Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau
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selbst, insofern Denkinhalt und Gegenstand gleichgesetzt werden bzw. der Gegenstand<br />
zu einem Erzeugnis des Denkens gemacht wird. Die ontologische Bedeutung von Subjekt<br />
wurde also abgelöst von der erkenntnistheoretischen Bedeutung. In der Abwendung<br />
von substanzontologischen Vorstellungen bekam der erkenntnistheoretische Aspekt<br />
ontologische Bedeutung. Davon unterscheiden kann man einen weiteren Aspekt, nämlich<br />
den des psychologischen Subjekts. 4<br />
Nun wurde der dreifache Tod des modernen Subjekts konstatiert. 5 Gestorben ist das<br />
moderne Subjekt, insofern „ein zum Grunde liegendes, ruhendes Subjekt […] sich<br />
schlechterdings nicht mit der Selbstbewegung des Begriffs“ verträgt, so bei Hegel. 6<br />
Damit kann das Subjekt oder Subjektivität nicht Grundlage der Philosophie sein. Zerstört<br />
wurde das Subjekt aber auch als Träger eines freien Willens und damit als freies<br />
Handlungssubjekt. Dieses Ende wurde in der Reformation groß eingeläutet, wenn es<br />
auch schon früher anklang. 7 Schließlich fand auch das Subjekt des Erkennens ein Ende. 8<br />
Man mag Hübener zust<strong>im</strong>men, wenn er meint, daß dieses „hybride Subjekt“, das Ontologie,<br />
Erkenntnis, Freiheit und Identität ermöglichen sollte, getrost zugrunde gehen<br />
mag. 9<br />
Hans Ebeling 10 nennt als Indikatoren des Subjektverlustes eine politische, technische<br />
und intellektuelle Liquidation. Die Liquidation des politischen Subjekts wurde nach<br />
Ebeling <strong>im</strong> Nationalsozialismus und <strong>im</strong> Kommunismus vollzogen und führte zu einer<br />
Lähmung bzw. hilflosen Zeitgenossenschaft; Gewährsleute dieser Liquidation wären<br />
Marx und Nietzsche. 11 Die technische Liquidation des Menschen, der Versuch seiner<br />
endgültigen Festlegung, „geschieht durch physische Vernichtung der menschlichen<br />
Gattung (atomaren, biologischen und/oder chemischen Holozid), physische Reduktion<br />
der Gattung (durch programmierte Kl<strong>im</strong>akatastrophen), physischen Umbau der Gattung<br />
(die biogenetische Manipulation)“ 12 . Die intellektuelle Liquidation, der sich Ebeling<br />
dann ausführlich widmet, wird von Heidegger, Horkhe<strong>im</strong>er/Adorno und Habermas vollzogen.<br />
Die Verabschiedung des Subjekts wird aber nicht nur konstatiert, sondern Ebeling<br />
versucht, mittels der Denkfigur einer „Transsubjektivität des bewußten Seins“ 13 das<br />
Subjekt in der Moderne (wieder) aufzurichten. Ebeling geht dabei von der Selbstbest<strong>im</strong>mung<br />
des Subjekts in der Moderne als „Unersetzbarkeit des bewußten Seins“ aus. 14<br />
4<br />
Untersuchungen dazu finden sich bei Bernhard Barnikol-Oettler-Jörgensen, Das situierte Subjekt.<br />
Philosophische, psychologische und theologische Untersuchungen, Essen 1996.<br />
5<br />
Wolfgang Hübener, Der dreifache Tod des modernen Subjekts, in: Frank/Raulet/van Reijen (Hg.),<br />
Subjekt, 1988, 101–127. Vgl. auch A. Wellmer, Zur Dialektik von Moderne und Postmoderne,<br />
Frankfurt/M. 1990 4 , 70ff; Barnikol-Oettler-Jörgensen 24ff sowie Gianni Vatt<strong>im</strong>o, Jenseits vom Subjekt,<br />
Graz/Wien 1986 und Henning Luther, Religion und Alltag, Stuttgart 1992, 65ff.<br />
6<br />
Hübener, Tod 106. Für Hegel ist „das Prinzip der neueren Welt nicht einfachhin Subjektivität, sondern<br />
‚Freiheit der Subjektivität‘“ (110).<br />
7<br />
Zu nennen ist hier vor allem Luthers „De servo arbitrio“. Vgl. Hübener, Tod 111ff. Eine sprachkritische<br />
Rekonstruktion der Lehre vom unfreien Willen bietet Reinhard Brandt, Die ermöglichte Freiheit,<br />
Hannover 1992.<br />
8<br />
Hübener, Tod 119ff.<br />
9<br />
Hübener, Tod 121.<br />
10<br />
Hans Ebeling, Das Subjekt in der Moderne. Rekonstruktion der Philosophie <strong>im</strong> Zeitalter der Zer-<br />
störung, Reinbek 1993.<br />
11 Ebeling, Subjekt 12ff.<br />
12 Ebeling, Subjekt 16.<br />
13 Ebeling, Subjekt 24f.<br />
14 Ebeling, Subjekt 20.<br />
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