Infrastruktur<br />

und damit zu einem weiteren Verlust an Attraktivität und einer Zunahme der<br />

Abwanderung. Bei Infrastruktursystemen mit einem hohen Fixkosten-Anteil<br />

wie den großen, zentralen Wasserinfrastruktursystemen bedeuten abnehmende<br />

Einwohnerzahlen im Allgemeinen auch höhere spezifische Kosten<br />

(Herz et al., 2005): eine Entwicklung, die ebenfalls zum Attraktivitätsverlust<br />

mit beiträgt.<br />

Teil des demografischen Wandels ist ferner die zunehmende Alterung der<br />

Bevölkerung. Betrug die durchschnittliche Lebenserwartung eines in 2005<br />

neugeborenen Jungen noch 76,2 und die eines Mädchens 81,1 Jahre, so<br />

steigt sie bis zum Jahr 2050 auf 83,5 bzw. 88,0 Jahre, d.h. um etwa 7 Jahre<br />

(vgl. Statistisches Bundesamt, 2006). Der Anteil der jungen Menschen (< 20<br />

Jahre) an der Gesamtbevölkerung wird von rund einem Fünftel (2001) auf<br />

ein Sechstel in 2050 sinken, während der Anteil der Alten (> 60 Jahre) im<br />

selben Zeitraum von etwa einem Viertel auf mehr als ein Drittel ansteigen<br />

wird.<br />

Ein zusätzlicher Aspekt ist der Rückgang der durchschnittlichen Haushaltsgröße.<br />

Nach BBR (2005) soll bis 2020 trotz leicht sinkender Bevölkerungszahl<br />

die Zahl der Haushalte um rund 3 % ansteigen. Der Anteil der kleinen Haushalte<br />

(mit zwei oder weniger Personen) wird danach auf über 75 % ansteigen,<br />

während die Zahl der Drei- und Mehrpersonenhaushalte zurückgeht.<br />

Vor allem wird von einer starken Abnahme der jungen Mehrpersonenhaushalte<br />

und einer Zunahme der alten Einpersonenhaushalte ausgegangen. Die<br />

Zunahme letzterer ist auf die steigende durchschnittliche Lebenserwartung<br />

bzw. die zunehmende Alterung zurückzuführen. Mit der nach 2020 zu er-<br />

Liter pro Einwohner und Tag<br />

160<br />

150<br />

140<br />

130<br />

120<br />

110<br />

100<br />

90<br />

80<br />

1975<br />

1980<br />

D-gesamt<br />

BRD/ABL<br />

NBL<br />

1985<br />

1990<br />

Forschung + Technik<br />

Abb. 3: Entwicklung des spezifischen Wasserverbrauchs privater Haushalte,<br />

unterschieden nach Alte und Neue Bundesländer Quelle: Statistisches Bundesamt<br />

1995<br />

2000<br />

wartenden weiteren Abnahme der<br />

Bevölkerung wird sich dieser Effekt<br />

verstärken.<br />

Auswirkungen auf die<br />

Wasserinfrastruktur<br />

2005<br />

Der demografieabhängige Anteil<br />

des Wasserverbrauchs wird sich<br />

analog zu den regional unterschiedlichen<br />

Ausprägungen der sich verändernden<br />

Bevölkerungsstruktur<br />

entwickeln. Davon unabhängig ist<br />

der einwohnerspezifische Wasserverbrauch<br />

seit den 1990er Jahren<br />

stark zurückgegangen. Dabei betrug<br />

der Verbrauchsrückgang zwischen<br />

1991 und 2005 in den Neuen<br />

Bundesländern (NBL) 34 %, in den<br />

Alten Bundesländern (ABL) dagegen<br />

nur 9 % (s. Abb. 3). Dieser Rückgang<br />

ist einerseits durch den technischen<br />

Fortschritt bei wassersparenden<br />

Technologien, aber auch durch umwelt-<br />

und kostenbewussteren Umgang<br />

mit dem Wasser bedingt. In<br />

Gebieten mit schrumpfender Bevölkerung<br />

ergeben sich im Hinblick auf<br />

die leitungsgebundene Infrastruktur<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

15


16<br />

Forschung + Technik<br />

kumulierende Effekte aus dem Rückgang<br />

des einwohnerspezifischen<br />

Wasserverbrauchs und dem Bevölkerungsrückgang.<br />

Weitere Faktoren,<br />

wie z.B. der Wegfall von Industriebetrieben<br />

können die Situation zusätzlich<br />

verschärfen.<br />

Die seit den 90er Jahren in den NBL<br />

systematische Modernisierung des<br />

Wohnungsbestands hat den haushaltsspezifischen<br />

Wasserverbrauch<br />

dramatisch reduziert. Eine ähnliche<br />

Entwicklung ist künftig auch in<br />

den ABL zu erwarten, da ca. 80 %<br />

des Wohnungsbestandes vor 1980<br />

erbaut wurde und damit in den<br />

kommenden Jahren modernisiert<br />

werden muss – nicht zuletzt auch,<br />

um den sich ändernden demografischen<br />

Randbedingungen Rechnung<br />

zu tragen.<br />

Für die Wasserver- und Abwasserentsorgung<br />

kann der durch Kumulation<br />

der Faktoren entstehende<br />

hohe Verbrauchsrückgang zu teilweise<br />

erheblichen betrieblichen<br />

Problemen führen. Beispielsweise<br />

hat sich in Magdeburg der Wasserverbrauch<br />

seit 1990 von 32 Mio. m³<br />

auf noch 11 Mio. m³ und damit auf<br />

ein Drittel reduziert (Kempmann,<br />

20<strong>08</strong>). Die mittleren Aufenthaltszeiten<br />

des Trinkwassers haben sich<br />

in Teilen des Leitungsnetzes demzufolge<br />

von 5 auf 22 Tage erhöht.<br />

Als Folge der langen Verweilzeiten<br />

werden die folgenden betrieblichen<br />

Probleme für die Trinkwasserversorgung<br />

beschrieben:<br />

l erhöhte Ablagerungsbildung<br />

verbunden mit einem Zuwachsen<br />

der Leitungen<br />

l problematische Erwärmung des<br />

Trinkwassers (insbesondere in Sommermonaten)<br />

verbunden mit einem<br />

erhöhten Sauerstoffverbrauch<br />

l die sich daraus ergebende Gefahr<br />

der Bakterienentwicklung und<br />

einer übermäßigen Verkeimung des<br />

Trinkwassers.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

Während kurzfristig betriebliche Gegenmaßnahmen (z.B. regelmäßig Spülungen)<br />

ergriffen werden können, muss langfristig ein Rückbau des Netzes<br />

hinsichtlich seiner Dimensionierung in Betracht gezogen werden (Kempmann,<br />

20<strong>08</strong>). Ein rückgängiger Wasserverbrauch verursacht längere Fließzeiten<br />

und Stagnationen in den Wasserverteilungsnetzen (Wricke/Korth,<br />

2007). Dies führt solange nicht zu einer signifikanten Zunahme an Keimen<br />

im freien Wasser, solange stabile Biofilmverhältnisse herrschen. Durch Spülungen<br />

oder Desinfektion wird aber der Biofilm geschädigt und es muss bei<br />

langen Fließzeiten mit erhöhter Verkeimung gerechnet werden. Verringerte<br />

Fließgeschwindigkeiten erhöhen zudem das Risiko von Rostwasserbildung.<br />

Abwasserseitig sind ebenfalls Mindestfließgeschwindigkeiten und maximale<br />

Aufenthaltszeiten wesentliche Faktoren für das Verhindern von Ablagerungen<br />

und das Vermeiden von anaeroben Verhältnissen und den damit verbundenen<br />

Gefahren. Die Unterauslastung von hydraulischen Systemen führt<br />

ab bestimmten Mengenschwellen zu Betriebsproblemen, die ein Eingreifen<br />

erforderlich machen. Nach Schiller/Siedentop (2005) sind bei Wasser und<br />

Abwasser ab 20 % chronischer Unterlast Eingriffe in die Betriebsführung<br />

und ab 50 % Unterauslastung bauliche Anpassungsmaßnahmen notwendig.<br />

Typische betriebstechnische Probleme unterlasteter Abwasserkanäle sind<br />

Stoffablagerungen mit der Gefahr von Verstopfungen und die Entwicklung<br />

anaerober Verhältnisse im Kanal (Winkler, 2006). Die durch aeroben Abbau<br />

von Eiweißen, Alkoholen und Fettsäuren entstehenden Sulfit-Ionen werden<br />

unter anaeroben Bedingungen zu Schwefelverbindungen reduziert. Ergebnis<br />

dieser biochemischen Prozesse sind Geruchsbildung und darüber hinaus<br />

biogene Schwefelsäurekorrosion mit dem Ergebnis vorzeitig maroder Betonbauwerke<br />

im Kanalnetz. In Gebieten ohne hinreichende Mindestauslastung<br />

werden Gegenmaßnahmen (z.B. häufigeres Spülen von Kanalabschnitten,<br />

Maßnahmen gegen Geruchsentwicklung oder auch ein erhöhter Aufwand<br />

zum Schutz der Kanäle und Schächte vor Korrosion) notwendig (vgl. Hoffmeister<br />

et al., 20<strong>08</strong>; Kempmann, 20<strong>08</strong>; Koziol et al., 2006; Eltges et al.,<br />

2006).<br />

Lange Aufenthaltszeiten des Abwassers im Kanal wirken sich auch auf die<br />

Leistungsfähigkeit der Kläranlage aus, da in unterlasteten Kanälen bereits ein<br />

hoher Vorabbau insbesondere leicht abbaubarer Kohlenstoffverbindungen<br />

stattfindet. Dieser Kohlenstoff fehlt in der Kläranlage für die Stoffwechselprozesse<br />

beim Nährstoffabbau und muss ggf. in Form externer Kohlenstoffquellen<br />

zugegeben werden, was mit Kosten verbunden ist.<br />

Ein zusätzlicher Aspekt des demografischen Wandels ist die damit verbundene<br />

Veränderung der Abwasserzusammensetzung. Eine alternde Bevölkerung<br />

verbraucht mehr Medikamente (Hof, 2001), wodurch sich auch der Gehalt<br />

an Pharmaka und deren Abbauprodukten im kommunalen Abwasser erhöht.<br />

Die Tendenz zur Entwicklung spezifischerer Medikamente wird weiter anhalten,<br />

mit der Folge, dass auch die Vielfalt der Stoffe in den menschlichen<br />

Ausscheidungen und damit im Abwasser zunehmen wird.<br />

Neben den technisch-betrieblichen Auswirkungen des demografischen<br />

Wandels sind die ökonomischen Auswirkungen zu berücksichtigen. Ein hoher<br />

Anteil der bei den bestehenden, großen, zentral ausgerichteten Abwasserentsorgungssystemen<br />

anfallenden Kosten sind Fixkosten, die unabhängig<br />

von der an das Kanalnetz bzw. an die Kläranlage angeschlossenen Einwohnerzahl<br />

anfallen. Bei zurückgehenden Einwohnerzahlen bedeutet dies, dass


die gleichbleibenden Fixkosten von einer kleiner werdenden Zahl an Nutzern<br />

getragen werden muss. In stark betroffenen Gebieten können Zusatzkosten<br />

anfallen aufgrund der oben bereits beschriebenen betrieblichen oder gar<br />

baulichen Maßnahmen zum Erhalt der Funktionsfähigkeit.<br />

Im Rahmen eines neuen, Ende 20<strong>08</strong> gestarteten Forschungsvorhabens am<br />

Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung ISI 1) sollen im<br />

Auftrag des Umweltbundesamtes für den Bereich der Abwasserinfrastruktur<br />

systematisch die möglichen Auswirkungen des demografischen Wandels<br />

dargestellt und darauf aufbauend mögliche Lösungsansätze sowohl aus technischer,<br />

betrieblicher und konzeptioneller Sicht beschrieben und bewertet<br />

werden. Dabei sind die zusätzlich sich verändernden Randbedingungen von<br />

Wasserinfrastruktursystemen mit zu berücksichtigen. Als besonders wichtig<br />

werden dabei die Wechselwirkungen mit dem Bereich der Wasserversorgung<br />

gesehen, da durch eine weitere Verringerung des Trinkwasserverbrauchs<br />

die Probleme auf der Seite der Abwasserentsorgung ggf. weiter verschärft<br />

werden können.<br />

Sonstige Veränderungen im Umfeld der<br />

Wasserinfrastruktur<br />

Neben den Veränderungen, die sich durch den demografischen Wandel<br />

ergeben, sind für die Planung und den Betrieb von urbanen Wasserinfrastruktursystemen<br />

weitere Veränderungen in wichtigen Randbedingungen<br />

absehbar (vgl. Hillenbrand/Hiessl, 2006 und 2007). Besondere Relevanz<br />

besitzen:<br />

Klimawandel: Der in 2007 veröffentlichte 4. Sachstandsbericht des Intergovernmental<br />

