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Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau

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springt“ 33 , mithin handelt es sich um ein trinitarisches relationales Geschehen. Dieses<br />

Geschehen gibt das Kriterium und die Regel für die Lektüre der <strong>Geschichte</strong> aus christlicher<br />

Perspektive an. In dieser <strong>Geschichte</strong> qualifiziert Gott die <strong>Geschichte</strong> der Welt als<br />

seine <strong>Geschichte</strong>. Aufgrund dieser Erfahrungen Gottes in der <strong>Geschichte</strong> kann man sich<br />

Gott als „geschichtlich“ vorstellen. Was aber ist nun näherhin mit Gott gemeint?<br />

4.3.2 Zum Gottesverständnis<br />

Es kann hier wiederum nicht darum gehen, eine einigermaßen „komplette“ Gotteslehre<br />

vorzulegen. In unserem Zusammenhang sollen nur einige Aspekte des christlichen Gottesverständnisses<br />

notiert werden, die für das Problem einer Theologie der <strong>Geschichte</strong><br />

relevant erscheinen. Gott wird <strong>im</strong> christlichen Glauben verstanden als alles best<strong>im</strong>mende<br />

Wirklichkeit. Wer „Gott“ sagt, setzt damit die fundamentale Unterscheidung<br />

zwischen Schöpfer und Geschöpf mit. Im Blick auf den Menschen als Geschöpf hatte<br />

ich den fragmentarischen Charakter seines Subjektseins (nicht nur) hinsichtlich der <strong>Geschichte</strong><br />

herausgearbeitet. Wie ist nun von Gott <strong>im</strong> Blick auf die <strong>Geschichte</strong> zu denken?<br />

Jene Theologie, die in der Begrifflichkeit und den Denkschemata der klassischen Metaphysik<br />

den christlichen Glauben auszusagen versuchte, war an die Kategorien dieser<br />

Metaphysik gebunden. Das gilt allerdings für jede Übernahme philosophischer Gedankengänge<br />

in der Theologie. Gott wurde darin als absolutes Gegenüber der Schöpfung<br />

und des Menschen verstanden, als der Herr auch der <strong>Geschichte</strong>. In der jüngeren Theologie<br />

wird gegenüber einem Denken, das sich an einer Substanzontologie orientiert, ein<br />

Denken bevorzugt, das sich an der Relationalität orientiert. 34 Gott wird gedacht als<br />

„Wesen“ in Beziehung. Es zeichnet Gott aus, daß er in Beziehung ist und daß diese Beziehung<br />

als Liebe qualifiziert ist. Diese Einsicht erwächst aus den Erfahrungen, die Gott<br />

mit sich machen läßt. Diese Erfahrungen sind, bei allen Ambivalenzen, letztlich Erfahrungen<br />

der freundlichen und liebevollen Zuwendung Gottes, wie er sich in der<br />

Schöpfung und vor allem in der Person des Jesus von Nazareth gezeigt hat. Die vielfältigen<br />

unterschiedlichen Erfahrungen mit Gott führten dazu, Gott nicht monistisch und<br />

abstrakt, sondern lebendig zu denken. Die ausgeführte Denkfigur dieses lebendigen Wesens<br />

Gottes ist die Trinitätslehre. 35 Als eine Reflexion auf das Wesen Gottes arbeitet sie<br />

mit den ihr zur Verfügung stehenden philosophischen Begriffen und Kategorien. 36 Als<br />

33 Moltmann, Der gekreuzigte Gott 234.<br />

34 Etwa Härle, Dogmatik, Berlin 1995, 286; Pannenberg, Systematische Theologie Bd. 1, Göttingen<br />

1988, 395ff. Pannenberg konstatiert (397): „Das göttliche Wesen kann nicht mehr als beziehungslose<br />

Identität jenseits der Welt gedacht werden.“ Vgl. auch Jürgen Moltmann, Trinität und Reich Gottes,<br />

München 1986 2 , 28ff, bes. 34f, wo er auf die Aufgabe einer geschichtlichen, sozialen und ökolo-<br />

gischen Trinitätslehre verweist.<br />

35 „Die Trinitätslehre ist kein unmittelbarer Inhalt der Offenbarung und auch kein unmittelbarer Ausdruck<br />

des Glaubens. Sie ist in ihrer von der Tradition vorgegebenen Gestalt das hochformalisierte<br />

Ergebnis einer theologischen Reflexion und in dieser Gestalt jedenfalls kein Gesetz, an dessen fraglose<br />

und vollinhaltliche Übernahme der Glaube oder gar das Heil des Menschen gebunden wäre“,<br />

schreibt Wilfried Joest, Dogmatik I. Die Wirklichkeit Gottes, Göttingen 1984, 332. Vgl. dazu neuerdings<br />

Wilfried Härle / Reiner Preul (Hg.), MJTh X. Trinität, Marburg 1998.<br />

36 Zu den Voraussetzungen und Leistungen der altkirchlichen Trinitätslehre, insbesondere der „kappa–<br />

dozischen Trinitätstheologie“ vgl. die beiden Beiträge von Christoph Markschies, Gibt es eine ein–<br />

heitliche „kappadozische Trinitätstheologie“? und „… et tamen non tres dii, sed unus deus …“. Zum<br />

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