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Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau

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3.3.2 Menschliches Handeln in theologischer Perspektive<br />

Die unterschiedlichen Gegenstandsbezüge des Ausdrucks <strong>Geschichte</strong> unterliegen <strong>im</strong><br />

Hinblick auf eine Theologie der <strong>Geschichte</strong> denselben Bedingungen. Sie werden theologisch<br />

aufgeladen, wenn die in ihnen vollzogenen Handlungen und ihre erwünschten<br />

Folgen oder auch ihre Nebenfolgen unter der Perspektive der Gottesbeziehung betrachtet<br />

werden. Dann kann in diesen <strong>Geschichte</strong>n das gesehen werden, was mit Fügung<br />

oder Führung bezeichnet wird. Scheitern solche <strong>Geschichte</strong>n, kann die Frage nach der<br />

Zulassung Gottes, in der schärfsten Form als Frage der Theodizee, auftauchen. In beiden<br />

Fällen geht es aber um eine Interpretation dieser <strong>Geschichte</strong>n unter der Prämisse, daß<br />

Gott in den <strong>Geschichte</strong>n dabei ist, die Welt und die Menschen nicht sich selbst überlassen<br />

hat.<br />

3.3.2.1 Das von Gott ermöglichte Handeln<br />

Es ist also zunächst festzuhalten, daß geschichtliches Handeln des Menschen theologisch<br />

dadurch qualifiziert wird, daß es in der Perspektive der Gottesbeziehung betrachtet<br />

wird. Diese Perspektive, das ergibt sich aus einem Verständnis Gottes als alles<br />

best<strong>im</strong>mender Wirklichkeit, kann jegliches menschliche Handeln erfassen. Nichts ist<br />

davon ausgenommen. In theologischer Perspektive ist aber nicht jedes Handeln gleich<br />

zu qualifizieren. <strong>Geschichte</strong> und das Handeln in ihr müssen zuallererst als von Gott ermöglicht<br />

verstanden werden. Alle Aspekte menschlichen Handelns verdanken sich dem<br />

daseinsbegründenden Wirken Gottes. Sein Schöpfungswerk ist die Möglichkeitsbedingung<br />

menschlichen geschichtlichen Handelns. In ihm werden die Gegenstände<br />

bereitgestellt, mit denen Menschen handelnd umgehen. Auch die Fähigkeiten des Menschen,<br />

seine körperlichen und geistigen Fertigkeiten, sind als von Gott gegeben zu verstehen.<br />

Darüber hinaus wird der Mensch durch das Heilsgeschehen in Kreuz und Auferstehung<br />

und die damit <strong>im</strong>plizierte Veränderung der Rahmenbedingungen menschlichen<br />

Handelns zu einer neuen Existenz befähigt. Indem in Kreuz und Auferstehung<br />

sich das Heil für die Welt bereits antizipatorisch ereignet hat, wird dem Menschen von<br />

Gott her in neu daseinskonstituierender Weise ein Aspekt seiner Existenz eröffnet, der<br />

sich als eschatologisch bezeichnen läßt. 40 Die Orientierung des Handelns des Menschen<br />

gründet sich durch das Heilsgeschehen von Kreuz und Auferstehung nicht mehr allein<br />

auf Vergangenheit und Gegenwart, sondern auf die Zukunft, die in der Auferstehung<br />

Christi erschienen und verheißen ist. In Kreuz und Auferstehung hat Gott den Menschen<br />

<strong>im</strong> Glauben zu neuem Leben befreit und berufen. Durch dieses Rechtfertigungs- und<br />

Versöhnungsgeschehen wird der Mensch auch neu zum Handeln befreit, zu einem Handeln,<br />

das vom angebrochenen und kommenden Reich Gottes her best<strong>im</strong>mt ist und nicht<br />

mehr (nur) von den Bedingungen dieser Weltzeit. In Kreuz und Auferstehung hat Gott<br />

also nicht nur sein Handeln neu best<strong>im</strong>mt, sondern auch dem Handeln des Menschen <strong>im</strong><br />

Glauben eine neue Fundierung gegeben. Auf die Bedeutung für das Verständnis des<br />

Menschen als geschichtlichem und in der <strong>Geschichte</strong> handelndem Subjekt werden wir<br />

unten noch zu sprechen kommen.<br />

40 Vgl. dazu unten 3.4.2.3.<br />

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