Panel on Climate Change (IPCC, 2007) bestätigt und präzisiert<br />

die bis dahin bekannten Forschungsergebnisse zu den bereits festzustellenden<br />

sowie zu den zu erwartenden Klimaänderungen: die vorliegenden<br />

Beobachtungen zeigen eine Erwärmung der Erde, extreme Wetterereignisse<br />

sind häufiger geworden und für die nächsten 30 Jahre ist eine Zunahme der<br />

globalen Durchschnittstemperatur von 0,2 °C pro Dekade sehr wahrscheinlich,<br />

wenn die Treibhausgasemissionen nicht verringert werden. Verschiedenste<br />

Untersuchungen zu den Auswirkungen auf die Wasserwirtschaft in<br />

Deutschland zeigen, dass mit zunehmenden Starkniederschlägen für die<br />

Siedlungsentwässerung, mit einer Verschärfung der Hochwassergefahr, mit<br />

einer Zunahme der Zahl und der Dauer von Trockenperioden und teilweise<br />

mit Einschränkungen bei der Wasserverfügbarkeit zu rechnen ist. Das Ausmaß<br />

der Veränderungen wird dabei zusätzlich regional bzw. lokal sehr stark<br />

variieren. Der sich abzeichnende Klimawandel wird somit erhebliche Herausforderungen<br />

an die Ausgestaltung unserer Wasserinfrastruktursysteme stellen.<br />

Gute Anpassungs- und unterschiedliche Ausgestaltungsmöglichkeiten<br />

sind somit Anforderungen an zukunftsfähige Wasserinfrastruktursysteme.<br />

Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche: Eine weitere, für die Auslegung<br />

von Entwässerungssystemen wichtige Planungsgrundlage ist die zu<br />

entwässernde Fläche. Die Entwicklung dieser Größe ist stark abhängig von<br />

1) Projektpartner ist das Institut für Infrastruktur und Ressourcenmanagement (IIRM)<br />

der Universität Leipzig sowie als Praxispartner die Emschergenossenschaft/Lippeverband<br />

und die Kommunalen Wasserwerke Leipzig.<br />

Forschung + Technik<br />

der Entwicklung der Siedlungs- und<br />

Verkehrsfläche. Dieser Flächenverbrauch<br />

liegt mit Werten von teilweise<br />

deutlich über 100 ha pro Tag<br />

noch sehr weit entfernt vom Umwelthandlungsziel<br />

der Bundesregierung,<br />

die im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie<br />

bis zum Jahr 2020<br />

eine Begrenzung auf 30 ha pro Tag<br />

erreichen möchte. Dabei lag der Flächenverbrauch<br />

in den NBL trotz des<br />

stattgefundenen Bevölkerungsrückgangs<br />

deutlich höher als in den ABL.<br />

Die Schwankungen in den letzten<br />

Jahren wurden vor allem durch die<br />

Lage der Baukonjunktur bestimmt,<br />

ein grundsätzlicher Rückgang des<br />

Flächenverbrauchs ist bislang nicht<br />

zu erkennen. Mit der Zunahme der<br />

Siedlungs- und Verkehrsfläche wird<br />

auch die zu entwässernde Fläche<br />

weiterhin deutlich zunehmen. Bei<br />

einer abnehmenden Bevölkerung<br />

bedeutet das aber eine Verringerung<br />

der Siedlungsdichte und damit eine<br />

Zunahme der einwohnerspezifischen<br />

Kosten für Entwässerung und<br />

Abwasserableitung, soweit dies über<br />

zentrale Systeme erfolgen muss. Die<br />

Zunahme der zu entwässernden Fläche<br />

kann zu Überlastungen bestehender<br />

Systeme führen: Nach einer<br />

Erhebung im Elbegebiet sehen 42 %<br />

der befragten Abwasserentsorger<br />

derzeit oder zukünftig Engpässe in<br />

der Kanalisation (Sartorius/Hillenbrand,<br />

20<strong>08</strong>).<br />

Weitergehende ökologische<br />

Anforderungen: Im Bereich der<br />

Siedlungswasserwirtschaft waren<br />

in der Vergangenheit gesetzliche<br />

Anforderungen ein sehr wichtiger<br />

Treiber für die Entwicklung und<br />

Umsetzung neuer Techniken. Hier<br />

spielten insbesondere umweltpolitische<br />

Anforderungen eine große<br />

Rolle (Sartorius/Hillenbrand, 20<strong>08</strong>;<br />

Clausen et al., 2003). Trotz der erheblichen<br />

Verbesserungen, die mit<br />

den Anstrengungen in den letzten<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

17


18<br />

Forschung + Technik<br />

Jahrzehnten erreicht wurden, verursachen<br />

die urbanen Wasserinfrastruktursysteme<br />

weiterhin ökologische<br />

Belastungen. Weitergehende<br />

Anforderungen werden deshalb<br />

bspw. hinsichtlich der Anforderungen<br />

an die Klärschlamm entsorgung,<br />

des effizienten Umgangs mit Energie,<br />

der Ressourcenrückgewinnung<br />

(Ressource Phosphor) oder auch<br />

hinsichtlich der Elimination von Mikroschadstoffen<br />

(z.B. Arzneimittelrückstände)<br />

diskutiert. Hinsichtlich<br />

des Betriebs von Kanalnetzen spielen<br />

vor allem die derzeit diskutierten<br />

Anforderungen an eine nachhaltige<br />

Regenwasserbewirtschaftung eine<br />

Rolle, die in Richtung einer stärkeren<br />

Abkopplung von versiegelten<br />

Flächen vom Kanalnetz und eine<br />

Trennung des Regenwassers vom<br />

Schmutzwasser zielen (Sieker et al.,<br />

2004). Unter dem Aspekt des Eintrags<br />

anthropogener Spurenstoffe<br />

in den Wasserkreislauf könnten<br />

zukünftig auch die Gefährdungen<br />

durch undichte Kanäle relevant<br />

sein, über die nach Schätzungen<br />

6 bis 10 % des nicht gereinigten Abwassers<br />

ins Grundwasser gelangen<br />

(DWA, 20<strong>08</strong>). Dies betrifft sowohl<br />

undichte öffentliche Abwasserkanäle<br />

als auch private Hausanschlüsse<br />

und Anschlussleitungen.<br />

Technischer Wandel: Im Bereich der<br />

Techniken zur Wassernutzung werden<br />

auch zukünftig neue Entwicklungen<br />

die Möglichkeiten für einen<br />

effizienteren Umgang mit Wasser<br />

verbessern. Ein weiterer Rückgang<br />

des spezifischen Wasserverbrauchs<br />

wird die durch die demografischen<br />

Veränderungen bedingten Probleme<br />

in konventionellen Wasserinfrastruktursystemen<br />

noch verstärken.<br />

Auch im Bereich von Industrie und<br />

Gewerbe ist mit einem weiteren<br />

deutlichen Rückgang des spezifischen<br />

Wasserverbrauchs zu rechnen<br />

(Hillenbrand/Böhm, 20<strong>08</strong>). Gleich-<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

zeitig bieten die bereits erfolgten wie auch in der näheren Zukunft<br />

zu erwartenden technologischen Entwicklungen sowie die ökonomisch<br />

relevanten Lern- und Skaleneffekte Chancen für die Neuausgestaltung<br />

von Wasserinfrastrukturkonzepten. Aufgrund der geringen<br />

Flexibilität, der weiterhin bestehenden ökologischen Probleme,<br />

der hohen Kosten für Sanierung und Instandhaltung der konventionellen<br />

Wasserinfrastruktursysteme in den Industrieländern und der<br />

fehlenden Exportierbarkeit dieser Sys temkonzepte in die – meist<br />

ariden – Entwicklungsländer wurden in den letzten Jahren verstärkt<br />

Forschungsanstrengungen zur Entwicklung alternativer Systeme<br />

unternommen. Im Rahmen von Pilotprojekten wurden bzw. werden<br />

in Deutschland bereits erste alternative Lösungen umgesetzt (z.B. in<br />

Knittlingen, Lübeck, Freiburg, Berlin, Lambertsmühle/Wupperverband,<br />

Berching, Hamburg; vgl. u. a. Hiessl et al., 2003; Kotz et al.,<br />

2004; Oldenburg et al., 20<strong>08</strong>; Peter-Fröhlich et al., 20<strong>08</strong>; Schonlau<br />

et al., 20<strong>08</strong>). Diese Sys teme zeichnen sich durch einen dezentralen<br />

bzw. semi-dezentralen Ansatz und eine verstärkte Wasserteilstrombehandlung<br />

einschließlich der Rückgewinnung von Nährstoffen<br />

aus. Solche neuen Systeme können auch im Zusammenhang mit<br />

den Auswirkungen des demografischen Wandels neue Lösungsansätze<br />

bieten (Londong, 20<strong>08</strong>).<br />

Schlussfolgerungen<br />

Die durch den demografischen Wandel verursachten Veränderungen<br />

der Bevölkerungszahlen werden sich sehr unterschiedlich auf<br />

Deutschland verteilen. Sich selbst verstärkende Abwanderungsprozesse<br />

können zu einem dramatischen Rückgang der Zahl der Nutzer<br />

von Infrastruktursystemen in einzelnen Regionen bzw. Städten/<br />

Stadtteilen führen. Die Aufrechterhaltung einer funktionierenden<br />

Wasserinfrastruktur unter diesen Randbedingungen bei tragfähigen<br />

Kosten wird die zugrunde liegenden Konzepte infrage stellen.<br />

Grundsätzlich bedeutet der mit dem demografischen Wandel einhergehende<br />

Rückgang der Bevölkerung eine geringere Einwohnerdichte<br />

sowohl für die Wasserversorgungs- als auch die Kanalnetze.<br />

Verstärkt wird die rückläufige Einwohnerdichte durch die weiterhin<br />

hohe Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland.<br />

Die einwohnerspezifischen Kosten werden aufgrund dieser Entwicklungen<br />

zukünftig ansteigen, zumal durch die Unterauslastung der<br />

Netze und des rückläufigen spezifischen Wasserverbrauchs zusätzliche<br />

Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Betriebs notwendig<br />

werden können. Gleichzeitig ergeben sich aufgrund des Klimawandels<br />

und der dadurch erwarteten Zunahme von Starkniederschlägen<br />

zusätzliche Anforderungen für die Stadtentwässerung. Diese Veränderungen<br />

führen zu einem Handlungsbedarf im Bereich des Betriebs<br />

und der Anpassung unserer Kanalisationssysteme. Da die vom Bevölkerungsrückgang<br />

am stärksten betroffenen Regionen jedoch vor<br />

allem strukturschwache Gebiete sein werden, wird die Umsetzung<br />

und vor allem Finanzierung dieser Maßnahmen schwierig, vor allem<br />

vor dem Hintergrund des bereits jetzt schon bestehenden Investiti-


onsstaus hinsichtlich der notwendigen Kanal sanierungsmaßnahmen. Bei der<br />

Planung von Maßnahmen im Bereich der urbanen Wasserinfrastruktur wird<br />

es deshalb zukünftig umso wichtiger, einen umfassenden, ganzheitlichen<br />

Ansatz zu verfolgen, bei dem die sich verändernden Randbedingungen<br />

berücksichtigt und möglichst flexible Konzepte umgesetzt werden. Über<br />

den eigentlichen Bereich der Wasserinfrastruktur hinaus sind dazu auch<br />

stadtplanerische Ansätze zu verfolgen, um die anstehenden demografischen<br />

Veränderungen gezielt zu beeinflussen und bspw. zu einer stärkeren Innenentwicklung<br />

bzw. einem flächigen Rückbau möglichst von den Netzenden<br />

her zu kommen (vgl. Koziol et al., 2006).<br />

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Teil 1: Klimawandel, demographischer Wandel, neue ökologische<br />

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Korrespondenz Abwasser Abfall,<br />

Nr. 10, S. 1106–1112<br />

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2005<br />

Schonlau, H., Rakelmann, U., Li, Z., Giese, T.,<br />

Werner, T., Augustin, K., Günner, C. (20<strong>08</strong>):<br />

Pilotprojekt für ein ganzheitliches Entwässerungskonzept<br />

in Städten. Korrespondenz Abwasser<br />

Abfall, Nr. 10, S. 1<strong>09</strong>5–1<strong>09</strong>9<br />

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Sieker, H., Sommer, H., Wassmann, H. (2004):<br />

Anforderungen und Zielgrößen für eine zeitgemäße<br />

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Wasser Abwasser 145 (12), S. 874–880<br />

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Wricke, B., Korth, A. (2007): Auswirkungen demografischer<br />

Entwicklungen auf die Wasserversorgung:<br />

energie | wasser-praxis 10/2007<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

19


20<br />

Forschung + Technik<br />

EDS-System<br />

Kanalerneuerung am Stadion der 60er/München<br />

Die Münchner Stadtentwässerung<br />

orientiert sich am Leitbild<br />

der nachhaltigen Entwicklung.<br />

Erklärtes Ziel ist die Sanierung<br />

undichter und schadhafter<br />

Kanalleitungen. Mit einer differenzierten<br />

Sanierungsstrategie erfüllt<br />

die Stadt die technischen, wirtschaftlichen<br />

und rechtlichen Mindestanforderungen<br />

an den Unterhalt<br />

des Kanalnetzes. Die Zustandserfassung<br />

erfolgt grundsätzlich auf<br />

Grundlage der Anforderungen der<br />

in Bayern gültigen Eigenüberwachungsverordnung<br />

sowie ergänzend<br />

durch bedarfsorientierte Untersuchungen,<br />

beispielsweise im Zuge<br />

eines Bauwerksmonitoring.<br />

Die optische Zustandserfassung wird<br />

bei begehbaren Kanalquerschnitten<br />

je nach Erfordernis durch bedarfsorientierte<br />

vertiefende Untersuchungen<br />

zur Standsicherheit ergänzt.<br />

Durch die Anwendung baustoff­<br />

Abb. 2: Schadhafte Muffenverbindung<br />

vor der Sanierung<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

Abb. 1: Das Grünwalder Stadion<br />

spezifischer Prognosemodelle aufgrund umfangreicher Untersuchungen ist<br />

eine Beschreibung des Alterungsprozesses der im Kanalnetz vorhandenen<br />

Baustoffe möglich; mit der Erstellung dieser Prognosemodelle sind die betriebswirtschaftlichen<br />

Teilziele zum Unterhalt des Kanalnetzes sichergestellt.<br />

Schäden im Netz infolge äußerer Einflüsse werden spätestens durch Wiederholungsbefahrungen<br />

festgestellt. Mit dieser Vorgehensweise ist eine zeitliche<br />

Optimierung eventuell erforderlicher Sanierungsmaßnahmen erreicht.<br />

Das Projekt<br />

In Amtshilfe saniert die Münchner Stadtentwässerung 410 m Kanal der<br />

privaten Leitungen des durch den Fußballverein 1860 München bekannt<br />

gewordenen Grünwalder Stadions (siehe Abb. 1). Die Ausschreibung fand<br />

im Januar 20<strong>08</strong> statt.<br />

Das Schadensbild in den rund um das Stadion verteilten 14 Kanalhaltungen<br />

bestand hauptsächlich aus undichten Muffenverbindungen der Nennweiten<br />

DN 200 und DN 250 (siehe Abb. 2). Das vorhandene unbeschadete Altrohr


ist allein tragfähig. Die Kanalhaltungen mit Längen von circa 4 bis 62 m<br />

liegen teilweise in öffentlichen Verkehrsflächen und zum Teil innerhalb des<br />

Sportgeländes. In einem Fall ist ein Leitungsbogen vorhanden. Die Tiefenlage<br />

der Rohrleitungen beträgt im Mittel 4 m unter Geländeoberkante, der<br />

Grundwasserspiegel liegt 11 m unterhalb der Rohrsohle. Die hydraulische<br />

Leistungsfähigkeit der Kanäle ist absolut ausreichend.<br />

Möglichkeiten der Sanierung<br />

Grundsätzlich bestanden für die Sanierung dieser schadhaften Muffenverbindungen<br />

drei Möglichkeiten:<br />

1. Möglichkeit: Abdichtung aller undichten Muffen mittels<br />

Zwei-Komponenten-Gelverpressung<br />

Bei diesem Verfahren werden Zwei­Komponenten­Gele (Acryl­ oder PU­<br />

Materialien) hinter die schadhaften Stellen gepresst (siehe Abb. 3). Eine<br />

optische Änderung des Schadensbildes wird bei Rissen oder anderen sichtbaren<br />

