Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau
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und zwar als „Werden zu sich“. Zum zweiten muß Gottes Handeln als „absolutes<br />
Handeln, nämlich aus sich und auf sich“ verstanden werden. Dies <strong>im</strong>pliziert drittens<br />
Gottes Handeln „als sich selber hervorbringendes Handeln, absolute Spontaneität“. Und<br />
schließlich viertens „Gottes Sein als Sichhervorbringen“. Ringleben entwickelt damit<br />
einen Begriff des Handelns Gottes, der letztlich selbstbezüglich bleibt, d.h., der Handeln<br />
Gottes nur als Handeln an und für sich beschreibt, nicht aber als Handeln Gottes an<br />
einem Gegenüber. Die von ihm angesprochenen Vorstellungen der <strong>Geschichte</strong> und Veränderlichkeit<br />
Gottes, die er bei Pannenberg entdeckt, werden nicht weiter verfolgt. Zwar<br />
<strong>im</strong>pliziert Handeln als neues ein Werden in Gott, aber „‚Veränderung‘ wäre <strong>im</strong>mer nur<br />
ein Selbstherstellen seiner eigenen Unveränderlichkeit“ 15 . Somit erhellt Ringleben zwar<br />
ein Verständnis des Handelns Gottes hinsichtlich seines Seins, bleibt aber für ein<br />
Verständnis des geschichtlichen Handelns Gottes unterbest<strong>im</strong>mt. Die Unveränderlichkeit<br />
Gottes wird durch Veränderung hergestellt, zugleich aber auch vorausgesetzt. Hier<br />
zeigt sich ein Zirkelschluß, der den bei Pannenberg aufgewiesenen analog ist.<br />
3.2.2.2 Handeln Gottes durch Gesetz und Evangelium<br />
Einen anders gearteten Ansatz des Verständnisses des Handelns Gottes versucht Härle. 16<br />
Er legt eine Theorie vom Handeln Gottes als Interpretation der Zwei-Reg<strong>im</strong>enten-Lehre<br />
Luthers vor. Dabei ordnet er einem der Reg<strong>im</strong>ente den Begriff der Erlösung zu, der „das<br />
Heilshandeln Gottes in allen seinen D<strong>im</strong>ensionen (also Soteriologie wie Eschatologie)“<br />
umfaßt, dem anderen Reg<strong>im</strong>ent den Begriff der Erhaltung, der „das Welthandeln Gottes<br />
in allen seinen D<strong>im</strong>ensionen (also Schöpfungslehre wie Vorsehungslehre)“ umfaßt. 17<br />
Härle unterscheidet also prinzipiell zwischen Heilshandeln und Welthandeln Gottes.<br />
Seine These lautet nun: „Gottes Handeln (in Beziehung zur Welt) geschieht (ausschließ-<br />
lich) durch sein geistliches und weltliches Reg<strong>im</strong>ent, d.h. durch Gesetz und Evangelium.<br />
Diese Grundthese ist in mehrfacher Hinsicht der Differenzierung bedürftig. 1.) Das Handeln<br />
Gottes durch das Gesetz, also sein weltliches Reg<strong>im</strong>ent, hat die Doppelgestalt des<br />
Handelns durch Naturgesetz und Sittengesetz. 2.) Das Handeln Gottes durch das<br />
Evangelium, also sein geistliches Reg<strong>im</strong>ent, schafft Glaubensgewißheit, die vom Glaubensakt<br />
zu unterscheiden ist. 3.) Das Handeln Gottes durch Gesetz und Evangelium, als<br />
sein weltliches und geistliches Reg<strong>im</strong>ent hat die Doppelgestalt des Handelns durch<br />
äußeres und inneres Wort.“ 18<br />
Für Härle ist „in sachlicher Hinsicht das Handeln Gottes, das den Glauben bedingt und<br />
ermöglicht, das Fundamentale“ 19 . Darum ist vom Handeln <strong>im</strong> Blick auf Gott vor allem<br />
unter dem Aspekt der durch das Evangelium erschlossenen Glaubensgewißheit zu sprechen,<br />
die die Weltgewißheit als Erschlossensein der Naturgesetze und die sittliche Gewißheit<br />
als Erschlossensein des Sittengesetzes <strong>im</strong>pliziert. Das Heilshandeln Gottes ist<br />
15 Ringleben 486.<br />
16 Wilfried Härle, Luthers Zwei-Reg<strong>im</strong>enten-Lehre als Lehre vom Handeln Gottes, in: Wilfried Härle /<br />
Reiner Preul (Hg.), MJTh I, Marburg 1987, 12–32. Vgl. auch Härle, Dogmatik 393.<br />
17 Härle, Luthers Zwei-Reg<strong>im</strong>enten-Lehre 21.<br />
18 Härle, Luthers Zwei-Reg<strong>im</strong>enten-Lehre 23.<br />
19 Härle, Luthers Zwei-Reg<strong>im</strong>enten-Lehre 23.<br />
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