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DIABETISCHES FUSSSYNDROM<br />

Sonderthema Dermatologie<br />

Diabetisches Fußsyndrom<br />

OA Dr. Wolfgang Lange<br />

Epidemiologie<br />

Fußläsionen zählen zu den häufigsten<br />

und schwerwiegendsten Komplikationen<br />

des Diabetes mellitus. Aufgrund der<br />

oft langwierigen Wundbehandlungen,<br />

des hohen Amputationsrisikos (40–60%<br />

aller nicht traumatischen Amputationen<br />

betreffen Diabetiker!) sowie der Gefahr<br />

der Invalidität ist das diabetische Fußsyndrom<br />

sowohl aus medizinischer als<br />

auch aus sozioökonomischer Sicht von<br />

enormer Bedeutung. Häufigkeit, Schweregrad<br />

und die typische Pathogenese<br />

dieses komplexen Krankheitsbilds<br />

haben daher bereits zu einem gesteigerten<br />

Problembewusstsein geführt, angesichts<br />

der demographischen Entwicklung<br />

mit steigender Inzidenz von<br />

Diabetes mellitus ist jedoch weiterhin<br />

mit einer Zunahme von Krankheitsfäl-<br />

1, 2, 3<br />

len zu rechnen.<br />

Ätiologie<br />

Pathognomonisch für das diabetische<br />

Fußsyndrom ist die Kombination von<br />

mehreren, einander wechselseitig beeinflussenden<br />

Diabetesfolgeschäden. Dies<br />

führt einerseits zu einem deutlich erhöhten,<br />

kumulativen Risiko Fußläsionen zu<br />

erleiden, kann andererseits aber auch<br />

DD: neuropathisches/ischämisches Ulcus<br />

Symptome verschleiern, was zur Folge<br />

hat, dass Komplikationen oft nicht rechtzeitig<br />

erkannt werden. Ausprägung und<br />

Verhältnis der einzelnen Diabetesschäden<br />

sind dabei individuell unterschiedlich.<br />

Neuropathie (Tabelle 1)<br />

Die diabetische Polyneuropathie<br />

zeichnet sich durch einen progressiven,<br />

irreversibeln Verlust der Nervenfunktion<br />

aus, tritt typischerweise symmetrisch auf<br />

und zeigt klinisch meist einen aszendierenden,<br />

an den Fußsohlen beginnenden<br />

Verlauf. Betroffen sind alle Nervenfasern,<br />

die afferenten sensorischen ebenso<br />

wie die efferenten autonomen und motorischen<br />

Fasern.<br />

Primär kommt es meist zu einer Schädigung<br />

der autonomen Nervenfasern<br />

(Autosympathikolyse), was einerseits zu<br />

einer Reduktion der Schweißsekretion<br />

führt und andererseits eine Weitstellung<br />

der Endstrombahn sowie Öffnung sämtlicher<br />

arterio-venöser Shunts bewirkt.<br />

Eine warme, nahezu hyperperfundiert<br />

wirkende und gleichzeitig trockene, rissige<br />

Haut kann somit ein Frühsymptom<br />

der Neuropathie sein. Die Barriere- und<br />

Schutzfunktion wird dadurch nachhaltig<br />

gestört, sodass Bakterien leichter ein-<br />

Neuropathie Angiopathie<br />

Lokalisation an Druckstellen an den Zehen<br />

Schmerz schmerzlos schmerzhaft<br />

Wundrand rund, „ausgestanzt“ unregelmäßig<br />

Wundumgebung Hyperkeratosen atroph<br />

Haut warm, trocken, rissig kühl, blass-livid, vulnerabel<br />

Pulse tastbar abgeschwächt, fehlend<br />

Tabelle 1<br />

Tabelle 2<br />

Stadieneinteilung nach Wagner (1997)<br />

0 Risikofuß, keine Läsion<br />

I oberflächliche Läsion<br />

II Läsion bis an Gelenkskapsel, Sehnen oder<br />

Knochen reichend<br />

III Abszedierung, Osteomyelitis oder Infektion<br />

der Gelenkkapsel<br />

IV begrenzte Vorfuß- oder Fersennekrose<br />

V Nekrose des gesamten Fußes<br />

dringen können und die Infektionsgefahr<br />

steigt.<br />

Die sensorische Neuropathie geht mit<br />

einem Verlust der Schmerz-, Druck- und<br />

Temperaturempfindung einher, wodurch<br />

schädigende Stimuli oder Traumata weniger<br />

oder überhaupt nicht wahrgenommen<br />

werden. Häufig ist diese Empfindungsminderung<br />

mit Parästhesien, brennenden<br />

Schmerzen („burning feet“) und Unruhe<br />

in den Beinen („restless legs“) gepaart,<br />

welche charakteristischerweise in Ruhe<br />

und besonders nachts verstärkt auftreten.<br />

Die motorische Neuropathie führt<br />

infolge eines Ungleichgewichts zwischen<br />

den kleinen Fußmuskeln und den langen<br />

Zehenstreckern zur typischen Krallenzehenbildung<br />

mit konsekutiver Druckmaximierung<br />

unter den Mittelfußköpfchen.<br />

Gemeinsam mit der Osteoarthropathie<br />

entwickeln sich dadurch Verformungen<br />

des Fußes mit einer unphysiologischen<br />

Druckverteilung (Malum perforans). 6<br />

Sonderform und gleichzeitig maximale<br />

klinische Ausprägung dieser Kombination<br />

von Neuropathie und Osteoarthropathie<br />

ist der Charcot-Fuß. Es handelt<br />

sich dabei um eine primär nicht bakte-<br />

seite 42 DER MEDIZINER <strong>12</strong>/20<strong>09</strong>

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