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Geschichte im Fragment - Augustana-Hochschule Neuendettelsau

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ück, um sich Zeit für seine Schöpfung zu nehmen.“ 28 Dieser Selbstzurücknahme Gottes<br />

bei der Schöpfung korrespondiert seine Zuwendung in Jesus Christus sowie eine Verwirklichung<br />

Gottes in der Vollendung seiner Schöpfung. 29 Immer ist das Verhältnis<br />

Gottes zur Schöpfung und den Menschen als ein Zeit ermöglichendes und Zeit qualifizierendes<br />

Verhältnis zu verstehen.<br />

3.2.2 Zeitqualitäten<br />

Auf dem Hintergrund dieser grundsätzlichen Best<strong>im</strong>mungen des Verhältnisses von Gott<br />

und Zeit entfaltet Moltmann in seiner Schöpfungslehre 30 sein Verständnis der Zeit. Er<br />

n<strong>im</strong>mt dabei die unterschiedlichen Zeitverständnisse auf, die sich in der jüdisch-christlichen<br />

Tradition finden. Dazu zählt zunächst ein kairologisches Verständnis der Zeit,<br />

das auf einer elementaren Ebene bedeutet, daß jedes Geschehen seine Zeit hat. 31 Davon<br />

abzuheben ist ein verheißungsgeschichtliches Verständnis der Zeit, das durch die Ereignisse<br />

der Treue Gottes best<strong>im</strong>mt ist und in dem die Zukunft den Vorrang in den Zeiten<br />

hat. 32 Die Erfahrung der Diskontinuität der <strong>Geschichte</strong> ruft das prophetische Verständnis<br />

der Zeit hervor, für das die Differenz von Altem und Neuem konstitutiv ist. In Verbindung<br />

mit apokalyptischem Gedankengut wird das prophetische Verständnis der Zeit<br />

zum Vorläufer eines messianischen Verständnisses von Zeit. Die Differenz von apokalyptischem<br />

und messianischem Zeitverständnis besteht darin, daß mit dem Erscheinen<br />

des Messias der neue Äon bereits angebrochen ist. 33 Die messianische Zeit ist best<strong>im</strong>mt<br />

durch „das Kommen des Messias und den Anbruch der neuen Schöpfung mitten in dieser<br />

vergehenden Weltzeit“ 34 . Die eschatologische Zeit wiederum unterscheidet sich von<br />

der messianischen dadurch, daß die eine zwar Zeit begründeter Hoffnung ist, die andere<br />

aber die Zeit der universalen Erfüllung. Schließlich führt Moltmann noch die ewige Zeit<br />

ein, die „die Zeit der neuen, ewigen Schöpfung <strong>im</strong> Reich der göttlichen Herrlichkeit“<br />

sein wird. 35 Im Blick auf diese „qualitativ verschiedenen Zeiterfahrungen und Zeitbegriffe“<br />

läßt sich „Kontinuität insofern entdecken, als die jeweils kommende Zeiterfahrung<br />

die frühere erfüllt und in sich aufhebt.“ 36 Rückblickend läßt sich auch in der<br />

jeweils früheren ein Hinweis auf die jeweils folgende entdecken. Kontinuität ist auch<br />

dadurch gegeben, daß in der „<strong>Geschichte</strong> Gottes“ die Zeiten und Zeiterfahrungen durch<br />

das best<strong>im</strong>mt werden, was jeweils von Gott her geschieht. Was von Gott her geschieht,<br />

28<br />

Jürgen Moltmann, Der „eschatologische Augenblick“. Gedanken zu Zeit und Ewigkeit in eschatologischer<br />

Hinsicht, in: J. Rohls / G. Wenz (Hg.), Vernunft der Glaubens, Göttingen 1988, 578–589,<br />

hier 585.<br />

29<br />

„Der gekreuzigte Gott“ (München 1972) hat strukturell eine Scharnierstellung zwischen Schöpfung<br />

und Vollendung, da sich in Jesus Christus sowohl eine Zurücknahme Gottes unter dem Aspekt der<br />

Allmacht als auch eine Verwirklichung Gottes unter dem Aspekt der Barmherzigkeit erkennen lassen.<br />

30<br />

Jürgen Moltmann, Gott in der Schöpfung. Ökologische Schöpfungslehre, München 1985.<br />

31<br />

Gott in der Schöpfung 129.<br />

32<br />

Gott in der Schöpfung 130f und 134.<br />

33<br />

Gott in der Schöpfung 133.<br />

34<br />

Gott in der Schöpfung 131ff, Zitat 134.<br />

35<br />

Gott in der Schöpfung 134.<br />

36<br />

Gott in der Schöpfung 134.<br />

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