Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau
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Denn das Wort geschieht in Beziehung. Es konstituiert und es qualifizert Beziehungen.<br />
Im Wort handelt Gott.<br />
Dies wurde vor allem von der „Theologie des Wortes“ hervorgehoben und eingeschärft.<br />
Im Wort Gottes findet der Sachverhalt, daß Gott das Gegenüber der Welt ist, seinen adäquaten<br />
Ausdruck. Zugleich wird mit dem Verständnis von Jesus Christus als dem Wort<br />
Gottes seine Zuwendung zur Welt und den Menschen verdeutlicht. Gott erschließt sich<br />
durch sein offenbarendes Wort in Jesus Christus. Sein Wort wird zur Schrift, zum Text.<br />
Der Inkarnation Gottes in Jesus Christus entspricht strukturell die Textwerdung seines<br />
Wortes. Dadurch gibt sich Gott nicht nur als Wirklichkeit begründend zu erkennen,<br />
sondern wird selbst Wirklichkeit als Text der Welt. Dies wird in unterschiedlichen Variationen<br />
in einem differenzierten Verständnis dessen, was Wort Gottes ist, deutlich.<br />
Karl Barth unterscheidet trinitarisch zwischen dem offenbarten, dem geschriebenen und<br />
dem verkündigten Wort Gottes. 1 Grundlegend ist dabei das in der Person Jesu Christi<br />
offenbarte Wort Gottes. Es bildet auch die Basis für sein christologisch zentriertes Geschichtsverständnis.<br />
2 Barth versteht dabei das Wort Gottes als Tat Gottes. „Das Wort<br />
Gottes ist selbst die Tat Gottes. Es ist in dem Maße Tat, daß alles, was wir Tat, Ereignis,<br />
Praxis, Leben usw. zu nennen und was wir als Ergänzung zum menschlichen Wort zu<br />
vermissen und zu verlangen pflegen, neben jenem als wirkliche Tat höchst fragwürdig<br />
erscheinen muß. Das Wort Gottes macht <strong>im</strong> eminentesten Sinn <strong>Geschichte</strong>.“ 3 Barth<br />
rekurriert mit der Fragwürdigkeit des menschlichen Wortes auf einen permanenten performativen<br />
Widerspruch <strong>im</strong> Reden des Menschen, der theologisch mit dem Sündersein<br />
des Menschen und dem qualitativen oder kategorialen Unterschied zwischen Gott und<br />
Mensch begründet ist. Näherin wird das Wort Gottes von Barth verstanden als Rede<br />
Gottes an den Menschen. 4 Dieses Verständnis führt Hafstad zu der These, „Barths Geschichtskonzeption<br />
als eine Rede-<strong>Geschichte</strong> zu betrachten“. „Die <strong>Geschichte</strong> ist Gottes<br />
Reden zum Menschen, und als Folge dieses Redens ist sie das Gespräch der Menschen<br />
mit Gott und mit ihren Mitmenschen.“ 5 Allerdings hat Barth keine Lehre von der Sprache<br />
entwickelt, um die Struktur und die anthropologischen Bedingungen der Ansprechbarkeit<br />
des Menschen durch das Wort Gottes zu erhellen. 6 Er macht statt dessen, auch in<br />
der Kirchlichen Dogmatik darin dem Ansatz der Dialektischen Theologie treu bleibend,<br />
1<br />
Vgl. Karl Barth, Kirchliche Dogmatik I/1, 89ff.<br />
2<br />
Zum Geschichtsverständnis Barths vgl. Kjetil Hafstad, Wort und <strong>Geschichte</strong>. Das Geschichtsverständnis<br />
Karl Barths, München 1985. „Barth geht von Jesus Christus aus, wenn er klarmachen will,<br />
was <strong>Geschichte</strong> ist. Der Geschichtsbegriff erhält damit schon von vornherein eine eigenartige Exklusivität.<br />
(…) In Barths Geschichtskonzeption ist Gottes Ja die pr<strong>im</strong>äre Komponente. Gottes Rede, sein<br />
Ja, schafft die <strong>Geschichte</strong> und führt sie zum Ziel, das Gott best<strong>im</strong>mt hat. Gottes Ja schafft die<br />
physischen Voraussetzungen für diese <strong>Geschichte</strong>“ (39). Vgl. auch Hans-Joach<strong>im</strong> Kraus, Das Problem<br />
der Heilsgeschichte in der „Kirchlichen Dogmatik“, in: Antwort. Karl Barth zum 70. Geburtstag,<br />
Zürich 1956, 67–83, der Barths Aussagen in KD I/1 zusammenfaßt: „Das Geschehen des ‚Gott<br />
mit uns‘ wirkt in der allgemeinen <strong>Geschichte</strong> eine besondere <strong>Geschichte</strong>“ (74), und auf dem Hintergrund<br />
von KD III/1 eine neue Definition des Begriffs der Heilsgeschichte bietet: „Die Heilsgeschichte<br />
ist die <strong>Geschichte</strong>, in der alle andere <strong>Geschichte</strong> ihren Anfang, ihre sinnbest<strong>im</strong>mende<br />
Mitte und ihr Ziel hat“ (82).<br />
3<br />
Barth, KD I/1, 148.<br />
4<br />
Barth, KD I/1, 128ff.<br />
5<br />
Hafstad, Wort 370 und 372; vgl. auch 423.<br />
6<br />
Zu den Hintergründen dieser Unterlassung, die auch als Weigerung verstanden werden kann, vgl.<br />
Hafstad, Wort 372ff. Der wesentlichste sachliche Grund dürfte für Barth in der Gefahr gelegen haben,<br />
aus einer Theorie der Sprache unter der Hand Bedingungen für die Offenbarung zu formulieren.<br />
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