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Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau

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vorgestellt: einmal innerhalb der geschichtlichen Zeit, indem in ihr durch die Gegenwart<br />

der Ewigkeit Gottes <strong>im</strong> Augenblick die Zeit aufgehoben wird; zum anderen darin, daß<br />

die irdische Zeit in der Ewigkeit der neuen Schöpfung aufgeht. Schließlich ist noch ein<br />

weiteres Ende der Zeit in der Ewigkeit Gottes vorzustellen, wobei hier die Ewigkeit als<br />

Zeitkreis gedacht wird, so daß in der Ewigkeit Gottes deren Zeit nie zu einem Ende<br />

kommen kann.<br />

3.3 Ereignis und Struktur<br />

Die „Wirklichkeit des Menschen“ wird für eine biblische, israelitisch-christliche Theologie<br />

nach Jürgen Moltmann „durch eine eschatologische Erschlossenheit als ‚<strong>Geschichte</strong>‘<br />

begriffen“. 71 Der Ausdruck Erschlossenheit verweist dabei auf den Erschließungscharakter<br />

eines einmaligen, radikal einzigartigen, unwiederholbaren Geschehens, das für<br />

das Ganze der <strong>Geschichte</strong> bzw. den Lauf der <strong>Geschichte</strong> konstitutiven Charakter hat,<br />

und zwar sowohl auf einer noetischen als auch ontologischen Ebene. Dieses ist zunächst<br />

zu verstehen als Handeln Gottes „in der Einmaligkeit und Unwiederholbarkeit des Zeitlich-Kontingenten“.<br />

Israel „erkennt und erwartet in den unverrechenbaren Geschehnissen<br />

selber das Kommen Gottes“ 72 . Aus dem geschichtlich kontingenten Handeln Gottes<br />

ergibt sich ein offenes, ein eschatologisch offenes Weltverständnis, die Wirklichkeit<br />

wird erfahren „als einmalige, unwiederholbare, unumkehrbare, zielgerichtete <strong>Geschichte</strong>“<br />

73 . Innerhalb der Labilität der geschichtlichen Ereignisse ergeben sich dabei Stabilität<br />

und Kontinuität aus der Treue Gottes.<br />

3.3.1 Christus als strukturbildendes Ereignis<br />

Für den christlichen Glauben, und damit auch für sein Welt- und Geschichtsverständnis,<br />

ist der gekreuzigte Auferweckte konstitutiv. Das Kreuz Jesus Christi muß verstanden<br />

werden als Grund und Kritik christlicher Theologie. 74 Ich frage nun danach, was dies für<br />

ein christliches Verständnis von <strong>Geschichte</strong> bedeutet. Diese Frage wird zum einen entfaltet<br />

hinsichtlich der spezifischen Erkenntnisrichtung, die sich aus der Entstehung des<br />

christlichen Glaubens ergibt. Dabei stellt man fest, daß der christliche Glaube „die <strong>Geschichte</strong><br />

Jesu <strong>im</strong> Grunde von hinten her“ liest: „sein Kreuz wird <strong>im</strong> Licht seiner Auferweckung<br />

begriffen, sein Weg zum Kreuz <strong>im</strong> Licht der Heilsbedeutung seines Kreuzes,<br />

seine Worte und Wunder <strong>im</strong> Licht seiner österlichen Erhöhung zum Herrn, selbst seine<br />

unansehnliche Geburt wird <strong>im</strong> Licht seiner Kreuzigung erinnert und erzählt.“ 75 Dabei<br />

wurde die Auferweckung Jesu verstanden „<strong>im</strong> Rahmen einer universalen Hoffnung des<br />

eschatologischen Glaubens, der sich an ihr entzündete“ 76 . Das Ende der <strong>Geschichte</strong> Jesu<br />

war also zugleich ihr Anfang. Diese auf den ersten Blick paradox erscheinende Formu-<br />

71 Jürgen Moltmann, Perspektiven der Theologie, München 1968, 151.<br />

72 Perspektiven der Theologie 152.<br />

73 Perspektiven der Theologie 152.<br />

74 So Jürgen Moltmann <strong>im</strong> Untertitel seines Buches „Der gekreuzigte Gott“, München 1987 5 .<br />

75 Der gekreuzigte Gott 149.<br />

76 Der gekreuzigte Gott 149.<br />

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