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Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau

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4 Zusammenfassung<br />

Es läßt sich festhalten, daß die Bibel kein ausgeprägtes Interesse an einer geschichtlichen<br />

Gesamtschau in Form einer „Universalgeschichte“ besitzt. Die Entdeckung heilsgeschichtlicher<br />

Konzepte in der Bibel trägt ein neuzeitliches Geschichtsverständnis an<br />

die Texte heran, das diesen fremd ist. Die Bibel selbst erzählt <strong>Geschichte</strong>n, die nun aber<br />

sehr wohl die <strong>Geschichte</strong> der Hörenden und Lesenden verändert. Interesse an Vergangenheit<br />

und Zukunft besteht um Gottes willen, um seines Heilshandelns willen, das<br />

in <strong>Geschichte</strong>n erfahrbar wird. Die <strong>Geschichte</strong> dieser <strong>Geschichte</strong>n ist die <strong>Geschichte</strong><br />

von Kreuz und Auferstehung Jesu von Nazareth. Die sich daraus ergebenden Fragestellungen<br />

lassen sich mit Weder folgendermaßen formulieren: „Denkt man dem Gott<br />

nach, der sich <strong>im</strong> Kreuzestod Jesu auf ebenso unüberbietbare Weise mit dem Referenzsubjekt<br />

der <strong>Geschichte</strong> identifiziert hat, wie er sich in der Auferweckung Jesu von den<br />

Toten von jenem distanziert hat, so wird das Sein Gottes als Handlungssubjekt der <strong>Geschichte</strong><br />

von eben jener Identität und Differenz aus gedacht werden müssen. In diesem<br />

Nachdenken wird sich die Einsicht einstellen, daß der Eingang Gottes in die <strong>Geschichte</strong><br />

sowohl zu einer Steigerung der Weltlichkeit der <strong>Geschichte</strong> als auch zu einer Steigerung<br />

unseres Verständnisses von der Gottheit Gottes geführt hat. Die Bereicherung des Referenzsubjektes<br />

durch den so sich mit ihm identifizierenden und darin sich von ihm unterscheidenden<br />

Gott besteht darin, daß der Verzicht auf die Selbstinszenierung als<br />

Handlungssubjekt (…) zum Selbstverständlichen wird.“ 33<br />

Auch wenn Weder darauf verzichtet, das Geschichtsverständnis des christlichen Glaubens<br />

systematisch darstellen zu wollen, weil sein Ausgangspunkt, „die paulinische Rede<br />

vom Kreuz in gewisser Hinsicht <strong>im</strong>mer auch das Ende von theologischen Systemen bedeutet“<br />

34 , soll mit dieser Arbeit ein Schritt in diese Richtung versucht werden. In Erwägung<br />

des Einwandes von Luz, daß es Kennzeichen einer echten Kreuzestheologie ist,<br />

„daß sie niemals die Gestalt eines endgültigen und geschlossenen Systems haben kann,<br />

das Gott innerhalb dieses Systems einen Ort anweist, statt sich das eigene System von<br />

Gott her in Frage stellen zu lassen“ 35 geht es darum, Fragestellungen in systematischer<br />

Hinsicht zu präzisieren und <strong>Geschichte</strong> unter diesem Aspekt als offen für die Überraschung<br />

Gottes 36 zu begreifen.<br />

Neben dieser grundlegenden Einsicht in die Offenheit der <strong>Geschichte</strong>, die sich der Treue<br />

Gottes verdankt, lassen sich für die in dieser Arbeit behandelten Aspekte des Geschichtsbegriffs<br />

folgende Hinweise finden.<br />

1. In den biblischen Schriften findet sich ein differenziertes Zeitverständnis. Wesentlich<br />

ist dabei die Unterscheidung zwischen der Zeit Gottes und der Zeit der Welt. Dabei ist<br />

zu beachten, daß diese Unterscheidung keine Trennung bedeutet. In den Zeugnissen<br />

beider Testamente stehen die Zeit Gottes und die Zeit der Welt nicht berührungslos nebeneinander,<br />

sondern affizieren einander.<br />

33<br />

34<br />

Weder, Kreuz 84f.<br />

Weder, Kreuz 121.<br />

35<br />

Ulrich Luz, Theologia crucis als Mitte der Theologie <strong>im</strong> Neuen Testament, EvTh. 34/1974, 116–141,<br />

Zitat 140.<br />

36<br />

Weder, Kreuz 235 sieht Paulus eine Sprache finden, „in der die Überraschung als das Wesen Gottes<br />

208<br />

aussprechbar ist“.

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