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Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau

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wenn 3.) es keine Handlung gibt, die x für einen gleichermaßen geeigneten oder vorzuziehenden<br />

Weg zur Realisierung von Ψ unter den gegebenen Umständen hält, und<br />

wenn 4.) x keine anderen Wünsche hat, die den Wunsch nach Ψ übergreifen, verdrängen<br />

oder ausschalten, und<br />

wenn 5.) x weiß, daß er A tun kann, und<br />

wenn 6.) x in der Lage ist, A zu tun,<br />

dann tut x A (wird x A tun).“ 10<br />

Die Integrationsleistung dieses Modells besteht darin, daß letztlich jede Handlung auf<br />

Intentionen bzw. Wünsche zurückgeführt wird. Das allgemeine Gesetz zur Erklärung<br />

von Handlungen läuft also nicht auf einen heteronomen Determinismus hinaus. Natürlich<br />

muß bei diesem Modell noch die D<strong>im</strong>ension der Zeit eingefügt werden, so daß<br />

Wunsch oder Intention, Handlung und Handlungserfolg einander in charakteristischer<br />

Weise zeitlich zugeordnet sind. Churchland hat auch Variationen dieses Modells angeboten,<br />

die von einem zu erreichenden Ziel Ψ absehen oder unter Weglassung der Voraussetzungen<br />

(5) und (6) zu dem Schluß führen: „Dann versucht x A zu tun“ oder<br />

„Dann tendiert x zu der Handlung A“. 11<br />

Vernachlässigt wird bei diesem Modell allerdings die Erklärungsleistung von Normen,<br />

Institutionen oder Regeln, die einen eingeschränkten Geltungsbereich haben. Es müßten<br />

also noch soziokulturelle Variablen und Platzhalter für sozial-historische Individuennamen<br />

eingeführt werden. Für unseren Zusammenhang, Handeln in der <strong>Geschichte</strong>, ist<br />

wichtig, daß auch allgemeine Gesetze zur Erklärung von Handlungen zu keinem Determinismus<br />

führen, sondern Wahlakte, wie <strong>im</strong>mer diese auch motiviert sein mögen, erlauben.<br />

Daß die Möglichkeit nicht (vollständig) determinierter Wahlakte dazu führt, daß<br />

die entsprechenden (zukünftigen) Handlungen den Charakter bedingter (zukünftiger)<br />

Handlungen haben, also bedingt kontingent sind, bleibt als Problem bestehen. Die Beschreibung<br />

von Handlungen als Wahlakten setzen als Bedingung ihrer Möglichkeit voraus,<br />

daß es zum einen Wahlmöglichkeiten und damit vorgegebene Handlungsmöglichkeiten<br />

gibt und zum anderen der handelnden Instanz Wahl- und Handlungsfähigkeit eignet.<br />

12 Dies kann <strong>im</strong> strengen Sinn nur von Personen behauptet werden, die zugleich<br />

auch notwendigerweise handelnde Instanzen sind. Notwendigerweise handelnde Instanzen<br />

<strong>im</strong>pliziert, daß auch das Unterlassen einer Wahl eine Handlung darstellt.<br />

Ebenso zu kurz kommt in Churchlands Analyse die Bedeutung der Sprache als Handlung.<br />

Wort und Sprache als Möglichkeitsbedingung interpretatorischer Konstruktion<br />

sind zugleich auch Bedingung der Möglichkeit von <strong>Geschichte</strong>. Darauf werden wir noch<br />

zurückkommen müssen.<br />

10 Vgl. P.M. Churchland, Der logische Status von Handlungserklärungen, in: Beckermann (Hg.), Analytische<br />

Handlungstheorie Bd. 2, 304–331, hier 313; hier zitiert in der Rekonstruktion von Hans<br />

Lenk, Art. Handlung(stheorie), in: Handlexikon zur Wissenschaftstheorie, hg. v. H. Seiffert und G.<br />

Radnitzky, München 1989 (1992 als dtv wissenschaft 4586) 119–127, hier 123.<br />

11 Lenk, Art. Handlung(stheorie) 123; er bietet einen guten Überblick, an dem ich mich orientiert habe.<br />

12 Vgl. Wilfried Härle / Eilert Herms, Rechtfertigung. Das Wirklichkeitsverständnis des christlichen<br />

Glaubens, Göttingen 1980, 145ff; vgl. auch Reiner Preul, Problemskizze zur Rede vom Handeln<br />

Gottes, in: MJTh I, hg. v. Wilfried Härle und Reiner Preul, Marburg 1987, 3–11, bes. 5ff.<br />

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