Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau

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02.12.2012 Aufrufe

Gegenüber dem schöpferischen, offenbarenden und inspirierenden Handeln Gottes ist sein eschatologisches Handeln nach Schwöbel kein eigener Typus des Handelns Gottes. Denn in Jesus Christus offenbart Gott sein in der Schöpfung gesetztes Verhältnis zum Menschen und zur Welt als eschatologische Wirklichkeit, und in der Gewißheit über die Wahrheit der Christusoffenbarung wird der Mensch im Glauben in diese Wirklichkeit einbezogen (70). Das Eschaton ist dabei zu verstehen als „die Koextensivität der drei Typen des Handelns Gottes“ (71). Sie besteht darin, daß „alles schöpferische Handeln Gottes zugleich offenbarendes und inspirierendes Handeln ist. Im Eschaton ist das universale schöpferische Handeln Gottes als solches universal offenbar und gewiß und ist darum die universale Einbeziehung aller in die eschatologische Wirklichkeit Gottes und seiner Schöpfung“ (71). Zugleich wird durch die Interrelation der drei Handlungstypen deutlich, wie die „Zuordnung der schon jetzt gewährten Erfahrung und der noch nicht wirklichen unmittelbaren Anschauung der Wirklichkeit der Gemeinschaft Gottes mit dem Menschen“ möglich wird. „Im Glauben partizipiert der Glaubende schon jetzt an der eschatologischen Wirklichkeit, insofern in der Gewißheit des Glaubens Gottes schöpferisches, offenbarendes und inspirierendes Handeln als Begründung der glaubenden Existenz zum Ziel kommt. Diese Gewißheit beinhaltet und begründet den universalen Wahrheitsanspruch der Offenbarung Gottes in Jesus Christus für alle Wirklichkeit, dessen universale öffentliche Verifikation noch nicht erfahren werden kann, aber Gegenstand der christlichen Hoffnung ist“ (71). Schwöbel geht davon aus, daß das Wirken Gottes sachgemäß als Handeln dargestellt werden kann. Dabei rekurriert er auf einen intentionalen Handlungsbegriff, der durch drei Elemente gekennzeichnet ist. Erstens wird ein Ereignis nur dann als Ergebnis einer Handlung verstanden, wenn dieses Handeln „als notwendige Bedingung für das Eintreten des Ereignisses benannt werden kann“. Zweitens wird vorausgesetzt, „daß der Handelnde in dieser Handlung eine bestimmte Absicht verfolgt und sein Handeln zur Realisierung dieser Absicht regulieren kann“. Und drittens ist vorausgesetzt, „daß die handlungsleitende Intention das Ergebnis einer bewußten Wahl von Handlungszielen und die handlungsrealisierende Regulierung des Handelns das Ergebnis einer bewußten Wahl von Handlungsmitteln ist“ 25 . Mit der Anwendung eines personalen und intentionalen Handlungsbegriffs auf das Wirken Gottes werden auch die Probleme eines kausalen Handlungsmodells vermieden. Ein kausales Handlungsmodell leitet unter der Aporie, daß ein unendlicher Rückschritt bei der Benennung der Ursachen von Handlungen erfolgen wird. Der Begriff des causa sui, mit dem versucht wurde, den infiniten Regreß zum Stillstand zu bringen, sprengt die Begrifflichkeit von Kausalität (72). Ein intentional verstandenes Handeln Gottes impliziert weiterhin „die Vorstellung einer Selbstbegrenzung des Wirkens Gottes“, die wiederum „das Modell personalen Handelns“ voraussetzt, „insofern sie ein Implikat der Selektion von Intentionen und Handlungsmitteln im intentionalen Handeln ist“ (73). 25 Schwöbel, Handeln Gottes 71f; vgl. auch Härle, Dogmatik 284. 232