Schadstellen nicht erreicht. Die Dichtigkeit des auf diese Art verpressten<br />

Kanals ist vom Feuchtegrad der Rohrhinterfüllung abhängig. Aus diesem<br />

Grund ist auch nur eine begrenzte Haltbarkeit in trockenen Böden möglich.<br />

Selbst bei Grundwasserwechselzonen geht man von einer Haltbarkeit von<br />

maximal drei Jahren aus. Für Längsrisse ist das Verfahren nicht geeignet,<br />

da die Packerverpressung einen Innendruck an der Rohrwandung erzeugt,<br />

wodurch sich Rissbildungen vergrößern können.<br />

2. Möglichkeit: Abdichtung und statische Stabilisierung durch ein<br />

Inlinerverfahren<br />

Mittels Inlinertechnik sind haltungsweise Komplettauskleidungen möglich<br />

(siehe Abb. 4).<br />

Besonders bei vermehrten Schäden (Risse, Löcher, Undichtigkeiten) im Streckenverlauf<br />

werden die Verfahrensvorteile erkennbar. Das harzgetränkte<br />

Trägermaterial (GFK oder Polyesternadelfilz) wird nach dem Einbau durch<br />

Warmhärtesysteme oder UV­Lichthärtesysteme zu einem neuen Rohr ausgehärtet<br />

(siehe Abb. 5). Die Einbindung von Anschlüssen erfolgt mittels<br />

Robotertechnik.<br />

Die Qualität und Wirtschaftlichkeit dieser Standardsanierungsvariante hängt<br />

unmittelbar und entscheidend von der Qualifikation des ausführenden Personals<br />

ab.<br />

Optimierungen ergeben sich durch den Einsatz von vorgefertigten Materialien,<br />

wie beispielsweise beim Wickelrohrverfahren. Der Querschnittsverlust,<br />

der bei einer Inlinersanierung auftritt, kann durch die glatte Innen­Oberfläche<br />

kompensiert werden.<br />

3. Möglichkeit: Erneuerung der Muffen durch das EDS-Roboter-System<br />

(Erneuerung der Dichtung an Rohrverbindungen von Steinzeugrohren<br />

älterer Bauart)<br />

Das innovative EDS­System kommt hauptsächlich bei Steinzeugrohren zum<br />

Einsatz, die nur wenig bis keine statischen Schäden aufweisen. Das Scha­<br />

Forschung + Technik<br />

Abb. 3: Schemazeichnung zur<br />

Gelverpressung<br />

Abb. 4: Inliner, innen mit Anschluss<br />

Abb. 5: Inliner­Probestück<br />

Quelle Abb. 4 und 5: UV-Linersystem BEROLINA,<br />

Geiger & Kunz<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

21


22<br />

Forschung + Technik<br />

Abb. 6: Poröse, alte Dichtung im<br />

Muffenbereich<br />

Abb. 7: Querschnitt durch eine mit<br />

dem EDS­Verfahren erneuerte Muffe<br />

Abb. 8: Undichte Muffe vor der Erneuerung<br />

mit dem EDS­Verfahren<br />

Abb. 9: Muffe nach dem EDS­Parallelschnitt<br />

Abb. 10: EDS­Muffenerneuerung<br />

mit Elastomerharz, Endzustand Muffenbereich<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

densbild ist überwiegend durch die alterungs­, beziehungsweise konstruktiv<br />

bedingte Undichtigkeit der ursprünglichen Rohrverbindungen aus Teerstricken<br />

oder Dichtgummi­Profilen geprägt.<br />

Durch den Einsatz einer speziellen Parallel­Schnitt­Technik in Verbindung<br />

mit dem Verpressen eines dauerhaft elastischen Epoxydharz­Materials (auf<br />

Elastomer­Basis), werden bei Bedarf sämtliche Muffendichtungen einer Haltung<br />

erneuert.<br />

Das flexibilisierte Material sichert so die dauerhafte Beweglichkeit der Muffe.<br />

Dabei wird die vorhandene hochwertige Substanz des Steinzeugrohres<br />

erhalten, die hydraulische Leistungsfähigkeit wird verbessert, und der Rohrquerschnitt<br />

bleibt voll erhalten. Besondere Maßnahmen zur Schacht­ und<br />

Anschlusseinbindung, wie z.B. bei Inlinersanierungen, entfallen. Eine Sanierung<br />

zusätzlicher partieller Schäden, wie defekte Anschlüsse oder einzelne<br />

Risse, kann zeitgleich mit konventioneller Robotertechnik erfolgen.<br />

Im Hinblick auf die o.g. Vorteile überzeugt die EDS­Sanierung als wirtschaftliches<br />

Verfahren, im Hinblick auf das erzielte Ergebnis werden alle Anforderungen<br />

an ein Renovierungsverfahren erfüllt. Folgerichtig fiel die Entscheidung<br />

für den Einsatz der EDS­Sanierungstechnik.<br />

Die Vorgehensweise zur EDS-Sanierung<br />

Nach erfolgter Reinigung und partieller Sperrung eines Kanalteilstücks werden<br />

die bestehenden Dichtungen inklusive vorhandener Ablagerungen –<br />

soweit notwendig – aus dem Bereich des Muffenspalts entfernt (siehe Abb.<br />

6). Zusätzlich wird sowohl vom Spitzende als auch vom Muffenspiegel der<br />

beiden verbundenen Rohre die Steinzeuglasur vollständig, das Steinzeugkernmaterial<br />

so weit entfernt, bis ein definiert gleichmäßig breiter und tiefer<br />

Muffenspalt vorliegt (Breite ca. 12 bis 20 mm, Tiefe ca. 20 bis 30 mm) (siehe<br />

Abb. 7). Hierzu wird ein Fräsroboter mit einer entsprechenden Finger­ oder<br />

Scheibenfräse eingesetzt, der diese Vorbehandlung im Zuge einer dem Rohrdurchmesser<br />

angepassten Rotationsbewegung durchführt (siehe Abb. 9).<br />

Die so geöffnete Verbindungsfuge muss mittels Reinwasserdruckspülung<br />

gereinigt werden. Das freie Steinzeugkernmaterial an Spitzende und Muffenspiegel<br />

bildet die Haftfläche für den Einbau des neuen Abdichtmaterials<br />

der Rohrdichtung.<br />

Zur Herstellung der neuen Abdichtung der Rohrverbindung dient ein speziell<br />

modifiziertes, flexibilisiertes Epoxidharzmaterial aus der Familie der Elastomerharze<br />

(siehe Abb. 10). Nur durch diese speziellen Materialeigenschaften<br />

– in Verbindung mit der rechtwinklig zur Belastung verklebten Haftfläche –<br />

kann die dauerhafte Beweglichkeit über große Kanalstrecken sichergestellt<br />

werden.<br />

Die Projektabwicklung<br />

Konkret waren die undichten Rohrmuffen der Steinzeugrohrleitungen DN<br />

200–250 rund um das Stadion und innerhalb der Sportanlage zu sanieren.<br />

Anschließend sollte jede Einzelmuffe einer Dichtheitsprüfung unterzogen<br />

werden.


Die Baumaßnahme wurde durch die Münchner Stadtentwässerung beschränkt<br />

ausgeschrieben. Nach Wertung der eingereichten Angebote hinsichtlich<br />

der für die Vergabeentscheidung nach den Vergabebedingungen<br />

maßgebenden Kriterien war das wirtschaftlichste Angebot der Sondervorschlag<br />

„Sanierung der Muffen mit dem EDS­Verfahren“ der Firma Geiger &<br />

Kunz, München/Krailling.<br />

Nach der Auftragserteilung im Februar 20<strong>08</strong> an die ausführende Firma Geiger<br />

& Kunz begannen die Arbeiten im April 20<strong>08</strong>.<br />

In Kombination mit Kanalreinigungsarbeiten wurden 19 Einsatz tage für die<br />

Sanierung von 360 Muffen erforderlich. Zu erwähnen ist, dass viele Muffen<br />

einen starken Versatz aufwiesen (siehe Abb. 11), der vorab durch Fräsung<br />

mittels Diamantfräser angeglichen (siehe Abb. 12) wurde. Die Versätze konnten<br />

durch Anpassung der Spaltbreite ausgeglichen werden (siehe Abb. 13).<br />

Zwei Abzweige wurden zusätzlich mit Epoxydharz dauerhaft verschlossen<br />

(siehe Abb. 14 und 15).<br />

Die Arbeiten schritten unter Erfüllung der Güte­ und Prüfbestimmungen des<br />

Güteschutz Kanalbau kontinuierlich und zügig voran, Probleme entstanden<br />

nicht. Die Vertreter des Bauherrn waren regelmäßig anwesend und prüften<br />

die Arbeiten. Auch Gasmessungen wurden protokolliert.<br />

Das Ergebnis<br />

Alle 360 Muffen wurden nach Abschluss der Arbeiten einer Druckprüfung<br />

durch ein Fremdunternehmen unterzogen, lediglich eine Muffe wurde beanstandet<br />

(im Bestand vorhandener Haarriss) und entsprechend nachgearbeitet.<br />

Die abschließende TV­Inspektion nach zwei Wochen zeigte, dass Überschussharz<br />

noch an mehreren Muffen abgeschliffen werden musste. Hier sind noch<br />

Optimierungen des neuen Verfahrens möglich.<br />

Das EDS­Verfahren wurde damit in München nach dem Projekt Abensbergstraße<br />

bereits zum zweiten Mal erfolgreich angewendet. Aktuell konnte es<br />

sich bei einer weiteren Ausschreibung der Münchner Stadtentwässerung<br />

durchsetzen. Hierbei ist es das primär angewandte Sanierungsverfahren,<br />

das sich dort auch wirtschaftlich gegenüber den oben beschriebenen Alternativen<br />

durchsetzt.<br />

Kontakt<br />

Thomas Palaske<br />

Kanaltechnik Geiger & Kunz<br />

GmbH & Co. KG<br />

82152 München/Krailling<br />

www.geigerkunz.de<br />

Mathias Wünsch<br />

Münchner Stadtentwässerung<br />

81671 München<br />

www.muenchen.de/mse<br />

Forschung + Technik<br />

Abb. 11: Starker Muffenversatz<br />

Abb. 12: Egalisieren von Versätzen<br />

mit Diamantfräser<br />

Abb. 13: Erfolgreiche EDS­Muffenerneuerung<br />

mit Spaltbreitenausgleich<br />

Abb. 14: Anschluss verschließen<br />

(vorher)<br />

Abb. 15: Anschluss dauerhaft verschließen<br />

(Endzustand)<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

23


24<br />

Forschung + Technik<br />

Grundstücksentwässerung<br />

Planung, Bau, Betrieb und Unterhaltung von<br />

Hausanschlüssen<br />

Die fachlichen Diskussionen<br />

zum Thema Grundstücksentwässerung<br />

zeigen, welche<br />

Vielfalt hier gegeben ist und wie<br />

neue technische Herausforderungen<br />

entstehen, wenn im Bestand gearbeitet<br />

wird. Die Komponenten<br />

dieses Teils der gesamten Kanalisation<br />

bestehen aus:<br />

Anschluss an die Grundstücksentwässerung<br />

Anschlussleitung<br />

Einbindung in die Trasse des öffentlichen<br />

Kanals<br />

Anschluss an den öffentlichen<br />

Kanal<br />

Die Anschlüsse sind Teil der öffentlichen<br />

Kanalisation und fallen damit<br />

unter die gleichen technischen und<br />

wirtschaftlichen Randbedingungen<br />

(Abb. 1). Das Medium Abwasser<br />

„kennt“ die Grundstücksgrenze<br />

nicht, und somit sind die grundsätzlichen<br />

Anforderungen auch identisch.<br />

Es gibt kein Netz erster oder<br />

zweiter Klasse, keine Kanalisation<br />

kommt ohne Vorgaben und Zielvorgaben<br />

aus.<br />

Wesentliche Unterschiede bestehen<br />

hinsichtlich Neubau, der nachträglichen<br />

Herstellung und Sanierung bestehender<br />

Anschlüsse und Leitungen<br />

und insbesondere bei den Arbeiten<br />

auf dem Grundstück selbst. Die<br />

Schwankungsbreite ist dabei enorm<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

1 Distanzringe<br />

2 Straßenentwässerung DN 200<br />

Abb. 1: Teile der Gebäudeentwässerung im öffentlichen Bereich.<br />

und reicht von historischen Anlagen und solchen der Ist-Zeit, also zwischen<br />

Anlagen, deren Verlauf unbekannt ist und solchen, die dokumentiert sind.<br />

Letztendlich existieren Anlagen, die für Inspektionen und Sanierungen völlig<br />

unzugänglich geplant, gebaut und umgebaut wurden. Die alleinige Darstellung<br />

solcher Situationen bringt leider nicht die Lösung.<br />

Thesen zur Entscheidungsfindung<br />

3 Gebäudeentwässerung DN 150<br />

4 Kontrollschacht DN 1000<br />

5 Entwässerungsleitung DN 500<br />

(Quelle: <strong>STEINZEUG</strong> Abwassersysteme GmbH)<br />

Alleinige Materialdiskussionen bringen keinen Fortschritt bei den technischen<br />

Lösungen<br />

Das Zusammenwirken der benötigten Komponenten ergibt die Lösung<br />

Die Entscheidung fällt am schwierigsten Teil der Lösung<br />

Materialwechsel ohne Systembetrachtungen sind zu einfach<br />

Entscheidungen sind belegbar zu begründen


Matrix zur Vorgehensweise bei der Bewertung; geteilt nach Komponenten, Planung, Bau und Unterhaltung<br />

