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Psychiatrischer Maßregelvollzug in Hessen (§ 63 StGB) - Vitos Haina

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J. Rüdiger Müller-IsbernerKl<strong>in</strong>ik für forensische PsychiatrieD-35114 Ha<strong>in</strong>a (Kloster)<strong>Psychiatrischer</strong>Maßregelvollzug<strong>in</strong> <strong>Hessen</strong> (§(<strong>63</strong> <strong>StGB</strong>)Ha<strong>in</strong>a, 23.10.2007


Wer kommt <strong>in</strong> denpsychiatrischenMaßregelvollzug ?


Konzept der Schuldfähigkeithigkeit• § 20 <strong>StGB</strong>: Schuldunfähigkeit higkeit wegen seelischer StörungenOhne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegene<strong>in</strong>er krankhaften seelischen Störungrung, wegen e<strong>in</strong>ertiefgreifenden Bewußtse<strong>in</strong>ssttse<strong>in</strong>sstörungoder wegenSchwachs<strong>in</strong>n oder e<strong>in</strong>er schweren anderen seelischenAbartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat e<strong>in</strong>zusehenoder nach dieser E<strong>in</strong>sicht zu handeln.• § 21 <strong>StGB</strong>: Verm<strong>in</strong>derte SchuldfähigkeithigkeitIst die Fähigkeit Fdes Täters, Tdas Unrecht der Tat e<strong>in</strong>zu-sehen oder nach dieser E<strong>in</strong>-sicht zu handeln, aus e<strong>in</strong>emder <strong>in</strong> § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Taterheblich verm<strong>in</strong>dert, , so kann die Strafe nach § 49Abs.1 gemildert werden.


§ <strong>63</strong> <strong>StGB</strong>, , Abs. 1Unterbr<strong>in</strong>gung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>empsychiatrischen Krankenhaus• ………, , so ordnet das Gericht die Unter-br<strong>in</strong>gung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em psychiatrischenKrankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigungdes Tätersund se<strong>in</strong>er Tat ergibt,daß von ihm <strong>in</strong>folge se<strong>in</strong>es Zustandeserhebliche rechtswidrige Taten zuerwarten s<strong>in</strong>d und er deshalb für dieAllgeme<strong>in</strong>heit gefährlich ist.


§ 67d, Abs. 2bed<strong>in</strong>gte Entlassung• ... setzt das Gericht die weitereVollstreckung der Unterbr<strong>in</strong>gung zurBewährung aus, wenn zu erwartenist, daß der Untergebrachteaußerhalb des Maßregelvollzuges ke<strong>in</strong>erechtswidrigen Taten mehrbegehen wird.


Die Unterbr<strong>in</strong>gung impsychiatrischen Maßregelvollzug:Der Beg<strong>in</strong>n• Urteil, bei dem e<strong>in</strong> Gericht, beraten durche<strong>in</strong>en psychiatrischen Sachverständigen,zu folgendem Ergebnis kommt:– erhebliche vorsätzliche Straftat wurdebegangen– §§ 21, 20 <strong>StGB</strong> liegen vor– weitere erhebliche Straftaten wegenvorliegender psychischer Störungen zuerwarten


Die Unterbr<strong>in</strong>gung impsychiatrischen Maßregelvollzug:Das Ende• Beschluß, , bei dem e<strong>in</strong> Gericht, beratendurch e<strong>in</strong>en psychiatrischenSachverständigen, zu folgendemErgebnis kommt:– ke<strong>in</strong>e weiteren erhebliche Straftatenzu erwarten


<strong>Psychiatrischer</strong>Maßregelvollzug<strong>in</strong> <strong>Hessen</strong>


Ha<strong>in</strong>a255 BettenXGiessen200BettenXKl<strong>in</strong>ik fürforensischePsychiatrieHa<strong>in</strong>aXX 18 Bettenseit 2002X 15 Bettenseit 2003


Strafrechtliche Unterbr<strong>in</strong>gunggem. § <strong>63</strong> <strong>StGB</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong>• E<strong>in</strong>e forensische Kl<strong>in</strong>ik (450 Betten)an 2 Standorten (Ha<strong>in</strong>a/Giessen)– Forensische Begutachtung– Differenzierte Behandlung– Re-IntegrationAmbulanz (~350 Patienten)• Zwei kle<strong>in</strong>e forensische ‘Kl<strong>in</strong>iken’ für r spezielleSubgruppen: a) chronisch Schizophrene (18, Eichberg);b) unbehandelbare Psychopathen (15, Hanau)


Strafrechtliche Unterbr<strong>in</strong>gunggem. § <strong>63</strong> <strong>StGB</strong> <strong>in</strong> <strong>Hessen</strong>• E<strong>in</strong>zugsgebiet: 6,000,000• 430 Patienten• 25 spezialisierte Stationen– Aufnahme und Diagnostik 1– Behandlung 20– Entlassung und Rehabilitation 4


Wie 'funktioniert'psychiatrischerMaßregelvollzug ?


