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Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau

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sieren und qualifizieren. Sie bedeuten nicht notwendig ein Durchbrechen der Naturgesetze<br />

bzw. ein für menschliche Vernunft unerklärbares Geschehen.<br />

Dennoch ist von einem best<strong>im</strong>mten Handeln Gottes zu sagen, daß sich in ihm eine gewisse<br />

Veränderung der Bedingungen des Handelns vollzogen hat. Das Heilshandeln<br />

Gottes in Kreuz und Auferstehung befindet sich in Kontinuität und Diskontinuität zum<br />

bislang beschriebenen geschichtlichen Handeln Gottes. Die Kontinuität besteht darin,<br />

daß beide, Kreuz und Auferstehung, dem Heilswillen Gottes entspringen. Die Diskontinuität<br />

besteht darin, daß in Kreuz und Auferstehung sich eine Veränderung der Rahmenbedingungen<br />

menschlichen Handelns vollzieht. Diese Veränderung beruht darauf,<br />

daß Gottes Handeln in Kreuz und Auferstehung einerseits als innergeschichtlich auftritt,<br />

damit aber wie alle geschichtlichen Ereignisse in seiner Deutung umstritten bleibt. Der<br />

Glaube an die objektive Heilsbedeutung von Kreuz und Auferstehung kann sich nicht<br />

auf diese Ereignisse in einem historischen Sinn gründen, sondern wird erschlossen<br />

durch die subjektive Heilsgewißheit, die sich in der Rechtfertigung allein aus Glauben<br />

artikuliert. Gottes Handeln vollzieht sich somit in Kreuz und Auferstehung nicht in den<br />

„äußeren“ Geschichtstaten, sondern in einer subjektiven Erschlossenheit dieser „äus-<br />

seren“ Taten, die als „innere“ Geschichtstaten Gottes wirksam werden. Geschichtlich<br />

wirksam wird das Heilshandeln Gottes nicht durch die unumstrittene Evidenz der ge-<br />

schichtlichen Ereignisse, sondern durch das Wort der Verkündigung, das durch die sub-<br />

jektive Heilsgewißheit jene äußeren Ereignisse als objektives, heilsames Handeln Gottes<br />

versteht und bezeugt.<br />

Die Rede vom Handeln Gottes in der <strong>Geschichte</strong> bezieht sich also nicht auf ein geschichtliches<br />

Handeln, das von seiner Art und Struktur her mit dem Handeln von Menschen<br />

in der <strong>Geschichte</strong> gleichzusetzen wäre. Gottes Handeln in der <strong>Geschichte</strong>, auf<br />

dem Hintergrund seines schöpferischen Wirkens, ist namhaft zu machen als erleuchtendes<br />

und offenbarendes Handeln. Das offenbarende Handeln bezieht sich dabei pr<strong>im</strong>är<br />

auf das göttliche Wirken in Jesus Christus als einem geschichtlichen Ereignis. 36 Das<br />

erleuchtende Handeln bezieht sich darauf, daß Gott in der <strong>Geschichte</strong> Menschen diese<br />

<strong>Geschichte</strong> als von Gott ermöglichte erschließt, und dies als Gewißheit <strong>im</strong> Glauben. Die<br />

durch das erleuchtende Handeln Gottes erschlossene und zugeeignete Gewißheit <strong>im</strong>pliziert<br />

eine Daseins- und Handlungsorientierung, die das Handeln der so orientierten<br />

Menschen best<strong>im</strong>mt. Gottes Handeln in der <strong>Geschichte</strong> drückt sich also weniger darin<br />

aus, daß er neue Wirklichkeit <strong>im</strong> Sinne der creatio originans schafft, auch wenn das<br />

nicht gänzlich auszuschließen ist, sondern eher darin, daß er durch sein erleuchtendes<br />

Handeln die Wirklichkeit und die <strong>Geschichte</strong> neu sehen läßt und darin neues und anderes<br />

Handeln der Menschen hervorruft. Inhaltlich wird diese neue und andere Handlungsorientierung,<br />

und damit auch die Daseinsorientierung, best<strong>im</strong>mt vom offenbarenden<br />

Handeln Gottes in Jesus Christus. In ihr ist auch ein neues geschichtsveränderndes<br />

Handeln <strong>im</strong>pliziert, denn in ihr drückt sich eine neue Weise der Zuwendung<br />

Gottes zur Welt aus, die dadurch gekennzeichnet ist, daß Gott von sich aus die Differenz<br />

zur Welt überwindet und sich der Welt gleich macht. Die <strong>im</strong> geschichtlichen Er-<br />

36 Vgl. dazu unten 3.5.4.<br />

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