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Materialien 130 TAXFREE-SHOP FÜR SPRACHREISENDE: AUFGABEN UND LÖSUNGSVORSCHLÄGE Vorschläge fürs Textschaffen Vorschlag 1: Stell dir vor, du wirkst in einem Jugendparlament deiner Region mit und hast die Aufgabe, im Namen dieses Parlamentes dem Regierungsrat deines Kantons die Anliegen und Wünsche der Jugendlichen in einem Schreiben darzulegen. Vorschlag 2: Über Chancen und Grenzen solcher Jugendparlamente. Gefragt ist dein Standpunkt! Aber nicht nur Behauptungen und Meinungen aufstellen. Zu einem guten Argument gehören immer auch anschauliche Begründungen und Erläuterungen. Vorschlag 3: Besorge dir eine aktuelle Tageszeitung. Entscheide dich für einen Bericht aus dem politischen Geschehen – einer, der dich betroffen macht: erfreut, verärgert etc. Schneide ihn heraus und schreibe in Form eines Leserbriefes eine Reaktion auf diesen Bericht. Den Original-Zeitungsbericht und deinen Leserbrief an einen interessierten Schüler /eine interessierte Schülerin weiterreichen. Gemeinsame kurze Diskussion zum Thema.
TIEFSEETAUCHEN IM «MEHR DER SPRACHE»: LESETEXT Lieber Täterin als Opfer Neunzig Prozent aller jugendlichen Gewalttäter sind männlich. Doch auch unter Mädchen kommen brutale Schlägereien, Nötigungen und Erpressung vor. Udo Theiss (aus: «Brückenbauer» 35, 27. August 1997) • In den Zeilen 58 bis 63 fehlen die Satzzeichen. (Vgl. Aufgabe 22.) 11 12 13 14 15 16 17 18 19 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 Im letzten Jahr brach für die Mutter der 15-jährigen Sabrina K. eine Welt zusammen. Im Januar wurde gegen ihre Tochter Strafklage eingereicht, weil Sabrina gemeinsam mit drei Kolleginnen eine Mitschülerin auf brutale Art zusammengeschlagen hatte. Als die allein erziehende Mutter den ersten Schock überwunden hatte, kam ihr eine weitere Hiobsbotschaft zu Ohren: ihre Tochter sei wiederholt beim Ladendiebstahl ertappt worden. Sabrina wurde angedroht, sie müsse die Schule verlassen und werde in ein Heim gesteckt. Ihre Mutter war völlig verzweifelt. Sabrina ist erschrocken über die Konsequenzen ihres Treibens, doch die Aufregung versteht sie nicht ganz. Schlägereien, bei denen Blut fliesst, findet sie auch unter Mädchen «völlig normal». Dass es so weit kam, kann Sabrina nicht recht nachvollziehen. «Angefangen hat es, als ich in eine neue Schule eintrat. Ich hatte das Gefühl, von vornherein klar durchgeben zu müssen, dass man sich mit mir besser nicht anlegt», erklärt sie. «Als mich dann eine Mitschülerin ‹blöde Kuh› nannte, haute ich ihr eine runter. Seitdem verhalten sich alle sehr res pektvoll mir gegenüber.» Mit der Zeit habe sie gemerkt, dass man mit Schlägen wirklich etwas erreiche. «Das ist bei den Jungs auch so. Wenn die anderen Angst vor dir haben, sind sie nett zu dir, auch wenn du sonst nichts zu bieten hast», begründet Sabrina. Gewalt gehört für sie zum Alltag. Wer nicht Opfer sein will, glaubt sie, muss eben Täterin sein. Gemäss Polizeistatistik sind nur zehn Prozent aller jugendlichen Gewalttätigen weiblich. Obwohl zu Beginn des Sommers Meldungen durch die Presse geisterten, Mädchengangs hätten in Zürich bandenmässig Einbrüche begangen und eine ältere Frau zusammengeschlagen, kann von einer mengenmässigen Zunahme der Mädchengewalt nicht die Rede sein. Laut Barbara Schellenberg, zuständige Jugendanwältin im Bezirk Dietikon, ist der Zürcher Jugendanwaltschaft lediglich eine einzige Mädchenbande bekannt. Der Anteil der verurteilten Mädchen in Zürich sei zwar in den letzten Jahren um zwei auf 15 Prozent gestiegen. 1985 lag dieser Anteil aber mit 17 Prozent höher. Mädchen werden brutaler Auch Mathias Gysel, Projektleiter im «Phoenix», einer sozialpädagogischen Wohngruppe für Drogen konsumierende Kinder und Jugendliche, bezweifelt, dass solche Delikte quantitativ zunehmen. «Ich habe das Gefühl, dass man einfach mehr darüber hört.» Aber er beobachtet bei seiner Arbeit, dass auch bei Mädchen die Brutalität zunimmt. Die Motive sind absolut identisch mit denen, die gewalttätige Jungen im Allgemeinen angeben: Sie versuchen mit dem Mittel der Gewalt Respekt oder einen gewissen sozialen Status zu erwerben und Aufmerksamkeit zu erregen – allerdings gehen Mädchen laut Gysel dabei längst nicht so weit wie Jungs. «Gewalttätige Jungs sehen sehr oft einfach keine Grenze, schlagen noch zu, wenn der Gegner bereits am Boden liegt. Mir scheint, dass die Mädchen auch in Extremsituationen die Folgen ihrer Handlungen nie ganz aus den Augen verlieren und sich generell besser in die Opfer einfühlen können.» Hinter Gewalttätigkeit, so Gysel, steckt oft sehr grosse Angst. «Durch den Leistungsdruck in der Schule, den ungeheuren Zwang, schon als Kind mit teuren Kleidern einen sozialen Status zur Schau stellen zu müssen, und den Dauerstress, völlig unrealistischen Schönheitsidealen zu entsprechen, haben die Mädchen unheimliche Angst, nichts zu können und nichts zu sein. Die meisten Mädchen werden angesichts des Drucks depressiv oder nehmen Drogen. Aber manche richten ihren Zerstö - rungstrieb wie die Jungen nach aussen.» Materialien 131
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