Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau
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also vor einer Konkurrenzsituation; Paradebeispiel dafür ist die Konkurrenz von einer<br />
<strong>Geschichte</strong> der Sieger und einer <strong>Geschichte</strong> der Verlierer oder die Konkurrenz einer <strong>Geschichte</strong><br />
der Täter und der Opfer. Diese Konkurrenz der <strong>Geschichte</strong>n und der HSe hat<br />
die Form eines Widerstreits. Es gibt keine gemeinsame Diskursregel für beide <strong>Geschichte</strong>n,<br />
sieht man von streng historischen Faktenfragen ab, die sich auf einer anderen<br />
Ebene bewegen. Man täte der jeweiligen <strong>Geschichte</strong> Unrecht, wollte man die Regel der<br />
anderen auf sie anwenden. Insofern kann es unter dem Aspekt des Handlungssubjektes<br />
HSi keine Universalgeschichte geben. Eine Universalgeschichte eines HSe läßt sich<br />
zwar denken, insofern dieses HSe erstens die <strong>Geschichte</strong> und alle <strong>Geschichte</strong>n vollständig<br />
überblickt, und zwar inklusive aller Zukunft; und zweitens alle möglichen Perspektiven<br />
integriert sind. Denken läßt sich dies aber nur entweder als vollständig determinierte<br />
<strong>Geschichte</strong>, in der alles nach einem Plan verläuft oder erst am Ende aller <strong>Geschichte</strong>.<br />
Die erste Version widerspricht der Idee und Realität der Freiheit, die einem<br />
(Handlungs-)Subjekt konstitutiv zugesprochen werden muß; die zweite Version bedeutet<br />
eine Eschatologisierung, die die Rede von einer Universalgeschichte in der <strong>Geschichte</strong><br />
sinnlos macht. Denn die Identität eines universalen HSe würde sich dann am<br />
Ende der <strong>Geschichte</strong> herausstellen, müßte aber innerhalb der <strong>Geschichte</strong> als noch offen<br />
und <strong>im</strong> Werden gedacht werden. Damit aber kann die Identität dieses Handlungssubjekts<br />
innerhalb der <strong>Geschichte</strong> nicht festgestellt werden. Die gegenseitige Verschränkung<br />
von <strong>Geschichte</strong> und Subjekt, die darin besteht, daß <strong>Geschichte</strong>(n) ein Subjekt<br />
identifizierbar machen und daß identifizierbare Subjekte <strong>Geschichte</strong>(n) machen, verhindert<br />
die Entstehung einer abgeschlossenen <strong>Geschichte</strong> und einer abgeschlossenen Identität.<br />
Kommt darüber hinaus diesem HSe aber ein Bewußtsein seiner eigenen <strong>Geschichte</strong>(n)<br />
und Geschichtlichkeit zu, so könnte es aus den gleichen Gründen nicht als<br />
universales Handlungssubjekt verstanden werden, jedenfalls nicht <strong>im</strong> Sinne eines absoluten<br />
universalen Handlungssubjekts.<br />
Legt sich der gleiche Schluß hinsichtlich des Referenzsubjektes nahe? Nein, wenn man<br />
<strong>Geschichte</strong> allein auf die Vergangenheit bezieht. Im Blick auf vergangene <strong>Geschichte</strong>(n)<br />
kann man das Referenzsubjekt l<strong>im</strong>inieren oder identifizieren, etwa durch Lebensdaten<br />
oder regionale Einschränkung. Allerdings läßt sich die <strong>Geschichte</strong> eines best<strong>im</strong>mten<br />
Referenzsubjektes wiederum aus unterschiedlichen Perspektiven erzählen oder konstruieren.<br />
Ein nominell singuläres Referenzsubjekt kann also durch <strong>Geschichte</strong>n identifiziert<br />
werden. Es gewinnt durch diese Pluralität seiner <strong>Geschichte</strong>n an Identität, auch<br />
wenn diese nicht abschließend best<strong>im</strong>mt werden kann, da die <strong>Geschichte</strong>n offen sind für<br />
die Fortführung durch weitere <strong>Geschichte</strong>n. Es wird auch kaum gelingen, ein universales<br />
Referenzsubjekt für eine Universalgeschichte anzugeben. Lübbe hat, wie oben ausgeführt,<br />
gezeigt, daß „die Menschheit“ dazu ebensowenig geeignet ist wie etwa „die<br />
Vernunft“ oder „der Weltgeist“. Mit „Ja“ scheint die Frage beantwortet werden zu müssen,<br />
wenn man die <strong>Geschichte</strong> als noch offenen Prozeß versteht, die mit dem Ende des<br />
Referenzsubjektes auch ihr eigenes Ende finden würde. Ein universales Referenzsubjekt<br />
der <strong>Geschichte</strong> läßt sich in der <strong>Geschichte</strong> also nicht namhaft machen, wohl aber eine<br />
Vielfalt von Referenzsubjekten, die aus der Pluralität von <strong>Geschichte</strong>n sich ergibt. Ein<br />
universales Referenzsubjekt läßt sich also nicht aufweisen, wohl aber eine Pluralität von<br />
Referenzsubjekten, die in ihrer über <strong>Geschichte</strong>n vermittelten Beziehung zueinander<br />
nun zwar kein singuläres Referenzsubjekt, wohl aber eine Referenzstruktur begründen,<br />
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