Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau
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als Wort Gottes vernehmbar, sondern äußert sich etwa als Gleichnis oder als Analogie. 17<br />
Im Blick auf den Zusammenhang von Gottes Wort und Wort des Menschen ist mit Gerhard<br />
Ebeling 18 festzuhalten, „daß Gottes Wort als Wort in menschlicher Sprache ergeht“,<br />
und dies „für das Wort Gottes sogar konstitutiv“ ist. Denn das „Zusammensein<br />
Gottes und des Menschen ist ein sprachliches Zusammensein, ein Zusammensein <strong>im</strong><br />
Wort“.<br />
Der Sachverhalt, daß Gott nur <strong>im</strong> Wort der Menschen spricht und vernehmbar wird, der<br />
theologisch, genauer christologisch und inkarnatorisch begründet ist, hat nun auch hermeneutische<br />
Konsequenzen. Wenn der kategoriale Unterschied zwischen Gott und<br />
Mensch, zwischen Gott und Welt nicht aufgegeben werden kann und darf, um der Gemeinschaft<br />
Gottes mit den Menschen willen aber von Gott selbst in seinem Wort bzw.<br />
in Jesus Christus überwunden worden ist, Gott sich also dieser Welt gleich gemacht hat,<br />
wird sein Wort, darauf hatte bereits Karl Barth hingewiesen, verwechselbar mit den<br />
Worten der Menschen und dieser Welt. Auch wenn der Aufweis eines Wortes als Wort<br />
Gottes nicht methodisch zu leisten ist, sondern sich durch das Wirken des Heiligen Geistes<br />
erschließt, bleibt die Frage, ob jedes Wort dieser Welt Wort Gottes sein kann. Es<br />
bleibt also die Frage, ob Gott in der <strong>Geschichte</strong> spricht; genauer gefragt, ob er in jeder<br />
<strong>Geschichte</strong> spricht. 19<br />
6.2.2 <strong>Geschichte</strong> und Wort Gottes<br />
Wenn unter <strong>Geschichte</strong> die sprachliche Konstruktion und Organisation von Ereignissen<br />
der Vergangenheit und der Gegenwart verstanden wird; wenn weiter durch diese<br />
sprachliche Gestaltung Wirklichkeit konstituiert wird; und wenn schließlich Gott sich<br />
auf dieses Konstitutionsgeschehen eingelassen, in dieses Konstitutionsgeschehen eingegangen<br />
ist, dann läßt sich durchaus sagen, daß in der <strong>Geschichte</strong> Gott zur Sprache<br />
kommt. Die Voraussetzungen machen allerdings deutlich, daß das Wort Gottes in der<br />
<strong>Geschichte</strong> nicht unmittelbar vernommen werden kann, daß es <strong>im</strong> Text der <strong>Geschichte</strong><br />
nicht einfach gelesen werden kann. Gottes Wort in der <strong>Geschichte</strong> wird vermittelt durch<br />
das Wort der Menschen. Dies gilt auch für das Welt und <strong>Geschichte</strong> zuallererst konstituierende<br />
Wort Gottes. Das Wort Gottes, das die Welt und die <strong>Geschichte</strong> ins Dasein<br />
ruft, wird als Wort wahrgenommen, weil Menschen mit ihrer Sprache und ihrem Wort<br />
ihre Wirklichkeit konstituieren und deuten. Wenn dabei die Erkenntnis aufscheint, daß<br />
die Sprache auch Hinweis ist darauf, daß Menschen <strong>im</strong>mer schon angesprochen sind,<br />
dann wird dieser Sachverhalt auf ein erstes Wort, das Wort Gottes, zurückgeführt.<br />
Aus theologischer Perspektive ergibt sich somit ein komplexer Zusammenhang von<br />
Wort und <strong>Geschichte</strong>. Auf einer sachlich ersten Ebene ist das Welt konstituierende und<br />
<strong>Geschichte</strong> begründende Wort Gottes anzusiedeln. Dieses Wort ist als Rede auf Antwort<br />
17 Zu Gleichnis vgl. Ernst Fuchs, Das Wesen des Sprachgeschehens und die Christologie, in: ders.,<br />
Glaube und Erfahrung, Zum christologischen Problem <strong>im</strong> Neuen Testament, Gesammelte Aufsätze<br />
Bd. III, Tübingen 1965, 231–248, bes. 239; zu Analogie vgl. Jüngel, Gott als Gehe<strong>im</strong>nis der Welt<br />
357ff.<br />
18 Gerhard Ebeling, Dogmatik des christlichen Glaubens Bd. 1, Tübingen 1982 2 , 260.<br />
19 Diese Frage könnte man noch ausweiten, etwa dahingehend, ob Gott in der Natur spricht. In unserem<br />
Zusammenhang beschränke ich mich auf Überlegungen zur <strong>Geschichte</strong>.<br />
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