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Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau

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4.2.1 Der Mensch als Geschöpf<br />

Als Geschöpf Gottes ist der Mensch <strong>im</strong> Gegenüber zu Gott zu sehen. Die Gottesbeziehung<br />

ist aus theologischer Sicht die den Menschen zuallererst konstituierende Beziehung.<br />

Coram Deo findet der Mensch seine Best<strong>im</strong>mung. Der Mensch als Geschöpf<br />

Gottes ist mit Eigenschaften ausgestattet, die ihm eine Existenz in bewußten Beziehungen<br />

gestatten. Dazu gehören der Leib und das Bewußtsein seiner Leiblichkeit,<br />

sein Geist und seine Vernunft, seine Wahrnehmungsfähigkeiten und seine Sprachlichkeit.<br />

Diese strukturale Ausstattung des Menschen erlaubt es ihm, in Beziehung zur Welt<br />

und zu sich selbst zu treten. Durch seine Fähigkeiten ist der Mensch in der Lage, seine<br />

Beziehungen auch zu gestalten. Neben der Selbstbeziehung und der Beziehung zur Welt<br />

ist aus theologischer Sicht die Gottesbeziehung die Beziehung, durch die der Mensch<br />

seiner Best<strong>im</strong>mung entspricht. Die Gottesbeziehung des Menschen ist in zweifacher<br />

Weise näher zu best<strong>im</strong>men, und zwar zum einen als das Sünder-sein des Menschen,<br />

zum anderen als das Gerechtfertigt-sein.<br />

4.2.2 Der Mensch als Sünder 2<br />

Die Rede von der Sünde weist darauf hin, daß der Mensch in seinen Beziehungen seiner<br />

Best<strong>im</strong>mung fundamental und kontinuierlich widerspricht. Als Grundsünde ist die Verfehlung<br />

der Gottesbeziehung zu konstatieren, denn diese ist die den Menschen konstituierende<br />

Beziehung. Diese Verfehlung zeigt sich in zweifacher Weise. Zum einen in<br />

dem Begehren, wie Gott sein zu wollen. Der Mensch kann seine passive Konstitution<br />

als Geschöpf nicht akzeptieren; er strebt danach, sich autopoietisch zu konstituieren und<br />

verfehlt sich darin. Er strebt danach, die fundamentale Unterscheidung zwischen Gott<br />

als Schöpfer und sich als Geschöpf aufzuheben. Durch diese Konzentration auf sich<br />

selbst werden Gottesbeziehung und Weltbeziehung beschädigt, der Mensch wird zum<br />

homo incurvatus in seipsum. Dies bedeutet auch eine Beschädigung der Selbstbeziehung<br />

des Menschen. Von dieser falschen Grundhaltung des Menschen werden seine<br />

Beziehungen, sein Verhalten und seine Gestaltungsmöglichkeiten infiziert. Sie führt<br />

unter anderem auch dazu, daß Freiheit eingeschränkt und Gerechtigkeit verhindert wird.<br />

In der Folge versucht der Mensch erneut, aus eigenen Kräften seine Beziehungen zu gestalten<br />

und gerät so in einen Zirkel der Sünde, aus dem er aus eigener Vernunft und<br />

Kraft nicht herauskommt. Deshalb bedarf er des Wortes von außen, der Offenbarung,<br />

die dem Menschen seine Situation bewußt macht und ihn als neuen Menschen neu konstituiert.<br />

Nach christlichem Verständnis ist Jesus Christus diese Offenbarung. In Jesus<br />

Christus zeigt sich, wie der Mensch nach Gottes willen sein soll. Wesentliche Aspekte<br />

des wahren Menschseins werden durch Jesus Christus erschlossen. Dabei zeigt sich, daß<br />

das absolute Vertrauen und Zutrauen in Gott den Vater die dem Menschen best<strong>im</strong>mte<br />

und angemessene Haltung ist, aus der heraus alle seine strukturalen Fähigkeiten nach<br />

dem Willen Gottes zum Tragen kommen.<br />

2 Es geht hier nicht darum, eine geschlossene Harmatiologie vorzustellen, sondern diejenigen Aspekte<br />

einer Sündenlehre vorzustellen, die den Menschen als Subjekt von <strong>Geschichte</strong> betreffen.<br />

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