Komponente Kriterien Maßnahmen<br />

Anschlussleitung Bau Abmessungen der<br />

Baugrubenabmessungen nach möglicher<br />

und notwendiger Länge und Breite;<br />

Beschaffenheit der Baugrubensohle;<br />

Arbeitssicherheit; Statische und dynamische<br />

Beanspruchungen; Aufwand der<br />

Bauüberwachung<br />

Material Mechanische Eigenschaften; Chemische<br />

Wider standsfähigkeit; Temperatur;<br />

Dauer stands festigkeit unter<br />

Abwassereinfluss und äußeren<br />

Belastungen aus Erd- und Verkehrs lasten<br />

Planung Abwasserbeschaffenheit jetzt und<br />

zukünftig<br />

Bauteil Rohrwand glatt oder profiliert; gesteckte<br />

oder geschweißte Verbindung;<br />

Standard-Baulängen; Kürzen der<br />

Bauteile; Anpassen an vorhandene<br />

Bauteile;<br />

Herstellen der Rohrverbindung im<br />

Regelfall und bei notwendigen<br />

Anpassungsarbeiten, wie Kürzen,<br />

Übergänge schaffen;<br />

Steckverbindungen sind beweglich für<br />

äußere Belastungen;<br />

Leitungen/Schweißverbindungen sind<br />

nur an den Endpunkten beweglich;<br />

Qualitätssicherung bei der Ausführung<br />

der Verbindung (Überprüfbarkeit,<br />

Wetter unab hängigkeit und Schnelligkeit<br />

der Verfügbarkeit im Einzelfall)<br />

Forschung + Technik<br />

Regelausführung erarbeiten;<br />

Herstelleranleitungen beachten;<br />

Sohlgefälle und Leitungsgefälle;<br />

Ausführung mit unterer und oberer<br />

Bettungszone (Auflager winkel)<br />

unter Beachtung<br />

DIN EN 1610<br />

Zusammenstellen von In forma-<br />

tionen aus Normen; Nachweis der<br />

Schwellfestigkeit bei viel befahrenen<br />

Straßen<br />

Regelausführung je nach Nut zung des<br />

Grundstücks; Lösung „auf Nummer<br />

sicher“ oder Ein schränkung der Nutzung<br />

des Grundstücks<br />

Zusammenwirken Bauteil-Boden beim<br />

Rohr-Boden-System;<br />

Vermeiden von bauseitigen Lösungen;<br />

Keine Schlampereien den nächsten hinterlassen<br />

– Zudecken ist keine Lösung;<br />

Konstruktionszeichnungen anfertigen;<br />

Ausführungspläne;<br />

Alle Baumaßnahmen erfolgen<br />

unter der Beachtung DIN EN 1610<br />

und weiterer Regeln wie<br />

A 139<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

25


26<br />

Forschung + Technik<br />

Komponente Kriterien Maßnahmen<br />

Einbindung in die<br />

Trasse des öffentlichen<br />

Kanals<br />

Anschluss an den<br />

öffent lichen Kanal<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

Herstellung Vorhandener Arbeitsraum für<br />

Kurzbaulängen und Umlenkungen, örtliche<br />

Anpassungen sind unumgänglich;<br />

Setzungsunterschiede zwischen dem<br />

Graben des Hauptkanals und der<br />

Anschlussleitung sind immer gegeben.<br />

Material Eigenschaften und Zustand des vorhandenen<br />

Hauptrohres<br />

Bauteil glatt oder profiliert; örtlich anpassbar;<br />

durchgängige Lösung ja/nein;<br />

Bau Selbsttragend oder nicht;<br />

Bodenverdichtung zur Stabilisierung der<br />

Bauteile<br />

Material Eigenschaften Anschlusselement und<br />

Haupt rohr; Verträglichkeit; erforderlicher<br />

Material mix im Anschlusspunkt<br />

Bauteil Wirkungsweise des Anschlusselementes<br />

Herstellung Verwendungssicherheit<br />

Betrieb Verhalten bei nachträglichen Arbeiten an<br />

der Oberfläche, nahe der Trasse oder bei<br />

der Reinigung<br />

Der Anspruch oder die Erwartung lauten:<br />

„Einmal für immer“<br />

Unterhaltung Inspektion, Zugänglichkeit<br />

Reparatur Reparaturfähigkeit;<br />

anwendbare Verfahren der offenen und<br />

geschlossenen Bauweise;<br />

Einfachheit der Sanierung<br />

Verfügbarkeit Lieferfähigkeit; Ersatzteilbeschaffenheit ><br />

25 Jahre<br />

Ausführungszeichnungen erstellen<br />

Übergang glatt/gewellt/gerippt/profiliert<br />

Konstruktionsvorgaben aus Statik/<br />

Herstellangaben<br />

Durchgängigkeit der Lösung;<br />

Vorgabe von Details


Abzweig einbauen<br />

Standard-Abzweig mit<br />

Stutzen, 45 o. 90 Grad;<br />

Passstück schneiden<br />

Manschettenverbindung<br />

muffenloser Abzweig mit<br />

Stutzen, 45 o. 90 Grad;<br />

Manschettenverbindung<br />

offene Bauweise<br />

Anbohren unter 90 Grad<br />

Anschlussformstück<br />

und Bohrring<br />

Verpressen<br />

Verpressen und Verschrauben<br />

Anschlussformstück<br />

Verschrauben und Verpressen<br />

Verkleben<br />

Rohrsattel<br />

Sattelstück<br />

Verkleben<br />

Verpressen<br />

Nachträgliche Anschlüsse an bestehende Kanäle, Anschlussart und Verbindungstechnik<br />

Forschung + Technik<br />

Anbohren<br />

unter 45 Grad<br />

Sattelstück<br />

Verkleben<br />

Verspannen<br />

Rohrsattel<br />

Verkleben<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

27


28<br />

Forschung + Technik<br />

Thesen zur Bauausführung im Kanalbau<br />

Die Bauausführung muss der Planung folgen und ihr entsprechen.<br />

Abweichungen von den Vorgaben der Planung führen zu negativen Einflüssen<br />

auf den Kanalbetrieb und die Nutzungsdauer der Kanalisation. Sie<br />

verursachen früher einsetzende Wartungsarbeiten mit erhöhten Betriebsaufwendungen.<br />

Die sach- und fachgerechte Handhabung der Bauteile und ihr für den<br />

Zweck bestimmungsgemäßer Einsatz sind Grundlage der Planung.<br />

Abweichungen von der Planung während der Bauausführung müssen<br />

mit dem Planer oder dem Bauherrn vorab abgesprochen werden.<br />

Die Kontrolle der Bauausführung und die Prüfungen an Bauteilen und<br />

Baustoffen sind kein notwendiges Übel, sondern Bestandteil der Bauleistung.<br />

Sie sind ohne Wenn und Aber umzusetzen.<br />

Die gütegesicherte Bauausführung ist unverzichtbar.<br />

Für die Herstellung von Anschlüssen gelten die gleichen Grundlagen wie für<br />

den gesamten Kanalbau.<br />

Planen und Bauen<br />

1. Technische Regeln zur Bauausführung<br />

DIN EN 1610 und DWA-Arbeitsblatt A 139<br />

2. Leitungszone<br />

Die Sicherheit der Rohrleitung wird wesentlich durch die Bauausführung in<br />

der Leitungszone beeinflusst. Das Zusammenwirken von Bauteil und Baustoff<br />

muss aufeinander abgestimmt werden; es ist untrennbar.<br />

Fazit:<br />

Eindeutige Festlegung der Baustoffe für die Leitungszone<br />

Der Hinweis „Nach DIN EN 1610/ATV-DVWK-A 139“ schafft keine eindeutige<br />

Regelung.<br />

Die Leitungszone beeinflusst maßgeblich Funktion und Nutzungsdauer<br />

der Rohrleitung.<br />

Der Bettungstyp 1 stellt die klassische Form des Rohreinbaus dar, bei dem<br />

Rohre auf einen zuvor eingebrachten Austauschboden gelegt werden und<br />

durch zusätzliche seitliche Anschüttung zur Unterstützung des Rohres in seiner<br />

Tragfähigkeit ein Auflagerwinkel hergestellt wird. Über die Stärke dieser<br />

oberen Bettungsschicht entwickelt sich der aus der statischen Berechnung<br />

notwendige Auflagerwinkel. Durch die Kontrolle der Stärke dieser Schicht<br />

lässt sich der Auflagerwinkel feststellen.<br />

Fazit:<br />

Festlegung des Auflagerwinkels in der Planung<br />

Festlegung des Bettungstyps<br />

Festlegung des Auflagerwinkels unter Berücksichtigung der Bauausführung<br />

Festlegung des Materials für die Bettung<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

Festlegung der Maße für Bettung<br />

und Abdeckung<br />

3. Weitere Konstruktionen in<br />

der Leitungszone<br />

Zusätzlich werden in der DIN EN<br />

1610 und dem ergänzenden DWA-<br />

Arbeitsblatt A 139 Ausführungen für<br />

Unterbaukonstruktionen dargestellt,<br />

die vom so genannten üblichen Einbau<br />

abweichen.<br />

Fazit:<br />

Sonderkonstruktionen sind in<br />

der Planung festzulegen<br />

4. Grabenverfüllung<br />

Das DWA-Arbeitsblatt A 139 enthält<br />

Richtwerte zum Verdichtungsgrad<br />

der Grabenverfüllung. Die Planung<br />

muss, soweit erforderlich, hierfür<br />

Werte angeben.<br />

5. Herstelleranleitungen<br />

Für den Einbau der Bauteile, und<br />

hier insbesondere der Rohre, sind<br />

in DIN EN 1610 zusätzlich wichtige<br />

Verweise auf Herstelleranleitungen<br />

gegeben. Diese sollen es dem Verarbeiter<br />

ermöglichen, die Bauteile<br />

so zu handhaben, dass der bestimmungsgemäße<br />

Verwendungszweck<br />

nicht gefährdet ist. Dies umfasst die<br />

Punkte:<br />

Lieferung<br />

Be- und Entladen<br />

Zwischentransport auf der Baustelle<br />

Lagerung<br />

Ablassen in den Rohrgraben<br />

Einbauen<br />

Anschluss an Bauwerke und Herstellung<br />

nachträglicher Anschlüsse<br />

Einbetten mit Angabe der Baustoffe<br />

und deren Verdichtung<br />

Überschütten mit Angabe der<br />

Baustoffe, der Mindestüberdeckung<br />

und der Verdichtung<br />

Lagestabilisierung


Herstellung der Rohrverbindung und der Angaben zur Wirkungsweise<br />

der Verbindung<br />

Bearbeiten von Bauteilen<br />

Fazit:<br />

Die Herstelleranleitungen sind in der Planung zu prüfen<br />

Verweise auf Herstelleranleitungen müssen konkret sein<br />

6. Anschlüsse<br />

Die Kernaussage ist, dass der Planer die Entscheidung über die Art und die<br />

konstruktive Ausbildung der Anschlüsse treffen muss.<br />

Vorgaben zur Bauausführung bei den Anschlüssen sind:<br />

Überprüfung der Tragfähigkeit der zusammengeführten Leitungen<br />

Kein Hineinragen des Anschlussrohres über die innere Oberfläche an<br />

Rohr und Schacht<br />

Herstellung der Anschlüsse nur mit Formstücken und Dichtmitteln, die<br />

genormt sind oder für die eine allgemeine bauliche Zulassung, ein allgemeines<br />

bauliches Prüfzeugnis vorliegt. Für die Zustimmung im Einzelfall sind das<br />

Deutsche Institut für Bautechnik oder die Obersten Behörden der Länder<br />

zuständig.<br />

Fazit:<br />

Der Planer legt den Anschluss fest<br />

Der Planer muss die Bauteile hinsichtlich Funktion, Einbau und Einbauvoraussetzungen<br />

prüfen<br />

7. Prüfungen<br />

Mit der Bearbeitung der DIN EN 1610 wurden neue Regelungen zu Prüfungen<br />

des Bauwerkes Abwasserkanal festgelegt. Unterschieden werden dabei<br />

verpflichtende und optionale Prüfungen. Dem Planer werden hierbei erweiterte<br />

Möglichkeiten zur Abnahmeprüfung zur Verfügung gestellt.<br />

7.1. Dichtheitsprüfung<br />

Die Dichtheitsprüfung erfolgt grundsätzlich nach Abschluss der Erdarbeiten,<br />

also nach dem Verfüllen des Grabens und dem Rückbau des Verbaus.<br />

7.2. Verdichtungsprüfung<br />

Die Bodenverdichtung muss mit den Angaben der statischen Berechnung<br />

übereinstimmen. Die Kontrolle erfordert Verdichtungsnachweise für die Leitungszone<br />

und die Hauptverfüllung. Bei Rohren, deren Tragfähigkeit wesentlich<br />

durch den Boden bestimmt wird, sind solche Prüfungen unverzichtbar.<br />

Die Prüfungen selbst können im Leistungsverzeichnis enthalten sein und sind<br />

dann als Positionen einzuarbeiten.<br />

Fazit:<br />

Die Prüfungen sind Bestandteil der Bauausführung<br />

Die Bodenwerte müssen der Rohrstatik entsprechen<br />

Forschung + Technik<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

29


30<br />

Forschung + Technik<br />

Ausgrabungen in Weimar<br />

Der Brennofen des Großherzogs Carl August<br />

Steinzeugrohrleitungen wurden<br />

im 19. Jahrhundert in den verschiedensten<br />

Örtlichkeiten in<br />

ganz Deutschland auch für die Wasserversorgung<br />

eingesetzt. Sehr bekannt<br />

sind z.B. die archäologischen<br />

Funde von Steinzeugrohren in Weimar,<br />

die einst für die Zuleitung der<br />

„Wasserspiele“ des Großherzogs<br />

Carl August in Belvedere eingebaut<br />

wurden (ROSCHER, <strong>STEINZEUG</strong> <strong>Information</strong><br />

2006).<br />

Im Stadtgebiet von Weimar wurden<br />

zwischenzeitlich weitere Steinzeugrohrleitungen<br />

gefunden, etwa bei<br />

den Aushubarbeiten für die Tiefgarage<br />

des Dorint Hotels. Sie stammen<br />

aus unterschiedlichen Produktionsstätten<br />

wie aus Jena-Zwätzen und<br />

aus dem hessischen Großalmerode.<br />

Im vergangenen Jahr wurde bei einer<br />

weiteren Grabung in Jena-Zwätzen<br />

tatsächlich der „zu den Steinzeugrohren<br />

gehörende Brennofen“ gefunden.<br />

Über die zur Grabungszeit<br />

zugänglichen Teile des ehemaligen<br />

Schlosses und späteren Gutshofes<br />

war es möglich, diesen Brennofen<br />

zu besichtigen – und zeitlich einzuordnen:<br />

In dem Kellergewölbe, das<br />

den Brennofen beherbergt, ist im<br />

Gewölbebogen die eingemeißelte<br />

Jahreszahl 1552 zu erkennen.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

Kellergewölbe mit der (schwach erkennbaren) Jahreszahl 1562<br />

Die einzige Fabrik, welche in Zwätzen beheimatet war, befand sich südlich<br />

des Komturhauses auf dem Gelände des Deutschen Ordens. Hier produzierte<br />

man seit etwa 1783 aus Zwätzener Bänderton Dränageröhren und<br />

später Tonrohre. Diese wurden beispielsweise in der Stadt Jena benutzt, um<br />

darin das Wasser aus den Mühltalquellen in die Innenstadt fließen zu lassen.<br />

