Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau
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und Sein ist nicht dergestalt, daß die Sprache das Sein abbildet, sondern derart, daß das<br />
Sein in und durch Sprache erscheint. „Was tut die Sprache? Sie rechtfertigt das Sein.<br />
Wie macht sie das? Sie läßt das Sein zeitlich ‚anwesen‘, macht es zum Ereignis.“ 11<br />
Sprache ist daher konstitutiv für das Erscheinen des Seins, für sein Wirklichwerden.<br />
Dies gilt für das Erkennen des Seins <strong>im</strong> Seienden durch den Menschen als hermeneutischen<br />
Vorgang, 12 dies gilt aber auch für das Sein selbst in seinem Erscheinen. Wird<br />
Gott nun verstanden als das Sein selbst, dann sind für sein Erscheinen, für sein Wirklichwerden<br />
für den Menschen, Wort und Sprache konstitutiv. Gott wird wirklich, indem<br />
er zur Sprache kommt. 13 Dieses Wirklichwerden Gottes in seinem Zur-Sprache-Kommen<br />
korrespondiert dem oben entfalteten Verständnis Gottes als Relationalität, insofern<br />
das Zur-Sprache-Kommen eine Relation darstellt und konstituiert.<br />
Eberhard Jüngel benennt nun über Ernst Fuchs’ Einsichten hinausgehend den Ort, an<br />
dem Gott redet, präziser. Während Ernst Fuchs sich auf die Verkündigung Jesu bezieht,<br />
benennt Jüngel den Tod Gottes <strong>im</strong> Tod Jesu Christi als den Ort, an dem Gott redet. Jüngel<br />
setzt dabei voraus, daß Gott <strong>im</strong> Jesusgeschehen redet und das Jesusgeschehen sein<br />
Zentrum in seinem Kreuzestod hat. Der Tod Jesu Christi ist konstitutiv für ein christliches<br />
Gottesverständnis. 14 Wenn sich aber Gott <strong>im</strong> Tod Jesu Christi als Abwesender zu<br />
erkennen gibt, kommt er gerade in seiner Abwesenheit zur Sprache. „Anwesenheit und<br />
Abwesenheit Gottes sind <strong>im</strong> Worte Gottes nicht mehr alternativ zu denken. Vielmehr ist<br />
Gott <strong>im</strong> Wort als Abwesender anwesend.“ 15 Führt man diesen Gedanken noch einen<br />
Schritt weiter, so kann man sagen, daß Gott gerade da spricht, wo nicht mehr gesprochen<br />
werden kann, wo das Schweigen ausbricht. 16 Dieses Schweigen Gottes wird<br />
<strong>im</strong> Glauben nun wiederum sprachlich ausgedrückt und damit als Wort vernehmbar. Das<br />
Wort des Glaubens als Ausdruck des Schweigens Gottes wird darin selbst zum Wort<br />
Gottes, freilich in doppelt gebrochener Weise. Denn zum einen hat sich Gott seines<br />
Wortes <strong>im</strong> Schweigen des Todes Jesu Christi entäußert, ist sprachlos geworden; zum<br />
anderen ist das Wort oder das Schweigen Gottes als Wort der Menschen nicht einfach<br />
11 Ernst Fuchs, Was ist ein Sprachereignis?, in: ders., Zur Frage nach dem historischen Jesus. Gesammelte<br />
Aufsätze II, Tübingen 1965 2 , 424–430, hier 425.<br />
12 Die Sprache ist Voraussetzung für die Welt. Nur weil sie durch Sprache erschlossen ist, können wir<br />
überhaupt von unserer Welt reden. Vgl. Hans Georg Gadamer, Wahrheit und Methode. Grundzüge<br />
einer philosophischen Hermeneutik, Tübingen 1965, 419. Vgl. auch Joach<strong>im</strong> Track, Sprachkritische<br />
Untersuchungen zum christlichen Reden von Gott, Göttingen 1977, 126f, der in der „Sprache die<br />
transzendentale Bedingung der Möglichkeit jeder Erkenntnis der Wirklichkeit und jedes gemeinsamen<br />
Handelns von Menschen“ sieht.<br />
13 Diesen Sachverhalt expliziert und begründet Fuchs an Jesu eigener Rede; darauf braucht in unserem<br />
Zusammenhang aber nicht explizit eingegangen zu werden. Vgl. jedoch Hafstad, Wort 386ff.<br />
14 Vgl. Eberhard Jüngel, Gott als Gehe<strong>im</strong>nis der Welt, Tübingen 1977.<br />
15 Jüngel, Gott als Gehe<strong>im</strong>nis der Welt 222.<br />
16 Wenn die Gefährdung der Theologie und des christlichen Glaubens es ist, „daß Gott sozusagen totgeredet,<br />
daß er ausgerechnet durch Worte, die doch von ihm reden wollen, verschwiegen wird“, wie<br />
Jüngel <strong>im</strong> Vorwort zu „Gott als Gehe<strong>im</strong>nis der Welt“ schreibt (S. IX), dann könnte möglicherweise<br />
das Verschweigen Gottes (genitivus subjectivus) ihn gerade zu Worte kommen lassen. Vgl. auch<br />
Hafstad, Wort 77: „… der Tod Jesu ist, als Tatsache betrachtet, eben der Inbegriff des Schweigens:<br />
Tod. Er redet nicht, wenn er nicht als Wort qualifiziert wird, wenn er nicht kommuniziert, eben wo<br />
die Kommunikation abgebrochen ist. Hier erhält das Wort eine wesentliche Funktion. Das Wort besitzt<br />
Möglichkeiten, die eine Tat nicht hat. Mit Worten kann sich eine transzendente Wirklichkeit<br />
<strong>im</strong>manent manifestieren. (…) Das gesprochene Wort ermöglicht Kommunikation zwischen der<br />
Wirklichkeit des Menschen und der Wirklichkeit Gottes, die jenseits der Möglichkeit des Menschen<br />
liegt.“<br />
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