02.12.2012 Aufrufe

Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau

Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau

Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

können in Detailstories thematisiert werden und sind notwendiges Skelett oder Gerüst<br />

einer Meta-Story. Eine Meta-Story ist nicht identisch mit einer Meta-Erzählung <strong>im</strong><br />

Sinne Lyotards. Eine Metaerzählung <strong>im</strong>pliziert nach Lyotard eine Geschichtsphilosophie<br />

und hat, <strong>im</strong> Zusammenhang des Konflikts von Wissenschaft und Erzählungen,<br />

die Funktion, Wissen zu legit<strong>im</strong>ieren. 48 Metaerzählungen sind somit Legit<strong>im</strong>ationserzählungen.<br />

Sie haben einen abschließenden Charakter und schließen andere Erzählungen<br />

aus. 49 Eine Meta-Story ist dagegen zu verstehen als die Story der Perspektive,<br />

in der die Detail-Stories eingezeichnet werden. Sie ist nicht ausschließend, sondern läßt<br />

andere Meta-Stories neben sich zu. Die Erzählung des christlichen Glaubens muß nicht<br />

notwendig als Metaerzählung <strong>im</strong> Sinne Lyotards auftreten, sondern kann verstanden<br />

werden als Meta-Story oder „Gesamt-Story“. 50<br />

6.4 Zur Sprachform einer Theologie der <strong>Geschichte</strong><br />

Im Blick auf die <strong>Geschichte</strong> erscheint es daher aus theologischer Sicht sinnvoll, ihre<br />

Perspektive auf eine die <strong>Geschichte</strong>n in einer <strong>Geschichte</strong> umfassenden Erzählung nicht<br />

als Universalgeschichte zu formulieren, sondern als eine Gesamt-Story. Deren Bezugspunkte<br />

sind die vielfältigen Stories des Glaubens, die wiederum bezogen sind auf Geschehnisse<br />

der <strong>Geschichte</strong>, die auch ohne die Perspektive des Glaubens konstruiert werden<br />

kann. Stories bilden das „Rohmaterial“ einer Theologie und damit auch einer<br />

Theologie der <strong>Geschichte</strong>. Deren Grundlage ist zugleich die Summierung der Stories,<br />

als die „Gesamt-Story“ oder „Meta-Story“. 51 Eine Theologie der <strong>Geschichte</strong> hätte die<br />

Regeln, die „<strong>im</strong>pliziten Axiome“ bzw. „regulativen Sätze“ 52 zu formulieren, nach denen<br />

die Stories verknüpft werden; sie würden darin auch die Perspektive der Stories formulieren<br />

und darin auf eine Gesamt-Story Bezug nehmen. Diese Gesamt-Story wäre einerseits<br />

offen, da sie als einen ihrer regulativen Sätze aufzunehmen hätte, daß mit Gottes<br />

schöpferischem Wort zu rechnen wäre; sie wäre andererseits darin nicht abgeschlossen,<br />

als die Stories als Interpretationsprodukte und -prozesse nicht festgeschrieben, sondern<br />

veränderbar sind, gleichsam in jeder Verknüpfung neu geschrieben werden. Da sich die<br />

Stories auf „reale“ und „fiktive“ Welten beziehen, sind in ihnen, und damit auch in der<br />

48 Lyotard, Das postmoderne Wissen 13f.<br />

49 Als spekulative Erzählung oder als Erzählung der Emanzipation hat die „große Erzählung“ in der<br />

Postmoderne allerdings ihre Glaubwürdigkeit verloren, konstatiert Lyotard, Das postmoderne Wissen<br />

112. Vgl. auch Joach<strong>im</strong> Track, Theologie am Ende – am Ende Theologie? Ein Gespräch mit Jean-<br />

François Lyotard, in: Hans Jürgen Luibl (Hg.), Spurensuche <strong>im</strong> Grenzland. Postmoderne Theorien<br />

und protestantische Theologie, Wien 1996, 15–64, bes. 17ff.<br />

50 In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, daß der Ausdruck „Meta-Story“, den Ritschl in<br />

Ritschl/Jones verwendet (19, 22ff) etwas unglücklich ist, da „Meta“ normalerweise eine Reflexionsstufe<br />

anzeigt. Ritschl, Logik (45f u.ö.) verwendet dann den Ausdruck „Gesamtstory“, bei dem allerdings<br />

<strong>im</strong>mer mitzudenken ist, daß dieses „Gesamt“ nie vollständig zu formulieren ist.<br />

51 Joach<strong>im</strong> Track hat in einem Kommentar hierzu darauf hingewiesen, daß der Ausdruck „Meta-Story“<br />

eine gewisse Verwechselbarkeit mit Lyotards „Metaerzählung“ in sich trägt. Da Metaerzählungen mit<br />

einem Anspruch auf Begründbarkeit verbunden sind, dieser aber für die Erzählung des christlichen<br />

Glaubens problematisch ist, erscheint auch der Ausdruck „Meta-Story“ problematisch.<br />

52 Vgl. dazu Ritschl, Logik, bes. 142ff; zur inhaltlichen Best<strong>im</strong>mung vgl. Track, Sprachkritische Unter-<br />

282<br />

suchungen 261ff.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!