1820 waren auch Goethe und der Chemiker Doebereiner Gäste in der<br />

hiesigen Produktionsstätte, um Brennversuche an verschiedenen Gesteinen<br />

und Mineralien durchzuführen. Es ist nicht auszuschließen, dass auch Tonflaschen<br />

und Ofenkacheln produziert worden sind. 1833 hat diese Fabrik<br />

ihre Pforten geschlossen.<br />

Aus: Zwätzen Handwerk und Gewerbe gestern und heute 1. Teil<br />

Hrsg.: Verein „Kulturlandschaft Zwätzen e.V.“, 2005


Brennofen<br />

(noch vollständig frei gelegt)<br />

Auf dem gleichen Gelände befand sich noch eine Brauerei, die natürlich auch<br />

Gefäße benötigte. So befindet sich im Besitz des Heimatvereins auch eine<br />

Steinzeugflasche mit dem deutschen Ordenszeichen – also ein nützlicher<br />

Hinweis darauf, dass man Steinzeugrohre nicht nur für den Transport „klaren<br />

Wassers“ benötigte, sondern dass auch die Brauerei Steinzeugerzeugnisse<br />

verwendete.<br />

Zwätzen gehört heute zu Jena und war am Anfang des 19. Jahrhunderts<br />

ein Dorf, ein Rentamt und Kammergut des Großherzogs von Weimar. Die<br />

Ortslage befindet sich am Abhang der westlichen Bergkette des Saaletals am<br />

linken Ufer der Saale. Hierzu gehörte auch die Commenthurei des deutschen<br />

Ordens, von der ebenfalls Gebäude erhalten sind.<br />

Die Untersuchungen und Recherchen gehen weiter, in der Hoffnung, weitere<br />

Details der Jenaer Anlage zu finden und der Öffentlichkeit zugänglich<br />

zu machen.<br />

Kontakt<br />

Forschung + Technik<br />

Steinzeugrohr<br />

aus Großalmerode<br />

(Hessen), gefunden<br />

beim Bau der Tiefgarage<br />

des Dorint<br />

Hotels Weimar mit<br />

dem Signum CA<br />

1818 (Carl August)<br />

Prof. Dr.-Ing. Harald Roscher<br />

FH Erfurt<br />

E-Mail: roscher.h@t-online.de<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

31


32<br />

Baustellenbericht – Spezial<br />

Großrohr-Premiere<br />

Vortriebsbegleitende Überwachung der Pressenkräfte<br />

beim ersten Steinzeug-Rohrvortrieb DN 1400<br />

Die neueste Entwicklung im<br />

Bereich der Vortriebsrohre<br />

aus Steinzeug ist das Großrohr<br />

DN 1400. Wie alle Steinzeug-<br />

Vortriebsrohre ab dem Durchmesser<br />

DN 600 ist auch das neu entwickelte<br />

Rohr mit einer edelstahlverstärkten<br />

Druckübertragung (EDÜ) im Muffenbereich<br />

ausgestattet.<br />

Der erste Vortrieb mit dem Vortriebsrohr<br />

DN 1400 wurde im April<br />

Abb. 1: Startgrube mit Vortriebsmaschine<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

20<strong>08</strong> im tschechischen Karviná durchgeführt. Zur Sicherung der Qualität<br />

und zur lückenlosen Dokumentation der Vortriebsparameter wurde bei diesem<br />

Vortrieb das Sys tem OLC – Online Load Control der INKA GmbH aus<br />

Aachen eingesetzt.<br />

Das Projekt<br />

Die Bezirksstadt Karviná liegt im Osten Tschechiens in der Nähe der Stadt<br />

Ostrava. Im Rahmen eines umfangreichen Neubauprojekts werden dort<br />

seit Ende 2007 Abwasserkanäle in unterschiedlichen Nennweiten errichtet.<br />

Mit über 500 m wird der überwiegende Teil der zu erstellenden Haltungen


Abb. 2: Aufbau der Messtechnik des Online-Überwachungssystems OLC<br />

mit Steinzeug-Vortriebsrohren DN 1000 ausgeführt. Ein etwa 85 m langer<br />

gerader Abschnitt des neuen Kanals sollte jedoch in einer Nennweite von<br />

DN 1400 mm ausgeführt werden. Hierbei wurden erstmalig Vortriebsrohre<br />

DN 1400 aus Steinzeug eingesetzt.<br />

Die Vortriebsarbeiten in diesem Bauprojekt werden von der Firma Subterra<br />

a.s., Prag, durchgeführt. Für den Vortrieb der DN 1400-Rohre wurde eine<br />

Vortriebsmaschine der Firma Euro Iseki Ltd. mit Spülförderung und flüssigkeitsgestützter<br />

Ortsbrust eingesetzt, die auf den Außendurchmesser der<br />

Vortriebsrohre von da = 1.630 mm abgestimmt war (vgl. Abb. 1).<br />

Die Vortriebsrohre DN 1400 mit einer Baulänge von 2 m dürfen laut Herstellerangaben<br />

bei einem geraden Vortrieb mit einer zulässigen Vorpresskraft<br />

von 6.400 kN beaufschlagt werden. Aufgrund mangelnder Erfahrungswerte<br />

mit dem neuen Vortriebsrohr wurde die zulässige Presskraft in Abstimmung<br />

mit dem ausführenden Unternehmen<br />

auf 4.500 kN reduziert. Höhere<br />

Pressenkräfte waren zudem aufgrund<br />

der unproblematischen Randbedingungen<br />

des Vortriebs nicht zu<br />

erwarten.<br />

Die Reduzierung wurde auch vor<br />

dem Hintergrund vorgenommen,<br />

dass die Messwerte der Maschinenposition<br />

sowie die der Pressendrücke<br />

im Presscontainer lediglich analog<br />

angezeigt und manuell protokolliert<br />

werden konnten. Die Möglichkeit zu<br />

einer automatischen Erfassung und<br />

Protokollierung der Vortriebsparameter<br />

bot die Vortriebstechnik dagegen<br />

nicht.<br />

Aus diesem Grund wurde bauseits<br />

entschieden, den Vortrieb mit dem<br />

OLC-System zu begleiten. Das Sys-<br />

Baustellenbericht – Spezial<br />

tem zur vortriebsbegleitenden Pressenkraftüberwachung<br />

bietet zum<br />

einen den Vorteil einer unabhängigen<br />

automatisierten Erfassung und<br />

Protokollierung sämtlicher belastungsrelevanter<br />

Vortriebsparameter.<br />

Zum anderen gibt das System einen<br />

genauen Überblick über den Auslastungsgrad<br />

der Vortriebsrohre während<br />

des Vortriebs und bietet damit<br />

die Möglichkeit, die Leistungsfähigkeit<br />

der neuen Steinzeug-Vortriebsrohre<br />

DN 1400 unter Baustellenbedingungen<br />

festzustellen.<br />

Das OLC-System<br />

Zur Qualitätssicherung und zur<br />

lückenlosen Dokumentation der<br />

Rohrbelas tung wurde die INKA GmbH<br />

aus Aachen mit der vortriebsbegleitenden<br />

Pressenkraftüberwachung beauftragt.<br />

Das eingesetzte OLC-System besteht<br />

aus einer Messtechnik und einer<br />

Auswertesoftware (Abb. 2). Mit der<br />

im Rohrstrang installierten Messtechnik<br />

werden die Fugenabwinkelungen<br />

an ausgewählten Rohrfugen<br />

Abb. 3: Vortriebsrohr DN 1400 mit der installierten Messtechnik<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

33


34<br />

Baustellenbericht – Spezial<br />

bestimmt. Hierfür werden an vier<br />

über den Umfang verteilten Stellen<br />

je Fuge die Spaltmaße zwischen den<br />

Rohrspiegeln gemessen.<br />

Bei diesem Vortrieb wurde die Messtechnik<br />

im zweiten Vortriebsrohr hinter<br />

der Vortriebsmaschine so installiert,<br />

dass die Abwinkelung zwischen<br />

dem ersten und zweiten sowie zwischen<br />

dem zweiten und dem dritten<br />

Rohr bestimmt werden konnte. Die<br />

Messtechnik wurde auf Stahlringen<br />

montiert, die im Vortriebsrohr verspannt<br />

werden konnten (vgl. Abb.<br />

3). Hierdurch wurde ein Anbohren<br />

der Rohre für die Befestigung der<br />

Messtechnik vermieden.<br />

Das OLC-System wurde über einen<br />

Drucksensor mit dem Hydrauliksystem<br />

der Hauptpresszylinder verbunden,<br />

so dass die Vorpresskraft<br />

im Startschacht gemessen werden<br />

konnte. Zur Bestimmung des Vortriebsfortschritts<br />

wurde zudem ein<br />

Messrad installiert.<br />

Um die Rohrbelastung bestimmen<br />

zu können, werden die gemessenen<br />

Sensorwerte zunächst über Messumsetzer<br />

an die Auswertesoftware<br />

übergeben, in der mit den Wegaufnehmerwerten<br />

eine Ebenenberechnung<br />

zur Bestimmung der Fugenabwinkelung<br />

vorgenommen wird. Aus<br />

den Hydraulik drü cken wird mit den<br />

Flächen der Presszylinder die aktuelle<br />

Vorpresskraft bestimmt.<br />

Mit diesen Eingangswerten kann<br />

nun für jede Rohrfuge die Abwinkelung<br />

und die dort wirkende<br />

Pressenkraft bestimmt werden. In<br />

der Auswertesoftware wird im Anschluss<br />

eine Finite-Elemente-Berechnung<br />

vorgenommen, bei der<br />

die Fugenzwischenlage in kleine<br />

Elemente unterteilt wird (Abb. 4).<br />

Jedem Element wird das zuvor in<br />

einer Materialprüfmaschine ermittelteDruckspannungs-Stauchungsverhalten<br />

zugewiesen. So kann für<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

Abb. 4: Diskretisierte Fugenzwischenlage<br />

jeden Druckübertragungsring kontinuierlich der aktuelle Belastungszustand<br />

unter Berücksichtigung der Belastungshistorie berechnet werden.<br />

Mit der exakten Vorbelastungsverteilung des Druckübertragungsringes und<br />

der genauen Fugenabwinkelung wird für jedes Vortriebsrohr die maximal<br />

zulässige Vorpresskraft nach dem Stand der Diskussion zum Entwurf DWA-A<br />

161 berechnet. Hierbei werden die zum Teil weit auf der sicheren Seite liegenden<br />

Annahmen durch die berechneten Werte ersetzt. Aus den zulässigen<br />

Pressenkräften der Rohre wird die niedrigste zulässige Pressenkraft für jede<br />

Presseinrichtung bestimmt und dem Maschinenführer auf dem Abbildungsschirm<br />

durch grün-gelb-rote Balkenelemente angezeigt. Die Berechnung<br />

und die Anzeige wird in einem zwei-Sekunden-Takt aktualisiert.<br />

Auswertung<br />

In Abb. 5 sind die Verläufe der horizontalen, vertikalen und der resultierenden<br />

Fugenabwinkelungen dargestellt. Die höchsten Abwinkelungen liegen<br />

mit etwa 0,15° am Beginn des Vortriebs und mit 0,25° bei Station 34 m. Die<br />

Maximalwerte der Abwinkelung sind sehr gering und aus statischer Sicht<br />

unbedenklich.<br />

Abb. 6 zeigt den Verlauf der zulässigen und der gemessenen Pressenkräfte. Die<br />

maximalen Pressenkräfte lagen bei diesem Vortrieb unterhalb von 2.000 kN.<br />

Die durchschnittliche Pressenkraft lag bei 1.200 kN, was nicht zuletzt auf die<br />

gute Schmierung des Vortriebs mit Bentonit und Polymeren zurückzuführen<br />

ist.<br />

Die zulässige Pressenkraft wurde, wie eingangs erwähnt, im Vorfeld dieses<br />

Vortriebs auf 4.500 kN reduziert. Aufgrund der geringen Abwinkelungen lag


Abb. 5: Verlauf der Fugenabwinkelung in der ersten Messfuge (zweite Rohrfuge)<br />

Abb. 6: Verlauf der zulässigen und gemessenen Pressenkräftefuge<br />

die vom OLC-System rechnerisch bestimmte zulässige Vorpresskraft zu jedem<br />

Zeitpunkt oberhalb dieses Grenzwerts. An der Stelle der höchsten Abwinkelung<br />

wäre rechnerisch – selbst bei einem erhöhten Sicherheitsniveau – eine<br />

Vorpresskraft von etwa 5.500 kN zulässig gewesen.<br />

Baustellenbericht – Spezial<br />

Zusammenfassung<br />

Der erste 85 m lange Vortriebsabschnitt<br />

mit den neuen Steinzeug-<br />

Vortriebsrohren DN 1400 wurde<br />

Ende April 20<strong>08</strong> erfolgreich abgeschlossen.<br />

Durch den bauseitigen<br />

Einsatz des Online-Überwachungssystems<br />

OLC konnten die Vortriebsparameter<br />

automatisch erfasst und<br />

lückenlos dokumentiert werden.<br />

Eine drohende Überlastung der Rohre<br />

wäre hierdurch früh zu erkennen<br />

und somit sicher zu vermeiden gewesen.<br />

Durch die vortriebsbegleitende Bestimmung<br />

des Auslastungsgrades<br />

der Rohre wurde jedoch nachgewiesen,<br />

dass die Vortriebsrohre zu<br />

jedem Zeitpunkt noch hohe Sicherheitsreserven<br />

aufwiesen. Im Klartext<br />

heißt das: Die neuen Steinzeug-Vortriebsrohre<br />

DN 1400 sind somit für<br />

zukünftige Einsätze auch auf längeren<br />

Pressstrecken bestens gerüstet.<br />

Alle Abbildungen: Dipl.-Ing. U. Bohle<br />

Kontakt<br />

Dipl.-Ing. Ulrich Bohle<br />

ibb – Institut für Baumaschinen<br />

und Baubetrieb<br />

Mies-van-der-Rohe-Straße 1<br />

D-52074 Aachen<br />

Tel.: +49 (0) 2 41/8 02 51 56<br />

E-Mail: bohle@ibb.rwth-aachen.de<br />

Internet: www.inka-aachen.de<br />

www.ibb.rwth-aachen.de<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

35


36<br />

Portrait/Interview<br />

Utility Tunnelling<br />

Im Gespräch mit Werner Suhm<br />

Die Herrenknecht AG im badischen<br />

Schwanau ist Technologie-<br />

und Marktführer im<br />

maschinellen Tunnelvortrieb. Als<br />

einziges Unternehmen weltweit liefert<br />

Herrenknecht modernste Tunnelbohranlagen<br />

für alle Baugründe<br />

und in allen Durchmessern (von<br />

0,10 bis 19 m). Die Produktpalette<br />

umfasst maßgeschneiderte Maschinen<br />

für Verkehrstunnel (Traffic Tunnelling)<br />

und Ver- und Entsorgungstunnel<br />

(Utility Tunnelling).<br />

Das Unternehmen Herrenknecht<br />

Vertical stellt außerdem modernste<br />

Tiefbohranlagen (bis 6.000 m Tiefe),<br />

die jüngste Tochter (Bohrtec Vertical)<br />

liefert kleinere Bohrgeräte für<br />

die Erschließung oberflächennaher<br />

Geothermie.<br />

Dipl.-Ing. Werner Suhm, Mitglied<br />

des Vorstands der Herrenknecht AG<br />

und Verantwortlicher für den Geschäftsbereich<br />

Microtunnelling (Utility<br />

Tunnelling), ist ein vielbeschäftigter<br />

Mann und nur schwierig zu<br />

erreichen. Dennoch hat er sich die<br />

Zeit genommen, mit der Redaktion<br />

ein Gespräch zu führen.<br />

?<br />

Herr Suhm, welche Meilensteine in<br />

der noch relativ jungen Geschichte<br />

des Microtunnelling hat das Unternehmen<br />

Herrenknecht gelegt?<br />

W. Suhm: Wir waren in Deutschland<br />

sozusagen von der ersten Stun-<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

de an dabei, und ich kann Ihnen das gerne in chronologischer Abfolge skizzieren:<br />

Es begann 1983; Unternehmensgründer Martin Herrenknecht und<br />

seine Ingenieure haben eine Vision: die Entwicklung einer Micromaschine<br />

für nicht begehbare Durchmesser (Ver- und Entsorgungstunnel). Sie wird<br />

schnell Realität: das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert<br />

die Umsetzung mit einer Finanzspritze von 500.000 DM.