Schwöbel faßt seine Differenzierungen des Handelns Gottes folgendermaßen zusammen: „In Schöpfung, Offenbarung und Inspiration wird das Handeln Gottes als Exis- tenzbegründung einer endlichen Welt, als Erschließung der Wahrheit über die endliche Welt für endliche Subjekte beschrieben und als Gewährung von Gewißheit zur Sprache gebracht. Gottes Handeln erscheint grundsätzlich als Begründung endlicher Existenz und endlicher Handlungsinstanzen“ (73). Zugleich ist damit auch eine kategoriale Dif- ferenz zwischen dem Handeln Gottes und dem Handeln endlicher Handlungssubjekte angezeigt, „insofern das Handeln Gottes das Handeln endlicher Handlungsinstanzen ermöglicht“ (73). Schwöbel schlägt weiter vor, den Handlungsbegriff als ontologische Grundkategorie zu interpretieren. Dies würde bedeuten, „daß alles Sein als Resultat von Handlung begriffen werden müßte. Das Handeln Gottes müßte dann als das die weltlichen Geschehensprozesse Ermöglichende interpretiert werden, so daß der kontingente Charakter endlichen Seienden genau als seine Abhängigkeit von dem es möglich machenden und wirklich werden lassenden Handeln Gottes zu bestimmen wäre“ (77). Ontologie wäre dann eine „Modaltheorie göttlichen Handelns“ (77). Für Schwöbel ermöglicht die Denkfigur der Trinität, Gott in seinem differenzierten Handeln als einheitliches Handlungssubjekt vorzustellen. Dabei begründet zum einen die immanente Trinität die Beziehung Gottes zur Welt. Das heißt, „daß das Sein als durch Gottes transeuntes Handeln ermöglichtes, im immanenten Handeln der Trinität begründet ist“. Die ökonomische Trinitätslehre fungiert dann als „Sprachregel für die Rede vom Handeln Gottes in der materialen Dogmatik“. Und die „immanente Trinitätslehre hat den Status einer theologischen Begründung dieser Sprachregel“ (79). De facto unternimmt Schwöbel mit seiner Differenzierung von schöpferischem, offenbarendem und inspirierendem Handeln Gottes eine kategoriale Unterscheidung, die allerdings nicht deutlich genug zur Geltung gebracht wird. 26 Auch wird die Beziehung dieser drei Aspekte des Handelns Gottes im Blick auf den dreieinen Gott als einheitlichem Handlungssubjekt nicht ausgereizt, wenn von einer „einheitlichen Intentionalitätsstruktur“ gesprochen wird, die den „drei Typen“ des Handelns Gottes zu eigen ist. 27 Nun erscheint die Anwendung des Begriffs Handlung auf das Handeln Gottes, phä- nomenal gesehen problematisch. In der Alltagssprache wird der Begriff unter anderen Elementen vor allem mit der Körperlichkeit des Handlungssubjekts und dem Vorge- gebensein von Handlungsmöglichkeiten verbunden. 28 Zumindest diese zwei Elemente verbieten es, ihn im wörtlichen Sinn auf Gott anzuwenden. 29 Demgegenüber schlägt 26 Härle, Dogmatik 393f. 27 Schwöbel, Handeln Gottes 78, Härle, Dogmatik 394. 28 Vgl. Reiner Preul, Problemskizze zur Rede vom Handeln Gottes, in: Wilfried Härle / Reiner Preul (Hg.), MJTh I, Marburg 1987, 3–11; Härle, Dogmatik 282ff. 29 Vgl. auch Joachim Track, Sprachkritische Untersuchungen 176ff, der bei seiner Analyse der Klassen und Sprachstufen des christlichen Redens von Gott zu dem Ergebnis kommt, daß die bei der Rede vom Handeln Gottes verwendeten Prädikatoren metaphorischen Charakter haben, wobei sich die 233

Gegenüber dem schöpferischen, offenbarenden und inspirierenden Handeln Gottes ist<br />

sein eschatologisches Handeln nach Schwöbel kein eigener Typus des Handelns Gottes.<br />

