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Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau

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Rhythmen, durch sabbatliche Unterbrechungen. Diese verbinden die zeitliche, fließende<br />

Zeit mit der ewigen Zeit. Die verfließende Zeit regeneriert sich nach Moltmann aus der<br />

Gegenwart der Ewigkeit <strong>im</strong> sabbatlichen Rhythmus. In ihren destruktiven Möglichkeiten<br />

ist die irdische Zeit die Zeit der Vergänglichkeit. Sie wird aus einer Form der Zukünftigkeit<br />

zu einer Form der Vergänglichkeit. Aus der ursprünglichen Zukünftigkeit<br />

wird unaufhaltsame Vergänglichkeit.<br />

Ist auf diese Weise die Bedingung der Möglichkeit irdischer Zeit und Zeiterfahrung<br />

theologisch eingeführt, kann nun eine Analyse dieser irdischen Zeit, d.h. der Zeit der<br />

<strong>Geschichte</strong> erfolgen. Geschichtliche Zeit wird durch die Wahrnehmung von Vorher und<br />

Nachher als Zuordnung von Zukunft und Vergangenheit zur Gegenwart begreifbar als<br />

unterschiedene Zeitmodi. Die Gegenwart als Zeitpunkt auf einer Zeitlinie verstanden,<br />

verbindet und unterscheidet zugleich Vergangenheit und Zukunft. Damit ist das hic et<br />

nunc der Gegenwart eine konstituierende Kategorie der Zeit, und darin zugleich eine<br />

Kategorie der Ewigkeit. Denn in diesem Augenblick der Gegenwart wird die Einheit der<br />

Zeit „geschaffen“; dieser Augenblick hat also analoge Qualitäten zum ursprünglichen<br />

Augenblick. Darum ist die Gegenwart auch die ontologisch <strong>im</strong> Sein ausgezeichnete Zeit,<br />

ja sie ist eine Kategorie des Seins.<br />

3.2.5 Synchronisierung der Zeiten<br />

Die oben dargestellte Vernetzung der Zeiten ist als Modell der irdischen Zeit, wie bereits<br />

angedeutet, eingebettet in die Pole der ursprünglichen und eschatologischen Ewigkeit.<br />

Somit wird ein <strong>im</strong> Blick auf das Ganze lineares Modell in der Abfolge von Ewigkeit<br />

– Zeit – Ewigkeit vorgestellt. Diese Linearität wird allerdings an verschiedenen<br />

Punkten auf- bzw. durchbrochen. Zum einen dadurch, daß Ewigkeit selbst als zyklisch<br />

verstanden wird; ihr Modell ist der Zeitkreis. Zum anderen dadurch, daß durch die Vernetzung<br />

der Zeiten die Linearität der Geschichtszeit in sich differenziert ist. Diese Differenzierung<br />

der diachronen Geschichtszeit wird von Moltmann ergänzt durch die Synchronisierung<br />

der geschichtlichen Zeiten und die Synchronisierung der Geschichtszeit<br />

und der Naturzeit. 62 Diese doppelte Synchronisierung wird von Moltmann als Aufgabe<br />

verstanden, ohne deren „Erfüllung in Zukunft keine Zukunft für die Menschheit“ möglich<br />

sein wird. 63 Bislang gab es die eine Weltgeschichte der Völker nicht, sondern nur<br />

<strong>Geschichte</strong> <strong>im</strong> Plural, also diverse menschliche <strong>Geschichte</strong>n. Mit der Rede von der<br />

„einen Weltgeschichte“ war <strong>im</strong>mer ein <strong>im</strong>perialistischer Herrschaftsanspruch verbunden.<br />

Heute allerdings hat sich die Situation dadurch verändert, daß durch die Gefahr<br />

einer Globalvernichtung, sei sie ökologisch oder militärisch verursacht, die Menschheit<br />

„als ein Gesamtobjekt der Vernichtung“ zu beschreiben ist. Damit ist aber noch nicht<br />

ausgemacht, daß die Menschheit sich auch als „ein Gesamtsubjekt des Überlebens“ konstituiert.<br />

In dieser Situation gibt es „Vergangenheiten und Traditionen noch weiterhin <strong>im</strong><br />

62 Vgl. Gott in der Schöpfung 146ff.<br />

63 Gott in der Schöpfung 146.<br />

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