DELINQUENZ<strong>in</strong>adequateErziehungAblehnung<strong>in</strong> der PeerGroupantisozialeFreundeSubstanzmißbrauchGene+prä-, peri- &postnataleFaktoren• Persönlichkeitszüge:- Impulsivität- ‘risk tak<strong>in</strong>g’- Gefühlskälte+• unterdurchschnittlicheverbaleFertigkeitenHodg<strong>in</strong>s, 2002


Maßregelvollzug:Die ‘Black Box’TatortFreiheitMaßregelvollzug


TatortZurück <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>deAmbulanteKrim<strong>in</strong>altherapieRichterlicheEntscheidungMaßregelvollzugRisikobeurteilungKrim<strong>in</strong>altherapieRichterlicheEntscheidungBeurteilung derkrim<strong>in</strong>ogenenFaktorenStufenweise Re<strong>in</strong>tegration


JVATatort§ 126a StPO, § <strong>63</strong> <strong>StGB</strong>ForensikGeme<strong>in</strong>deAufnahmestationSpezialisierte BehandlungsstationBed<strong>in</strong>gte EntlassungOffene Reha-StationLandesweit operierende Nachsorgeambulanz


Evidenzbasiertes Behandlungsmodell1. Komponente:H<strong>in</strong>tergrundfaktoren1. 2.chronische RisikofaktorenPersönlichkeit/Krankheit+I. II. III.Stressoren/äußereUmstände+InstabilerLebensstil2. Komponente:del<strong>in</strong>quentes Verhalten3. 4. 5.6.SchlechteCop<strong>in</strong>gstrategienDynamisch-akuteRisikofaktorenE<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong>HochrisikosituationenDel<strong>in</strong>quentesVerhaltenKrim<strong>in</strong>alpräventive InterventionenIdentifikation und Adressierungchronischer RisikofaktorenEntwicklung und E<strong>in</strong>übung neuer LebensstileIdentifikation des DeliktcyclusInterne und externe WarnzeichenEntwicklung und E<strong>in</strong>übungalternativer Cop<strong>in</strong>g-Strategien


Basisdaten der Patienten• DelikteTötung21 %Körperverletzung29 %Sexualdelikte 24 %Eigentumsdelikte 8 %Brandstiftung 13 %sonstiges 4 %• Haupt-DiagnosenHirnorganische Störung5 %Schizophrenien 43 %Affektive Psychosen 2 %Persönlichkeitsstnlichkeitsstörungen34 %Geistige Beh<strong>in</strong>derung 10 %Substanzabhängigkeitngigkeit 3 %ke<strong>in</strong>e Diagnose 3 %Fast alle Patienten habenmehrere psychiatrische Diagnosen (Co-Morbidität)


Vollzugslockerungen impsychiatrischenMaßregelvollzug


Gesetzliche Grundlagen(HessMaßrVollzG)Dem Untergebrachten können kVollzugs-lockerungen gewährt werden, wenn:• dies der Behandlung dient• er den besonderen Anforderungen derjeweiligen Vollzugslockerung genügtgt• nicht zu befürchten ist, er werde sich demweiteren Vollzug entziehen• nicht zu befürchten ist, er werde dies zuHandlungen, die den Zweck des Vollzugesgefährden, mißbrauchen• nicht zu befürchten ist, er werde dies zurBegehung von Straftaten mißbrauchen


Entscheidungsprozesse beiVollzugslockerungenPatient willLockerungBezugs-Pfleger/SchwesterTherapeutInStationsteam/VisiteOA/OÄÄDKl<strong>in</strong>ikkonferenzLockerunggewährt;aber:jederzeitRücknahmemöglichne<strong>in</strong>Ebene 1 Ebene 2 Ebene 3 Ebene 4 Ebene 5Modifiziert nach Freese, 2004


Leistungskennwerteaus dem psychiatrischenMaßregelvollzug <strong>in</strong><strong>Hessen</strong>