Denn in Jesus Christus offenbart Gott sein in der Schöpfung gesetztes Verhältnis zum<br />

Menschen und zur Welt als eschatologische Wirklichkeit, und in der Gewißheit über die<br />

Wahrheit der Christusoffenbarung wird der Mensch <strong>im</strong> Glauben in diese Wirklichkeit<br />

einbezogen (70). Das Eschaton ist dabei zu verstehen als „die Koextensivität der drei<br />

Typen des Handelns Gottes“ (71). Sie besteht darin, daß „alles schöpferische Handeln<br />

Gottes zugleich offenbarendes und inspirierendes Handeln ist. Im Eschaton ist das universale<br />

schöpferische Handeln Gottes als solches universal offenbar und gewiß und ist<br />

darum die universale Einbeziehung aller in die eschatologische Wirklichkeit Gottes und<br />

seiner Schöpfung“ (71). Zugleich wird durch die Interrelation der drei Handlungstypen<br />

deutlich, wie die „Zuordnung der schon jetzt gewährten Erfahrung und der noch nicht<br />

wirklichen unmittelbaren Anschauung der Wirklichkeit der Gemeinschaft Gottes mit<br />

dem Menschen“ möglich wird. „Im Glauben partizipiert der Glaubende schon jetzt an<br />

der eschatologischen Wirklichkeit, insofern in der Gewißheit des Glaubens Gottes<br />

schöpferisches, offenbarendes und inspirierendes Handeln als Begründung der glaubenden<br />

Existenz zum Ziel kommt. Diese Gewißheit beinhaltet und begründet den universalen<br />

Wahrheitsanspruch der Offenbarung Gottes in Jesus Christus für alle Wirklichkeit,<br />

dessen universale öffentliche Verifikation noch nicht erfahren werden kann, aber<br />

Gegenstand der christlichen Hoffnung ist“ (71).<br />

Schwöbel geht davon aus, daß das Wirken Gottes sachgemäß als Handeln dargestellt<br />

werden kann. Dabei rekurriert er auf einen intentionalen Handlungsbegriff, der durch<br />

drei Elemente gekennzeichnet ist. Erstens wird ein Ereignis nur dann als Ergebnis einer<br />

Handlung verstanden, wenn dieses Handeln „als notwendige Bedingung für das Eintreten<br />

des Ereignisses benannt werden kann“. Zweitens wird vorausgesetzt, „daß der<br />

Handelnde in dieser Handlung eine best<strong>im</strong>mte Absicht verfolgt und sein Handeln zur<br />

Realisierung dieser Absicht regulieren kann“. Und drittens ist vorausgesetzt, „daß die<br />

handlungsleitende Intention das Ergebnis einer bewußten Wahl von Handlungszielen<br />

und die handlungsrealisierende Regulierung des Handelns das Ergebnis einer bewußten<br />

Wahl von Handlungsmitteln ist“ 25 .<br />

Mit der Anwendung eines personalen und intentionalen Handlungsbegriffs auf das Wirken<br />

Gottes werden auch die Probleme eines kausalen Handlungsmodells vermieden. Ein<br />

kausales Handlungsmodell leitet unter der Aporie, daß ein unendlicher Rückschritt bei<br />

der Benennung der Ursachen von Handlungen erfolgen wird. Der Begriff des causa sui,<br />

mit dem versucht wurde, den infiniten Regreß zum Stillstand zu bringen, sprengt die<br />

Begrifflichkeit von Kausalität (72).<br />

Ein intentional verstandenes Handeln Gottes <strong>im</strong>pliziert weiterhin „die Vorstellung einer<br />

Selbstbegrenzung des Wirkens Gottes“, die wiederum „das Modell personalen Handelns“<br />

voraussetzt, „insofern sie ein Implikat der Selektion von Intentionen und Handlungsmitteln<br />

<strong>im</strong> intentionalen Handeln ist“ (73).<br />

25 Schwöbel, Handeln Gottes 71f; vgl. auch Härle, Dogmatik 284.<br />

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