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CHRONISCHE HERZINSUFFIZIENZ<br />
Fortbildung<br />
Ernährungsstörungen bei chronischer<br />
Herzinsuffizienz<br />
Univ.-Doz. Dr. Gerhard Pölzl<br />
Die chronische Herzinsuffizienz (CHI)<br />
in häufiges, kostenintensives und hochmalignes<br />
Syndrom von dem etwa 4%<br />
der erwachsenen Bevölkerung betroffen<br />
ist. Mit zunehmendem Alter steigt dieser<br />
Prozentsatz deutlich an. Aufgrund<br />
steigender Lebenserwartung, stetiger<br />
Fortschritte in der Therapie akuter kardialer<br />
Ereignisse und intensivierter<br />
Diagnostik und Therapie der CHI selbst<br />
ist in absehbarer Zukunft mit einer weiteren<br />
Zunahme dieser Erkrankung zu<br />
rechnen. Die Prognose der Erkrankung<br />
ist ungünstiger als die von häufigen<br />
Tumorerkrankungen. Die durchschnittliche<br />
Einjahresmortalität liegt bei 30%,<br />
die 5-Jahresmortalität bei 60–70%.<br />
Die Ursache für das komplexe Syndrom<br />
der CHI ist das Unvermögen des<br />
Herzens, Blut in ausreichender Menge<br />
für die metabolischen und zirkulatorischen<br />
Anforderungen der peripheren<br />
Organe bereit zu stellen. Kompensiert<br />
wird dieses Missverhältnis aus Angebot<br />
und Nachfrage durch eine Reihe von<br />
lokalen und systemischen Adaptationsmechanismen,<br />
allen voran dem Renin-<br />
Angiotensin-Aldosteron-System<br />
(RAAS) und dem sympatho-adrenergen<br />
System (SAS). Daneben spielen noch<br />
andere hormonelle und immunologische<br />
Einflüsse sowie Wachstumsfaktoren eine<br />
Rolle. Die langfristige Aktivierung dieser<br />
an sich kompensatorischen Systeme<br />
führt allerdings zu Veränderungen von<br />
Größe, Form und Funktion des Herzen,<br />
welche in ihrer Gesamtheit als ventrikuläres<br />
Remodelling bezeichnet werden. In<br />
weitere Folge sind neben dem Herzen<br />
selbst auch andere Organe bzw. Organsysteme<br />
wie das Gefäßsystem, die quergestreifte<br />
Muskulatur und die Niere von<br />
diesen Veränderungen betroffen.<br />
Leistungseinschränkung, Atemnot in<br />
Ruhe und/oder unter Belastung sowie<br />
Flüssigkeitsretention sind die Folge und<br />
stellen die klassischen Leitsymptome der<br />
Herzinsuffizienz dar.<br />
Entwicklung der Kachexie als dynamischer Prozess<br />
Abbildung 1<br />
Die kardiale Kachexie resultiert vor allem aus einem Ungleichgewicht zwischen katabolen und anabolen<br />
Faktoren Erklärung siehe Text.<br />
Kachexie<br />
Auf den Zusammenhang zwischen<br />
CHI und Kachexie wurde bereits vor<br />
über zwei Tausend Jahren von Hippokrates<br />
(ca. 460 bis 370 v. Ch.) hingewiesen:<br />
„Muskulatur schwindet und wird zu<br />
Wasser,..., Schultern, Schlüsselbein,<br />
Brust und Hüften schmelzen dahin.<br />
Diese Krankheit ist tödlich, ...“. Systematische<br />
Untersuchungen der kardialen<br />
Kachexie sind allerdings erst seit kurzem<br />
verfügbar.<br />
Im Gegensatz zu Anorexie und Malnutrition<br />
stellt die Kachexie die schwerste<br />
Form der Gewichtsabnahme dar. Die<br />
Entwicklung der kardialen Kachexie ist<br />
ein dynamischer Prozess. Die Diagnose<br />
ist daher nur durch die dokumentierte<br />
Änderung des „Trockengewichtes“<br />
(= nicht-ödematöser Zustand) über<br />
einen längeren Zeitraum möglich. Eine<br />
kardiale Kachexie liegt dann vor, wenn<br />
CHI-Patienten im Vergleich zum prämorbiden<br />
Normalgewicht einen ungewollten<br />
Gewichtsverlust von > 6% in<br />
Abwesenheit von stauungsbedingten<br />
Ödemen aufweisen. Entscheidend ist<br />
daher weniger das absolute Gewicht als<br />
vielmehr die prozentuelle Gewichtsabnahme<br />
über die Zeit. Es ist demnach<br />
durchaus möglich, dass Patienten mit<br />
noch normalem oder sogar erhöhtem<br />
BMI (Body-Mass-Index) bereits eine<br />
kardiale Kachexie aufweisen.<br />
Die kardiale Kachexie ist durch eine<br />
katabole Stoffwechsellage und dem generalisierten<br />
Verlust von Fett- und Muskelmasse<br />
gekennzeichnet. Zudem ist<br />
auch eine deutliche Abnahme der Knochenmasse<br />
zu beobachten. Unabhängig<br />
vom Ausmaß der kardialen Funktions-<br />
seite 18 DER MEDIZINER <strong>12</strong>/20<strong>09</strong>