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Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau

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hende geht, und es das eine ohne das andere nicht gibt. 12 Die Verbindung des politischen<br />

Geschehens mit dem Familiengeschehen, die sich in der Thronnachfolgegeschichte<br />

zeigt, weist nicht nur auf den Übergang von der vorstaatlichen zur staatlichen<br />

Epoche hin, sondern ebenso auf die Bedeutung der kleinen Erzählungen für das Verständnis<br />

von <strong>Geschichte</strong> überhaupt. Ebenfalls an der Thronnachfolgegeschichte kann ein<br />

weiterer wichtiger Punkt alttestamentlichen Geschichtsverständnisses deutlich werden,<br />

nämlich jener, daß Kontinuität und Gebrochenheit einander nicht ausschließen, Kontinuität<br />

also auch gebrochene Kontinuität sein kann. 13<br />

3 Neues Testament<br />

Auch <strong>im</strong> Neuen Testament ist die D<strong>im</strong>ension der <strong>Geschichte</strong> grundlegend. 14 Der christliche<br />

Glaube verdankt sich geschichtlichen Ereignissen. In der Person Jesu von Nazareth<br />

zeigt sich Gott auf eine neue, unüberbietbare Art in der <strong>Geschichte</strong>. Gott wird Mensch,<br />

n<strong>im</strong>mt als Mensch an der <strong>Geschichte</strong> teil, wird <strong>Geschichte</strong>, leidet <strong>Geschichte</strong>. In<br />

christologischer Zuspitzung läßt sich sagen, daß in der einen <strong>Geschichte</strong> von Kreuz und<br />

Auferstehung Jesu Christi <strong>Geschichte</strong> insgesamt ihren theologischen Sinn bekommt.<br />

Das wird deutlich an der Entstehung der Gattung des Evangeliums, aber und vor allem<br />

auch an der Theologie des Apostels Paulus. So „ist anzunehmen, daß die paulinische<br />

Rede vom Kreuz (…) geschichtsphilosophische Konsequenzen hat“ 15 . In der Forschung<br />

ist die Beziehung des Christusgeschehens zur Weltgeschichte in der paulinischen<br />

Theologie zwar umstritten, 16 zugleich aber als konstitutiv verstanden. Eine Diskussion<br />

dieses Problems kann in unserem Zusammenhang verständlicherweise nicht geführt<br />

werden. 17 Doch lassen sich folgende Punkte festhalten, die für unsere systematische Betrachtung<br />

akzentsetzend sein können.<br />

12 Westermann, Geschichtsverständnis 613. Koch, Art. <strong>Geschichte</strong> … 572f, spricht von einer<br />

„Übergeschichte“, für die Jahwe als „Urgrund“ und „dominierendes Subjekt“ gilt. „Wie göttliches<br />

und menschliches Tun metahistorisch korrelieren [Hervorhebung KFG], ist das Thema sämtlicher<br />

geschichtlicher und prophetischer Bücher. Was sich dabei ergibt, beansprucht Evidenz. Aus dem<br />

Gang der (Über-)<strong>Geschichte</strong> wird Gott ‚erkannt‘ …“.<br />

13 Vgl. dazu Westermann, Geschichtsverständnis 617f. Vgl. das Schema des prophetischen Geschichtsbildes<br />

bei Koch, Art. <strong>Geschichte</strong> … 579: Schöpfung – Frühere Heilsgeschichte – Landnahme /<br />

Zion/David – Unheilsgeschichte – Untergang Israels – Neue Heilsgeschichte – Neues Israel, wobei<br />

der zweite Höhepunkt den ersten übersteigt. Die Struktur dieses umfassenden Geschichtsbildes läßt<br />

sich wohl auch in verschiedenen Einzelerzählungen aufzeigen.<br />

14 Als Überblick siehe Luz, Art. <strong>Geschichte</strong>.<br />

15 Hans Weder, Das Kreuz Jesu bei Paulus. Ein Versuch, über den Geschichtsbezug des christlichen<br />

Glaubens nachzudenken, Göttingen 1981, 48.<br />

16 Vgl. die Darstellung der Positionen bei Leonhard Goppelt, Theologie des Neuen Testaments, hg. v.<br />

Jürgen Roloff, Göttingen 1981 3 , 386ff; sowie Jürgen Roloff, Neues Testament, Neukirchen-Vluyn<br />

1985 4 , 167ff. Siehe auch Christian Dietzfelbinger, Heilsgeschehen bei Paulus. Eine exegetische Studie<br />

zum paulinischen Geschichtsdenken, München 1965.<br />

17 Im Wesentlichen stehen sich folgende Positionen gegenüber: 1. Rudolf Bultmann, für den das Geschichtsverständnis<br />

des Paulus anthropologisch begründet und von daher auf die individuelle Ebene<br />

des Glaubens zugespitzt ist. „Theologisch relevante <strong>Geschichte</strong> ist deshalb für ihn nur das, was sich<br />

in der <strong>Geschichte</strong> des einzelnen Glaubenden vollzieht (Röm 7,14–25), der durch den Anruf des<br />

Kerygmas in die ‚Entweltlichung‘ gestellt wird“ (Roloff, Neues Testament 168). 2. Ulrich Wilckens,<br />

für den das Christusgeschehen bei Paulus in eine apokalyptische Universalgeschichte eingezeichnet<br />

ist. 3. Oscar Cullmann, der die Erscheinung Christi als „Mitte der Zeit“ versteht, um die herum sich<br />

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