1985 kommt der Prototyp, die so genannte VSA-N1, im Norden Hamburgs<br />

bei einem Stadtentwässerungsprojekt erfolgreich zum Einsatz.<br />

1986 wird die Micromaschine AVN500 erstmalig in Berlin, Nusshäherstraße,<br />

für einen Abwassertunnel der Berliner Wasserbetriebe eingesetzt. Die Besonderheiten:<br />

1. die so genannte Kaffeemühlentechnik, d.h., abgebautes Erdreich wird<br />

direkt hinter dem Scheidrad fein gemahlen<br />

2. Einsatz im Grundwasser<br />

3. Durchfräsen der Schachtwand mit Dichtsystem ohne Grundwasserabsenkung<br />

1990 wird der Fahrlachtunnel in Mannheim gebaut. Beim Bau dieses Autotunnels<br />

direkt unter der zehngleisigen Zufahrt zum Hauptbahnhof kommen<br />

drei Herrenknecht AVN 300-Maschinen zum Einsatz; 90 Sacklochbohrungen<br />

werden vorgetrieben. Durch ein demontierbares Schneidrad können die<br />

Maschinen direkt durch den zuvor aufgefahrenen Tunnel wieder durch den<br />

Startschacht hindurch „herausgezogen“ werden.<br />

1994 folgt das Projekt „Europipe“, Sea Outfall in der Nordsee. In nur 100<br />

Tagen wird ein 2.532 m langer Rohrvortrieb mit Betonrohren DN 3000/<br />

AD 3800 unter dem Deutschen Wattenmeer durchgeführt. Die Maschine<br />

ist komplett ferngesteuert und arbeitet nach dem AVN-Prinzip mit Kegelbrecher.<br />

Damals stellte das Projekt eine neue Dimension im Rohrvortrieb<br />

dar und ist bis heute ein gültiger Streckenrekord für den Vortrieb ohne<br />

Zwischenschacht!<br />

1999 startet der „Zentrumsfreie“ Antrieb (beim Maschinentyp AVN 1200);<br />

er ermöglicht den Zugang zur Ortsbrust bei Langstreckenvortrieben.<br />

2001 erweitert die Herrenknecht Microtunnelling ihre Produktpalette um<br />

Horizontalbohranlagen, die HDD-Rigs, mit bis zu 400 t Zugkraft.<br />

2003 entwickelt und baut das Unternehmen zur maschinellen vertikalen<br />

Schachtabsenkung die so genannte VSM (Vertical Shaft Sinking Maschine).<br />

Sie kommt erstmals bei einem Projekt auf der Insel Java für einen Wasserbrunnenschacht<br />

von 100 m Tiefe zum Einsatz.<br />

2005 geht Herrenknecht dann richtig in die Tiefe – mit Tiefbohranlagen der<br />

neu gegründeten Herrenknecht Vertical GmbH.<br />

2007: Weltpremiere für das Direct Pipe-Verfahren bei der Verlegung eines<br />

Dükers (464 m) unter den Rhein bei Worms. Kombiniert mit dem Pipe Thruster<br />

(Verschiebeeinheit) und einer Microtunnelling-Maschine wird in nur 13<br />

Tagen ein 48 Zoll dicker Pipelinestrang zielgenau unter dem Fluss verlegt.<br />

Ein Jahr später wird Herrenknecht als eines von fünf Unternehmen mit der<br />

Innovation „Direct Pipe“ für den international bedeutenden Technologiepreis,<br />

den „Hermes Award“ auf der Hannover Messe nominiert und erhält im<br />

Juni zudem auf der<br />

No-Dig in Moskau<br />

Die Herrenknecht AG in 2007<br />

Jahresumsatz: 838 Mio. Euro weltweit<br />

2.500 Mitarbeiter<br />

178 Auszubildende<br />

41 Tochter- und 8 geschäftsnahe Beteiligungsgesellschaften<br />

im In- und Ausland<br />

den „ISTT-Award“,<br />

die bedeutendste<br />

Auszeichnung in der<br />

Industrie des Tunnelbaus.<br />

Im Januar<br />

20<strong>09</strong> überreicht<br />

die renommierte<br />

Portrait/Interview<br />

Vereinigung der amerikanischen<br />

Bauindustrie „Moles“ Martin Herrenknecht<br />

in New York als erstem<br />

Europäer den amerikanischen „Moles<br />

Award 20<strong>09</strong>“.<br />

?<br />

Mit welchen Personen verbinden<br />

Sie diese Meilensteine?<br />

W. Suhm: Natürlich zunächst mit<br />

Dr.-Ing. Martin Herrenknecht, der<br />

ein ungemein innovativer Unternehmer<br />

ist und jederzeit bereit war und<br />

ist, kalkulierbare Risiken im Tunnelbau<br />

einzugehen. Eine zweite wichtige<br />

Person ist selbstverständlich auch<br />

der Pionier des Mikrotunnelbaus,<br />

Dipl.-Ing. Knut Möhring, seinerzeit<br />

Leiter der Berliner Entwässerungswerke.<br />

?<br />

Die Herrenknecht AG hat im Juli<br />

ihr 30-jähriges Jubiläum gefeiert;<br />

der Mikrotunnelbau in Deutschland<br />

wurde im vorigen Jahr 25 Jahre alt.<br />

Seit wann ist die Herrenknecht AG mit<br />

ihrem Know-how dabei, seit wann<br />

gibt es Sie in der Szene?<br />

W. Suhm: Wie ich schon eingangs<br />

erwähnte: Wir sind fast von Anfang<br />

an dabei; seit 1985 in Hamburg<br />

bzw. 1986 in Berlin. Bei mir selber<br />

sieht es ähnlich aus: Seit 1986 bin<br />

ich bei Herrenknecht dabei, seit<br />

1988 verantwortlich für den Bereich<br />

Microtunnelling.<br />

?<br />

Wie schätzen Sie das Potenzial für<br />

den Einsatz der Rohrvortriebstechnik<br />

in Deutschland, in der EU und<br />

weltweit ein?<br />

W. Suhm: Sehr hoch. Mit den genannten<br />

Innovationen wollen wir<br />

unsere Kunden unterstützen, die<br />

weltweit wachsenden Anforderungen<br />

im Bereich des Infrastrukturbaus<br />

erfolgreich zu meistern. Nach<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

37


38<br />

Portrait/Interview<br />

Zahlen aus dem UN-Weltbevölkerungsbericht<br />

werden im Jahr 20<strong>08</strong><br />

weltweit mit 3,3 Mrd. erstmals mehr<br />

Menschen in der Stadt als auf dem<br />

Land leben. Die Urbanisierung birgt<br />

nicht nur für die so genannten Megacities<br />

erhebliche Herausforderungen<br />

in sich. Nicht nur in den rasend<br />

schnell wachsenden Metropolen<br />

Asiens oder der Schwellenländer ist<br />

der Auf- und Ausbau von Ver- und<br />

Entsorgungsleitungen notwendig.<br />

Auch in den Industrieländern besteht<br />

ein großer Bedarf an Ausbau<br />

und Modernisierung der unterirdischen<br />

Infrastrukturen. Die mitunter<br />

vor einem Jahrhundert geschaffenen<br />

Leitungen können das Abwasser der<br />

heutigen modernen Stadtbevölkerung<br />

fast nicht mehr bewältigen.<br />

Auch die Elektrizitäts- und Telekommunikationsnetze<br />

müssen fit für die<br />

Zukunft gemacht werden. Der maschinelle<br />

Tunnelvortrieb bietet<br />

oftmals die einzige Möglichkeit, notwendige<br />

Modernisierungen und Erweiterungen<br />

zu realisieren, ohne das<br />

oberirdische Leben zu beeinträchtigen.<br />

Sei es bei der Unterquerung<br />

von historisch wertvollen Stadtteilen,<br />

von Wohn- oder Industriegebieten,<br />

zentralen Verkehrsadern<br />

oder lebhaften Einkaufspassagen.<br />

Auf die im Tiefbau spezialisierten<br />

Unternehmen und Organisationen<br />

warten weltweit zahlreiche Aufgaben.<br />

Packen wir sie an!<br />

?<br />

Warum stagniert, so ist zumindest<br />

der Eindruck, der Einsatz des Microtunnelling<br />

in Deutschland? Fehlt es<br />

am Umweltbewusstsein, ist es eine<br />

Kostenfrage oder wissen Entscheider<br />

immer noch zu wenig über diese Einbautechnik?<br />

W. Suhm: Microtunnelling ist bei<br />

vielen Kommunen und Entscheidern<br />

in Deutschland unbekannt und wird<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

als relativ risikoreich angesehen. Aufgrund von Preisdruck sind sehr oft Kompromisse<br />

zu billigen (also nicht zu den besten) Einbautechniken zu machen.<br />

Zudem ist Deutschland seit Ende der 90er Jahre kein typischer Investitionsmarkt<br />

mehr.<br />

?<br />

Kann das Microtunnelling als moderne Technik ein Türöffner in neue Märkte<br />

sein, etwa den neuen EU-Ländern?<br />

W. Suhm: Das Microtunnelling ist natürlich in den EU-Ländern bekannt.<br />

Jedoch wächst Osteuropa mit Ausnahme von Polen viel langsamer als erwartet.<br />

Der Weltmarktanteil von Herrenknecht Utility Technik liegt bei ca. 50<br />

%. Europa zählt bereits zu unseren wichtigsten Absatzmärkten.<br />

Von 542 europäischen Großstädten leiten immer noch 37! ihr Abwasser<br />

völlig unbehandelt in natürliche Gewässer ein. Man muss also nicht mit dem<br />

Finger in Richtung Asien oder Schwellenländer zeigen, in denen teilweise<br />

erbärmliche hygienische Zustände herrschen. Ohne Zweifel gibt es für die<br />

im Tiefbau spezialisierten Unternehmen und Organisationen in Europa mehr<br />

als genug zu tun.<br />

?<br />

Welche Techniken spielen Ihrer Meinung nach dabei eine Rolle und warum?<br />

Gibt es Nodig-Techniken, die im Wettbewerb zum Microtunnelling stehen?<br />

W. Suhm: Beim Microtunnelling stehen Wirtschaftlichkeit und Effektivität<br />

ganz oben auf der Agenda. Das sichere Beherrschen von Langstreckenvortrieben,<br />

von präzisen vertikalen und horizontalen Kurvenfahrten sowie das<br />

Durchfahren höchst heterogener Geologien gehören dazu. Grundsätzlich<br />

Dipl.-Ing. (FH) Werner Suhm<br />

verheiratet, 3 Kinder<br />

Studium Maschinenbau an der FH Offenburg<br />

1986: Einstieg bei der Herrenknecht AG<br />

seit 1988: Verantwortlich für den Bereich<br />

Microtunnelling (Utility Tunnelling)<br />

seit Dez. 1998: HERRENKNECHT AG, Schwanau,<br />

Deutschland<br />

Tunnelvortriebstechnik/Maschinenbau<br />

Mitglied des Vorstandes<br />

Tätigkeitsbereich:<br />

Verantwortlicher Vorstand für die Geschäftsbereiche:<br />

Utility Tunnelling<br />

Forschung und Entwicklung<br />

Horizontalbohrtechnik (HDD)<br />

Schachtbautechnik (VSM)<br />

Tiefenbohrung<br />

Geothermie


sind weltweit ständig innovative Lösungen im Bereich der unterirdischen Leitungsverlegung<br />

gefragt. Dies erfordert eine enge Kooperation und gegenseitiges<br />

Verständnis zwischen staatlichen und privaten Geldgebern sowie Forschungsinstituten,<br />

Planern, Bauunternehmen und Equipmententwicklern.<br />

Bedenkt man, dass neue Technologien und Innovationen ab der Erstanwendung<br />

mindestens 4 bis 8 Jahre bis zur Marktdurchdringung benötigen,<br />

sollten wir keine Zeit vergeuden.<br />

?<br />

Die beiden „Hauptakteure“ beim Microtunnelling sind die Rohre und die<br />

Vortriebsmaschinen. Wer ist auf wen „angewiesen“, bzw. wie „greifen sie<br />

ineinander“?<br />

W. Suhm: Zum Gelingen eines Projektes gehören sehr viel mehr Beteiligte,<br />

die Hand in Hand arbeiten müssen. Der Tunnelbau ist ein sehr komplexes<br />

Geschäft, dessen Erfolg vom reibungslosen Miteinander vieler Akteure abhängt.<br />

