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Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau

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Eine Theologie der <strong>Geschichte</strong> formuliert Aussagen zur <strong>Geschichte</strong> aus der Perspektive<br />

des christlichen Glaubens. Sie setzt damit voraus, daß dieser Glaube gute Gründe für<br />

sich hat. Sie setzt damit Gott voraus als (alles best<strong>im</strong>mende) Wirklichkeit, die in Beziehung<br />

steht zur Wirklichkeit der Welt und der <strong>Geschichte</strong>. Sie formuliert weiter Aussagen<br />

über den Menschen in seiner <strong>Geschichte</strong> bzw. in seinen <strong>Geschichte</strong>n und in seiner<br />

Geschichtlichkeit. Die Aussagen einer Theologie der <strong>Geschichte</strong> sind Text, Sprache. Sie<br />

ist darauf angewiesen, daß es – auf Bewährung hin – möglich ist, die geschichtliche<br />

Wirklichkeit in theologischer Perspektive sprachlich darzustellen. Theologie der <strong>Geschichte</strong><br />

geschieht in Raum und Zeit, ist mithin selbst geschichtlich. Ihre Aussagen werden<br />

in den Text der <strong>Geschichte</strong> eingeschrieben; sie bilden selbst <strong>Geschichte</strong>. Eine<br />

Theologie der <strong>Geschichte</strong> erzählt keine <strong>Geschichte</strong> oder <strong>Geschichte</strong>n, sondern bezieht<br />

sich auf vergangene, gegenwärtige und zukünftige <strong>Geschichte</strong>. Sie macht Aussagen über<br />

<strong>Geschichte</strong>, reflektiert über <strong>Geschichte</strong>; ihre Aussagen haben darin generell den Status<br />

von Metaaussagen. In ihren Aussagen wendet sie die vorgefundenen Grundannahmen<br />

über Gott, Welt und Mensch auf <strong>Geschichte</strong> an.<br />

Da dies in der <strong>Geschichte</strong> und durch in der <strong>Geschichte</strong> lokalisierte Autoren geschieht,<br />

eignet einer Theologie der <strong>Geschichte</strong> <strong>im</strong>mer eine gewisse Perspektivität und Relativität.<br />

Auch darauf hat eine Theologie der <strong>Geschichte</strong> zu reflektieren. Aufgrund dieser Einsicht<br />

wird eine christliche Theologie der <strong>Geschichte</strong> ein bescheidenes Unternehmen<br />

sein. Sie ist ein (freilich unabdingbarer) Versuch – aber eben ein Versuch, <strong>Geschichte</strong><br />

christlich theologisch zu verstehen. Sie wird dabei <strong>im</strong> Gegenüber und Dialog mit anderen<br />

Versuchen Grundeinsichten des christlichen Glaubens vertreten. Daß diese Grundeinsichten<br />

selbst bereits <strong>im</strong> Gespräch mit der Schrift, Erfahrungen des Glaubens und<br />

anderen Auffassungen formuliert werden, sollte eine hermeneutische Binsenweisheit<br />

sein.<br />

2 Aspekte der Geschichtstheologie<br />

1. Eine Theologie der <strong>Geschichte</strong> wird als einen wesentlichen Aspekt von <strong>Geschichte</strong><br />

Verständnis und Begriff der Zeit zu thematisieren haben. Ich habe zu zeigen versucht,<br />

daß dabei von einem vielschichtigen Zeitbegriff und einem mehrd<strong>im</strong>ensionalen Zeitverständnis<br />

ausgegangen werden muß. Innerhalb einer vernetzten Zeit kommen in theologischer<br />

Perspektive Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart in ihrer Bezogenheit zur<br />

Sprache. Besonderes Augenmerk ist dabei auf die Gegenwart in der Form des erfüllten<br />

Augenblicks zu richten, weil sie <strong>im</strong> Feld der Zeit der Ort ist, an dem sich die D<strong>im</strong>ensionen<br />

der Zeit gleichzeitig präsent machen. Der erfüllte Augenblick ist auch der zeitliche<br />

Ort, an dem sich Erschließungserfahrungen ereignen bzw. umgekehrt wird ein Augenblick<br />

durch eine qualifizierte Erfahrung als besonderer, erfüllter Augenblick qualifiziert.<br />

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finden zu wollen, wäre eine Vermessenheit. Ihr Gegenstand ist der Mensch, der sich innerhalb des<br />

geschichtlichen Geschehens <strong>im</strong>mer nur relativ richtig zu seiner <strong>im</strong> Glauben gewonnenen Erkenntnis<br />

zu verhalten vermag. Der ‚Glaube‘ ist dabei nicht mit der subjektiven Frömmigkeit des einzelnen zu<br />

verwechseln, sondern ist die Summe all seiner Erkenntnisse, vertieft und bereichert durch religiöse<br />

Erfahrung. Solche Erfahrung findet an den biblischen Zeugen Orientierung, Maßstab und Gewißheit,<br />

ebenso aber auch Bereicherung und Korrektur.“

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