Tab. 2: StichtagsdatenAnzahl der Patienten, Altersverteilung,kultureller H<strong>in</strong>tergrund & IndexdelikteErhebungsjahr1991199320002006Pat. Gesamt258245268382Ø Alter (J.)37,236,739,339,7> 60 J. (%)4,73,36,35,8Fremdkulturelle Herkunft (%)./.9,018,328,0Tötungsdelikt (%)28,326,525,819,6Körperverletzung (%)18,321,622,031,9Sexualdelikt (%)27,527,425,724,6Brandstiftung (%)12,013,112,711,5Raub (%)3,15,36,36,0Diebstahl (%)7,02,93,42,6


Tab. 3: StichtagsdatenHauptdiagnosen, Verweildauer und LockerungsgradErhebungsjahr1991199320002006Hirnorganische Störung (%)9,711,06,75,5Funktionelle Psychosen (%)37,640,844,447,6Persönlichkeitsstörung (%)29,527,821,620,9Persönlichkeitsstörung & Grenzbegabung (%)11,69,012,313,1Geistige Beh<strong>in</strong>derung (%)9,38,610,48,1Primäre Sucht (%)2,32,91,92,4Stichtagsverweildauer (J.)4,34,04,44,8Median (J.):3,02,83,23,2Standardabweichung./.3,74,45,1Über 10 Jahre (%):8,79,09,312,8Ausgang ohne Personalbegleitung (%)60625052Entweichungen pro 100 Patienten p.a.13,08,91,90,5


Tab. 4: Jahresentlassungskohorten 1990-2005Gesetzesänderung: Verschärfung der EntlassungskriterienEntlassungs-Kohorte(Jahrgänge)1990 - 931994 - 971998 - 012002 - 05Anzahl entlassenerBehandlungsfälle185176178208Funktionelle Psychose5986101131Hirnorganische Störung18121211Pers.Störung (normal IQ)68454933Andere40331<strong>63</strong>3Gesamtbehandlungsdauer(J.): alle Behandlungsfälle4,54,73,73,8Funktionelle Psychose4,54,<strong>63</strong>,43,6Hirnorganische Störung6,24,24,94,2Pers.Störung (norm IQ)3,54,73,73,6Andere5,35,14,04,5


Daten aus Ha<strong>in</strong>a: 1984 - 2005• Zum Jahresende 2005 hatten wir 3 x mehrPatienten die wegen Schwerstdel<strong>in</strong>quenze<strong>in</strong>gewiesen worden waren als vor 22 Jahren• Mittlere Verweildauer (J.):1984 4.41992 4.01998 4.02000 4.42005 4.8 Belastungszunahme !! GesetzesänderungVerschärfte Entlassungskriterien


Wiederaufnahmen undRückfallkrim<strong>in</strong>alität1984: 24 % 80 % Rückfallkrim<strong>in</strong>alität20 % Verstoß gegen Auflagen19 % alleraller Patienten warenwegen Rückfallkr<strong>in</strong><strong>in</strong>alitäterneut aufgenommen worden2003: 13 % 40 % Rückfallkrim<strong>in</strong>alität60 % Verstoß gegen Auflagen5 % alleraller Patienten warenwegen Rückfallkr<strong>in</strong><strong>in</strong>alitäterneut aufgenommen worden1984 – 2003:Wiederaufnahmen - 46 %Rückfallkrim<strong>in</strong>alität - 74 %


Schwerstdel<strong>in</strong>quenz währendderBehandlung (4-JahresJahres-Intervalle)• 1991 – 1994 10• 1995 – 1998 2• 1999 – 2002 0• 2003 – 2006 0• 2007 – 2010 0letzte Gewalttat Mai 98


Kl<strong>in</strong>ik für forensische Psychiatrie Ha<strong>in</strong>aEntweichungen pro 100 Patienten pro Jahr (1984-2006)50,045,040,035,034,7Zwischen 1984 und 2006 hatte e<strong>in</strong> konstanter Anteil von50 - 60% der Patienten Ausgang ohne Personalbegleitung30,025,020,015,010,05,00,01985 & 1986:ke<strong>in</strong>e Daten verfügbar17,016,123,510,513,0PCL - R9,1 8,9PCL: SV7,4 7,76,44,04,94,01,9 1,7 1,30,31,0 0,5 1,01984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006HCR 20R & R


Der Kontext von Krim<strong>in</strong>altherapieund Krim<strong>in</strong>alprognoseöffentliche Me<strong>in</strong>ung,Medien, Politik, GesetzgebungRechtlicheRahmenbed<strong>in</strong>gungenAdm<strong>in</strong>istrativer KontextInstitutionRisikobeurteilungRisikomanagement

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