Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau
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ei Härle also dem Welthandeln sachlich vorgeordnet. Es kann als Intention des Welthandelns<br />
Gottes verstanden werden. Dieses Welthandeln Gottes vollzieht sich aber nicht<br />
unmittelbar, sondern vermittelt über das Heilshandeln, das Gewißheit in der Daseins-<br />
und Handlungsorientierung schafft.<br />
3.2.2.3 Gottes Handeln als intentionales Handeln<br />
Christoph Schwöbel 20 hat Beiträge zu einem systematisch-theologischen Rekonstruktionsversuch<br />
der Rede vom Handeln Gottes <strong>im</strong> christlichen Glauben vorgelegt. Er geht<br />
dabei von einem doppelten Befund aus. Zum einen ist die Rede vom Handeln Gottes für<br />
den christlichen Glauben fundamental. Auf das Handeln Gottes wird in allen Grundvollzügen<br />
des christlichen Glaubens Bezug genommen, d.h. <strong>im</strong> Gebet, <strong>im</strong> Bekenntnis<br />
und in der Verkündigung. (56f). Der christliche Glaube lebt, und das nicht nur in einem<br />
metaphorischen Sinn, vom Handeln Gottes. Zum anderen ist, so Schwöbel, „funda-<br />
mental unklar“, was mit der Rede vom Handeln Gottes präzise gemeint ist. Die Explika-<br />
tion des Begriffs des Handelns Gottes ist häufig nicht ausreichend (58).<br />
Wo solche Explikationsversuche unternommen werden, greifen sie auf traditionelle Explikationsmodelle<br />
zurück, etwa die Zuordnung von Erst- und Zweitursache <strong>im</strong> Modell<br />
der Kausalität. 21 Dabei geraten aber das Kausalitätsprinzip und die häufig begleitende<br />
Rede vom personalen Handeln Gottes miteinander in Konflikt (58). Der Konflikt besteht<br />
darin, daß das Handeln Gottes als letzte (oder als erste) Ursache angenommen<br />
wird, das Kausalitätsprinzip aber einen infiniten Prozeß freisetzt, der nach <strong>im</strong>mer weiteren<br />
Ursachen fragen läßt. 22 Es wäre also zu klären, wie der Begriff des Handelns <strong>im</strong><br />
Blick auf Gott sachgemäß und verständlich gebraucht werden kann. 23<br />
In der Neuzeit wird die Sinnhaftigkeit des Redens von Gott grundsätzlich bestritten.<br />
Schwöbel nennt drei Formen dieser Kritik:<br />
1. Die erkenntnistheoretische Kritik der kantianischen Tradition, die bestreitet, „daß<br />
metaphysische Gegenstände generell und damit auch ein transzendenter Gott zum Gegenstand<br />
möglicher Erkenntnis gehören können“ (58). Betrifft dies Gott, so betrifft dies<br />
auch sein Handeln.<br />
2. Die materialistische Kritik bestreitet „die faktische Existenz eines mit der Rede vom<br />
„Handeln Gottes“ bezeichneten Handlungssubjekts und die faktische Existenz eines von<br />
einem solchen Handlungssubjekt zu prädizierenden Handeln“ (59).<br />
20<br />
Schwöbel, Handeln Gottes. Die Seitenangaben <strong>im</strong> Text beziehen sich <strong>im</strong> Folgenden auf diesen Aufsatz.<br />
21<br />
Zur Diskussion um Gottes Handeln durch Zweitursachen vgl. Raphael Schulte, Wie ist Gottes Wirken<br />
in Welt und <strong>Geschichte</strong> theologisch zu verstehen?, in: Theodor Schneider / Lothar Ulrich (Hg.),<br />
Vorsehung und Handeln Gottes (QD 115), Freiburg 1988, 116–167, bes. 121ff.<br />
22<br />
Strukturell stellt sich hier das gleiche Problem ein wie bei der Frage der Letztbegründung von Aussagen.<br />
Hans Albert hat in seinem Traktat über kritische Vernunft, Tübingen 1991 5 dieses Problem als<br />
„Münchhausen-Trilemma“ bezeichnet, denn entweder gibt es bei der Frage nach der Letztbegründung<br />
einen infiniten Regreß oder einen willkürlichen Abbruch an einem best<strong>im</strong>mten Punkt oder<br />
einen logischen Zirkel (16).<br />
23<br />
Schwöbel, Handeln Gottes 56.<br />
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