Dabei sind Schnelligkeit, sprich Wirtschaftlichkeit, auf der einen und<br />

Sicherheit, d.h. Risikominimierung, auf der anderen Seite die wichtigsten<br />

Parameter für einen guten Projektverlauf. Hier ist echtes Teamwork gefragt,<br />

damit alle Beteiligten zügig und kalkulierbar das Licht am Ende des Tunnels<br />

erblicken. Der Faktor Mensch spielt mit seiner Erfahrung bei der Planung und<br />

Ausführung allerdings die wichtigste Rolle.<br />

?<br />

Das Unternehmen Steinzeug | Keramo stellt heute Vortriebsrohre bis DN<br />

1400 her; welche Durchmesser werden im Rohrvortrieb am häufigsten eingesetzt?<br />

W. Suhm: Die Frage ist schnell beantwortet: DN 600 bis DN 2500.<br />

?<br />

Sie bieten das gesamte Spektrum der Utility-Maschinentechnik an. Sind neue<br />

Entwicklungen zu erwarten, wie sieht hier die Zukunft aus?<br />

W. Suhm: Als Technikinnovatoren fragen wir uns ständig, wo wir unseren<br />

Auftraggebern durch Know-how-Zuwachs weitere Vorteile bieten können.<br />

Ich sehe sie in folgenden Punkten:<br />

etablierte Verfahren noch effizienter zu kombinieren und zu nutzen<br />

Portrait/Interview<br />

Hochtechnologie und Neuentwicklungen<br />

zum echten „Segen“ zu<br />

machen, in dem wir den Mut haben,<br />

sie auch zum Einsatz zu bringen, um<br />

damit Akzeptanz zu schaffen,<br />

die Technik weiter vorantreiben,<br />

in dem wir uns weiterhin an Lösungen<br />

für die ganz schwierigen Projekte<br />

herantrauen.<br />

?<br />

Das Unternehmen bietet für eine<br />

wirtschaftlich effiziente Projektabwicklung<br />

ein umfangreiches Projekt-<br />

Consulting an. Wird das für Ihren Bereich<br />

Utility Tunnelling genutzt und<br />

wenn ja, in welchem Maße?<br />

W. Suhm: Die Herrenknecht AG<br />

sieht sich als Full-Service-Anbieter:<br />

Neben Verkauf und Vermietung<br />

des Equipments zählen zu den Leistungen<br />

u.a. Machbarkeitsstudien,<br />

Finanzierungsberatung, Risikoanalysen,<br />

Geotechnische Auswertungen<br />

und Beratungen, Kundenschulungen,<br />

Technischer Support<br />

durch Operatoren vor Ort und das<br />

Ersatzteilmanagement. Dieses Angebot<br />

wird in ganzem Umfang oder<br />

modular natürlich auch für den Bereich<br />

Utility Tunnelling umfangreich<br />

genutzt.<br />

Wir danken Herrn Suhm ganz herzlich<br />

für das Gespräch.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

39


40<br />

Wirtschaft + Recht<br />

Wissen und Erfahrung im Bauwesen<br />

– eine Interessengemeinschaft<br />

aller am Bau Beteiligten<br />

Auch wenn der Begriff „GAEB“<br />

mittlerweile fester Bestandteil<br />

des Baualltags ist, so weiß<br />

doch kaum jemand, was sich hinter<br />

der Abkürzung wirklich verbirgt.<br />

Der Begriff ist im Sprachgebrauch<br />

doppelt belegt: Zum einen steht die<br />

Abkürzung GAEB für „Gemeinsamer<br />

Ausschuss Elektronik im Bauwesen“<br />

und zum anderen für die Begrifflichkeit<br />

„Datenaustausch nach<br />

GAEB“.<br />

Wer oder was ist GAEB?<br />

Der GAEB fördert als Interessengemeinschaft<br />

aller am Bau Beteiligten<br />

– IT­gestützt – eine gemeinsame<br />

Sprache im Bauwesen. Hierfür stellt<br />

der GAEB neben Regeln für Datenaustausch<br />

und Bauabrechnung vor<br />

allem Texte für Bauleistungsbeschreibungen<br />

auf und zwar im Standardleistungsbuch<br />

für das Bauwesen<br />

(STLB-Bau und STLB-BauZ).<br />

Unter dem Dach des Deutschen Vergabe­<br />

und Vertragsausschusses für<br />

Bauleistungen (DVA), dem der GAEB<br />

seit dem 1.Januar 2005 als neuer<br />

Hauptausschuss (HA GAEB) angehört,<br />

wird die enge Verbindung zur<br />

Vergabe­ und Vertragsordnung für<br />

Bauleistungen (VOB) manifestiert.<br />

Das Arbeiten des HA GAEB basiert<br />

auf der DVA­Satzung bzw. einer Arbeitsanleitung.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

Die Geschäftsstelle ist praxisbezogen im Bundesamt für Bauwesen und<br />

Raumordnung (BBR) in Bonn im Referat II 2 angesiedelt. Hier laufen die<br />

„Schaltdrähte“ der ca. 100 Arbeitsgruppen und Arbeitskreise und ca. 600<br />

Mitglieder zusammen. An der ehrenamtlichen Mitarbeit in den Gremien<br />

des GAEB können sich alle interessierten Kreise beteiligen und abstimmen,<br />

um für die Vergabe und Abrechnung von Bauleistungen effektive Lösungen<br />

zu finden. Im GAEB werden somit die Voraussetzungen für eine integrierte<br />

Datenverarbeitung bei der Durchführung von Baumaßnahmen auf Basis der<br />

VOB geschaffen.<br />

Die Schwerpunkte der GAEB­Arbeit liegen in der Erstellung und Überarbeitung<br />

von...<br />

... standardisierten Texten zur Beschreibung von Bauleistungen für<br />

Neubau, Instandhaltung und Sanierung (STLB-Bau)<br />

STLB­Bau – Dynamische BauDaten – ist ein Datenbank orientiertes Textsystem<br />

zur standardisierten Beschreibung von Bauleistungen für Neubau,<br />

Instandhaltung und Sanierung.<br />

Aufbau und Organisation des HA GAEB im DVA


... standardisierten Texten zur Beschreibung von Bauleistungen für<br />

Zeitvertragsarbeiten (STLB-BauZ)<br />

STLB­BauZ – Dynamische BauDaten – unterstützt regelmäßig wiederkehrende<br />

Unterhaltungsarbeiten an Bauwerken durch speziell auf diesen Aufgabenbereich<br />

abgestimmter standardisierter Texte, die mit Preisen im Auf­ und<br />

Abgebotsverfahren vergeben werden.<br />

Die öffentlichen Auftraggeber des Bundes und der Länder vertrauen auf die<br />

Aktualität und Qualität der standardisierten Baubeschreibungen (STLB­Bau/<br />

STLB­BauZ).<br />

Die Anwendung des STLB­Bau in den Bauverwaltungen des Bundes und der<br />

Länder ist mit Erlass des BMBau B I 2 – B 1051b – 00/5 vom 3. August 1998<br />

und im Vergabehandbuch geregelt. Auch Auftragnehmer, die als Ingenieurbüros<br />

z.B. für das BBR tätig sind, verpflichten sich, den GAEB­Standard einzusetzen.<br />

... Regelwerken für den elektronischen Datenaustausch und den Aufbau<br />

des Leistungsverzeichnisses (GAEB DA XML)<br />

GAEB DA XML und Aufbau des Leistungsverzeichnisses sollen dazu dienen,<br />

einen einheitlichen Standard für den Austausch von Bauinformationen zu<br />

vereinbaren und damit alle Anforderungen an elektronische Prozesse zur<br />

Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung bei der Durchführung von Baumaßnahmen<br />

zu unterstützen.<br />

GAEB DA XML beschreibt Datenaustauschprozesse, die es ermöglichen,<br />

in der international anerkannten Beschreibungssprache eXtensible Markup<br />

Language (XML) komplexe Strukturen zu übertragen. Die GAEB DA XML­<br />

Dateien können elektronisch verschlüsselt und qualifiziert signiert werden.<br />

In GAEB DA XML, Version 3.1, wurden die Ergebnisse aus der praktischen<br />

Anwendung der bisherigen Regelungen, wie z.B. GAEB 1990, GAEB DA<br />

2000 XML, Version 2.0, sowie Beiträge und Anregungen der Anwender<br />

berücksichtigt. Mit der Einführung von GAEB DA XML, Version 3.1, werden<br />

alle bisherigen Regelungen zum Datenaustausch vom GAEB nicht mehr<br />

unterstützt und gepflegt. Denn: funktionierende Schnittstellen zum Datenaustausch<br />

sind unabdingbare Voraussetzung für die Anwendbarkeit, wenn<br />

mehrere Partner <strong>Information</strong>en des Bauvertrages Hard­ und Software­neutral<br />

untereinander austauschen wollen.<br />

... Verfahrensbeschreibungen für die elektronische Mengen- und<br />

Bauabrechnung (GAEB-VB)<br />

In den GAEB­VB werden Regelungen für die Abrechnung von Bauleistungen<br />

sowie geometrische Lösungen für typische Abrechnungsaufgaben erarbei­<br />

Wirtschaft + Recht<br />

tet, aktualisiert und harmonisiert.<br />

Ziel ist, mit den gleichen Ausgangsdaten<br />

an verschiedenen Stellen unabhängig<br />

voneinander die gleichen<br />

Ergebnisse zu erreichen.<br />

Die Arbeitsergebnisse des GAEB werden<br />

vom DIN Deutsches Institut für<br />

Normung e.V. herausgegeben. Die<br />

Verfasser des STLB­Bau/STLB­BauZ<br />

sowie der Regelwerke zum Datenaustausch<br />

und zur Bauabrechnung<br />

sind vorwiegend bauinteressierte<br />

Experten, die ihr Wissen und ihre<br />

Erfahrungen nutzen, um Standards<br />

für sich selbst und andere mitzuentwickeln.<br />

Diese Autoren gestalten die<br />

GAEB­Arbeitsergebnisse aktiv mit.<br />

Sie erfahren aus erster Hand bevorstehende<br />

Normenänderungen,<br />

Überarbeitungen von Gesetzen und<br />

Vorschriften aus dem Vergaberecht.<br />

Sie erweitern ihr Wissen durch das<br />

Kennenlernen anderer Experten und<br />

deren Tätigkeitsfelder.<br />

Kontakt<br />

Klemens Thies<br />

Geschäftsstelle des GAEB<br />

Bundesamt für Bauwesen und<br />

Raumordnung<br />

53179 Bonn<br />

www.gaeb.de<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

41


42<br />

Messen + Kongresse<br />

IFAT 2010<br />

Zukünftig alle zwei Jahre<br />

Die Umweltmesse IFAT, die<br />

16. Internationale Fachmesse<br />

für Wasser, Abwasser, Abfall<br />

und Recycling, wird nicht im<br />

Frühjahr 2011, sondern bereits vom<br />

13. bis 17. September 2010 stattfinden.<br />

Ab 2012 kehrt die IFAT zum<br />

Frühjahrstermin zurück. Der Termin<br />

7. bis 11. Mai 2012 steht ebenfalls<br />

bereits fest. Ab dann findet die IFAT<br />

alle zwei Jahre im Frühjahr statt. Mit<br />

dem Turnuswechsel trägt die Messe<br />

München dem wachsenden Umweltmarkt<br />

und Wünschen aus der<br />

Industrie nach einem weiteren Ausbau<br />

der internationalen Führungsposition<br />

der IFAT Rechnung.<br />

Die IFAT ist nicht nur ein bedeutender<br />

Marktplatz für die stark exportorientierten<br />

Unternehmen mit<br />

Umwelttechnologien und Umweltdienstleistungen<br />

aus Deutschland.<br />

Vor allem aus dem Ausland registriert<br />

sie seit Jahren ein wachsendes<br />

Interesse und verbuchte bei der<br />

jüngsten Veranstaltung 20<strong>08</strong> eine<br />

Rekordbeteiligung mit Ausstellern<br />

aus 44 Ländern und einem kräftig<br />

gestiegenen Fachbesuch aus 163<br />

Ländern.<br />

„Der Bedarf an <strong>Information</strong>en und<br />

in der Folge an Investitionen beschleunigt<br />

sich weltweit, wie das<br />

wachsende Marktvolumen für Umwelttechnik<br />

zeigt. Durch die Verkürzung<br />

des Messe­Turnus tragen<br />

wir dieser zunehmenden Nachfrage<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

FAKTEN ZUR IFAT<br />

Aussteller 20<strong>08</strong><br />

insgesamt: 2.605<br />

aus dem Inland: 1.765<br />

aus dem Ausland: 840<br />

Besucher 20<strong>08</strong><br />

insgesamt: 119.476<br />

aus dem Inland: 79.392<br />

aus dem Ausland: 40.<strong>08</strong>4<br />

Qualitäten der IFAT<br />

deckt alle Kernzonen der Umwelttechnik ab<br />

extrem hohe Besucherqualität: 93 % der Aussteller zeichneten die<br />

Qualität der Besucher mit der Höchstnote aus<br />

91 % der Besucher sind Entscheider<br />

höchste Besucherzahl und größte Ausstellungsfläche gegenüber anderen<br />

Umweltmessen<br />

höchste Internationalität<br />

Rahmenprogramm<br />

Während der IFAT finden internationale Fachtagungen, Symposien und<br />

Foren statt. Hier werden aktuelle Themen diskutiert.


Rechnung. Gleichzeitig stärken wir damit die IFAT als internationale Leitmesse<br />

für die Branche im Konzert der steigenden Anzahl von Umweltmessen in<br />

zahlreichen Ländern“, so Eugen Egetenmeir, Mitglied der Geschäftsführung<br />

der Messe München.<br />

„Die IFAT ist die entscheidende Drehscheibe auf dem internationalen Markt.<br />

Die Verkürzung auf einen Zwei­Jahres­Turnus ist eine wichtige Voraussetzung<br />

dafür, dass sie – im Interesse der ausstellenden Unternehmen und deren<br />

Kunden – die Kundenbeziehungen intensiviert und noch stärker zum<br />

internationalen Pflichttermin für die Entscheider auch in Politik und Wirtschaft<br />

wird“, erklärt Dr. Johannes F. Kirchhoff, Vorsitzender des IFAT­Fachbeirats.<br />

Auch die ideellen Träger der IFAT, namentlich die Deutsche Vereinigung für<br />

Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA), der Verband Kommunale<br />

Abfallwirtschaft und Stadtreinigung im Verband Kommunaler Unternehmen<br />

e.V. (VKS im VKU), der Verband der Arbeitsgeräte­ und Kommunalfahrzeug­<br />

Industrie e.V. (VAK) und der Verband Deutscher Maschinen­ und Anlagenbau<br />

Messen + Kongresse<br />

e.V. (VDMA) mit seinen Fachverbänden<br />

unterstützen die Entscheidung<br />

zum Turnuswechsel.<br />

Die IFAT CHINA, die bisher alle zwei<br />

Jahre im Herbst stattfand, wird im<br />

Zuge des Turnuswechsels in den Juli<br />

2010 verlegt, um eine Terminüberschneidung<br />

mit der IFAT in München<br />

zu vermeiden.<br />

Quelle: Messe München<br />

Kontakt<br />

Messe München<br />

Internet: www.messe-muenchen.de<br />

20<strong>09</strong>/2010<br />

Branchentermine im Überblick<br />

No Dig India Show 20<strong>09</strong> 17.11.–19.11.20<strong>09</strong> Neu Delhi<br />

Underground Infrastructure Middle<br />

East 2010<br />

18.01.–19.01.2010 Bahrain<br />

24. Oldenburger Rohrleitungsforum 11.02.–12.02.2010 Oldenburg<br />

IFAT CHINA + EPTEE + CWS 2010 05.05.–07.05.2010 Shanghai<br />

NO-DIG Moscow 01.06.–04.06.2010 Moskau<br />

ECWATECH 2010 01.06.–04.06.2010 Moskau<br />

IFAT 2010 13.<strong>09</strong>.–17.<strong>09</strong>.2010 München<br />

IWA-Kongress 19.<strong>09</strong>.–24.<strong>09</strong>.2010 Montréal<br />

NO-DIG 2010 01.11.–03.11.2010 Singapur<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

43


44<br />

Last Minute<br />

Ein Erste-Klasse-Werkstoff<br />

Die Steinzeug Top-Ten<br />

Kanalrohrleitungen müssen in<br />

erster Linie zuverlässig, sicher,<br />

dauerhaft und umweltgerecht<br />

ihre Funktion erfüllen und einen<br />

störungsfreien und wirtschaftlichen<br />

Betrieb ermöglichen. Rohre und<br />

Werkstoff Steinzeug: Die Top-Ten<br />

1<br />

Dauerhaft – damit verbunden ist eine extrem<br />

lange Betriebszeit.<br />

2<br />

Widerstandsfähig gegenüber chemischen, biologischen<br />

und mechanischen Beanspruchungen<br />

aus dem laufenden Kanalisationsbetrieb; damit verbunden<br />

ist die nachweislich lange Nutzungsdauer.<br />

3<br />

Die technischen Lieferbedingungen sind in einschlägigen<br />

Normen festgelegt und auf die Anforderungen<br />

der Eigentümer und Betreiber von Abwassernetzen<br />

ausgerichtet.<br />

4<br />

Sowohl der Werkstoff als auch das Produkt werden<br />

stetig weiterentwickelt; das moderne Steinzeugrohr<br />

kann nur noch bedingt mit den „alten“<br />

Rohren verglichen werden; unverändert bleiben allerdings<br />

die herausragenden mineralogischen Eigenschaften<br />

der Steinzeugbauteile hinsichtlich ihrer chemischen,<br />

biologischen und mechanischen Beanspruchungen.<br />

5<br />

Die hydraulischen Eigenschaften bleiben über die<br />

gesamte Nutzungsdauer unverändert erhalten;<br />

Abschläge zu Abnutzung sind nicht erforderlich.<br />

6<br />

Abwasserkanäle sind in der Regel „Schmutzwasserkanäle“;<br />

die Anforderungen gegenüber Beanspruchungen<br />

durch biogene Schwefelsäure werden<br />

vollständig erfüllt.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

Formstücke aus dem Werkstoff Steinzeug werden diesen berechtigten Ansprüchen<br />

gerecht – das beweisen nicht zuletzt die langjährigen guten Erfahrungen.<br />

Kein anderer Werkstoff ist für den Bau von Kanalisationsnetzen besser geeignet<br />

als Steinzeug. Die Top-Ten-Liste, die 10 Pro-Steinzeug- Argumente<br />

beinhaltet, belegt das – mit einem (Über)Blick.<br />

7<br />

Abwasserrohrleitungen aus Steinzeug können<br />

mit herkömmlichen Techniken gewartet und repariert<br />

werden; einschränkende Vorgaben zum Einsatz<br />

von Hochdruckreinigungsgeräten oder -Drücken<br />

sind nicht erforderlich. Steinzeugoberflächen lassen<br />

sich sehr leicht reinigen.<br />

8 Die<br />

technischen Lieferbedingungen für Steinzeug-Bauteile<br />

sind auf die lange Betriebszeit ausgerichtet.<br />

Es gibt: keine Abschläge beim E-Modul<br />

über die Zeit, keine Kurzzeitwerte, keine Reduzierung<br />

der Materialeigenschaften über die Betriebszeit; Rechenwerte<br />

zur statischen Berechnung sind Langzeitwerte.<br />

9 Statische<br />

Berechnungen für Rohrleitungen aus<br />

Steinzeug sind einfach zu handhaben, das Bauteil<br />

ist in der Lage, Belastungen aufzunehmen, auch<br />

ohne Unterstützung des umgebenden Bodens; der<br />

übliche Einbau der Rohre erfolgt auf beweglichem<br />

Rohrauflager aus Sand/Kies-Gemisch.<br />

10<br />

Steinzeug-Platten und -Schalen werden bei<br />

Großprofilen aus Beton zum Schutz der Rohre<br />

gegen biogene Schwefelsäurekorrosion und mechanische<br />

Beanspruchungen bei Abrieb eingesetzt.<br />

Die Platten werden zu großformatigen Elementen<br />

werksseitig zusammengebaut.


868 – in Worten achthundertachtundsechzig<br />

– Jahre alt sind die Tonrohre, die im<br />

Kloster Himmerod (Südeifel) in relativ großer<br />

Anzahl ausgegraben wurden. Nimmt man<br />

die Rohre in Augenschein, ist das kaum zu glauben:<br />

Sie sehen aus wie neu, sie fühlen sich an wie<br />

neu, sie funktionieren wie neu, sprich, sie sind<br />

immer noch dicht. Fast ehrfürchtig muss man sie<br />

in der Hand halten; die Fingerabdrücke und die<br />

Rillen, die beim „Drehen“ der Rohre entstanden<br />

sind, sind bis heute konserviert.<br />

Pater Oliver, Diplom-Geologe und nun Mönch<br />

in der Zisterzienser-Abtei Himmerod, kennt sich<br />

gut aus. Auf die vielen Fragen, die wir ihm zur<br />

Herkunft, zum Alter und zur Funktion dieser Rohre<br />

stellen, hat er viele Antworten parat. Er hat<br />

sich bestens vorbereitet und sogar die Literatur<br />

der umfangreichen Bibliothek bemüht. So erzählt<br />

er sachkundig, an die Thematik herantastend,<br />

was die drei wichtigsten Voraussetzungen für die<br />

Gründung eines Klosters der Zisterziensermönche<br />

einst waren:<br />

1. Der Standort. „Wenn möglich ist das Kloster<br />

so anzulegen, dass alles Notwendige, Wasser,<br />

Mühle, Garten ... und die verschiedenen Berufe innerhalb des Klosters ausgeübt<br />

werden können.<br />

2. Wald statt Wüste. Die älteste Form des Mönchstums war das Eremitentum;<br />

die Eremiten zogen sich in die Wüste zurück. Für das mittelalterliche<br />

Abendland war die Wüste der Wald, wo die Mönche „heimisch“ wurden und<br />

neben der Einsamkeit auch das Holz für Gebäude und als Arbeits-Rohstoff für<br />

zahlreiche Berufe fanden.<br />

3. Das Wasser der Täler. Das autarke Leben der Klöster zwang die Zisterzienser<br />

zur systematischen Suche nach wasserreichen Standorten. Eine<br />

ausreichende Wasserversorgung war die Voraussetzung für eine effektive<br />

Eigenbewirtschaftung. Deshalb siedelten sie – im Gegensatz zu den Benediktinern<br />

– niemals auf einem Berg, sondern immer im Tal. Landwirtschaft und<br />

Fischzucht (sie verweigerten den Verzehr von „Huftieren und Vierbeinern<br />

jeglicher Art“) waren also ein unbedingtes Muss.<br />

Tonrohre fürs Trinkwasser<br />

Die Klosteranlagen waren meist so angelegt, dass Wasser direkt vom jeweiligen<br />

Vorfluter oder über einen künstlich angelegten Kanal kontrolliert gelei-<br />

Last Minute<br />

Himmlisch<br />

Tonrohre aus dem 12. Jahrhundert<br />

tet wurde. Man brauchte das Wasser<br />

zum Betrieb der Mühle, der Schmiede,<br />

der Küchenversorgung und zur<br />

Latrinenreinigung. So bietet sich<br />

also auch heute die Lage der Abtei<br />

Himmerod dar: Die gut erhaltenen<br />

zahlreichen Tonrohre gehörten, so<br />

Pater Oliver, aller Wahrscheinlichkeit<br />

nach zur mittelalterlichen Wasserversorgung<br />

– und zwar nur innerhalb<br />

der Klostermauern. Das Trinkwasser<br />

wurde, wie heute noch, in einer<br />

Quelle gefasst und über eine Holzleitung<br />

(Funde von aufgebohrten<br />

Baumstämmen auf einer Wiese und<br />

einem Acker des ehem. „Neuhofes“)<br />

zum Kloster transportiert, um<br />

dort in diese Tonrohre zu münden.<br />

„‚Ziel der Rohre‘ war vermutlich die<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

45


46<br />

Last Minute<br />

Das Alter dieser Tonrohre aus der Abtei Himmerod ist vermutlich 868 Jahre.<br />

Die Überreste der alten Pfeilerbasilika.<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

Küche. Sowohl für den Betrieb der Mühle als auch der Schmiede sind sie zu<br />

klein dimensioniert; für die Reinigung der Latrine benutzte man garantiert<br />

das Wasser des Mühlbachs anstelle klaren Quellwassers“, weiß Pater Oliver<br />

zu berichten. Und mit rümpfender Nase ergänzt er: „Waschbereiche gab es<br />

damals nicht, also bleibt nur die Küche.“<br />

„Zu Füßen“ der Basilika<br />

„Wann genau die Tonrohre verlegt wurden, können wir nicht genau sagen.<br />

Aber dass es sehr rasch nach der Gründung des Klosters im Jahre 1135 gewesen<br />

sein muss, bezeugt die Stiftungsurkunde von 1138. Durch dort nachgewiesene<br />

Schenkungen konnte im selben Jahr noch mit dem Bau der großen<br />

steinernen Klosteranlage und einer dreischiffigen romanischen Pfeilerbasilika<br />

begonnen werden. Gefunden wurden die Rohre bei Grabungen, bei denen<br />

die Pfeilerreste freigelegt wurden“, so Pater Oliver.<br />

Ob die Wasserversorgungsrohre jetzt im Jahr 1135 oder im Jahr 1138 hergestellt<br />

wurden, ist nur marginal. Selbst mit der Angabe „um 1140“ ist ein<br />

Lebensalter der Tonrohre von 868 Jahren immer noch phantastisch. Auch<br />

für Pater Oliver war es „auf jeden Fall eine Freude, die Recherchen dazu<br />

aufzunehmen“.


Anlässlich seines zehnjährigen Bestehens veranstaltete Europas größtes<br />

Prüf- und EntwicklungsInstitut für Abwassertechnik an der RWTH<br />

Aachen e.V. (PIA) am 14. September 20<strong>09</strong> im SuperC der RWTH<br />

Aachen eine Jubiläumskonferenz.<br />

Das PIA gilt als Vorreiter für den Bereich der Prüfung abwassertechnischer<br />

Anlagen. Das Institut entwickelte sich in den vergangenen zehn Jahren zu<br />

einem Arbeitgeber für 17 Festangestellte und 20 studentische Mitarbeiter.<br />

Im Bereich Forschung und Entwicklung bearbeiteten Mitarbeiter des PIA<br />

rund 35 Projekte. Der Schwerpunkt lag und liegt hierbei in den Bereichen<br />

dezentrale Abwasserreinigung und Schiffsabwasserbehandlung.<br />

Neben der Entwicklung von Verfahren und Techniken zur Verbesserung<br />

der Abwasserbehandlung ist auch die Entwicklung neuer Prüfungen und<br />

Zulassungsverfahren Bestandteil der Arbeiten im Bereich F+E. Darüber hinaus<br />

begründete das PIA nationale und internationale Kooperationen. Die<br />

Gründung der PIA – Prüfinstitut für Abwassertechnik GmbH markiert einen<br />

wichtigen Punkt innerhalb der Geschichte des An-Institutes. Nationale und<br />

europäische Zulassungen qualifizieren die PIA GmbH als kundenorientierten<br />

Dienstleister.<br />

Mit der Jubiläumskonferenz wurde den Teilnehmern ein Überblick über die<br />

Tätigkeitsfelder, die Geschichte und die Erfolge des PIA geboten. Namhafte<br />

Referenten gratulierten dem PIA mit einem Vortrag, darunter auch Bau-<br />

Assessor Dipl.-Ing. Karl-Heinz Flick, Geschäftsführer <strong>Fachverband</strong> <strong>Steinzeugindustrie</strong><br />

e.V., mit einem Beitrag über die „Vorteile der europäischen<br />

Normung für die deutsche Industrie“.<br />

Gut gefüllt waren die Reihen zur PIA-Jubiläumskonferenz im SuperC der RWTH<br />

Aachen. (Foto: PIA)<br />

Last Minute<br />

10-jähriges Jubiläum<br />

PIA – Ein Kürzel macht Karriere<br />

Glückwünsche des Landes Nordrhein-Westfalen<br />

überbrachte Umweltminister<br />

Eckhard Uhlenberg.<br />

Der Rektor der RWTH Aachen, Univ.-<br />

Prof. Dr.-Ing. Ernst M. Schmachtenberg,<br />

gratulierte im Namen der<br />

RWTH Aachen. Grüße der Stadt<br />

Aachen überbrachte Bürgermeisterin<br />

Hilde Scheidt.<br />

Mit über 130 Teilnehmern aus Wirtschaft,<br />

Wissenschaft und Forschung,<br />

sowie Ministerien und Behörden war<br />

die Jubiläumskonferenz überaus gut<br />

besucht.<br />

Kontakt<br />

Prüf- und Entwicklungsinstitut<br />

für Abwassertechnik<br />

an der RWTH Aachen e.V.<br />

Sonja Jakob M.A.<br />

Mies-van-der-Rohe-Str. 1<br />

52074 Aachen<br />

Tel.: 02 41/7 50 82 26<br />

<strong>STEINZEUG</strong>-<strong>Information</strong> 20<strong>09</strong><br />

47


vakat

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